Band 2: Reinkarnation
- Theosophische Perspektiven
Der Einfluß der Reinkarnation
Wenn wir die heutige Weltsituation betrachten, drängt sich der Eindruck auf, daß der Grundton unserer Zeit ein verantwortungsloser Individualismus ist. Beinahe alles, was zur ‘freien Entfaltung der Persönlichkeit’ beiträgt, scheint erlaubt zu sein. Die Resultate, wie sie täglich in der Presse berichtet werden oder wie wir diesen bei unserem vergeblichen Bemühen um moralische und soziale Reform begegnen, sind oft bedrückend.
Wir brauchen eine neue Basis für die ethische Erziehung des Menschen. Kirchen, Erziehungseinrichtungen, sozialer Dienst und Gefängnisreform haben alle ihren Nutzen. Doch bevor nicht das Kind von den ersten Lebensjahren an zu einer vernünftigen, befriedigenden Lebensphilosophie erzogen werden kann, die aus den Tatsachen der Natur selbst erwächst, wird es keine konstruktive, dauernde Verbesserung im moralischen Charakter unserer Zivilisation geben.
Die Theosophie kann solch eine vernünftige Grundlage für die Erziehung und für das Leben bieten. Die Reinkarnation ist nur eine der tiefsinnigen und umfassenden Wahrheiten, und jedes einzelne Gesetz, auf die sie den Menschen erneut hinweist, ist in der Natur begründet. Würde man sie ebenso gewissenhaft studieren wie Chemie oder Musik, so würden sich viele Probleme lösen. Das Leben soll einen Sinn und eine Bedeutung erhalten, und der Mensch soll ein Ziel entdecken, das befriedigt und inspiriert.
Lassen Sie uns nun den Glauben an die Reinkarnation auf seinen ethischen Inhalt hin überprüfen. Als erstes können wir sagen, daß der Mensch anfängt, sich in einem anderen Licht zu sehen. Wenn er an seine eigene Vergangenheit denkt, akzeptiert er die Vorstellung, daß er bereits viele Male gelebt und dazu beigetragen hat, einige der großen Kulturen der Erde zu schaffen. Das gibt ihm das Gefühl, dazu zu gehören, ein Teil des großen Ganzen zu sein, und das ist ein bedeutendes Gegengewicht zu dem Gedanken, ‘in Sünde’ geboren zu sein. Allmählich wird er die Einheit mit dem universalen Leben fühlen; so wird in seinem Herzen der religiöse Instinkt wiedergeboren, und er wird in seinem Empfinden der Einheit mit dem Göttlichen Trost finden.
Später wird er auch seine Umgebung in diesem neuen Lichte sehen und erkennen, daß sie genau so ist, wie er sie in einem vorigen Leben aufgebaut hat. Eine Empfindung kreativer, moralischer Kraft kann sich in ihm entfalten, und er erkennt, daß er ein Mitarbeiter des Ganzen ist. Wenn er an seine Freunde und auch an die, welche er als seine Feinde betrachtet, denkt, weiß er nun, daß sie Gefährten für die Ewigkeit sind, wodurch sich sein Verhalten zu ihnen von Grund auf ändert.
Das gilt auch für die Ehe. Unter dem Einfluß der zeitlichen Umstände scheint sie mit den Jahren immer komplizierter und schwieriger zu werden. Man nimmt sie leichtfertig hin. Häufig verfügen junge Menschen über keine Lebensphilosophie, die ihnen zeigt, wie sie das sexuelle Leben mit ethischen Grundsätzen vereinigen können. Sex ist eine der Tatsachen des menschlichen Daseins. Aber Dank der Tatsache, daß dieses Thema regelmäßig in Presse, Funk und Fernsehen behandelt wird, ist das letzte Wort hierzu noch nicht gesprochen.
Junge Menschen, welche die Reinkarnation jedoch als eine Tatsache in der Natur akzeptieren, erkennen, daß die Sexualität nur zu dem zeitlichen und vergänglichen Teil unseres Wesens gehört, zu der niederen Persönlichkeit, und nicht wie Zufriedenheit, die in ihrer Wesensart beständig ist, zum göttlichen, unsterblichen, reinkarnierenden Ego. Die unbegrenzte Hingabe an die Wünsche und Begierden des niederen menschlichen Aspekts mag ein zeitliches ‘Glück’ bescheren, doch es steht dem höheren Glück im Wege. Die jungen Menschen werden dazu geführt, diese Lehre durch das Studium der Geschichte und der Biographie, durch die Beobachtung des Lebens der Mitmenschen um sie herum, zu testen und bei ihren eigenen Schwierigkeiten anzuwenden. Wenn sie das tun, werden sie in bezug auf die dauerhaften Seiten der Gemeinschaft und Liebe wunderbare Entdeckungen machen, was, könnte man die Jugend in der Welt davon überzeugen, die Gesellschaft völlig umwandeln würde. Wenn junge Menschen glauben, daß sie bereits in früheren Leben zusammen waren und daß ihre heutigen Schwierigkeiten das Resultat vergangener Fehler sind, werden sie leicht begreifen, daß sie das Problem besser gleich anpacken sollten, um es zu einem glücklichen Ende zu bringen. Sich der Situation jetzt zu entziehen, bedeutet lediglich Aufschub und die Bereinigung wird später schwieriger sein.
Was eine harmonische Ehe betrifft, so brauchen wir nur anzumerken, daß die Lehre der Reinkarnation in allen menschlichen Beziehungen und in allen Formen der bleibenden Liebe ein helleres Licht auf die Wirklichkeit einer wahrhaftigen Partnerschaft wirft. Die Ehe ist eine heilige Sache; damit sie jedoch eine wirkliche Ehe ist, muß die Liebe, auf der sie aufgebaut ist, ihren Ursprung im Spirituellen haben. Das Wissen von der Reinkarnation, wenn sie ernsthaft studiert und wirklich verstanden wird, setzt jeglicher moralischer Schwäche ein Ende.
Wie vollkommen anders betrachten die Eltern, die an Reinkarnation glauben, ihre Kinder, als die Väter und Mütter, die meinen, daß die Kinder ihr Eigentum seien oder daß sie zufällige Produkte animalischer Entwicklung seien. Durch die Kenntnis der Theosophie erfahren sie etwas von dem Licht der essentiellen Göttlichkeit des Menschen. Für jene, die das begreifen, ist die Geburt eines Kindes mehr als nur eine äußerliche Geburt, sie ist etwas Göttliches. Das Kind, das im Begriff ist wiedergeboren zu werden, kehrt aus der ‘Himmelswelt’ zurück und bringt eine heiligere und reinere Atmosphäre in das Leben derer, denen es anvertraut ist, mit. Sowohl der Vater als auch die Mutter nehmen Anteil an einem der tiefsten und heiligsten Lebensmysterien. Sie werden sich nicht nur darauf vorbereiten, um ihren Kindern die bestmöglichen Vehikel für das Leben auf der Erde zu geben, sondern sie werden auch mit Freude die tieferen Vorbereitungen auf sich nehmen, um ihre Kinder weise und einfühlsam durch die karmischen Probleme zu führen, die sie aus ihren vergangenen Inkarnationen geerbt haben und von denen sie selbst ein bedeutender Teil sind. Es bedarf keiner Erklärung, daß eine solche Haltung für das Leben der Eltern wie auch der Kinder viel bedeuten kann. Wie Katherine Tingley in einer ihrer Ansprachen sagt:
In einer Familie, die so denkt, ist in der Tat das Königreich der Himmel anwesend. Draußen mögen Stürme wüten, Prüfungen, Armut, Streit, tragische Ereignisse, Enttäuschungen aller Art mögen von außen den Frieden bedrohen; aber wie zahlreich und ernsthaft sie auch sind, sie können die Bauleute jener Familie nicht entmutigen, die im Inneren den Himmel trägt, der sich in einem Familienleben widerspiegelt, das der Ausdruck des höheren Gesetzes ist.
Ihre Kinder würden in einem Wunder von neuem Glück geboren werden, das die Atmosphäre erfüllt. Vor der Geburt des Kindes würden sie sich in einer mehr als alltäglichen Weise darauf vorbereiten. Dieses Paar heiratete mit Verständnis; sie kannten die Gesetze des Lebens; sie waren Freunde und nicht nur Liebende.
Ein Kind wurde ihnen geboren, aber bevor es das Licht erblickte, formte ihr Denken schon seinen Charakter; der Einfluß der Harmonie, des Friedens, der Hoffnung und des Mutes, die sie in ihr Leben brachten, bereiteten auch dem Kind einen größeren, breiteren Weg als gewöhnlich; eine Umgebung, geeignet für eine Seele, um darin zu leben, so daß sie sich nach der Geburt nicht in dieser Welt ausgesetzt findet, sondern sich sofort wieder zu Hause in ihrer Umgebung fühlt.
– The Wine of Life, S. 68, 69
Wann immer wir den fundamentalen Gesetzen nachgehen, aus denen die Reinkarnation stammt, erkennen wir, daß Evolution ein ethischer Prozeß ist – von eher spiritueller als physischer Natur. Die physische Evolution ist nur die äußerlichste und am wenigsten wichtige Seite der Angelegenheit. Was nützt schließlich ein gesunder und wohlgeformter Körper, wenn er zu üblen Zwecken mißbraucht wird? Es ist allgemein bekannt, daß körperliche Vollkommenheit nicht notwendig ist, wenn es um moralische und intellektuelle Genialität geht. Wie häufig kommt es vor, daß körperliche Schönheit eine Quelle des Unglücks und des sittlichen Verfalls ist? Der Charakter ist das spirituelle Kleid der Evolution. Er ist das einzige, das wir aus diesem Leben mitnehmen können, wenn wir scheiden, und wir bringen ihn als unseren Erbteil aus der Vergangenheit wieder mit, wenn wir für eine neue Inkarnation auf die Erde zurückkehren.
Die moderne Auffassung „laßt uns essen und trinken und fröhlich sein, denn morgen sind wir tot“ entstand dadurch, daß wir die Erkenntnis verloren, daß wir in unserem tiefsten Inneren unvergängliche, spirituelle Wesen sind. Die materialistische Wissenschaft nährte die Vorstellung in uns, daß wir hochentwickelte Abkömmlinge der Affen seien. Die Religion hat nichts zu bieten, das durch die Gegebenheiten der Natur und des Lebens hinreichend gestützt wäre, um dem demoralisierenden Einfluß dieser Lehre entgegenzutreten. Als der materialistische Einfluß sich seinem Höhepunkt näherte, war dies einer der wichtigsten Gründe, warum H.P.Blavatsky, dazu inspiriert von ihren Meistern, vor mehr als hundert Jahren die Theosophische Gesellschaft gründete. Der Materialismus selbst wurde damals von einem bekannten englischen Gelehrten, J. S. Haldane, folgendermaßen charakterisiert: „Der Materialismus, einst eine wissenschaftliche Theorie, ist nun das fatalistische Glaubensbekenntnis von Tausenden; aber der Materialismus ist keinesfalls besser als der Aberglaube, der sich auf derselben Stufe mit dem Glauben an Hexen und Teufel befindet.“
Die Theosophie zeigt das wahre spirituelle Ideal der Evolution und wie es praktisch auf alle Lebensgebiete angewandt werden kann – spirituell, intellektuell, moralisch und physisch. In der Reinkarnationslehre steht die ethische Seite der Evolution an erster Stelle, denn hier sind Gerechtigkeit, moralische Konsequenzen und Wachstum an spiritueller Kraft die entscheidenden Einflüsse. Ohne spirituelles Wachstum kann man das Beste in sich nicht entfalten. Kräfte, die durch Leben voller Anstrengung erworben und nur zur eigenen Befriedigung gebraucht wurden, gehen verloren, denn sie werden in späteren Leben durch die Schwierigkeiten und das Leid, welche eine direkte Folge der Selbstsucht sind, eingedämmt. Die Lehre der Reinkarnation macht deutlich, daß der beste Weg, um diese Kräfte beständig und göttlich zu machen, darin besteht, sie dem Dienste der Menschheit zu widmen. Auf diese Weise war es den Heilanden der Geschichte möglich, den Verstand und die Herzen von ganzen Menschenrassen zu leiten.
Wir sollten das Thema nicht verlassen, ohne eine weitere wichtige Folge dieses Glaubens beachtet zu haben, und das ist die Wirkung auf das Leben alter Menschen. Beinahe alle Menschen blicken mit Furcht dem Alter entgegen, denn es bedeutet für die meisten, wenn nicht Schwäche oder körperlichen oder geistigen Verfall, so doch beiseite geschoben zu werden. Das Alter ist jedoch ein sehr wichtiger Teil unseres Lebens:
Das reinkarnierende Ego oder die ‘Seele’ ist erst beträchtlich kurze Zeit vor dem Tode des physischen Körpers wirklich völlig inkarniert, was bedeutet, daß für die physische, mentale und spirituelle Entwicklung, nahezu bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Auflösung des physischen Körpers beginnt, eine fortdauernde Möglichkeit besteht. Mit anderen Worten, … hohes Alter ist nicht, wie manchmal törichterweise vermutet wird, unfähig zu lernen, und es ist nicht lediglich ein betrüblicher Abschnitt im menschlichen Leben, in dem das Beste vorüber ist und die Zukunft keine andere Hoffnung als den Segen des Sterbens bietet. Das genaue Gegenteil ist wahr, denn der Mensch sollte, wenigstens theoretisch, nahezu bis zur physischen Auflösung, sowohl in spiritueller als auch in intellektueller Kraft und Fähigkeit ständig voranschreiten.
– G. DE PURUCKER, The Esoteric Tradition, S. 894
Diese Worte enthalten eine neue und ermutigende Botschaft für uns alle. Die weisen Alten erkannten diese Wahrheit an, indem sie dafür eintraten, daß die jungen Menschen zum Handeln und die Alten zur Beratung bestimmt waren. Eine der Tragödien des modernen Lebens besteht in der Diskrepanz zwischen den Rollen der Jugend und der Rolle derer des mittleren Alters, aber auch hier bietet die Reinkarnation eine Lösung. Wir dürfen natürlich die Tatsache nicht übersehen, daß, um dieses Ideal des Alters am besten verwirklichen zu können, es notwendig ist, in der Jugend und im mittleren Alter in Übereinstimmung mit unserer göttlichen Natur zu leben, damit das Alter die Ernte der spirituellen Entwicklung einbringen kann. Aber es ist natürlich noch nicht zu spät, unsere Lebensweise zu ändern und zu verbessern, und keine einzige Tat bleibt ohne Folgen.
Die ethische Seite des Glaubens an die Reinkarnation wird in Man in Evolution von Dr. G. de Purucker folgenderweise zum Ausdruck gebracht:
Wir lernen mit und durch die Reinkarnation als einer natürlichen Tatsache die Schönheit des inneren Lebens kennen, wodurch wir wachsen und ein größeres Verständnis entwickeln, nicht nur von uns selbst, sondern auch von der inneren Schönheit, die in der Harmonie der universalen Gesetze besteht.
Denn hinter allen Dingen liegen Schönheit, Glück und Wahrheit.
Was die Menschen Böses, Mißgeschick und Unglück nennen, und die verheerenden Phänome der physischen Welt, die sich manchmal ereignen, entstehen aus dem Konflikt der Willensäußerungen und Kräfte der verschiedenen Scharen unvollkommener, aber evolvierender Wesen, und eine dieser Scharen wird durch das gebildet, was wir kollektiv die Menschheit nennen.
– S. 244-245
Vor allem anderen zeigt die Reinkarnation, daß Bruderschaft eine große Wahrheit des Universums ist, die Basis und erhabenste Tatsache in der Natur. Die Essenz und die Evolution all dessen, was ist, wird durch sie regiert. Der erste der fundamentalen Lehrsätze der Alten Weisheit ist, daß „alle Menschen in ihrem innersten spirituellen Wesen nicht nur miteinander verwandt sind, sondern eine vollkommene, unaussprechliche Einheit bilden“, um in den Worten Dr. de Puruckers zu sprechen. Und er fügt dem hinzu, daß der fundamentalste Fehler, den wir machen können, der ist, die Wahrheit der vollkommenen und essentiellen Einheit aller Wesen zu leugnen, sei es direkt in Wort oder Gedanken oder indirekt durch Handlungen. Das würde heißen, so könnte man beinahe sagen, die Göttliche Quelle zu leugnen, in der wir alle leben, in der wir uns bewegen und in der wir sind. In der Geheimlehre (Secret Doctrine, I, S. 17), läßt H. P. Blavatsky erkennen, daß diese Wahrheit spiritueller Natur ist. Sie stellt fest:
Die fundamentale Identität aller Seelen mit der universellen Oberseele . . . und die verpflichtende Pilgerfahrt für jede Seele – ein Funke der vorgenannten – durch den Zyklus der Inkarnation (oder ‘Notwendigkeit’), in Übereinstimmung mit dem zyklischen und karmischen Gesetz. … die Grundlehre der esoterischen Philosophie anerkennt keine Privilegien oder besonderen Gaben des Menschen, außer jenen, die sein eigenes Ego durch persönliche Anstrengung und Verdienst während einer langen Reihe von Metempsychosen (Seelenwanderungen) und Reinkarnationen gewonnen hat.
Wir sehen also, daß alle Wesen denselben Ursprung in dem Einen Universalen Leben haben, und daß jede Gruppe ihre eigene Rettung bewerkstelligen muß, unter Bedingungen, die für alle Mitglieder der Gruppe gleichermaßen gültig sind. Der gegenwärtige Mensch arbeitet an dem Ziel seiner Evolution durch den Zyklus der Notwendigkeit, auf dieser Erde Reinkarnation genannt. Diese Tatsachen zeigen die grundsätzliche Gleichheit aller Wesen, was Ursprung, Wachstum und die Bestimmung betrifft. Denn im Herzen eines jeden, auf welcher Stufe der Evolution er auch steht, wohnt ein Gottesfunke, ein Strahl der Überseele oder des Universalen Lebens. In den Reichen unter dem Menschen brennt dieser Gottesfunken nur mit schwachem, instinktivem Licht. Im Menschen ist er größer geworden und sendet einen selbstbewußten Strahl aus, der seinen Weg erhellt, wenn er es zuläßt, und macht aus ihm ein moralisch verantwortungsbewußtes Wesen. In den Mahatmas hat sich dieser Gottesfunke zu einem Licht der Halb-Göttlichkeit entwickelt, der selbstbewußten Vereinigung mit dem Einen Leben; und in den Wesen, die über und höher als die Mahatmas stehen, ist der Funke zu einer strahlenden Flamme der reinen Göttlichkeit geworden. So reicht die riesige Leiter des Seins aus dem Bereich unserer gegenwärtigen spirituellen Vision weiter und aufwärts und verschwindet in der Herrlichkeit der unsichtbaren Welten.
Die schönste Seite dieser Lehre liegt in der grundsätzlichen Verantwortung einer jeden Gruppe von bewußten Wesen für jene Wesen, die auf der evolutionären Leiter unter ihnen stehen. Die Götter wachen über alle Gebiete des Seins und schenken dem Ganzen Inspiration und Leben. Die Mahatmas, die durch selbstgeleitete Evolution ihre Diener wurden, sind an erster Stelle die Helfer und die Älteren Brüder der Menschheit. Obwohl sie die Stufe des menschlichen Lebens und seine Erfahrungen bereits überschritten haben und zu höheren Reichen der Evolution aufsteigen könnten, wenn sie es nur wollten, entschieden sie sich dafür, bei der Menschheit zu verweilen, um ihr in ihrer spirituellen Entwicklung beizustehen und so die Götter dabei zu unterstützen, die Menschen zu beschützen und zu leiten. Von Zeit zu Zeit senden die Mahatmas Botschafter in die Welt, um die alten Wahrheiten, die im Laufe der Jahrhunderte entstellt und vergessen wurden, in einer neuen Form zurückzubringen. H.P .Blavatsky war eine solche Botschafterin, und die Theosophische Gesellschaft wurde gegründet, um als Kanal für die Alte Weisheit zu dienen, die Theosophie, die fast zwanzig Jahrhunderte für die westliche Welt verloren gegangen war und an die Menschheit zurückgegeben werden mußte.
Ein weiterer Aspekt der universalen Bruderschaft in Verbindung mit der Reinkarnation liegt in der individuellen Verantwortlichkeit, die der Mensch gegenüber den unter ihm stehenden Reichen hat. In bezug auf das ständige Kommen und Gehen der Atome, die unseren Körper bilden, sowie auf deren Auflösung und Transmigration nach dem physischen Tod des Menschen, bezieht sich das Folgende auf die oben erwähnten Gedanken:
Die Emanationen des Menschen bauen so die tierische Welt auf; die Tiere leben von diesen verschiedenen Arten von Lebensatomen, ob physischer, vitaler, astraler, mentaler oder anderer Art. . . . Die von ihm ausgehenden Lebensströme geben den Wesenheiten der unter dem Menschen stehenden Reiche Leben und evolutionäre Antriebe und ihre Eigenschaften, weil diese unter dem Menschen stehenden Reiche die evolvierten Ergebnisse der Gedanken und vitalen Emanationen der menschlichen Rasse sind.
– G. DE PURUCKER, Goldene Regeln der Esoterik, S. 60-61
Bruderschaft ist daher nicht nur ein Ideal oder ein Gefühl, sondern eine lebendige Tatsache. Und unsere ganze Misere kann darauf zurückgeführt werden, daß wir nicht wissen, daß Bruderschaft tatsächlich ein Gesetz unseres Daseins ist. Solange wir das nicht verstehen, werden wir, durch Selbstsucht vielerlei Art, der harmonischen Entwicklung von uns selbst und unserer Rasse im Wege stehen. Durch Reinkarnation, regiert und geleitet durch Karma, und durch die Hilfe unserer Älteren Brüder und noch höherer Wesen, wird die Menschheit schließlich die erhabenste Lehre der Evolution lernen, daß nämlich der Mensch nur durch Selbstlosigkeit und unpersönliche Liebe Freiheit, Glück und Stärke erlangen kann.
Wie in unserem Körper alle Zellen und Organe durch zahlreiche Bande miteinander verbunden sind und von einer zentralen Quelle genährt werden, so sind auch alle Wesen in der Natur aufs engste miteinander verbunden. Sie führen ihr eigenes Leben, doch sind sie zur gleichen Zeit die Zellen und Organe des größeren kosmischen Wesens, wozu auch die unzählbaren Universen gehören.
Die Einheit und Verbundenheit ist die Grundlage der universalen Bruderschaft, die wir in unserem persönlichen Leben zu einer Wirklichkeit machen müssen.