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Die Geheimlehre Band 1

Mockup GL eBook Titel

Über 130 Jahre sind seit dem Erscheinen des Werkes The Secret Doctrine im Jahr 1888 vergangen. Die erste deutsche Ausgabe in der Übersetzung von Hartmann/Froebe kam 1899 auf den Markt, 11 Jahre später. Übersetzt wurde damals verfügbare drei Bände plus Index umfassende Ausgabe der Secret Doctrine, wobei Band 3 und der Indexband nach Blavatskys Tod erschienen waren und somit nicht zur Originalausgabe gehören. Die Hartmann/Froebe-Übersetzung wurde in den nachfolgenden Jahren mehrere Male korrigiert, verändert und nachgedruckt.

Heute ist Die Geheimlehre das umfassendste Quellenbuch der Esoterischen Tradition, sie umreißt die fundamentalen „Geheimlehren der archaischen Zeitalter”. Herausfordernd und prophetisch zugleich, adressiert sie direkt die Fragen wer wir sind, wo wir herkamen und wohin wir gehen, und auch die Frage nach dem Warum. Auf der Grundlage der alten Stanzen des Dzyan (mit unterstützenden Zeugnissen aus hunderten von Quellen) entfalten die beiden Bände das Drama der kosmischen und menschlichen Evolution – vom Wiedererwachen der Götter am Ende der „Nacht des Universums” bis zur endgültigen Wiedervereinigung des Kosmos mit seinem göttlichen Ursprung.

Ergänzende Kapitel diskutieren sowohl wissenschaftliche Gesichtspunkte als auch die Mysteriensprache der Mythen, Symbole und Allegorien und unterstützen die LeserInnen dabei, die oftmals abstruse Bildsprache der heiligen Literatur der Welt zu entschlüsseln. 

 

 


[SD # iii]

DIE GEHEIMLEHRE

DIE SYNTHESE

VON

WISSENSCHAFT, RELIGION UND PHILOSOPHIE

VON

H. P. BLAVATSKY

autorin von „isis entschleiert“

Keine Religion ist höher als die Wahrheit.

Band I – KOSMOGENESIS

Copyright © 2022

Theosophischer Verlag
der Stiftung der Theosophischen Gesellschaft Pasadena

[SD # iv]
[SD # v]

Dieses Werk
widme ich allen wahren Theosophen,
in jedem Land,
und von jeder Rasse,
denn sie haben es herbeigerufen,
und für sie wurde es aufgezeichnet
.

Vorwort des Herausgebers der Deutschen Ausgabe

Diese vollständig neue Übersetzung von H. P. Blavatskys The Secret Doctrine basiert auf der am 1. November 1888 in London und New York erschienenen englischen Originalausgabe in zwei Bänden. Dieses Werk erschien zuletzt 2014 bei der Theosophical University Press in Pasadena in einem vollständig neu gesetzten, dem Original zeichengenau entsprechenden Neudruck.1

Der Herausgeber ist sich der Tatsache bewusst, dass jede Übersetzung eine Interpretation darstellt und somit nicht vollständig dem Original entsprechen kann, zumal der Originaltext am Ende des 19. Jahrhunderts verfasst wurde und sich die Sprache seither deutlich verändert hat. Auch weist er ausdrücklich darauf hin, dass Blavatsky selbst die europäischen Sprachen für unzureichend hielt, um „gewisse Ideen“ der Geheimlehre zum Ausdruck zu bringen.2 Inwieweit diese neue Übertragung in die deutsche Sprache gelungen ist, sei dem Urteil des Lesers überlassen.

Bei der Übersetzung wirkten Dora (†) und Dr. Gerhard Fischer (†) sowie Elisabeth und Matthijs Jasper Prent mit. Inga Charlotte Streblow M. A. besorgte das sehr aufwendige Lektorat.

Ziel der neuen Übersetzung ist es, die Schönheit und Einheit des Originals so weit wie möglich zu erhalten und es dem Leser so unverändert wie möglich zu präsentieren.

Zusätzlich möchte der Herausgeber folgende technische Hinweise geben. Im englischen Original werden Wortanfänge häufig in Versalien geschrieben. Mit Ausnahme von Eigennamen haben wir diese Großbuchstaben nur dann übernommen, wenn das Wort in der Theosophie oder dem entsprechenden Sinn eine besondere Bedeutung hat – z. B. bei feststehenden Begriffen oder wenn sich die Bedeutung vom täglichen Sprachgebrauch unterscheidet (z. B. ‘der Göttliche Gedanke’). Dies führt stellenweise zu offensichtlichen Inkonsistenzen in der Schreibweise.

Eindeutige Druckfehler und unterschiedliche Schreibweisen ein und desselben Begriffes im englischen Text wurden aktualisiert und vereinheitlicht (z. B. Bd. 1, S. 339: ‘Siphra Dzeniouta’ und Bd. 1, S. 342: ‘Siphrah Dzenioota’; Seitenangaben amerikanische Version). Bei Worten, die mittlerweile Eingang in die deutsche Sprache gefunden haben, wird die aktuelle Schreibweise verwendet (z. B. Kabbala).

Bei Bibelzitaten wird in einigen Fällen der Auslegung (und Übersetzung) Blavatskys gegenüber heute verfügbaren Übersetzungen ins Deutsche der Vorzug gegeben. In allen anderen Fällen wurden die Zitate aus der Elberfelder Übersetzung aus dem Jahr 1905 verwendet (www.bibel-online.net).

Werden Texte deutscher Autoren unverändert aus englischen Übersetzungen zitiert, haben wir, soweit verfügbar, auf die deutsche Originalvorlage zurückgegriffen (z. B. Band 1, Seite 55, Zitat von Hegel).

Mit Indien wird in diesem Buch in etwa das Gebiet des ehemaligen Britisch Indien bezeichnet, nicht aber das Indien in seinen heutigen Grenzen.

In The Secret Doctrine wird ein Unterschied gemacht zwischen „cosmos“ und der alternativen Schreibweise „kosmos“. Erstere Schreibweise ist orthografisch korrekt, meint aber im vorliegenden Werk unser Heimatuniversum, unser eigenes Sonnensystem.3 Weitaus häufiger wird die orthografisch nicht korrekte Schreibweise „kosmos“ mit der üblichen Bedeutung des Wortes „Kosmos“ oder Universum verwendet. Die unterschiedliche Schreibweise hat sich in der späteren Literatur nicht durchgesetzt, selbst in der Geheimlehre wurde sie nicht konsequent durchgehalten. In dieser HTML-Version haben wir die Schreibweise vereinheitlicht.

Wir weisen darauf hin, dass im vorliegenden Werk Zitate nicht entsprechend moderner wissenschaftlicher Standards gekennzeichnet sind. Für die Überprüfung der Quellen stehen unter www.theosociety.org in englischer Sprache die Secret Doctrine References zur Verfügung. Sie enthalten die meisten der aufwendig nachrecherchierten Quellen, aus denen im vorliegenden Werk zitiert wird. Eine weitere englischsprachige Ressource stellt The Secret Doctrine Index4 dar, ein 440 Seiten umfassender Index, der zum kostenlosen Download auf der amerikanischen Webseite der Theosophischen Gesellschaft bereitsteht und auch in gedruckter Form zur Verfügung steht. Auf der obigen Webseite wird auch umfangreiche Sekundärliteratur zur Geheimlehre und Blavatsky angeboten.

In Bezug auf die Gestaltung des Werkes möchten wir hervorheben, dass die Original-Satzschriften (Miller & Richard Old Style) angepasst wurden, damit das Schriftbild auch die durch den Bleisatz und die Art des Drucks hervorgerufene Fettung der Schriften im Originaldruck wiedergibt. Der Schriftsatz wurde insgesamt so nah wie möglich der Erstausgabe angepasst, aus diesem Grund variieren Schriftgrößen und Durchschuss im gesamten Werk immer wieder. Zum Zweck einer besseren Lesbarkeit wurden an einigen Stellen Zitate durch Absatzabstände vom Fließsatz getrennt.

Die Seitenzahlen der englischen Originalausgabe von 1888 sind in kursiver Schrift am Seitenrand angegeben, möglichst genau an der Position des Seitenanfanges der betreffenden Seite des englischen Originaltextes. Da in der HTML-Version die Indexe entfernt und in die Navigation überführt wurden, ergeben sich an diesen Stellen Lücken in der Nummerierung der amerikanischen Seiten. Der Index am Ende des zweiten Bandes bezieht sich auf diese an den Rändern aufgeführten Seitenzahlen des amerikanischen Originaltextes. Der Index wurde im Jahr 1925 überarbeitet und jetzt nochmals editiert.

Die Schreibweisen von technischen Angaben (Uhrzeiten, Ortsangaben, Maßeinheiten etc.) wurden, soweit möglich, auf den aktuellen Stand angepasst und vereinheitlicht.

Armin Zebrowski

Eberdingen, im Mai 2022

[SD # vii]

VORREDE

Die Autorin – vielmehr die Schreiberin – hält es für notwendig, sich für die lange Verzögerung der Erscheinung dieses Werkes zu entschuldigen. Die Ursache dafür waren die schlechte Gesundheit und der Umfang des Unternehmens. Selbst die beiden jetzt herausgegebenen Bände entsprechen nicht dem gesamten Plan, und die darin behandelten Themen sind nicht erschöpfend besprochen. Eine große Menge des in den Biografien der großen Adepten der arischen Rasse enthaltenen Materials über die Geschichte des Okkultismus ist bereits vorbereitet, es soll den Einfluss der okkulten Philosophie auf die Lebensführung zeigen, wie sie ist und wie sie sein sollte. Sollten die vorliegenden Bände eine günstige Aufnahme finden, wird keine Mühe gescheut werden, den Plan des Werkes zu vollenden. Der dritte Band ist vollständig fertig, der vierte beinahe.

Es muss noch hinzugefügt werden, dass dieser Plan zum Zeitpunkt der Ankündigung des Werkes noch nicht existierte. „Die Geheimlehre“ sollte entsprechend der ursprünglichen Absicht eine verbesserte und erweiterte Fassung von „Isis entschleiert“ sein. Es stellte sich aber bald heraus, dass die Erläuterungen, welche denen hinzugefügt werden konnten, die in dem letztgenannten und anderen mit der esoterischen Wissenschaft befassten Werken bereits der Welt gegeben worden waren, solcher Art waren, dass sie einer anderen Behandlung bedurften. Folglich enthalten die vorliegenden Bände nicht einmal zwanzig Seiten aus „Isis entschleiert“.

Die Autorin hält es nicht für nötig, die Nachsicht ihrer Leser und Kritiker für die vielen Mängel des literarischen Stils und das unvollkommene Englisch zu erbitten, das in diesen Seiten gefunden werden mag. Sie ist Ausländerin, und ihre Sprachkenntnisse erwarb sie im fortgeschrittenen Alter. Die englische Sprache wird verwendet, weil sie das am weitesten verbreitete Medium für die Übermittlung der Wahrheit darstellt, die der Welt vorzulegen ihre Pflicht geworden war.

Diese Wahrheiten werden in keinem Sinne als eine Offenbarung vorgebracht; auch beansprucht die Verfasserin nicht die Stellung einer Enthüllerin einer jetzt zum ersten Mal in der Weltgeschichte veröffentlichten mystischem Überlieferung. Denn was in diesem Werk enthalten ist, kann über Tausende von Bänden zerstreut gefunden werden, welche die Schriften der großen asiatischen und frühen europäischen Religionen umfassen, verborgen unter Glyphen und Symbolen und angesichts dieser Verschleierung bisher unbemerkt geblieben. Jetzt wird der Versuch unternommen, die ältesten Lehrsätze zu sammeln und aus ihnen ein harmonisches und zusammenhängendes Ganzes zu machen. Die Schreiberin hat dabei gegenüber ihren Vorgängern den einzigen Vorteil, nicht auf persönliche Spekulationen und Theorien zurückgreifen zu müssen. Denn dieses Werk ist eine teilweise Darlegung dessen, was ihr selbst von weiter fortgeschrittenen Schülern gelehrt wurde, nur in wenigen Einzelheiten durch die Ergebnisse ihres [SD # viii] eigenen Studiums und Beobachtens ergänzt. Die Veröffentlichung vieler der hier vorgetragenen Tatsachen war wegen der wilden und fantasiereichen Spekulationen notwendig geworden, denen sich viele Theosophen und Schüler der Mystik in den letzten Jahren in ihrem Bestreben hingaben, aus den wenigen ihnen früher mitgeteilten Tatsachen ein ihrer Vorstellung nach vollständiges Gedankensystem auszuarbeiten.

Es ist unnötig zu erklären, dass dieses Buch nicht die Geheimlehre in ihrer Gänze darstellt, sondern eine Anzahl ausgewählter Fragmente ihrer fundamentalen Lehrsätze. Besondere Aufmerksamkeit wurde dabei auf einige Tatsachen gelegt, die von verschiedenen Schriftstellern aufgegriffen und bis zur völligen Unkenntlichkeit der Wahrheit entstellt wurden.

Es ist aber vielleicht wünschenswert unmissverständlich festzustellen, dass die in diesen Bänden enthaltenen Lehren – wie bruchstückhaft und unvollständig auch immer sie sein mögen – weder der hinduistischen, der zoroastrischen, der chaldäischen oder der ägyptischen Religion, noch dem Buddhismus, Islam, Judentum oder Christentum ausschließlich angehören. Die Geheimlehre ist die Essenz all dieser. Die in ihren Ursprüngen aus ihr hervorgegangenen, verschiedenen religiösen Systeme werden nun wieder in ihrem ursprünglichen Element verschmolzen, aus dem jedes Mysterium und Dogma hervorging, sich entwickelte und materialisierte.

Es ist mehr als wahrscheinlich, dass das Buch von einem großen Teil der Öffentlichkeit für eine Erdichtung der wildesten Art gehalten wird, denn wer hat jemals vom Buch Dzyan gehört?

Die Schreiberin ist daher vollständig darauf vorbereitet, die gesamte Verantwortung für das, was in diesem Werk enthalten ist, zu übernehmen, und selbst der Anschuldigung ins Gesicht zu sehen, das Ganze erfunden zu haben. Dass es viele Unzulänglichkeiten hat, dessen ist sie sich wohl bewusst. So romantisch das Werk auch vielen erscheinen mag – sein logischer Zusammenhang und seine Folgerichtigkeit berechtigen diese neue Genesis auf jeden Fall dazu, mit den von der modernen Wissenschaft so freigiebig akzeptierten „Arbeitshypothesen“ auf eine Stufe gestellt zu werden – das ist alles, was die Schreiberin für es beansprucht. Außerdem fordert das Werk nicht aufgrund irgendeiner Berufung auf eine dogmatische Autorität Beachtung ein, sondern weil es nie die Nähe zur Natur verliert und den Gesetzen der Analogie und der Uniformität folgt.

Die Absicht dieses Werkes kann also folgendermaßen formuliert werden: Es soll gezeigt werden, dass die Natur nicht „ein zufälliges Zusammenwirken von Atomen“ ist, und dem Menschen soll sein rechtmäßiger Platz im Plan des Universums zugewiesen werden; die archaischen Wahrheiten, welche die Grundlage aller Religionen sind, sollen vor der Entartung bewahrt werden; und bis zu einem gewissen Grad soll die fundamentale Einheit, aus der sie alle entspringen, aufgedeckt werden; schließlich soll gezeigt werden, dass die Wissenschaft der modernen Zivilisation der okkulten Seite der Natur niemals nahegekommen ist.

Sollte das einigermaßen erreicht werden, wäre die Schreiberin zufrieden. Das Werk ist im Dienste der Menschheit geschrieben, und von der Menschheit und den zukünftigen Generationen muss es beurteilt werden. Seine Autorin anerkennt kein geringeres Gericht. An Beschimpfungen ist sie gewöhnt, mit Verleumdung ist sie täglich vertraut, über Verunglimpfungen lächelt sie in schweigender Verachtung.

De minimis non curat lex.

H. P. B.

London, Oktober 1888

Fußnoten

1 H. P. Blavatsky: The Secret Doctrine, Unabridged Verbatim Edition, Theosophical University Press, Pasadena, Kalifornien 91109, 2014, ISBN 978-1-55700-228-0, 2 Bände, Paperback.

2 „Aber infolge der den behandelten Gegenständen innewohnenden Schwierigkeiten und der nahezu unüberwindbaren Beschrän­kungen der englischen Sprache (sowie jeder anderen europäischen Sprache) beim Ausdruck gewisser Ideen ist es mehr als wahrscheinlich, dass es der Schreiberin nicht gelungen ist, die Erklärungen in der besten und klarsten Form darzulegen. Aber alles, was unter den widrigsten Umständen jeder Art getan werden konnte, ist geschehen, und das ist das Äußerste, was von einem Schriftsteller erwartet werden kann.“ – H. P. Blavatsky, Die Geheimlehre, Band 1, Seite 280.

3 Kosmos [griechisch κόσμος kosmos, Ordnung, Universum] Das Universum, gleichbedeutend mit dem lateinischen mundus. Die Theosophie betrachtet eine unendliche Reihe aufeinanderfolgender Ganzheiten oder Universen, von denen jedes vollständig genug ist, um als Kosmos oder Universum bezeichnet zu werden, und doch ist jedes in ein größeres Ganzes eingebunden. Da es keine absoluten oder endgültigen Grenzen gibt, weil dies der Natur widerspricht, sollte dem Wort Kosmos, das sowohl die unsichtbaren Ebenen als auch das sichtbare Universum umfasst, nicht die Bedeutung einer Endgültigkeit zugemessen werden. Einige theosophische Autoren beziehen sich mit der englischen Schreibweise „kosmos“ auf unser Heimatuniversum oder galaktisches System und mit „cosmos“ auf unser Sonnensystem. Siehe https://www.theosociety.org/pasadena/etgloss/ke-kz.htm unter dem Begriff „kosmos“, abgerufen am 10.03.2022; deutsche Übersetzung angepasst.

4 John P. Van Mater: The Secret Doctrine Index, Theosophical University Press, Pasadena, 440 Seiten, ISBN 978-1-55700-003-3 (gebundene Ausgabe in 2 Bänden), ISBN 978-1-55700-004-0 (Paperback-Ausgabe in einem Band). Online unter https://www.theosociety.org/pasadena/sd-index/dx-00hp.htm


Band I Kosmogenesis

Einleitung

Die Notwendigkeit eines solchen Buches

Das hohe Alter der Dokumente und Manuskripte

Was das Buch beabsichtigt

Vorwort

Die ältesten Manuskripte der Welt und ihre Symbolik

Das Eine Leben, aktiv und passiv

Die Geheimlehre – Pantheismus – Atheismus

„Raum“ in allen Religionen und im Okkultismus

Sieben kosmische Elemente – sieben Menschheitsrassen

Die drei fundamentalen Grundsätze der Geheimlehre

Beschreibung der Stanzen aus dem Buch Dzyan

BAND I – Teil 1
Kosmische Evolution

Sieben Stanzen aus dem Buch Dzyan

Stanze I – Die Nacht des Universums

Die sieben Ewigkeiten

„Zeit“

Das Universalgemüt und die Dhyan Chohans

Nidana und Maya : die Ursachen des Leides

Der Große Atem

Sein und Nichtsein

Das Auge Dangmas

Alaya, die Universalseele

Stanze II – Die Idee der Differentiation

Das Absolute kennt sich selbst nicht

Der Keim des Lebens existierte noch nicht

Noch verbarg sich das Universum im Göttlichen Gedanken

Stanze III – Das Erwachen des Kosmos

Die große Schwingung

Die Symbole der Natur

Die Macht der Zahlen

Der Drache und die Logoi

Das Astrallicht

Die uranfänglichen Ausstrahlungen der Einheit

Das Netz des Seins

Bewusste Elektrizität: Fohat

Stanze IV – Die siebenfältigen Hierarchien

Die Söhne des Feuers

Das Vehikel des Universums – die Dhyan Chohans

Die Heerschar der Stimme

Stimme und Verstand

Die Acht- und die Siebenheit

Die stellaren „Söhne des Lichts“

Stanze V – Fohat: Das Kind der siebenfältigen Hierarchien

Der feurige Wirbelwind und die ursprünglichen Sieben

Sie bringen Fohat hervor

Die Wechselbeziehungen der „Götter“

Evolution der Prinzipien

Das Mysterium des Feuers

Das Geheimnis der Elemente

Die wirkliche Bedeutung des Tabernakels

Die Lipika

Der Ring „Überschreite-mich-nicht“

Das siderische Buch des Lebens

Die Pilgerschaft der Seele und ihre „Ruhe“

Stanze VI – Unsere Welt, ihr Wachstum und ihre Entwicklung

Das Mysterium des weiblichen Logos

Die sieben Layazentren

Die „elementaren Keime“

Ignorierten die Alten die Naturwissenschaften?

Das Erbauen der Welten

Die ursprüngliche Substanz – eine Wirklichkeit

„Tote“ Planeten – der Mond

Einige Theosophische Missverständnisse

Die Einteilung des Planeten und Planetenketten

Prinzipien des Menschen und von Globen

Die siebenfältige Einteilung in indischen Systemen

Siebenfältige Weltenketten im solaren Kosmos

Intelligentes Leben auf anderen Planeten

Erklärungen zu Globen und Monaden

Die Erde, das Kind des Mondes

Die monadische Schar

Von der mineralischen Monade zum Menschen

Definition der Monade

Die lunare Monade – die Pitris

Eine dreifältige Evolution in der Natur

Stanze VI – Fortsetzung

Die erste Ursache der „Sünde“

Der „Herr der Genien“

Die sieben Ebenen

Die Pole – Speicher der Lebenskraft

Stanze VII – Die Eltern des Menschen auf der Erde

Eine Elternflamme, zahllose Flammen

Wechselbeziehungen von Wesenheiten

Was in den animalischen Menschen inkarniert

Saptaparna – die „Menschenpflanze“

Okkulte und kabbalistische Pneumatologie

Akasha und Ether

Die sieben Körper der sieben Ordnungen

Okkulte Chemie

Der stille Wächter und sein Schatten

Die „Wächter“

Zusammenfassung

Die Quintessenz der Geheimlehre

Hermes christianisiert

Einige okkulte Aphorismen

Die sieben Kräfte der Natur

Band I – Teil II
Die Entwicklung der Symbolik
in ihrer ungefähren Folge

I. Symbolismus und Ideogramme

Emblem und Symbol unterscheiden sich

Die magische Potenz des Tons

Mysteriensprache

II. Die Mysteriensprache und ihre Schlüssel

Die vielen Religionen Ägyptens

Die Quelle aller Maße

Der Schlüssel zur esoterischen Bedeutung

Das Kreuz, ein phallisches Symbol

III. Ursubstanz und Göttlicher Gedanke

Göttlicher Gedanke oder zerbrechliche Materie?

Die universale Illusion

Die sieben Prakritis

Das mystische Feuer

Ein Baum der Erkenntnis

IV. Chaos – Theos – Kosmos

Die Vereinigung von Chaos und Geist

Die Geburt des Verstandes

V. Die verborgene Gottheit, ihre Symbole und Glyphen

Die gnostische Vorstellung

Weltweite Übereinstimmung der Götter

VI. Das Weltenei

Aus dem Ei geborene Logoi

Der geflügelte Globus

VII. Die Tage und Nächte Brahmâs

Menschliche Götter und Göttliche Menschen

Die Wiedergeburt der Götter

Die puranische Prophezeiung

VIII. Der Lotus als universales Symbol

Das Exoterische und das Esoterische

Die Reinheit des frühenPhallizismus

Der ägyptische Lotus

IX. Der Mond, Deus Lunus, Phoebe

Ein Blick auf die Mondmythen

Grundgedanken zum Mond

Die Zeitperioden

Der zweigeschlechtliche Mond

X. Baum-, Schlangen- und Krokodilverehrung

Die Degeneration des Symbols

Die siebenköpfigen Drachen

Drache und Krokodil

XI. Demon est Deus Inversus

Tod ist Leben

Die verleumdeten Engel

Die Täuschung der Götter

XII. Die Theogonie der schöpferischen Götter

Mythos ist mündliche Tradition

Die schöpferischen Logoi, androgyn

Die weiblichen Logoi

Kosmische Götter

Arische versus semitische Systeme

XIII. Die sieben Schöpfungen

Die Versionen der Gnostiker und Hindus

Viele Fassungen der einen Wahrheit

XIV. Die vier Elemente

Die „Götter“ und die „Elemente“

Ton – der magische Agent

Gebete und Aberglauben

XV. Über Kwan-Shi-Yin und Kwan-Yin

Kwan-Shi-Yin und Phallizismus

Ihre wirkliche Bedeutung

BAND I – Teil III
Wissenschaft und die Geheimlehre
im Vergleich

I. Gründe für diese Anhänge

Duale Natur der Sonne

Die Söhne des Lichts

II. Die modernen Physiker spielen Blindekuh

III. An Lumen Sit Corpus nec non?

Die Metaphysik der physikalischen Wissenschaft

Was ist Ether?

IV. Ist Gravitation ein Gesetz?

Kräfte sind geistige Wesenheiten

Die Ursache der Anziehung

V. Die Rotationstheorien der Wissenschaft

Widersprüchliche Hypothesen

Die Paradoxa der Wissenschaft

VI. Die Masken der Wissenschaft

Was sind die „Kräfte“?

Die Sichtweise der Okkultisten

Die Ursache etherischer Schwingungen

Die Atome der Wissenschaft

VII. Angriff eines Wissenschaftlers auf die wissenschaftliche Theorie der Kraft

Ether – Geist und Seele des Kosmos

VIII. Leben, Kraft oder Gravitation?

Dr. Richardson über den Nervenether

Die sieben physischen Sinne

Das Lebensprinzip

IX. Die Solartheorie

Das homogene, ursprüngliche Element

Elemente und Meta-Elemente

Der Baum des Lebens und Seins

Prof. Crookes über die Elemente

X. Die kommende Kraft

Keeley, ein unbewusster Okkultist

Definition eines Laya-Zentrums

Die Geheimnisse des Klangs und des Geruchs

XI. Über Elemente und Atome

Metaphysische Chemie

Was sind die sieben Planeten?

Es gibt mehr Planeten, als bekannt ist

XII. Altes Denken in modernem Gewand

Die unerschaffenen Atome

Die „Siebenheit“ in der Chemie

XIII. Die moderne Nebulartheorie

Kräfte sind Emanationen

Was sind die Nebelflecke?

XIV. Kräfte – Bewegungsarten oder Intelligenzen?

Das Lebensprinzip

Bedingter Raum hat nur eine begrenzte Existenz

XV. Götter, Monaden und Atome

Die Götter der Alten – die Monaden

Phantome der Vorstellungskraft

Das Protyl

Hermes oder Huxley?

Leibniz und Okkultismus

Die Räder des Lebens

XVI. Zyklische Evolution und Karma

Der Lauf Karmas

Das Netzwerk der Bestimmung

Karma-Nemesis

XVII. Der Tierkreis im Altertum

Die jüdischen Patriarchen der Tierkreiszeichen

Das Zeichen von Jonas

Der Beginn des Kali-Yugas

XVIII. Zusammenfassung der gegenseitigen Positionen

Fohats Pseudonyme

Die ägyptischen Götter

Anmerkung: Index und Glossar sind am Ende des zweiten Bandes zu finden.


[SD # xvii]

Einleitung

Gently to hear, kindly to judge.”
Shakespeare

Seitdem in England theosophische Literatur erscheint, ist es zur Gewohnheit geworden, ihre Lehren als „Esoterischen Buddhismus“ zu bezeichnen. Und einmal eine Gewohnheit – wie ein altes, auf täglicher Erfahrung beruhendes Sprichwort sagt – „eilt der Irrtum den Berg hinab, während die Wahrheit ihren Weg mühselig bergauf erklimmen muss.“

Alte Binsenwahrheiten sind oft die weisesten. Das menschliche Denken kann von Vorurteilen kaum vollständig frei bleiben, und maßgebliche Ansichten werden oftmals vor einer gründlichen Prüfung aller Aspekte eines Gegenstandes festgelegt. Das wird auch gesagt im Hinblick auf das vorherrschende doppelte Missverständnis (a) die Theosophie auf den Buddhismus zu beschränken und (b) die Lehrsätze der von Gautama dem Buddha gepredigten Religionsphilosophie mit den im „Esoteric Buddhism“ grob umrissenen Lehren durcheinanderzubringen. Etwas Irrigeres als das lässt sich kaum vorstellen. Es hat unsere Feinde in die Lage versetzt, eine wirksame Waffe gegen die Theosophie zu finden; und zwar, wie ein angesehener Pali-Gelehrter es sehr treffend formulierte, weil das erwähnte Buch „weder Esoterik noch Buddhismus“ enthielt. Die in Sinnetts Buch dargestellten esoterischen Wahrheiten haben mit dem Augenblick der Veröffentlichung aufgehört, esoterisch zu sein. Es enthielt auch nicht die Religion Buddhas, sondern lediglich einige Lehrsätze einer bisher verborgenen Lehre, die nun in den vorliegenden Bänden durch viele weitere ergänzt, erweitert und erklärt wird. Aber selbst diese Bände – obwohl sie viele fundamentale Lehrsätze aus der Geheimlehre des Ostens bekannt geben – lüften doch nur einen kleinen Teil des dunklen Schleiers. Denn niemand, nicht einmal der größte lebende Adept, hätte die Erlaubnis dazu oder könnte – selbst wenn er es wollte – einer spottenden, ungläubigen Welt wahllos das herausgeben, was viele Äonen und Epochen lang so wirksam vor ihr verborgen wurde.

„Esoteric Buddhism“ war ein hervorragendes Werk mit einem sehr unglücklichen [SD # xviii] Titel, obwohl er nichts weiter bedeutete als der Titel dieses Werkes „Die Geheimlehre“. Er erwies sich als verhängnisvoll, weil die Menschen immer die Gewohnheit haben, Dinge lieber nach ihrem Äußeren als nach ihrer Bedeutung zu beurteilen. Mittlerweile ist der Irrtum so weit verbreitet, dass selbst die meisten Mitglieder der Theosophischen Gesellschaft Opfer desselben Missverständnisses geworden sind. Von Anfang an jedoch wurden von Brahmanen und anderen Einsprüche gegen den Titel erhoben. Und zu meiner Rechtfertigung muss ich hinzufügen, dass mir „Esoteric Buddhism“ als fertiggestellter Band vorgelegt wurde und dass ich gänzlich unaufmerksam war in Bezug auf die vom Autor geplante Schreibweise des Wortes „Budh-ism“.

Das muss direkt jenen zur Last gelegt werden, die den Gegenstand der Öffentlichkeit als Erste zur Kenntnis brachten, denn sie versäumten es, den Unterschied hervorzuheben zwischen „Buddhismus“ – dem religiösen Ethiksystem, das von Gautama dem Herrn gepredigt und entsprechend seinem Titel Buddha, „der Erleuchtete“, benannt wurde – und Budha, „Weisheit“ oder Wissen (Vidya), die Fähigkeit des Erkennens, von der Sanskritwurzel „Budh“, wissen. Wir, die Theosophen aus Indien, sind selbst die wahren Schuldigen, obwohl wir damals unser Bestes taten, den Fehler zu korrigieren (siehe „Theosophist“, Juni 1883). Diese bedauerliche Fehlbezeichnung wäre leicht zu vermeiden gewesen. Es hätte lediglich die Schreibweise des Wortes geändert werden müssen, und nach allgemeinem Übereinkommen wäre die korrekte Aussprache und Schreibweise „Budhismus“ anstelle von „Buddhismus“ gewesen. Auch ist der letztere Ausdruck weder richtig geschrieben noch ausgesprochen, korrekt müsste es im Englischen „Buddhaïsm“ lauten und seine Anhänger „Buddhaïsts“.

Diese Erklärung ist zu Beginn eines Werkes wie diesem absolut notwendig. Die „Weisheitsreligion“ ist das Erbe aller Nationen der ganzen Welt, obwohl in „Esoteric Buddhism“ (Vorwort der Originalausgabe) die Behauptung aufgestellt wurde, dass „vor zwei Jahren (d. i. 1883) weder ich noch irgendein anderer lebender Europäer das Alphabet der Wissenschaft kannte, welches hier zum ersten Mal in eine wissenschaftliche Form gebracht wurde“ etc. Dieser Irrtum muss sich aus Versehen eingeschlichen haben. Denn die gegenwärtige Schreiberin wusste alles, was in „Esoteric Buddhism“ „preisgegeben“ wurde – und viel mehr – viele Jahre bevor es ihre Pflicht wurde (1880), zwei europäischen Herren einen kleinen Teil der Geheimlehre zu vermitteln. Einer von ihnen war der Autor von „Esoteric Buddhism“; und ganz bestimmt hat die gegenwärtige Schreiberin das unbestrittene, wenn auch für sie ziemlich fragwürdige Privileg, von Geburt an und der Erziehung nach Europäerin zu sein. Außerdem wurde ein beträchtlicher Teil der von Sinnett dargelegten Philosophie [SD # xix] in Amerika – sogar bevor „Isis Unveiled“ veröffentlicht war – zwei Europäern und meinem Kollegen, Oberst H. S. Olcott, gelehrt. Von den drei Lehrern des letzteren Herrn war der erste ein ungarischer Initiierter, der zweite Ägypter und der dritte Hindu. Weil es Oberst Olcott gestattet wurde, gab er Teile dieser Lehren auf unterschiedliche Arten weiter; wenn die beiden anderen nicht dasselbe taten, lag das einfach daran, dass es ihnen nicht erlaubt war: Ihre Zeit für öffentliche Arbeit war noch nicht gekommen. Für andere war das jedoch der Fall, und das Erscheinen von Sinnetts verschiedenen interessanten Büchern ist ein sichtbarer Beweis dieser Tatsache. Es ist vor allem wichtig nicht zu vergessen, dass der Wert eines theosophischen Buchs von keiner Autorität auch nur im Geringsten gesteigert wird.

Etymologisch ist Adi – und Adhi Budha – das Eine (oder das Erste) und „Höchste Weisheit“, ein von Aryasangha in seinen geheimen Abhandlungen und heute von allen Mystikern der nördlichen Buddhisten benutzter Ausdruck. Es ist ein Sanskritausdruck, und die frühesten Arier verwendeten ihn als Bezeichnung für die unbekannte Gottheit; das Wort „Brahmâ“ taucht in den Veden und den frühen Werken nicht auf. Es bedeutet Absolute Weisheit, und „Adi-Bhuta“ wird von Fitzedward Hall mit „die uranfängliche, unerschaffene Ursache von allem“ übersetzt. Äonen von unermesslicher Dauer müssen verstrichen sein, ehe der Beiname Buddha sozusagen derart vermenschlicht war, dass der Ausdruck auf Sterbliche angewendet werden konnte und schließlich jemandem zugeeignet wurde, dessen unvergleichliche Tugenden und Wissen ihn den Titel des „Buddhas der unverrückbaren Weisheit“ erlangen ließen. Bodha bedeutet den angeborenen Besitz göttlichen Intellekts oder „Verständnisses“; „Buddha“ dessen Erwerb durch persönliche Bemühungen und Verdienst; während Buddhi die Fähigkeit ist zu erkennen, der Kanal, durch welchen göttliche Erkenntnis das „Ego“ erreicht, das Unterscheidungsvermögen von Gut und Böse, auch das „göttliche Gewissen“; und die „spirituelle Seele“, die der Träger von Atman ist. „Wenn Buddhi unsere Ichbezogenheit mit allen ihren Vikaras absorbiert (sie zerstört), so wird Avalokitesvara für uns offenbar, und Nirvana oder Mukti ist erreicht.“ „Mukti“ ist dasselbe wie Nirvana – d. h. Freiheit von den Fesseln der „Maya“ oder Illusion. „Bodhi“ ist gleichermaßen der Name eines besonderen Trancezustandes, Samadhi genannt, in welchem der Betreffende den Höhepunkt spiritueller Erkenntnis erreicht.

Unweise sind diejenigen, die in ihrem blinden und für unser Zeitalter unpassenden Hass gegen den Buddhismus und als Reaktion darauf dem „Budhismus“ esoterische Lehren absprechen (die auch die der Brahmanen sind), nur weil der Name auf etwas [SD # xx] hindeutet, was sie als Monotheisten für schädliche Lehren halten. Unweise ist in ihrem Fall der korrekte Ausdruck. Denn in diesem Zeitalter des krassen und unlogischen Materialismus ist die Esoterische Philosophie allein geeignet, den wiederholten Angriffen auf alles und jedes Widerstand zu leisten, was der Mensch in seinem inneren spirituellen Leben für das Teuerste und Heiligste erachtet. Der wahre Philosoph, der Schüler der Esoterischen Weisheit, verliert Persönlichkeiten, dogmatischen Glauben und besondere Religionen vollkommen aus den Augen. Außerdem versöhnt die Esoterische Philosophie alle Religionen, streift alle ihre äußeren, menschlichen Gewänder ab und zeigt auf, dass die Wurzel jeder Religion mit der aller anderen großen Religionen übereinstimmt. Sie beweist die Notwendigkeit eines absoluten Göttlichen Prinzips in der Natur. Sie leugnet das Göttliche so wenig wie die Sonne. Die Esoterische Philosophie hat Gott in der Natur niemals verworfen, noch das Göttliche als das absolute und abstrakte Ens. Sie weigert sich lediglich, die Götter der sogenannten monotheistischen Religionen anzuerkennen, Götter, die der Mensch nach seinem eigenen Ebenbild erschaffen hat – blasphemische und traurige Karikaturen des ewig Unerkennbaren. Außerdem umfassen die Aufzeichnungen, die wir dem Leser vorzulegen beabsichtigen, die esoterischen Lehren der ganzen Welt seit dem Anbeginn unserer Menschheit, und der buddhistische Okkultismus nimmt darin nur seinen legitimen Platz ein – und nicht mehr. In der Tat sind die geheimen Teile des „Dan“ oder „Jan-na5 („Dhyan“) von Gautamas Metaphysik – so großartig sie auch dem mit den Lehren der Weisheitsreligion des Altertums nicht vertrauten Leser erscheinen mögen – nur ein sehr kleiner Teil des Ganzen. Der Hindu-Reformator begrenzte seine öffentlichen Lehren auf die rein moralischen und physiologischen Aspekte der Weisheitsreligion, auf Ethik und den Menschen allein. „Unsichtbare und unkörperliche“ Dinge, das Mysterium des Seins außerhalb unserer irdischen Sphäre, ließ der große Lehrer in seinen öffentlichen Vorträgen gänzlich unberührt und hielt die verborgenen Wahrheiten für einen auserwählten Kreis seiner Arhats zurück. Letztere wurden in der berühmten Saptaparna-Höhle (der Sattapanni des Mahavansa) nahe dem Berg Baibhâr (dem Webhâra der Pali-Manuskripte) initiiert. Diese Höhle befindet sich in Rajagriha, der alten Hauptstadt von Mogadha; sie war die Cheta-Höhle des Fa-hian, wie von einigen Archäologen richtig vermutet wird.6

Die Zeit und die menschliche Einbildungskraft machten kurzen Prozess mit der Reinheit und [SD # xxi] Philosophie dieser Lehren, nachdem sie aus dem geheimen und geheiligten Kreis der Arhats im Verlauf ihres Bekehrungswerkes in einen für metaphysische Vorstellungen in geringerem Maß als Indien vorbereiteten Boden verpflanzt wurden: d. h. als sie nach China, Japan, Siam und Burma übertragen worden waren. Wie mit der ursprünglichen Reinheit dieser großen Offenbarungen umgegangen wurde, bringt das Studium einiger der sogenannten „esoterischen“ buddhistischen Schulen des Altertums in ihrem modernen Gewand zutage – nicht nur in China und anderen buddhistischen Ländern im Allgemeinen, sondern selbst in nicht wenigen der Obhut nicht initiierter Lamas und mongolischer Neuerer überlassener Schulen Tibets.

Der Leser wird also gebeten, sich den sehr bedeutenden Unterschied zwischen dem orthodoxen Buddhismus – d. h. den öffentlichen Lehren von Gautama dem Buddha – und seinem esoterischen Budhismus zu vergegenwärtigen. Seine Geheimlehre jedoch unterschied sich in keiner Weise von jener der initiierten Brahmanen seiner Zeit. Der Buddha war ein Kind arischen Bodens, ein geborener Hindu, ein Kshatriya und ein Schüler der „Zweimal-Geborenen“ (der initiierten Brahmanen) oder Dvijas. Seine Lehren konnten sich daher von ihren nicht unterscheiden, denn die ganze buddhistische Reform bestand lediglich in der Veröffentlichung eines Teils von dem, was vor den Menschen außerhalb des „Zauber“-Kreises der Tempel-Initiierten und Asketen geheimgehalten worden war. Infolge seiner Gelübde außerstande, alles zu lehren, was ihm vermittelt worden war, gab der Buddha, obwohl er eine auf der Grundlage der wahren esoterischen Wissenschaft aufgebaute Philosophie lehrte, der Welt nur den äußeren, materiellen Körper der Lehre und bewahrte ihre Seele nur für seine Auserwählten (siehe auch Band II). Viele chinesische Gelehrte unter den Orientalisten haben von der „Seelenlehre“ gehört. Keiner von ihnen scheint ihre wirkliche Bedeutung und Wichtigkeit verstanden zu haben.

Diese Lehre wurde geheim – vielleicht zu geheim – im Heiligtum aufbewahrt. Das Mysterium, welches ihre Hauptlehre und ihr Streben – Nirvana – verschleierte, hat die Wissbegierde jener Gelehrten, die es studierten, derart auf die Probe gestellt und irritiert, dass sie – unfähig, es logisch und befriedigend durch Aufknüpfen des gordischen Knotens zu lösen – ihn mittels der Erklärung durchtrennten, Nirvana bedeute die absolute Vernichtung.

Gegen Ende des ersten Viertels dieses Jahrhunderts tauchte eine eigene Art von Literatur in der Welt auf, deren Tendenz mit jedem Jahr klarer umrissen wurde. Soi-disant auf den Forschungen der Sanskritgelehrten und Orientalisten im Allgemeinen basierend, wurde sie als wissenschaftlich angesehen. Die Symbologen ließen hinduistische, ägyptische und andere alte Religionen, Mythen und Embleme ganz nach ihren Wünschen beliebige Bedeutungen annehmen; [SD # xxii] so verkündeten sie oft die grobe äußere Form anstelle der inneren Bedeutung. In rascher Reihenfolge erschienen Werke, die wegen genialer Schlussfolgerungen und Spekulationen höchst bemerkenswert waren, in denen allgemein, in einem circulo vicioso, vorgefasste Schlussfolgerungen an die Stelle von Prämissen traten – wie mit den Syllogismen mehr als eines Sanskrit- oder Pali-Gelehrten, und sie überfluteten die Bibliotheken mit einer größeren Anzahl von Dissertationen über Phallus- und Geschlechtsverehrung als über wirkliche Symbologie; und alle standen miteinander im Widerspruch.

Das ist vielleicht der wahre Grund, warum jetzt nach langen Jahrtausenden des tiefsten Schweigens und der Geheimhaltung die Erlaubnis dazu gegeben wurde, den Umriss einiger weniger Grundwahrheiten der Geheimlehre der archaischen Zeiten ans Licht zu bringen. Ich sage absichtlich „einige wenige Wahrheiten“, weil auch hundert solcher Bände das nicht fassen könnten, was ungesagt bleiben muss, noch könnte es der gegenwärtigen Generation von Sadduzäern mitgeteilt werden. Aber selbst das Wenige, das jetzt gegeben wird, ist besser als ein vollständiges Schweigen über diese lebendigen Wahrheiten. In ihrer verrückten Jagd nach dem Unbekannten, das sie nur zu gern mit dem Unerkennbaren verwechselt, wann immer ein Problem das Verständnis des Physikers übersteigt, schreitet die heutige Welt auf der der Spiritualität entgegengesetzten materiellen Ebene rasch voran. Sie ist heute eine riesige Kampfarena – wahrlich ein Tal der Zwietracht und des ewigen Streits – eine Totenstadt, in der die höchsten und heiligsten Bestrebungen unserer Geist-Seele begraben liegen. Mit jeder neuen Generation erstarrt und verkümmert diese Seele weiter. Die „liebenswerten Ungläubigen und die vollkommenen Verschwender“ der Gesellschaft, von denen Greely spricht, kümmern sich wenig um die Wiederbelebung der toten Wissenschaften der Vergangenheit. Aber es existiert eine ansehnliche Minderheit ernsthafter Schüler, die dazu berechtigt sind, die wenigen Wahrheiten zu erfahren, die ihnen jetzt gegeben werden können; und jetzt viel mehr als vor zehn Jahren, als „Isis Unveiled“ und selbst die späteren Versuche, die Geheimnisse der esoterischen Wissenschaft zu erklären, veröffentlicht wurden.

Die größten und obendrein ernsthaftesten Vorbehalte gegen die Korrektheit und Vertrauenswürdigkeit des ganzen Werkes werden die einleitenden Stanzen sein: „Wie können die in ihnen enthaltenen Behauptungen nachgeprüft werden?“ Und wahrlich, wenn auch ein großer Teil der in den vorliegenden Bänden zitierten Werke in Sanskrit, Chinesisch und Mongolisch einigen Orientalisten bekannt sind, so befindet sich doch das Hauptwerk – das, aus dem die Stanzen entnommen sind – nicht im Besitz europäischer Bibliotheken. Das Buch Dzyan (oder „Dzan“) ist unseren Philologen gänzlich unbekannt, oder sie haben zumindest unter seinem gegenwärtigen Namen noch nie etwas davon gehört. Das ist natürlich ein großer Nachteil [SD # xxiii] für jene, die die von der offiziellen Wissenschaft vorgeschriebenen Forschungsmethoden befolgen. Für die Schüler des Okkultismus und für jeden wahren Okkultisten wird das jedoch von geringer Bedeutung sein. Der Hauptteil der veröffentlichten Lehren findet sich in Hunderten und Tausenden von Sanskritmanuskripten verstreut, von denen einige bereits übersetzt sind – in ihren Auslegungen wie üblich entstellt – andere warten noch, bis sie an der Reihe sind. Jeder Gelehrte hat daher eine Gelegenheit, die hier aufgestellten Behauptungen zu verifizieren und die meisten der Zitate zu überprüfen. Einige wenige neue Tatsachen (neu lediglich für den profanen Orientalisten) und aus den Kommentaren zitierte Stellen werden schwer zurückzuverfolgen sein. Einige der Lehren wurden bislang auch lediglich mündlich übermittelt. Doch selbst auf diese wird in jedem einzelnen Fall in den fast zahllosen Bänden brahmanischer, chinesischer und tibetanischer Tempel-Literatur hingewiesen.

Wie es auch immer sein mag, und was auch immer der Schreiberin in Form böswilliger Kritik bevorsteht, eine Tatsache bleibt ganz sicher bestehen. Die Mitglieder verschiedener esoterischer Schulen – deren Sitze sich jenseits des Himalaya befinden und deren Abzweige in China, Japan, Indien, Tibet, und neben Südamerika selbst in Syrien gefunden werden können – behaupten, die Gesamtheit aller heiligen und philosophischen Werke als Manuskripte und in gedruckter Form in ihrem Besitz zu haben: alle Werke in der Tat, die jemals geschrieben wurden, gleich in welcher Sprache oder Schrift, seit die Kunst des Schreibens begann; von den ideografischen Hieroglyphen bis hin zum Alphabet des Kadmos und zu Devanagari.

In allen Zeitaltern wurde behauptet, dass seit der Zerstörung der Alexandrinischen Bibliothek (sieheIsis Unveiled“, Bd. II, S. 27) mithilfe der gemeinsamen Anstrengungen der Mitglieder der Bruderschaften unablässig alle Werke gesucht wurden, die den Profanen zur schließlichen Entdeckung und zum Verständnis einiger der Mysterien der Geheimwissenschaft hätte führen können. Von denen, die wissen, wird ferner hinzugefügt, dass diese Werke – einmal aufgefunden – bis auf drei sicher verwahrte Exemplare alle vernichtet wurden. Die letzten dieser kostbaren Manuskripte wurden in Indien während der Regierung des Kaisers Akbar in Sicherheit gebracht und verborgen.7

Es wird ferner behauptet, dass jedes heilige Buch dieser Art, dessen Text nicht ausreichend durch Symbolik verschleiert war oder das irgendwelche [SD # xxiv] direkten Bezugnahmen auf die alten Mysterien enthielt, bis auf das letzte Exemplar zerstört wurde, nachdem es sorgfältig derart in kryptografischen Zeichen kopiert worden war, dass es der Kunst der besten und intelligentesten Paläografen trotzen konnte. Während Akbars Regierungszeit halfen einige fanatische Höflinge – ungehalten über des Kaisers sündhaftes Ausspionieren der Religionen der Ungläubigen – den Brahmanen eigenhändig, ihre Manuskripte zu verbergen. Ein solcher war Badáonì, der eine unverhüllte Abscheu gegenüber Akbars Manie für Götzenreligionen pflegte.8

Überdies gibt es in allen großen und reichen Lamaklöstern unterirdische Krypten und Höhlen-Bibliotheken – in Felsen gehauen – wann immer die Gonpa und Lhakhang in den Bergen liegen. Hinter dem westlichen Tsaydam, in den abgelegenen Pässen des Kuen-lun9, gibt es einige solcher Verstecke. Entlang des Kamms des Altyn-Toga, dessen Boden bisher kein europäischer Fuß je betreten hat, liegt in einer tiefen Schlucht ein gewisses vergessenes Dörfchen. Es ist eine kleine Gruppe von Häusern, eher ein Dörfchen als ein Kloster, mit einem armselig aussehenden Tempel darin und einem alten Lama, einem Einsiedler, der in der Nähe wohnt, um ihn zu bewachen. Pilger sagen, dass die unter ihm liegenden unterirdischen Gänge und Hallen eine Sammlung von Büchern enthalten, deren Anzahl den Erzählungen nach zu groß ist, um selbst im Britischen Museum Platz zu finden.10

All das wird höchstwahrscheinlich ein zweifelndes Lächeln hervorrufen. Bevor [SD # xxv] der Leser jedoch die Wahrhaftigkeit der Berichte zurückweist, sollte er innehalten und die folgenden wohlbekannten Tatsachen überdenken. Die gemeinsamen Nachforschungen der Orientalisten und insbesondere die Arbeiten der letzten Jahre von Studenten der vergleichenden Philologie und Religionswissenschaft haben diese dazu geführt, Folgendes festzustellen: Eine ungeheure, nicht kalkulierbare Anzahl von Manuskripten und selbst von gedruckten Werken, von denen bekannt ist, dass sie existierten, ist jetzt nicht mehr aufzufinden. Sie verschwanden, ohne die geringste Spur zu hinterlassen. Wären sie bedeutungslos, wären sie im natürlichen Lauf der Zeit dem Untergang anheim gefallen; und selbst ihre Namen wären aus dem menschlichen Gedächtnis gelöscht worden. Aber das ist nicht so; denn die meisten enthielten – wie jetzt versichert wird – die wahren Schlüssel zu noch vorhandenen Werken, die für den größeren Teil ihrer Leser ohne diese ergänzenden Bände mit Kommentaren und Erklärungen vollständig unverständlich sind. Das betrifft zum Beispiel die Werke Laotses, des Vorgängers des Konfuzius.11

Man sagt, er habe 930 Bücher über Ethik und Religionen geschrieben, und siebzig über Magie, eintausend alles in allem. Sein Hauptwerk jedoch, das Herz seiner Lehre, das „Tao-Te-King“ oder die heiligen Schriften des Taosse, enthält – wie Stanislaus Julien zeigt – lediglich „ungefähr 5.000 Worte“ (­„Tao-Te-King“, S. XXVII), kaum ein Dutzend Seiten; und dennoch findet Professor Max Müller, dass „der Text ohne Kommentare unverständlich ist, so dass Herr Julien für die Übersetzung mehr als sechzig Kommentatoren zu Rate ziehen musste“, von denen der früheste bis auf das Jahr 163 v. Chr. zurückgeht, nicht früher, wie wir sehen. Während der viereinhalb Jahrhunderte, die diesem frühesten Kommentator vorangingen, stand reichlich Zeit zur Verfügung, die wahre Lehre Lao-tses für alle zu verschleiern, seine initiierten Priester ausgenommen. Die Japaner, unter denen heute die gelehrtesten Priester und Anhänger Lao-tses zu finden sind, lachen nur über die groben Fehler und Hypothesen der europäischen China-Kenner. Und die Überlieferung bestätigt, dass die unseren westlichen Sinologen zugänglichen Kommentare nicht die wirklich okkulten Aufzeichnungen sind, sondern absichtliche Ver­schleierungen, und dass die wahren Kommentare, wie auch fast sämtliche Texte, für die Augen der Profanen seit Langem verschwunden sind.

[SD # xxvi] Wenn man sich der alten Literatur der semitischen Religionen zuwendet, den heiligen Schriften der Chaldäer, welche die ältere Schwester und Lehrerin, wenn nicht gar den Ursprung der Mosaischen Bibel darstellt, die Grundlage und den Ausgangspunkt des Christentums – was finden die Gelehrten? Was bleibt nun übrig, um die Erinnerung an die alten Religionen Babylons zu verewigen, den großen Zyklus astronomischer Beobachtungen der chaldäischen Magier aufzuzeichnen, die Überlieferung ihrer hervorragenden und in hohem Maße okkulten Literatur zu rechtfertigen? Nur einige wenige Fragmente, angeblich von Berossos.

Diese sind jedoch fast wertlos, selbst als Anhaltspunkt für den Charakter dessen, was verschwunden ist. Denn sie gingen durch die Hände seiner Hochwürden, des Bischofs von Cäsarea – dieses selbsternannten Zensors und Herausgebers der heiligen Aufzeichnungen von Religionen anderer Menschen – und sie weisen bis heute zweifellos die Spuren seiner ausgesprochen wahrhaften und vertrauenswürdigen Hand auf. Denn was ist die Geschichte dieser Abhandlung über die einst so großartige Religion Babylons?

Die von Berossos, einem Priester des Tempels von Belus, für Alexander den Großen in Griechisch verfasste Abhandlung, welche die von den Priestern dieses Tempels aufbewahrten eine Periode von 200.000 Jahren umfassenden astronomischen und chronologischen Aufzeichnungen enthielt – sie ging verloren. Im ersten Jahrhundert v. Chr. fertigte Alexander Polyhistor eine Reihe von Auszügen daraus an – ebenfalls verloren. Eusebius verwendete diese Auszüge beim Verfassen seines Chronicon (270-340 n. Chr.). Die Ähnlichkeiten – fast die Übereinstimmung – der heiligen Schriften12 der Juden und Chaldäer machte die Letzteren für Eusebius in seiner Rolle als Verteidiger und Verfechter des neuen Glaubens, der die jüdischen heiligen Schriften und mit ihnen eine absurde Chronologie adoptiert hatte, höchst gefährlich. Es ist ziemlich sicher, dass Eusebius die ägyptischen synchronistischen Tafeln des Manetho nicht verschonte – so sehr, dass Bunsen13 ihn der höchst skrupellosen Verstümmelung der Geschichte beschuldigte. Und Sokrates, Historiker des fünften Jahrhunderts, sowie Syncellus, Vizepatriarch von Konstantinopel (achtes Jahrhundert), prangern ihn beide als den unverschämtesten und zu allem fähigen Fälscher an.

Ist es also wahrscheinlich, dass er mit den chaldäischen Aufzeichnungen, die bereits die neue, so rasch angenommene Religion bedrohten, liebevoller umging?

[SD # xxvii] Damit ist, mit Ausnahme dieser mehr als zweifelhaften Fragmente, die gesamte heilige Literatur der Chaldäer ebenso vollständig aus den Augen der Profanen verschwunden wie das untergegangene Atlantis. Einige wenige Tatsachen, die in der Geschichte des Berossos enthalten waren, werden in Teil II des II. Bandes mitgeteilt und können viel Licht auf den wahren Ursprung der gefallenen Engel werfen, personifiziert durch Bel und den Drachen.

Wenn sich der Schüler nun der ältesten arischen Literatur, dem „Rigveda“, zuwendet und den darin enthaltenen Daten genau folgt, welche die erwähnten Orientalisten liefern, wird er finden, dass – obwohl der „Rigveda“ nur „etwa 10.580 Verse oder 1.028 Hymnen“ enthält – er doch trotz der Brahmanas und der Vielzahl von Erläuterungen und Kommentaren bis zum heutigen Tag nicht richtig verstanden wird. Warum ist das so? Offenbar deshalb, weil die Brahmanas, „die scholastischen und ältesten Abhandlungen über die ursprünglichen Hymnen“, selbst einen Schlüssel benötigen, den die Orientalisten nicht sicherstellen konnten.

Was sagen die Gelehrten über die buddhistische Literatur? Befindet sie sich vollständig in deren Besitz? Mit Sicherheit nicht. Trotz der 325 Bände des Kanjur und des Tanjur der nördlichen Buddhisten, von denen jeder Band, so berichtet man uns, „vier bis fünf Pfund wiegt,“ ist in Wahrheit nichts über den Lamaismus bekannt. Auch der heilige Kanon der südlichen Kirche soll im Saddharma Alankâra14 29.368.000 Buchstaben enthalten oder – abgesehen von Abhandlungen und Kommentaren – „fünf- oder sechsmal soviel Material wie die Bibel“. Letztere erfreut sich, mit den Worten von Professor Max Müller, nur 3.567.180 Buchstaben. Also ungeachtet dieser „325 Bände“ (in Wirklichkeit sind es 333, „Kanjur“ umfasst 108 und „Tanjur“ 225 Bände), „haben die Übersetzer – anstatt uns korrekte Fassungen zu liefern – diese mit ihren eigenen Kommentaren vermengt, um die Dogmen ihrer verschiedenen Schulen zu rechtfertigen.“15 Außerdem erzählt der Professor seinen Hörern: „Nach einer von den buddhistischen Schulen des Nordens und des Südens erhaltenen Überlieferung enthielt der heilige buddhistische Kanon ursprünglich 80.000 oder 84.000 Abhandlungen; die meisten von ihnen gingen jedoch verloren, so dass nur 6.000 übrig blieben.“ „Verloren“ – wie gewöhnlich für die Europäer. Aber wer kann ganz sicher sein, dass sie auch für die Buddhisten und Brahmanen verloren sind?

Wenn man bedenkt, wie heilig den Buddhisten jede Zeile ist, die [SD # xxviii] über Buddha oder sein „Gutes Gesetz“ geschrieben ist, so erscheint der Verlust von nahezu 76.000 Traktaten wundersam. Wäre es vice versa gewesen, so würde jeder mit dem natürlichen Lauf der Ereignisse Vertraute die Behauptung unterschreiben, dass fünf- oder sechstausend dieser 76.000 Abhandlungen während der Verfolgungen in Indien und der Emigration von dort hätten zerstört werden können. Aber wie klar festgestellt wird, begannen buddhistische Arhats ihren religiösen Exodus zum Zwecke der Verbreitung des neuen Glaubens über Kaschmir und den Himalaya hinaus bereits im Jahr 300 vor unserer Ära16 und erreichten China im Jahr 61 n. Chr.17 – als Kashyapa auf Einladung des Kaisers Ming-ti dorthin ging, um den „Sohn des Himmels“ mit den Glaubenssätzen des Buddhismus vertraut zu machen. Es erscheint seltsam, die Orientalisten über einen derartigen Verlust so sprechen zu hören, als sei er tatsächlich möglich. Sie scheinen auch nicht einen einzigen Moment lang die Möglichkeit einzuräumen, dass die Texte nur für den Westen und für sie selbst verloren sein könnten; oder dass die Asiaten die beispiellose Frechheit besitzen könnten, ihre heiligsten Aufzeichnungen für die Fremden unerreichbar zu halten und sich somit zu weigern, sie der Entweihung und dem Missbrauch durch ihnen derartig „weit überlegene“ Rassen zu überantworten.

Infolge des zum Ausdruck gebrachten Bedauerns und zahlreicher Geständnisse fast sämtlicher Orientalisten (siehe zum Beispiel Max Müllers „Lectures“) kann die Öffentlichkeit hinreichend sicher sein, (a) dass die Schüler der alten Religionen tatsächlich über sehr wenige Daten verfügen, auf welche sie ihre üblicherweise getroffenen Schlussfolgerungen in Bezug auf die alten Religionen stützen können, und (b) dass ein solcher Mangel an Daten sie nicht im Geringsten davon abhält zu dogmatisieren. Man sollte annehmen, dass – dank der zahlreichen in den Klassikern und bei einer Anzahl alter Schriftsteller erhaltenen Aufzeichnungen über ägyptische Theogonie und Mysterien – wenigstens die Riten und Dogmen des pharaonischen Ägyptens gut verstanden werden müssten; besser jedenfalls als die allzu abstrusen Philosophien und der Pantheismus Indiens, von dessen Religion und Sprache Europa vor dem Beginn des gegenwärtigen Jahrhunderts kaum eine Ahnung hatte. Entlang des Nils und auf der gesamten Landesfläche stehen bis zu dieser Stunde Relikte – jährlich und täglich neu ausgegraben –, die mit beredten Worten ihre eigene Geschichte erzählen. Doch das ist nicht der Fall. Selbst der gelehrte Oxforder Philologe gesteht die Wahrheit ein, indem er sagt: „Dabei . . . sehen wir, dass die Pyramiden und die Ruinen von Tempeln und Labyrinthen immer noch stehen, ihre Wände [SD # xxix] mit Hieroglyphen und seltsamen Abbildungen von Göttern und Göttinnen bedeckt. . . . Auf Papyrusrollen, die dem Zahn der Zeit zu trotzen scheinen, haben wir sogar Fragmente von dem, was man die heiligen Bücher der Ägypter nennen könnte; und doch – obwohl vieles in den alten Aufzeichnungen dieser geheimnisvollen Rasse entziffert wurde – sind uns die Hauptquelle der ägyptischen Religion und die ursprüngliche Absicht ihres Zeremoniendienstes noch lange nicht voll erschlossen.“18 Auch hier bleiben die mysteriösen Hieroglyphen-Dokumente erhalten; die Schlüssel jedoch, durch die allein sie verständlich werden, sind verschwunden.

Gleichwohl der Professor gefunden hatte, dass „zwischen Sprache und Religion ein natürlicher Zusammenhang besteht“; und zweitens, dass vor der Trennung der arischen Rasse eine gemeinsame arische Religion existierte; und vor der Trennung der semitischen Rasse eine gemeinsame semitische Religion; und vor der Teilung der chinesischen und anderer zur turanischen Gruppe gehörenden Stämme eine gemeinsame turanische Religion; und weiter, nachdem er lediglich „drei historische Religionszentren“ und „drei Sprachzentren“ entdeckt hatte, und obwohl er sowohl über diese ursprünglichen Religionen und Sprachen als auch deren Ursprung vollständig unwissend war, zögert er nicht zu erklären, „dass eine wahrhaft historische Basis für eine wissenschaftliche Behandlung dieser Hauptreligionen der Welt gewonnen worden war“!

Eine „wissenschaftliche Behandlung“ eines Gegenstandes ist keine Garantie für seine „historische Basis“; und mit solch spärlichen Daten in der Hand ist kein Philologe, nicht einmal der bedeutendste, dazu berechtigt, seine eigenen Schlussfolgerungen als historische Tatsachen auszugeben. Zweifelsohne hat der bedeutende Orientalist durchaus zur Zufriedenheit der ganzen Welt bewiesen, dass nach dem Grimmschen Gesetz der phonetischen Regeln Odin und Buddha zwei unterschiedliche Persönlichkeiten sind, ganz verschieden voneinander, und er hat dies wissenschaftlich aufgezeigt. Wenn er jedoch im selben Atemzug die Gelegenheit dazu ergreift zu behaupten, dass Odin „in einer dem Zeitalter der Veda und des Homer weit vorangehenden Periode als die höchste Gottheit verehrt wurde“ („Compar. Theol.“, S. 318), hat er dafür nicht die geringste „historische Basis“. Er macht Geschichte und Fakten seinen [SD # xxx] eigenen Schlussfolgerungen untertan, was aus der Sicht gelehrter Orientalisten „wissenschaftlich“ sein mag, aber von der tatsächlichen Wahrheit sehr weit entfernt ist. Die einander widersprechenden Ansichten über die Chronologie der Veden seitens der verschiedenen bedeutenden Philologen und Orientalisten – von Martin Haug bis zu Max Müller selbst – sind ein offensichtlicher Beweis dafür, dass die Behauptung auf keiner historischen Basis beruht, weil sich „interne Evidenz“ als Wegweiser sehr häufig als Irrlicht erweist und nicht als wahres Leuchtfeuer. Auch hat die Wissenschaft der modernen vergleichenden Mythologie keinen besseren Beweis, mit dem sie zeigen könnte, dass jene gelehrten Schreiber sich gänzlich im Irrtum befanden, als sie etwa während des letzten Jahrhunderts nachdrücklich darauf bestanden, dass es „Fragmente einer ursprünglichen Offenbarung gegeben haben müsse, den Vorfahren der gesamten Rasse der Menschheit überlassen . . . , aufbewahrt in den Tempeln Griechenlands und Italiens“. Denn das ist es auch, was alle östlichen Initiierten und Pandits von Zeit zu Zeit der Welt verkündeten. Während ein prominenter singhalesischer Priester der Schreiberin versicherte, es sei wohlbekannt, dass die bedeutendsten der zum heiligen Kanon gehörenden buddhistischen Schriften in für europäische Pandits unerreichbaren Ländern und Orten aufbewahrt würden, überzeugte der verstorbene Swami Dayanand Sarasvati, der größte Sanskritgelehrte seiner Zeit in Indien, einige Mitglieder der Theosophischen Gesellschaft in Bezug auf alte brahmanische Werke von derselben Tatsache. Der heilige, gelehrte Mann lachte, als man ihm erzählte, Professor Max Müller erkläre den Zuhörern in seinen „Vorlesungen“, dass die Theorie . . . „den Vätern der menschlichen Rasse wäre eine ursprüngliche, übernatürliche Offenbarung übermittelt worden, gegenwärtig nur wenige Befürworter finde“. Seine Antwort regte zum Nachdenken an. „Wäre Mr. Moksch Mooller“, wie er den Namen aussprach, „ein Brahmane und käme mit mir, würde ich ihn zu einer Gupta-Höhle (einer geheimen Krypta) nahe Okhee Math im Himalaya führen, wo er bald herausfände, dass das, was die Kalapani (die schwarzen Wasser des Ozeans) von Indien nach Europa überquerte, lediglich Bruchstücke wertloser Kopien einiger Passagen aus unseren heiligen Büchern sind. Es gab eine ‘ursprüngliche Offenbarung’, und sie existiert noch immer; auch wird sie nie für die Welt verloren sein, sondern sie wird wieder auftauchen; obwohl die Mlechchhas natürlich werden warten müssen.“

Weiter über diesen Punkt befragt, wollte er nichts mehr sagen. Das geschah in Meerut, im Jahre 1880.

Ohne Zweifel war die Irreführung grausam, mit der die Brahmanen in Kalkutta im letzten Jahrhundert Colonel Wilford und Sir William Jones übel mitspielten. Aber sie war wohl verdient, und niemand war [SD # xxxi] in der Angelegenheit mehr zu tadeln als die Missionare und Colonel Wilford selbst. Erstere waren nach Sir William Jones’ eigenem Zeugnis (siehe „Asiat. Res.“, Bd. I, S. 272) albern genug zu behaupten, dass „die Hindus jetzt schon fast Christen wären, weil ihr Brahmâ, Vishnu und Mahesha nichts anderes wären als die christliche Dreieinigkeit.“19 Das war eine gute Lektion. Sie machte die Orientalisten doppelt vorsichtig; vielleicht aber hat sie einige von ihnen auch zu scheu gemacht und als Gegenreaktion darauf das Pendel vorgefasster Schlussfolgerungen zu weit in die entgegengesetzte Richtung schwingen lassen. Denn „dieses erste Angebot auf dem brahmanischen Markt“, für Oberst Wilford erschaffen, weckte einen offenkundigen Bedarf und das Verlangen der Orientalisten, nahezu jedes archaische Sanskrit-Manuskript für so modern zu erklären, dass es den Missionaren die volle Rechtfertigung für die Ergreifung der Gelegenheit verschaffe. Dass sie das tun, und das bei vollem Verstand, wird in letzter Zeit durch die absurden Versuche gezeigt zu beweisen, dass die gesamte puranische Erzählung über Krishna ein von den Brahmanen erstelltes Plagiat der Bibel sei! Aber die Tatsachen, die der Oxforder Professor in seinen Vorlesungen über die „Wissenschaft der Religion“ betreffs der jetzt berühmten Einfügungen zum Nutzen und später zur Sorge von Oberst Wilford anführt, laufen den Schlussfolgerungen überhaupt nicht zuwider, zu denen ein Studierender der Geheimlehre unweigerlich kommen muss. Denn selbst wenn die Ergebnisse zeigen sollten, dass weder das Neue noch selbst das Alte Testament irgendetwas von den älteren Religionen der Brahmanen und Buddhisten übernommen haben, lässt sich daraus nicht schlussfolgern, dass die Juden nicht alles, was sie wussten, den chaldäischen Aufzeichnungen entlehnten, welche ja später von Eusebius verstümmelt wurden. Was die Chaldäer anbelangt, so erhielten sie ihr ursprüngliches Wissen sicherlich von den Brahmanen, denn Rawlinson zeigt einen unleugbaren vedischen Einfluss auf die frühe Mythologie Babylons; und Oberst Vans Kennedy hat vor langer Zeit mit Recht erklärt, dass Babylonien seinem Ursprung nach der Sitz sanskritistischer und brahmanischer Gelehrsamkeit war. Doch alle diese Beweise sind angesichts der neuesten von Prof. Max Müller ausgearbeiteten Theorie belanglos. Worin sie besteht, ist jedermann bekannt. Der Code der phonetischen Gesetze ist jetzt ein universales Lösemittel für jede Identifizierung und „Verbindung“ zwischen [SD # xxxii] den Göttern vieler Nationen geworden. Obwohl die Mutter von Merkur (Budha, Thot-Hermes etc.) Maïa war, die Mutter von Buddha (Gautama) ebenfalls Mâyâ und die Mutter von Jesus ebenso Maya (Illusion, denn Maria ist Mare, das Meer, symbolisch die große Täuschung) – so besteht zwischen diesen drei Figuren dennoch kein Zusammenhang, noch könnte irgendeiner bestehen, seit Bopp „seine Regeln der phonetischen Gesetze aufgestellt hat“.

In ihren Bemühungen, die Stränge ungeschriebener Geschichte zu sammeln, ist es ein kühner Schritt für unsere Orientalisten, a priori alles zu bestreiten, was sich nicht nahtlos in ihre besonderen Schlussfolgerungen einfügt. Während von großen Künsten und Wissenschaften täglich neue Entdeckungen gemacht werden, die lange zuvor in der Nacht der Zeit existierten, wird einigen der ältesten Nationen selbst die Kenntnis der Schrift abgesprochen und ihnen Barbarei statt Kultur zugeschrieben. Und doch sind, selbst in Zentralasien, noch die Spuren einer gewaltigen Zivilisation zu finden. Diese Zivilisation ist unleugbar prähistorisch. Und wie ist Zivilisation ohne eine gewisse Form von Literatur möglich, ohne Annalen oder Chroniken? Der gesunde Menschenverstand allein sollte die unterbrochenen Bindeglieder in der Geschichte der vergangenen Nationen wieder zusammenfügen. Die gigantische, lückenlose Gebirgsmauer, die das ganze Tafelland von Tibet säumt – vom Oberlauf des Flusses Khuan-Khé bis hinunter zu den Bergen des Karakorum – war Zeuge einer Jahrtausende währenden Zivilisation und könnte der Menschheit seltsame Geheimnisse erzählen. Die östlichen und zentralen Teile dieser Regionen – der Nan Shan und der Altun Tagh – waren einst mit Städten bedeckt, die sehr wohl mit Babylon wetteifern konnten. Eine ganze geologische Periode ist über das Land hinweg gerollt, seit jene Städte ihren letzten Atem aushauchten, wie die Wellen von Wanderdünen und der sterile und jetzt tote Boden der riesigen Zentralebene des Beckens von Tarim bezeugen. Nur die Grenzgebiete sind dem Reisenden oberflächlich bekannt. Innerhalb dieser sandigen Tafelländer gibt es Wasser, und frische, blühende Oasen finden sich hier, wohin kein europäischer Fuß sich bisher je gewagt oder den jetzt gefährlichen Boden betreten hat. Unter diesen grünenden Oasen gibt es einige, die selbst dem eingeborenen gewöhnlichen Reisenden vollkommen unzugänglich sind. Orkane mögen „den Sand aufwirbeln und ganze Ebenen hinwegfegen“, aber das zu zerstören, was außerhalb ihrer Reichweite liegt, vermögen sie nicht. In den Tiefen der Erde erbaut sind die unterirdischen Lager sicher; und da ihre Eingänge in solchen Oasen verborgen liegen, gibt es wenig zu befürchten, dass irgendjemand sie entdecken sollte, selbst wenn verschiedene Armeen in die sandigen Wüsten einfallen sollten, wo –

„Nicht ein Teich, nicht ein Busch, und kein Haus zu seh’n;
Und des Bergzugs steinerne Wälle steh’n
Um verdorrter Eb’nen trock’ner, trock’ner Wüste. . . . .“

[SD # xxxiii] Es ist aber nicht notwendig, den Leser in die Wüste zu schicken, wenn dieselben Beweise einer alten Zivilisation in verhältnismäßig bevölkerten Regionen desselben Landes zu finden sind. Die Oase von Cherchen zum Beispiel, ungefähr 4.000 Fuß über dem Niveau des Flusses Cherchen-Darya gelegen, ist in allen Richtungen von den Ruinen archaischer Städte umgeben. Dort repräsentieren ungefähr 3.000 Menschen die Überbleibsel von etwa einhundert ausgestorbenen Nationen und Rassen, von denen unseren heutigen Ethnologen nicht einmal die Namen bekannt sind. Ein Anthropologe wäre in größter Verlegenheit, müsste er sie klassifizieren, ein- und unterteilen, umso mehr als die jeweiligen Abkömmlinge aller dieser vorsintflutlichen Rassen und Stämme selbst so wenig über ihre eigenen Vorfahren wissen, als wären sie vom Mond gefallen. Befragt über ihre Herkunft, antworten sie, dass sie nicht wüssten, woher ihre Väter gekommen wären, aber sie hätten gehört, dass ihre ersten (oder frühesten) Menschen von den großen Schutzgeistern dieser Wüsten regiert wurden. Das mag als Unkenntnis und Aberglauben abgetan werden, aber aus der Sicht der Lehren der Geheimlehre kann ihre Antwort auf der uranfänglichen Überlieferung beruhen. Nur der Stamm von Khorasan behauptet, lange vor den Tagen Alexanders aus dem Land gekommen zu sein, das heute als Afghanistan bekannt ist; und er erzählt legendäre Überlieferungen zur Bekräftigung dieser Behauptung. Der russische Reisende Oberst (jetzt General) Prjevalsky fand ganz in der Nähe der Oase Cherchan die Ruinen zweier gewaltiger Städte, von denen die älteste nach lokaler Überlieferung vor 3.000 Jahren von einem Helden und Riesen zerstört wurde; und die andere von den Mongolen im zehnten Jahrhundert unserer Ära. „Der Ort der beiden Städte ist jetzt infolge des Flugsandes und des Wüstenwindes mit seltsamen und verschiedenartigen Relikten bedeckt: mit zerbrochenem Porzellan, Küchenutensilien und Menschenknochen. Die Eingeborenen finden häufig Kupfer- und Goldmünzen, geschmolzenes Silber, Gußformen, Diamanten und Türkise und, was das Merkwürdigste ist – zerbrochenes Glas. . . . .“ „Särge aus einem nicht verfaulenden Holz oder Material, mit wunderbar erhaltenen, einbalsamierten Körpern darin werden gefunden. . . . . Die männlichen Mumien sind alle extrem große, kräftig gebaute Menschen mit langem, wallendem Haar. . . . . Eine Gruft mit zwölf darin sitzenden toten Männern wurde gefunden. Ein anderes Mal entdeckten wir in einem einzelnen Sarg ein junges Mädchen. Ihre Augen waren mit goldenen Scheiben verschlossen, und der Kiefer wurde von einem goldenen Reifen gehalten, der unter dem Kinn beginnend über den Scheitel des Kopfes lief. Sie war in ein enges, [SD # xxxiv] wollenes Gewand gekleidet. Ihr Busen war mit goldenen Sternen bedeckt, die Füße bloß gelassen.“ (Aus einem Vortrag von N. M. Prjevalsky) Der berühmte Reisende fügte hinzu, dass sie während ihrer Wanderung entlang des Flusses Cherchan Sagen von dreiundzwanzig Städten hörten, die vor Zeitaltern unter den Wanderdünen der Wüsten begraben wurden. Dieselbe Überlieferung existiert am Lob Nur und in der Oase von Keriya.

Die Spuren solcher Zivilisation und diese und ähnliche Überlieferungen geben uns das Recht, anderen, von wohl gebildeten und gelehrten einheimischen Indern und Mongolen verbürgten legendären Überlieferungen Glauben zu schenken, wenn sie von riesigen Bibliotheken sprechen, die gemeinsam mit verschiedenen Überresten alter magischer Überlieferungen vor dem Sande bewahrt und alle sicher verstaut wurden.

Ich fasse kurz zusammen. Die Geheimlehre war die universal verbreitete Religion der alten und prähistorischen Welt. Beweise für ihre Ausbreitung, authentische Aufzeichnungen ihrer Geschichte, eine vollständige Reihe von Dokumenten, welche ihren Charakter und ihre Verbreitung in jedem Land zeigen, gemeinsam mit den Lehren aller ihrer großen Adepten, existieren bis zum heutigen Tage in den geheimen Krypten der im Besitz der Okkulten Bruderschaft befindlichen Bibliotheken.

Diese Feststellung wird durch die Betrachtung folgender Tatsachen glaubhafter: die Überlieferung Tausender alter Pergamente, die gerettet wurden, als die Alexandrinische Bibliothek zerstört wurde; Tausender Sanskritwerke, die in Indien unter der Regierung von Akbar verschwanden; die universale Überlieferung in China und Japan, dass die echten alten Texte mit den Kommentaren, die allein sie verständlich machen – viele Tausende von Bänden umfassend – seit Langem für profane Hände unerreichbar geworden sind; das Verschwinden der umfangreichen heiligen und okkulten Literatur Babylons; der Verlust jener Schlüssel, die allein die tausend Rätsel der ägyptischen Hieroglyphen lösen könnten; die Überlieferung in Indien, dass die echten geheimen Kommentare, die allein die Veden verständlich machen, zwar den profanen Augen nicht länger sichtbar, doch für den Initiierten noch erhalten sind, verborgen in geheimen Höhlen und Krypten; und ein identischer Glaube bei den Buddhisten in Bezug auf ihre geheimen Bücher.

Die Okkultisten versichern, dass sie alle immer noch existieren, vor den plündernden Händen des Westens geschützt, um in einem erleuchteteren Zeitalter wieder zu erscheinen, auf das, wie es der verstorbene Swami Dayanand Sarasvati ausdrückt, „die Mlechchhas (die Ausgestoßenen, Wilden, jene außerhalb der Grenzen der arischen Zivilisation) werden warten müssen.“

Denn es ist nicht die Schuld der Initiierten, dass diese Dokumente heute für den Profanen „verloren“ sind; auch wurde ihr Verhalten weder von Selbstsucht noch von [SD # xxxv] irgendeinem Verlangen beeinflusst, die lebenspendenden heiligen Überlieferungen zu monopolisieren. Einige Teile der Geheimwissenschaft mussten für unzählige Zeitalter dem profanen Blick verborgen bleiben. Dies wurde so gehandhabt, weil die Weitergabe von Geheimnissen von solch gewaltiger Bedeutung an die unvorbereitete Menge gleichbedeutend damit wäre, einem Kind in einem Pulvermagazin eine brennende Kerze in die Hand zu geben.

Mit Behauptungen dieser Art konfrontiert, taucht in den Gemütern von Schülern häufig eine Frage auf, deren Beantwortung hier umrissen sei.

„Wir können die Notwendigkeit verstehen“, sagen sie, „solche Geheimnisse wie das von J. W. Keely aus Philadelphia entdeckte Vril oder die Kraft, die Felsen zerstören kann, vor der breiten Masse verbergen zu müssen. Wir können aber nicht verstehen, wie sich irgendeine Gefahr aus der Enthüllung rein philosophischer Lehren ergeben könnte, wie z. B. der Evolution der Planetenketten.

Es bestand folgende Gefahr: Lehren wie die über die Planetenkette oder über die sieben Rassen liefern sofort einen Schlüssel zu der siebenfältigen Natur des Menschen, denn jedes Prinzip steht in Wechselbeziehung zu einer Ebene, einem Planeten und einer Rasse; und die menschlichen Prinzipien stehen auf jeder Ebene in Wechselbeziehung zu den siebenfältigen okkulten Kräften – wobei die der höheren Ebenen gewaltige Energien besitzen. Somit liefert jede siebenfältige Einteilung sofort einen Schlüssel zu enormen okkulten Kräften, deren Missbrauch unermessliches Unglück über die Menschheit bringen würde. Einen Schlüssel, der vielleicht der gegenwärtigen Generation nicht als solcher erscheinen mag – besonders nicht den Menschen des Westens –, so wie sie gegenwärtig durch ihre Blindheit und ihren ignoranten, materialistischen Unglauben vor dem Okkulten geschützt sind; einen Schlüssel jedoch, der für die Menschen der ersten Jahrhunderte der christlichen Ära nichtsdestotrotz sehr real gewesen wäre, die von der Wirklichkeit des Okkultismus vollständig überzeugt waren und in einen Zyklus der Entartung eintraten, der sie für den Missbrauch okkulter Kräfte und für Zauberei der schlimmsten Art heranreifen ließ.

Die Dokumente waren verborgen, es ist wahr. Aber aus dem Wissen selbst und seiner tatsächlichen Existenz wurde von den Tempel-Hierophanten niemals ein Geheimnis gemacht, die Mysterien wurden im Tempel immer zu einer Disziplin und einem Ansporn für die Tugend gemacht. Das ist lange bekannt und wurde von den großen Adepten wiederholt verbreitet – von Pythagoras und Platon bis hin zu den Neuplatonikern. Es war die neue Religion der Nazarener, die eine Änderung zum Schlechten bewirkte – in der Politik von Jahrhunderten.

Des Weiteren existiert eine wohlbekannte, sehr sonderbare Tatsache, die der Schreiberin von einem ehrwürdigen Ehrenmann bestätigt wurde, der jahrelang einer russischen Botschaft angehörte – nämlich dass sich in den kaiserlichen Bibliotheken von St. Petersburg [SD # xxxvi] verschiedene Dokumente befinden, aus denen hervorgeht, dass selbst noch in den Tagen, als Freimaurerei und geheime Gesellschaften von Mystikern ungehindert in Russland blühten, d. h. Ende des letzten und Anfang des gegenwärtigen Jahrhunderts, mehr als ein russischer Mystiker durch das Uralgebirge nach Tibet reiste, um in den unbekannten Krypten Zentralasiens Wissen und Initiation zu suchen. Und mehr als einer kehrte Jahre später mit einem reichen Schatz an Kenntnissen zurück, wie sie ihm niemals irgendwo in Europa hätten mitgeteilt werden können. Verschiedene Fälle könnten angeführt und wohlbekannte Namen vorgebracht werden, würde eine solche Publizität nicht die noch lebenden Verwandten der genannten ehemaligen Initiierten beeinträchtigen können. Jeder kann die Annalen und die Geschichte der Freimaurerei in den Archiven der russischen Hauptstadt durchforschen, und er wird sich über die behauptete Tatsache selbst Gewissheit verschaffen.

Das ist eine Bekräftigung dessen, was vorher schon viele Male und unglücklicherweise zu indiskret behauptet wurde. Die auf absichtlichen Erfindungen und Schwindel beruhenden bösartigen Beschul­digungen, jenen entgegen geschleudert, die lediglich eine wahrhaftige, wenn auch wenig bekannte Tatsache behaupteten, haben lediglich den Verleumdern schlechtes Karma verursacht und der Menschheit nichts genützt. Nun ist das Unheil aber geschehen, und die Wahrheit sollte nicht länger abgestritten werden, was auch immer die Folgen sein werden. Ist sie eine neue Religion, fragt man uns? Keineswegs, sie ist weder eine Religion noch ist ihre Philosophie neu; denn, wie bereits festgestellt, sie ist so alt wie der denkende Mensch selbst. Ihre Lehrsätze werden jetzt nicht zum ersten Mal veröffentlicht, sondern sie wurden von mehr als einem europäischen Initiierten vorsichtig übermittelt und von ihm gelehrt – insbesondere von dem verstorbenen Ragon.

Mehr als ein großer Gelehrter hat festgestellt, dass nicht ein einziger Religionsgründer existierte, ob Arier, Semit oder Turanier, der eine neue Religion erfunden oder eine neue Wahrheit offenbart hätte. Alle diese Gründer waren Übermittler, keine ursprünglichen Lehrer. Sie waren die Urheber neuer Formen und Interpretationen, während die Wahrheiten, auf denen Letztere beruhten, so alt wie die Menschheit selbst waren. Sie wählten sich eine oder mehrere der vielen großen Wahrheiten aus, welche dem Menschen am Anfang nur mündlich offenbart worden waren und die in den Adytis der Tempel durch Initiation, während der Mysterien und durch persönliche Übermittlung bewahrt und erhalten wurden und lediglich dem Auge des wahren Weisen und Sehers als Wirklichkeiten offenbar waren –, und sie offenbarten diese Wahrheiten der Menge. So erhielten alle Nationen der Reihe nach einige der genannten Wahrheiten unter dem Schleier ihrer eigenen und speziellen Symbolik; das entwickelte sich im Laufe der Zeit zu einem mehr oder weniger philosophischen Kult, zu einem mythisch verhüllten Pantheon. Entsprechend der historischen Chronologie ist Konfuzius daher ein sehr alter [SD # xxxvii]Gesetzgeber, auch wenn er in der Geschichte der Welt ein sehr moderner Weiser ist, und wurde von Dr. Legge20 „nachdrücklich als Überlieferer, nicht als Schöpfer“ bezeichnet – da er sagt: „Ich gebe nur weiter: Ich kann keine neuen Dinge hervorbringen. Ich glaube an die Alten und daher liebe ich sie.“21 (Zitiert in „Introduction to the Science of Religion“ von Max Müller)

Die Schreiberin liebt sie ebenfalls, und daher glaubt sie an die Alten und an die modernen Erben ihrer Weisheit. Und da sie an beide glaubt, überliefert sie jetzt das, was sie selbst empfangen und erlernt hat, all jenen, die es annehmen wollen. Was jene anbelangt, die ihr Zeugnis zurückweisen mögen – d. h. die große Mehrheit –, wird sie keinen Groll gegen sie hegen, denn sie besitzen auf gleiche Weise das Recht zu bestreiten, was sie behauptet, da beide von zwei vollständig verschiedenen Standpunkten aus auf die Wahrheit blicken. In Übereinstimmung mit den Regeln kritischer Forschung muss der Orientalist jeglichen Beweis a priori verwerfen, den er nicht vollständig selbst überprüfen kann. Und wie kann ein westlicher Gelehrter auf Hörensagen hin etwas akzeptieren, über das er nichts weiß? In der Tat ist das in diesen Bänden Gegebene gleichermaßen mündlichen wie auch schriftlichen Unterweisungen entnommen. Dieser erste Teil der esoterischen Lehren beruht auf Stanzen, den Aufzeichnungen eines den Ethnologen unbekannten Volkes. Es wird behauptet, sie seien in einer Sprache verfasst, die in der Nomenklatur der den Philologen vertrauten Sprachen und Dialekte fehlt; es wird behauptet, dass sie aus einer Quelle (Okkultismus) stammen, die von der Wissenschaft nicht anerkannt wird; und schließlich werden sie durch eine Vermittlung angeboten, die vor dem Angesicht der Welt von allen jenen unaufhörlich in Misskredit gebracht wird, die unwillkommene Wahrheiten hassen oder irgendein eigenes spezielles Steckenpferd zu verteidigen haben. Daher war die Zurückweisung dieser Lehren zu erwarten, und sie musste von vornherein in Kauf genommen werden. Keinem, der sich selbst als „Gelehrter“ versteht – auf welchem Gebiet der exakten Wissenschaft auch immer –, wird es erlaubt sein, sich diese Lehren ernsthaft anzusehen. Sie werden in diesem Jahrhundert a priori verspottet und abgelehnt, aber nur in diesem. Denn im zwanzigsten Jahrhundert unserer Ära werden die Gelehrten anfangen zu erkennen, dass die Geheimlehre weder erfunden noch übertrieben, sondern im Gegenteil lediglich skizziert worden ist; und schließlich, dass ihre Lehren älter sind als die Veden.22 Wurden Letztere nicht noch vor fünfzig Jahren verlacht, zurückgewiesen und als [SD # xxxviii] „neuzeitliche Fälschung“ bezeichnet? Wurde Sanskrit nicht früher einmal von Lemprière und anderen Gelehrten zu einer Abspaltung vom Griechischen und zu einem vom Griechischen abstammenden Dialekt erklärt? Um 1820, erzählt uns Prof. Max Müller, waren sämtliche heiligen Bücher der Brahmanen, der Magier und der Buddhisten „nahezu unbekannt, selbst ihre Existenz wurde angezweifelt, und es gab nicht einen einzigen Gelehrten, der auch nur eine Zeile des Veda . . . des Zend Avesta oder . . . der buddhistischen Tripitaka hätte übersetzen können; und jetzt erweisen sich die Veden als ein Werk aus dem frühesten Altertum, dessen ‘Erhaltung fast einem Wunder gleichkommt’“ (Vortrag über die Veden).

Das Gleiche wird über die geheime archaische Lehre gesagt, sobald Beweise für ihre unabstreitbare Existenz und ihre ebensolchen Aufzeichnungen gegeben werden. Aber es wird Jahrhunderte dauern, bevor wesentlich mehr von ihr herausgegeben werden wird. Als die Schreiberin über die für die Welt nahezu verlorenen Schlüssel zu den Geheimnissen des Tierkreises sprach, bemerkte sie vor ungefähr zehn Jahren in „Isis Unveiled“: „Der erwähnte Schlüssel muss siebenmal gedreht werden, bevor das gesamte System enthüllt ist. Wir wollen ihn lediglich einmal drehen und damit dem Profanen einen flüchtigen Blick auf das Geheimnis erlauben. Glücklich der, der das Ganze versteht!“

Dasselbe kann über das gesamte esoterische System gesagt werden. Eine Drehung des Schlüssels – und nicht mehr – wurde in „Isis“ gegeben. Viel mehr wird in diesen Bänden erklärt. Die Schreiberin kannte damals die Sprache kaum, in der das Werk verfasst wurde; und die Bekanntgabe vieler Dinge, von denen jetzt offen gesprochen wird, war verboten. Im zwanzigsten Jahrhundert mag ein besser unterrichteter und wesentlich tauglicherer Schüler von den Meistern der Weisheit gesendet werden, um endgültige und unwiderrufliche Beweise zu geben, dass eine Gupta Vidya genannte Wissenschaft existiert; und dass – wie die einst rätselhaften Quellen des Nils – die Quelle der jetzt der Welt bekannten Religionen und Philosophien viele Zeitalter lang für die Menschen vergessen und verloren war, aber schließlich gefunden wurde.

Ein Werk wie dieses sollte nicht durch ein einfaches Vorwort, sondern eher durch einen Band eingeleitet werden; einen, der Tatsachen und nicht bloß Erörterungen wiedergibt, denn die Geheimlehre ist keine Abhandlung oder Reihe vager Theorien, sondern sie enthält alles, was der Welt in diesem Jahrhundert mitgeteilt werden kann.

Es wäre mehr als nutzlos, auf diesen Seiten selbst nur jene [SD # xxxix] Teile der esoterischen Lehren zu veröffentlichen, die jetzt der Einschränkung entkommen sind, ohne zuerst die Echtheit und Authentizität – auf jeden Fall die Wahrscheinlichkeit – der Existenz solcher Lehren nachgewiesen zu haben. Die hier aufgestellten Behauptungen müssen von verschiedenen Autoritäten für echt erklärt werden: von denen der alten Philosophen, der klassischen Werke und sogar gewisser gelehrter Kirchenväter, von welchen einige diese Lehren kannten, weil sie sie studiert und über sie verfasste Werke gesehen und gelesen hatten; und einige von ihnen waren sogar persönlich in die alten Mysterien initiiert, in deren Verlauf die geheimen Lehren allegorisch dargestellt wurden. Die Schreiberin wird historische und vertrauenswürdige Namen angeben und wohlbekannte Autoren zitieren müssen, alte und moderne mit anerkannten Fähigkeiten, guter Urteilskraft und Wahrheitsliebe, und sie wird auch einige der weithin bekannten Fachleute der geheimen Künste und Wissenschaften benennen müssen nebst ihren Mysterien, da diese der Öffentlichkeit in ihrer seltsamen archaischen Form preisgegeben oder vielmehr teilweise vorgelegt werden.

Wie muss das geschehen? Was ist der beste Weg, solch ein Ziel zu erreichen? Das war die immer wiederkehrende Frage. Um unseren Plan klarer zu machen, soll eine Veranschaulichung helfen. Ein Reisender, der aus einem wohl erforschten Lande kommend plötzlich das Grenzgebiet einer terra incognita erreicht, die von einer enormen Barriere unüberwindbarer Felsen umrahmt und allen Blicken verschlossen ist, könnte sich noch weigern, das Scheitern seiner Forschungspläne einzugestehen. Weiteres Vordringen ist verboten. Wenn er auch die geheimnisvolle Gegend nicht persönlich besuchen kann, mag er dennoch Mittel finden, sie aus der kürzest möglichen Entfernung zu untersuchen. Auf seine Kenntnisse der hinter ihm liegenden Landschaften aufbauend, kann er eine allgemeine und ziemlich korrekte Vorstellung von dem Anblick hinter der Mauer entwickeln, wenn er den am höchsten aufragenden Hügel der vor ihm liegenden Höhen erklimmt. Einmal dort, kann er in Ruhe einen Blick darauf werfen, und das, was er nur vage erkennt, mit dem vergleichen, was er gerade hinter sich liegen ließ, da er sich nun dank seiner Anstrengungen über dem Nebel und den wolkenverhangenen Felsen befindet.

Ein derartig vorbereitender Beobachtungsposten kann denjenigen, die zu einem genaueren Verständnis der in den Texten gegebenen Geheimnisse über die prähistorischen Perioden gelangen möchte, in diesen beiden Bänden nicht angeboten werden. Aber wenn der Leser Geduld hat und auf den gegenwärtigen Zustand von Glauben und Glaubensbekenntnissen in Europa blickt, wenn er ihn mit dem vergleicht und überprüft, was aus der Geschichte der unmittelbar vor und nach [SD # xl] der christlichen Ära liegenden Zeitalter bekannt ist, wird er all das in Band III dieses Werkes finden.

In diesem Band wird eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten, geschichtlich bekannten Adepten gegeben, und der Niedergang der Mysterien wird beschrieben; danach begann das Verschwinden und die schließliche und systematische Eliminierung der wahren Natur der Initiation und der Heiligen Wissenschaft aus dem Gedächtnis der Menschen. Von dieser Zeit an wurden ihre Lehren okkult; und Magie segelte nur zu oft unter dem ehrwürdigen, aber häufig irreführenden Namen der Hermetischen Philosophie. Während wahrer Okkultismus unter den Mystikern der unserer Ära vorangegangenen Jahrhunderte weit verbreitet war, folgte die Magie oder vielmehr Zauberei mit ihren okkulten Künsten auf den Beginn des Christentums.

Wie umfassend und enthusiastisch die fanatischen Anstrengungen während dieser frühen Jahrhunderte auch immer gewesen sein mögen, jede Spur der geistigen und intellektuellen Arbeit der Heiden zu verwischen, sie schlugen doch fehl; doch derselbe Geist des dunklen Dämons der Bigotterie und Intoleranz hat seither jede in vorchristlichen Perioden geschriebene, helle Seite systematisch entstellt. Selbst in ihren vagen Aufzeichnungen hat die Geschichte genug von dem erhalten, was überlebt hat, um ein unparteiisches Licht auf das Ganze zu werfen. So möge denn der Leser eine kleine Weile mit der Schreiberin auf dem erwählten Beobachtungsposten verweilen. Er wird gebeten, all seine Aufmerksamkeit dem Jahrtausend zu schenken, das die vor- und nachchristlichen Perioden durch das Jahr Eins der Geburt Christi teilte. Dieses Ereignis – ob historisch korrekt oder nicht – wurde dennoch dazu verwendet, um als erstes Signal zur Errichtung mannigfaltiger Bollwerke gegen jegliche mögliche Rückkehr zu den verhassten Religionen der Vergangenheit zu dienen oder auch nur einen Einblick in sie zu erhaschen; verhasst und gefürchtet – da sie solch ein helles Licht auf die neue und absichtlich verhüllte Interpretation dessen werfen, was jetzt als der „Neue Erlass“ bekannt ist.

Mit welch übermenschlichen Anstrengungen die frühen christlichen Väter auch versuchten, die Geheimlehre aus dem Gedächtnis des Menschen zu tilgen, sie schlugen dennoch alle fehl. Die Wahrheit kann nicht getötet werden, daher der Misserfolg, alle Spuren dieser alten Weisheit vollständig vom Antlitz der Erde zu tilgen, jeden für sie eintretenden Zeugen in Ketten zu legen und mundtot zu machen. Man denke nur an die Tausenden und vielleicht Millionen verbrannter Manuskripte; an Denkmäler, die mit ihren allzu indiskreten Inschriften und bildlichen Symbolen zu Staub zerschlagen wurden; an die Horden früher Eremiten und Asketen, die auf ihrer Suche nach sämtlichen Obelisken und Säulen, Rollen und Pergamenten die Ruinenstädte von Ober- und Unterägypten, Wüsten und [SD # xli] Gebirge, Täler und Hochländer durchstreiften und nur darauf aus waren, alles zu zerstören, was sie in ihre Hände bekommen konnten, wenn es auch nur das Symbol des Tau oder irgendein anderes Zeichen trug, das der neue Glaube sich entlehnt und angeeignet hatte. So wird klar erkenntlich wie es dazu kam, dass von den Aufzeichnungen der Vergangenheit nur so wenig erhalten ist. Wahrlich, die teuflischen Geister des Fanatismus im frühen und mittelalterlichen Christentum und im Islam liebten es von Anbeginn, in Dunkel- und Unwissenheit zu verweilen; und beide machten

„–––––––––– die Sonne wie Blut, die Welt zum Grab,
Das Grab eine Hölle, und die Hölle düst‘re Finsternis!“

Beide Glaubensbekenntnisse bekehrten mit der Spitze ihres Schwerts; beide errichteten ihre Kirchen auf den bis zum Himmel reichenden Hekatomben menschlicher Opfer. Über dem Torweg zum ersten Jahrhundert unserer Ära leuchteten schicksalsschwer die verhängnisvollen Worte „Das Karma Israels“. Über den Portalen unserer eigenen mag der zukünftige Seher andere Worte wahrnehmen, die auf das Karma hindeuten, welches aus listig erfundener Geschichte entsteht, aus absichtlich verdrehten Ereignissen und daraus, dass große Charaktere von der Nachwelt verleumdet und zwischen den beiden Passionswagen des Jagannâtha – Bigotterie und Materialismus – bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt wurden. Der eine akzeptiert zu viel, der andere streitet alles ab. Weise ist derjenige, der den goldenen Mittelweg einhält und an die ewige Gerechtigkeit der Dinge glaubt. Im Diwan des Faizi, dem „Zeugen der wundervollen Reden eines tausend Sekten angehörenden Freidenkers“, heißt es: „In der Versammlung am Tage der Auferstehung, wenn vergangene Dinge vergeben werden, werden die Sünden der Ka’bah um des Staubes der christlichen Kirchen willen vergeben werden.“ Darauf erwidert Professor Max Müller: „Die Sünden des Islam sind so wertlos wie der Staub der Christenheit. Am Tag der Auferstehung werden Mohammedaner und Christen die Eitelkeit ihrer religiösen Lehren erkennen. Menschen kämpfen auf der Erde um der Religion willen; im Himmel werden sie herausfinden, dass es nur eine wahre Religion gibt – die Verehrung des Geistes Gottes.“23

In anderen Worten – „Keine Religion (oder Gesetz) ist höher als die Wahrheit“ – „SATYAT NASTI PARO DHARMAH“ – das Motto des Maharaja von Benares, von der Theosophischen Gesellschaft übernommen.

Wie bereits im Vorwort gesagt, ist die Geheimlehre nicht – wie ursprünglich beabsichtigt – eine Variante von „Isis Unveiled“. Sie ist [SD # xlii] vielmehr ein erklärender Band dazu, und – obwohl vollständig unabhängig von dem früheren Werk – eine unentbehrliche logische Folgerung. Vieles von dem, was in Isis enthalten war, konnte von den Theosophen jener Tage kaum verstanden werden. Die Geheimlehre nun wird Licht auf so manches Problem werfen, das in dem ersten Werk ungelöst blieb, insbesondere in den einleitenden Seiten, die niemals verstanden worden sind.

In den beiden Bänden der Isis, die sich lediglich mit den Philosophien innerhalb unserer historischen Zeiten und mit der jeweiligen Symbolik der untergegangenen Nationen beschäftigten, konnte nur ein flüchtiger Blick auf das Panorama des Okkultismus geworfen werden. In dem jetzt vorliegenden Werk wird eine detaillierte Kosmogonie und die Evolution der vier Rassen gegeben, die unserer Menschheit – der fünften Rasse – vorangingen. Jetzt erklären zwei umfangreiche Bände das, was allein auf der ersten Seite von Isis Unveiled und in einigen wenigen hier und da in dem Werk verstreuten Andeutungen gesagt wurde. Auch konnte das gewaltige Spektrum der archaischen Wissenschaften in den vorliegenden Bänden nicht in Angriff genommen werden, bevor wir so gewaltige Probleme wie die kosmische und planetarische Evolution und die stufenweise Entwicklung der mysteriösen Menschheiten und Rassen nicht bewältigt haben, die unserer „adamischen“ Menschheit vorangingen. Daher hat der gegenwärtige Versuch, einige Mysterien der Esoterischen Philosophie aufzuhellen, in Wahrheit nichts mit dem früheren Werk zu tun. Es möge der Schreiberin erlaubt sein, das Gesagte durch ein Beispiel zu erläutern.

Band I der „Isis“ beginnt mit einem Verweis auf „ein altes Buch“:

„So uralt, dass unsere modernen Altertumsforscher beliebig lange über seine Seiten nachsinnen könnten und trotzdem noch nicht einmal über die Natur des Stoffes, auf dem sie geschrieben sind, einer Meinung wären. Es ist das einzige jetzt existierende Originalexemplar. Das älteste hebräische Dokument über okkulte Lehre – die Siphrah Dzeniouta – wurde daraus zusammengestellt: und zwar zu einer Zeit, als das Erstere bereits im Licht einer literarischen Reliquie betrachtet wurde. Eine seiner Illustrationen stellt die aus Adam24 emanierende göttliche Essenz dar, die sich wie ein leuchtender Bogen ausbreitet und einen Kreis formt. Und dann, nachdem sie den höchsten Punkt ihres Umkreises erreicht hat, wendet sich die unaussprechliche Herrlichkeit wieder abwärts und kehrt zur Erde zurück, einen höheren Typus der Menschheit in ihrem Wirbel mit sich bringend. Je mehr sie sich unserem Planeten nähert, um so schattenhafter wird die Emanation, bis sie bei Berührung des Bodens so schwarz ist wie die Nacht.“

[SD # xliii] Das „uralte Buch“ ist das Originalwerk, aus dem die vielen Bände des Kiu-ti zusammengestellt wurden. Nicht nur dieses Letztere und die Siphrah Dzeniouta, sondern selbst das Sefer Jezirah,25 das Werk, das von hebräischen Kabbalisten ihrem Patriarchen Abraham (!) zugeschrieben wird, das Buch von Shu-King, Chinas ursprüngliche Bibel, die heiligen Bände des ägyptischen Thoth-Hermes, die Puranas in Indien und das chaldäische Buch der Zahlen und der Pentateuch selbst – sie alle stammen von diesem einen kleinen Ausgangswerk ab. Die Überlieferung berichtet, es sei in Senzar, der geheimen Priestersprache, nach den Worten der göttlichen Wesen niedergeschrieben worden, die es den Söhnen des Lichts in Zentralasien diktierten, gerade zu Beginn der fünften (unserer) Rasse; denn es gab eine Zeit, da seine Sprache (das ­Sen-zar) den Initiierten aller Nationen bekannt war, als die Vorväter der Tolteken sie ebenso leicht verstanden wie die Bewohner des verlorenen Atlantis, die sie ihrerseits von den Weisen der dritten Rasse, den Manushis ererbt hatten. Diese erlernten sie direkt von den Devas der zweiten und ersten Rasse. Die „Illustration“, von der in „Isis“ die Rede ist, bezieht sich auf die Evolution dieser Rassen und unserer Menschheit der vierten und fünften Rasse im Vaivasvata-Manvantara oder der „Runde“. Jede Runde setzt sich aus den Yugas der sieben Perioden der Menschheit zusammen. Vier von diesen sind jetzt in unserem Lebenszyklus durchlaufen, der Mittelpunkt der fünften ist nahezu erreicht. Die Illustration ist symbolisch, wie jedermann leicht verstehen kann, und deckt das Thema von Anbeginn ab. Das alte Buch beschreibt die kosmische Evolution und erklärt den Ursprung von allem auf der Erde, einschließlich des physischen Menschen, es gibt die wahre Geschichte der Rassen von der ersten herab bis zur fünften (unserer) Rasse, und geht nicht weiter. Es schließt mit dem Beginn des Kali-Yuga gerade vor 4.989 Jahren mit dem Tod Krishnas, des leuchtenden „Sonnen-Gottes“, des einstmals lebenden Helden und Reformators.

Aber es existiert noch ein anderes Buch. Keiner seiner Besitzer betrachtet es als sehr alt, da es mit dem dunklen Zeitalter geboren wurde und ebenso alt ist wie dieses, [SD # xliv] nämlich ungefähr 5.000 Jahre. Von heute an gerechnet in ungefähr neun Jahren endet der erste Zyklus der ersten fünf Jahrtausende, der mit dem großen Zyklus des Kali-Yuga begann. Und dann wird die letzte Prophezeiung in Erfüllung gehen, die dieses Buch enthält (der erste Band der prophetischen Aufzeichnungen für das dunkle Zeitalter). Wir müssen nicht lange warten. Viele von uns werden Zeuge des Heraufdämmerns des neuen Zyklus sein, mit dessen Ende nicht wenige Rechnungen zwischen den Rassen geregelt und beglichen sein werden. Band II der Prophezeiungen ist beinahe fertig, nachdem er seit der Zeit von Buddhas großem Nachfolger Shankaracharya in Vorbereitung war.

Ein weiterer wichtiger Punkt muss zur Kenntnis genommen werden, einer, der in der Reihe der für die Existenz einer ursprünglichen, universalen Weisheit gegebenen Beweise an erster Stelle steht – auf jeden Fall in den Augen der christlichen Kabbalisten und Schüler. Die Lehren waren, zumindest teilweise, einigen Kirchenvätern bekannt. Es wird auf rein historischen Grundlagen behauptet, dass Origenes, Synesius und sogar Clemens Alexandrinus selbst in die Mysterien initiiert waren, bevor sie dem Neuplatonismus der Alexandrinischen Schule die Lehren der Gnostiker unter christlichem Schleier hinzufügten. Darüber hinaus wurden einige der Lehren der Geheimschulen – obwohl keineswegs alle – im Vatikan aufbewahrt und sind seither in Gestalt entstellter Einfügungen der lateinischen Kirche in das ursprünglich christliche Programm zu einem festen Bestandteil der Mysterien geworden. Von solcher Art ist auch das heute materialisierte Dogma der unbefleckten Empfängnis. Das erklärt die großen, von der römisch-katholischen Kirche angeordneten Verfolgungen des Okkultismus, der Freimaurerei und des heterodoxen Mystizismus im Allgemeinen.

Die Tage Konstantins waren der letzte Wendepunkt in der Geschichte, die Phase äußerster Auseinandersetzungen, welche in der westlichen Welt damit endeten, dass die alten Religionen erdrosselt und auf ihren toten Körpern die neuen errichtet wurden. Von diesem Zeitpunkt an wurde die Aussicht in die weit entfernte Vergangenheit, jenseits der „Sintflut“ und des Gartens Eden, gewaltsam und unerbittlich mit allen erlaubten und unerlaubten Mitteln vor dem indiskreten Blick der Nachwelt verschlossen. Jede strittige Frage wurde blockiert, jede erreichbare Aufzeichnung wurde vernichtet. Aber selbst in den derartig verstümmelten Aufzeichnungen bleibt immer noch genug übrig, um uns zu rechtfertigen, wenn wir behaupten, dass in ihnen jeder erdenkliche Beweis für die tatsächliche Existenz einer Mutterlehre enthalten ist. Bruchstücke haben geologische und politische Umwälzungen überlebt, um die Geschichte zu erzählen. Und jedes überlebende Bruchstück beweist, dass die jetzt geheime Weisheit einstmals der [SD # xlv] eine Ursprung, die ewig fließende, immerwährende Quelle war, aus der alle ihre kleineren Bäche – die späteren Religionen aller Nationen – vom ersten bis zum letzten gespeist wurden. Diese Periode, mit Buddha und Pythagoras an dem einen und den Neuplatonikern und Gnostikern am anderen Ende, ist der einzige in der Geschichte übrig gebliebene Brennpunkt, in dem zum letzten Mal die hellen Strahlen des vergangenen Äonen entströmenden Lichts zusammenlaufen, ohne von den Händen der Bigotterie und des Fanatismus verdunkelt zu werden.

Das erforderte von der Schreiberin, die aus der grauesten Vorzeit übermittelten Tatsachen stets mühsam mithilfe von Zeugnissen aus der historischen Periode zu erklären. Keine anderen Mittel waren zur Hand, selbst auf die Gefahr hin, einmal mehr des Mangels an Methode und System beschuldigt zu werden. Die Öffentlichkeit muss mit den Anstrengungen vieler Welt-Adepten, initiierter Dichter, Schreiber und Klassiker aller Zeitalter vertraut gemacht werden, um in den Aufzeichnungen der Menschheit zumindest die Kenntnis von der Existenz einer solchen Philosophie zu bewahren, wenn nicht sogar ihre Lehrsätze. Die Initiierten von 1888 blieben in der Tat unverständlich und ein anscheinend gar nicht möglicher Mythos, würde nicht aufgezeigt, dass ähnliche Initiierte auch in allen anderen Zeitaltern der Geschichte lebten. Das könnte nur durch Nennung von Kapitel und Vers geschehen, in denen diese großen Charaktere erwähnt werden, denen eine lange und endlose Reihe weiterer berühmter vor- und nachsintflutlicher Meister der Künste voranging und folgte. Allein auf diese Weise könnte halb auf traditioneller und halb auf historischer Autorität beruhend aufgezeigt werden, dass die Kenntnis des Okkulten und die Kräfte, die sie dem Menschen verleiht, nicht allesamt freie Erfindungen sind, sondern dass sie so alt sind wie die Welt selbst.

Meinen Richtern, vergangenen und zukünftigen, habe ich deshalb nichts zu sagen – seien sie ernsthafte literarische Kritiker oder jene heulenden Derwische der Literatur, die ein Buch nach der Popularität oder Unpopularität des Namens seines Autors beurteilen und die sich, dem Inhalt kaum einen Blick gewährend, tödlichen Bazillen gleich der schwächsten Punkte des Körpers bemächtigen. Noch werde ich mich herablassen, jene – glücklicherweise sehr wenige an Zahl – hirnverbrannten Verleumder zu beachten, die in der Hoffnung, die öffentliche Aufmerksamkeit dadurch auf sich zu ziehen, dass sie jeden Schreiber verunglimpfen, dessen Name bekannter ist als ihr eigener, schäumen und ihre bloßen Schatten ankläffen. Nachdem diese zuerst jahrelang behauptet hatten, dass die im Theosophist gebrachten Lehren, welche im „Esoteric Buddhism“ gipfelten, alle von der gegenwärtigen Schreiberin erfunden worden seien, kehrten sie um und denunzierten „Isis Unveiled“ und den Rest als von Éliphas Lévi (!), Paracelsus (!!) und, mirabile dictu, [SD # xlvi] von Buddhismus und Brahmanismus (!!!) plagiiert. Ebenso gut könnte man Renan beschuldigen, sein Buch Vie de Jésus“ aus den Evangelien und Max Müller seine „Sacred Books of the East“ oder seine „Chips“ aus den Philosophien der Brahmanen und Gautama Buddhas gestohlen zu haben. Aber für die Öffentlichkeit im Allgemeinen und für die Leser der „Geheimlehre“ möchte ich wiederholen, was ich schon immer betont habe, und was ich jetzt in die Worte von Montaigne kleide: Meine Herren, „ich habe hier lediglich ein Gebinde aus gepflückten Blumen angefertigt und nichts Eigenes hinzugefügt als den Faden, der sie verbindet“.

Zerreißt den „Faden“ und schneidet ihn in Stücke, wenn ihr wollt. Was den Strauß von Tatsachen betrifft – ihn zu beseitigen werdet ihr niemals imstande sein. Ihr könnt sie lediglich ignorieren, und nichts weiter.

Wir wollen mit einem Abschiedswort hinsichtlich dieses ersten Bandes schließen. In einer Einleitung, die einem hauptsächlich die Kosmogonie behandelnden Teil vorangestellt ist, mögen manche der vorgebrachten Gegenstände nicht am rechten Platz erscheinen, aber eine weitere Überlegung, die den bereits mitgeteilten hinzugefügt wurde, hat mich dazu geführt, sie zu berühren. Jeder Leser wird die vorgebrachten Behauptungen unvermeidlich vom Standpunkt seiner eigenen Kenntnis, Erfahrung und seines Bewusstseins beurteilen, auf das gründend, was er bereits gelernt hat. Diese Tatsache muss die Schreiberin beständig im Auge behalten: daher auch in diesem ersten Buch die häufigen Bezugnahmen auf Gegenstände, die eigentlich zu einem späteren Teil des Werkes gehören, aber dennoch nicht stillschweigend übergangen werden konnten, ohne dass der Leser auf das Werk tatsächlich wie auf ein Märchen herabsehen würde – eine Fiktion irgendeines modernen Gehirns.

So soll die Vergangenheit helfen, die Gegenwart zu begreifen, und Letztere die Vergangenheit besser zu würdigen. Die Irrtümer des Tages müssen erklärt und hinweggefegt werden, doch ist es mehr als wahrscheinlich – und im gegenwärtigen Fall wird es fast zur Gewissheit –, dass das Zeugnis langer Zeitalter und der Geschichte wieder einmal lediglich die sehr Intuitiven beeindrucken wird – was soviel heißt wie die sehr Wenigen. Aber in diesem wie in allen ähnlichen Fällen mögen sich die Wahrhaftigen und Treuen damit trösten, dass sie den skeptischen modernen Sadduzäer mit dem mathematischen Beweis und Mahnmal seiner hartnäckigen Halsstarrigkeit und Bigotterie beschenken. Irgendwo in den Archiven der Französischen Akademie liegt noch das berühmte Gesetz der Wahrscheinlichkeiten, von gewissen Mathematikern zum Nutzen der Skeptiker nach einem algebraischen Prozess ausgearbeitet. Es lautet folgendermaßen: Wenn zwei Personen [SD # xlvii] eine Tatsache bezeugen und ihr so jeder von ihnen 5/6 Gewissheit verleiht, besitzt die Tatsache 35/36 an Gewissheit; d. h. das Verhältnis ihrer Wahrscheinlichkeit zu ihrer Unwahrscheinlichkeit beträgt 35 zu 1. Wenn drei solcher Zeugnisse zusammengefügt werden, beträgt die Gewissheit 215/216. Die Übereinstimmung von zehn Personen, von denen jede eine Gewissheit von 1/2 beiträgt, schafft eine Gewissheit von 1.023/1.024 etc. etc. Der Okkultist mag zufriedengestellt und nicht weiter besorgt sein.

Fußnoten

5 Dan, jetzt in moderner chinesischer und tibetanischer Phonetik zu Ch’an geworden, ist die allgemeine Bezeichnung für die esoterischen Schulen und ihre Literatur. In den alten Büchern wird das Wort Janna wie folgt definiert: „Sein Selbst durch Meditation und Erkenntnis läutern“ – eine zweite, innere Geburt. Daher Dzan, phonetisch Djan, das „Buch Dzyan“.

6 Beglor, Chefingenieur in Buddhagaya und hervorragender Archäologe, entdeckte sie als Erster, wie wir glauben.

7 Prof. Max Müller zeigt, dass weder Bestechungen noch Drohungen Akbars den Originaltext der Veden von den Brahmanen erpressen konnten; er prahlte aber damit, dass europäische Orientalisten ihn besäßen (Vortrag über „Science of Religion“, S. 23). Es ist sehr zweifelhaft, dass Europa den vollständigen Text besitzt; und die Zukunft könnte sehr unangenehme Überraschungen für die Orientalisten bereithalten.

8 Badáonì schrieb in seinem „Muntakhab at Tawarikh“: „Seine Majestät fand Geschmack an den Nachforschungen über die Sekten dieser Ungläubigen (die nicht zu zählen sind, so zahlreich sind sie, und die eine endlose Anzahl von Offenbarungsbüchern besitzen) . . . Da sie (die Sramanas und Brahmanen) andere gelehrte Männer in ihren Abhandlungen über Moral, Physik und Religionswissenschaften übertreffen und in ihrem Wissen über die Zukunft, über spirituelle Kraft und menschliche Vollkommenheit einen hohen Grad erreichen, erbrachten sie auf Vernunft und Zeugnis gegründete Beweise und prägten Sr. Majestät ihre Lehren so fest ein, dass jetzt niemand mehr einen Zweifel in ihm erregen könnte, selbst wenn Berge zu Staub zerfallen oder die Himmel in Stücke zerreißen würden.“ Dieses Werk „wurde geheim gehalten und erst unter der Herrschaft Jahângirs veröffentlicht“. („Ain i Akbari“, übersetzt von Dr. Blochmann, S. 104, Anmerkung.)

9 Karakorum-Gebirge, Westtibet.

10 Nach derselben Überlieferung waren die jetzt öden Gebiete des wasserlosen Landes von Tarim – einer echten Wildnis im Herzen von Turkestan – in alter Zeit mit blühenden und reichen Städten bedeckt. Gegenwärtig mildern kaum ein paar grünende Oasen ihre tödliche Einsamkeit. Eine davon, die auf der Grabstätte einer großen, vom Sandboden der Wüste verschlungenen und unter ihm begrabenen Stadt entstand, gehört niemandem, wird aber häufig von Mongolen und Buddhisten besucht. Dieselbe Überlieferung spricht von ungeheuren unterirdischen Behausungen, von großen Korridoren, angefüllt mit Ziegeln und Zylindern. Vielleicht ist es ein müßiges Gerücht, vielleicht aber auch wirklich eine Tatsache.

11 Wenn wir uns China zuwenden, finden wir, dass sich die Religion des Konfuzius auf die fünf King- und die vier Shu-Bücher begründet, die an sich von beträchtlichem Umfang und von zahlreichen Kommentaren umgeben sind, ohne die selbst die größten Gelehrten es nicht wagen würden, die Tiefe ihres heiligen Kanons zu ergründen“ (Vortrag über „Science of Religion“, S. 185, Max Müller). Aber sie haben sie nicht ergründet – und das zum Leidwesen der Konfuzianer, wie sich ein sehr gelehrtes Mitglied dieser Gruppe in Paris im Jahre 1881 beklagte.

12 Aufgefunden und bewiesen erst jetzt durch die Entdeckungen von George Smith (siehe sein „Chaldean Account of Genesis“), und was dank dieses armenischen Fälschers alle zivilisierten Nationen mehr als 1.500 Jahre lang dazu verleitete, die jüdischen Bücher für eine direkte göttliche Offenbarung zu halten!

13 Bunsens „Egypt’s Place in History“, Bd. I, S. 200.

14 Robert Spence Hardy, „The Legends and Theories of the Buddhists“, S. 66.

15Buddhism in Tibet“, S. 78.

16 Lassen („Ind. Alterthumskunde“, Bd. II, S. 1.072) zeigt ein buddhistisches, in der Kailash-Kette um 137 v. Chr. errichtetes Kloster; und General Cunningham ein noch älteres.

17 Reverend J. Edkins, „Chinese Buddhism“.

18 Unsere größten Ägyptologen sind mit den Beerdigungsriten der Ägypter und den äußeren Zeichen der Geschlechtsunterschiede der Mumien derartig schlecht vertraut, dass das zu den haarsträubendsten Irrtümern geführt hat. Erst vor einem oder zwei Jahren wurde eine solche Mumie in Bolaq, Kairo, entdeckt. Die Mumie, die für die Frau eines unbedeutenden Pharaos gehalten wurde, erwies sich dank einer auf einem um den Hals hängenden Amulett gefundenen Inschrift als die Frau von Sesostris – des größten Königs Ägyptens!

19 Siehe Max Müllers „Einleitung in die vergleichende Religionswissenschaft“, Vorlesung „On False Analogies in Comparative Theology“, S. 288 und 296 ff. Dies bezieht sich auf die geschickte Fälschung (auf Blätter, die in alte puranische Manuskripte eingefügt wurden) in korrektem, archaischem Sanskrit, von allem, was die Pandits von Oberst Wilford über Adam und Abraham, Noah und seine drei Söhne etc. etc. gehört hatten.

20 Lün-Yü (§ 1 a) Schott., „Chinesische Literatur“, S. 7.

21 „Life of Confucius“, S. 96.

22 Das ist nicht die Anmaßung einer Prophezeiung, sondern lediglich eine auf der Kenntnis von Tatsachen beruhende Feststellung. In jedem Jahrhundert wird ein Versuch unternommen der Welt zu zeigen, dass Okkultismus kein leerer Aberglaube ist. Sobald erlaubt wird, das Tor ein wenig zu öffnen, wird es mit jedem neuen Jahrhundert weiter geöffnet werden. Die Zeiten sind reif für ein ernsthafteres, jedoch immer noch sehr begrenztes Wissen als bisher erlaubt.

23 „Lectures on the Science of Religion“ von F. Max Müller, S. 257.

24 Der Name ist im Sinne des griechischen Wortes ἄνθρωπος verwendet.

25 Rabbi Jehoshua Ben Chananea, der ungefähr 72 n. Chr. starb, erklärte offen, dass er mithilfe des Buches „Sefer Jezirah“ „Wunder“ vollbracht habe, und forderte jeden Skeptiker heraus. Aus dem babylonischen Talmud zitierend, nennt Franck zwei weitere Thaumaturgen, nämlich die Rabbiner Chanina und Oshoi (siehe „Jerusalem Talmud, Sanhedrin“ Kap. 7 etc.; und „Franck“, S. 55-6). Viele der mittelalterlichen Okkultisten, Alchemisten und Kabbalisten behaupten dasselbe; und selbst der verstorbene moderne Magus, Éliphas Lévi, behauptet es öffentlich in gedruckter Form in seinen Büchern über Magie.


[SD # 1]

Vorwort
Blätter aus einer vorgeschichtlichen Epoche

Vor dem Auge der Schreiberin befindet sich ein archaisches Manuskript – eine Sammlung von Palmblättern, durch ein besonderes, unbekanntes Verfahren unempfindlich gemacht gegen Wasser, Feuer und Luft. Auf der ersten Seite befindet sich eine makellose weiße Scheibe auf einem stumpfen, schwarzen Grund. Auf der folgenden Seite dieselbe Scheibe, aber mit einem Punkt in der Mitte. Die erste, so weiß der Schüler, bedeutet den Kosmos in der Ewigkeit, vor dem Wiedererwachen der noch schlummernden Energie, der Emanation des Wortes in späteren Systemen. Der Punkt in der bis jetzt makellosen Scheibe, Raum und Ewigkeit in Pralaya, bezeichnet die Dämmerung der Differenzierung. Es ist der Punkt im Weltenei (siehe Teil II, „Das Weltenei“), der Keim in Letzterem, der zum Universum, zum All, zum grenzenlosen, periodischen Kosmos werden wird. Dieser Keim ist periodisch abwechselnd latent und aktiv. Der eine Kreis ist göttliche Einheit, aus der alles hervorgeht, in welche alles zurückkehrt. Sein Umfang – ein gezwungenermaßen eingeschränktes Symbol angesichts der Begrenzungen des menschlichen Verstandes – steht für die abstrakte, immer unerkennbare Gegenwart, und seine Fläche für die Universalseele, obwohl die beiden eins sind. Dass nur die Fläche der Scheibe weiß und der Grund ringsum schwarz ist, zeigt klar, dass ihre Fläche, obwohl noch dunkel und unklar, das gesamte Wissen ist, das der Mensch erreichen kann. Es ist diese Ebene, auf der die manvantarischen Manifestationen beginnen; denn in dieser Seele schlummert während des Pralayas der Göttliche Gedanke26, in welchem der Plan jeder zukünftigen Kosmogonie und Theogonie verborgen liegt.

[SD # 2]Es ist das Eine Leben, ewig, unsichtbar, doch allgegenwärtig, ohne Anfang oder Ende, doch periodisch in seinen regelmäßigen Manifestationen, zwischen welchen das dunkle Mysterium des Nichtseins herrscht; unbewusst, und doch absolutes Bewusstsein; unrealisierbar, doch die eine, selbstexistierende Wirklichkeit; wahrhaftig „ein Chaos für den Verstand, ein Kosmos für die Vernunft“. Sein einziges absolutes Merkmal, welches es selbst ist, ist ewige, unaufhörliche Bewegung, im esoterischen Sprachgebrauch der „Große Atem“27 genannt, welcher die beständige Bewegung des Universums ist im Sinne von grenzenlosem, allgegenwärtigem Raum. Das, was bewegungslos ist, kann nicht göttlich sein. Aber tatsächlich und in Wirklichkeit existiert innerhalb der Universalseele nichts absolut Bewegungsloses.

Nahezu fünf Jahrhunderte v. Chr. behauptete Leukippos, der Lehrer von Demokrit, der Raum sei ewig mit Atomen angefüllt, durch unaufhörliche Bewegung in Tätigkeit versetzt, die im Laufe der Zeit, wenn sie sich sammeln, kreisförmige und durch wechselseitige Zusammenstöße Querbewegungen hervorbringen. Epikur und Lukretius lehrten dasselbe, nur fügten sie zu der seitlichen Bewegung der Atome die Idee der Affinität hinzu – eine okkulte Lehre.

Seitdem der Mensch sein Erbe antrat, seit dem ersten Erscheinen der Architekten des von ihm bewohnten Globus, wurde die ungeoffenbarte Gottheit unter ihrem einzigen philosophischen Aspekt erkannt und betrachtet – als universale Bewegung, als das Erbeben des schöpferischen Atems in der Natur. Der Okkultismus fasst die „Eine Existenz“ folgendermaßen zusammen: „Göttlichkeit ist ein verborgenes, lebendiges (oder sich bewegendes) Feuer, und die ewigen Zeugen dieser unsichtbaren Gegenwart sind Licht, Wärme, Feuchtigkeit“ – diese Dreiheit umfasst und verursacht sämtliche Phänomene in der Natur.28 Innerkosmische Bewegung ist ewig und unaufhörlich; kosmische Bewegung (die sichtbare oder die Gegenstand der Wahrnehmung seiende) ist endlich und periodisch. Als ewige Abstraktion ist sie das ewig Gegenwärtige; in der Manifestation ist sie sowohl in der kommenden als auch in der entgegengesetzten Richtung endlich, beide sind das Alpha und das Omega der aufeinanderfolgenden Rekonstruktionen. Kosmos – das Noumenon – hat nichts mit den kausalen Beziehungen der phänomenalen Welt zu tun. Lediglich in Bezug auf die intrakosmische Seele, den idealen Kosmos im unveränderlichen Göttlichen Gedanken, können wir sagen: „Sie hatte niemals einen Anfang noch wird sie jemals enden.“ In Bezug auf ihren Körper oder ihre kosmische Organisation kann zwar nicht gesagt werden, dass sie eine anfängliche Konstruktion besaß oder je eine letzte besitzen wird, doch mit jedem neuen Manvantara kann ihre Organisation als die erste und letzte ihrer Art betrachtet werden, da sie sich jedes Mal auf einer höheren Ebene entfalten wird. . . .

[SD # 3]Noch vor wenigen Jahren wurde Folgendes dargelegt:

„Die esoterische Lehre lehrt – wie der Buddhismus und der Brahmanismus und selbst die Kabbala –, dass die eine unendliche und unbekannte Essenz seit aller Ewigkeit existiert und in regelmäßigen und harmonischen Folgen entweder passiv oder aktiv ist. In der poetischen Ausdrucksweise des Manu werden diese Zustände die „Tage“ und die „Nächte“ Brahmâs genannt. Letzterer ist entweder „wach“ oder „schlafend“. Die Svabhavikas oder Philosophen der ältesten Schule des Buddhismus (die noch in Nepal existiert) spekulieren nur über den aktiven Zustand dieser „Essenz“, die sie Svabhavat nennen, und halten es für töricht, über die abstrakte und „unerkennbare“ Macht in ihrem passiven Zustand zu theoretisieren. Daher werden sie sowohl von den christlichen Theologen als auch von den modernen Wissenschaftlern als Atheisten bezeichnet, denn beide sind außerstande, die tiefgründige Logik ihrer Philosophie zu verstehen. Die Ersteren erlauben keinen anderen Gott als die personifizierten sekundären Mächte, die das sichtbare Universum ausarbeiteten und bei ihnen zu dem anthropomorphen Gott der Christen wurden – dem mit Donner und Blitz heranbrausenden männlichen Jehovah. Andererseits begrüßt die rationalistische Wissenschaft die Buddhisten und Svabhavikas als die „Positivisten“ der archaischen Zeitalter. Wenn wir einen einseitigen Blick auf die Philosophie der Letzteren werfen, könnten unsere Materialisten auf ihre Weise Recht haben. Die Buddhisten behaupteten, es gäbe keinen Schöpfer, sondern nur eine Unendlichkeit schöpferischer Kräfte, die in ihrer Gesamtheit die eine, ewige Substanz bilden, deren Essenz unergründlich ist – und folglich für keinen wahren Philosophen Gegenstand der Spekulation. Sokrates weigerte sich beharrlich, über das Geheimnis des universalen Seins zu diskutieren, und dennoch wäre es niemals jemandem eingefallen, ihn des Atheismus zu bezichtigen, außer denen, die auf seinen Untergang aus waren. Mit der Einleitung einer aktiven Periode, sagt die Geheimlehre, geschieht nach ewigem und unveränderlichem Gesetz eine Ausdehnung dieser göttlichen Essenz von außen nach innen und von innen nach außen. Und das phänomenale oder sichtbare Universum ist das letztendliche Resultat der langen Reihe kosmischer Kräfte, die so aufeinanderfolgend in Bewegung versetzt wurden. Auf dieselbe Weise findet, am erneuten Beginn des passiven Zustands, eine Zusammenziehung der göttlichen Essenz statt, und das vorherige Schöpfungswerk wird stufenweise und fortschreitend aufgelöst. Das sichtbare Universum wird zersetzt, sein Material zerstreut; und ‘Finsternis’, einsam und allein, schwebt wieder einmal über dem Antlitz der ‘Tiefe’. Um eine Metapher aus den geheimen Büchern zu gebrauchen, welche die Idee noch klarer übermitteln wird: Ein Ausatmen der ‘unbekannten Essenz’ bringt die Welt hervor, und ein Einatmen verursacht ihr Verschwinden. Dieser Vorgang findet seit aller Ewigkeit statt, und unser gegenwärtiges Universum ist nur eines in einer unendlichen Reihe, die keinen Anfang hatte und kein Ende haben wird (sieheIsis entschleiert“; sowieDie Tage und Nächte Brahmâs“ in Teil II).

[SD # 4]Diese Passage wird, so weit wie möglich, im vorliegenden Werk erklärt werden. Obwohl sie in ihrer jetzigen Form für den Orientalisten nichts Neues enthält, kann ihre esoterische Interpretation vieles aufweisen, was dem westlichen Schüler bislang gänzlich unbekannt war.

Die erste Illustration stellt eine einfache Scheibe dar, die zweite in dem archaischen Symbol zeigt eine Scheibe mit einem Punkt darin – die erste Differenzierung in den periodischen Manifestationen der immer-ewigen Natur, geschlechtsloses und unendliches „Aditi in Jenem“ („Rigveda“), den Punkt in der Scheibe oder potenziellen Raum im abstrakten Raum. In seinem dritten Stadium wird der Punkt in einen Durchmesser verwandelt. Das symbolisiert jetzt eine göttliche, unbefleckte Mutter-Natur in der allumfassenden, absoluten Unendlichkeit. Wenn die Durchmesserlinie von einer vertikalen durchkreuzt wird , wandelt es sich zum Weltenkreuz. Die Menschheit hat ihre dritte Wurzelrasse erreicht; es ist das Zeichen für den Beginn der Entstehung menschlichen Lebens. Wenn der Umkreis verschwindet und nur das zurücklässt, ist dies ein Zeichen dafür, dass der Fall des Menschen in die Materie vollendet ist, und die vierte Rasse beginnt. Das Kreuz innerhalb eines Kreises symbolisiert reinen Pantheismus; als dem Kreuz der Umkreis genommen wurde, wurde es phallisch. Es hatte die gleiche und doch auch andere Bedeutungen wie das Tau in einem Kreis oder wie „Thors Hammer,“ das sogenannte Jaina-Kreuz oder einfach die Swastika innerhalb eines Kreises .

[SD # 5]Das dritte Symbol – der durch die horizontale Linie des Durchmessers zweigeteilte Kreis – bedeutete die erste Manifestation der schöpferischen (noch passiven, weil weiblichen) Natur. Die erste schattenhafte Vorstellung des Menschen in Verbindung mit Fortpflanzung ist weiblich, weil der Mensch seine Mutter besser kennt als seinen Vater. Daher waren weibliche Götter heiliger als männliche. Die Natur ist deshalb weiblich und bis zu einem gewissen Grad objektiv und greifbar, und das sie befruchtende geistige Prinzip ist verborgen. Durch Hinzufügen einer senkrechten Linie zu dem Kreis mit der horizontalen Linie entstand das Tau – die älteste Form des Buchstabens. Das war das Symbol der dritten Wurzelrasse bis zum Tag ihres symbolischen Falls – d. h. der Trennung der Geschlechter infolge natürlicher Evolution –, als die Illustration sich in veränderte, den Kreis, oder geschlechtsloses Leben, modifiziert oder getrennt – eine doppelte Glyphe oder Symbol. Mit den Rassen unserer fünften Rasse wurde es in der Symbologie zum Sacr’ und im Hebräischen zum N’cabvah der zuerst gebildeten Rassen.29 Dann veränderte es sich in das ägyptische (Emblem des Lebens), und noch später in das Zeichen der Venus . Dann kommt die Swastika (Thors Hammer oder jetzt das „Hermetische Kreuz“), gänzlich getrennt von seinem Kreis und somit rein phallisch werdend. Das esoterische Symbol des Kali-Yuga ist der auf dem Kopf stehende fünfzackige Stern – das Zeichen menschlicher Zauberei mit seinen zwei himmelwärts gerichteten Spitzen (Hörnern), eine Stellung, die jeder Okkultist der „linken Hand“ zuordnen wird und die in der zeremoniellen Magie verwendet wird.30

[SD # 6]Es ist zu hoffen, dass sich mit der Lektüre dieses Werkes die falschen Vorstellungen der Öffentlichkeit über den Pantheismus allgemein verändern werden. Es ist falsch und ungerecht, die Buddhisten und Advaita-Okkultisten als Atheisten anzusehen. Auch wenn sie nicht alle Philosophen sind, sind sie doch auf jeden Fall alle Logiker, deren Einwände und Argumente auf strengem, logischem Denken beruhen. In der Tat, wenn das Parabrahman der Hindus die verborgenen und namenlosen Gottheiten anderer Nationen repräsentieren darf, wird dieses absolute Prinzip als Prototyp erkannt, nach dessen Vorbild alle anderen kopiert wurden. Parabrahman ist nicht „Gott“, denn Es ist kein Gott. „Es ist das, was das Höchste und nicht das Höchste (Paravara) ist“, erklärt die „Mandukya-Upanishad“ (2.28). Es ist das „Höchste“ als Ursache, nicht aber als Wirkung. Als eine „zweitlose Wirklichkeit“ ist Parabrahman einfach der allumfassende Kosmos – oder vielmehr der unendliche kosmische Raum – im höchsten spirituellen Sinne natürlich. Brahma (Neutrum) als die unveränderliche, reine, freie, unvergängliche höchste Wurzel, „die eine wahre Existenz, Paramarthika“ und das absolute Chit und Chaitanya (Intelligenz, Bewusstsein) kann kein Erkenner sein, „denn Jenes kann kein Subjekt der Erkenntnis haben“. Kann die Flamme die Wesenheit des Feuers genannt werden? Diese Wesenheit ist „das Leben und das Licht des Universums, das sichtbare Feuer und die Flamme sind Zerstörung, Tod und Übel“. „Feuer und Flamme zerstören den Körper eines Arhats, ihre Essenz macht ihn unsterblich.“ (Bodhi-mur, Buch II) „Die Kenntnis des absoluten Geistes ist, wie der Glanz der Sonne oder die Hitze im Feuer, nichts anderes als die absolute Wesenheit selbst“, sagte Shankaracharya. ES – ist „der Geist des Feuers“, nicht das Feuer selbst; daher „sind die Attribute des Letzteren, Hitze oder Flamme, nicht die Merkmale des Geistes, sondern dessen, wovon dieser Geist die unbewusste Ursache ist“. Ist nicht obiger Satz der wahre Grundton der späteren Rosenkreuzer-Philosophie? Parabrahman ist, kurz gesagt, das kollektive Aggregat des Kosmos in seiner Unendlichkeit und Ewigkeit, „Jenes“ und „Dieses“, auf das teilbare Aggregate nicht angewandt werden können.31 „Am Anfang war Dieses das Selbst, eines allein“ (Aitareya Upanishad); der große Shankaracharya erklärt, dass sich „Dieses“ auf das Universum (Jagat) bezog; und „am Anfang“ bedeutete vor dem erneuten Hervorbringen des phänomenalen Universums.

[SD # 7]Wenn daher die Pantheisten die Upanishaden wiederholen und wie die Geheimlehre feststellen, dass „Dieses“ nichts erschaffen kann, so leugnen sie damit nicht einen Schöpfer, oder vielmehr ein kollektives Aggregat von Schöpfern, sondern sie weigern sich lediglich sehr logisch, einem unbegrenzten Prinzip etwas Endliches wie „Schöpfung“ und besonders deren Entstehung, zuzuschreiben. Für sie ist Parabrahman eine passive, weil absolute Ursache, das unbedingte Mukta. Nur begrenzte Allwissenheit und Allmacht werden dem Letzteren abgesprochen, weil sie noch immer (in den menschlichen Vorstellungen reflektierte) Attribute darstellen; und weil Parabrahman, als das „höchste All“, der immer unsichtbare Geist und die Seele der Natur – unveränderlich und ewig – keine Attribute besitzen kann; Absolutheit schließt ganz natürlich jegliche Vorstellung des Verbundenseins mit dem Endlichen oder Bedingten aus. Und wenn der Vedantist behauptet, dass Attribute lediglich seiner Emanation angehören, die er „Iswara plus Maya“ und Avidya (eher Agnostizismus und Nichtwissen als Unwissenheit) nennt, ist es schwer, in dieser Vorstellung irgendetwas Atheistisches zu finden.32 Da es weder zwei Unendlichkeiten noch zwei Absolutheiten in einem Universum geben kann, das als grenzenlos angenommen wird, kann man sich kaum vorstellen, dass diese Selbst-Existenz persönlich schöpferisch tätig ist. In der Wahrnehmung und der Vorstellung endlicher „Wesen“ ist Jenes Nicht-„Sein“ in dem Sinn, dass es die eine Sein-heit ist; denn in diesem Allem verborgen liegt seine gleichewige und gleichaltrige Emanation oder innewohnende Ausstrahlung, die – wenn sie sich periodisch in Brahmâ (der männlich-weiblichen Potenzialität) verwandelt – zum manifestierten Universum wird oder sich in dieses ausdehnt. Der sich auf den (abstrakten) Wassern des Raumes bewegende Narayana wird in die von ihm bewegten Wasser konkreter Substanz verwandelt und wird jetzt zum manifestierten Wort oder Logos.

[SD # 8]Jene orthodoxen Brahmanen, die sich am meisten gegen die Pantheisten und Advaitis erheben und sie als Atheisten bezeichnen, sind dazu gezwungen – wenn Manu in dieser Sache irgendeine Autorität hat – den Tod Brahmâs, des Schöpfers, nach Ablauf eines jeden „Zeitalters“ dieser (schöpferischen) Gottheit anzunehmen (nach 100 göttlichen Jahren – eine Periode, die in unseren Jahren gemessen mittels einer 15-stelligen Zahl ausgedrückt wird). Doch wird kein Philosoph unter ihnen diesen „Tod“ in irgendeinem anderen Sinne verstehen als dem zeitweiligen Verschwinden von der manifestierten Ebene der Existenz, oder als eine periodische Ruhe.

Die Okkultisten stimmen daher mit den Advaita-Vedanta-Philosophen in Bezug auf den obigen Lehrsatz überein. Sie zeigen die Unmöglichkeit, auf philosophischer Grundlage die Vorstellung zu akzeptieren, dass das absolute All das „Goldene Ei“ erschaffe oder sogar evolviere, in das es, wie es heißt, eintritt, um sich selbst in Brahmâ zu verwandeln – den Schöpfer, der sich selbst später in die Götter und das gesamte sichtbare Universum ausdehnt. Sie sagen, dass absolute Einheit nicht in Unendlichkeit übergehen könne; denn Unendlichkeit setzt die grenzenlose Ausdehnung von etwas voraus und die Dauer von diesem „Etwas“, und das eine All ist wie der Raum – der dessen einzige mentale und physische Repräsentation auf dieser Erde oder unserer Existenzebene ist – weder Objekt noch Subjekt der Wahrnehmung. Könnte man annehmen, das ewige, unendliche All, die allgegenwärtige Einheit, existiere nicht in der Ewigkeit, sondern mittels periodischer Manifestationen als ein mannigfaltiges Universum oder eine vielfältige Persönlichkeit, würde diese Einheit aufhören, eine Einheit zu sein. Lockes Idee, dass „reiner Raum weder des Widerstands noch der Bewegung fähig sei“, ist nicht korrekt. Raum ist weder eine „grenzenlose Leere“ noch eine „bedingte Fülle“, sondern beides: Auf der Ebene der absoluten Abstraktion ist er die ewig-unerkennbare Gottheit, leer nur für das endliche Gemüt33, und auf der Ebene mayavischer Wahrnehmung der angefüllte Raum, der absolute Behälter all dessen, was ist, ob manifestiert oder unmanifestiert: Er ist daher dieses absolute All. Es gibt keinen Unterschied zwischen dem „In Ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir“ des christlichen Apostels und dem „das Universum lebt in, geht hervor aus und wird zurückkehren zum Brahman (Brahmâ)“ des Hindu-Rishis: denn Brahman (Neutrum), das Unmanifestierte, ist dieses Universum in abscondito, und Brahmâ, das Manifestierte, ist der Logos, in den symbolischen orthodoxen Dogmen männlich-weiblich34 gemacht. Der Gott des Apostel-Initiierten und des Rishis sind sowohl der unsichtbare als auch der sichtbare Raum. Raum wird in der esoterischen Symbolik „das siebenhäutige ewige Mutter-Vater“ genannt. Von seiner undifferenzierten bis zu seiner differenzierten Oberfläche ist er aus sieben Schichten zusammengesetzt.

[SD # 9]Was ist jenes, welches war, ist und sein wird, ob da ein Universum ist oder nicht, ob da Götter sind oder nicht?“, fragt der esoterische Senzar-Katechismus. Und die Antwort darauf lautet – Raum.

Es ist nicht der eine unbekannte, immer gegenwärtige Gott in der Natur oder die Natur in abscondito, der zurückgewiesen wird; sondern der Gott des menschlichen Dogmas und sein vermenschlichtesWort“. In seiner unendlichen Eingebildetheit, seinem angeborenen Stolz und seiner Eitelkeit formte ihn der Mensch mit seiner frevelhaften Hand aus dem Material, das er in seinen eigenen kleinen Gehirnwindungen vorfand und zwang ihn der Menschheit als eine direkte Offenbarung des einen, ungeoffenbarten Raums35 auf. Der Okkultist akzeptiert, dass Offenbarung von göttlichen, aber immer noch endlichen Wesen herrührt, den manifestierten Leben – niemals von dem unmanifestierbaren einen Leben, sondern von solchen Wesenheiten wie dem uranfänglichen Menschen, den Dhyani-Buddhas oder Dhyani-Chohans, den „Rishi-Prajapati“ der Hindus, den Elohim oder „Söhnen Gottes“ und den Planetengeistern aller Nationen, die für den Menschen zu Göttern wurden. Adi-Shakti, die direkte Emanation Mulaprakritis, ewige Wurzel von Jenem und weiblicher Aspekt der schöpferischen Ursache, Brahmâ, in ihrer akasischen Form der Universalseele – betrachtet der Okkultist philosophisch ebenso als Maya und als Ursache der menschlichen Maya. Aber diese Auffassung hindert ihn nicht daran, an ihre Existenz, solange sie dauert, zu glauben, nämlich ein Maha-Manvantara; auch nicht daran, Akasha, die Ausstrahlung von Mulaprakriti36, auf praktische Dinge anzuwenden, da die Weltseele mit allen natürlichen Phänomenen verbunden ist – ob der Wissenschaft bekannt oder nicht.

[SD # 10]Die ältesten Religionen der Welt – exoterisch, denn die esoterische Wurzel oder Grundlage ist ein und dieselbe – sind die indische, die zoroastrische und die ägyptische. Als deren Folge kommt dann die chaldäische, die bis auf den entstellten Sabäismus, wie er gegenwärtig von den Archäologen wiedergegeben wird, der heutigen Welt gänzlich verloren gegangen ist. Überspringen wir ein paar weitere Religionen, die später erwähnt werden sollen, dann schließt sich die jüdische an, die esoterisch, wie in der Kabbala, der Linie des babylonischen Magismus folgt; und exoterisch, wie in der Genesis und dem Pentateuch, einer Sammlung allegorischer Legenden. Im Lichte des „Zohar“ gelesen, sind die vier Anfangskapitel der Genesis das Fragment einer hoch philosophischen Seite in der Weltkosmogonie (siehe Buch III, „Gupta Vidya und der Zohar“). In ihrer symbolischen Verkleidung belassen, sind sie ein Ammenmärchen, ein unangenehmer Dorn im Auge der Wissenschaft und Logik, eine offensichtliche Wirkung von Karma. Sie für das Christentum als Prolog dienen zu lassen, war eine grausame Rache von Seiten der Rabbiner, die besser wussten, was ihr Pentateuch bedeutete. Es war ein schweigender Protest gegen ihre Plünderung; und die Juden haben jetzt sicherlich ihre traditionellen Verfolger überwunden. Die oben genannten exoterischen Glaubensbekenntnisse werden im Lichte der Universallehre erklärt werden, so wie wir mit derselben vorankommen.

[SD # 11]Der okkulte Katechismus enthält folgende Fragen und Antworten:

Was ist das, das immer ist?“ „Raum, das ewige Aupapaduka.“37Was ist das, das immer war?“ „Der Keim in der Wurzel.“ „Was ist das, das immer kommt und geht?“ „Der große Atem.“ „Dann gibt es drei Ewige?“ „Nein, die drei sind eins. Das, was immer ist, ist eins; das, was immer war, ist eins; das, was immer seiend und werdend ist, ist auch eins: Und dieses ist Raum.“

„Erkläre, oh Lanu (Schüler).“ – „Das Eine ist ein geschlossener Kreis (Ring) ohne Umfang, denn es ist nirgends und überall; das Eine ist die grenzenlose Ebene des Kreises, der nur während der manvantarischen Perioden einen Durchmesser manifestiert; das Eine ist der unteilbare Punkt, der während jener Perioden nirgends gefunden und überall wahrgenommen wird; es ist die Vertikale und die Horizontale, der Vater und die Mutter, der Gipfel und die Basis des Vaters, die beiden Gliedmaßen der Mutter, die in Wirklichkeit nirgendwo hinreichen, denn das Eine ist sowohl der Ring als auch die Ringe, die innerhalb dieses Ringes sind. Licht in der Dunkelheit und Dunkelheit im Licht: der ‘Atem, welcher ewig ist’. Es verfährt von außen nach innen, wenn es überall ist, und von innen nach außen, wenn es nirgends ist (d. h. Maya38, eines der Zentren39). Es dehnt sich aus und zieht sich zusammen (Ausatmen und Einatmen). Wenn es sich ausdehnt, verbreitet und zerstreut sich die Mutter; wenn es sich zusammenzieht, zieht sich die Mutter zurück und sammelt sich ein. Dies verursacht die Perioden der Evolution und Auflösung, Manvantara und Pralaya. Der Keim ist unsichtbar und feurig; die Wurzel (die Ebene des Kreises) ist kühl; aber während der Evolution und des Manvantaras ist ihr Gewand kalt und strahlend. Heißer Atem ist der Vater, der die Nachkommenschaft des vielgesichtigen (heterogenen) Elements verschlingt und die Eingesichtigen (Homogenen) belässt. Kühler Atem ist die Mutter, die empfängt, formt, hervorbringt und sie wieder in ihrem Schoß aufnimmt, um sie mit der Dämmerung (des Tages von Brahmâ oder Manvantaras) neu zu formen. . . . .“

[SD # 12]Für ein besseres Verständnis seitens des gewöhnlichen Lesers muss erklärt werden, dass die okkulte Wissenschaft sieben kosmische Elemente kennt – vier vollständig physisch und das fünfte (Ether) halbmateriell, welches gegen Ende unserer vierten Runde in der Luft sichtbar werden und in der gesamten fünften Runde als höchstes über die anderen herrschen wird. Die beiden anderen befinden sich bis jetzt vollständig außerhalb des Bereichs menschlicher Wahrnehmung. Diese Letzteren werden sich jedoch während der 6. und 7. Rasse dieser Runde darstellen und während der 6. beziehungsweise 7. Runde bekannt werden.40 Diese sieben Elemente mit ihren zahllosen Unterelementen (viel zahlreicher als die der Wissenschaft bekannten) sind lediglich bedingte Modifikationen und Aspekte des einen und einzigen Elements. Dieses Letztere ist nicht Ether,41 nicht einmal Akasha, sondern die Quelle von diesen. Das fünfte, jetzt von der Wissenschaft ziemlich offen vertretene Element ist nicht der von Sir Isaac Newton hypothetisch aufgestellte Ether – obwohl er ihm diesen Namen gibt, wahrscheinlich in einer Ideenassoziation mit dem Äther, dem „Vater-Mutter“ des Altertums. Wie Newton intuitiv sagt: „Die Natur arbeitet in einem beständigen Kreislauf. Sie erzeugt Flüssigkeiten aus Festkörpern, feste Dinge aus flüchtigen und flüchtige aus festen, feine aus groben und grobe aus feinen. . . . . Deshalb könnten vielleicht alle Dinge aus Ether entstanden sein“ („Hypoth“, 1675).

[SD # 13]Der Leser hat sich vor Augen zu halten, dass die gegebenen Stanzen lediglich die Kosmogonie unseres eigenen Planetensystems behandeln und dessen, was rund um dasselbe sichtbar ist – nach einem solaren Pralaya. Die geheimen Lehren in Bezug auf die Evolution des universalen Kosmos können nicht gegeben werden, da nicht einmal die größten Denker dieses Zeitalters sie verstehen könnten; und selbst unter den Größten der Initiierten scheint es lediglich sehr Wenigen erlaubt zu sein, über diesen Gegenstand zu spekulieren. Überdies sagen die Lehrer offen, dass nicht einmal die höchsten Dhyan Chohans jemals die Geheimnisse jenseits dieser Grenzen durchdrungen haben, die die Milliarden von Sonnensystemen von der „Zentralsonne“ – wie sie genannt wird – trennen. Daher bezieht sich das, was herausgegeben wird, nur auf unseren nach einer „Nacht Brahmâs“ sichtbaren Kosmos.

Es ist unerlässlich, dass der Leser mit den wenigen fundamentalen Vorstellungen vertraut gemacht wird, welche dem gesamten Gedankensystem, zu dessen Beachtung er eingeladen ist, zugrunde liegen und es durchdringen, bevor er mit der Betrachtung der die Basis des vorliegenden Werkes bildenden Stanzen des Buchs Dzyan fortfährt. Es handelt sich nur um eine kleine Anzahl grundlegender Vorstellungen, doch das Verständnis alles Folgenden hängt davon ab, dass sie klar erfasst werden; aus diesem Grund muss die an den Leser gerichtete Bitte, sich zunächst selbst mit ihnen vertraut zu machen, bevor er das eigentliche Werk eingehend prüft, nicht entschuldigt werden.

[SD # 14]Die Geheimlehre stellt drei fundamentale Lehrsätze auf:

(a) Ein allgegenwärtiges, ewiges, grenzenloses und unveränderliches Prinzip, das über jegliche Spekulation erhaben ist, da es die Kraft menschlicher Vorstellung übersteigt und durch jegliche menschliche Ausdrucksweise oder jeden beliebigen menschlichen Vergleich nur verringert werden könnte. Es ist jenseits des Bereichs und der Reichweite des Gedankens – mit den Worten des Mandukya „undenkbar und unaussprechlich“.

Um dem gewöhnlichen Leser diese Ideen klarer zu machen, kann er von dem Postulat ausgehen, dass eine, allem manifestierten, bedingten Sein vorangehende absolute Wirklichkeit existiert. Diese unendliche und ewige Ursache – in der gegenwärtigen europäischen Philosophie andeutungsweise als das „Unbewusste“ und „Unerkennbare“ formuliert – ist die Wurzellose Wurzel von „allem, was war, ist und jemals sein wird“. Sie besitzt natürlich keinerlei Eigenschaften und ist in ihrem Wesen ohne jegliche Beziehung zum manifestierten, endlichen Sein. Sie ist „Sein-heit“ vielmehr als Sein (Sat in Sanskrit) und steht über allem Denken und Spekulieren.

Diese „Sein-heit“ wird in der Geheimlehre unter zwei Aspekten symbolisiert. Auf der einen Seite als absoluter, abstrakter Raum, reine Subjektivität darstellend – die eine Sache, welche das menschliche Gemüt weder aus irgendeiner beliebigen Vorstellung ausschließen noch sich selbst ausdenken kann. Auf der anderen Seite als absolute abstrakte Bewegung, unbedingtes Bewusstsein darstellend. Selbst unsere westlichen Denker haben gezeigt, dass Bewusstsein für uns ohne Veränderung nicht vorstellbar ist, und dass Bewegung am besten mit der Veränderung – ihrem wesentlichen Merkmal – symbolisiert wird. Dieser letztere Aspekt der einen Realität wird auch durch den Ausdruck „der Große Atem“ symbolisiert, ein ausreichend anschauliches Symbol, das keiner weiteren Erläuterung bedarf. So ist denn das erste Axiom der Geheimlehre dieses metaphysische Eine Absolute – Sein-heit –, von endlicher Intelligenz als die theologische Dreieinigkeit symbolisiert.

Es mag für den Schüler dennoch hilfreich sein, wenn hier einige weitere Erklärungen gegeben werden.

Herbert Spencer hat in letzter Zeit seinen Agnostizismus insofern modifiziert als dass er behauptet, dass die Natur der „ersten Ursache“,42 welche der Okkultist mit größerer Logik von der „ursachlosen Ursache“, dem „Ewigen“ und dem „Unerkennbaren“ ableitet, essenziell der Natur des in uns aufsteigenden Bewusstseins entsprechen könnte: kurz, dass die den Kosmos durchdringende unpersönliche Wirklichkeit das Noumenon des Gedankens ist. Dieser Fortschritt seinerseits bringt ihn sehr nahe heran an die esoterische und vedantische Lehre.43

[SD # 15]Parabrahman (die eine Wirklichkeit, das Absolute) ist das Feld absoluten Bewusstseins, jene Essenz also, die außerhalb jeglicher Beziehung zu bedingter Existenz steht und deren bedingtes Symbol die bewusste Existenz ist. Aber sobald wir in Gedanken von dieser (für uns) absoluten Negation fortschreiten, kommt durch den Kontrast von Geist (oder Bewusstsein) und Materie, von Subjekt und Objekt, die Dualität hinzu.

Geist (oder Bewusstsein) und Materie sind jedoch nicht als unabhängige Wirklichkeiten zu betrachten, sondern als die zwei Facetten oder Aspekte des Absoluten (Parabrahman), welche die Grundlage des bedingten Seins bilden, ob subjektiv oder objektiv.

Wenn wir diese metaphysische Triade als die Wurzel betrachten, aus welcher alle Manifestation entspringt, so nimmt der Große Atem den Charakter präkosmischer Ideenbildung an. Er ist der fons et origo der Kraft und allen individuellen Bewusstseins, und sein Beitrag zum gewaltigen Vorhaben der kosmischen Evolution ist die leitende Intelligenz. Andererseits ist präkosmische Wurzelsubstanz (Mulaprakriti) der Aspekt des Absoluten, welcher allen objektiven Ebenen der Natur zugrunde liegt.

Gerade so wie die präkosmische Ideenbildung die Wurzel allen individuellen Bewusstseins ist, stellt die präkosmische Substanz die Grundlage der Materie in den verschiedenen Graden ihrer Differenzierung dar.

Daher ist es offensichtlich, dass der Gegensatz dieser zwei Aspekte des Absoluten für die Existenz des „manifestierten Universums“ essenziell ist. Von der kosmischen Substanz getrennt könnte sich die kosmische Ideenbildung nicht als individuelles Bewusstsein manifestieren, da sich dieses Bewusstsein lediglich mittels eines materiellen Vehikels44 als „Ich bin ich“ manifestieren kann. Eine physische Basis ist notwendig, um einen Strahl des Universalgemüts in einem bestimmten Komplexitätsstadium zu konzentrieren. Nochmals: Von der kosmischen Ideenbildung getrennte kosmische Substanz müsste eine leere Abstraktion bleiben, und das Bewusstsein könnte nicht erscheinen.

Das „manifestierte Universum“ ist daher von Dualität durchdrungen, die sozusagen die wahre Essenz seiner ex-istenz als „Manifestation“ ist. Aber gerade so wie die einander gegenüberstehenden Pole Subjekt und Objekt, Geist und Materie, nichts anderes als Aspekte der einen Einheit darstellen, in welcher sie zur Synthese gebracht sind, ist es im manifestierten Universum „Jenes“, das Geist mit Materie, Subjekt mit Objekt, verbindet.

[SD # 16]Dieses Etwas, der westlichen Spekulation gegenwärtig unbekannt, wird von den Okkultisten Fohat genannt. Es ist die „Brücke“, mittels derer die im „Göttlichen Gedanken“ existierenden „Ideen“ der kosmischen Substanz als die „Naturgesetze“ eingeprägt werden. Fohat ist somit die dynamische Energie der kosmischen Ideenbildung; oder, von der anderen Seite aus betrachtet, ist es das intelligente Medium, die leitende Kraft aller Manifestation, der durch die Dhyan Chohans45 – die Architekten der sichtbaren Welt – übertragene und manifestierte „Göttliche Gedanke“. So entspringt unser Bewusstsein dem Geist oder der kosmischen Ideenbildung; aus der kosmischen Substanz entstehen die verschiedenen Vehikel, in welchen dieses Bewusstsein individualisiert wird und Selbst- oder reflexives Bewusstsein erlangt; und Fohat ist in seinen verschiedenen Manifestationen das geheimnisvolle Band zwischen Gedanke und Materie, das alle Atome zum Leben elektrisierende, beseelende Prinzip.

Die folgende Zusammenfassung wird dem Leser eine klarere Vorstellung erlauben.

(1) Das Absolute; das Parabrahman der Vedantisten oder die eine Wirklichkeit, Sat, die – wie Hegel sagt – zugleich absolutes Sein und Nichtsein ist.

(2) Die erste Manifestation, der unpersönliche und in der Philosophie unmanifestierte Logos, der Vorläufer des „manifestierten“. Dieser ist die „erste Ursache“, das „Unbewusste“ der europäischen Pantheisten.

(3) Geist-Materie, Leben; der „Geist des Universums“, der Purusha und die Prakriti oder der zweite Logos.

(4) Kosmische Ideenbildung, Mahat oder Intelligenz, die universale Weltseele, das kosmische Noumenon der Materie, die Grundlage der intelligenten Wirkungen in und seitens der Natur, auch Maha-Buddhi genannt.

Die eine Wirklichkeit; ihre dualen Aspekte in dem bedingten Universum.

Ferner behauptet die Geheimlehre:

(b) Die Ewigkeit des Universums in toto als eine grenzenlose Ebene, welche periodisch „die Bühne von zahllosen, sich unaufhörlich manifestierenden und wieder verschwindenden Universen“ ist, die „manifestierten Sterne“ und die „Funken der Ewigkeit“ genannt. „Die Ewigkeit des Pilgers“46 ist wie ein Augenzwinkern der Selbst-Existenz (Buch Dzyan). „Das Erscheinen und Verschwinden von Welten gleicht den regelmäßigen Gezeiten von Ebbe und Flut.“ (Siehe Teil II, „Tage und Nächte Brahmâs“)

[SD # 17]Diese zweite Behauptung der Geheimlehre ist die absolute Universalität des Gesetzes der Periodizität, Fluss und Rückfluss, Ebbe und Flut, von der Naturwissenschaft auf allen Gebieten der Natur beobachtet und registriert. Wechselfolgen wie Tag und Nacht, Leben und Tod, Schlafen und Wachen, stellen eine so allgemeine, so vollkommen universale und ausnahmslose Tatsache dar, dass es leicht nachvollziehbar ist, warum wir in diesem Gesetz eines der absolut fundamentalen Gesetze des Universums erkennen.

Außerdem lehrt die Geheimlehre:

(c) Die fundamentale Identität aller Seelen mit der universalen Oberseele, welche wiederum selbst ein Aspekt der unbekannten Wurzel ist; und die für alle Seelen – jede ein Funke der Letzteren – zwingend erforderliche Pilgerschaft durch den Inkarnationszyklus (oder „Notwendigkeit“) in Übereinstimmung mit dem zyklischen und karmischen Gesetz während der gesamten Zeit. Mit anderen Worten kann keine rein spirituelle Buddhi (Göttliche Seele) eine unabhängige (bewusste) Existenz besitzen, bevor der aus der reinen Essenz des universalen sechsten Prinzips – oder der Oberseele – entsprungene Funke (a) alle elementalen Formen der phänomenalen Welt jenes Manvantaras durchlaufen und (b) Individualität erlangt hat – zuerst durch natürlichen Antrieb und dann durch selbstbewirkte und selbsterdachte Anstrengungen (dabei von seinem Karma geprüft) und so durch sämtliche Intelligenzgrade vom niedersten bis zum höchsten Manas, von Mineral und Pflanze bis zum heiligsten Erzengel (Dhyani-Buddha) emporgestiegen ist. Die zentrale Lehre der Esoterischen Philosophie gesteht dem Menschen keinerlei Privilegien oder besondere Gaben zu, mit Ausnahme jener, die er mittels seines eigenen Egos durch persönliche Anstrengung und Verdienst während einer langen Reihe von Metempsychosen und Reinkarnationen gewonnen hat. Aus diesem Grunde sagen die Hindus, dass das Universum Brahman und Brahmâ ist, denn Brahman ist in jedem Atom des Universums. Sämtliche sechs Prinzipien in der Natur sind das Ergebnis – die unterschiedlich differenzierten Aspekte – des siebten und einen, der einzigen Wirklichkeit im Universum, ob kosmisch oder mikrokosmisch; auf der Ebene der Manifestation und Form werden deshalb auch die Veränderungen (psychisch, spirituell und physisch) des sechsten Prinzips (Brahmâs, des Vehikels von Brahman) in metaphysischer Antiphrase als illusorisch und mayavisch betrachtet. Denn obwohl die Wurzel eines jeden Atoms individuell und von jeder Form kollektiv dieses siebte Prinzip oder die eine Realität ist, so ist dies doch in seiner manifestierten phänomenalen und vorübergehenden Erscheinung nichts Besseres als eine flüchtige Illusion unserer Sinne (eine klarere Definition findet sich im Anhang „Götter, Monaden und Atome“ und auch in „Theophania“, „Bodhisattvas und Reinkarnation“ etc. etc.).

[SD # 18]In seiner Absolutheit ist das Eine Prinzip in seinen beiden Aspekten (als Parabrahman und Mulaprakriti) geschlechtslos, unbedingt und ewig. Ferner ist seine periodische (manvantarische) Emanation – oder ursprüngliche Ausstrahlung – eins, androgyn und phänomenal endlich. Wenn die Aus­strahlung ihrerseits strahlt, so sind alle ihre Ausstrahlungen ebenfalls androgyn, um in ihren niederen Aspekten zu männlichen und weiblichen Prinzipien zu werden. Nach dem Pralaya – sei es ein größeres oder kleineres (das Letztere belässt die Welten im Satus quo,47 ist es das plastische Akasha, Vater-Mutter, der Geist und die Seele des Ethers oder die Ebene auf der Oberfläche des Kreises, was als Erstes wieder zum aktiven Leben erwacht. Raum wird vor seiner kosmischen Aktivität die „Mutter“ und auf der ersten Stufe des Wiedererwachens Vater-Mutter genannt (siehe Kommentare zur zweiten Stanze). In der Kabbala ist er auch Vater-Mutter-Sohn. Während diese in der östlichen Lehre das siebte Prinzip des manifestierten Universums darstellen oder sein „Atman-Buddhi-Manas“ (Geist, Seele, Intelligenz) – die sich verzweigende und in die sieben kosmischen und sieben menschlichen Prinzipien teilende Triade –, stehen sie in der westlichen Kabbala der christlichen Mystiker für die Triade oder Dreieinigkeit und bei ihren Okkultisten für den männlich-weiblichen Jehovah, Ja-Havah. Darin liegt der ganze Unterschied zwischen der esoterischen und der christlichen Dreieinigkeit. Die Mystiker und die Philosophen, die östlichen und westlichen Pantheisten, synthetisieren ihre prägenetische Dreiheit in der rein göttlichen Abstraktion. Die Orthodoxen vermenschlichen sie. Hiranyagarbha, Hari und Shankara – die drei Hypostasen des sich manifestierenden „Geistes des höchsten Geistes“ (mit diesem Titel begrüßt Prithivi – die Erde – Vishnu in Gestalt seines ersten Avataras) – sind die rein metaphysischen, abstrakten Qualitäten der Erschaffung, Erhaltung und Zerstörung. Sie sind auch die drei göttlichen Avasthas (lit. Hypostasen) dessen, was „mit den erschaffenen Dingen nicht vergeht“ (oder Achyuta, ein Name Vishnus); während der orthodoxe Christ seine persönliche, schöpferische Gottheit in die drei Personen der Dreieinigkeit trennt und keine höhere Gottheit zulässt. Die Letztere ist im Okkultismus das abstrakte Dreieck; bei den Orthodoxen der vollkommene Würfel. Der schöpferische Gott oder die Gesamtheit der Götter werden von östlichen Philosophen als Bhrantidarsanatah betrachtet – „falsches Verständnis“, etwas, was man sich „infolge trügerischer Erscheinungen als eine materielle Form vorstellt“, und es wird so erklärt, dass es in der illusorischen Vorstellung der selbstgefälligen, persönlichen und menschlichen Seele (niederes fünftes Prinzip) entsteht. Das wird in einer neuen Übersetzung des Vishnu-Purana“ wunderschön ausgedrückt. „Jener Brahmâ besitzt in seiner Gesamtheit essenziell den Aspekt der Prakriti, sowohl evolviert als auch nicht evolviert (Mulaprakriti), und auch den Aspekt des Geistes und den der Zeit. Geist, oh Zweimalgeborener, ist der leitende Aspekt des höchsten Brahman.48 Der nächste Aspekt ist zweifältig – Prakriti, sowohl evolviert als auch nicht evolviert – und ist die Dauer.“ Kronos wird in der orphischen Theogonie auch als ein erschaffener Gott oder Agent dargestellt.

[SD # 19]Der heilige Symbolismus stellt das Universum auf dieser Stufe des Wiedererwachens als einen vollkommenen Kreis mit dem (Wurzel-) Punkt in der Mitte dar. Dieses Zeichen war universal, daher finden wir es auch in der Kabbala. Die westliche Kabbala jedoch – jetzt in den Händen christlicher Mystiker – ignoriert es vollständig, obwohl es im „Zohar“ klar gezeigt wird. Diese Sektierer fangen von hinten an, zeigen das Zeichen als das Symbol des prägenetischen Kosmos und nennen es „die Vereinigung von Rose und Kreuz“, das große Geheimnis der okkulten Erschaffung, daher der Name – Rosenkreuzer !

Wie jedoch anhand eines der wichtigsten und wohlbekanntesten Rosenkreuzersymbole beurteilt werden kann, existiert ein Symbol, das bis jetzt nicht einmal von den modernen Mystikern verstanden wurde. Es ist das des „Pelikans“, der seine Brust aufreißt, um seine sieben Jungen zu nähren – der wahre Glaube der Brüder vom Rosenkreuz und direkt aus der östlichen Geheimlehre entstanden. Brahman (Neutrum) wird Kalahansa genannt, was laut den westlichen Orientalisten den ewigen Schwan oder die Gans symbolisiert (siehe dritte Stanze, Kommentar 8); und so nennt man auch Brahmâ, den Schöpfer. Ein großer Irrtum macht sich da bemerkbar; es ist Brahman (Neutrum), auf das als Hansa-Vahana (Er, der den Schwan als sein Vehikel benützt) Bezug genommen werden sollte, und nicht Brahmâ, der Schöpfer, welcher der wirkliche Kalahansa ist, während Brahman (Neutrum) Hamsa und „A-hamsa“ ist, wie im Kommentar erklärt werden wird. Es sollte verstanden werden, dass die Begriffe Brahmâ und Parabrahman hier nicht deshalb verwendet werden, weil sie unserer esoterischen Nomenklatur angehören, sondern lediglich deshalb, weil sie den westlichen Schülern vertrauter sind. Beide sind die perfekten Äquivalente für unsere ein-, drei- und sieben-vokalischen Bezeichnungen, die für das Eine Alles und das Eine „Alles in allem“ stehen.

[SD # 20]Das sind die Grundvorstellungen, auf welchen die Geheimlehre beruht.

Es wäre hier fehl am Platz, in irgendeine Verteidigung oder Beweisführung ihrer innewohnenden Plausibilität einzutreten; auch kann ich mich nicht damit aufhalten zu zeigen, wie sie – obwohl allzu oft in irreführendem Gewand – tatsächlich in jedem Denk- oder Philosophiesystem enthalten sind, das den Namen verdient.

Sobald der Leser ein klares Verständnis von ihnen gewonnen und das Licht erkannt hat, das sie auf jedes Problem des Lebens werfen, werden sie in seinen Augen keiner weiteren Rechtfertigung bedürfen, weil ihre Wahrheit ihm so offensichtlich sein wird wie die Sonne am Himmel. Ich gehe daher zum Inhalt der in diesem Band gegebenen Stanzen über und füge einen skizzenhaften Überblick derselben hinzu – in der Hoffnung, dem Schüler die Aufgabe dadurch zu erleichtern, dass ich ihm in wenigen Worten die in den Stanzen enthaltene allgemeine Idee umreiße.

Stanze I. Die in den Stanzen aufgezeichnete Geschichte der kosmischen Evolution ist sozusagen die abstrakte algebraische Formel dieser Evolution. Folglich darf der Schüler nicht erwarten, hier eine Aufzählung aller Entwicklungsstufen und Wandlungen zu finden, die zwischen den ersten Anfängen der „universalen“ Evolution und unserem gegenwärtigen Zustand liegen. Eine solche Aufzählung zu geben wäre ebenso unmöglich wie unverständlich für die Menschen, die nicht einmal die Natur der Existenzebene erfassen können, die sich direkt neben jener Ebene befindet, auf welche ihr Bewusstsein im Augenblick begrenzt ist.

Die Stanzen geben daher eine abstrakte Formel, die mutatis mutandis auf jegliche Evolution anwendbar ist: auf die unserer winzigen Erde, auf die der Planetenketten, von welchen die Erde eine darstellt, bis zum solaren Universum, zu welchem diese Kette gehört, und so weiter in aufsteigender Reihe, bis der Verstand taumelt und vor Anstrengung erschöpft ist.

[SD # 21]Die sieben in diesem Band vorgelegten Stanzen repräsentieren die sieben Glieder dieser abstrakten Formel. Sie beziehen sich auf und beschreiben die sieben großen Abschnitte des Evolutionsprozesses, in den Puranas als die „sieben Schöpfungen“ bezeichnet und in der Bibel als die „Tage“ der Schöpfung.

Die erste Stanze beschreibt den Zustand des einen Alls während des Pralayas, vor dem ersten Aufflackern der wiedererwachenden Manifestation.

Ein kurzes Nachdenken macht klar, dass ein solcher Zustand nur symbolisiert werden kann; ihn zu beschreiben ist unmöglich. Er kann auch nur mithilfe von Negativbegriffen symbolisiert werden, denn da er der Zustand der Absolutheit per se ist, kann er keines jener bestimmten Attribute besitzen, mit deren Hilfe wir Gegenstände mit Positivbegriffen beschreiben. Folglich kann dieser Zustand nur durch die Negativbegriffe aller jener höchst abstrakten Merkmale angedeutet werden, welche die Menschen, eher fühlend als begreifend, an den entferntesten Grenzen ihrer Vorstellungskraft erreichen können.

Das in Stanze II beschriebene Stadium ist für den westlichen Verstand nahezu identisch mit dem in der ersten erwähnten, sodass es eine Abhandlung für sich erfordern würde, eine Vorstellung über den Unterschied zu vermitteln. Daher muss es der Intuition und den höheren Fähigkeiten des Lesers überlassen bleiben, die Bedeutung der verwendeten allegorischen Ausdrücke zu erfassen, so weit es ihm möglich ist. Es muss in der Tat daran erinnert werden, dass alle diese Stanzen vielmehr an die inneren Fähigkeiten appellieren als an das gewöhnliche Verständnis des physischen Gehirns.

Stanze III beschreibt, wie das Universum nach dem Pralaya wieder zum Leben erwacht. Sie vermittelt ein Bild vom Auftauchen der „Monaden“ aus ihrem Zustand der Absorption in dem Einen; das früheste und höchste Stadium in der Entstehung der „Welten“, wobei der Ausdruck Monade gleichermaßen auf das ausgedehnteste Sonnensystem wie auch auf das winzigste Atom angewendet werden kann.

Stanze IV beschreibt die Differenzierung des „Keims“ des Universums in die siebenfache Hierarchie bewusster göttlicher Kräfte, welche die aktiven Manifestationen der einen, höchsten Energie sind. Sie sind die Planer, die Gestalter und schließlich die Schöpfer des gesamten manifestierten Universums, aber ausschließlich in dem Sinn, in welchem der Name „Schöpfer“ verständlich ist; sie prägen und lenken es. Sie sind die intelligenten Wesen, welche die Evolution regulieren und überwachen, indem sie in sich jene Manifestationen des Einen Gesetzes verkörpern, das wir als „die Naturgesetze“ kennen.

[SD # 22]Allgemein sind sie als die Dhyan Chohans bekannt, obwohl jede der unterschiedlichen Gruppen in der Geheimlehre ihre eigene Bezeichnung hat.

Die Hindu-Mythologie bezeichnet dieses Evolutionsstadium als die „Erschaffung“ der Götter.

In Stanze V wird der Vorgang der Weltenbildung beschrieben: erstens diffuse kosmische Materie, dann der feurige „Wirbelwind“, das erste Stadium der Entstehung eines Nebels. Dieser Nebel verdichtet sich und bildet, nachdem er verschiedene Umformungen durchlaufen hat, ein Sonnenuniversum, eine Planetenkette oder einen einzelnen Planeten, wie es der Fall sein mag.

Die darauffolgenden Stadien in der Bildung einer „Welt“ werden in Stanze VI aufgezeigt, welche die Evolution einer solchen Welt bis zu ihrer vierten großen Periode abwärts behandelt, was unserer gegenwärtigen Periode entspricht.

Stanze VII setzt die Geschichte fort, indem sie das Herabsteigen des Lebens bis zum Erscheinen des Menschen beschreibt; und damit schließt der erste Band der Geheimlehre.

Die Entwicklung des „Menschen“ von seinem ersten Erscheinen auf dieser Erde in dieser Runde bis zu unserem gegenwärtigen Status wird das Thema des zweiten Bandes bilden.

ANMERKUNG

Die Stanzen, welche die These einer jeden Abteilung bilden, werden durchweg in ihrer modernen, übersetzten Version gegeben, denn es wäre mehr als nutzlos, den Gegenstand durch Einführung der archaischen Ausdrucksweise des Originals mit ihrem verwirrenden Stil und Worten noch weiter zu erschweren. Auszüge aus den chinesischen, tibetanischen und Sanskritübersetzungen der ursprünglichen Senzar-Kommentare und Erläuterungen zum Buch Dzyan werden gegeben – sie werden jetzt zum ersten Mal in einer europäischen Sprache wiedergegeben. Es ist nahezu unnötig anzumerken, dass hier nur Teile der sieben Stanzen gegeben sind. Ihre vollständige Veröffentlichung würde für alle unverständlich bleiben, von den wenigen höheren Okkultisten abgesehen. Es ist auch nicht nötig dem Leser zu versichern, dass die Schreiberin, oder vielmehr die bescheidene Aufzeichnerin, diese nicht erlaubten Passagen nicht besser versteht als die meisten Profanen. Um die Lektüre zu erleichtern und allzu häufige Verweise auf Fußnoten zu vermeiden, hielt man es für das Beste, Texte und Anmerkungen zusammenzufügen und die passenden Bezeichnungen aus dem Sanskrit und dem Tibetanischen der Urfassung vorzuziehen, wann immer sie nicht vermeidbar sind. Das gilt umso mehr, als diese Bezeichnungen anerkannte Synonyme darstellen und die Erstgenannten ausschließlich zwischen einem Meister und seinen Chelas (oder Schülern) verwendet werden.

[SD # 23]Wollte man den ersten Vers ins Englische übertragen und dabei einer der ausschließlich Substantive und technische Ausdrücke enthaltenden tibetanischen oder Senzar-Versionen folgen, würde sich das etwa wie folgt lesen: „Tho-ag in Zhi-gyu schlief sieben Khorlo. Zodmanas zhiba. Alles Nyug Schoß. Konch-Hog nicht; Thyan-Kam nicht; Lha-Chohan nicht; Tenbrel Chugnyi nicht; Dharmakaya aufgehört; Tgenchang nicht geworden; Barnang und Ssa in Ngovonyidj; allein Tho-og Yinsin in Nacht von Sun-Chan und Yong-Grüb (Paranishpanna) etc. etc.“ und wie reines Abrakadabra klingen.

Da dieses Buch zur Instruktion der Schüler des Okkultismus und nicht für die Zwecke der Philologen geschrieben wurde, können wir derartig fremde Begriffe wohl vermeiden, wo immer es möglich ist. Nur die unübersetzbaren Ausdrücke wurden belassen, deren Bedeutungen ohne Erklärung unverständlich bliebe. Sie alle sind in ihrer Sanskritform wiedergegeben. Unnötig ist es den Leser daran zu erinnern, dass diese Begriffe fast in jedem Fall neue Entwicklungen der späteren Sprache sind und der fünften Wurzelrasse angehören. Das heute bekannte Sanskrit wurde von den Atlantiern nicht gesprochen, und die meisten philosophischen Ausdrücke, wie sie in den Systemen Indiens in der postmahabharatischen Periode verwendet wurden, finden sich nicht in den Veden, noch begegnet man ihnen in den Originalstanzen, sondern lediglich in ihren Äquivalenten. Der Leser, der kein Theosoph ist, wird nochmals dazu eingeladen, alles Folgende, so es ihm gefällt, als Märchen zu betrachten; im besten Fall als eine der noch unerwiesenen Spekulationen von Träumern; und schlimmstenfalls als eine zu den vielen wissenschaftlichen Hypothesen der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft neu hinzugekommene Hypothese, von denen einige bereits verworfen wurden und andere noch fortbestehen. Sie ist in keiner Hinsicht schlechter als so viele der sogenannten wissenschaftlichen Theorien, und sie ist auf jeden Fall philosophischer und glaubhafter.

[SD # 24]Angesichts der reichlichen Kommentare und Erklärungen sind die Fußnoten auf die gewöhnliche Art eingebunden, während die zu kommentierenden Sätze mit Zeichen bezeichnet sind. Weiteres Material kann in den Kapiteln über Symbolik, in Teil II und auch in Teil III gefunden werden, die oft mehr Informationen enthalten als der Text.

Fußnoten

26 Es ist kaum nötig, den Leser nochmals daran zu erinnern, dass der Ausdruck „Göttlicher Gedanke“ ebenso wenig wie der Ausdruck „Universalgemüt“ auch nur andeutungsweise einem intellektuellen Vorgang des Menschen vergleichbar ist. Das „Unbewusste“ erlangte den gewaltigen Schöpfungs- oder vielmehr Evolutionsplan nach von Hartmann „durch hellsehende Weisheit, höher als alles Bewusstsein“, was in der Sprache der Vedanta Absolute Weisheit bedeuten würde. Nur jene, die erkennen, wie hoch die Intuition sich über die trägen Prozesse des vernunftmäßigen Denkens emporschwingt, können sich eine sehr vage Vorstellung von dieser absoluten Weisheit machen, welche die Vorstellungen von Zeit und Raum überschreitet. Das Gemüt, wie wir es kennen, lässt sich in Bewusstseinszustände von variierender Dauer, Intensität, Komplexität etc. aufteilen – die alle letztlich auf Empfindungen beruhen, welche selbst wiederum Maya sind. Empfindung wiederum setzt notwendigerweise Begrenzung voraus. Der persönliche Gott des orthodoxen Theismus nimmt wahr, denkt und wird durch Emotionen berührt; er bereut und fühlt „grimmigen Zorn“. Die Vorstellung solch seelischer Zustände involviert jedoch die undenkbare Voraussetzung der Externalität der erregenden Reize, ganz zu schweigen von der Unmöglichkeit, einem Wesen Unveränderlichkeit zuzuschreiben, dessen Emotionen mit den Ereignissen in den von ihm geleiteten Welten schwanken. Die Vorstellungen von einem persönlichen Gott als unveränderlich und unbegrenzt sind also unpsychologisch und, was schlimmer ist, unphilosophisch.

27 Platon erweist sich als Initiierter, wenn er im Kratylos behauptet, dass θεὸς von dem Verb θέειν, „sich bewegen“, „laufen“, abgeleitet ist, so wie die ersten Astronomen, welche die Bewegungen der Himmelskörper beobachteten, die Planeten θεοί nannten, die Götter (siehe Band II, „Symbolik des Kreuzes und des Kreises“). Später brachte das Wort einen anderen Begriff hervor: ἀλήθεια – „der Atem Gottes“.

28 Nominalisten, die mit Berkeley behaupten, dass „es unmöglich sei . . . die abstrakte Idee einer Bewegung unabhängig von einem sich bewegenden Körper zu entwickeln“ („Prin. of Human Knowledge“, Einleitung, Par. 10), mögen die Frage aufwerfen: „Was ist der Körper, der Erzeuger dieser Bewegung? Ist er eine Substanz? Dann glaubt ihr an einen persönlichen Gott?“ etc. etc. Dies wird später im Anhang zu diesem Band beantwortet werden. Unterdessen beanspruchen wir unsere Rechte als Konzeptualisten entgegen Roscelinis materialistischen Ansichten von Realismus und Nominalismus. „Hat die Wissenschaft“, sagt einer ihrer fähigsten Befürworter, Edward Clodd, „irgendetwas aufgedeckt, was die alten Worte entkräftet oder widerlegt, in denen die Essenz aller Religionen der Vergangenheit, Gegenwart und der noch kommenden gegeben wird: Handle recht, liebe das Mitleid, wandle in Demut vor deinem Gott?“ Wir stimmen dem zu unter der Voraussetzung, dass wir mit dem Wort Gott nicht den rohen Anthropomorphismus meinen, der noch immer das Rückgrat unserer landläufigen Theologie darstellt, sondern die symbolische Vorstellung von dem, was Leben und Bewegung des Universums bedeuten, was zu kennen in physischer Hinsicht die Kenntnis von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in der Existenz der Aufeinanderfolge von Phänomenen bedeutet, was zu kennen in moralischer Hinsicht das Wissen bedeutet, was innerhalb des menschlichen Bewusstsein gewesen ist, was ist und was sein wird. (Siehe „Science and the Emotions“ – ein in der South Place Chapel in Finsbury, London, am 27. Dezember 1885 gehaltener Vortrag.)

29 Siehe das anregende Werk „The Source of Measures“, in dem der Autor die wahre Bedeutung des Wortes „Sacr’“ erklärt, von dem „sacred“ [heilig] und „Sakrament“ [Heilszeichen] abgeleitet sind, die jetzt Synonyme von „Heiligkeit“ geworden sind, obwohl rein phallisch!

30 Westliche Mathematiker und einige amerikanische Kabbalisten sagen uns, dass in der Kabbala auch „der Wert von Jehovahs Namen dem des Kreisdurchmessers entspricht.“ Fügt man die Tatsache hinzu, dass Jehovah der Dritte der Sephiroth ist, Binah, ein weibliches Wort, hat man den Schlüssel zu dem Geheimnis. Durch gewisse kabbalistische Transformationen wird dieser Name, der in den ersten Kapiteln der Genesis androgyn ist, in seinen Transformationen gänzlich männlich, kainitisch und phallisch. Die Tatsache, dass einer der heidnischen Götter ausgewählt und aus ihm ein besonderer Nationalgott gemacht wird, um ihn als den „einen lebendigen Gott,“ den „Gott der Götter“ anzurufen, und dann diese Verehrung für monotheistisch zu erklären, verwandelt ihn noch nicht in das eine Prinzip, dessen „Einheit weder Vervielfältigung, noch Veränderung oder Form zulässt“, besonders nicht im Falle einer priapischen Gottheit, als die Jehovah jetzt erwiesen ist.

31 Siehe „The Vedantasara“ von Major G. A. Jacob; ebenso „The Aphorisms of Sandilya“, übersetzt von E. B. Cowell, S. 42.

32 Nichtsdestoweniger möchten vorurteilsvolle und ziemlich fanatische christliche Orientalisten dies als reinen Atheismus beweisen. Als Beweis dafür siehe Major Jacobs Vedantasara“. Doch das gesamte Altertum gibt diesen vedantischen Gedanken wieder: „Omnis enim per se divom natura necesse est Immortali ævo summa cum pace fruatur.“

33 Allein die Namen der beiden Hauptgottheiten, Brahmâ und Vishnu, hätten schon lange ihre esoterische Bedeutung erkennen lassen sollen. Denn die Wurzel von einem, Brahman oder Brahm, wird von einigen von dem Wort Brih, „wachsen“ oder „sich ausdehnen“, abgeleitet (siehe „Calcutta Review“, Bd. LXVI, S. 14); und Vishnu von der Wurzel Vis, „durchdringen“, in die Natur der Wesenheit eintreten; Brahmâ-Vishnu ist dieser unendliche Raum, von welchem die Götter, die Rishis, die Manus und alles in diesem Universum lediglich Potenzen sind, Vibhutayah.

34 Siehe Manus Bericht über Brahmâ, der seinen Körper in Mann und Frau teilt, wobei Letzterer zur weiblichen Vach wird, in welcher er Viray erschafft; und vergleiche das mit der Esoterik der Kapitel II, III und IV der Genesis.

35 Am Ende dieses 19. Jahrhunderts liegt der Okkultismus tatsächlich in der Luft. Unter vielen anderen, kürzlich veröffentlichten Werken möchten wir jenen Schülern des theoretischen Okkultismus, die sich nicht über den Bereich unserer speziellen menschlichen Ebene hinaus wagen wollen, besonders eines empfehlen. Es heißt „New Aspects of Life and Religion“ von Dr. med. Henry Pratt. Es ist voll von esoterischen Dogmen und esoterischer Philosophie, Letztere jedoch in den Schlusskapiteln ziemlich beschränkt durch etwas, was ein Geist von bedingtem Positivismus zu sein scheint. Dennoch verdient das, was über den Raum als „die unbekannte erste Ursache“ gesagt wird, zitiert zu werden. „Dieses unbekannte Etwas, dadurch als die erste Verkörperung einfacher Einheit erkannt und identifiziert, ist unsichtbar und nicht greifbar“ – (abstrakter Raum, zugegebenermaßen); „und, da unsichtbar und nicht greifbar, unerkennbar. Und diese Unerkennbarkeit hat zu dem Irrtum geführt, es für eine einfache Leere, eine bloße Aufnahmefähigkeit, zu halten. Aber selbst wenn er als eine absolute Leere angesehen wird, muss eingeräumt werden, dass Raum entweder selbstexistent, unendlich und ewig ist, oder dass er eine erste Ursache gehabt hat, außerhalb, hinter und jenseits von ihm.

Und selbst wenn eine solche Ursache noch gefunden und bestimmt werden könnte, würde das doch nur dazu führen, die Attribute, die sonst dem Raum zukämen, auf diese Ursache zu übertragen, und lediglich die Schwierigkeit der Entstehung einen Schritt weiter zurückzuwerfen, ohne weiteres Licht bezüglich der ersten Ursache zu gewinnen.“ (S. 5)

Das entspricht exakt dem, was seitens der an einen anthropomorphen Schöpfer, einen außerkosmischen anstatt einen innerkosmischen Gott Glaubenden, geschehen ist. Viele – ja die meisten von Pratts Themen, können wir sagen – sind alte kabbalistische Ideen und Theorien, die er in einem ziemlich neuen Gewand vorführt: „Neue Aspekte“ des Okkulten in der Natur, in der Tat. Raum jedoch als eine „substanzielle Einheit“ – die „lebendige Quelle des Lebens“ – betrachtet, ist als die „unbekannte ursachlose Ursache“ das älteste Dogma des Okkultismus, Jahrtausende älter als der Vater Äther der Griechen und Römer. Damit sind „Kraft und Materie als Potenzen des Raumes untrennbar und die unbekannten Enthüller des Unbekannten“. In der arischen Philosophie sind sie als Vishvakarman, Indra, Vishnu etc. etc. personifiziert zu finden. Doch werden sie in dem angeführten Werk sehr philosophisch und unter vielen ungewöhnlichen Aspekten zum Ausdruck gebracht.

36 Im Gegensatz zum manifestierten, materiellen Universum wird der Ausdruck Mulaprakriti (von Mula, „die Wurzel“, und Prakriti, „Natur“) oder die unmanifestierte Urmaterie – von den westlichen Alchemisten Adams Erde genannt – von den Vedantisten auf Parabrahman angewendet. In der religiösen Metaphysik ist die Materie dual und in den esoterischen Lehren siebenfältig, wie alles andere im Universum auch. Als Mulaprakriti ist sie undifferenziert und ewig; als Vyakta wird sie laut der Svetasvatara-Upanishad I.8 und des Devi-Bhagavata-Puranas differenziert und bedingt. Über Mulaprakriti sprechend, sagt der Verfasser der vier Vorlesungen über die Bhagavadgita: „Von seinem (des Logos) objektiven Standpunkt aus erscheint Parabrahman als Mulaprakriti. . . . Natürlich ist diese Mulaprakriti für ihn materiell, wie uns jedes materielle Objekt materiell erscheint. . . . Parabrahman ist eine unbedingte und absolute Realität, und Mulaprakriti ist eine Art darüber geworfener Schleier.“ („Theosophist“, Band VIII, Seite 304)

37 Bedeutet „elternlos“ – siehe weiter hinten.

38 Die Esoterische Philosophie muss, da sie jedes endliche Ding als Maya (oder die Illusion des Unwissens) betrachtet, notwendigerweise jeden intrakosmischen Planeten und Körper in demselben Licht sehen, als etwas Organisiertes und somit Endliches. Die Aussage „es verläuft von außen nach innen etc.“ bezieht sich im ersten Teil des Satzes daher auf das Heraufdämmern der Periode des Maha-Manvantaras oder auf die große, erneute Evolution, die jeder der vollständigen periodischen Auflösungen aller zusammengesetzten Form der Natur (vom Planeten bis zum Molekül) in ihre letzte Essenz oder ihr letztes Element folgt; und im zweiten Teil auf das partielle oder lokale Manvantara, bei dem es sich um ein solares oder sogar um ein planetarisches handeln kann.

39 „Zentrum“ bedeutet hier ein Energiezentrum oder einen kosmischen Brennpunkt; wenn die sogenannte „Schöpfung“ oder Formung eines Planeten durch diese Kraft vollendet ist, die von den Okkultisten als Leben und von der Wissenschaft als „Energie“ bezeichnet wird, findet der Prozess von innen nach außen statt. Jedes Atom, so heißt es, enthält in sich selbst die schöpferische Energie des Göttlichen Atems. Während dagegen nach einem absoluten Pralaya, oder wenn das vorher existierende Material nur aus einem Element besteht und der Atem „überall ist“, der Letztere von außen nach innen wirkt. Nach einem kleineren Pralaya dagegen, in dem alles im Status quo verblieben ist – in einem gefrorenen Zustand sozusagen, wie der Mond –, beginnen beim ersten Vibrieren des Manvantaras der Planet oder die Planeten ihre Wiederauferstehung zum Leben von innen nach außen.

40 Es ist auffallend, wie sich in den evolutionären Ideenzyklen altes Gedankengut in modernen Überlegungen widerzuspiegeln scheint. Hat Herbert Spencer alte Hindu-Philosophen gelesen und studiert, als er eine gewisse Stelle in seinen „First Principles“ (S. 482) schrieb, oder ist es ein selbstständiges Aufblitzen innerer Wahrnehmung, das ihn – halb richtig, halb falsch – sagen ließ: „Da sowohl Bewegung als auch Materie der Quantität nach festgelegt sind (?), würde es scheinen, dass eine durch Bewegung bewirkte Veränderung in der Verteilung der Materie an eine Grenze stößt, in welche Richtung sie auch bewegt worden ist (?), woraufhin die unzerstörbare Bewegung eine umgekehrte Verteilung notwendig macht. Augenscheinlich bewirken die universal nebeneinander bestehenden Kräfte der Anziehung und Abstoßung, wie wir gesehen haben, in sämtlichen kleineren Veränderungen im Universum einen Rhythmus, und sie müssen auch in der Gesamtheit seiner Veränderungen einen Rhythmus hervorbringen. Einmal bewirken sie ein unermesslich langes Vorherrschen der Anziehungskräfte und verursachen damit eine universale Konzentration, und dann wieder eine unermesslich lange Zeit, in der die abstoßenden Kräfte vorherrschen und eine universale Ausbreitung verursachen – abwechselnde Zeitalter der Evolution und der Auflösung.“

41 Was immer die Ansichten der Naturwissenschaft über diesen Gegenstand sein mögen, die okkulte Wissenschaft lehrt seit Zeitaltern, dass Akasha – dessen gröbste Form der Ether darstellt – das fünfte universale kosmische Prinzip ist (welchem das menschliche Manas entspricht und aus dem es hervorgeht), kosmisch eine strahlende, kühle, wärmedurchlässige plastische Materie, schöpferisch in ihrer physischen Natur, korrelativ in ihren gröbsten Aspekten und Teilen, unveränderlich in ihren höheren Prinzipien. In seinem vorherigen Zustand wird Akasha die Unter-Wurzel genannt; und in Verbindung mit strahlender Hitze erweckt es „tote Welten zum Leben“. In seinem höheren Aspekt ist es die Seele der Welt; in seinem niederen – der Zerstörer.

42 Das „Erste“ setzt notwendigerweise etwas voraus, welches das „zuerst Hervorgebrachte“ darstellt, das „Erste in Zeit, Raum und Rang“ – und daher endlich und bedingt ist. Das „Erste“ kann nicht das Absolute sein, denn es ist eine Manifestation. Daher bezeichnet der östliche Okkultismus das abstrakte All als die „ursachlose, eine Ursache“, die „Wurzellose Wurzel“, und beschränkt die „erste Ursache“ auf den Logos in der Bedeutung, die Platon diesem Ausdruck gibt.

43 Siehe T. Subba Rows vier treffliche Vorlesungen über die Bhagavadgita, „Theosophist“, Februar 1886.

44 In Sanskrit „Upadhi“ genannt.

45 Von der christlichen Theologie Erzengel, Seraphim etc. etc. genannt.

46 „Pilger“ ist die Bezeichnung für unsere Monade (die zwei in einem) während ihres Zyklus von Inkarnationen. Sie ist das einzige unsterbliche und ewige Prinzip in uns, weil sie ein unteilbarer Teil des integralen Ganzen ist – des Universalgeistes, aus dem sie hervorgeht und in den sie am Ende des Zyklus absorbiert wird. Wenn gesagt wird, sie emaniere aus dem einen Geist, ist die unbeholfene und inkorrekte Ausdrucksweise auf den Mangel an geeigneten Worten in unserer Sprache zurückzuführen. Die Vedantisten nennen sie Sutratman (Faden-Seele), doch auch ihre Erklärung unterscheidet sich leicht von jener der Okkultisten; die Erläuterung dieses Unterschieds sei jedoch den Vedantisten selbst überlassen.

47 Es sind nicht die physischen Organismen, die während der großen kosmischen oder gar solaren Pralayas im Status quo verbleiben, am allerwenigsten ihre psychischen Prinzipien, sondern lediglich ihre akasischen oder astralen „Fotografien“. Aber während der kleineren Pralayas bleiben die Planeten, einmal von der „Nacht“ ereilt, intakt, obwohl tot, wie ein riesiges Tier – vom Polareis gefangen und darin eingeschlossen – für Zeitalter unverändert.

48 So formuliert Spencer verehrungsvoll das großartige Geheimnis, wobei er dennoch, wie Schopenhauer und von Hartmann, lediglich einen Aspekt der alten esoterischen Philosophen widerspiegelt und daher seine Leser am schwarzen Ufer agnostischer Verzweiflung an Land setzt; „das, was in unveränderlicher Quantität, aber in steter Änderung der Form besteht, unter diesen sinnlichen Erscheinungen, die das Universum uns bietet, ist eine unerkannte und unerkennbare Kraft, die wir im Raum als grenzenlos und in der Zeit als anfang- und endlos anerkennen müssen“. Es ist ausschließlich die kühne Theologie, die das Unendliche zu messen und das Unergründliche und Unerkennbare zu entschleiern versucht, jedoch niemals die Wissenschaft oder die Philosophie.


[SD # 25]
TEIL I

KOSMISCHE EVOLUTION

IN SIEBEN STANZEN MIT KOMMENTAREN

ÜBERSETZT AUS DEM

GEHEIMEN BUCH DES DZYAN

[SD # 26]

„Nicht Etwas war, nicht Nichts, das Firmament
War nicht, nicht wölbte sich des Himmels Dach.
Was umhüllte alles? Was schützte? Was verbarg?
War es des Wassers bodenloser Schlund?
Da war kein Tod – doch war unsterblich nichts
Und keine Grenze zwischen Tag und Nacht
Das einzig Eine alleine atmete atemlos,
Anderes als Es inzwischen gab es nicht.
Es herrschte Dunkelheit, und alles erst gehüllt
In tiefes Düster – ein Ozean ganz ohne Licht –
Der Keim, von seiner Hülle noch bedeckt,
Brach durch, aus feur’ger Hitze, als Natur.
. . . . . . . .
Wer kennt, wer kündet das Geheimnis hier?
Woher, woher entsprang die mannigfache Schöpfung?
Die Götter traten später erst ins Sein –
Wer weiß, woher die große Schöpfung stammt?
Das, woher all diese Schöpfung kam,
Ob dessen Wille schöpferisch, ob stumm,
Der höchste Seher in des Himmels Höh’,
Er weiß es – oder weiß selbst Er es nicht?“


„In die Ewigkeit blickend . . .
Bevor der Erde Feste war’n gelegt,
. . . . . . . .
Warst Du. Und wenn die unterird’sche Flamm’
Aus ihrem Kerker bricht und das Gerüst verzehrt . . .
Wirst Du noch sein, der Du vorher warst,
Und keinen Wechsel kanntest, wenn Zeit nicht mehr ist.
Oh! Endloser Gedanke, göttliche Ewigkeit.“

[SD # 27]

KOSMISCHE EVOLUTION

in sieben Stanzen, übersetzt aus dem Buch des Dzyan

Stanze I

1. Die ewige Mutter, gehüllt in ihre immer unsichtbaren Gewänder, hatte wieder einmal sieben Ewigkeiten lang geschlummert.

2. Es gab keine Zeit, denn sie lag schlafend in dem unendlichen Schoss der Dauer.

3. Es gab kein Universalgemüt, denn es gab keine Ah-hi, es zu enthalten.

4. Die sieben Wege zu Glückseligkeit existierten nicht. Die grossen Ursachen des Leidens waren nicht, denn es war niemand da, sie hervorzubringen oder in sie verstrickt zu werden.

5. Dunkelheit allein erfüllte das grenzenlose All, denn Vater, Mutter und Sohn waren wieder einmal eins, und der Sohn war noch nicht zu dem neuen Rad und seiner Pilgerschaft darauf erwacht.

6. Die Sieben erhabenen Herren und die sieben Wahrheiten hatten aufgehört zu sein, und das Universum, der Sohn der Notwendigkeit, war versunken in Paranishpanna, auf dass es ausgeatmet werde von dem, das ist und dennoch nicht ist. Nichts war.

7. Die Ursachen des Daseins waren beseitigt; das Sichtbare, das war, und das Unsichtbare, das ist, ruhten im ewigen Nichtsein – dem einen Sein.

8. Allein erstreckte sich die eine Form der Existenz grenzenlos, unendlich, ursachlos, in traumlosem Schlaf; und Leben pulsierte unbewusst im universalen Raum, in jener All-Gegenwart, die das „geöffnete Auge“ des Dangma wahrnimmt.

9. Aber wo war der Dangma, als die Alaya des Universums in Paramartha und das große Rad Aupapaduka war?

[SD # 28]
Stanze II

1. . . . Wo waren die Baumeister, die leuchtenden Söhne des aufdämmernden Manvantaras? . . . In dem unbekannten Dunkel in ihrem Ah-hi Paranishpanna. Die Erschaffer der Form aus der Nichtform – die Wurzel der Welt – die Devamatri und Svabhavat ruhten in der Seligkeit des Nichtseins.

2. . . . Wo war die Stille? Wo die Ohren, sie wahrzunehmen? Nein ! Es gab weder Stille noch Klang; nichts außer unaufhörlichem, ewigem Atem, der sich selbst nicht kennt.

3. Noch hatte die Stunde nicht geschlagen; der Strahl war noch nicht in den Keim geblitzt; die Matripadma war noch nicht angeschwollen.

4. Ihr Herz hatte sich dem einen Strahl noch nicht geöffnet, damit dieser eindringen könne, um daraufhin als Drei in die Vier in den Schoss Mayas zu fallen.

5. Die Sieben Söhne waren noch nicht aus dem Gewebe des Lichts geboren. Das Dunkel allein war Vater-Mutter, Svabhavat; und Svabhavat war im Dunkel.

6. Diese beiden sind der Keim, und der Keim ist eins. Noch lag das Universum verborgen im Göttlichen Gedanken und im Göttlichen Busen. . . .

Stanze III

1. . . . Das letzte Vibrieren der siebten Ewigkeit durchschauert die Unendlichkeit. Die Mutter schwillt an und breitet sich aus – von innen nach außen, gleich der Lotusknospe.

2. Das Vibrieren breitet sich aus und berührt mit seinem raschen Flügel das gesamte Universum und den Keim, der in der Dunkelheit weilt: der Dunkelheit, die über den schlummernden Wassern des Lebens atmet. . .

3. Dunkelheit strahlt Licht aus, und das Licht sendet einen einzelnen Strahl in die mütterliche Tiefe. Der Strahl durchdringt das jungfräuliche Ei; der Strahl lässt das ewige Ei erzittern und so den nicht-ewigen Keim hervorbringen, der sich zum Weltenei verdichtet.

[SD # 29] 4. Dann fallen die Drei in die Vier. Die strahlende Essenz wird sieben im Inneren, sieben im Äußeren. Das leuchtende Ei, das in sich selbst drei ist, gerinnt und verteilt sich in milchweißen Flocken überall in den Tiefen der Mutter, der im Ozean des Lebens heranwachsenden Wurzel.

5. Die Wurzel bleibt, das Licht bleibt, die Flocken bleiben; und Oeaohoo ist noch immer eins.

6. Die Wurzel des Lebens war in jedem Tropfen des Ozeans der Unsterblichkeit, und der Ozean war strahlendes Licht, welches Feuer und Hitze und Bewegung war. Die Dunkelheit verschwand und war nicht mehr; sie verschwand in ihrer eigenen Essenz, dem Körper von Feuer und Wasser oder Vater und Mutter.

7. Siehe, oh Lanu ! Das strahlende Kind der beiden, die unvergleichlich glänzende Herrlichkeit: der Helle Raum, Sohn des Dunklen Raums, der sich aus den Tiefen der grossen dunklen Wasser erhebt. Es ist Oeaohoo, der Jüngere, der * * * . Fortan erstrahlt er als die Sonne; er ist der feurige Göttliche Drache der Weisheit; das Eine ist Vier, und Vier nimmt Drei1 zu sich, und die Vereinigung bringt Sapta hervor, welche die Sieben enthält, die zu Tridasa werden (oder zu den Heerscharen und Vielheiten). Siehe, wie er den Schleier hebt und ihn von Osten nach Westen entfaltet. Er verschließt das Obere und lässt das Untere als die große Illusion sichtbar werden. Er bezeichnet die Plätze für die Strahlenden und verwandelt das Obere in ein uferloses Feuermeer und das manifestierte Eine in die grossen Wasser.

8. Wo war der Keim, und wo war jetzt die Dunkelheit? Wo ist der Geist der Flamme, welche in deiner Lampe brennt, oh Lanu? Der Keim ist Jenes, und Jenes ist Licht; der weiße, strahlende Sohn des dunklen, verborgenen Vaters.

9. Licht ist kalte Flamme, und Flamme ist Feuer, und Feuer erzeugt Hitze, welche Wasser hervorbringt: das Wasser des Lebens in der grossen Mutter.

10. Vater-Mutter spinnen ein Gewebe, dessen oberes Ende am Geist befestigt ist – dem Licht der einen Dunkelheit – und das untere an der Materie, seinem schattenhaften Ende; und dieses Gewebe ist das Universum, gesponnen aus den beiden Substanzen, die zu einer verbunden sind – und zwar Svabhavat.

[SD # 30] 11. Wenn der Atem des Feuers auf ihm ist, breitet es sich aus; berührt vom Atem der Mutter, zieht es sich zusammen. Dann trennen und zerstreuen sich die Söhne, um am Ende des grossen Tages in den Schoss der Mutter zurückzukehren und wieder eins zu werden mit ihr. Wenn es abkühlt, beginnt es zu strahlen, und durch sich selbst und ihre eigenen Herzen dehnen sich die Söhne aus und ziehen sich zusammen; sie umfassen die Unendlichkeit.

12. Dann sendet Svabhavat Fohat aus, um die Atome zu härten. Jedes ist ein Teil des Gewebes. Jedes reflektiert, einem Spiegel gleich, den „selbst-existierenden Herrn“ und verwandelt sich wiederum in eine Welt.

Stanze IV

1. . . . Hört, ihr Söhne der Erde, auf eure Lehrer – die Söhne des Feuers. Lernt, dass es weder Erstes noch Letztes gibt; denn alles ist eins: Zahl, hervorgegangen aus Nichtzahl.

2. Erlernet, was wir, von den Ursprünglichen Sieben abstammend, aus der Urflamme Geborenen, von unseren Vätern lernten. . . .

3. Aus dem Glanz des Lichts – dem Strahl der immerwährenden Dunkelheit – entsprangen im Raum die wiedererwachten Energien: die Eins aus dem Ei, die Sechs und die Fünf. Dann die Drei, die Eins, die Vier, die Eins, die Fünf – die zweimal Sieben, die Gesamtsumme. Und diese sind die Essenzen, die Flammen, die Elemente, die Baumeister, die Zahlen, das Arupa, das Rupa und die Kraft des Göttlichen Menschen – die Gesamtsumme. Und aus dem Göttlichen Menschen gingen die Formen hervor, die Funken, die heiligen Tiere und die Boten der heiligen Väter in den heiligen Vier.

4. Dies war die Heerschar der Stimme – die göttliche Mutter der Sieben. Die Funken der Sieben sind Untergebene und Diener des Ersten, Zweiten, Dritten, Vierten, Fünften, Sechsten und des Siebten der Sieben. Diese „Funken“ werden Kugeln, Dreiecke, Würfel, Linien und Bildner genannt; denn dafür steht das Ewige Nidana – das Oeaohoo, welches ist:

[SD # 31] 5. „Dunkelheit“, das Grenzenlose oder die Nichtzahl, Adi-Nidana Svabhavat:

I. Adi-Sanat, die Zahl, denn er ist Eins.

II. Die Stimme des Herrn Svabhavat, die Zahlen, denn er ist Eins und Neun.

III. Das „Formlose Quadrat“.

Und diese drei, eingeschlossen in dem , sind die heiligen Vier; und die Zehn sind das Arupa-Universum. Dann folgen die „Söhne“, die sieben Kämpfer, der Eine, der ausgelassene Achte und sein Atem, welcher der Erzeuger des Lichts ist.

6. Dann die zweiten Sieben, welche die Lipika sind, von den Dreien hervorgebracht. Der ausgestoßene Sohn ist Einer. Zahllos sind die „Sonnensöhne“.

Stanze V

1. Die Ursprünglichen Sieben, die Ersten Sieben Atemzüge des Drachens der Weisheit, erschaffen ihrerseits aus ihrem heiligen, rotierendem Atem den Feurigen Wirbelwind.

2. Sie machen ihn zum Boten ihres Willens. Der Dzyu wird Fohat; der Göttlichen Söhne rascher Sohn, dessen Söhne die Lipika sind – vollbringt kreisend seine Aufträge. Fohat ist das Ross, und der Gedanke ist der Reiter. Blitzartig durchquert er die feurigen Wolken; mit drei und fünf und sieben Schritten durchmisst er die sieben oberen und die sieben unteren Regionen. Er erhebt seine Stimme, ruft die unzähligen Funken und fügt sie zusammen.

3. Er ist ihr führender Geist und Leiter. Sein Werk beginnend, trennt er die Funken des Unteren Reichs, die vor Freude erzitternd in ihre strahlenden Wohnungen schweben, und bildet aus ihnen die Keime der Räder. Er ordnet sie in die sechs Richtungen des Raumes an und Einen in die Mitte – das zentrale Rad.

4. Fohat zieht Spirallinien, um das Sechste mit dem Siebten zu vereinigen – die Krone; in allen Winkeln stehen Heerscharen der Söhne des Lichts und im mittleren Rad die Lipika. Sie sagen: Das ist gut, die [SD # 32] erste Göttliche Welt ist fertig, die erste ist nun die zweite. Sodann spiegelt sich das „Göttliche Arupa“ im Chhaya-Loka, dem ersten Gewand des Aupapaduka.

5. Fohat schreitet fünf Schritte voran und erbaut in jeder Ecke des Quadrats ein beflügeltes Rad für die vier Heiligen und ihre Heerscharen.

6. Die Lipika umschreiben das Dreieck, das Erste, den Würfel, den Zweiten und das Pentagramm in dem Ei. Es ist der Ring, der „Überschreite-mich-nicht“ genannt wird für jene, die ab- und aufsteigen, und für jene, die während des Kalpas dem grossen Tag „Sei-mit-uns“ entgegen schreiten. So wurden das Arupa und das Rupa gebildet: sieben Lichter aus einem; von jedem der Sieben siebenmal sieben Lichter. Die Räder hüten den Ring. . . . .

Stanze VI

1. Mit der Macht der Mutter der Barmherzigkeit und Erkenntnis – Kwan-Yin – der „Dreiheit“ von Kwan-Shai-Yin, die in Kwan-Yin-Tien wohnt, hat Fohat, der Atem ihrer Nachkommen, der Sohn der Söhne, die illusive Form von Sien-Tchan und die sieben Elemente aus dem unteren Abgrund wachgerufen:2

2. Der Rasche und Strahlende Eine bringt die Sieben Laya- Zentren hervor – gegen die sich bis zum grossen Tag „Sei-mit-uns“ niemand behaupten kann – und stellt das Universum auf diese Ewigen Fundamente, die Sien-Tchan mit den Elementaren Keimen ummanteln.

3. Von den Sieben – zuerst eines manifestiert, sechs verborgen, zwei manifestiert, fünf verborgen; drei manifestiert, vier verborgen; vier erzeugt – drei verborgen; vier und ein Tsan enthüllt, zweieinhalb verborgen; sechs noch zu manifestieren, eins beiseite gelegt. Schließlich drehen sich sieben kleine Räder; eines bringt das nächste hervor.

[SD # 33] 4. Er erbaut sie nach dem Vorbild älterer Räder und stellt sie auf die Unvergänglichen Zentren.

Wie erbaut Fohat sie? Er sammelt den feurigen Staub. Er formt Kugeln aus Feuer, durchströmt und umrundet sie und flößt ihnen Leben ein, dann versetzt er sie in Bewegung; manche in diese, andere in jene Richtung. Sind sie kalt – wärmt er sie. Sind sie trocken – befeuchtet er sie. Leuchten sie – umweht und kühlt er sie. So wirkt Fohat von einer Dämmerung zur nächsten, Sieben Ewigkeiten lang.

5. In der Vierten wird den Söhnen befohlen, ihre Ebenbilder zu erschaffen. Ein Drittel weigert sich – zwei gehorchen.

Der Fluch ist ausgesprochen: Sie werden in der Vierten geboren werden, leiden und Leiden verursachen. Das ist der erste Krieg.

6. Die älteren Räder kreisten ab- und aufwärts. . . . Der Laich der Mutter erfüllte das Ganze. Zwischen den Schöpfern und den Zerstörern gab es Kämpfe, und um den Raum wurden Kämpfe ausgetragen; ohne Unterlass erschien der Samen immer wieder neu.

7. Mache deine Berechnungen, Lanu, wenn du das genaue Alter deines kleinen Rades erfahren willst. Seine vierte Speiche ist unsere Mutter. Erlange die vierte „Frucht“ des vierten Pfades der Erkenntnis, der zu Nirvana führt, und du wirst verstehen, denn du wirst sehen. . . . . .

Stanze VII

1. Siehe den Anfang des fühlenden, formlosen Lebens.

Zuerst das Göttliche, das Eine vom Mutter-Geist; dann das Geistige; die Drei von dem Einen, die Vier von dem Einen und die Fünf, von welchem die Drei, die Fünf und die Sieben. Das sind die Dreifältigen und die Vierfältigen abwärts; die „aus dem Gemüt geborenen“ Söhne des ersten Herrn, die leuchtenden Sieben.

Sie sind es, die du, ich, er sind, oh Lanu; sie, die über dich und deine Mutter Erde wachen.

[SD # 34] 2. Der eine Strahl vervielfältigt die kleineren Strahlen. Leben geht der Form voran, und Leben überdauert der Form letztes Atom. Durch die zahllosen Strahlen zieht sich der Lebensstrahl, der Eine, wie ein Faden durch viele Juwelen.

3. Wenn das Eine zwei wird – erscheint das „Dreifältige“. Die Drei sind eins; und das ist unser Faden, oh Lanu, das Herz der Menschenpflanze, Saptasarma genannt.

4. Die Wurzel ist es, die niemals stirbt, die dreizüngige Flamme der vier Dochte. Die Dochte sind die Funken, entfacht von den dreizüngigen Flammen, welche aus den Sieben herausschießen – ihre Flamme –, die Strahlen und Funken eines Mondes, der sich in den fließenden Wellen aller Flüsse der Erde spiegelt.

5. Der Funke hängt mit Fohats feinstem Faden an der Flamme. Er durchwandert Mayas Sieben Welten. Er verweilt in der ersten und ist Metall und Stein; er wandert in die zweite und siehe – eine Pflanze; die Pflanze wirbelt durch sieben Formen und wird zu einem heiligen Tier. Aus den vereinten Eigenschaften dieser wird Manu, der Denker, geformt. Wer formt ihn? Die sieben Leben und das eine Leben. Wer vollendet ihn? Der fünffältige Lha. Und wer vervollkommnet den schließlichen Körper? Fisch, Sünde und Soma. . . . .

6. Von den Erstgeborenen an wird der Faden zwischen dem stillen Wächter und seinem Schatten mit jeder Veränderung stärker und strahlender. Das morgendliche Sonnenlicht hat sich in die Herrlichkeit des Mittags verwandelt. . . . .

7. Dies ist dein gegenwärtiges Rad, sagte die Flamme zum Funken. Du bist ich selbst, mein Ebenbild und mein Schatten. Ich habe mich in dich gekleidet, und du bist mein Vahan bis zum Tage „Sei-mit-uns“, wenn du wieder ich und andere werden wirst, du und ich. Dann steigen die Baumeister, in ihr erstes Gewand gehüllt, zur strahlenden Erde herab und herrschen über die Menschen –, welche sie selbst sind. . . .

So endet dieser Teil der archaischen Erzählung, dunkel, verworren, nahezu unverständlich. Es wird nunmehr der Versuch unternommen, Licht in dieses Dunkel zu bringen und den Sinn dieses scheinbaren Un-Sinns zu verstehen.

[SD # 35]
KOMMENTARE

zu den sieben Stanzen und ihren Begriffen,
nach ihrer Nummerierung in Stanzen und Shlokas.

Stanze I

1. Die ewige Mutter (Raum), gehüllt in ihre immer unsichtbaren Gewänder, hatte wieder einmal sieben Ewigkeiten lang geschlummert (a).

Der „Mutter-Raum“ ist die ewige, immer gegenwärtige Ursache von allem – die unbegreifliche Gottheit, deren „unsichtbare Gewänder“ die mystische Wurzel aller Materie und des Universums sind. Raum ist das eine ewige Ding, das wir uns am leichtesten vorstellen können, unbeweglich in seiner Abstraktion und weder von der Anwesenheit noch der Abwesenheit eines in ihm enthaltenen objektiven Universums beeinflusst. Er ist in jedem Sinne dimensionslos und selbst-existierend. Geist ist die erste Differenzierung von Jenem, der ursachlosen Ursache sowohl von Geist als auch von Materie. Er ist – wie im esoterischen Katechismus gelehrt wird, weder grenzenlose Leere noch bedingte Fülle, sondern beides. Er war und wird immer sein (siehe „Einleitung“, S. 2 ff.).

So stehen die „Gewänder“ für das Noumenon undifferenzierter, kosmischer Materie. Es handelt sich nicht um die uns bekannte Materie, sondern um die spirituelle Essenz der Materie. Sie ist gleich-ewig und sogar eins mit dem Raum in seiner abstrakten Bedeutung. Die Wurzelnatur ist auch der Ursprung der subtilen unsichtbaren Eigenschaften sichtbarer Materie. Sie ist sozusagen die Seele des einen unendlichen Geistes. Die Hindus nennen sie Mulaprakriti und behaupten, sie sei die Ursubstanz, welche die Grundlage des Upadhi oder Vehikels jeglichen Phänomens darstellt – ob physisch, mental oder psychisch. Sie ist die Quelle, von der Akasha ausstrahlt.

(a) Mit den sieben „Ewigkeiten“ sind Äonen oder Perioden gemeint. Das Wort „Ewigkeit“, wie es in der christlichen Theologie verstanden wird, hat für das asiatische Ohr keine Bedeutung, außer wenn es auf die Eine Existenz angewendet wird; ebenso ist [SD # 36] die Bezeichnung des Immerwährenden – was Ewigkeit lediglich für die Zukunft bedeutet – nichts anderes als unzutreffend.3 Derartige Worte können in keiner philosophischen Metaphysik existieren und werden dort nicht verwendet – sie waren bis zum Aufdämmern des kirchlichen Christentums unbekannt. Die erwähnten sieben Ewigkeiten sind die sieben Perioden, oder eine Periode, die in ihrer Dauer den sieben Perioden eines Manvantaras entspricht. Sie erstrecken sich über ein Maha-Kalpa oder das „Große Zeitalter“ – 100 Jahre Brahmâs – und dauern 311.040.000.000.000 Jahre; jedes Jahr Brahmâs besteht aus 360 „Tagen“ und derselben Anzahl von „Nächten“ Brahmâs (nach dem Chandrayana oder Mondjahr gerechnet); und ein „Tag Brahmâs“ besteht aus 4.320.000.000 unserer irdischen Jahre. Diese „Ewigkeiten“ gehören zu den geheimsten Berechnungen, in welchen, um die richtige Endsumme zu erhalten, jede Zahl ein Exponent zur Basis 7 (7x, 7 hoch x) sein muss; x variiert entsprechend der Art des Zyklus in der subjektiven oder realen Welt; und jede Zahl oder Angabe, welche sich auf die einzelnen Zyklen bezieht oder sie repräsentiert, vom größten bis zum kleinsten – in der objektiven oder nicht realen Welt – muss notwendigerweise ein Vielfaches von sieben sein. Der Schlüssel dazu kann nicht gegeben werden, denn hierin liegt das Geheimnis esoterischer Berechnungen; und für den Zweck gewöhnlicher Berechnungen ist er sinnlos. „Die Zahl sieben“, sagt die Kabbala, „ist die große Zahl der Göttlichen Mysterien“. Die Zahl zehn ist die aller menschlichen Erkenntnis (die pythagoreische Dekade); 1.000 ist die Zahl 10 in der dritten Potenz, und deshalb ist die Zahl 7.000 ebenfalls symbolisch. In der Geheimlehre ist die Ziffer und Zahl 4 lediglich auf der höchsten Abstraktionsebene das männliche Symbol. Auf der Ebene der Materie ist die 3 das Männliche und die 4 das Weibliche: die Vertikale und die Horizontale im vierten Stadium des Symbolismus, wo die Symbole zu Glyphen der schöpferischen Kräfte auf der physischen Ebene wurden.

2. Es gab keine Zeit, denn sie lag schlafend in dem unendlichen Schoss der Dauer (a).

[SD # 37] (a) Zeit ist lediglich eine Illusion, die durch die Abfolge unserer Bewusstseinszustände entsteht, während wir durch die ewige Dauer reisen. Wo kein Bewusstsein ist, in welchem die Illusion hervorgebracht werden kann, existiert keine Zeit, sondern sie „liegt schlafend“. Die Gegenwart ist lediglich eine mathematische Linie, die jenen Teil der ewigen Dauer, den wir die Zukunft nennen, von dem Teil trennt, den wir die Vergangenheit nennen. Nichts auf der Erde ist wirklich dauerhaft, denn nichts bleibt auch nur für den milliardsten Teil einer Sekunde unverändert oder gleich; die Wahrnehmung der Wirklichkeit der uns als Gegenwart vertrauten Teilung der „Zeit“ rührt von der Unschärfe einzelner oder aufeinanderfolgender flüchtiger Sinnes­eindrücke von Dingen her, welche aus der Region der Ideale, die wir die Zukunft nennen, in den Bereich der Erinnerungen übergehen, die wir die Vergangenheit nennen. Auf dieselbe Weise nehmen wir einen blitzschnellen elektrischen Funken aufgrund des unscharfen und nachwirkenden Eindrucks auf der Retina als länger andauernd wahr. Die wirkliche Person oder Sache besteht nicht allein aus dem, was in irgendeinem besonderen Augenblick zu sehen ist, sondern ist die Summe aller ihrer unterschiedlichen und wechselnden Zustände – vom Moment ihres Erscheinens auf der Erde in ihrer materiellen Form bis zu ihrem Verschwinden. Es sind diese „Gesamtsummen“, die schon immer in der „Zukunft“ existieren und die Materie gradweise durchwandern, um damit für immer in der „Vergangenheit“ zu existieren. Von einem ins Meer fallenden Metallbarren könnte niemand behaupten, seine Existenz beginne mit dem Verlassen der Luft und ende mit dem Eintritt in das Meer oder dass der Barren selbst nur aus dem zu einem beliebigen Zeitpunkt durch die mathematische Ebene gebildeten Querschnitt bestünde, welche die Atmosphäre und den Ozean gleichzeitig trennt und verbindet. Dasselbe gilt für Personen und Dinge. Sie sinken aus der Zukunft in die Vergangenheit – aus dem, was sein wird, in das, was gewesen ist – und bieten unseren Sinnen vorübergehend sozusagen einen Querschnitt ihres gesamten Selbst, während sie auf ihrem Weg Zeit und Raum (als Materie) von einer Ewigkeit in die nächste durchmessen: Und diese beiden bilden jene „Dauer“, in der allein irgendetwas eine wirkliche Existenz haben kann, wären unsere Sinne nur fähig, sie dort zu erkennen.

3. . . . Es gab kein Universalgemüt, denn es gab keine Ah-hi (himmlische Wesen), es zu enthalten (also zu manifestieren) (a).

[SD # 38] (a) Gemüt ist eine Bezeichnung für die Summe der Bewusstseinszustände Denken, Wille und Gefühl. Während des Tiefschlafs pausiert auf der physischen Ebene die Ideenbildung, und das Gedächtnis befindet sich in der Schwebe; somit „existiert das Gemüt nicht“ während dieser Zeit, da das Organ, durch welches das Ego Ideenbildung und Gedächtnis auf der materiellen Ebene manifestiert, seine Funktion temporär aussetzt. Ein Noumenon kann auf einer beliebigen Existenzebene nur dann zu einem Phänomen werden, wenn es sich auf dieser Ebene mithilfe einer geeigneten Basis oder eines entsprechenden Vehikels manifestiert; und während der Pralaya genannten langen Nacht der Ruhe, wenn alle Existenzen aufgelöst sind, verbleibt das „Universalgemüt“ als permanente Möglichkeit mentaler Aktivität oder als jener abstrakte absolute Gedanke, dessen konkrete relative Manifestation das Gemüt darstellt. Die Ah-hi (Dhyan Chohans) sind die kollektiven Scharen spiritueller Wesen – die Engelscharen des Christentums, die Elohim und „Boten“ der Juden –, welche das Vehikel der Manifestation des Göttlichen oder Universalen Gedankens und Willens darstellen. Sie sind die intelligenten Kräfte, welche der Natur ihre „Gesetze“ geben und sie in Kraft setzen, während sie selbst wiederum nach Gesetzen handeln, die ihnen auf ähnliche Weise von noch höheren Mächten eingeprägt wurden; aber sie sind nicht „Personifizierungen“ der Naturkräfte, wie irrtümlicherweise geglaubt wird. Diese Hierarchie spiritueller Wesen, durch welche das Universalgemüt in Tätigkeit tritt, gleicht einer Armee – wahrlich einer „Heerschar“ –, mittels derer sich die Kampfkraft einer Nation manifestiert und die aus Streitkräften, Divisionen, Brigaden, Regimentern und so fort zusammengesetzt ist, jedes Einzelne davon mit seiner eigenen Individualität oder seinem eigenen Leben, seiner beschränkten Handlungsfreiheit und seiner begrenzten Verantwortung; jedes ist selbst wiederum in einer größeren Individualität enthalten, welcher seine eigenen Interessen untergeordnet sind, und jedes enthält in sich kleinere Individualitäten.

4. Die sieben Wege zu Glückseligkeit (Moksha4 oder Nirvana) existierten nicht (a). Die grossen Ursachen des Leidens (Nidana5 und Maya) waren nicht, denn es war niemand da, sie hervorzubringen oder in sie verstrickt zu werden (b).

[SD # 39] (a) Es gibt sieben „Pfade“ oder „Wege“ zur Seligkeit der Nichtexistenz, die absolute Wesenheit, Sein und Bewusstsein ist. Diese Wege waren nicht, weil das Universum noch leer war und nur im Göttlichen Gedanken existierte. Denn es ist . . .

(b) Die zwölf Nidanas oder Ursachen des Seins. Jedes stellt die Wirkung seiner vorangehenden Ursache und gleichermaßen die Ursache seines Nachfolgers dar. Die Gesamtsumme der Nidanas beruht auf den vier Wahrheiten, einer für das Hinayana-System besonders charakteristischen Lehre6. Sie gehören zum Konzept des bedingten Entstehens, das Lohn und Strafe bewirkt und Karma schließlich umfassend zur Wirkung bringt. Das Konzept beruht auf der großen Wahrheit, dass Reinkarnation gefürchtet werden muss, da die Existenz auf dieser Welt dem Menschen nur Leid, Elend und Schmerz aufbürdet; der Tod selbst ist außerstande, den Menschen davon zu befreien, da er nichts als das Tor ist, über dessen Schwelle er nach einer kurzen Rast – Devachan – in ein weiteres Erdenleben eintritt. Der Ursprung des Hinayana-Systems oder der Schule des „Kleinen Fahrzeugs“ ist uralt, während das Mahayana einer späteren Periode angehört, da es nach Buddhas Tod entstand. Doch sind die Lehrsätze des Letzteren so alt wie die Hügel, auf denen solche Schulen seit unvorstellbaren Zeiten stehen, und die Hinayana- und Mahayana-Schule (Letztere das „Große Fahrzeug“) lehren beide in Wirklichkeit dieselbe Lehre. Yana oder Fahrzeug (im Sanskrit Vahan) ist ein mystischer Ausdruck, und beide „Fahrzeuge“ schärfen uns ein, dass der Mensch den Leiden der Wiedergeburten und selbst der falschen Glückseligkeit Devachans dadurch entrinnen kann, dass er Weisheit und Erkenntnis erlangt, welche allein die Frucht der Täuschung und des Nichtwissens vertilgen können.

Maya oder Illusion ist ein alle endlichen Dinge ergreifendes Element, denn alles, was existiert, hat lediglich eine relative und keine absolute Realität, da die von dem verborgenen Noumenon angenommene Erscheinung von der Erkenntniskraft des jeweiligen Beobachters abhängt. Für das ungeübte Auge des Unkultivierten ist ein Gemälde zunächst einmal ein sinnloses Durcheinander von Farbstrichen und Klecksen, während das geschulte Auge sofort ein Gesicht oder eine Landschaft erkennt. Mit Ausnahme der einen verborgenen absoluten Existenz, welche sämtliche Noumena aller Realitäten in sich enthält, gibt es nichts Dauerhaftes. Die zu jeder Daseinsebene gehörenden Existenzen – bis hinauf zu den höchsten Dhyan Chohans – gleichen ihrer Natur nach gewissermaßen den von einer magischen Laterne auf eine farblose Leinwand geworfenen Schatten; dennoch besitzen alle Dinge eine relative Wirklichkeit, denn der Erkennende ist selbst auch eine Reflexion, und daher sind die erkannten Dinge für ihn ebenso wirklich wie er selbst. Die den Dingen innewohnende Realität muss in ihnen gesucht werden, [SD # 40] bevor oder nachdem sie blitzartig durch die materielle Welt gegangen sind; die direkte Erkenntnis einer solchen Existenz entzieht sich uns jedoch solange, wie wir lediglich Sinnesinstrumente besitzen, welche allein die materielle Existenz in das Gesichtsfeld unseres Bewusstseins bringen. Auf welcher Ebene auch immer unser Bewusstsein tätig sein mag, wir selbst und die dieser Ebene angehörenden Dinge sind für den betreffenden Zeitraum unsere einzigen Wirklichkeiten. Die Stufenleiter der Entwicklung emporsteigend bemerken wir, dass wir in den von uns durchlebten Zuständen Schatten fälschlicherweise für Wirklichkeiten hielten und dass eine Abfolge fortschreitenden Erwachens die aufsteigende Entwicklung des Egos ist; jeder Fortschritt bringt die Vorstellung mit sich, dass wir jetzt endlich die „Wirklichkeit“ erlangt haben; aber erst, wenn wir das absolute Bewusstsein erreicht und mit unserem eigenen verschmolzen haben, werden wir von den Täuschungen Mayas befreit sein.

5. Dunkelheit allein erfüllte das grenzenlose All (a), denn Vater, Mutter und Sohn waren wieder einmal eins, und der Sohn war noch nicht zu dem neuen Rad7 und seiner Pilgerschaft darauf erwacht (b).

(a) „Dunkelheit ist Vater-Mutter: Licht ihr Sohn“, sagt ein altes Sprichwort des Ostens. Ohne eine es verursachende Quelle ist Licht nicht vorstellbar; und da im Fall des uranfänglichen Lichts diese Quelle unbekannt ist, obwohl Vernunft und Logik entschieden nach ihr verlangen, nennen wir sie von einem intellektuellen Standpunkt aus „Dunkelheit“. Aus welcher Quelle auch immer, reflektiertes oder sekundäres Licht kann nur von temporärem, mayavischem Charakter sein. Dunkelheit ist also die ewige [SD # 41] Matrix, in der die Lichtquellen erscheinen und verschwinden. Auf dieser unserer Ebene wird nichts zur Finsternis hinzugefügt, um Licht daraus zu machen, oder zum Licht, um Finsternis daraus zu machen. Sie sind austauschbar, und wissenschaftlich ist Licht lediglich eine Art Finsternis und vice versa. Und doch sind beide Phänomene desselben Noumenons – welches für den wissenschaftlichen Verstand absolute Dunkelheit, für die Wahrnehmung eines Durchschnittsmystikers nur graues Zwielicht, für das spirituelle Auge des Initiierten jedoch absolutes Licht ist. Wie weit wir das in der Dunkelheit scheinende Licht wahrnehmen, hängt von unserem Vorstellungsvermögen ab. Was für uns Licht ist, ist für manche Insekten Finsternis, und das Auge des Hellsehers sieht Helligkeit, wo das normale Auge nur Dunkel wahrnimmt. Als das ganze Universum in Schlaf versunken lag – in sein eines Urelement zurückgekehrt –, existierte weder ein Lichtzentrum noch ein Auge, das Licht wahrzunehmen, und notwendigerweise erfüllte Dunkelheit das grenzenlose All.

(b) Vater-Mutter sind das männliche und das weibliche Prinzip der Wurzelnatur, die sich in allen Dingen auf sämtlichen Ebenen des Kosmos manifestierenden gegensätzlichen Pole oder, in einem weniger allegorischen Aspekt, Geist und Substanz, welche das Universum oder den Sohn hervorbringen. Sie sind „wieder einmal Eins“, wenn in „Brahmâs Nacht“, im Pralaya, alles im objektiven Universum in seine eine, ursprüngliche und ewige Ursache zurückgekehrt ist, nur um in der darauffolgenden Dämmerung wieder zu erscheinen – wie es periodisch geschieht. „Karana“ – die ewige Ursache – war allein. Um es klarer auszudrücken: In „Brahmâs Nächten“ ist Karana allein. Das vorangegangene objektive Universum hat sich in seine eine, ursprüngliche und ewige Ursache aufgelöst und wird sozusagen in einem aufgelösten Zustand im Raum gehalten, um sich bei der folgenden manvantarischen Dämmerung erneut zu differenzieren und herauszukristallisieren, die den Beginn eines neuen „Tages“ oder einer neuen Tätigkeit Brahmâs markiert – das Symbol des Universums. Im esoterischen Sprachgebrauch ist Brahmâ Vater-Mutter-Sohn, oder zugleich Geist, Seele und Körper; dabei symbolisiert jede der Figuren ein Attribut; und jedes Attribut oder jede Qualität ist ein stufenweises Hervorströmen des Göttlichen Atems in seiner zyklischen Differenzierung – involutionär und evolutionär. Im kosmisch-physischen Sinne ist Brahmâ das Universum, die Planetenkette und die Erde; im rein spirituellen die unbekannte Gottheit, der Planetengeist und der Mensch. Als Sohn dieser zwei – ein Geschöpf aus Geist und Materie – ist er in seinen periodischen Erscheinungen auf der Erde während der „Räder“ oder Manvantaras eine Manifestation der beiden (siehe Teil II, „Die Tage und Nächte Brahmâs“).

[SD # 42]

6. Die sieben erhabenen Herren und die sieben Wahrheiten hatten aufgehört zu sein (a), und das Universum, der Sohn der Notwendigkeit, war versunken in Paranishpanna (b) (absolute Vollkommenheit, Paranirvana, welches Yong-Grüb ist), auf dass es ausgeatmet werde von dem, das ist und dennoch nicht ist. Nichts war (c).

(a) Die sieben erhabenen Herren sind die sieben schöpferischen Geister, die Dhyan Chohans, die den hebräischen Elohim entsprechen. Es ist dieselbe Hierarchie von Erzengeln, zu welcher der Hl. Michael, der Hl. Gabriel und andere in der christlichen Theogonie gehören. Während jedoch beispielsweise der Hl. Michael in der dogmatischen lateinischen Theologie über sämtliche Gipfel und Schluchten wachen darf, wachen im esoterischen System die Dhyanis jeweils über eine der Runden und die großen Wurzelrassen unserer Planetenkette. Es heißt ferner, dass sie in jeder Runde und Rasse ihre Bodhisattvas aussenden, die menschlichen Entsprechungen der Dhyani-Buddhas (dazu s. u.). Von den sieben Wahrheiten und Offenbarungen, oder vielmehr geoffenbarten Geheimnissen, wurden uns nur vier ausgehändigt, da wir noch in der vierten Runde sind und die Welt bisher auch nur vier Buddhas gehabt hat. Das ist eine sehr komplizierte Frage, sie wird später eine ausführlichere Behandlung erfahren.

So behaupten die Hindus und Buddhisten bis heute: „Es gibt lediglich vier Wahrheiten und vier Veden.“ Aus einem ähnlichen Grund bestand Irenäus auf der Notwendigkeit von vier Evangelien. Da aber jede neue Wurzelrasse zu Beginn einer Runde ihre Offenbarung und ihre Offenbarer braucht, wird die nächste Runde die fünfte, die folgende die sechste und so weiter bringen.

(b) „Paranishpanna“ ist die absolute Vollkommenheit, die sämtliche Existenzen am Ende einer großen Aktivitätsperiode oder eines Maha-Manvantaras erreichen und in der sie während der anschließenden Erholungsphase ruhen. Im Tibetanischen wird sie Yong-Grüb genannt. Bis zu den Tagen der Yogacharya-Schule wurde die wahre Natur Paranirvanas öffentlich gelehrt, aber seitdem wurde sie gänzlich esoterisch; deshalb existieren derartig viele widersprüchliche Interpretationen. Nur ein wahrer Idealist mag es verstehen. Wer diesen Zustand begreifen und ein Verständnis darüber erlangen will, warum Nichtego, Leere und Dunkelheit drei in einem, einzig selbstexistent und vollkommen sind, muss alles als Ideal betrachten, mit Ausnahme von Paranirvana. Es ist jedoch nur in einem relativen [SD # 43] Sinn absolut, da es in der folgenden Aktivitätsperiode einer noch größeren absoluten Vollkommenheit Platz machen muss, einem noch höheren Grad der Vortrefflichkeit entsprechend – gerade so wie eine vollkommene Blüte aufhören muss eine vollkommene Blüte zu sein und stirbt, um zu einer vollkommenen Frucht heranzuwachsen – wenn eine etwas irisch anmutende Ausdrucksweise erlaubt sei.

Die Geheimlehre lehrt die fortschreitende Entwicklung von allem – sowohl von Welten als auch von Atomen; und diese beeindruckende Entwicklung hat weder einen denkbaren Anfang noch ein vorstellbares Ende. Unser „Universum“ ist nur eines von einer unendlichen Anzahl von Universen. Alle sind „Söhne der Notwendigkeit“, weil sie Glieder der großen kosmischen Kette von Universen sind und jedes von ihnen zu seinem Vorgänger in der Beziehung einer Wirkung und zu seinem Nachfolger in der einer Ursache steht.

Das Erscheinen und Vergehen des Universums werden als ein Aus- und Einatmen des „Großen Atems“ geschildert, der ewig und als Bewegung einer der drei Aspekte des Absoluten ist – die beiden anderen sind abstrakter Raum und Dauer. Wenn der „Große Atem“ projiziert wird, wird er der Göttliche Atem genannt und als das Atmen der Unerkennbaren Gottheit angesehen – die Eine Existenz – welche sozusagen einen Gedanken ausatmet, der zum Kosmos wird (siehe „Isis Unveiled“). Desgleichen verschwindet mit dem Einatmen des Göttlichen Atems das Universum wieder in den Schoß der „Großen Mutter“, die dann „in ihre unsichtbaren Gewänder gehüllt“ schläft.

(c) Mit dem, „das ist und dennoch nicht ist“, ist der Große Atem selbst gemeint, von dem wir nur als von absoluter Existenz sprechen können, den wir uns aber nicht als irgendeine Existenzform, die wir von Nichtexistenz unterscheiden könnten, in unserer Imagination ausmalen können. In der Esoterischen Philosophie bilden drei Perioden – die Gegenwart, die Vergangenheit und die Zukunft – eine verflochtene Zeit, denn die drei bilden nur in Beziehung auf die phänomenale Ebene eine zusammengesetzte Zahl, haben aber im Bereich der Noumena keine abstrakte Geltung. Einer Regel der Prasanga-Madhyamika-Lehre folgend, deren Dogmen seit ihrer Trennung von den rein esoterischen Schulen immer bekannt waren, besagt die Schrift:8 „Die vergangene Zeit ist die gegenwärtige Zeit, so auch die Zukunft, die, obwohl noch nicht ins Dasein getreten, doch ist.“ Kurz gesagt sind unsere Vorstellungen von Dauer und Zeit allesamt assoziativ von unseren [SD # 44] Empfindungen abgeleitet. Unentwirrbar mit der Relativität des menschlichen Erkennens verknüpft, können sie gleichwohl keine Existenz haben, außer in der Erfahrung des individuellen Egos, und sie werden verschwinden, wenn ihr evolutionärer Fortschritt die Maya der phänomenalen Existenz zerstreut. Was ist Zeit beispielsweise anderes als die panoramaartige Aufeinanderfolge unserer Bewusstseinszustände? Mit den Worten eines Meisters: „Ich fühle mich irritiert, diese drei unbeholfenen Worte – Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft – verwenden zu müssen; als erbärmliche Auffassungen der objektiven Phasen des subjektiven Ganzen sind sie für die Sache in etwa so ungeeignet wie eine Axt für eine feine Schnitzerei.“ Ein philosophisches Axiom besagt, dass man Paramartha erlangen muss, will man nicht allzu leichte Beute Samvritis werden.9

7. Die Ursachen des Daseins waren beseitigt (a); das Sichtbare, das war, und das Unsichtbare, das ist, ruhten im ewigen Nichtsein – dem einen Sein (b).

(a) „Die Ursachen des Daseins“ bedeuten nicht nur die der Wissenschaft bekannten physischen Ursachen, sondern die metaphysischen Ursachen, deren oberste das Verlangen nach Dasein ist, resultierend aus Nidana und Maya. Dieses Verlangen nach fühlendem Leben ist in allem erkennbar, vom Atom bis zur Sonne, es ist eine in objektives Dasein getriebene Spiegelung des Göttlichen Gedankens, in ein Gesetz, dass das Universum existieren solle. Nach der esoterischen Lehre bleibt die wirkliche Ursache dieses angenommenen Verlangens und allen Daseins für immer verborgen, und ihre ersten Emanationen sind die vollkommensten Abstraktionen, die das Denken überhaupt erfassen kann. Diese Abstraktionen müssen notwendigerweise als die Ursache des materiellen Universums, wie es sich den Sinnen und dem Intellekt darbietet, vorausgesetzt werden; sie liegen den sekundären und untergeordneten Kräften der Natur zugrunde, welche von der breiten Masse eines jeden Zeitalters anthropomorphisiert als Gott und Götter verehrt wurden. Sich etwas ohne Ursache vorzustellen, ist nicht möglich; es doch zu versuchen, macht den Verstand leer. [SD # 45] Gewissermaßen muss der Verstand schließlich diesen Zustand der Leere erreichen, wenn wir versuchen wollen, die Kette der Ursachen und Wirkungen zurückzuverfolgen; aber sowohl Wissenschaft als auch Religion wechseln viel rascher in diesen Zustand der Leere als notwendig, denn sie ignorieren die metaphysischen Abstraktionen, welche die einzige vorstellbare Ursache physischer Verdichtungen sind. Je näher die Abstraktionen unserer Daseinsebene kommen, desto konkreter werden sie, bis sie schließlich in der Form des materiellen Universums in Erscheinung treten. Analog der Kondensation von Dampf zu Wasser und der Verfestigung von Wasser zu Eis, geschieht das durch einen Prozess der Verwandlung des Metaphysischen ins Physische.

(b) Die Idee ewigen Nichtseins, welches das Eine Sein ist, wird jedem als ein Paradoxon erscheinen, der vergisst, dass unser gegenwärtiges Existenzbewusstsein unsere Vorstellungen vom Sein einschränkt und wir die Idee ewigen Nichtseins dadurch spezifisch und nicht allgemein auffassen. Wenn ein ungeborenes Kind in unserem Verständnis des Worts in der Lage wäre zu denken, würde es seine Vorstellung des Daseins notwendigerweise auf ähnliche Weise auf das intrauterine Leben beschränken, da es nichts anderes kennt; und sollte es den Versuch unternehmen, in seinem Bewusstsein eine Vorstellung vom Leben nach der Geburt (seinem Tod) zu machen, so würde es mangels Informationen, auf die es sich stützen könnte, und mangels der Fähigkeit, derartige Informationen zu interpretieren, dieses Leben wahrscheinlich als „Nichtsein, welches das wirkliche Sein ist“ bezeichnen. In unserem Fall ist das Eine Sein das Noumenon aller Noumena, von welchem wir wissen, dass es den Phänomenen zugrunde liegen muss und ihnen allen den ihnen entsprechenden Schatten von Realität verleiht; gegenwärtig besitzen wir aber weder Sinne noch Intellekt, dieses Noumenon erkennen zu können. Die in einer Tonne goldhaltigen Quarzes kaum wahrnehmbaren verstreuten Goldatome mögen für das bloße Auge des Bergmannes nicht wahrnehmbar sein, und doch weiß er nicht nur, dass sie da sind, sondern auch, dass sie allein sein Quarz wertvoll machen; und dieses Verhältnis des Goldes zum Quarz mag eine schwache Andeutung vom Verhältnis des Noumenons zum Phänomen darstellen. Doch der Bergmann weiß, wie das Gold aussehen wird, wenn es aus dem Quarz gewonnen ist, während der gewöhnliche Sterbliche sich keine Vorstellung von der Wirklichkeit der Dinge machen kann, wenn sie von der Maya getrennt sind, die sie verhüllt und in der sie verborgen sind. Der Initiierte allein – an Wissen reich, das zahllose Generationen seiner Vorgänger erworben haben – richtet das „Auge des Dangma“ auf die Essenz der Dinge, auf welche keine Maya irgendeinen Einfluss haben kann. Hier werden die Lehren der Esoterischen Philosophie in Bezug auf die Nidanas und die vier Wahrheiten höchst wichtig; sie sind jedoch geheim.

[SD # 46]´

8. allein erstreckte sich die eine Form der Existenz grenzenlos, unendlich, ursachlos, in traumlosem Schlaf (a); und Leben pulsierte unbewusst im universalen Raum, in jener All-Gegenwart, die das „geöffnete Auge“10 des Dangma11 (b) wahrnimmt.

(a) Das moderne Denken tendiert dazu, auf die archaische Vorstellung einer homogenen Grundlage für scheinbar ganz verschiedene Dinge zurückzugreifen – sich aus Homogenität entwickelnde Heterogenität. Biologen suchen heute nach ihrem homogenen Protoplasma und Chemiker nach ihrer Ursubstanz, während die Naturwissenschaftler nach der Kraft forschen, deren verschiedene Differenzierungen Elektrizität, Magnetismus, Wärme und so weiter sind. Die Geheimlehre überträgt diese Vorstellung auf das Gebiet der Metaphysik und setzt die „eine Form der Existenz“ als Grundlage und Quelle aller Dinge voraus. Doch ist diese Bezeichnung vielleicht nicht ganz korrekt. Die Sanskritbezeichnung für die „eine Form der Existenz“ ist Prabhavapyaya, „der Ort oder vielmehr die Ebene, aus welcher der Ursprung hervorgeht und in welche sich alle Dinge auflösen“, sagt ein Kommentator. Sie ist nicht die „Weltenmutter“, wie Wilson übersetzt (siehe Buch I, Vishnu-Purana“); denn Jagad Yoni ist (wie Fitzedward Hall zeigt) weniger „die Mutter der Welt“ oder „der Schoß der Welt“, sondern vielmehr die „materielle Ursache des Universums“. Die Kommentatoren der Puranas bezeichnen sie als Karana – „Ursache“ –, die Esoterische Philosophie aber als den idealen Geist dieser Ursache. In einem sekundären Stadium ist sie das Svabhavat der buddhistischen Philosophen, ewige Ursache und Wirkung, allgegenwärtig und doch abstrakt, die selbstexistente plastische Essenz und die Wurzel aller Dinge; im selben dualen Licht betrachtet der Vedantist sein Parabrahman und seine Mulaprakriti – das eine in zwei Aspekten. Es erscheint in der Tat seltsam, große Gelehrte über die Möglichkeit spekulieren zu sehen, dass der Vedanta und insbesondere die Uttara-Mimansa „von den Lehren der Buddhisten evoziert worden seien“; [SD # 47] im Gegensatz dazu ist es der Buddhismus (von Gautama, dem Buddha), der „evoziert“ und gänzlich auf den Lehren der Geheimlehre errichtet wurde, die zu skizzieren hier teilweise versucht wird; und auf ihr fußen gleichermaßen auch die Upanishaden12. Nach den Lehren des Sri Shankaracharya13 ist das Obige unbestreitbar.

(b) Traumloser Schlaf ist einer von den in der orientalischen Esoterik bekannten sieben Bewusstseinszuständen. In jedem dieser Zustände tritt ein anderer Teil des Denkvermögens in Tätigkeit; oder, wie ein Vedantist es ausdrücken würde, das Individuum ist auf einer anderen Ebene seines Seins bewusst. Der Begriff „traumloser Schlaf“ wird in diesem Fall allegorisch auf das Universum angewendet, um einen Zustand auszudrücken, der diesem Bewusstseinszustand im Menschen analog ist, der deshalb, weil der Mensch sich im Wachzustand nicht daran erinnert, leer erscheint, gerade so wie der Schlaf des hypnotisierten Subjekts demselben als eine bewusstlose Leere erscheint, wenn es in seinen normalen Zustand zurückkehrt, obwohl es doch wie ein bewusstes Individuum gesprochen und gehandelt hat.

9. Aber wo war der Dangma, als die Alaya des Universums (Seele als die Grundlage von allem, Anima Mundi) in Paramartha (a) (absolutes Sein und Bewusstsein, die absolutes Nichtsein und Unbewusstsein sind) und das große Rad Aupapaduka war (b)?

[SD # 48] (a) Vor uns liegt der Gegenstand Jahrhunderte andauernder akademischer Dispute. Mehr als alle anderen mystischen Ausdrücke waren die beiden Bezeichnungen „Alaya“ und „Paramartha“ die Ursache für Aufspaltungen von Schulen und den Zerfall der Wahrheit in unterschiedliche Aspekte. Alaya bedeutet wörtlich „Weltseele“ oder Anima Mundi, Emersons „Überseele“, welche nach der esoterischen Lehre ihre Natur periodisch verändert. Obwohl ihrem inneren Wesen nach auf den sowohl für den Menschen als auch für die kosmischen Götter (Dhyani-Buddhas) unerreichbaren Ebenen ewig und unveränderlich, verändert sich Alaya während der aktiven Lebensperiode auf den niederen Ebenen – unsere mit eingeschlossen. Während dieser Zeit sind nicht nur die Dhyani-Buddhas in Seele und Essenz eins mit Alaya, sondern sogar der (in mystischer Meditation) fortgeschrittene Yogi „ist in der Lage, seine Seele darin aufgehen zu lassen“ (Aryasangha, die Bumapa-Schule). Das ist nicht Nirvana, sondern ein diesem sehr nahe kommender Zustand. Daher die Meinungsverschiedenheiten. Während also die Yogacharyas (der Mahayana-Schule) sagen, Alaya (Nyingpo und Tsang im Tibetischen) sei die Personifikation der Leere und doch gleichzeitig die Grundlage jedes sichtbaren und unsichtbaren Dinges, und dass Alaya sich doch, obwohl seiner Essenz nach ewig und unveränderlich, in jedem Gegenstand des Universums spiegele „wie der Mond in klarem, ruhigem Wasser“, bestreiten andere Schulen diese Behauptung. Dasselbe gilt für Paramartha: Die Yogacharyas interpretieren den Ausdruck als das, was auch von anderen Dingen (paratantral) abhängt; und die Madhyamikas sagen, dass Paramartha auf Paranishpanna oder absolute Vollkommenheit beschränkt sei; d. h. in der Auslegung dieser „zwei Wahrheiten“ (von vier) glauben und behaupten die Ersteren, dass (auf dieser Ebene wenigstens) nur Samvriti-Satya oder relative Wahrheit existiert. Die Letzteren lehren die Existenz Paramartha-Satyas, der „absoluten Wahrheit“.14 „Kein Arhat, oh Bettelmönche, kann vollkommene Erkenntnis erreichen, bevor er eins geworden ist mit Paranirvana. Parikalpita und Paratantra sind seine beiden großen Feinde“ („Aphorismen der Bodhisattvas“). Parikalpita (im Tibetanischen Kun-ttag) ist Irrtum, von jenen begangen, die unfähig sind, die Leere und die illusorische Natur von allem zu erkennen, die an die Existenz von etwas glauben, das nicht existiert – z. B. an das Nichtego. Und [SD # 49] Paratantra ist das, welches – was immer es auch sei – lediglich durch ein Abhängigkeits- oder Kausalverhältnis existiert und verschwinden muss, sobald seine Entstehungsursache entfernt wird – z. B. die Flamme am Docht. Vernichte oder lösche sie – und das Licht verschwindet.

Die Esoterische Philosophie lehrt, dass alles lebt und bewusst ist, aber nicht, dass auch alle Lebens- und Bewusstseinsformen denen der menschlichen oder auch tierischen Wesen ähnelt. Wir betrachten das Leben als „die eine Form der Existenz“, die sich in dem manifestiert, was Materie genannt wird; oder was wir, wie beim Menschen, irrtümlich trennen und Geist, Seele und Materie nennen. Materie ist das Vehikel für die Manifestation der Seele auf dieser Daseinsebene, und die Seele ist auf einer höheren Ebene das Vehikel für die Manifestation des Geistes, und diese drei sind eine Dreifaltigkeit, die durch das Leben, das sie alle durchströmt, synthetisiert wird. Das universale Leben ist eine jener alten Vorstellungen, welche infolge der Befreiung des menschlichen Gemüts von der anthropomorphisierten Theologie in diesem Jahrhundert zurückgekehrt sind. Es ist wahr, die Wissenschaft begnügt sich damit, die Anzeichen eines universalen Lebens zu verfolgen oder zu postulieren und war bis jetzt noch nicht kühn genug, „Anima Mundi“ auch nur zu flüstern ! Die Vorstellung von „kristallinem Leben“, der Wissenschaft heute vertraut, wäre noch vor einem halben Jahrhundert verfolgt worden. Botaniker forschen heute nach den Nerven der Pflanzen: Nicht etwa, weil sie annehmen, dass die Pflanzen wie Tiere fühlen oder denken können, sondern weil sie glauben, dass zur Erklärung von Wachstum und Ernährung in der Pflanzenwelt eine gewisse Struktur notwendig sei, welche dieselbe funktionelle Bedeutung für das pflanzliche Leben wie die Nerven für das tierische Leben besitzt. Es scheint kaum möglich, dass sich die Wissenschaft viel länger durch den bloßen Gebrauch von Begriffen wie „Kraft“ und „Energie“ der Tatsache verschließen kann, dass Dinge, die Leben aufweisen, ob es sich um Atome oder Planeten handelt, lebendig sind.

Der Leser mag die Frage aufwerfen, was denn nun die Überzeugung der inneren esoterischen Schulen sei. Welche Lehren über diesen Gegenstand besitzen die esoterischen „Buddhisten“? Bei ihnen hat „Alaya“ eine doppelte und sogar dreifache Bedeutung. Im Yogacharya-System der kontemplativen Mahayana-Schule ist Alaya sowohl die Universalseele (Anima Mundi) als auch das Selbst eines fortgeschrittenen Adepten. „Wer im Yoga fortgeschritten ist, kann mithilfe der Meditation seine Alaya nach Belieben in die wahre Natur der Existenz eingehen lassen.“ Die „Alaya hat eine absolute, ewige Existenz“, sagt Aryasangha – der Rivale Nagarjunas.15 In einem Sinne ist sie Pradhana, [SD # 50] welcher im Vishnu-Purana“ folgendermaßen erklärt wird: „Jene unevolvierte Ursache wird von den hervorragendsten Weisen mit Nachdruck Pradhana genannt, die Ur-Grundlage, die subtile Prakriti, nämlich jene, die ewig ist und zugleich ist (oder versteht), was ist und was nicht ist, oder die einen bloßen Prozess darstellt.“ „Prakriti“ ist jedoch ein unkorrektes Wort, Alaya würde es besser erklären, denn Prakriti ist nicht das „unerkennbare Brahman“16. Wer über die seit der Wiege der menschlichen Rassen fortdauernde Universalität der okkulten Lehren nichts weiß, insbesondere jene Gelehrten, welche die Vorstellung einer „ursprünglichen Offenbarung“ ablehnen, liegt falsch, wenn er lehrt, dass die Anima Mundi, das Eine Leben oder die „Universalseele“, erst von Anaxagoras oder während seiner Zeit verbreitet wurde. Dieser Philosoph machte die Lehre lediglich bekannt, um Demokrits allzu materialistischen Vorstellungen über die Kosmogonie entgegenzutreten, die auf seiner exoterischen Theorie der blind angetriebenen Atome basierten. Anaxagoras von Klazomenae hatte diese Lehre jedoch nicht erfunden, er verbreitete sie lediglich, wie Platon auch. Das, was er Weltintelligenz nannte, den Nous (νοῦς), das Prinzip, das seiner Auffassung nach absolut getrennt, von Materie frei und nach einem Plan17 tätig ist, wurde lange vor dem Jahr 500 v. Chr. in Indien Bewegung genannt, das Eine Leben oder Jivatman. Nur maßen die arischen Philosophen dem Prinzip, das für sie unendlich ist, niemals das endliche „Attribut“ des „Denkens“ bei.

Das führt den Leser naturgemäß zum „Absoluten Geist“ Hegels und der deutschen Transzendentalisten, ein Kontrast, auf den hinzuweisen nützlich sein könnte. Die Schulen von Schelling und Fichte entfernten sich weit von dem ursprünglichen, archaischen Begriff eines absoluten Prinzips und spiegelten lediglich einen Aspekt der Grundidee des Vedantas wider. Selbst der von von Hartmann in seiner pessimistischen Philosophie des Unbewussten dunkel angedeutete „absolute Geist“ bleibt hinter der Wirklichkeit ähnlich weit zurück, wenn er auch vielleicht die engste Annäherung der europäischen Spekulation an die Hindu-Advaita-Lehren darstellt.

[SD # 51] Nach Hegel hätte das „Unbewusste“ niemals die gewaltige und mühevolle Aufgabe der Evolution des Universums unternommen, es sei denn in der Hoffnung, klares Selbstbewusstsein zu erlangen. In diesem Zusammenhang muss bedacht werden, dass die europäischen Pantheisten den von ihnen als Äquivalent zu Parabrahman benutzten Geist als unbewusst bezeichnen und ihm damit nicht die übliche Bedeutung beimessen. Geist wird mangels eines besseren Ausdrucks verwendet, um ein tiefes Geheimnis zu symbolisieren.

Das „absolute Bewusstsein“, so sagen sie uns, „hinter“ den Phänomenen, das lediglich dann als Unbewusstsein bezeichnet wird, wenn sämtliche persönlichen Elemente fehlen, übersteigt das menschliche Begriffsvermögen. Unfähig, sich auf andere Weise als über empirische Phänomene einen Begriff zu machen, ist der Mensch infolge der Konstitution seines Wesens nicht in der Lage, den Schleier zu lüften, welcher die Erhabenheit des Absoluten verbirgt. Nur der befreite Geist ist fähig, die Natur der Quelle, aus welcher er entsprang und in die er schließlich zurückkehren muss, undeutlich zu erkennen. . . . Aber da selbst der höchste Dhyan Chohan sich vor dem ehrfurchtgebietenden Geheimnis des absoluten Wesens nur in Unwissenheit verbeugen kann; und da selbst am Höhepunkt der bewussten Existenz, „dem Eintauchen des individuellen in das universale Bewusstsein“, um Fichtes Worte zu gebrauchen, das Endliche das Unendliche weder begreifen noch an dasselbe den Maßstab seiner eigenen mentalen Erfahrungen anlegen kann, wie könnte man da behaupten, dass das „Unbewusste“ und das Absolute einen auch nur instinktiven Impuls oder die Hoffnung haben könnten, klares Selbstbewusstsein zu erlangen?18 Ein Vedantist würde diese Hegelsche Idee niemals gelten lassen; und der Okkultist würde sagen, dass sie vollkommen zutrifft auf das erwachte Mahat, das Universalgemüt, welches bereits als erster Aspekt des unwandelbaren Absoluten in die phänomenale Welt projiziert wurde, aber niemals auf das Absolute selbst. „Geist und Materie oder Purusha und Prakriti sind lediglich die beiden ursprünglichen Aspekte des Einen und Zweitlosen“, hat man uns gelehrt.

Der die Materie bewegende Nous, die allen Atomen innewohnende belebende Seele, im Menschen manifestiert und latent im Stein, besitzt verschiedene Grade der Kraft; und diese pantheistische Idee einer allgemeinen, die gesamte Natur durchdringenden Geist-Seele ist die älteste aller philosophischen Vor­stellungen. Auch war der Archaeus weder eine Entdeckung des Paracelsus noch seines Schülers Van Helmont, sondern es handelt sich dabei, in einer lokalen Version, wieder um denselben Archaeus oder „Vater-Ether“ – die manifestierte Grundlage [SD # 52] und Quelle der unzähligen Phänomene des Lebens. Die ganze Reihe zahlloser Spekulationen dieser Art sind nur Variationen dieses Themas, dessen Grundton in dieser Uroffenbarung angeschlagen wurde (siehe Teil II, „Ursubstanz“).

(b) Der Ausdruck Aupapaduka, „elternlos“, oder ohne Vorfahren, ist eine mystische Bezeichnung, die in der Philosophie unterschiedliche Bedeutungen hat. Generell sind damit die himmlischen Wesen, die Dhyan Chohans oder die Dhyani-Buddhas, gemeint. Da zwischen diesen und den menschlichen Buddhas und Bodhisattvas, bekannt als die „Manushya (oder menschlichen) Buddhas“, eine mystische Entsprechung besteht, werden Letztere ebenfalls als „Aupapaduka“ bezeichnet, sobald ihre gesamte Persönlichkeit in ihrem zusammengesetzten sechsten und siebten Prinzip – oder Atman-Buddhi – aufgegangen ist und sie zu „Diamantseelen“ (Vajra-Sattvas)19 – den vollen Mahatmas – geworden sind. Der „verborgene Herr“ (Sangbai Dag-po) – „der mit dem Absoluten verschmolzene Eine“ – kann keine Eltern haben, da er selbst-existent und mit dem Universalgeist (Svayambhu) eins ist,20 Svabhavat im höchsten Aspekt. Das Mysterium in der Hierarchie der Aupapadukas ist großartig, ihre Spitze ist die universale Geist-Seele, und die untere Sprosse der Manushya-Buddha; und selbst jeder seelenbegabte Mensch ist ein Aupapaduka in einem latenten Zustand. Daher stammt – wenn vom Universum in seinem formlosen, ewigen oder absoluten Zustand gesprochen wird, bevor es von den „Baumeistern“ gestaltet wurde – der Ausdruck: „Das Universum war Aupapaduka.“ (Siehe Teil II, „Ursubstanz“)

[SD # 53]
STANZE II
Kommentare

1. . . . Wo waren die Baumeister, die leuchtenden Söhne des aufdämmernden Manvantaras? (a) . . . In dem unbekannten Dunkel in ihrem Ah-hi (chohanisch, Dhyani-buddhisch) Paranishpanna, die Erschaffer der Form (Rupa) aus der Nichtform (Arupa) – die Wurzel der Welt – die Devamatri21 und Svabhavat ruhten in der Seligkeit des Nichtseins (b).

(a) Die „Baumeister“, die „Söhne des aufdämmernden Manvantaras“, sind die wahren Schöpfer des Universums; und in dieser Lehre, welche lediglich unser eigenes Planetensystem betrifft, werden sie als die Architekten des Letzteren auch die „Wächter“ der sieben Kugeln genannt, die exoterisch die sieben Planeten und esoterisch auch die sieben Erden oder Globen (Planeten) unserer Kette sind. Der Anfangssatz der Stanze I bezieht sich, wenn „sieben Ewigkeiten“ erwähnt werden, sowohl auf das Maha-Kalpa oder „das (große) Zeitalter Brahmâs“, als auch auf das solare Pralaya und das darauf folgende Wiedererwachen unseres Planetensystems auf einer höheren Ebene. Es gibt viele Arten von Pralaya (Auflösung eines sichtbaren Dinges), wie an anderer Stelle gezeigt werden wird.

(b) Paranishpanna ist, man erinnere sich, das summum bonum, das Absolute, somit dasselbe wie Paranirvana. Abgesehen davon, dass dies der Endzustand ist, bedeutet es auch jenen Zustand der Subjektivität, welcher zu nichts in Beziehung steht als zu der einen absoluten Wahrheit (Paramartha-Satya) auf seiner eigenen Ebene. Dieser Zustand führt uns dazu, die volle Bedeutung des Nichtseins zu erfassen, welches, wie bereits erläutert, absolutes Sein ist. Früher oder später wird alles, was jetzt scheinbar existiert, in Wirklichkeit und tatsächlich im Zustand von Paranishpanna sein. Zwischen bewusstem und unbewusstem „Sein“ besteht jedoch ein großer Unterschied. Der Zustand von Paranishpanna ohne Paramartha, dem selbstanalysierenden [SD # 54] Bewusstsein (Svasamvedana), ist keine Glückseligkeit, sondern bloße Auslöschung (sieben Ewigkeiten andauernd). So wird eine den brennenden Sonnenstrahlen ausgesetzte Eisenkugel zwar durch und durch erhitzt, im Gegensatz zum Menschen die Wärme jedoch nicht fühlen oder zu schätzen wissen. Nur „mit einem klaren und nicht von der Persönlichkeit verdunkelten Gemüt sowie durch die Assimilation von Verdiensten aus mannigfachen Existenzen, die dem Sein in seiner Gesamtheit (dem ganzen lebenden und fühlenden Universum) gewidmet sind“, wird man von persönlicher Existenz befreit, taucht in das Absolute22 ein und wird eins mit ihm und bleibt in vollem Besitz von Paramartha.

2. . . . Wo war die Stille? Wo die Ohren, sie wahrzunehmen? Nein! Es gab weder Stille noch Klang (a). Nichts außer unaufhörlichem, ewigem Atem (Bewegung), der sich selbst nicht kennt (b).

(a) Die Vorstellung, dass Dinge aufhören zu existieren und doch noch sein können, stellt eine fundamentale Idee der östlichen Psychologie dar. Hinter diesem scheinbaren Widerspruch der Begriffe versteckt sich eine Naturtatsache, welche zu verstehen sehr viel wichtiger ist als über ihre Worte zu diskutieren. Ein bekanntes Beispiel eines ähnlichen Paradoxons liefern uns chemische Verbindungen. Die Frage, ob Wasserstoff und Sauerstoff zu existieren aufhören, sobald sie sich zu Wasser verbinden, ist noch strittig; die einen argumentieren, die Elemente müssten immer vorhanden sein, da sie nach der Zerlegung des Wassers wieder erscheinen; andere wiederum behaupten, sie müssten ihre eigenständige Existenz aufgegeben haben, da sie sich ja tatsächlich in etwas gänzlich Verschiedenes verwandelt hätten; keine der Parteien ist jedoch imstande, sich auch nur die entfernteste Vorstellung vom wirklichen Zustand eines Dinges zu machen, das sich in etwas anderes verwandelt hat und doch nicht aufgehört hat, es selbst zu sein. Man kann sagen, dass für Sauer- und Wasserstoff die Existenz als Wasser ein Zustand von Nichtsein ist, welcher im Vergleich zu ihrer Existenz als Gase eine „größere Wirklichkeit“ darstellt; und das kann den [SD # 55] Zustand des Universums andeuten, wenn es zur Ruhe geht oder während der „Nächte Brahmâs“ aufgehört hat zu sein – um zu erwachen und wieder zu erscheinen, sobald es von dem aufdämmernden neuen Manvantara erneut zu dem aufgerufen wird, was wir Existenz nennen.

(b) Die archaische Esoterik wendet die Bezeichnung des „Atems“ der Einen Existenz lediglich auf den spirituellen Aspekt der Kosmogonie an; ansonsten wird er durch sein Äquivalent auf der materiellen Ebene ersetzt – Bewegung. Das eine ewige Element oder das dieses Element enthaltende Vehikel ist der in jeglichem Sinn dimensionslose Raum; zusammen mit ihm existieren die endlose Dauer, ursprüngliche (und somit unzerstörbare) Materie sowie Bewegung – absolute, „beständige Bewegung“, welche der „Atem“ des „einen“ Elements ist. Wie wir gesehen haben, kann dieser Atem niemals aufhören, nicht einmal in den Ewigkeiten der Pralayas (sieheChaos, Theos, Kosmos“ in Teil II).

Doch der „Atem der Einen Existenz“ bezieht sich trotzdem nicht auf die eine Ursachlose Ursache oder die „All-Seinheit“ (im Gegensatz zum All-Seienden, welcher Brahmâ oder das Universum ist). Brahmâ (oder Hari), der viergesichtige Gott, welcher „die Schöpfung vollbrachte“, nachdem er die Erde aus den Wassern gehoben hatte, gilt lediglich als die unterstützende und nicht als die ideale Ursache, wie klar impliziert. Kein Orientalist scheint bisher den wirklichen Sinn der von der „Schöpfung“ handelnden Verse der Puranas vollständig erfasst zu haben.

In ihnen ist Brahmâ die Ursache der Mächte, die anschließend für das Werk der „Schöpfung“ erschaffen werden sollen. Wenn ein Übersetzer sagt: „Und von ihm gehen die zu erschaffenden Kräfte aus, sobald sie zur wirklichen Ursache geworden sind“, würde es vielleicht korrekter heißen: „Und von es gehen die Mächte aus, die schöpfen werden, indem sie zur wirklichen Ursache (auf der materiellen Ebene) werden.“ Außer dieser einen (ursachlosen) idealen Ursache gibt es keine andere, auf welche das Universum bezogen werden könnte. „Würdigster der Asketen! Durch ihre Macht – d. h. durch die Macht dieser Ursache – entsteht jedes erschaffene Ding aus seiner ihm innewohnenden oder eigentlichen Natur.“ Wenn laut dem Vedanta und dem Nyaya die wirkende Ursache Nimitta ist und nicht die materielle Ursache Upadana (im Sankhya vereint Pradhana die beiden Funktionen in sich), so kann in der alle diese Systeme miteinander in Übereinstimmung bringenden Esoterischen Philosophie, welche den von den Advaita-Vedantisten dargestellten Vedanta am besten auslegt, über nichts anderes als Upadana spekuliert werden. Was im Sinne der Vaishnavas (dem Visishtadvaita) dem Realen als das Ideale – oder Parabrahman und Iswara – gegenübersteht, darüber kann nicht öffentlich spekuliert werden, da [SD # 56] dieses Ideal selbst eine Fehlbezeichnung darstellt, wenn es auf das angewendet wird, worüber sich kein menschlicher Verstand – nicht einmal der eines Adepten – eine Vorstellung machen kann.

Dass etwas sich selbst erkennen kann, erfordert Bewusstsein und Wahr­nehmung (beide stellen im Verhältnis zu einem beliebigen Subjekt begrenzte Fähigkeiten dar, mit Ausnahme von Parabrahman). Daher der „Ewige Atem, der sich selbst nicht kennt“. Unendlichkeit kann Endlichkeit nicht erfassen. Das Grenzenlose kann keine Beziehung zum Begrenzten und Bedingten haben. In den okkulten Lehren ist der unbekannte und unerkennbare Beweger oder das Selbstexistierende die absolute Göttliche Essenz. Und da sie also Absolutes Bewusstsein und Absolute Bewegung ist, bedeutet sie für die begrenzten Sinne derer, die dieses Unbeschreibliche beschreiben, Unbewusstsein und Bewegungslosigkeit. Konkretes Bewusstsein kann nicht aus abstraktem Bewusstsein vorausbestimmt werden, nicht mehr als die Eigenschaft der Feuchtigkeit aus dem Wasser – Feuchtigkeit ist ein selbständiges Attribut und die Ursache der Eigenschaft der Feuchtigkeit in anderen Dingen. Bewusstsein impliziert Begrenzungen und Einschränkungen, nämlich ein Objekt, dessen man sich bewusst ist, und jemanden, der sich des Objektes bewusst ist. Absolutes Bewusstsein schließt aber den Erkenner, das Erkannte und das Erkennen in sich ein, alle drei in sich selbst und alle drei als eines. Das Bewusstsein eines Menschen übersteigt niemals den Teil seines Wissens, den er sich zu einem beliebigen Zeitpunkt gerade ins Gedächtnis gerufen hat. Zugleich haben wir wegen der Begrenzungen unserer Sprache keine Begriffe, um zwischen dem Wissen, das gerade nicht aktiv gedacht wird, und dem Wissen, das wir uns nicht ins Gedächtnis rufen können, unterscheiden zu können. Zu vergessen ist ein Synonym dafür, sich nicht zu erinnern. Um wie viel schwieriger muss sich die Suche nach Begriffen gestalten, um abstrakte metaphysische Tatsachen oder Verschiedenheiten beschreiben oder unterscheiden zu können. Es darf auch nicht vergessen werden, dass wir die Dinge nach den Erscheinungen, die sie für uns annehmen, benennen. Wir nennen Absolutes Bewusstsein „Unbewusstheit“, da es uns scheint, als müsste es notwendigerweise so sein, gerade so wie wir das Absolute „Dunkelheit“ nennen, weil es unserem begrenzten Verständnis völlig undurchdringlich erscheint. Doch erkennen wir deutlich, dass unsere Wahrnehmung solcher Dinge diesen selbst nicht gerecht wird. In unserem Gemüt unterscheiden wir beispielsweise unwillkürlich zwischen unbewusstem absolutem Bewusstsein und Unbewusstheit, indem wir Ersteres insgeheim mit irgendeiner unbestimmten Qualität ausstatten, die auf einer für unsere Gedanken höheren, unerreichbaren Ebene dem entspricht, was wir in uns selbst als Bewusstsein kennen. Aber wir sind nicht in der Lage, diese Art von Bewusstsein von dem zu unterscheiden, was uns als Unbewusstheit erscheint.

[SD # 57]

3. Noch hatte die Stunde nicht geschlagen; der Strahl war noch nicht in den Keim geblitzt (a); die Matripadma (Mutter-Lotus) war noch nicht angeschwollen (b).23

(a) Der Strahl aus dem „immer Dunklen“ wird, sobald emittiert, ein Strahl glänzenden Lichts oder Lebens und blitzt in den „Keim“ – den Punkt im Weltenei, repräsentiert von der Materie in ihrem abstrakten Sinn. Aber der Begriff „Punkt“ darf nicht so verstanden werden, als ob damit irgendein bestimmter Punkt im Raum gemeint sei, denn im Zentrum eines jeden Atoms existiert ein Keim, und diese Keime bilden in ihrer Gesamtheit „den Keim“; oder vielmehr, da Atome für unser physisches Auge nicht sichtbar gemacht werden können, bildet deren Gesamtheit (wenn der Ausdruck für etwas gebraucht werden kann, das grenzenlos und unendlich ist) das Noumenon ewiger und unzerstörbarer Materie.

(b) Eine der symbolischen Zeichen der dualen schöpferischen Kraft der Natur (Materie und Energie auf der materiellen Ebene) ist Padma, die indische Wasserlilie. Der Lotus ist das Produkt von Hitze (Feuer) und Wasser (Dampf oder Ether). Das Feuer symbolisiert in jedem philosophischen und religiösen System den Geist der Gottheit24, das aktive, männliche, hervorbringende Prinzip; und Ether, oder die Seele der Materie, das Licht des Feuers, symbolisiert das weibliche Prinzip, aus dem alles in diesem Universum emanierte. Somit ist Ether oder Wasser die Mutter und Feuer der Vater. Sir W. Jones (und vor ihm die archaische Botanik) zeigte, dass die Lotussamen – selbst bevor sie keimen – vollkommen geformte Blätter enthalten, die Miniaturgestalt dessen, was sie eines Tages als ausgewachsene Pflanzen werden: Auf diese Weise gibt uns die Natur ein Muster für die Vorgestaltung ihrer Erzeugnisse . . . die Samen sämtlicher richtige Blüten hervorbringender Phanerogame enthalten ein fertig ausgebildetes embryonales Pflänzchen25 (siehe Teil II, „Die Lotusblume als ein universales Symbol“). Das erklärt den Satz: „Die Mutter war noch nicht angeschwollen“ – in der archaischen Symbolik wird für gewöhnlich die Form der inneren oder Grundidee geopfert.

Der Lotus oder Padma ist übrigens ein sehr altes und beliebtes [SD # 58] Symbol für den Kosmos selbst und auch für den Menschen. Die darauf häufig angeführten Gründe sind erstens die eben erwähnte Tatsache, dass der Lotussamen eine vollkommene Miniatur der zukünftigen Pflanze enthält, was die Tatsache versinnbildlicht, dass die geistigen Prototypen aller Dinge in der immateriellen Welt existieren, bevor diese Dinge auf der Erde materialisiert werden. Zweitens die Tatsache, dass die Lotuspflanze durch das Wasser emporwächst, während sie in der Ilys oder dem Schlamm wurzelt und ihre Blüte nach oben in die Luft ausbreitet. Der Lotus versinnbildlicht somit das Leben des Menschen und auch des Kosmos, denn die Geheimlehre lehrt, dass die Elemente beider dieselben sind und dass beide sich in dieselbe Richtung entwickeln. Die im Schlamm versenkte Wurzel des Lotus stellt das materielle Leben dar; der durch das Wasser aufsteigende Stengel versinnbildlicht das Dasein in der Astralwelt; und die auf dem Wasser schwimmende und sich zum Himmel öffnende Blüte symbolisiert das geistige Sein.

4. Ihr Herz hatte sich dem einen Strahl noch nicht geöffnet, damit dieser eindringen könne, um daraufhin als Drei in die Vier in den Schoss Mayas zu fallen (a).

(a) Die Ursubstanz war noch nicht aus ihrer präkosmischen Latenz in differenzierte Objektivität getreten, ja nicht einmal zu dem (für den Menschen bislang) unsichtbaren Protyl der Wissenschaft geworden. Aber wenn die Zeit gekommen ist, öffnet sie ihr Herz für die Einprägung des Göttlichen Gedankens (des Logos oder des männlichen Aspekts der Anima Mundi, Alayas) durch Fohat. Sie differenziert sich, und die Drei (Vater, Mutter, Sohn) werden in die Vier transformiert. Hierin liegt der Ursprung des doppelten Mysteriums der Dreieinigkeit und der unbefleckten Empfängnis. Der erste und fundamentale Lehrsatz des Okkultismus ist universale Einheit (oder Homogenität) in drei Aspekten. Das machte das Göttliche vorstellbar, welches als absolute Einheit dem endlichen Intellekt jedoch für immer unverstehbar bleiben muss. „Willst du an die in der Wurzel einer Pflanze tätige Kraft glauben oder dir die in der Erde verborgene Wurzel vorstellen, dann musst du über ihren Stengel oder Stamm nachdenken und über ihre Blätter und Blüten. Du kannst dir diese Kraft nicht unabhängig von diesen Objekten vorstellen. Das Leben kann nur durch den Baum des Lebens erkannt werden . . . “ (Yogaregeln). Die Idee absoluter Einheit [SD # 59] würde in unserer Vorstellung gänzlich zusammenfallen, hätten wir nichts Konkretes vor Augen, das diese Einheit enthält. Und da das Göttliche absolut ist, muss Es allgegenwärtig sein, daher gibt es kein Atom, das Es nicht in sich enthielte. Die Wurzeln, der Stamm und seine vielen Äste sind drei verschiedene Objekte, und doch sind sie ein Baum. Die Kabbalisten sagen: „Das Göttliche ist eines, weil Es unendlich ist. Es ist dreifach, weil es sich ewig manifestiert.“ Diese Manifestation ist dreifach in ihren Aspekten, denn jeder natürliche Körper bedarf nach Aristoteles dreier Prinzipien, um objektiv zu werden: Privation, Form und Materie26. Privation bedeutete im Sinne des großen Philosophen das, was die Okkultisten die dem Astrallicht eingeprägten Prototypen nennen – der niedrigsten Ebene und der Welt der Anima Mundi. Die Vereinigung dieser drei Prinzipien hängt von einem vierten ab – dem Leben, das von den Höhen des Unerreichbaren ausstrahlt, um auf den manifestierten Daseinsebenen zu einer universal verbreiteten Essenz zu werden. Und diese Vierheit (Vater, Mutter, Sohn als eine Einheit, und eine Vierheit als eine lebende Manifestation) führt zu der sehr archaischen Idee von der unbefleckten Empfängnis – jetzt schließlich zu einem Dogma der christlichen Kirche kristallisiert, die diese metaphysische Idee entgegen jedem gesunden Menschenverstand verfleischlicht hat. Denn es braucht einer nur die Kabbala zu lesen und ihre numerischen Erklärungsmethoden zu studieren, um den Ursprung dieses Dogmas zu finden. Er ist rein astronomischer, mathematischer und besonders metaphysischer Natur: Das männliche Element in der Natur (personifiziert in den männlichen Gottheiten und Logoi – Viraj oder Brahmâ; Horus oder Osiris etc. etc.) wird geboren durch eine und nicht aus einer unbefleckten Quelle, personifiziert als die „Mutter“, denn da die abstrakte Gottheit geschlechtslos und nicht einmal Sein sondern Sein-heit oder Leben selbst ist, kann dieses Männliche, das eine Mutter hat, keinen „Vater“ haben. Wir wollen das in der mathematischen Sprache des Verfassers von „The Source of Measures“ wiedergeben. Vom „Maß eines Menschen“ und seinem numerischen (kabbalistischen) Wert sprechend, schreibt er über die Genesis, Kap. IV, Vers 1: „Dieses [SD # 60] Maß heißt ‘Mensch gleich Jehovah’, und es wird wie folgt errechnet: 113 × 5 = 565, und der Wert 565 kann in der Form 56,5 × 10 = 565 ausgedrückt werden. Hier wird die Menschenzahl 113 zu einem Faktor von 56,5 × 10 und die (kabbalistische) Lesart des letzteren Zahlenausdrucks ist Jod, He, Vau, He oder Jehovah. . . . Die Zerlegung von 565 in 56,5 × 10 hat den Zweck, die Emanation des männlichen (Jod) aus dem weiblichen (Eva) Prinzip zu zeigen; oder sozusagen die Geburt eines männlichen Elementes aus einer unbefleckten Quelle – mit anderen Worten eine unbefleckte Empfängnis.“

So wiederholt sich auf der Erde das Mysterium, welches den Sehern zufolge auf der göttlichen Ebene aufgeführt wird. Der „Sohn“ der unbefleckten himmlischen Jungfrau (oder des undifferenzierten kosmischen Protyls, Materie in ihrer Unendlichkeit) wird auf der Erde als der Sohn der irdischen Eva wiedergeboren – unserer Mutter Erde, und wird zur Menschheit als Ganzem – zur vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen –, denn Jehovah oder Jod-He-Vau-He ist androgyn oder männlich und weiblich zugleich. Oben ist der Sohn der ganze Kosmos, unten ist er die Menschheit. Die Triade oder das Dreieck wird zur Tetraktys, der heiligen pythagoreischen Zahl, dem vollkommenen Viereck und einem sechsseitigen Würfel auf Erden. Der Makroprosopus (das große Angesicht) ist jetzt der Mikroprosopus (das kleinere Angesicht); oder, wie die Kabbalisten es ausdrücken, er wird zum „Alten der Tage“, indem er auf Adam Kadmon herabsteigt, um ihn als Vehikel für seine Manifestation zu benutzen, in Tetragrammaton verwandelt. Er ist jetzt im „Schoß der Maya“, der großen Illusion, und zwischen ihm und der Wirklichkeit steht das Astrallicht, der große Täuscher der begrenzten Sinne des Menschen, wenn nicht Erkenntnis durch Paramartha-Satya zu seiner Errettung erscheint.

5. Die Sieben (Söhne) waren noch nicht aus dem Gewebe des Lichts geboren. Das Dunkel allein war Vater-Mutter, Svabhavat; und Svabhavat war im Dunkel (a).

(a) Die Geheimlehre beschäftigt sich in den hier gegebenen Stanzen hauptsächlich, wenn nicht ausschließlich, mit unserem Sonnensystem und speziell mit unserer Planetenkette. Die „Sieben Söhne“ sind daher die Schöpfer der Letzteren. Diese Lehre wird später ausführlicher erklärt werden (siehe Teil II, „Theogonie der schöpferischen Götter“).

[SD # 61] Svabhavat, die das Universum ausfüllende „plastische Essenz“, ist die Wurzel aller Dinge. Svabhavat ist im Buddhismus sozusagen jener konkrete Aspekt der Abstraktion, welcher in der Hindu-Philosophie Mulaprakriti genannt wird. Es ist der Körper der Seele und das, was Ether im Verhältnis zu Akasha wäre, denn Letzteres ist das beseelende Prinzip des Ersteren. Chinesische Mystiker machten es zu einem Synonym von „Sein“. In dem Ekashloka-Shastra des Nagarjuna (des Lung-shu von China), von den Chinesen Yih-shu-lu-kia-lun genannt, heißt es, dass der Wortursprung von Yeu „Sein“ oder „Subhava“ ist, „die Substanz, welche sich selbst Substanz gibt“, auch von ihm erklärt mit der Bedeutung „ohne Handlung und mit Handlung“, „die Natur, die keine eigene Natur besitzt“. Subhava – und daraus Svabhavat – ist aus zwei Worten zusammengesetzt: Su „schön“, „ansehnlich“, „gut“ und Sva, „selbst“; und Bhava „Sein“ oder „Daseins-Zustände“.

6. Diese beiden sind der Keim, und der Keim ist – eins. Noch lag das Universum verborgen im Göttlichen Gedanken und im Göttlichen Busen. . . .

Der „Göttliche Gedanke“ impliziert nicht die Vorstellung eines göttlichen Denkers. Das Universum, nicht nur als vergangenes, gegenwärtiges und zukünftiges – was eine menschliche und endliche Idee darstellt, durch einen endlichen Gedanken zum Ausdruck gebracht –, sondern in seiner Gesamtheit, das Sat (ein unübersetzbarer Ausdruck), das absolute Wesen, mit Vergangenheit und Zukunft in einer ewigen Gegenwart kristallisiert, ist jener in einer sekundären oder manifestierten Ursache reflektierte Gedanke selbst. Wie das Mysterium Magnum des Paracelsus ist Brahman (Neutrum) für den menschlichen Verstand ein absolutes Geheimnis. Brahmâ, männlich-weiblich, sein Aspekt und die anthropomorphische Reflexion, ist den Empfindungen blinden Glaubens vorstellbar, was aber vom menschlichen Intellekt verworfen wird, sobald er die Oberhand gewinnt (siehe Teil II, „Ursubstanz und Göttlicher Gedanke“).

Daher rührt die Behauptung, dass sozusagen während des Prologs des Schöpfungsdramas oder des Anbeginns der kosmischen Evolution das Universum oder der „Sohn“ noch „im Göttlichen Gedanken“ verborgen liegt, der noch nicht in den „Göttlichen Schoß“ eingedrungen ist. Diese Idee – man beachte das wohl – ist die Wurzel und bildet den Ursprung sämtlicher Allegorien über die von unbefleckten Jungfrauen geborenen „Söhne Gottes“.

[SD # 62] STANZE III
Kommentare

1. . . . Das letzte Vibrieren der siebten Ewigkeit durchschauert die Unendlichkeit (a). Die Mutter schwillt an und breitet sich aus – von innen nach außen, gleich der Lotusknospe (b).

(a) Der scheinbar paradoxe Gebrauch des Ausdrucks „siebte Ewigkeit“, das Unteilbare teilend, ist in der Esoterischen Philosophie geheiligt. Letztere teilt die grenzenlose Dauer in eine unbedingte, ewige und universale Zeit sowie in eine bedingte (Khandakala). Erstere ist die Abstraktion oder das Noumenon der unendlichen Zeit (Kala), Letztere deren periodisch als Wirkung von Mahat (die von der manvantarischen Dauer begrenzte universale Intelligenz) erscheinendes Phänomen. Nach den Lehren einiger Schulen ist Mahat „das Erstgeborene“ Pradhanas (undifferenzierte Substanz oder der periodische Aspekt von Mulaprakriti, der Wurzel der Natur), welches (Pradhana) Maya genannt wird, die Illusion. In dieser Hinsicht, glaube ich, weicht die esoterische Lehre von den Vedanta-Lehren ab, und zwar sowohl von der Advaita- als auch von der Visishtadvaita-Schule. Denn sie besagt, dass im Gegensatz zu Mulaprakriti, das selbstexistierend, ursprungslos ist – kurz gesagt elternlos, Noumenon, Aupapaduka (eins mit Brahman) –, sein Phänomen Prakriti periodisch ist und lediglich ein Scheinbild des Ersteren. So ist Mahat bei den Okkultisten der Erstgeborene von Gnana (oder Gnosis), Erkenntnis, Weisheit oder der Logos – ein vom Absoluten Nirguna (Parabrahman, die eine Realität, „bar von Attributen und Qualitäten“; siehe Upanishaden) reflektiertes Scheinbild, während Mahat für einige Vedantisten eine Manifestation Prakritis oder der Materie darstellt.

(b) Daher war das „letzte Vibrieren der siebten Ewigkeit vorbestimmt“ – von keinem besonderen Gott, sondern es geschah Kraft des ewigen und unveränderlichen Gesetzes, welches die so anschaulich und zugleich poetisch als „Tage und Nächte Brahmâs“ bezeichneten großen Perioden von Aktivität und Ruhe verursacht. Die „von innen nach außen“ voranschreitende Ausbreitung der Mutter – an anderer Stelle als die „Wasser des Raumes“, die „universale Matrix“ etc. bezeichnet – deutet nicht eine von einem kleinen Zentrum oder Brennpunkt ausgehende Ausdehnung an, sondern bedeutet vielmehr die Entwicklung grenzenloser Subjektivität in ebenso grenzenlose Objektivität, ohne sich dabei auf Größe, Begrenzung oder Raum zu beziehen. „Die (für uns) ewig unsichtbare und immaterielle Substanz, ewig vorhanden, warf ihren periodischen Schatten von ihrer eigenen Ebene in den Schoß [SD # 63] Mayas.“ Daraus ergibt sich, dass es sich bei dieser Ausbreitung nicht um einen Größenzuwachs dreht – da unendliche Ausdehnung nicht noch größer werden kann –, sondern um eine Zustandsveränderung. Sie „breitete sich gleich der Knospe des Lotus aus“; denn die Lotuspflanze existiert nicht nur als ein Miniaturembryo in ihrem Samen (eine physische Charakteristik), sondern ihr Prototyp ist im Astrallicht während der gesamten manvantarischen Periode von der „Morgendämmerung“ bis zur „Nacht“ als ideale Form gegenwärtig, wie tatsächlich alles Übrige in diesem objektiven Universum: vom Menschen bis zum Würmchen, von Riesenbäumen bis zu den winzigsten Grashalmen.

All das, so lehrt uns die verborgene Wissenschaft, ist nur die vorübergehende Reflexion, der Schatten des ewigen idealen Prototyps im Göttlichen Gedanken; das Wort „ewig“, man beachte nochmals genau, steht hier lediglich im Sinn von „Äon“ – von Dauer lediglich während des von uns Manvantara genannten, scheinbar endlosen, aber doch begrenzten Aktivitätszyklus. Denn was ist die wirklich esoterische Bedeutung von Manvantara oder genauer Manu-Antara? Esoterisch bedeutet es „zwischen zwei Manus“, und jeder „Tag Brahmâs“ hat 14 davon. Ein solcher Tag besteht aus 1.000 Gruppen von jeweils vier Zeitaltern oder 1.000 „großen Zeitaltern“, den Maha-Yugas. Wir wollen jetzt den Begriff oder Namen Manu analysieren. Die Orientalisten und ihre Wörterbücher sagen uns, dass der Ausdruck „Manu“ von der Wurzel man, „denken“, abgeleitet ist und daher „der denkende Mensch“ bedeutet. Esoterisch ist jeder Manu jedoch – als anthropomorphisierter Schutzherr seines eigenen Zyklus (oder Runde) – lediglich die personifizierte Idee des „Göttlichen Gedankens“ (wie der hermetische „Pymander“); jeder der Manus ist daher der besondere Gott, der Schöpfer und Gestalter alles dessen, was während seines jeweiligen Seinszyklus oder Manvantaras erscheint. Fohat führt die Aufträge der Manus (oder der Dhyan Chohans) aus und veranlasst die idealen Prototypen, sich von innen nach außen auszudehnen – das bedeutet, dass sie in einer herabsteigenden Stufenfolge sämtliche Ebenen durchlaufen, vom Noumenon bis zum niedersten Phänomen, um schließlich auf der letzten, dem Gipfel der Illusion oder der dichtesten Materie, in die volle Objektivität zu erblühen.

2. Das Vibrieren breitet sich aus und berührt mit seinem raschen Flügel (gleichzeitig) das gesamte Universum und den Keim, der in der Dunkelheit weilt: der Dunkelheit, die über den schlummernden Wassern des Lebens atmet (sich bewegt). . . (a)

[SD # 64] (a) Auch über die pythagoreische Monade wird gesagt, dass sie gleich dem „Keim“ in Einsamkeit und Dunkelheit weilt. Die Idee des „Atems“ der Dunkelheit, welcher sich über „den schlummernden Wassern des Lebens“ bewegt, was die Urmaterie mit dem latenten Geist in ihr symbolisiert, erinnert an das erste Kapitel der Genesis. Ihr Ursprung geht auf den brahmanischen Narayana (der sich über die Wasser bewegt) zurück, die Personifikation des ewigen Atems des unbewussten Alls (oder Parabrahman) der östlichen Okkultisten. Die Wasser des Lebens oder das Chaos – in der Symbolik das weibliche Prinzip – stellen (in unserer mentalen Sichtweise) das Vakuum dar, in welchem Geist und Materie latent vorhanden sind. Das war es, was Demokrit im Namen seines Lehrers Leukippos behauptete, nämlich dass die Urprinzipien aller Dinge Atome und ein Vakuum seien, und zwar im Sinne von Raum, aber nicht von leerem Raum, da nach den Peripatetikern und allen alten Philosophen „die Natur vor der Leere zurückschreckt“.

Wasser“ spielt in allen Kosmogonien dieselbe wichtige Rolle. Es ist die Grundlage und die Quelle aller materiellen Existenz. Wissenschaftler, die das Wort irrtümlicherweise buchstäblich auffassten und damit die konkrete chemische Verbindung von Sauerstoff und Wasserstoff meinten, gaben dem Ausdruck damit eine spezifische Bedeutung, wobei es von den Okkultisten in einem allgemeinen Sinn gebraucht wird und in der Kosmogonie eine metaphysische und mystische Bedeutung hat. Eis ist kein Wasser, Dampf auch nicht, obwohl alle drei genau dieselbe Zusammensetzung chemisch aufweisen.

3. Dunkelheit strahlt Licht aus, und das Licht sendet einen einzelnen Strahl in die Wasser, in die mütterliche Tiefe. Der Strahl durchdringt das jungfräuliche Ei; der Strahl lässt das ewige Ei erzittern und so den nicht-ewigen (periodischen) Keim hervorbringen, der sich zum Weltenei verdichtet (a).

(a) Der in die mütterliche Tiefe gesenkte einzelne Strahl kann als Göttlicher Gedanke oder Intelligenz aufgefasst werden, welche das Chaos befruchtet. Das geschieht jedoch auf der Ebene metaphysischer Abstraktion, oder vielmehr auf jener Ebene, auf der die von uns so bezeichnete metaphysische Abstraktion eine Wirklichkeit ist. Das jungfräuliche Ei – in einem Sinne die abstrakte Ei-heit oder die Fähigkeit, durch Befruchtung entwickelt zu werden – ist ewig und für immer dasselbe. Und geradeso wie das Ei vor dem Legen be­fruchtet wird, enthält auch der nicht-ewige, periodische Keim, der später in der [SD # 65] Symbolik zum Weltenei wird, mit dem Auftauchen aus diesem Symbol in sich selbst „das Versprechen und die Potenz“ des gesamten Universums. Obwohl die Idee per se natürlich eine Abstraktion darstellt, eine symbolische Ausdrucksweise, ist sie doch wahrlich ein Symbol, das auf einen endlosen Kreis als Vorstellung der Unendlichkeit hindeutet. Sie lässt vor dem geistigen Auge das Bild des sich aus dem und im grenzenlosen Raum erhebenden Kosmos entstehen, eines in seiner Größe uferlosen Universums, wenn es auch in seiner objektiven Manifestation nicht gleichermaßen endlos ist. Der Vergleich mit dem Ei hebt auch die im Okkultismus gelehrte Tatsache hervor, dass die Kugel die ursprüngliche Form alles Manifestierten ist, vom Atom bis zum Glo­bus, vom Menschen bis zum Engel, bei allen Völkern versinnbildlicht sie Ewigkeit und Unendlichkeit – eine Schlange, die ihren Schwanz verschlingt. Um die Bedeutung jedoch erfassen zu können, muss die Kugel von ihrem Mittelpunkt aus betrachtet werden. Das Gesichts- oder Gedankenfeld gleicht einer Kugeloberfläche, deren Radien vom eigenen Selbst in alle Richtungen ausstrahlen, sich in den Raum hinaus ausdehnen und dadurch ringsum grenzenlose Ausblicke eröffnen. Es ist der symbolische Kreis Pascals und der Kabbalisten, „dessen Mittelpunkt überall und dessen Umfang nirgends ist“, eine Vorstellung, welche in die zusammengesetzte Idee dieses Sinnbilds eingeht.

Das höchst anschauliche „Weltenei“ ist gleichermaßen im spirituellen, physio­logischen und auch kosmologischen Sinne vielleicht eines der am universalsten übernommenen Symbole. Daher findet es sich auch in allen Theogonien der Welt, wo es größtenteils mit dem Schlangensymbol in Zusammenhang gebracht wird. Letzteres ist überall, sowohl in der Philosophie als auch in der religiösen Symbolik, ein Sinnbild der Ewigkeit, Unendlichkeit, der Regeneration und Verjüngung und auch der Weisheit (siehe Teil II, „Baum-, Schlangen- und Krokodilverehrung“). Die Wahl dieses grafischen Symbols ist durch das Mysterium offensichtlicher Selbsterzeugung und Evolution aus eigener schöpferischer Kraft dadurch absolut gerechtfertigt, da sich der Prozess der kosmischen Evolution im Kleinen im Ei wiederholt und beide Prozesse gleichermaßen während des Ausströmens des unsichtbaren schöpferischen Geistes durch Hitze und Feuchtigkeit verursacht werden. Das „jungfräuliche Ei“ ist das mikrokosmische Symbol des makrokosmischen Prototyps – der „jungfräulichen Mutter“ – des Chaos oder der Ursprünglichen Tiefe. Der männliche Schöpfer (unter welchem Namen auch immer) entspringt dem jungfräulichen Weiblichen, der vom Strahl befruchteten unbefleckten Wurzel. Wer auch immer in der Astronomie und den Naturwissenschaften bewandert ist, wie könnte er diese Andeutungen übersehen? Als die empfangende Natur ist der Kosmos ein befruchtetes Ei – jedoch unbefleckt; seit er als grenzenlos angesehen wurde, konnte er nicht mehr anders als durch eine Kugel repräsentiert werden. Das Goldene Ei war umgeben von sieben natürlichen Elementen (Ether, Feuer, Luft, Wasser), „vier fertig, drei geheim“. Diese Behauptung kann im Vishnu-Purana“ gefunden werden [SD # 66] , wo die Elemente mit dem Wort „Hüllen“ übersetzt sind und ein geheimes hinzugefügt ist: „Aham-Kara“ (siehe Wilsons Vishnu-Purana“, Buch I, S. 40). Im Originaltext gibt es kein „Aham-Kara“; es listet sieben Elemente auf, ohne die drei Letzteren zu spezifizieren (siehe Teil II über „Das Weltenei“).

4. Die Drei (das Dreieck) fallen (dann) in die Vier (Vierheit). Die strahlende Essenz wird sieben im Inneren, sieben im Äußeren (a). Das leuchtende Ei (Hiranyagarbha), das in sich selbst drei ist (die dreifachen Hypostasen Brahmâs oder Vishnus, die drei „Avasthas“), gerinnt und verteilt sich in milchweißen Flocken überall in den Tiefen der Mutter, der im Ozean des Lebens heranwachsenden Wurzel (b).

(a) Der Gebrauch geometrischer Flächen und die häufigen Anspielungen auf Zahlen in sämtlichen alten Schriften (siehe Puranas, ägyptische Papyrusrollen, das „Totenbuch“ und sogar die Bibel) müssen erklärt werden. Im „Buch Dzyan“ ebenso wie in der Kabbala sind zwei Arten von Zahlen zu untersuchen – die Zahlen selbst, oftmals reine Blenden, und die heiligen Zahlen, deren Werte den Okkultisten durch Initiation bekannt sind. Erstere sind lediglich konventionelle Zeichen, Letztere die grundlegenden Symbole von allem. Die einen sind also rein physisch, die anderen rein metaphysisch, und beide stehen im selben Verhältnis zueinander wie Materie zu Geist – die äußersten Pole der einen Substanz.

Der unbewusste Okkultist der französischen Literatur, Balzac, sagt irgendwo, die Zahl sei für den Verstand dasselbe wie für die Materie: „ein unbegreiflicher Vermittler“ (das mag vielleicht für den profanen Verstand gelten, aber niemals für den initiierten). Eine Zahl ist, wie der große Schriftsteller dachte, eine Entität und zugleich ein aus dem von ihm als Gott und von uns als das All bezeichneten hervorströmenden Atem; der Atem, welcher allein den physischen Kosmos organisieren konnte, „wo nichts seine Form erhält außer durch die Gottheit, was eine Wirkung der Zahl ist“. Es ist lehrreich, Balzacs Worte über diesen Gegenstand anzuführen:

„Die kleinsten wie die unermesslichsten Schöpfungen, unterscheiden sie sich nicht durch ihre Quantitäten, ihre Qualitäten, ihre Dimensionen, ihre Kräfte und Eigenschaften, alle von der Zahl erzeugt? Die Unendlichkeit der Zahlen ist für unseren Verstand eine bewiesene Tatsache, für welche die Materie selbst keinen Beweis [SD # 67] liefern kann. Der Mathematiker wird uns sagen, dass die Unendlichkeit der Zahlen existiert, aber nicht bewiesen werden kann. Gott ist eine mit Bewegung begabte Zahl, die empfunden, aber nicht bewiesen wird. Als Einheit steht sie am Anfang aller Zahlen, mit denen sie nichts gemein hat. . . . . Die Existenz der Zahl hängt von der Einheit ab, die, ohne selbst eine Zahl zu sein, sie doch alle erschafft. . . . . Wie? Ihr vermögt diese, euch von der Gottheit überlassene erste Abstraktion weder zu messen noch zu erfassen und hofft doch, das Mysterium der Geheimlehren, welches jene Gottheit hervorbringt, eurem Maßstab zu unterwerfen? . . . . Wie würde es sich für euch anfühlen, würde ich euch nun in die Abgründe der Bewegung hinabstoßen, jener Kraft, welche die Zahl ordnet? Wie wäre es, wenn ich noch hinzufügte, Bewegung und Zahl27 seien durch das Wort erzeugt worden, dieser Obersten Ursache der Seher und Propheten, die einst den mächtigen Atem Gottes verspürten, dessen Zeugnis die Apokalypse ist?“

(b) „Die strahlende Essenz gerann und verteilte sich überall in den Tiefen“ des Raumes. Von einem astronomischen Standpunkt aus ist das leicht zu erklären: Es ist die „Milchstraße“, der Weltenstoff oder die Urmaterie in ihrer ersten Form. Schwieriger ist es jedoch, es vom Standpunkt der okkulten Wissenschaft und Symbolik aus mit wenigen Worten oder auch Zeilen zu erklären, da es das komplizierteste Zeichen ist. Es vereint mehr als ein Dutzend Symbole in sich. Durch das allegorische „Buttern des Ozeans“ durch die Hindu-Götter wurde zunächst einmal das gesamte Pantheon rätselhafter Gegenstände28 extrahiert, von welchen jeder einzelne eine ganz bestimmte okkulte Bedeutung hat. Neben Amrita, dem Wasser des Lebens oder der Unsterblichkeit, wurde „Surabhi“, die „Kuh des Überflusses“, als „die Quelle von Milch und Quark“ bezeichnet, aus diesem „Milchmeer“ extrahiert. Daher die universale Anbetung von Kuh und Stier, die eine die produktive, der andere die zeugende Kraft in der Natur: Symbole, die sowohl mit den solaren als auch den kosmischen Gottheiten verbunden sind. Die spezifischen Eigenschaften der „vierzehn kostbaren Dinge“ für okkulte Zwecke werden erst in der vierten Initiation erklärt und können hier nicht gegeben werden; Folgendes mag jedoch angemerkt werden. Im „Satapatha-Brahmana“ wird erklärt, dass das Buttern des „Milchmeeres“ im Satya-Yuga stattfand, dem ersten unmittelbar auf die „Sintflut“ folgenden Zeitalter. Da weder „Rigveda“ noch [SD # 68] Manu – die beide der „Sintflut“ Vaivasvatas vorausgingen, der Sintflut des größten Teils der vierten Rasse – diese „Sintflut“ erwähnen, ist es offensichtlich, dass es sich hier weder um die „große Flut“ handelt noch um jene, die Atlantis zum Untergang brachte, und auch nicht um die Sintflut Noahs. Dieses „Buttern“ bezieht sich auf eine Periode vor der Formung der Erde und steht in direktem Zusammenhang mit jener anderen universalen Legende, deren unterschiedliche und widersprüchliche Versionen im christlichen Dogma vom „Kampf im Himmel“ und dem Fall der Engel gipfelten (siehe 2. Band, auch Offenbarungen, Kap. XII). Die Brahmanas, denen die Orientalisten vorwerfen, dass ihre Darstellungen über dieselben Gegenstände einander vielfach widersprechen, sind unübertroffene okkulte Werke und benutzten folglich absichtlich Blenden. Man hat sie zum öffentlichen Gebrauch und Eigentum nur deswegen fortbestehen lassen, weil sie für die Massen absolut unverständlich waren und sind. Andernfalls wären sie seit Akbars Tagen aus dem öffentlichen Umlauf verschwunden.

5. Die Wurzel bleibt, das Licht bleibt, die Flocken bleiben; und Oeaohoo (a) ist noch immer eins (b).

(a) Oeaohoo wird in der Kommentaren bezeichnet als Vater-Mutter der Götter“ oder die sechs in einem oder als die siebenfältige Wurzel, aus welcher alles hervorgeht. Alles hängt von der Betonung ab, die man diesen sieben Vokalen gibt, die als eine, drei oder selbst als sieben Silben ausgesprochen werden können, wenn man ein e hinter dem Buchstaben „o“ anfügt. Dieser mystische Name wurde veröffentlicht, da er ohne vollständige Beherrschung seiner dreifachen Aussprache auf ewig wirkungslos bleibt.

(b) Das bezieht sich auf die Nichtgetrenntheit von allem, was lebt und sein Dasein hat, ob in aktivem oder passivem Zustand. In einem Sinn ist Oeaohoo die „Wurzellose Wurzel von allem“, daher eins mit Parabrahman; in einem anderen Sinn steht sein Name für das manifestierte Eine Leben, die ewig lebende Einheit. Wie bereits erläutert steht die „Wurzel“ für reine Erkenntnis (Sattva)29, [SD # 69] ewige (Nitya) unbedingte Wirklichkeit oder Sat (Satya), ob wir es Parabrahman oder Mulaprakriti nennen, denn diese beiden stellen die beiden Aspekte des Einen dar. Das „Licht“ ist derselbe allgegenwärtige spirituelle Strahl, der in das Göttliche Ei eingetreten ist und es nunmehr befruchtet hat und nun die kosmische Materie zu ihrer langen Reihe von Differenzierungen aufruft. Die Flocken stellen die erste Differenzierung dar und beziehen sich wahrscheinlich ebenfalls auf die vermutlich als Ursprung der „Milchstraße“ geltende kosmische Materie – die uns bekannte Materie. Gemäß der von den ursprünglichen Dhyani-Buddhas erhaltenen Offenbarung ist diese „Materie“ während des periodischen Schlafs des Universums von derartiger Feinheit, dass das Auge des vollkommenen Bodhisattva sie gerade noch wahrnehmen kann. Diese Materie, strahlend und kühl, wird beim ersten Wiedererwachen der kosmischen Bewegung im Raum verstreut; von der Erde aus betrachtet erscheint sie in Haufen und Klumpen, Flocken gleich in dünner Milch. Sie sind die Samen der zukünftigen Welten, der „Sternenstoff“.

6. Die Wurzel des Lebens war in jedem Tropfen des Ozeans der Unsterblichkeit (Amrita)30, und der Ozean war strahlendes Licht, welches Feuer und Hitze und Bewegung war. Die Dunkelheit verschwand und war nicht mehr.31 Sie verschwand in ihrer eigenen Essenz, dem Körper von Feuer und Wasser, Vater und Mutter (a).

(a) Da die Essenz der Dunkelheit absolutes Licht ist, wird sie als die geeignete allegorische Darstellung des Zustands des Universums während des Pralaya verwendet, oder für das, was unserem endlichen Verstand als Periode absoluter Ruhe oder Nichtseins erscheint. Die hier angesprochenen Begriffe „Feuer“, „Wärme“ und „Bewegung“ meinen natürlich nicht das Feuer, die Wärme und die Bewegung der Naturwissenschaft, sondern die ihnen jeweils zugrunde liegenden Abstraktionen, die Noumena oder die Seele der Essenz dieser materiellen Manifestationen – die „Dinge an sich“, die mit den [SD # 70] Laborinstrumenten überhaupt nicht nachweisbar sind, wie die moderne Wissenschaft zugibt. Selbst der Verstand kann sie nicht erfassen, obwohl er andererseits auch der Schlussfolgerung nicht ausweichen kann, dass diese den Dingen zugrunde liegenden Essenzen existieren müssen. Feuer und Wasser oder Vater32 und Mutter könnten hier die Bedeutung des Göttlichen Strahls und des Chaos annehmen. „Chaos, welches aus dieser Vereinigung mit dem Geist Sinn erhält, strahlte vor Freude, und so wurde Protogonos (der Erstgeborene) hervorgebracht“, sagt ein Fragment des Hermeias. Damascius nennt es in „Die Theogonien“ Dis – „den Lenker aller Dinge“ (siehe Corys „Ancient Fragments“, S. 314).

Nach den Lehrsätzen der Rosenkreuzer, wie sie von den Profanen ausnahmsweise, wenn auch teilweise korrekt behandelt und erklärt werden, „sind Licht und Dunkelheit an sich identisch und können nur im menschlichen Denken getrennt werden“. Nach Robert Fludd „nahm Dunkelheit das Licht an, um sich selbst sichtbar zu machen“ (Über Rosenkranz). Nach den Lehren des östlichen Okkultismus ist Dunkelheit die einzige wahre Wirklichkeit, die Grundlage und Wurzel des Lichts, ohne welche sich das Letztere niemals offenbaren, ja nicht einmal existieren könnte. Licht ist Materie und Dunkelheit reiner Geist. Dunkelheit in ihrer grundlegenden metaphysischen Basis ist subjektives und absolutes Licht, während Letzteres in all seinem scheinbaren Glanz und seiner Pracht lediglich eine Menge von Schatten ist, da es niemals ewig sein kann und lediglich ein Illusion oder Maya darstellt.

Selbst in der den Verstand verwirrenden und die Wissenschaft drang­salierende Genesis wird das Licht aus der Dunkelheit geschaffen, „und Finsternis war über dem Angesicht der Tiefe“ (Gen 1,2) – und nicht vice versa. „In ihm (in der Dunkelheit) war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen.“ (Joh 1,4) Der Tag mag kommen, an dem die Augen der Menschen geöffnet sein werden, und dann mögen sie den Vers im Johannes-Evangelium besser als heute verstehen, der besagt: „Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht erfaßt.“ Sie werden dann sehen, dass das Wort „Finsternis“ sich nicht auf das spirituelle Sehvermögen des Menschen bezieht, sondern tatsächlich auf „Finsternis“, auf das Absolute, welches das flüchtige Licht nicht begreift (nicht erkennen kann), wie transzendent es auch für menschliche Augen sein mag. Demon est Deus inversus. Der Teufel wird jetzt von der Kirche Finsternis genannt, während er in der Bibel der „Sohn Gottes“ (siehe Hiob), der helle Stern des frühen Morgens, Luzifer, genannt wird (siehe Jesaja). Es liegt eine ganze Philosophie dogmatischer Geschicklichkeit in dem Argument, warum der erste Erzengel, der aus den Tiefen des Chaos entsprang, Lux (Luzifer), der „leuchtende Sohn des Morgens“ oder der man [SD # 71] vantarischen Dämmerung genannt wurde. Er wurde von der Kirche in Luzifer oder Satan umgewandelt, weil er höher und älter als Jehovah ist und dem neuen Dogma geopfert werden musste (siehe 2. Band).

7. Siehe, oh Lanu! 33 Das strahlende Kind der beiden, die unvergleich­lich glänzende Herrlichkeit: der Helle Raum, Sohn des Dunklen Raumes, der sich aus den Tiefen der grossen dunklen Wasser erhebt. Es ist Oeaohoo, der Jüngere, der * * * (welchen du jetzt als Kwan-Shai-Yin kennst – Kommentar) (a). Fortan erstrahlt er als die Sonne. Er ist der feurige Göttliche Drache der Weisheit. Das Eka ist Chatur (vier), und Chatur nimmt Drei zu sich, und die Vereinigung bringt Sapta (sieben) hervor, welche die Sieben enthält, die zu Tridasa34 (den dreimal zehn) werden, den Heerscharen und Vielheiten (b). Siehe, wie er den Schleier hebt und ihn von Osten nach Westen entfaltet. Er verschließt das Obere und lässt das Untere als die große Illusion sichtbar werden. Er bezeichnet die Plätze für die Strahlenden (Sterne) und verwandelt das Obere (Raum) in ein uferloses Feuermeer und das manifestierte Eine (Element) in die grossen Wasser (c).

(a) „Heller Raum, Sohn des dunklen Raums“, entspricht dem Strahl, der beim ersten Erzittern der neuen „Dämmerung“ in die großen kosmischen Tiefen ausgesandt wurde, aus welchen er differenziert wieder auftaucht als Oeaohoo der Jüngere (das „neue Leben“), um am Ende des Lebenszyklus der Keim aller Dinge zu werden. Er ist der „unkörperliche Mensch, der die Göttliche Idee in sich trägt“ – der Erzeuger von Licht und Leben, um einen Ausdruck von Philo Judaeus zu gebrauchen. Er wird der „flammende Drache der Weisheit“ [SD # 72] genannt: erstens weil er der von den griechischen Philosophen so bezeichnete Logos ist, das Wort des Göttlichen Gedankens; und zweitens, weil in der Esoterischen Philosophie diese erste Manifestation als die Synthese oder das Aggregat der universalen Weisheit, Oeaohoo, „der Sohn des Sohnes“, die sieben schöpferischen Heerscharen (die Sephiroth) in sich enthält und somit die Essenz der manifestierten Weisheit ist. „Wer in Oeaohoos Licht badet, wird niemals durch Mayas Schleier getäuscht werden.“

Kwan-Shai-Yin ist identisch mit dem Sanskritwort Avalokitesvara und ein Äquivalent davon und als solches eine androgyne Gottheit, gleich dem Tetragrammaton und sämtlichen Logoi35 des Altertums. Lediglich von einigen chinesischen Sekten wird er anthropomorphisiert und mit weiblichen Attributen dargestellt36, wenn er in seinem weiblichen Aspekt zu Kwan-Yin wird, der Göttin der Gnade, die „Göttliche Stimme“37 genannt. Letztere ist die Schutzgottheit Tibets und der Insel Puto in China, wo beiden Gottheiten eine Anzahl von Klöstern gewidmet ist38 (siehe Teil II, Kwan-Shai-Yin und Kwan-Yin).

[SD # 73] (b) „Der Drache der Weisheit“ ist der Eine, das „Eka“ (Sanskrit) oder Saka. Es ist merkwürdig, dass Jehovahs Name im Hebräischen auch Eins, Echod, sein sollte. „Sein Name ist Echod“, sagen die Rabbiner. Die Philologen sollen entscheiden, welches der beiden vom anderen abgeleitet ist, linguistisch wie symbolisch: sicherlich nicht das Sanskrit? Der „Eine“ und der Drache sind Begriffe, welche die Alten in Zusammenhang mit ihren jeweiligen Logoi gebrauchten. Jehovah – esoterisch (als Elohim) – ist auch die Schlange oder der Drache, welcher Eva versuchte. Und der „Drache“ ist ein altes Symbol für das „Astrallicht“ (das Ursprüngliche Prinzip), „welches die Weisheit des Chaos ist“. Die archaische Philosophie, die weder Gut noch Böse als fundamentale oder unabhängige Macht anerkennt, sondern vom absoluten All (ewige universale Vollkommenheit) ausgeht, verfolgt beides durch den Lauf der natürlichen Evolution bis hin zum reinen Licht, welches sich allmählich zur Form verdichtet und dadurch in Materie oder Übel wandelt. Es fiel den ersten und unwissenden Kirchenvätern zu, die philosophische und hoch wissenschaftliche Idee dieses Emblems (des Drachens) in den unsinnigen Aberglauben vom „Teufel“ zu degradieren. Sie übernahmen es von den späteren Zoroastriern, welche in den Hindu-Göttern den Teufel oder das Böse sahen, und auf diese Weise wurde das Wort „Evil“ durch eine doppelte Umwandlung in allen Sprachen zu D’Evil (Diabolos, Diable, Diavolo, Teufel). Die Heiden zeigten jedoch immer philosophisches Unterscheidungsvermögen in ihren Symbolen. Das ursprüngliche Symbol der Schlange stand für die Göttliche Weisheit und Vollkommenheit und repräsentierte immer die psychische Erneuerung und Unsterblichkeit. Daher bezeichnete Hermes die Schlange als das spirituellste aller Wesen. Moses, in die Weisheit des Hermes initiiert, folgte dem in der Genesis; die gnostische Schlange mit den sieben Vokalen über ihrem Haupt war das Sinnbild der sieben Hierarchien der siebenfachen oder planetarischen Schöpfer. Daher auch die Hindu-Schlange Sesha oder Ananta, „die Unendliche“, ein Name Vishnus, dessen erstes Vahana oder Fahrzeug auf den Urgewässern diese Schlange ist.39 Alle unterschieden jedoch zwischen der guten und der bösen Schlange (dem Astrallicht der [SD # 74] Kabbalisten) – zwischen Ersterer, der Verkörperung Göttlicher Weisheit in der Region des Spirituellen, und Letzterer, dem Bösen auf der Ebene der Materie.40 Jesus ließ die Schlange als ein Synonym für Weisheit gelten, und das prägte einen Teil seiner Lehre: „So seid nun klug wie die Schlangen“, sagt er. „Im Anfang, bevor die Mutter zu Vater-Mutter wurde, bewegte sich der feurige Drache allein in den Unendlichkeiten.“ („Buch des Sarparajni“) Das Aitareya-Brahmana nennt die Erde Sarparajni, „die Schlangenkönigin“, und „die Mutter von allem, was sich bewegt“. Bevor unser Globus eiförmig wurde (wie auch das Universum), „bewegte und schlängelte sich einer Schlange gleich ein langer Schweif kosmischen Staubes (oder Feuernebel) durch den Raum“. Der „über dem Chaos schwebende Geist Gottes“ wurde bei allen Nationen durch eine feurige Schlange symbolisiert, welche Feuer und Licht auf die Urgewässer hauchte, bis sie die kosmische Materie ausgebrütet und in die Form einer ringförmig liegenden Schlange gebracht hatte, welche den eigenen Schwanz in ihrem Mund hat – womit nicht nur Ewigkeit und Unendlichkeit symbolisiert wird, sondern auch die kugelförmige Gestalt sämtlicher im Universum aus diesem Feuernebel gebildeten Körper. Das Universum, die Erde und der Mensch werfen schlangengleich periodisch ihre alten Häute ab, um nach einer Zeit der Ruhe neue anzunehmen. Die Schlange ist sicherlich kein weniger gefälliges oder unpoetischeres Bild als die Raupe und die Puppe, aus welcher der Schmetterling schlüpft, das griechische Sinnbild der Psyche, der menschlichen Seele. Der „Drache“ war sowohl bei den Ägyptern als auch bei den Gnostikern ein Symbol des Logos. Im „Buch des Hermes“ erscheint Pymander – der älteste und spirituellste der Logoi des westlichen Kontinents – dem Hermes in Gestalt eines feurigen Drachens aus „Licht, Feuer und Flamme“. Pymander, der personifizierte „Göttliche Gedanke“, sagt: „Das Licht bin ich, ich bin der Nous (der Geist oder Manu), ich bin dein Gott, und ich bin weit älter als das menschliche Prinzip, das sich aus dem Schatten löst (der „Dunkelheit“ oder der verborgenen Gottheit). Ich bin der Same des Gedankens, das strahlende Wort, der Sohn Gottes. Was immer also in dir sieht und hört, ist das Wort des Meisters, es ist der Gedanke (Mahat), welcher Gott ist, der Vater.41 [SD # 75] Der himmlische Ozean, der Äther . . . . ist der Atem des Vaters, das lebenspendende Prinzip, die Mutter, der Heilige Geist, . . . . denn diese sind nicht getrennt und ihre Vereinigung ist Leben.“

Hier erkennen wir das unmissverständliche Echo der archaischen Geheimlehre, wie sie heute dargelegt wird. Nur setzt Letztere den erst an dritter Stelle kommenden „Vater“, welcher der „Sohn der Mutter“ ist, nicht an die Spitze der Evolution des Lebens, sondern den „ewigen und unaufhörlichen Atem des Alls“. Bevor er sich als Brahmâ oder Shiva manifestiert, sagt Sankhya Sara (S. 16), erscheint Mahat (Verständnis, Universalgemüt, Gedanke etc.) als Vishnu; folglich besitzt Mahat, wie der Logos, verschiedene Aspekte. Mahat wird in der ersten Schöpfung der Herr genannt und ist in diesem Sinne universale Erkenntnis oder Göttlicher Gedanke. Aber „dieser Mahat, der zuerst hervorgebracht wurde, wird (später) Ego-ismus genannt, wenn er als „Ich“ geboren wird, was als die zweite Schöpfung bezeichnet wird“ („Anugita“, Kap. XXVI). Und der Übersetzer (ein fähiger und gelehrter Brahmane, kein europäischer Orientalist) erklärt in einer Fußnote (6): „Das heißt, dass Mahat Egoismus heißt, sobald es sich zur Empfindung des Selbstbewusstseins – des Ichs – entwickelt“, was in unsere esoterische Ausdrucksweise übersetzt bedeutet, wenn sich Mahat in das menschliche Manas (oder selbst in das der endlichen Götter) transformiert und zur Aham-heit wird. Warum er der Mahat der zweiten Schöpfung (oder der neunten, im Vishnu-Purana“ der von Kumara) genannt wird, wird in Band II erklärt werden. Das „Feuermeer“ ist sodann das superastrale (d. h. das noumenale) Licht, die erste Ausstrahlung aus der Wurzel, Mulaprakriti, der undifferenzierten kosmischen Substanz, die zur astralen Materie wird. Sie wird auch die „feurige Schlange“ genannt, wie oben beschrieben. Der Schüler muss sich klar machen, dass es lediglich ein universales Element gibt, unendlich, ungeboren und unsterblich. Alles Übrige – in der phänomenalen Welt – stellt nichts anderes dar als die vielen verschiedenen differenzierten Aspekte und Umwandlungen (Wechselbeziehungen nennt man sie jetzt) des Einen, vom Kosmischen herab bis zu den mikrokosmischen Wirkungen, von übermenschlichen Wesen bis herab zu den menschlichen und untermenschlichen, kurz die Gesamtheit der objektiven Existenz. Wenn der Schüler dies im Blick behält, wird die erste und hauptsächlichste Schwierigkeit überwunden sein, und die okkulte Kosmologie kann gemeistert werden.42 Alle Kabbalisten und Okkultisten des Ostens und des Westens anerkennen (a) [SD # 76] die Identität von „Vater-Mutter“ mit dem ursprünglichen Äther oder Akasha (Astrallicht)43; und (b) bis zur Evolution des „Sohnes“ seinen homogenen Zustand – kosmisch Fohat, denn er ist kosmische Elektrizität. „Fohat härtet und zerstreut die sieben Brüder“ („III. Buch Dzyan“); das bedeutet, dass die ursprüngliche elektrische Entität – denn die östlichen Okkultisten bestehen darauf, dass Elektrizität eine Entität ist – in das Leben fließt und die Ursubstanz oder prägenetische Materie in die Atome trennt, welche selbst die Quelle allen Lebens und Bewusstseins sind. „Es existiert ein universaler Agent unique aller Formen und des Lebens mit Namen Od44, Ob und Aour, aktiv und passiv, positiv und negativ, wie Tag und Nacht: Es ist das erste Licht in der Schöpfung“ (Éliphas Lévis „Qabbalah“): – das erste Licht der ursprünglichen Elohim – der Adam, „männlich und weiblich“ – oder (wissenschaftlich) Elektrizität und Leben.

(c) Die Alten stellten ihn als Schlange dar, denn „zischend gleitet Fohat hin und her“ (im Zickzack). Die Kabbala bezeichnet ihn mit dem hebräischen Buchstaben Teth ט, dessen Symbol die Schlange ist, die in den Mysterien eine so herausragende Rolle spielte. Sein universaler Wert ist neun, denn er ist der neunte Buchstabe des Alphabets, und das neunte der fünfzig Portale oder Tore, welche zu den verborgenen Geheimnissen des Seins führen. Er ist der magische Agent par excellence und bezeichnet in der hermetischen Philosophie „das der Urmaterie eingeflößte Leben“, jene Essenz, welche alle Dinge zusammensetzt, und den Geist, der deren Form bestimmt. Es existieren jedoch zwei geheime hermetische Vorgänge, einer spirituell, der andere die materielle Entsprechung, und für immer vereinigt. „Du sollst die Erde vom Feuer, das Feine vom Festen trennen . . . das, welches von der Erde zum Himmel aufsteigt und wiederum vom Himmel zur Erde herabsteigt. Es (das subtile Licht) ist die Stärke einer jeden Kraft, denn es bezwingt selbst das feinste Ding und durchdringt auch das festeste. So wurde die Welt geformt.“ (Hermes)

Zenon, der Gründer der Stoiker, lehrte nicht als Einziger, dass das [SD # 77] Universum evolviert, indem seine Ursubstanz aus dem Zustand des Feuers in den der Luft transformiert wird, dann in den des Wassers und so weiter. Heraklit von Ephesus behauptete, dass das Eine Prinzip, das allen Erscheinungen in der Natur zugrunde liegt, das Feuer ist. Die Intelligenz, die das Universum bewegt, ist Feuer, und Feuer ist Intelligenz. Und während Anaximenes dasselbe von der Luft sagte und Thales von Milet (600 v. Chr.) vom Wasser, versöhnt die esoterische Lehre alle diese Philosophen, indem sie zeigt, dass, obwohl ein jeder Recht hatte, doch keines der Systeme vollständig war.

8. Wo war der Keim, und wo war jetzt die Dunkelheit? Wo ist der Geist der Flamme, welche in deiner Lampe brennt, oh Lanu? Der Keim ist Jenes, und Jenes ist Licht; der weiße, strahlende Sohn des dunklen, verborgenen Vaters (a).

(a) Die Antwort auf die erste Frage wird in der zweiten Frage angedeutet, der Erwiderung des Lehrers an den Schüler; sie enthält in einem einzigen Satz eine der wesentlichsten Wahrheiten der okkulten Philosophie. Sie weist auf die Existenz von Dingen hin, die für unsere physischen Sinne unerkennbar sind und weitaus wichtiger, realer und dauerhafter sind als jene, welche die Sinne selbst ansprechen. Bevor der Lanu hoffen kann, das in der ersten Frage enthaltene transzendental-metaphysische Problem zu verstehen, muss er fähig sein, die zweite zu beantworten, denn die Antwort auf die zweite Frage gibt ihm den Schlüssel für die richtige Beantwortung der ersten.

Im Sanskritkommentar zu dieser Stanze werden viele Ausdrücke für das verborgene und nicht geoffenbarte Prinzip gebraucht. In den ältesten Manuskripten der indischen Literatur hat diese ungeoffenbarte, abstrakte Gottheit keinen Namen. Sie wird generell „Jenes“ (im Sanskrit Tat) genannt, und bedeutet alles, was ist, war und sein wird, oder was solcherart vom menschlichen Gemüt aufgenommen werden kann.

Neben weiteren, natürlich nur in der Esoterischen Philosophie verwendeten Beinamen wie „unergründliche Dunkelheit“, „Wirbelwind“ etc. wird sie auch wie folgt bezeichnet: „Es des Kalahansa, des Kala-ham-sa“ und sogar der „Kali Hamsa“ (der schwarze Schwan). Hier sind m und n austauschbar, und [SD # 78] sie klingen beide wie das nasale französische an oder am oder auch en oder em (Ennui, Embarras etc.). Wie in der hebräischen Bibel, so bedeutet auch im Sanskrit mancher geheimnisvolle heilige Name dem profanen Ohr nichts weiter als ein gewöhnliches und vielfach vulgäres Wort, weil er anagrammatisch oder auf andere Art verborgen ist. Dieser Begriff Hansa oder esoterisch „Hamsa“ ist genau so ein Fall. Hamsa ist gleich dem A-ham-sa, drei Worte mit der Bedeutung „Ich bin er“, wobei mit einer weiteren Anordnung der Silben „So-ham“, „Er (ist) ich“, zu lesen ist – Soham ist gleich Sah, „Er“, und Aham, „Ich“, oder „Ich bin Er“. Wer die Sprache der Weisheit versteht, für den ist allein darin das universale Mysterium enthalten, die Lehre von der Identität der Essenz des Menschen mit der Essenz Gottes. Daraus folgt das Zeichen und die Allegorie von Kalahansa (oder Hamsa) und der Name, der dem Brahman Neutrum (und später dem männlichen Brahmâ) gegeben wurde, nämlich „Hansa-Vahana“, er, der Hansa als sein Vehikel benützt. Dasselbe Wort kann auch „Kalaham-sa“ gelesen werden, oder „Ich bin ich“ in der Ewigkeit der Zeit, was dem biblischen oder vielmehr zoroastrischen „Ich bin, der ich bin“ entspricht. Dieselbe Lehre findet sich in der Kabbala, was folgender Auszug aus einem unveröffentlichten Manuskript des gelehrten Kabbalisten S. Liddell McGregor Mathers bezeugt: „Die drei Pronomina א י ה, ה ת א und י נ א, Ha, Atah, Ani; Er, Du, Ich – werden gebraucht, um in der hebräischen Kabbala die Vorstellungen des Makroprosopus und des Mikroprosopus zu symbolisieren. Hoa, „Er“, wird auf den versteckten und verborgenen Makroprosopus angewendet; Atah, „Du“, auf den Mikroprosopus; und Ani, „Ich“, auf den Letzteren, wenn er als sprechend dargestellt wird (sieheLesser Holy Assembly“, S. 204 ff). Es ist zu beachten, dass jeder dieser Namen aus drei Buchstaben besteht, von denen der Buchstabe Aleph א, A, den Schluss des ersten Wortes Hoa und den Anfang von Atah und Ani bildet, als ob er das Bindeglied zwischen ihnen wäre. Aber א ist das Symbol der Einheit und infolgedessen der unveränderlichen Idee des Göttlichen, das durch sie alle wirkt. Aber in dem Namen Hoa befinden sich hinter dem א die Buchstaben י und ה , die Symbole der Zahlen sechs und fünf, des Männlichen und des Weiblichen, des Hexagramms und des Pentagramms. Und nach der Kabbala der neun Kammern, welche eine Form der exegetischen Regel der Temura ist, sind die Zahlenwerte dieser drei Worte – Hoa, Atah, Ani – 12, 406 und 61, welche in den Schlüsselzahlen 3, 10 und 7 wieder aufgenommen werden.“

Der Versuch, das Geheimnis vollständig zu erklären, wäre nutzlos. Materialisten und die modernen Wissenschaftler werden es niemals verstehen, da man, um [SD # 79] eine klare Vorstellung davon zu erhalten, zuallererst den Grundsatz einer universal ausgebreiteten, allgegenwärtigen, ewigen Gottheit in der Natur anzuerkennen hat; zweitens das Mysterium der wahren Essenz der Elektrizität ergründet haben muss; und drittens den Menschen als das siebenfältige Symbol der einen großen Einheit (dem Logos) auf der irdischen Ebene anzusehen hat, welcher Selbst wiederum das siebenvokalige Zeichen ist, der zum Wort kristallisierte Atem.45 Wer an das alles glaubt, muss auch an die vielfältige Kombination der sieben Planeten des Okkultismus und der Kabbala glauben, mit den zwölf Tierkreiszeichen; außerdem, wie wir auch, muss er jedem Planeten und jeder Konstellation einen Einfluss zuschreiben, der nach den Worten von Ely Star (einem französischen Okkultisten) „demselben eigen ist, wohltuend oder schädlich, und das in Abhängigkeit von dem ihn regierenden Planetengeist. Dieser ist seinerseits imstande, Menschen und Dinge zu beeinflussen, die sich in Harmonie mit ihm befinden und zu welchen er irgendeine Affinität hat.“ Aus diesen Gründen, und weil nur wenige an das Vorstehende glauben, kann jetzt lediglich mitgeteilt werden, dass in beiden angeführten Fällen das Symbol von Hansa (einerlei ob „Ich“, „Er“, Gans oder Schwan) ein wichtiges Symbol darstellt, das zum Beispiel Göttliche Weisheit bedeutet – Weisheit in der Dunkelheit, für den Menschen unerreichbar. Für alle exoterischen Zwecke ist Hansa, wie jeder Hindu weiß, ein Fabeltier, ein Vogel, welcher die ihm (nach der Allegorie) als Nahrung angebotene mit Wasser vermischte Milch wieder vom Wasser trennte, nur die Milch trank und das Wasser übrig ließ. Er zeigte somit inhärente Weisheit – Milch symbolisiert Geist und Wasser Materie.

Dass diese Allegorie sehr alt ist und ihren Ursprung in der frühesten archaischen Periode hat, wird durch die Erwähnung einer gewissen Kaste (im „Bhagavata-Purana“) gezeigt, „Hamsa“ oder „Hansa“ genannt, welche die „eine Kaste“ par excellence war; zu jener Zeit, als weit zurück in den Nebeln einer vergessenen Vergangenheit unter den Hindus lediglich „ein Veda, eine Gottheit, eine Kaste“ existierte. Es gibt auch eine Gebirgskette in den Himalyabergen, die laut der Beschreibung alter Bücher nördlich des Berges Meru liegt, welche den Namen „Hamsa“ trägt, sie steht mit Episoden in Zusammenhang, die zur Geschichte der religiösen Mysterien und Initiationen gehören. Was den Namen Kala-Hansa betrifft, das angebliche Vehikel Brahmâ-Prajapatis, liegen die exoterischen Texte und Übersetzungen der [SD # 80] Orientalisten ziemlich falsch. Brahman, das Neutrum, wird von ihnen Kala-Hansa genannt; und Brahmâ, der Männliche, Hansa-Vahana, denn wahrlich „sein Fahrzeug oder Vahana ist ein Schwan oder eine Gans“ (vide „Hindu Classical Dictionary“). Das ist eine rein exoterische Auslegung. Esoterisch und logisch betrachtet: Wenn Brahman, das Unendliche, all das ist, was von den Orientalisten behauptet wird – nämlich in Übereinstimmung mit den Vedantatexten eine auf keinerlei Weise mit irgendwelchen menschlichen Attributen charakterisierte abstrakte Gottheit, und die Behauptung aufrecht erhalten wird, dass er oder es Kala-Hansa genannt wird – wie kann es dann jemals Brahmâs Vahana werden, zu dem manifestierten, endlichen Gott? Es verhält sich genau umgekehrt. „Schwan oder Gans“ (Hansa) ist das Symbol jener männlichen oder temporären Gottheit, wohingegen er, die Emanation des ursprünglichen Strahls, dazu bestimmt ist, dem göttlichen Strahl als Vahana oder Vehikel zu dienen. Er könnte sich sonst nicht im Universum manifestieren, da er im gegenteiligen Wortsinn selbst eine Emanation der „Dunkelheit“ ist – wenigstens für unseren menschlichen Intellekt. Somit ist Brahmâ Kala-Hansa, und der Strahl ist Hansa-Vahana.

Was das gewählte seltsame Symbol anbelangt, so ist es gleichermaßen suggestiv. Die wahre mystische Bedeutung ist die Idee einer universalen Matrix, dargestellt durch die ursprünglichen Wasser der „Tiefe“ oder der Öffnung für die Aufnahme und in der Folge für die Aussendung jenes einen Strahls (des Logos), der die anderen sieben zeugenden Strahlen oder Kräfte (die Logoi oder Bildner) in sich enthält. Daher wählten die Rosenkreuzer den Wasservogel – sei es ein Schwan oder ein Pelikan46 mit sieben Jungen zum Symbol, das für die Religionen aller Länder modifiziert und an sie angepasst wurde. Ain Soph wird im Buch der Zahlen die „Feurige Seele des Pelikans“ genannt47 (siehe Teil II, „Die verborgene Gottheit und ihre Symbole und Glyphen“). Er erscheint mit jedem Manvantara als Nararyan oder Svayambhuva (der [SD # 81] Selbstexistierende), und, in das Weltenei eindringend, taucht er am Ende der göttlichen Brutperiode als Brahmâ oder Prajapati, Ahn des künftigen Universums, daraus hervor und dehnt sich in es aus. Er ist Purusha (Geist), aber er ist auch Prakriti (Materie). Daher kann Prajapati erst dann zum männlichen Brahmâ werden, wenn er sich in zwei Hälften geteilt hat – in Brahmâ-Vach (die weibliche) und Brahmâ-Viraj (die männliche).

9. Licht ist kalte Flamme, und Flamme ist Feuer, und Feuer erzeugt Hitze, welche Wasser hervorbringt, das Wasser des Lebens in der grossen Mutter (Chaos) (a).

(a) Es muss sich daran erinnert werden, dass die in den Stanzen gebrauchten Worte „Licht“, „Feuer“ und „Flamme“ von den Übersetzern dem Wörterbuch der alten „Feuerphilosophen“48 entnommen wurden, um die Bedeutung der im Original angewendeten Begriffe und Symbole klarer wiederzugeben. Sonst wären sie einem europäischen Leser völlig unverständlich geblieben. Einem Schüler des Okkulten jedoch werden die verwendeten Begriffe vollkommen klar sein.

„Licht“, „Flamme“, „heiß“, „kalt“, „Feuer“, „Hitze“, „Wasser“ und das „Wasser des Lebens“ sind allesamt auf unserer Ebene Nachkommen oder – wie ein moderner Physiker sagen würde – Korrelationen der Elektrizität. Mächtiges Wort und ein noch mächtigeres Symbol ! Heiliger Erzeuger einer nicht minder heiligen Nachkommenschaft; des Feuers – dem Schöpfer, dem Erhalter und dem Zerstörer; des Lichts – der Essenz unserer göttlichen Vorfahren; der Flamme – der Seele der Dinge. Elektrizität, das Eine Leben auf der oberen Sprosse des Seins, und astrales Fluid, der Athanor der Alchemisten, auf seiner untersten; Gott und Teufel, Gut und Böse. . . .

[SD # 82] Warum wird nun Licht in den Stanzen als die „kalte Flamme“ bezeichnet? Weil in der Abfolge der kosmischen Entwicklung (wie sie von den Okkultisten gelehrt wird) die Energie, welche die Materie nach ihrer ersten Formung in Atome in Bewegung versetzt, auf unserer Ebene durch kosmische Wärme erzeugt wird; und weil vor dieser Periode kein Kosmos im Sinn von ungebundener Materie bestand. Die erste ursprüngliche Materie, ewig und so alt wie der Raum, „der weder Anfang noch Ende hat“, ist „weder heiß noch kalt, sondern von ihrer eigenen, besonderen Natur“, sagt der Kommentar (Band II). Hitze und Kälte sind relative Qualitäten und gehören den Bereichen der manifestierten Welten an. Sie alle gehen aus der manifestierten Hyle hervor, die in ihrem absolut latenten Aspekt als die „kalte Jungfrau“ und, wenn zum Leben erwacht, als die „Mutter“ bezeichnet wird. Die alten westlichen kosmogonischen Mythen besagen, dass es zuerst nur kalten Nebel gab, den Vater, und fruchtbaren Schlamm (die Mutter, Ilys oder Hyle), woraus die Weltenschlange der Materie hervorkroch („Isis Unveiled“, Band I, S. 146). Bevor sie aus der Ebene des sich niemals Manifestierenden emportaucht und durch den Impuls Fohats in pulsierende Aktivität verfällt, ist die Urmaterie nur „eine kalte Strahlung, farblos, formlos, geschmacklos und bar jeder Qualität und jeden Aspekts“. Genauso verhält es sich mit ihren Erstgeborenen, den „vier Söhnen“, die „eins sind und sieben werden“ – jenen Entitäten, mit deren Eigenschaften und Namen die alten östlichen Okkultisten vier der sieben ursprünglichen „Kraftzentren“ oder Atome bezeichneten. Diese wiederum entwickeln sich später zu den großen kosmischen „Elementen“, welche heute in die ungefähr siebzig der Wissenschaft bekannten Unterelemente aufgeteilt sind. Die ursprünglichen Beschaffenheiten der vier ersten Dhyan Chohans sind (in Ermangelung besserer Begriffe) „akasisch“, „etherisch“, „wässrig“ und „feurig“ und entsprechen damit, in der Terminologie des praktischen Okkultismus, wissenschaftlichen Definitionen von Gasen, welche als parahydrogen49, para­oxygen, oxyhydrogen und ozonartig oder vielleicht nitro-ozonartig definiert werden können, um sowohl Okkultisten als auch Laien eine klare Vorstellung zu vermitteln; letztere Kräfte oder Gase (im Okkultismus übersinnliche, jedoch atomische Substanzen) sind die wirkungsvollsten und aktivsten, wenn sie auf der Ebene der gröber differenzierten Materie wirken.50 Diese Elemente sind elektrisch gleichzeitig positiv und negativ.

[SD # 83]

10. Vater-Mutter spinnen ein Gewebe, dessen oberes Ende am Geist (Purusha) befestigt ist – dem Licht der einen Dunkelheit – und das untere an der Materie (Prakriti), seinem (des Geistes) schattenhaften Ende; und dieses Gewebe ist das Universum, gesponnen aus den beiden Substanzen, die zu einer verbunden sind – und zwar Svabhavat (a).

(a) In der „Mandukya-Upanishad“ (Mundaka-) steht geschrieben: „Wie eine Spinne ihr Gewebe auswirft und wieder einzieht, wie Kräuter aus dem Boden hervorsprießen . . . so stammt das Universum aus dem Unvergänglichen.“ (I. 1, 7) Brahmâ als „der Keim der unbekannten Dunkelheit“ ist das Material, aus dem sich alles evolviert und entwickelt „wie das Netz aus der Spinne, wie der Schaum aus dem Wasser“ etc. Das ist nur anschaulich und wahr, wenn Brahmâ der „Schöpfer“ ist, als Begriff von der Wurzel brih abgeleitet, anwachsen oder sich ausbreiten. Brahmâ „breitet sich aus“ und wird zum Universum, das aus seiner eigenen Substanz gewoben ist.

Dieselbe Idee wurde von Goethe wunderbar ausgedrückt. Er sagt:

„So schaff’ ich am sausenden Webstuhl der Zeit,
Und wirke der Gottheit lebendiges Kleid.”

11. Wenn der Atem des Feuers (Vater) auf ihm (dem Gewebe) ist, breitet es sich aus; berührt vom Atem der Mutter (der Wurzel der Materie), zieht es sich zusammen. Dann trennen und zerstreuen sich die Söhne (die Elemente mit ihren entsprechenden Kräften oder Intelligenzen), um am Ende des „grossen Tages“ in den Schoss der Mutter zurückzukehren und wieder eins zu werden mit ihr (a). Wenn es (das Gewebe) abkühlt, beginnt es zu strahlen, und durch ihr eigenes Selbst und ihre eigenen Herzen dehnen sich die Söhne aus und ziehen sich zusammen; sie umfassen die Unendlichkeit (b).

Im Licht der „Feuernebel“-Periode betrachtet, über welche die moderne Wissenschaft so viel spricht und in Wirklichkeit so wenig weiß, ist die Ausbreitung des Universums durch den Atem des Feuers sehr bedeutsam.

Große Hitze bricht die zusammengesetzten Elemente auf und führt die [SD # 84] Himmelskörper in ihr ursprüngliches, eines Element zurück, erklärt der Kommentar. „Sobald ein lebendiger oder toter Körper in den Anziehungs- und Wirkungsbereich eines Brennpunkts oder Hitzezentrums (Energie) gerät, von welchen einige im Raum umhertreiben, wird er in sein ursprüngliches Element vaporisiert und im ‘Schoß der Mutter’ geborgen bis Fohat, einige Anhäufungen kosmischer Materie (Nebulae) einsammelnd, ihn durch seinen Anstoß aufs Neue in Bewegung versetzt, die notwendige Wärme entwickelt und es dann ihm selbst überlässt, seinem eigenen neuen Wachstum zu folgen.“

Das sich ausbreitende und zusammenziehende Gewebe – d. h. des Weltenstoffs oder der Atome – bringt hier die pulsierende Bewegung zum Ausdruck; denn es ist die regelmäßige Kontraktion und Expansion des unendlichen und uferlosen Ozeans dessen, was wir das aus Svabhavat emanierte Noumenon der Materie nennen können, welches die universale Schwingung der Atome verursacht. Doch es weist noch auf etwas anderes hin. Es zeigt, dass die Alten mit Dingen vertraut waren, welche viele Wissenschaftler und insbesondere Astronomen heute verwirren: die Ursache der ersten Zündung der Materie oder des Weltenstoffs, das Paradoxon der durch Abkühlung erzeugten Kontraktion, welche Wärme produziert und andere derartige kosmische Rätsel. Der Hinweis auf ein Wissen der Alten über solche Phänomene ist unmissverständlich. „In jedem Atom gibt es innere und äußere Wärme“, sagen die handschriftlichen Kommentare, die der Schreiberin zugänglich waren; „den Atem des Vaters (oder Geistes) und den Atem (oder die Wärme) der Mutter (Materie)“; und ihre Erklärungen zeigen, dass die moderne Theorie darin irrt, dass das Sonnenfeuer erlöscht, weil es seine Wärmeenergie verstrahlt hat. Dass das falsch ist, gestehen sogar die Wissenschaftler selbst ein. Denn Professor Newcomb („Popular Astronomy“, S. 506-8) führt aus: „Durch den Verlust von Wärme zieht sich ein gasförmiger Körper zusammen, doch die Kontraktion erzeugt mehr Wärme als der Körper verlieren muss, damit er sich zusammenzieht.“ Dieses Paradoxon, dass ein Körper um so heißer wird, je größer die durch eine Abkühlung bewirkte Kontraktion ist, hat zu langen Auseinandersetzungen geführt. Der Überschuss an Wärme, wurde argumentiert, gehe durch Strahlung verloren, und anzunehmen, dass die Temperatur nicht pari passu mit einer Abnahme des Volumens bei gleichbleibendem Druck sinke, hieße das Gesetz von Charles (Nebulartheorie, Winchell) außer Kraft setzen. Kontraktion bewirkt Wärme, das ist wahr. Aber (durch Abkühlung hervorgebrachte) Kontraktion ist nicht dazu in der Lage, die gesamte zu einem beliebigen Zeitpunkt in der Masse existierende Wärmemenge zu entwickeln oder auch nur einen Körper auf einer konstanten Temperatur zu halten und so weiter. Professor Winchell versucht, das Paradoxon – welches tatsächlich nur scheinbar existiert, wie [SD # 85] J. Homer Lanes bewiesen hat – aufzulösen, indem er andeutet, dass „neben der Wärme“ ein weiterer Faktor existieren könnte. „Kann es sich nicht“, so fragt er, „lediglich um eine Abstoßung der Moleküle handeln, welche sich nach irgendeinem Abstandsgesetz reguliert?“ Aber auch das wird sich als unvereinbar erweisen, wenn nicht dieser „neben der Wärme“ existierende Faktor als „ursachlose Wärme“, der „Atem des Feuers“, als die allschöpferische Kraft plus absolute Intelligenz bezeichnet wird, was die Physik kaum annehmen wird.

Wie dem auch sei, das Studium dieser Stanze zeigt, dass sie trotz ihrer archaischen Ausdrucksweise wissenschaftlicher ist als die moderne Wissenschaft selbst.

12. Dann sendet Svabhavat Fohat aus, um die Atome zu härten. Jedes (die Atome) ist ein Teil des Gewebes (des Universums). Jedes reflektiert, einem Spiegel gleich, den „selbst-existierenden Herrn“ (ursprüngliches Licht) und verwandelt sich wiederum in eine Welt.51 . . .

„Fohat härtet die Atome“; d. h. indem er ihnen Energie zuführt, zerstreut er die Atome oder Urmaterie. „Er zerstreut sich selbst, indem er die Materie in Atome zerstreut.“ (Manuskripte Kommentare)

Durch Fohat werden der Materie die Ideen des Universalgemüts eingeprägt. Ein vage Vorstellung von der Natur Fohats kann aus der manchmal verwendeten Bezeichnung „kosmische Elektrizität“ gewonnen werden. Doch müssen in diesem Fall den allgemein bekannten Eigenschaften der Elektrizität noch andere hinzugefügt werden, einschließlich der Intelligenz. Es ist interessant zu bemerken, dass die moderne Wissenschaft zu dem Schluss gekommen ist, dass jeder Denkprozess und jede Gehirntätigkeit von elektrischen Erscheinungen begleitet wird (weitere Details in Bezug auf „Fohat“ siehe Stanze V und Kommentare).

[SD # 86] STANZE IV
Kommentare

1. Höret, ihr Söhne der Erde, auf eure Lehrer – die Söhne des Feuers (a). Lernt, dass es weder Erstes noch Letztes gibt; denn alles ist eine Zahl, hervorgegangen aus Nichtzahl (b).

(a) Begriffe wie „Söhne des Feuers“, „Söhne des ­­Feuer­nebels“ und dergleichen bedürfen einer Erklärung. Sie hängen mit einem großen, ursprünglichen und universalen Mysterium zusammen; und es ist nicht leicht, es verständlich zu machen. Es gibt eine Stelle in der „Bhagavadgita“ (Kap. VIII), wo Krishna, symbolisch und esoterisch sprechend, sagt: „Ich werde Dir nun die Zeiten (Bedingungen) angeben, . . . zu welchen der Tod eines Gottergebenen zur Freiheit (nicht mehr wiedergeboren zu werden) oder zur Wiederkehr (erneute Inkarnation) führt. Das Feuer, das Licht, der Tag, die zwei Wochen des zunehmenden (glücklichen) Mondes, die sechs Monate der nördlichen Sonnenwende – in diesen zu scheiden (zu sterben), und jene, welche das Brahman (Yogis) kennen, werden zum Brahman gehen. Jener Gottergebene aber, der im Zeichen von Rauch, der Nacht, des abnehmenden (unglücklichen) Mondes und der südlichen Sonnenwende scheidet (stirbt), wird noch einige Zeit auf dem Pfad des Mondes (oder auch dem Haus des Astrallichts) fortfahren und zurückkehren (wiedergeboren werden). Dies sind die beiden immerwährenden Pfade des Lichts und der Finsternis (oder das große Kalpa, ‘Zeitalter’), die der Mensch im Sinne der Freiheit oder der Wiederkehr zur Erde beschreitet.“ Nun sind diese Begriffe wie „Feuer“, „Flamme“, „Tag“, „die Zeit des zunehmenden Mondes“ etc. sowie „Rauch“, „Nacht“ und so weiter, „die nur zum Ende des Mondpfades führen“ – ohne esoterische Kenntnisse nicht verstehbar. Sie alle sind Namen verschiedener Gottheiten, welche die kosmo-psychischen Kräfte leiten. Wir sprechen oft von der Hierarchie der „Flammen“ (siehe Band II), von den „Söhnen des Feuers“ und so weiter. Shankaracharya, der größte der esoterischen Meister Indiens, sagt, dass Feuer eine die Zeit (Kala) leitende Gottheit sei. Dr. Kashinath Trimbak Telang aus Bombay, fähiger Bhagavadgita-Übersetzer, gesteht ein, dass er „über den Sinn dieser Verse keine klare Vorstellung habe“ (S. 81, Fußnote). Dagegen erscheinen sie denjenigen, welche die okkulte Lehre kennen, ziemlich klar. Die mystische Bedeutung der Sonnen- und Mondsymbole sind mit diesen Versen verknüpft: Die Pitris sind lunare Gottheiten und unsere Vorfahren, weil sie den physischen Menschen erschufen. [SD # 87] Die Agnishwattas, die Kumaras (die sieben mystischen Weisen) sind solare Gottheiten, wenngleich die Erstgenannten auch Pitris sind; und diese sind die „Gestalter des inneren Menschen“ (siehe Band II). Sie sind:

„Die Söhne des Feuers“ – da sie die ersten Wesen sind (in der Geheimlehre „Gemüter“ genannt), welche aus dem Ursprünglichen Feuer evolviert wurden. „Denn der Herr . . . ist ein verzehrendes Feuer . . . “ (Dtn 4,24); „. . . bei der Offenbarung des Herrn Jesus vom Himmel, mit den Engeln seiner Macht in flammendem Feuer . . .“ (2 Thess 1,7-8). Der Heilige Geist ließ sich auf den Aposteln nieder als „zerteilte Zungen wie von Feuer“ (Apg 2,3). Als der letzte Avatara wird Vishnu einst inmitten von Feuer und Flammen auf Kalki, dem weißen Pferd, wiederkehren. Ebenfalls auf einem weißen Pferd wird Sosiosh in einem „Wirbelsturm aus Feuer“ herabgebracht werden. „Und ich sah den Himmel geöffnet, und siehe, ein weißes Pferd, und der darauf saß . . . heißt: das Wort Gottes“ (Offb 19,11-13) inmitten von loderndem Feuer. Feuer ist Äther in seiner reinsten Form und wird daher nicht als Materie betrachtet, aber es ist die Einheit des Äthers – der zweiten, manifestierten Gottheit – in seiner Universalität. Aber es existieren zwei „Feuer“, und in den okkulten Lehren werden sie unterschieden. Das erste oder das rein formlose und unsichtbare, in der zentralen spirituellen Sonne verborgene Feuer wird als „dreifach“ bezeichnet (metaphysisch); während das Feuer des manifestierten Kosmos siebenfältig ist – überall im Universum und in unserem Sonnensystem. „Das Feuer der Erkenntnis verbrennt alle Tätigkeit auf der Ebene der Illusion“, sagt der Kommentar. „Daher werden alle, die es erlangt haben und dadurch befreit sind, ‘Feuer’ genannt.“ Indem er von den sieben Sinnen spricht, symbolisiert als Hotris, Priester, sagt der Brahmana in der Anugita: „Somit sind diese sieben (Sinne, Geruch und Geschmack und Farbe und Ton etc. etc.) die Ursachen der Befreiung“; und der Kommentar fügt hinzu: „Eben von diesen sieben muss das Selbst befreit werden. ‘Ich’ (bin hier frei von Eigenschaften) muss das Selbst bedeuten, nicht den Brahmana, welcher spricht.“ („Sacred Books of the East“, Ausg. von Max Müller, Vol. VIII, S. 278)

(b) „Alles ist eins: Zahl, hervorgegangen aus Nichtzahl“ – diese Formulierung bezieht sich wiederum auf jenen universalen und philosophischen Lehrsatz, der soeben in Stanze III (Kommentar 4) erklärt wurde. Das, was absolut ist, ist natürlich Nichtzahl; in ihrer späteren Bedeutung jedoch wird Nichtzahl sowohl auf den Raum als auch auf die Zeit angewendet. Sie bedeutet, dass nicht nur jeder Zeitabschnitt Teil eines größeren Abschnitts ist, bis hinauf zu der am unbegrenztesten anhaltenden Dauer, die der menschliche Intellekt sich vorstellen kann – sondern auch, dass nichts Manifestiertes [SD # 88] unabhängig von einem größeren Ganzen gedacht werden kann: Das Gesamtaggregat ist das eine manifestierte Universum, das aus dem Unmanifestierten oder Absoluten hervorgeht – das Nichtsein oder „Nichtzahl“ genannt wird, um es von Sein oder der „einen Zahl“ zu unterscheiden.

2. Erlernet, was wir, von der Ursprünglichen Sieben abstammend, aus der Urflamme Geborenen, von unseren Vätern lernten (a).

(a) Das wird in Band II erklärt werden; und die Bezeichnung „Urflamme“ bekräftigt das im ersten Abschnitt des vorigen Kommentars zu Stanze IV Gesagte.

Der Unterschied zwischen den „Ursprünglichen“ und den späteren sieben Baumeistern ist folgender: Die Ersteren sind der Strahl und die direkte Emanation der ersten „Heiligen Vier“, der Tetraktys, d. h. des ewig selbstexistierenden Einen (wohlgemerkt ewig in der Essenz und nicht in der Manifestation, und ungleich des universalen Einen). Im Pralaya latent und im Manvantara aktiv, gehen die „Ursprünglichen“ aus „Vater-Mutter“ (Geist-Hyle oder Ilys) hervor; während die andere, manifestierte Vierheit und die Sieben aus der Mutter allein hervorgehen. Letztere ist die unbefleckte, jungfräuliche Mutter, die von dem universalen Mysterium nicht befruchtet, sondern überschattet wird – wenn sie aus ihrem Laya-Zustand oder ihrer Undifferenziertheit emportaucht. In Wirklichkeit sind sie natürlich alle eins; aber ihre Aspekte auf den verschiedenen Daseinsebenen sind verschieden (siehe Teil II, „Theogonie der schöpferischen Götter“).

Die ersten „Ursprünglichen“ sind auf der Stufenleiter der Existenz die höchsten Wesen. Sie sind die Erzengel des Christentums, jene, die sich weigern, zu erschaffen oder vielmehr sich zu vermehren – wie Michael im letzteren System und wie die ältesten „gemütgeborenen Söhne“ Brahmâs (Veddhas).

3. Aus dem Glanz des Lichts – dem Strahl der immerwährenden Dunkelheit – entsprangen im Raum die wiedererwachten Energien (Dhyan Chohans): die Eins aus dem Ei, die Sechs und die Fünf (a). Dann die Drei, die Eins, [SD # 89] die Vier, die Eins, die Fünf – die zweimal Sieben, die Gesamtsumme (b). Und diese sind die Essenzen, die Flammen, die Elemente, die Baumeister, die Zahlen, das Arupa (Formlose), das Rupa (Formhafte) und die Kraft des Göttlichen Menschen – die Gesamtsumme (b). Und aus dem Göttlichen Menschen gingen die Formen hervor, die Funken, die heiligen Tiere und die Boten der heiligen Väter (die Pitris) innerhalb der heiligen Vier52 (c).

(a) Das bezieht sich auf die heilige Wissenschaft der Zahlen: so heilig in der Tat und so wichtig für das Studium des Okkultismus, dass der Gegenstand selbst in einem so umfangreichen Werk wie dem vorliegenden kaum gestreift werden kann. Auf den Hierarchien und den korrekten Zahlen dieser (für uns) bis auf sehr seltene Ausnahmen unsichtbaren Wesen fußt das Geheimnis des gesamten Universums. Obwohl in Wirklichkeit sieben an der Zahl, heißen die Kumaras zum Beispiel die „Vier“, weil Sanaka, Sananda, Sanatana und Sanatkumara die wesentlichen Vaidhatra (die Namen ihrer Väter) sind und dem „vierfachen Mysterium“ entstammen. Um das Ganze verständlicher zu machen, müssen wir uns an die brahmanischen Lehrsätze halten, die einigen unserer Leser vertrauter sein dürften.

Hiranyagarbha ist Brahmâ, laut dem Manu, der erste Männliche, von der nicht wahrnehmbaren Ursachlosen Ursache in ein „wie die Sonne strahlendes goldenes Ei“ geformt, wie das „Hindu Classical Dictionary“ sagt. „Hiranyagarbha“ bedeutet den goldenen oder vielmehr „strahlenden Schoß“ oder das Ei. Die Bedeutung stimmt jedoch kaum mit dem Attribut „männlich“ überein. Sicherlich ist die esoterische Bedeutung des Satzes klar genug. Im „Rigveda“ heißt es: „Jenes, der eine Herr aller Wesen . . . . das eine belebende Prinzip der Götter und des Menschen“ erhob sich im Anbeginn in dem goldenen Schoß, Hiranyagarbha – der das Weltenei oder die Kugel unseres Universums ist. Jenes Wesen ist sicherlich androgyn; und die Allegorie von Brahmâ, der sich in zwei teilt und sich in einer seiner Hälften (der weiblichen Vach) als Viraj selbst erzeugt, ist ein Beweis dafür.

„Die Eins aus dem Ei, die Sechs und die Fünf“ ergeben die Zahl 1.065, den Wert des Erstgeborenen (später das männlich/weibliche Brahmâ-Prajapati), der den Zahlen 7 entspricht, und 14, beziehungsweise 21. Gleich den Sephiroth gibt es nur sieben Prajapatis, einschließlich der [SD # 90] synthetischen Sephira der Triade, aus der sie entspringen. So emanieren aus Hiranyagarbha oder Prajapati, den Dreieinigen (der ursprünglichen vedischen Trimurti, Agni, Vayu und Surya), die anderen sieben, oder wiederum zehn, wenn wir die ersten drei davon abtrennen, welche in einem und eines in allen dreien existieren. In jenem einen „höchsten“ Parama, das Guhya oder „Geheimnis“ heißt und Sarvatman, die „Überseele“, sind jedoch alle zusammengefasst. „Die sieben Herren des Seins liegen in Sarvatman verborgen gleich den Gedanken in einem Gehirn.“ Ebenso verhält es sich mit den Sephiroth. Von der oberen, von Kether gekrönten Dreiheit aus gezählt ist die Zahl entweder sieben oder zehn – exoterisch. Im Mahabharata finden sich 21 Prajapatis, oder zehn, sechs und fünf (1.065), dreimal sieben.53

(b) „Die Drei, die Eins, die Vier, die Eins, die Fünf“ (zusammen – zweimal sieben) repräsentieren 31415 – die numerische Hierarchie der Dhyan Chohans verschiedener Ränge und der inneren oder begrenzten Welt.54 An den Rand des großen Rings „Überschreite-mich-nicht“ (siehe Stanze V) gestellt – auch Dhyani-Pasa, das „Seil der Dhyanis“ genannt, jenes „Seil“, das den phänomenalen vom noumenalen Kosmos trennt (der nicht in den Bereich unseres gegenwärtigen objektiven Bewusstseins fällt) – ist diese Zahl, wenn nicht durch Vertauschung und Erweiterung vergrößert, immer 31415, anagrammatisch und kabbalistisch, da sie sowohl die Zahl des Kreises als auch der mystischen Swastika ist, wiederum die zweimal sieben; denn von welcher Seite auch immer die beiden Ziffernfolgen gezählt werden, wenn man sie getrennt addiert, eine Ziffer nach der anderen, egal ob quer, von rechts oder von links, ergeben sie immer vierzehn. Mathematisch repräsentiert diese Ziffernfolge die wohlbekannte Berechnung des Verhältnisses eines Kreisdurchmessers zu seinem Umfang und entspricht damit 1 zu 3,1415 oder dem Wert von π (Pi), welcher für dieses Verhältnis steht. In mathematischen Formeln steht anstelle [SD # 91] der Zahl immer das Symbol π. Diese Ziffernfolge muss dieselbe Bedeutung haben, denn die Verhältnisse 1 : 314.159 und wiederum 1 : 3 : 1.415.927 stehen in den geheimen Berechnungen für verschiedene Zyklen und Zeitalter des „Erstgeborenen“, oder für 311.040.000.000.000 und Bruchteile davon, und ergeben mithilfe eines Prozesses, mit dem wir uns gegenwärtig nicht zu beschäftigen haben, dasselbe 13.415. Und es kann gezeigt werden, dass Ralston Skinner, der Autor von „The Source of Measures“, das hebräische Wort Elohim mit denselben Zahlenwerten liest, indem er, wie gesagt, die Nullen weglässt und Ziffern tauscht – 13.514 : denn א (a) ist 1 : ל (l) ist 3 (oder 30) ; ה (h) ist 5 ; י (i) 1 für 10 ; und ם (m) ist 4 (40), und anagrammatisch – 31.415 – wie er es erklärt.

Während somit in der metaphysischen Welt der Kreis mit dem einen Mittelpunkt darin keine Zahl hat und Aupapaduka (eltern- und zahllos) genannt wird – d. h. er kann keiner Berechnung unterliegen –, ist in der manifestierten Welt das Weltenei oder der Weltenkreis mit folgender Gruppe beschrieben: die Linie, das Dreieck, das Fünfeck, die zweite Linie und der Würfel (oder 13514). Und wenn der Punkt eine Linie erzeugt hat und so zum für den androgynen Logos stehenden Durchmesser wird, dann verändert sich die Ziffernfolge in 31415 oder in ein Dreieck, eine Linie, einen Würfel, die zweite Linie und ein Fünfeck. „Wenn sich der Sohn von der Mutter trennt, wird er zum Vater“, wobei der Durchmesser für die Natur oder das weibliche Prinzip steht. Daher wird gesagt: „In der Welt des Seins befruchtet der eine Punkt die Linie – die jungfräuliche Matrix des Kosmos (die eiförmige Null) – und die unbefleckte Mutter gebiert die Form, die alle Formen vereinigt.“ Der erste zeugende Männliche wird Prajapati und „der Gemahl seiner Mutter“ genannt.55 Das ist die Schlüsselnote für alle späteren göttlichen Söhne unbefleckter Mütter. Das wird durch die bedeutsame Tatsache bekräftigt, dass Anna (der Name der Mutter der Jungfrau Maria), welche nach der jetzigen Darstellung der römisch-katholischen Kirche ihre Tochter auf unbefleckte Weise gebar („Maria empfing ohne Sünde“), sich vom chaldäischen Ana ableitet, Himmel oder Astrallicht, Anima Mundi; daher wird Anaitia, Devi-Durga, die Frau Shivas, auch Annapurna [SD # 92] oder Kanya, die Jungfrau, genannt; „Uma-Kanya“ ist ihr esoterischer Name und bedeutet die „Jungfrau des Lichts“, Astrallicht in einem seiner vielfachen Aspekte.

(c) Die Devas, Pitris, Rishis; die Suras und die Asuras; die Daityas und Adityas; die Danavas und Gandharvas und so weiter und so weiter, haben in unserer Geheimlehre alle ihre Synonyme, wie auch in der Kabbala und in der hebräischen Engelslehre. Aber es ist nutzlos, ihre alten Namen anzugeben, da dadurch nur Verwirrung gestiftet würde. Viele von ihnen sind heute selbst in der christlichen Hierarchie der göttlichen und himmlischen Kräfte zu finden. Alle diese Throne und Herrschaften, Tugenden und Fürstentümer, Cherubim, Seraphim und Dämonen, die verschiedenen Bewohner der siderischen Welt, sind moderne Kopien archaischer Prototypen. Allein die Symbolik ihrer Namen, wenn sie in Griechisch und Latein übertragen und arrangiert sind, zeigt das zur Genüge, wie es später in verschiedenen Fällen bewiesen wird.

Die „Heiligen Tiere“ finden sich in der Bibel ebenso wie in der Kabbala, und ihre Bedeutung (und eine sehr profunde noch dazu) ist auf der Seite über die Ursprünge des Lebens zu finden. Im Sefer Jezirah heißt es, „Gott gravierte in die Heiligen Vier den Thron seiner Herrlichkeit, die Ophanim (die Räder oder Weltsphären), die Seraphim56, die Heiligen Tiere und die dienenden Engel, und aus diesen drei (Luft, Wasser und Feuer oder Ether) formte er seine Wohnung“. So wurde die Welt gemacht „durch drei Seraphim – Sepher, Sephar und Sipur“ oder „durch Zahl, Zahlen und Gezählte“. Mit dem astronomischen Schlüssel werden diese „Heiligen Tiere“ zu den Tierkreiszeichen.

[SD # 93]

4. Dies war die Heerschar der Stimme – die Göttliche Siebenheit. Die Funken der Sieben sind Untergebene und Diener der Ersten, Zweiten, Dritten, Vierten, Fünften, Sechsten und der Siebten der Sieben (a). Diese („Funken“) werden Kugeln, Dreiecke, Würfel, Linien und Bildner genannt; denn dafür steht das Ewige Nidana – das Oi-Ha-Hou (die Umstellung von Oeaohoo) (b).57

(a) Dieser Shloka gibt eine weitere kurze Analyse der Hierarchien der Dhyan Chohans, welche in Indien Devas (Götter) oder die bewussten, intelligenten Kräfte der Natur genannt werden. Die gegenwärtigen Typen, in welche sich die Menschheit einteilen lässt, korrelieren mit diesen Hierarchien, denn tatsächlich ist die Menschheit insgesamt ein materialisierter, jedoch noch unvollkommener Ausdruck derselben. Die „Heerschar der Stimme“ ist ein Ausdruck, welcher eng mit dem Geheimnis von Ton und Sprache verknüpft ist, als Wirkung und Begleiterscheinung der Ursache – des Göttlichen Gedankens. P. Christian, der gelehrte Verfasser von „The History of Magic“ und „L’Homme Rouge des Tuileries“, bringt es wundervoll zum Ausdruck indem er sagt, dass die von jedem Individuum ausgesprochenen Worte sowie der Name des Individuums in hohem Ausmaß sein künftiges Schicksal bestimmen. Warum? Weil –

Wenn unsere Seele (das Gemüt) einen Gedanken erschafft oder hervorruft, prägt sich das symbolische Zeichen dieses Gedankens der Astralflüssigkeit ein, welche das Gefäß und sozusagen der Spiegel aller Manifestationen des Seins ist.“

„Das Zeichen bringt das Ding zum Ausdruck: Das Ding ist die (verborgene oder okkulte) Kraft des Zeichens.

Ein Wort aussprechen heißt, einen Gedanken hervorrufen und ihn gegenwärtig machen: Die magnetische Kraft der menschlichen Sprache ist der Anfang einer jeden Manifestation in der okkulten Welt. Einen Namen aussprechen heißt nicht nur, ein Wesen (eine Entität) zu definieren, sondern auch es durch das Aussprechen des Wortes (Verbum) unter den Einfluss einer oder mehrerer okkulter Kräfte zu stellen und zu verdammen. Für jeden von uns stellen die Dinge das dar, was das von uns geäußerte Wort aus ihnen macht. Das Wort (Verbum) oder die Sprache eines jeden Menschen ist, obwohl ihm das selbst nicht bewusst ist, Segen oder Fluch; deshalb ist unsere gegenwärtige Unkenntnis sowohl der Eigenschaften oder Attribute der Idee als auch der Eigenschaften und Attribute der Materie häufig fatal für uns.“

[SD # 94] Ja, Namen (und Worte) sind entweder wohltuend oder schädlich; in gewissem Sinne sind sie entweder giftig oder heilsam, entsprechend den verborgenen Einflüssen, welche von der höchsten Weisheit in ihre Elemente gelegt wurden, das heißt in die Buchstaben, die sie zusammensetzen, und in die Zahlen, die diesen Buchstaben entsprechen.“

Das ist als eine von allen östlichen Schulen des Okkultismus akzeptierte esoterische Lehre vollkommen richtig. Im Sanskrit, wie auch im Hebräischen und in allen anderen Alphabeten, besitzt jeder Buchstabe eine okkulte Bedeutung sowie sein Grundprinzip; er stellt eine Ursache dar und die Wirkung einer vorangegangenen Ursache, und die Kombination dieser beiden bringt oft die höchste magische Wirkung hervor. Insbesondere die Vokale enthalten die okkultesten und gewaltigsten Kräfte. Die Mantras (esoterisch, vielmehr magisch als religiös) werden von den Brahmanen gesungen, und ebenso die Veden und andere Schriften.

Die „Heerschar der Stimme“ ist der Prototyp der „Schar des Logos“ oder des „Wortes“ des Sefer Jezirah, das in der Geheimlehre „die eine Zahl, hervorgegangen aus Nichtzahl“ heißt, das eine ewige Prinzip. Die esoterische Theogonie beginnt mit dem Einen, manifestiert, daher nicht ewig in seiner Gegenwart und seinem Dasein, wenngleich ewig in seiner Essenz; die Zahl der Zahlen und des Gezählten – Letzteres geht aus der Stimme hervor, der weiblichen Vach, Satarupa „der hundert Formen“ oder Natur. Aus dieser Zahl 10 oder der schöpferischen Natur – der Mutter (die okkulte Null oder „Nichts“, welche in Vereinigung mit der Einheit „I“, eins, oder dem Geist des Lebens, immer hervorbringt und multipliziert) – entspringt das gesamte Universum.

In der Anugita (Kap. VI, 15) wird ein Gespräch zwischen einem Brahmana und seiner Frau über den Ursprung der Sprache und ihre okkulten Eigenschaften wiedergegeben.58 Die Frau fragt, wie die Sprache ins Dasein kam, und was von beiden früher war, die Sprache oder der Verstand. Der Brahmana antwortet ihr, dass Apana (der beseelende Atem), sobald er die Kontrolle gewinnt, jeden der Sprache oder des Wortes nicht mächtigen Verstand in den Zustand von Apana verwandelt und ihn dadurch öffnet. Dann erzählt er ihr eine Geschichte, ein Zwiegespräch zwischen Sprache und Verstand. „Beide begaben sich zum Selbst des Seins (d. h. zum individuellen höheren Selbst, wie Nilakantha glaubt, dem Kommentator Arjuna Miśra zufolge aber zu Prajapati) und baten es, ihre Zweifel zu zerstreuen und zu entscheiden, wer von beiden den Vorrang hätte und dem anderen überlegen [SD # 95] sei. Darauf sprach der Herr: ‘Der Verstand steht höher’. Die Sprache aber antwortete dem Selbst des Seins und sagte: ‘Ich gewähre (euch) wahrhaftig eure Wünsche’, womit sie meinte, dass er, was immer er sich wünsche, durch die Sprache erlange. Daraufhin sagte ihr das Selbst, es existierten zweierlei Arten von Verstand, der ‘bewegliche’ und der ‘unbewegliche’. ‘Der unbewegliche ist bei mir’, sprach es, ‘über den beweglichen gebietest du (d. h. die Sprache) auf der materiellen Ebene. Du stehst über ihm. Doch, oh Schöne, weil du selbst gekommen bist, um mit mir zu sprechen (in der Art, wie du es tatest, d. h. stolz), deshalb sollst du, oh Sarasvati, niemals nach einem (tiefen) Ausatmen sprechen.’“ „Die Göttin Sprache“ (Sarasvati, eine spätere Form oder ein späterer Aspekt von Vach, auch die Göttin des geheimen Studierens oder der esoterischen Weisheit) „verweilte tatsächlich immer zwischen Prana und Apana. Oh Edle, sie zog aber mit dem Apana-Wind (der Lebensluft) los und eilte, obwohl sie ohne Prana (mit stillstehendem Atem) in Not war, zu Prajapati (Brahmâ) und sprach: ‘Sei gnädig, oh ehrwürdiger Herr !’ Nun begann Prana wieder zu fließen und nährte die Sprache. Und daher spricht die Sprache niemals nach einem (tiefen oder beseelenden) Ausatmen. Sie ist immer lauthaft oder lautlos. Von diesen beiden steht die lautlose höher als die lauthafte (Sprache). . . . . Die (Sprache), welche vom Körper mithilfe von Prana hervorgebracht wird, dann in Apana übergeht (verwandelt wird), anschließend von Udana (den physischen Organen der Sprache) assimiliert wird . . . verweilt schließlich in Samana (‘beim Nabel, in der Form des Tones als der materiellen Ursache aller Worte’, sagt Arjuna Miśra). So äußerte sich die Sprache früher. Daher ist der Verstand dadurch gekennzeichnet, dass er unbeweglich ist, und die Göttin (Sprache) dadurch, dass sie beweglich ist.“

Diese Allegorie liegt der Wurzel des okkulten Gesetzes zugrunde, welches Stillschweigen über die Kenntnis gewisser geheimer und unsichtbarer Dinge vorschreibt, die nur dem spirituellen Verstehen (dem 6. Sinn) wahrnehmbar sind und die nicht „lauthaft“ oder durch das gesprochene Wort ausgedrückt werden können. Dieses Kapitel der Anugita erklärt – sagt Arjuna Miśra – Pranayama oder die Regulierung des Atems durch Yogaübungen. Diese Methode gehört jedoch vielmehr zum niederen Yoga, solange die beiden höheren Sinne, von welchen insgesamt sieben existieren, wie noch gezeigt werden wird, noch nicht erlangt wurden oder zumindest vollauf verstanden werden. Der sogenannte Hatha wurde und wird noch immer von den Arhats missbilligt. Er ist der Gesundheit schädlich und kann sich allein niemals zum Raja-Yoga entwickeln. Die Geschichte wird zitiert, um zu zeigen, wie untrennbar in der Metaphysik des Altertums mit Verstand begabte Wesen oder vielmehr „Intelligenzen“, ob körperlich oder mental, mit jedem Sinn und [SD # 96] jeder Funktion verbunden sind. Die Behauptung des Okkultismus, im Menschen und in der Natur existierten analog zu den sieben Bewusstseinszuständen auch sieben Sinne, wird später in diesem Werk in Kapitel VII über Pratyahara (die Beherrschung und Regulierung der Sinne, während Pranayama jene der „Lebenswinde“ oder des Atems ist) untermauert werden. Der Brahmana spricht dort „über die Institution der sieben Opferpriester (Hotris)“. Er sagt: „Die Nase und die Augen und die Zunge und die Haut und das Ohr als fünfter (oder Riechen, Sehen, Schmecken, Tasten und Hören), Denken und Verstehen sind die sieben einzeln aufgestellten Opferpriester.“ Obwohl „sie auf sehr engem Raum leben, nehmen sie einander (doch) nicht wahr“ auf dieser Sinnesebene, mit Ausnahme des Denkens. Denn das Denken sagt: „Die Nase riecht nicht ohne mich, das Auge nimmt keine Farbe wahr und so weiter und so weiter. Ich bin das ewige Oberhaupt aller Elemente (d. h. Sinne). Ohne mich leuchten die Sinne niemals: gleich einer leeren Wohnung oder gleich Feuern, deren Flammen erloschen sind. Selbst wenn sich die Sinne darum bemühten, schafft es kein Wesen – halb trockenem, halb nassem Brennstoff gleich – ohne mich, Qualitäten oder Objekte wahrzunehmen.“59

Das bezieht sich natürlich nur auf das Denken auf der sinnlichen Ebene. Das spirituelle Verstehen (der obere Teil oder Aspekt des unpersönlichen Manas) nimmt von den Sinnen im physischen Menschen keine Kenntnis. Wie gut die Alten mit der Wechselbeziehung der Kräfte und all den neuerdings entdeckten Phänomenen der mentalen und körperlichen Fähigkeiten und Funktionen und mit vielen anderen Geheimnissen bekannt waren – kann man beim Lesen der Kapitel VII und VIII dieses (über Philosophie und mystisches Wissen) unschätzbaren Werkes erfahren. Man beachte den Streit der Sinne um ihre jeweilige Überlegenheit und wie sie Brahman, den Herrn aller Geschöpfe, zu ihrem Schiedsrichter nehmen. „Ihr seid alle die Größten und auch wieder nicht“ oder den Dingen überlegen, wie A. Miśra sagt; keiner ist unabhängig von den anderen. „Ihr alle seid von den Eigenschaften der anderen beherrscht. Alle sind in ihren eigenen Sphären die Größten, und alle unterstützen sich gegenseitig. Es gibt einen Unbeweglichen (Lebenswind oder Atem, das sogenannte ‘Einatmen des Yogas’, welcher der Atem des Einen oder höheren Selbstes ist). Dieser ist das (oder mein) eigene(s) Selbst, in zahlreichen (Formen) angesammelt.“

Dieser Atem, diese Stimme, dieses Selbst oder dieser „Wind“ (Pneuma?) ist die Synthese der sieben Sinne, noumenal alle niederen Gottheiten und esoterisch – die Siebenfältigkeit und die „Heerschar der Stimme“.

[SD # 97] (b) Als Nächstes sehen wir kosmische Materie, die sich ausbreitet und zu Elementen formt; im fünften Element zu den mystischen vier gruppiert – Ether, die Auskleidung von Akasha, der Anima Mundi oder Mutter des Kosmos. „Punkte, Linien, Dreiecke, Würfel, Kreise“ und schließlich „Kugeln“ – warum oder wie? Weil es, heißt es im Kommentar, das erste Gesetz der Natur ist und weil die Natur in all ihren Manifestationen universal geometrisch vorgeht. Es gibt ein inhärentes Gesetz – nicht nur in der ursprünglichen, sondern auch in der manifestierten Materie unserer phänomenalen Ebene – demgemäß die Natur ihre geometrischen Formen und später ihre zusammengesetzten Elemente in Wechselbeziehung bringt; und in diesem Gesetz ist kein Platz für Zufall oder Glück. Ein Grundgesetz des Okkultismus besagt, dass Ruhe oder das Aufhören von Bewegung in der Natur nicht existiert.60 Was wie Ruhe aussieht, ist lediglich die Veränderung von einer Form in eine andere; die Veränderung von Substanzen geht mit der Veränderung der Formen einher – wie uns die okkulte Physik lehrt, die auf diese Art die Entdeckung der „Erhaltung der Materie“ um eine beträchtliche Zeit vorweggenommen zu haben scheint. Der alte Kommentar61 zu Stanze IV sagt:

„Die Mutter ist der feurige Fisch des Lebens. Sie verstreut ihren Laich, und der Atem (Bewegung) erwärmt und belebt ihn. Die Körner (des Laichs) werden bald zueinander hingezogen und bilden die Flocken im Ozean (des Raumes). Die größeren Klumpen vereinigen sich und empfangen neuen Laich – in feurigen Punkten, Dreiecken und Würfeln, welche reifen, und zur vorbestimmten Zeit trennen sich einige der Klumpen selbst ab und nehmen kugelförmige Gestalt an – ein Vorgang, den sie nur dann durchführen, wenn sie nicht von den anderen gestört werden. Hierauf tritt Gesetz Nr. * * * in Kraft. Bewegung (der Atem) wird zum Wirbelwind und versetzt sie in Rotation.“62

[SD # 98]

5. . . . . . welche ist:
„Dunkelheit“, das Grenzenlose oder die Nichtzahl, Adi-Nidana Svabhavat: der (für x, Anzahl unbekannt):

I. Adi-Sanat, die Zahl, denn er ist Eins (a).

II. Die Stimme des Wortes, Svabhavat, die Zahlen, denn er ist Eins und Neun.63

III. Das „Formlose Quadrat“ (Arupa) (b).

Und diese drei, eingeschlossen in dem (grenzenlosen Kreis), sind die heiligen Vier; und die Zehn sind das Arupa-Universum (subjektiv, formlos) (c). Dann folgen die „Söhne“, die sieben Kämpfer, der Eine, der ausgelassene Achte und sein Atem, welcher der Erzeuger des Lichts ist (Bhaskara) (d).

(a) Wörtlich übersetzt bedeutet „Adi-Sanat“ den Ersten oder den „ursprünglichen“ Alten, ein Name, der den kabbalistischen „Alten der Tage“ und den „Heiligen Alten“ (Sephira und Adam Kadmon) mit Brahmâ, dem Schöpfer, identifiziert, welcher neben anderen Namen und Titeln auch Sanat hieß.

Svabhavat ist die mystische Essenz, die plastische Wurzel der physischen Natur – „Zahlen“, wenn manifestiert; die Zahl in ihrer Einheit der Substanz auf der höchsten Ebene. Der Name wird von den Buddhisten benutzt und ist ein Synonym für die vierfältige Anima Mundi, die kabbalistische „Archetypische Welt“, aus welcher die „schöpferischen, formenden und [SD # 99] materiellen Welten“ hervorgehen; Fünkchen oder Funken – die in den letzteren drei enthaltenen unterschiedlichen anderen Welten. Alle Welten sind Herrschern oder Regenten unterworfen – Rishis und Pitris bei den Hindus, Engeln bei den Juden und Christen, Göttern bei den Alten im Allgemeinen.

(b) Das bedeutet, dass der „grenzenlose Kreis“ (Null) nur dann zu einer Ziffer oder Zahl wird, wenn eine der neun anderen Ziffern ihm voransteht und so seinen Wert und seine Macht offenbart. Das Wort oder der Logos in Vereinigung mit Stimme und Geist64 (dem Ausdruck und der Quelle des Bewusstseins) steht für die neun Ziffern und bildet so mit der Null die Dekade, die in sich selbst das ganze Universum enthält. Die Triade bildet innerhalb des Kreises die Tetraktys oder die Heilige Vier, das Quadrat innerhalb des Kreises ist die mächtigste aller magischen Flächen.

(c) Der „eine Verstoßene“ ist die Sonne unseres Systems. Die exoterische Version kann in den ältesten Sanskritschriften gefunden werden. Im „Rigveda“ ist es Aditi, „die Grenzenlose“ oder der unendliche Raum, nach der Übersetzung von Max Müller „die sichtbare Unendliche, mit dem bloßen Auge Erkennbare (!!); die unendliche Ausdehnung jenseits der Erde, jenseits der Wolken, jenseits des Himmels“ – gleichbedeutend mit „Mutter-Raum“, gleichaltrig wie „Dunkelheit“. Sie wird sehr zutreffend „die Mutter der Götter“ genannt, Devamatri, da aus ihrer kosmischen Matrix sämtliche Himmelskörper unseres Systems geboren wurden – Sonne und Planeten. Daher wird sie allegorisch auf folgende Weise beschrieben: „Acht Söhne wurden aus dem Körper der Aditi geboren; sie nahte sich den Göttern mit sieben, aber stieß den achten hinweg, Marttanda“, unsere Sonne. Die sieben Aditya genannten Söhne sind kosmisch oder astronomisch die sieben Planeten; und dass die Sonne nicht dazu zählt zeigt klar, dass die Hindus einen siebten Planeten kennen konnten und auch tatsächlich kannten, ihn aber nicht Uranus65 nannten. Esoterisch und theologisch [SD # 100] sind die Adityas, sozusagen in ihrer ursprünglichen, ältesten Bedeutung, jedoch die acht und die zwölf großen Götter des Hindu-Pantheons. „Die Sieben erlauben den Sterblichen, ihre Wohnungen zu sehen, sich selbst aber zeigen sie nur den Arhats“, sagt ein altes Sprichwort. „Ihre Wohnungen“ bedeuten hier die Planeten. Der alte Kommentar gibt eine Allegorie und erklärt es:

„Acht Häuser wurden von der Mutter erbaut. Acht Häuser für ihre acht göttlichen Söhne; vier große und vier kleine. Acht glänzende Sonnen, ihrem Alter und Verdienst entsprechend. Bal-ilu (Marrtanda) war nicht zufrieden, obwohl sein Haus das größte war. Er begann (zu handeln) wie die großen Elefanten es tun. Er atmete (sog ein) die vitale Luft seiner Brüder in seinen Magen ein. Er versuchte, sie zu verschlingen. Die vier größeren waren weit weg, weit außen an der Grenze ihres Königreiches.66 Sie wurden nicht beraubt (betroffen) und lachten. Tu dein Schlechtestes, Herr, du kannst uns nicht erreichen, sagten sie. Die Kleineren jedoch weinten. Sie beklagten sich bei der Mutter. Sie verbannte Bal-ilu in den Mittelpunkt ihres Königreiches, von wo er sich nicht wegbewegen konnte. (Seit damals) beobachtet und droht er (nur). Er verfolgt sie, indem er sich langsam um sich selbst dreht. Sie wenden sich rasch von ihm, und er folgt von ferne der Richtung, in der sich seine Brüder auf dem ihre Häuser umgebenden Pfad bewegen.67 Von diesem Tag an nährt er sich vom Schweiß des Körpers der Mutter. Er füllt sich mit ihrem Atem und ihrem Unrat. Daher verstieß sie ihn.“

Da somit unsere Sonne der „verstoßene Sohn“ ist, beziehen sich die „Sonnen-Söhne“ offenbar, wie oben gezeigt, nicht nur auf unsere Planeten, sondern auch auf die Himmelskörper im Allgemeinen. Surya, selbst nur eine Widerspiegelung der zentralen geistigen Sonne, ist der Prototyp all jener Körper, die sich nach ihm entwickelten. In den Veden heißt er Loka-Chakshus, „das Auge der Welt“ (unserer [SD # 101] Planetenwelt). Und er ist eine der drei Hauptgottheiten. Er wird gleichermaßen der Sohn des Dyaus und der Aditi genannt, weil in Bezug auf die esoterische Bedeutung weder ein Unterschied gemacht noch ein Spielraum zugelassen wird. Daher wird er sowohl als von sieben Pferden gezogen dargestellt als auch mit einem siebenköpfigen Pferd; Ersteres bezieht sich auf seine sieben Planeten, Letzteres auf ihren gemeinsamen Ursprung aus dem einen kosmischen Element. Dieses „Eine Element“ wird figürlich „Feuer“ genannt. Die Veden (auch die „Aitareya-Brahmana“ von Haug, S. 1) lehren, „dass das Feuer wahrhaftig alle Gottheiten ist“ (Narada in der Anugita).

Die Bedeutung der Allegorie ist klar, denn wir haben zu ihrer Erklärung sowohl den Kommentar des Dzyan als auch die moderne Wissenschaft, obwohl die beiden sich in mehr als einer Einzelheit unterscheiden. Die okkulte Lehre lehnt die aus der Nebulartheorie entstandene Hypothese ab, dass die (sieben) großen Planeten aus der Zentralmasse der Sonne hervorgegangen seien, auf jeden Fall entsprangen sie nicht aus unserer sichtbaren Sonne. Die erste Verdichtung kosmischer Materie fand natürlich um einen zentralen Kern statt, um ihre Eltern-Sonne. Unsere Sonne jedoch, so wird gelehrt, trennte sich lediglich während der Kontraktion der rotierenden Masse früher ab als all die anderen. Sie ist daher deren älterer, größerer Bruder und nicht ihr Vater. Die acht Adityas, „die Götter“, sind alle aus der ewigen Substanz (der Kometenmaterie68 – der Mutter) geformt oder aus dem „Weltenstoff“, der zugleich das fünfte und sechste kosmische Prinzip, der Upadhi oder die Grundlage der Universalseele ist, so wie im Menschen, dem Mikrokosmos, Manas69 der Upadhi von Buddhi70 ist.

(d) Es gibt eine ganze Dichtung über die prägenetischen Kämpfe, welche von den heranwachsenden Planeten vor der endgültigen Formung des Kosmos ausgefochten wurden und die die scheinbar gestörten Positionen der Systeme verschiedener Planeten erklären. Beispielsweise sind die Satellitenebenen einiger Planeten (z. B. Neptun und Uranus, von denen die Alten angeblich nichts wussten) gekippt, sodass sich ihre Satelliten scheinbar rückläufig bewegen. Diese Planeten werden die Krieger und die Architekten genannt und von der [SD # 102] römischen Kirche als die Führer der himmlischen Heerscharen angenommen, was auf dieselben Überlieferungen hinweist. Als sie sich aus dem kosmischen Raum entwickelt hatte, zog die Sonne vor der schließlichen Formung der Urplaneten und der Ringbildung des Planeten-Nebels in die Tiefen ihrer Masse so viel kosmische Vitalität ein, wie sie nur konnte, und drohte ihre schwächeren „Brüder“ zu verschlingen, bis das Gesetz der Anziehung und Abstoßung endgültig stabilisiert war, so wird uns gelehrt; danach begann sie sich vom „Abfall und Schweiß der Mutter“ zu nähren; mit anderen Worten von den Teilen des Ethers (des „Atems der Universalseele“), von deren Existenz und Konstitution die Wissenschaft bis jetzt absolut nichts weiß. Sir William Grove stellte eine ähnliche Theorie auf (sieheCorrelation of Physical Forces“, 1843, S. 81 und „Address to the British Association, 1866“). Er theoretisierte, dass die Systeme „sich durch atmosphärische Zuwächse oder Entziehungen oder durch von nebelartigen Substanzen herrührende Zu- und Abnahmen allmählich verändern“ . . . und wiederum, dass „die Sonne auf ihrem Weg durch den Raum gasförmige Materie verdichten könne, wodurch Wärme erzeugt würde“ – die archaische Lehre scheint wissenschaftlich genug zu sein, selbst in diesem Zeitalter.71 W. Mattieu Williams regte den Gedanken an, dass die zerstreute Materie oder der die Wärmestrahlung des Universums empfangende Ether dadurch in die Tiefen der Sonnenmasse gezogen würde. Indem der schon vorher kondensierte und thermisch erschöpfte Ether von dort ausgestoßen wird, wird er verdichtet und gibt seine Wärme ab, um seinerseits wieder in einem verdünnten und abgekühlten Zustand hinausgetrieben zu werden, um dort erneut Wärme zu absorbieren. Seiner Meinung nach wird die Wärme auf diese Art vom Ether aufgenommen und von den Sonnen des Universums wiederum verdichtet und verteilt.72

Das ist so ziemlich eine der größten Annäherungen an die okkulten Lehren, welche die Wissenschaft jemals ersonnen hat; denn der Okkultismus erklärt es mittels des von Marttanda zurückgegebenen „toten Atems“ und damit, dass er sich vom „Schweiß und Abfall“ aus dem „Raum der Mutter“ ernährt. Was Neptun,73 Saturn und Jupiter [SD # 103] nur wenig beeinflussen könnte, hätte so verhältnismäßig kleine „Häuser“ wie Merkur, Venus und Mars vernichtet. Da Uranus vor dem Ende des achtzehnten Jahrhunderts nicht bekannt war, muss der Name des vierten in der Allegorie erwähnten Planeten für uns vorläufig ein Geheimnis bleiben.

Der „Atem“ aller „sieben“ soll Bhaskara (Licht erschaffend) sein, weil sie (die Planeten) ursprünglich alle Kometen und Sonnen waren. Aus dem ursprünglichem Chaos (jetzt das Noumenon der unauflöslichen Nebelflecke) evolvierten sie durch Ansammlung und Anhäufung der ursprünglichen Differenzierungen der ewigen Materie zu manvantarischem Leben – in der schönen Ausdrucksweise des Kommentars: „So kleideten sich die Söhne des Lichtes in das Gewebe der Dunkelheit.“ Sie werden allegorisch „die himmlischen Schnecken“ genannt, weil ihre (für uns) formlosen Intelligenzen ihre Sternen- und Planetenhäuser ungesehen bewohnen und auf ihrem Umlauf sozusagen wie Schnecken mit sich herumtragen. Die Lehre eines gemeinsamen Ursprungs aller Himmelskörper und Planeten wurde, wie wir sehen, von den archaischen Astronomen noch vor Kepler, Newton, Leibniz, Kant, Herschel und Laplace eingeprägt. Wärme (der Atem), Anziehung und Abstoßung – die drei großen Faktoren der Bewegung – sind die Bedingungen, unter denen sämtliche Mitglieder dieser ursprünglichen Familie geboren werden, sich entwickeln und sterben, um nach einer „Nacht Brahmâs“ wiedergeboren zu werden, während der die ewige Materie periodisch in ihren ursprünglichen, undifferenzierten Zustand zurückfällt. Selbst die verdünntesten Gase können dem modernen Physiker keine Vorstellung von der Natur jener ewigen Materie vermitteln. Zuerst Kraftzentren, differenzieren sich die unsichtbaren Funken der Uratome zu Molekülen und werden zu Sonnen – indem sie allmählich in die Objektivität treten – gasförmig, strahlend, kosmisch. Der eine „Wirbelwind“ (oder die Bewegung) gibt schließlich den Anstoß zur Form und zur Anfangsbewegung, welche von dem niemals ruhenden Atem geregelt und erhalten wird – den Dhyan Chohans.

6. . . . . Dann die zweiten Sieben, welche die Lipika sind, von den Drei (Wort, Stimme und Geist) hervorgebracht. Der ausgestoßene Sohn ist einer, zahllos die „Sonnensöhne“.

Die Lipi-ka, von dem Wort lipi, „schreiben“, bedeuten [SD # 104] wörtlich die „Schreiber“74. Mystisch stehen diese göttlichen Wesen mit Karma, dem Gesetz der Vergeltung in Zusammenhang, denn sie sind die Aufzeichner oder Chronisten, welche den (uns) unsichtbaren Tafeln des Astrallichts, „der großen Bildergalerie der Ewigkeit“, einen getreuen Bericht jeder Handlung und sogar jeden Gedankens des Menschen einprägen, von allem, was im phänomenalen Universum war, ist oder jemals sein wird. Wie es in der „Isis“ heißt, ist diese göttliche und unsichtbare Leinwand das Buch des Lebens. Der ideale Plan des Universums, welcher nach jedem Pralaya den „Baumeistern“ als Vorlage für die Wiedererrichtung des Kosmos dient, wird von den Lipika aus dem passiven universalen Gemüt in die Objektivität projiziert. Deshalb entsprechen sie den sieben Engeln der Gegenwart, welche die Christen in den sieben „Planetengeistern“ oder den „Geistern der Sterne“ erkennen. Somit sind sie die unmittelbaren Aufzeichner der ewigen Ideenbildung – oder, wie Platon sie nennt, der „Göttliche Gedanke“. Die Ewige Aufzeichnung ist kein fantastischer Traum, denn wir begegnen in der Welt der groben Materie denselben Aufzeichnungen. „Ein Schatten fällt niemals auf eine Wand, ohne eine dauernde Spur darauf zurückzulassen, welche durch die Anwendung geeigneter Prozesse sichtbar gemacht werden könnte“, sagt Dr. Draper. . . . „Die Abbilder unserer Freunde oder Landschaften auf der empfindlichen Fläche mögen dem Auge verborgen bleiben, aber sie liegen bereit, unter der Anwendung geeigneter Entwickler sofort zu erscheinen. Ein Gespenst ist auf einer Silber- oder Glasfläche verborgen, bis wir es durch unsere Nekromantie in die Welt des Sichtbaren treten lassen. Wir gehen davon aus, dass die Wände unserer privatesten Gemächer für jedes neugierige Auge unerreichbar bleiben und dass unsere Zurückgezogenheit niemals entweihbar sei – und doch existieren dort die Spuren unserer sämtlichen Handlungen, die Silhouetten von allem, was wir jemals getan haben.“75 Die Doktoren Jevons und Babbage glauben, dass jeder Gedanke, indem er die Partikel des Gehirns verschiebt und sie in Bewegung versetzt, diese überall im Universum verstreut; und sie glauben, dass „jedes einzelne Partikel der existierenden Materie ein Verzeichnis von allem jemals Geschehenen sein muss“ („Principles of Science“, Band II, S. 455). So hat die alte Lehre angefangen, in den Spekulationen der wissenschaftlichen Welt ein Existenzrecht zu erlangen.

Die vierzig in der Region von Amenti als Ankläger der Seele vor Osiris stehenden „Beisitzer“ gehören derselben Klasse von Gottheiten an wie die Lipika und würden als mit ihnen übereinstimmend gelten, würden die ägyptischen Götter [SD # 105] in ihrer esoterischen Bedeutung nicht so schlecht verstanden. Der hinduistische Chitra-Gupta, welcher den Bericht eines jeden Seelenlebens aus seiner Agra-Sandhana genannten Aufzeichnung verliest; ferner die „Assessoren“, die ihren Bericht vom Herzen des Verstorbenen ablesen, was dadurch vor allen zu einem offenen Buch wird, (ob) Yama, Minos, Osiris oder Karma – sie alle sind Kopien und Varianten der Lipika und ihren astralen Aufzeichnungen. Aber dennoch sind die Lipi-ka nicht mit dem Tod in Verbindung stehende Gottheiten, sondern mit dem ewigem Leben.

Da die Lipika mit dem Schicksal eines jeden Menschen und mit der Geburt eines jeden Kindes zusammenhängen, dessen Leben bereits im Astrallicht vorgezeichnet ist – nicht fatalistisch, sondern nur, weil Zukunft wie Vergangenheit immer in der Gegenwart lebendig sind – kann von ihnen auch gesagt werden, dass sie einen Einfluss auf die Wissenschaft der Horoskopie ausüben. Ob wir wollen oder nicht, müssen wir das als Wahrheit anerkennen. Denn, wie einer der modernen Adepten der Astrologie bemerkt: „Nun, da uns die Photographie die chemische Auswirkung des siderischen Systems enthüllt hat, indem sie auf die empfindlich gemachte Platte des Apparates Milliarden von Sternen und Planeten fixiert, die bisher den Entdeckungsbemühungen der stärksten Teleskope trotzten, wird es leichter zu verstehen, wie unser Sonnensystem bei der Geburt eines Kindes dessen Gehirn – bis dato von jeglichem Eindruck unberührt – auf bestimmte Art und entsprechend der Anwesenheit dieser oder jener Konstellation des Zodiaks am Zenit beeinflussen kann.“76

[SD # 106] STANZE V

1. Die Ursprünglichen Sieben, die ersten sieben Atemzüge des Drachens der Weisheit, erschaffen ihrerseits aus ihrem heiligen, rotierendem Atem den Feurigen Wirbelwind (a).

Kommentare

(a) Von allen Stanzen ist diese vielleicht am schwierigsten zu erklären. Ihre Sprache ist nur jenen verständlich, die in der östlichen Allegorie und ihrer absichtlich dunklen Ausdrucksweise vollkommen bewandert sind. Folgende Frage wird sicherlich aufgeworfen werden: „Verstehen die Okkultisten unter all diesen ‘Baumeistern’, ‘Lipika’ und ‘Söhnen des Lichts’ Wesenheiten oder sind das lediglich Sprachbilder?“ Darauf erfolgt ebenso klar die Antwort: „Unter gebührender Berücksichtigung der Sprachbilder für personifizierte Kräfte müssen wir die Existenz solcher Wesenheiten zugestehen, wollten wir nicht die Existenz einer spirituellen innerhalb der physischen Menschheit verwerfen. Denn die Scharen dieser Söhne des Lichts und der ‘aus dem Gemüt geborenen Söhne’ des ersten manifestierten Strahls des unbekannten Alls stellen die Wurzel des geistigen Menschen dar.“ Wenn wir nicht an das unphilosophische Dogma einer für jede menschliche Geburt speziell erschaffenen Seele glauben wollen, die seit der Zeit „Adams“ jeden Tag neu einströmen, müssen wir den okkulten Lehren zustimmen. Das wird an entsprechender Stelle erklärt werden. Wir wollen nun betrachten, was die okkulte Bedeutung dieser Stanze sein kann.

Die Lehre besagt, dass die spirituellen, ursprünglichen Intelligenzen den menschlichen Zustand durchlaufen müssen, um zu einem göttlichen, voll bewussten Gott werden zu können, ja, selbst die höchsten Götter. Und wenn wir menschlich sagen, bezieht sich das nicht nur auf unsere irdische Menschheit, sondern auf die Sterblichen sämtlicher Welten, d. h. auf jene Intelligenzen, die das geeignete Gleichgewicht zwischen Materie und Geist erreicht haben wie wir, seit wir den Mittelpunkt der vierten Wurzelrasse der vierten Runde überschritten haben. Jede Wesenheit muss durch Selbsterfahrung für sich selbst das Recht erwerben, göttlich zu werden. Hegel, der große deutsche Denker, muss diese Wahrheit gekannt oder intuitiv erahnt haben als er sagte, das Unbewusste habe das Universum nur evolviert „in der Hoffnung, klares Selbstbewusstsein zu erlangen“, mit anderen Worten, um Mensch zu werden; das entspricht auch der geheimen Bedeutung der üblichen puranischen Phrase, [SD # 107] dass Brahmâ beständig „von dem Verlangen bewegt wird zu erschaffen“. Das erklärt auch die verborgene kabbalistische Bedeutung des Ausspruchs: „Der Atem wird zum Stein; der Stein zur Pflanze; die Pflanze zum Tier; das Tier zum Menschen; der Mensch zum Geist; und der Geist zum Gott.“ Die aus dem Gemüt geborenen Söhne, die Rishis, die Baumeister etc. waren allesamt einst Menschen – in welcher Form und Gestalt auch immer – in anderen Welten während der vorangegangenen Manvantaras.

Dieser Gegenstand, der so überaus mystisch ist, ist deshalb in all seinen Einzelheiten und Bedeutungen höchst schwierig zu erklären; denn das ganze Mysterium der evolutionären Schöpfung ist darin enthalten. Ein oder zwei der Sätze erinnern lebhaft an Ähnliches in der Kabbala und der Ausdrucksweise des königlichen Psalmisten (CIV), da beide Gott, wenn von ihm gesprochen wird, den Wind zu seinem Boten machen lassen und seine „Diener zu flammendem Feuer“. In der esoterischen Lehre jedoch wird das figürlich gebraucht. Der „feurige Wind“ ist der weißglühende kosmische Staub, welcher dem leitenden Gedanken der „schöpferischen Kräfte“ nur magnetisch folgt, wie die Eisenspäne dem Magneten. Dieser kosmische Staub ist jedoch etwas mehr; denn jedes Atom im Universum trägt das Potenzial des Selbstbewusstseins in sich und ist – gleich den Monaden von Leibniz, ein Universum in sich und für sich selbst. Es ist ein Atom und ein Engel.

In diesem Zusammenhang sollte beachtet werden, dass A. R. Wallace, eine der Leuchten der modernen evolutionistischen Schule, bei der Diskussion der Unzulänglichkeit des Arguments der „natürlichen Selektion“ als einzige Begründung für die Entwicklung des physischen Menschen praktisch den gesamten hier besprochenen Punkt aufführt. Er behauptet, dass die Entwicklung des Menschen von höheren Intelligenzen geleitet und gefördert wurde, deren Vermittlung im Plan der Natur ein notwendiger Faktor sei. Sobald die Tätigkeit dieser Intelligenzen aber in einem Bereich eingeräumt wird, ist es nur eine logische Schlussfolgerung, sie auch auf weitere Bereiche auszudehnen. Eine feste und klare Grenze kann nicht gezogen werden.

2. Sie machen ihn zum Boten ihres Willens (a). Der Dzyu wird Fohat; der Göttlichen Söhne rascher Sohn, dessen Söhne die Lipika sind – vollbringt kreisend seine Besorgungen. Er ist das Ross, und [SD # 108] der Gedanke ist der Reiter (d. h. er steht unter dem Einfluss ihres leitenden Gedankens). Blitzartig durchquert er die feurigen Wolken (die kosmischen Nebel) (b); mit drei und fünf und sieben Schritten durchmisst er die sieben oberen und die sieben unteren Regionen (die zukünftige Welt). Er erhebt seine Stimme, ruft die unzähligen Funken (Atome) und fügt sie zusammen (c).

(a) Das zeigt, dass die „Ursprünglichen Sieben“ Fohat als ihr Vahana (Vehikel oder das manifestierte Subjekt, das zum Symbol der es leitenden Kraft wird) benützen. Infolgedessen wird Fohat der „Bote ihres Willens“ genannt – der feurige Wirbelwind.

„Dzyu wird Fohat“ – der Ausdruck ist selbsterklärend. Dzyu ist die eine wirkliche (magische) Erkenntnis oder okkulte Weisheit; indem sie sich mit ewigen Wahrheiten und ersten Ursachen befasst, wird sie, in der richtigen Weise angewendet, nahezu zur Allmacht. Ihre Antithese ist Dzyu-mi – das, was sich nur mit Illusion und trügerischen Erscheinungen befasst, wie unsere exoterischen modernen Wissenschaften. In diesem Fall steht Dzyu für die gesamte Weisheit der Dhyani-Buddhas.

(b) Da der Leser wahrscheinlich nicht mit den Dhyani-Buddhas vertraut ist, sollte sogleich erwähnt werden, dass den Orientalisten zufolge fünf Dhyanis existieren, die die „himmlischen“ Buddhas sind, deren Manifestationen in der Welt der Form und Materie die menschlichen Buddhas sind. Esoterisch jedoch gibt es sieben Dhyani-Buddhas, von denen sich bisher nur fünf manifestiert haben77 und zwei in der sechsten und siebten Wurzelrasse kommen sollen. Sie sind sozusagen die ewigen Prototypen der auf dieser Erde erscheinenden Buddhas, von welchen ein jeder seinen bestimmten göttlichen Prototyp hat. So ist zum Beispiel Amitabha der Dhyani-Buddha von Gautama Shakyamuni, und er manifestiert sich durch ihn, so oft sich diese große Seele auf der Erde inkarniert, so wie Er es in Tsongkhapa78 tat. Als die Synthese der sieben Dhyani-Buddhas war Avalokitesvara der erste Buddha (der Logos); und so ist Amitabha der innere „Gott“ Gautamas, welcher in China Amita(-Buddha) genannt wird. [SD # 109] Im Verhältnis zu allen irdischen, sterblichen Buddhas, den befreiten Manushi-Buddhas – welche dazu bestimmt sind, die Erde in dieser Runde zu regieren – stellen die sieben Dhyani-Buddhas „deren glorreiche Ebenbilder in der mystischen Welt dar, frei von den erniedrigenden Bedingungen dieses materiellen Lebens“, wie Rhys Davids korrekt feststellt. Sie sind die „Buddhas der Kontemplation“ und alle Aupapaduka (elternlos), d. h. selbstgeboren aus göttlicher Essenz. Die exoterische Lehre besagt, dass jeder Dhyani-Buddha die Fähigkeit hat, aus sich selbst heraus einen gleichermaßen himmlischen Sohn zu erschaffen – einen Dhyani-Bodhisattva, welcher nach dem Dahinscheiden des Manushi-Buddhas (des menschlichen Buddhas) das Werk des Letzteren zu Ende führen muss. Diese Lehre beruht auf folgender Tatsache: In der höchsten Initiation, welche von einem durchgeführt wird, der vom „Geiste des Buddhas“ – (welchem die Orientalisten die Erschaffung der fünf Dhyani-Buddhas zuschreiben!) – überschattet ist, verwandelt sich ein Kandidat praktisch in einen vom hohen Initiator hervorgebrachten Bodhisattva.

(c) Fohat, einer der wichtigsten Charaktere der esoterischen Kosmogonie überhaupt, wenn nicht gar der allerwichtigste, sollte genauestens beschrie­ben werden. Wie in der sich von späterer Mythologie stark unterscheidenden ältesten griechischen Kosmogonie stellt Eros die dritte Person der ursprünglichen Trinität dar: Chaos, Gaia, Eros; das entspricht dem kabbalistischen Ain Soph (denn Chaos ist Raum, χαὶνο, „leer“), dem grenzenlosen All, Shekinah und dem Alten der Tage oder dem Heiligen Geist. So ist Fohat in dem noch unmanifestierten Universum eine Sache und in der phänomenalen und kosmischen Welt eine andere. In Letzterer ist er jene okkulte, elektrische, vitale Kraft, welche den Willen des schöpferischen Logos erfüllend alle Formen vereinigt und zusammenbringt, indem er ihnen den später zum Gesetz werdenden ersten Impuls gibt. In dem unmanifestierten Universum ist Fohat jedoch etwas anderes, vergleichbar mit Eros, der später zum strahlenden, beflügelten Kupido oder zur Liebe wird. Fohat hat bis dahin noch nichts mit Kosmos zu tun, da der Kosmos noch nicht geboren ist und die Götter noch im Schoß von „Vater-Mutter“ schlafen. Er ist eine abstrakte philosophische Idee. Er selbst erzeugt noch nichts; er ist lediglich jene potenzielle schöpferische Kraft, aufgrund deren Aktivität sich das Noumenon aller zukünftigen Phänomene sozusagen teilt, nur um sich dann in einer übersinnlichen, mystischen Handlung wiederzuvereinigen und den schöpferischen Strahl auszusenden. Wenn der „Göttliche Sohn“ hervorbricht, dann wird Fohat die treibende Kraft, die aktive Macht, welche das Eine zu Zwei und Drei werden lässt – auf der kosmischen Ebene der Manifestation. Das dreifache Eine differenziert sich in die Vielen, und dann wird Fohat in jene Kraft verwandelt, welche die elementalen Atome zusammenführt und sich ansammeln und miteinander verbinden lässt. Wir finden ein Echo dieser ursprünglichen Lehre [SD # 110] in der frühen griechischen Mythologie. Erebos und Nyx werden aus dem Chaos geboren und bringen unter der Einwirkung von Eros ihrerseits Aither und Hemera hervor, das Licht der höheren und das Licht der unteren oder irdischen Regionen. Dunkelheit erschafft Licht. Vergleiche damit Brahmâs „Willen“ oder seine Begierde zu erschaffen in den Puranas; und in der phönizischen Kosmogonie des Sanchuniathon die Lehre, dass die Begierde, πόθος, das Prinzip der Schöpfung sei.

Fohat ist eng verwandt mit dem „Einen Leben“. Aus dem unbekannten Einen emaniert die unendliche Totalität, das manifestierte Eine oder die periodische manvantarische Gottheit; das ist das Universalgemüt, welches, von seiner Urquelle getrennt, den Demiurgen oder den schöpferischen Logos der westlichen Kabbalisten und den viergesichtigen Brahmâ der Hindureligion darstellt. Vom Standpunkt des manifestierten Göttlichen Gedankens aus betrachtet, repräsentiert er in den esoterischen Lehren in seiner Gesamtheit die Scharen der höheren schöpferischen Dhyan Chohans. Parallel zur Entwicklung des Universalgemüts manifestiert sich die verborgene Weisheit Adi-Buddhas – des Einen Höchsten und ewigen – als Avalokitesvara (oder manifestierter Iswara), der Osiris der Ägypter, der Ahura-Mazda der Zoroastrier, der Himmlische Mensch der hermetischen Philosophen, der Logos der Platoniker und der Atman der Vedantisten.79 Durch die Aktivität der von diesen zahllosen Zentren geistiger Energie im Kosmos repräsentierten manifestierten Weisheit oder Mahat, wird die Reflexion des Universalgemüts, welches die kosmische Ideenbildung und die eine solche Ideenbildung begleitende intellektuelle Kraft ist, objektiv zum Fohat des buddhistischen esoterischen Philosophen. Fohat wirkt durch die sieben Prinzipien Akashas auf die manifestierte Substanz oder das Eine Element ein, wie oben erklärt, und indem Fohat es in verschiedene Energiezentren differenziert, setzt er das Gesetz der kosmischen Evolution in Bewegung, was der Ideenbildung des Universalgemüts gehorchend im manifestierten Sonnensystem all die verschiedenen Daseinszustände hervorruft.

Das durch diese Kräfte ins Dasein gerufene Sonnensystem ist, wie alles andere innerhalb dieser Zentren, aus sieben Prinzipien aufgebaut. Das ist die Lehre der transhimalayischen Esoterik. Doch hat jede Philosophie ihre eigene Art, diese Prinzipien einzuteilen.

[SD # 111] Auf den unsichtbaren wie auch auf den manifestierten Ebenen ist Fohat also die personifizierte elektrische Lebenskraft, die transzen­den­tale, alle kos­mischen Energien verbindende Einheit. Die Wirkung Fohats gleicht – in einem unermesslichen Maßstab – der willentlich hervorgebrachten lebendigen Energie in jenen Phänomenen, in welchen das scheinbar Subjektive auf das scheinbar Objektive wirkt und es zur Tätigkeit antreibt. Fohat ist nicht nur das lebendige Symbol und das Gefäß jener Kraft, sondern wird von den Okkultisten als Entität betrachtet – die Kräfte, auf die Fohat einwirkt, sind kosmischer, menschlicher und irdischer Natur und üben ihren Einfluss auf all diesen Ebenen entsprechend aus. Auf der irdischen Ebene wird der Einfluss Fohats in der magnetischen und aktiven Kraft spürbar, die vom starken Verlangen des Magnetiseurs hervorgerufen wird. Auf der kosmischen Ebene ist er in der ausführenden, konstruktiven Kraft gegenwärtig, welche bei der Formung der Dinge – vom Planetensystem bis herab zum Glühwürmchen oder schlichten Gänseblümchen – den im Gedächtnis der Natur oder im Göttlichen Gedanken liegenden Plan für die Entwicklung und das Wachstum des besonderen Dinges ausführt. Metaphysisch ist er der objektivierte Gedanke der Götter; auf einer niedrigeren Stufe das „Fleisch gewordene Wort“ und der Bote der kosmischen und menschlichen Ideenbildung: die aktive Kraft im universalen Leben. In seinem sekundären Aspekt ist Fohat die Sonnenenergie, das elektrische, vitale Fluidum80 und das erhaltende [SD # 112] vierte Prinzip, die Tierseele der Natur sozusagen oder – Elektrizität. In Indien ist Fohat mit Vishnu und Surya im früheren Charakter des (ersteren) Gottes verbunden; denn Vishnu zählt im „Rigveda“ nicht zu den hohen Göttern. Der Name Vishnu stammt von der Wurzel vish ab, „durchdringen“, und Fohat heißt der „Durchdringer“ und der Erzeuger, weil er die Atome aus roher Materie formt.81 In den heiligen Texten des „Rigveda“ ist Vishnu auch „eine Manifestation der Sonnenenergie“, und es wird über ihn gesagt, dass er die sieben Regionen des Universums mit drei Schritten durchmisst. Der vedische Gott Vishnu hat somit wenig mit dem Vishnu der späteren Zeiten gemein. Die beiden stimmen also in dieser speziellen Eigenschaft überein, und einer stellt eine Kopie des anderen dar.

Die „drei und sieben“ Schritte beziehen sich nach der esoterischen Lehre sowohl auf die sieben vom Menschen bewohnten Sphären als auch auf die sieben Regionen der Erde. Trotz der häufigen Einwendungen der Möchtegern-Orientalisten wird in den exoterischen Schriften der Hindus deutlich auf die sieben Welten oder Sphären unserer Planetenkette Bezug genommen. Aber wie sonderbar all diese Zahlen mit ähnlichen Zahlen anderer Kosmogonien und mit ihren Symbolen verbunden sind, kann aus Vergleichen und Parallelen ersehen werden, die Gelehrte der alten Religionen anstellten. Die „drei Schritte Vishnus“ durch die „sieben Regionen des Universums“ des „Rigveda“ wurden von den Kommentatoren unterschiedlich erklärt; kosmisch stehen sie danach für „Feuer, Blitz und Sonne“; in anderen Kommentaren werden sie zu den drei Schritten auf der Erde, in der Atmosphäre und im Himmel; auch als die „drei Schritte“ des Zwerges (Vishnus Inkarnation) werden sie interpretiert, derweil sie auch philosophischer – und im astronomischen Sinne sehr korrekt – von Aurnavabha als die verschiedenen Stellungen der Sonne angegeben werden: Sonnenaufgang, Zenit und Sonnenuntergang. Die Esoterische Philosophie allein erklärt sie eindeutig, und der „Zohar“ legte sie sehr philosophisch und verständlich aus. Darin wird gesagt und klar veranschaulicht, dass die Elohim (Elhim) im Anbeginn Echod genannt wurden, „Eins“ oder die „Gottheit ist eins in den Vielen“, eine sehr einfache Vorstellung eines pantheistischen Konzepts (in seinem philosophischen Sinn natürlich). Dann kam der Wechsel: „Jehovah ist Elohim“, womit die Vielheit vereinigt und der erste Schritt zum Monotheismus gemacht wurde. Nun zu der Frage: „Wie kann Jehovah die Elohim sein?“ Die Antwort lautet: „Durch drei Schritte“ von unten. [SD # 113] Die Bedeutung ist klar.82 Sie stehen symbolisch und sinnbildlich, wechselseitig und ergänzend, für Geist, Seele und Körper (Mensch); für den Kreis, der in Geist, die Seele der Welt und ihren Körper (oder Erde) umgewandelt wurde. Ain Soph (das kabbalistische Synonym für Parabrahman, für den Zeroana Akerne der Mazdaisten oder jedes andere „Unerkennbare“) tritt aus dem Kreis der Ewigkeit heraus, die kein Mensch begreift, und wird das „Eine“ – das Echod, das Eka, das Ahu – dann wird er (oder es) durch Evolution zu dem Einen in den Vielen, zu den Dhyani-Buddhas oder den Elohim oder auch zu den Amschaspands umgewandelt, während er mit der Erzeugung des Fleisches oder des „Menschen“ seinen dritten Schritt macht. Und vom Menschen oder Jah-Hova, „männlich-weiblich“, wird die innere Göttliche Wesenheit auf der metaphysischen Ebene noch einmal zu den Elohim.

Die kabbalistische Idee ist identisch mit der Esoterik der archaischen Periode. Diese Esoterik ist das gemeinsame Eigentum aller und gehört weder der arischen fünften Rasse noch irgendeiner ihrer zahlreichen Unterrassen. Sie kann weder von den sogenannten Turaniern in Anspruch genommen werden noch von den Ägyptern, Chinesen, Chaldäern oder von sonst einer der sieben Abteilungen der fünften Wurzelrasse, sondern sie gehört tatsächlich zu den dritten und vierten Wurzelrassen, deren Abkömmlinge wir im Samen der fünften, den frühesten Ariern, finden. Der Kreis war bei allen Nationen das Symbol des Unbekannten – des „grenzenlosen Raumes“, des abstrakten Gewands einer ewig gegenwärtigen Abstraktion – der Unerkennbaren Gottheit. Er repräsentiert grenzenlose Zeit in Ewigkeit. Zeroana Akerne ist auch der „grenzenlose Kreis der unbekannten Zeit“, aus welchem das strahlende Licht hervorströmt – die universale Sonne oder Ormazd83 – und der Letztere [SD # 114] ist identisch mit Kronos in seiner äolischen Form, der eines Kreises. Denn der Kreis ist Sar und Saros oder Zyklus und war der babylonische Gott, dessen kreisförmiger Horizont das sichtbare Symbol des Unsichtbaren war, während die Sonne der eine Kreis war, aus dem die kosmischen Himmelskörper hervorgingen, als deren Führer er angesehen wurde. Zero-ana ist das Chakra oder der Kreis des Vishnu, das mysteriöse Sinnbild, das nach der Definition eines Mystikers „ein Kreisbogen solcher Art ist, dass er, wenn er von einem beliebigen auch noch so kleinen Teil seiner selbst in beliebiger Richtung verlängert wird, sich immer weiter erstreckt und schließlich zu seinem Ursprung zurückkehrt und ein und denselben Bogen bildet – oder das, was wir einen Kreis nennen“. Es könnte keine bessere Definition von dem natürlichen Symbol und der offensichtlichen Natur des Göttlichen geben, das seinen Umkreis überall hat (das Grenzenlose) und daher auch seinen Mittelpunkt; mit anderen Worten, es befindet sich in jedem Punkt des Universums. Die unsichtbare Gottheit ist also auch die Dhyan Chohans oder die Rishis, die Ursprünglichen Sieben und die Neun ohne sowie die Zehn einschließlich ihrer sie vereinigenden Einheit; von welcher Es zum Menschen schreitet. Wenn der Leser zu Kommentar (4) der Stanze IV zurückgeht, wird er nun besser verstehen, warum der kabbalistische Kreis der Elohim, wenn die Buchstaben des Wortes (Alhim oder Elohim) numerisch gelesen werden, die berühmten Ziffern 13514 oder anagrammatisch 31415 offenbart – das astronomische π (Pi) als Zahl geschrieben oder die verborgene Bedeutung der Dhyani-Buddhas, der Geber, der Gewaltigen, der Kabiren und der Elohim, die alle „große Menschen“, „Titanen“, „Himmlische Menschen“ und auf der Erde „die Riesen“ bedeuten, während das transhimalayische Chakra die Inschrift trägt (Dreieck, erste Linie, Würfel, zweite Linie und ein Pentagramm mit einem Punkt in der Mitte, so: ; und einige weitere Variationen).

Die Sieben war in allen Nationen eine heilige Zahl; aber niemand wendete sie physiologisch gesehen in einer materialistischeren Weise an als die Hebräer. Für sie stand die Sieben vorzugsweise für die Fruchtbarkeit und die Neun für das männliche Verursachende, und sie bildeten, wie die Kabbalisten zeigen, den oder otz – „den Baum des Gartens Eden“84, die „doppelte hermaphroditische Rute“ der vierten Rasse. Bei den Hindus und Ariern hingegen wurden diese Zahlen ganz allgemein unterschiedlich gewertet und bezogen sich fast ausschließlich auf rein metaphysische und [SD # 115] astronomische Wahrheiten.85 Ihre Rishis und Götter, ihre Dämonen und Heroen haben historische und ethische Bedeutungen. Und die Arier stützten ihre Religion niemals ausschließlich auf philosophische Symbole, wie es die alten Hebräer taten. Das ist in den exoterischen hinduistischen Schriften zu finden. Dass diese Erzählungen Blenden sind, zeigt sich darin, dass sie sich gegenseitig widersprechen, indem fast in jedem Purana und epischen Gedicht ein anderes Gedankenbild zu finden ist. Esoterisch gelesen ergeben sie jedoch alle dieselbe Bedeutung. So zählt eine Geschichte sieben Welten auf, ohne die niederen Welten zu erwähnen, von welchen ebenfalls sieben existieren. Diese vierzehn oberen und unteren Welten haben [SD # 116] nichts mit der Gliederung der siebenfältigen Kette zu tun, sondern gehören vielmehr den rein ätherischen, unsichtbaren Welten an. Über diese Welten wird an anderer Stelle berichtet werden. Für den Augenblick sollte der Hinweis genügen, dass sie absichtlich als zu dieser Kette gehörend dargestellt werden. „Eine andere Aufzählung nennt die sieben Welten – Erde, Firmament, Himmel, mittlere Region, Ort der Geburt, Wohnung der Gepriesenen und Wohnsitz der Wahrheit. Sie stellt die ‘Söhne Brahmâs in die sechste Abteilung und behauptet, dass die fünfte oder Jana-Loka jene sei, in welcher die in der großen Feuersbrunst zerstörten Tiere wiedergeboren werden.“ (Siehe „Hindu Classical Dictionary“) Einige wirklich esoterische Lehren sind in der „Symbolik“ zu finden. Wer dafür vorbereitet ist, wird die verborgene Bedeutung verstehen.

3. Er ist ihr führender Geist und Leiter. Sein Werk beginnend, trennt er die Funken des Unteren Reiches (die mineralischen Atome), die vor Freude erzitternd in ihren strahlenden Wohnungen (gasartigen Wolken) schweben, und bildet aus ihnen die Keime der Räder. Er ordnet sie in die sechs Richtungen des Raumes an und einen in die Mitte – das zentrale Rad (a).

(a) „Räder“ sind, wie bereits erklärt, die Kraftzentren, um die sich die ursprüngliche kosmische Materie ausbreitet, und, indem sie sämtliche sechs Zustände der Verdichtung durchläuft, sphäroid und schließlich in Globen oder Gestirne umgeformt wird. Eine der fundamentalen Lehren der esoterischen Kosmogonie besagt, dass die während der Ruheperioden „in jedem schlummernden Atom pulsierende und vibrierende“86 (Kommentar über Dzyan) Bewegung in den Kalpas (oder Äonen) des Lebens vom ersten Erwachen des Kosmos zu einem neuen „Tag“ an eine immer stärkere [SD # 117] Neigung zu rotierender Bewegung aufweist. Die „Gottheit wird zum Wirbelwind“. Sie werden auch Rotae genannt – die sich bewegenden Räder der Himmelskörper, welche an der Erschaffung der Welt teilnehmen –, wenn sich deren Bedeutung auf das beseelende Prinzip der Sterne und Planeten bezieht; in der Kabbala werden sie durch die Ophanim repräsentiert, die Engel der Sphären und Sterne, deren belebende Seelen sie sind (siehe „Kabbala Denudata“, „De Anima“, S. 113).

Dieses Gesetz der wirbelförmigen Bewegung der Urmaterie ist eines der ältesten Konzepte der griechischen Philosophie, deren erste historischen Weisen nahezu allesamt in die Mysterien Initiierte waren. Die Griechen hatten es von den Ägyptern übernommen und diese wiederum von den Chaldäern, welche die esoterische Schule der Brahmanen besucht hatten. Leukipp und Demokrit von Abdera – der Schüler der Magier – lehrten, dass diese kreisförmige Bewegung der Atome und Sphären seit ewig existiert.87 Hiketas, Heraklit, Ekphantos, Pythagoras und alle seine Schüler lehrten die Rotation der Erde. Und Aryabhata von Indien, Aristarchos, Seleukos und Archimedes berechneten ihren Umlauf ebenso wissenschaftlich wie die Astronomen von heute; die Theorie der elementaren Wirbelbewegungen war gleichermaßen Anaxagoras bekannt und wurde von ihm 500 Jahre v. Chr. behauptet, etwa 2.000 Jahre bevor sie Galileo, Descartes, Swedenborg und schließlich, mit geringen Modifikationen, Sir W. Thomson (siehe seine „Vortical Atoms“) erneut aufgriffen. Alle derartige Erkenntnis ist, wenn man ihr nur gerecht werden will, ein Echo der archaischen Lehre, ein heute vorgebrachter Erklärungsversuch. Wie die Menschen der letzten paar Jahrhunderte zu denselben Ideen und Schlussfolgerungen gekommen sind, die bereits vor Dutzenden von Jahrtausenden in der Verborgenheit des Allerheiligsten als unumstößliche Wahrheiten [SD # 118] gelehrt wurden, ist eine Frage, die gesondert behandelt werden wird. Einige wurden vom natürlichen Fortschritt der Naturwissenschaft und durch unabhängige Beobachtung dabei geleitet. Trotz ihrer großen Gelehrsamkeit verdankten andere wie Kopernikus, Swedenborg und einige mehr ihre Kenntnis vielmehr intuitiv erfassten als selbst erarbeiteten Ideen, welche üblicherweise im Verlauf eines Studiums entwickelt werden88 (siehe „A Mystery about Buddha“).

Mit den „sechs Richtungen des Raumes“ ist hier das „doppelte Dreieck“ gemeint, die Vereinigung und Verschmelzung von reinem Geist und Materie, von Arupa und Rupa – deren Symbol die Dreiecke sind. Dieses doppelte Dreieck ist ein Zeichen Vishnus. Es ist ebenso das Siegel Salomons und das Sri-Antara der Brahmanen.

4. Fohat zieht Spirallinien, um das Sechste mit dem Siebten zu vereinigen (a) – der Krone; in allen Winkeln stehen Heerscharen der Söhne des Lichts (und) die Lipika – im mittleren Rad. Sie (die Lipika) sagen: „Das ist gut“ (b), die erste Göttliche Welt ist fertig, die erste (ist jetzt), die zweite (Welt), sodann spiegelt sich das „Göttliche Arupa“ (das formlose Universum [SD # 119] des Gedankens) im Chhaya-Loka, dem ersten Gewand des Aupapaduka (c).

(a) Das Ziehen von „Spirallinien“ bezieht sich sowohl auf die Evolution der Prinzipien des Menschen als auch der Natur; eine Evolution, die stufenweise voranschreitet (wie man in Band II im Abschnitt „Der Ursprung der menschlichen Rassen“ sehen wird), ebenso wie auch alles andere in der Natur. Das sechste Prinzip des Menschen (Buddhi, die Göttliche Seele) ist, obwohl es unserer Auffassung nach bloßer Atem ist, im Vergleich zum Göttlichen „Geist“ (Atman), dessen Träger oder Vehikel es ist, immer noch etwas Materielles. In seiner Eigenschaft als Göttliche Liebe (Eros), als elektrische Kraft der Anziehung und Sympathie, wird Fohat allegorisch so dargestellt, dass er versucht, den reinen Geist, den vom Einen Absoluten untrennbaren Strahl, mit der Seele zu vereinen; die beiden bilden im Menschen die Monade und in der Natur das erste Bindeglied zwischen dem ewig Unbedingten und dem Manifestierten. „Die Erste ist jetzt die Zweite“ (Welt) – der Lipika – bezieht sich darauf.

(b) Die in jedem Winkel bereitstehenden „Heerscharen“ sind die Schar der Engelwesen (Dhyan Chohans), dazu bestimmt, jede zugehörige Region vom Anfang bis zum Ende des Manvantaras zu führen und zu überwachen. Sie sind die „mystischen Wächter“ der christlichen Kabbalisten und Alchemisten und beziehen sich sowohl symbolisch als auch kosmogonisch auf das Zahlensystem des Universums. Die Zahlen, mit denen diese himmlischen Wesen in Zusammenhang stehen, sind außerordentlich schwierig zu erklären, da sich jede Zahl auf unterschiedliche Gruppen bestimmter Ideen bezieht, entsprechend der von ihnen repräsentierten besonderen Gruppe von „Engeln“. Das ist der Nodus beim Studium der Symbolik, welchen durch Entwirren zu lösen so viele Gelehrte unfähig waren und es vorzogen, damit zu verfahren wie Alexander mit dem Gordischen Knoten – daraus folgten unmittelbar falsche Vorstellungen und Lehren.

Die „Erste ist die Zweite“, weil die „Erste“ in Wirklichkeit nicht als Erste gezählt oder betrachtet werden kann, denn sie ist der Bereich des Noumenons in seiner Urmanifestation: die Schwelle zur Welt der Wahrheit oder Sat, über welche die aus der einen Wirklichkeit – der Namenlosen Gottheit – direkt ausstrahlende Energie uns erreicht. Hier wiederum kann der unübersetzbare Ausdruck Sat (Sein-heit) leicht zu einer irrtümlichen Vorstellung führen, weil das Manifestierte nicht Sat sein kann, sondern vielmehr etwas Phänomenales ist, etwas nicht Unvergängliches, ja in Wahrheit nicht einmal etwas Immerwährendes. Es ist gleich alt und [SD # 120] koexistent mit dem Einen Leben, „Zweitlos“, aber als Manifestation ist es doch eine Maya – wie das Übrige auch. Diese „Welt der Wahrheit“ kann mit den Worten des Kommentars nur beschrieben werden als „heller Stern, der aus dem Herzen der Ewigkeit herabfiel; der Leitstern der Hoffnung, an dessen sieben Strahlen die sieben Welten des Seins hängen“. Wahrlich, so ist es; denn das sind die sieben Lichter, deren Reflexionen die menschlichen, unsterblichen Monaden darstellen – das Atman oder der ausstrahlende Geist eines jeden Geschöpfs der menschlichen Familie. Zuerst dieses siebenfältige Licht; dann:

(c) Die „Göttliche Welt“ – die zahllosen, an dem ursprünglichen Licht entzündeten Lichter – die Buddhis oder formlosen Göttlichen Seelen der letzten Arupa-Welt (formlos); in der geheimnisvollen Sprache der alten Stanze die „Gesamtsumme“. Im Katechismus wird der Meister veranlasst, den Schüler zu fragen:

„Erhebe dein Haupt, oh Lanu, siehst du am dunklen Mitternachtshimmel über dir eines oder zahllose Lichter brennen?“

„Ich fühle eine Flamme, oh Guru-Deva, ich sehe zahllose ungetrennte Funken in ihr scheinen.“

„Du sprichst wohl. Und nun blicke umher und in dich selbst. Das Licht, das in dir brennt – fühlst du es als irgendwie verschieden von dem Licht, das in deinen Menschenbrüdern scheint?“

„Es ist in keiner Weise verschieden, obwohl der Gefangene von Karma in Ketten gehalten wird, und obwohl seine äußeren Gewänder den Unwissenden ‘deine Seele und meine Seele’ zu sagen verleiten.“

Die fundamentale Einheit der letzten Essenz eines jeden Bestandteils der zusammengesetzten Dinge in der Natur – vom Stern bis zum mineralischen Atom, vom höchsten Dhyan Chohan bis zum kleinsten Infusorium, in der vollsten Bedeutung des Wortes, und einerlei, ob auf spirituelle, intellektuelle oder physische Welten angewendet – dies ist das eine fundamentale Gesetz in der okkulten Wissenschaft. „Die Gottheit ist grenzenlose und unendliche Ausdehnung“, sagt ein okkultes Axiom: daher der Name Brahmâ,89 wie bereits bemerkt. Der Verehrung der Sonne und des Feuers, der ältesten Verehrung der Welt, liegt eine tiefe Philosophie zugrunde. Von allen der Naturwissenschaft bekannten Elementen ist Feuer dasjenige, das sich beständig einer genauen Analyse entzogen hat. Es wird überzeugend behauptet, [SD # 121] dass Luft ein Gemisch der Gase Sauerstoff und Stickstoff ist. Wir betrachten das Universum und die Erde als aus bestimmten chemischen Molekülen zusammengesetzte Materie. Wir sprechen von den ursprünglichen zehn Erden und geben jeder einen griechischen oder lateinischen Namen. Wir sagen, Wasser sei eine chemische Verbindung von Sauerstoff und Wasserstoff. Aber was ist Feuer? Es wird durch die Verbrennung hervorgebracht, wird uns gewichtig geantwortet. Es ist Wärme und Licht und Bewegung, und eine Wechselwirkung von physischen und chemischen Kräften im Allgemeinen. Und diese wissenschaftliche Definition wird philosophisch ergänzt durch die in Websters Dictionary“ zu findende theologische Definition, welche das Feuer als „das Werkzeug der Bestrafung oder der Bestrafung der Reuelosen in einem anderen Zustand“ erklärt – einem „Zustand“, nebenbei bemerkt, der als spiritueller angenommen wird; aber leider scheint die Gegenwart des Feuers einen überzeugenden Beweis für seine materielle Natur darzustellen. Und doch, sagt Professor Bain, kann man sich leicht täuschen, wenn man Phänomene aufgrund ihrer Alltäglichkeit für zu einfach hält („Logic“, Teil II): „Allgemein bekannte Tatsachen scheinen selbst keiner Erklärung zu bedürfen und alles zu erklären, was auch immer mit ihnen verglichen werden kann. So hält man das Kochen und Verdampfen einer Flüssigkeit für ein sehr einfaches, keinerlei Erklärung bedürfendes Phänomen, das zugleich für seltenere Phänomene befriedigende Erklärungen liefert. Dass Wasser trocknet, ist für den ungeschulten Verstand vollkommen verständlich; wobei dem mit der Naturwissenschaft vertrauten Menschen der flüssige Zustand anomal und unerklärbar ist. Mit einer Flamme ein Feuer zu entzünden ist wissenschaftlich gesehen ein großes Problem, aber nur wenige Menschen denken so.“ (S. 125)

Was sagt die esoterische Lehre in Bezug auf das Feuer? „Feuer“, sagt sie, „ist im Himmel wie auf der Erde die vollkommenste und reinste Reflexion der Einen Flamme. Es ist Leben und Tod, der Ursprung und das Ende jeglichen materiellen Dings. Es ist Göttliche ‘Substanz’.“ Somit zeigen nicht nur die Feueranbeter, die Parsen, sondern sogar die wandernden wilden Stämme Amerikas, die sich „aus dem Feuer geboren“ nennen, mehr Wissenschaft in ihrem Glauben und mehr Wahrheit in ihrem Aberglauben als sämtliche Spekulationen der modernen Physik und Gelehrsamkeit. Der Christ, der sagt, „Gott ist ein lebendiges Feuer“ und zu Pfingsten von „feurigen Zungen“ und vom „brennenden Dornbusch“ des Moses spricht, ist ebenso sehr ein Feueranbeter wie jeder anderer „Heide“ auch. Unter allen Mystikern und Kabbalisten definierten die Rosenkreuzer das Feuer auf die richtige und korrekteste Art. Nimm eine billige Lampe, achte nur darauf, dass sie ausreichend mit Öl befüllt ist, und du bist imstande, an ihrer Flamme die Lampen, Kerzen [SD # 122] und Feuer der ganzen Welt zu entzünden, ohne die Flamme zu verringern. Wenn die Gottheit, das grundlegende Eine, ewige und unendliche Substanz ist („der Herr, dein Gott, ist ein verzehrendes Feuer“) und niemals aufgezehrt wird, dann scheint es nicht vernünftig zu sein, die okkulte Lehre für unphilosophisch zu halten, wenn sie behauptet: „So wurden die Arupa- und Rupa-Welten geformt: sieben Lichter aus einem Licht; aus jedem der sieben siebenmal sieben“ etc. etc.

5. Fohat schreitet fünf Schritte voran (nachdem er bereits die ersten drei gemacht hat) (a) und erbaut in jeder Ecke des Quadrats ein beflügeltes Rad für die vier Heiligen . . . . . und ihre Heerscharen (b).

(a) Wie bereits erläutert (siehe Kommentar zu Stanze IV) beziehen sich die „Schritte“ sowohl auf die kosmischen als auch auf die menschlichen Prinzipien – Letztere bestehen nach der exoterischen Einteilung aus drei (Geist, Seele und Körper) und nach der esoterischen Zählung aus sieben Prinzipien – drei Strahlen aus der Essenz und vier Aspekte.90 Wer Sinnetts „Esoteric Buddhism“ studiert hat, kann die Nomenklatur leicht erfassen. Es gibt zwei esoterische Schulen jenseits der Himalayas – oder vielmehr eine zweigeteilte Schule –, eine für die inneren Lanus, die andere für die äußeren oder Halblaien-Chelas. Die erste lehrt eine siebenfältige, die andere eine sechsfältige Einteilung menschlicher Prinzipien.

Von einem kosmischen Gesichtspunkt aus beziehen sich die „fünf Schritte“ Fohats hier auf die fünf oberen Ebenen des Bewusstseins und Seins, wobei die sechste und siebte (abwärts gezählt) die astrale und die irdische oder die beiden niederen Ebenen sind.

(b) „In jeder Ecke des Quadrats ein beflügeltes Rad für die vier Heiligen und ihre Heerscharen“ . . . . . Das sind die „vier Maharajas“ oder großen Könige der Dhyan Chohans, die Devas, von denen jeder einer der vier Himmelsrichtungen vorsteht. Sie sind die Regenten oder Engel, die über die kosmischen Kräfte von Nord, Süd, [SD # 123] Ost und West herrschen, Kräfte, von welchen jede eine bestimmte okkulte Eigenschaft besitzt. Diese Wesen haben auch einen Bezug zu Karma, da Karma für die Ausführung seiner Beschlüsse sowohl physische als auch materielle Werkzeuge benötigt, wie zum Beispiel die vier Arten des Windes, offenkundig von der Wissenschaft eingeräumt, welche ihre entsprechenden üblen und wohltuenden Einflüsse auf die Gesundheit der Menschheit und jedes Lebewesen ausüben. In der römisch-katholischen Lehre existiert eine okkulte Philosophie, welche die Katastrophen der Menschheit wie Krankheitsepidemien und Kriege und so fort auf die unsichtbaren „Sendboten“ des Nordens und Westens zurückführt. „Die Herrlichkeit Gottes kommt aus dem Osten“, sagt Hesekiel; wobei Jeremias, Jesaja und der Psalmist ihren Lesern versichern, dass alles Übel unter der Sonne vom Norden und Westen kommt – was, auf die jüdische Nation angewendet, wie eine nicht zu leugnende Prophezeiung für sie selbst klingt. Und das trifft auch auf die Erklärung des Hl. Ambrosius zu („Über Amos“, Kap. IV), dass wir genau aus diesem Grund „den Nordwind verfluchen und dass wir uns zu Beginn der Taufzeremonie nach Westen (siderisch) wenden, um jenem, welcher ihr bewohnt, umso besser abschwören zu können, wonach wir uns dann gegen Osten wenden“.

Der Glaube an die „vier Maharajas“ – die Regenten der vier Himmelsrichtungen – war universal und wird heute auch von den Christen91 geteilt, die sie bei der Aufzählung nach dem Hl. Augustinus „engelhafte Tugenden“ und „Geister“ nennen; die Heiden nennen sie „Teufel“. Doch worin besteht in dieser Angelegenheit der Unterschied zwischen Heiden und Christen? Laut Platon erklärte Aristoteles, dass der Ausdruck στοιχεῖα lediglich in der Bedeutung unkörperlicher Prinzipien verstanden wurde, welche in jede der vier großen Abteilungen unserer kosmischen Welt eingesetzt wurden, um sie zu überwachen. So verehren und beten sie nicht mehr als die Christen die Elemente und die (imaginären) Himmelsrichtungen an, sondern die „Götter“, die diese jeweils beherrschten. Für die Kirche existieren zwei Arten siderischer Wesen, die [SD # 124] Engel und die Teufel. Für den Kabbalisten und Okkultisten existiert dahingegen lediglich eine Art; und keiner von ihnen macht irgendeinen Unterschied zwischen den „Rektoren des Lichts“ und den Kosmokratoren oder „Rectores tenebrarum harum“, welche sich die römische Kirche vorstellt und in einem „Rektor des Lichts“ entdeckt, sobald er mit einem anderen Namen als dem von ihr verwendeten bezeichnet wird. Es ist nicht der „Rektor“ oder „Maharaja“, der bestraft oder belohnt, mit oder ohne „Gottes“ Erlaubnis und Auftrag, sondern der Mensch selbst – seine Taten oder Karma, die individuell und kollektiv (wie manchmal im Falle von ganzen Nationen) alle Arten von Übel und Katastrophen anziehen. Wir schaffen Ursachen, und diese erwecken in der siderischen Welt die entsprechenden Kräfte; die Verursacher dieser Kräfte ziehen die Kräfte magnetisch und unwiderstehlich an, und so wirken sie auf sie zurück, ohne Rücksicht darauf, ob einer der Übeltäter selbst ist oder ob er sie sich lediglich ausgedacht und ausgebrütet hat. Gedanke ist Materie,92 lehrt uns die moderne Wissenschaft, und „jedes Teilchen der vorhandenen Materie muss ein Verzeichnis alles Geschehenen sein“, wie die Herren Jevons und Babbage den Profanen in ihren „Principles of Science“ erzählen. Die moderne Wissenschaft wird „mit jedem Tag tiefer in den Malstrom des Okkultismus gezogen, zweifelsohne unbewusst, aber doch sehr spürbar. Die beiden Haupttheorien der Wissenschaft – die Beziehungen zwischen Geist und Materie betreffend – sind Monismus und Materialismus. Mit Ausnahme der quasi-okkulten Anschauungen der deutschen pantheistischen Schulen decken diese beiden das gesamte Feld negativer Psychologie ab.93

[SD # 125] Laut Clemens von Alexandria trennte in den ägyptischen Tempeln ein riesiger Vorhang den Tabernakel vom Platz für die Gemeinde ab. Bei den Juden war es genauso. Bei beiden wurde der Vorhang über fünf Säulen (das Pentagramm) gespannt, die esoterisch unsere fünf Sinne und die fünf Wurzelrassen symbolisierten, während die vier Farben des Vorhangs die vier Himmelsrichtungen und die vier irdischen Elemente darstellten. Das Ganze war ein allegorisches Symbol. Durch die vier hohen Regenten der vier Richtungen und Elemente können unsere fünf Sinne von den verborgenen Wahrheiten der Natur Kenntnis erlangen; und es ist durchaus nicht so wie Clemens es darstellen möchte, dass es die Elemente per se waren, die die Heiden mit göttlichem Wissen oder dem Wissen Gottes ausstatteten.94 Während das ägyptische Emblem spirituell war, war das jüdische rein materialistisch und verehrte in der Tat nur die blinden Elemente und die imaginären „Himmelsrichtungen“. Denn was war die Bedeutung des viereckigen Tabernakels, den Moses in der Wildnis errichtete, hätte er nicht dieselbe kosmische Bedeutung gehabt? „Du sollst einen Vorhang machen . . . von Blau, Purpur und Scharlach“ und „fünf Säulen von Akazienholz für den Vorhang . . . vier bronzene Ringe in den vier Ecken . . . Bretter von feinem Holz für die vier Seiten, Nord, Süd, West und Ost . . . des Tabernakels . . . mit geschickt gefertigten Cherubim“ (Exodus, Kapitel 26 und 27). Der Tabernakel und der quadratische Hof, die Cherubim und alles Übrige entsprachen exakt jenen in den ägyptischen Tempeln. Die quadratische Form des Tabernakels bedeutete genau dasselbe, was sie bis zum heutigen Tage in der exoterischen Verehrung der Chinesen und Tibetaner bedeutet – die vier Himmelsrichtungen, die dasselbe bedeuten wie die vier Seiten der Pyramiden, Obelisken und anderer solcher quadratischer Bauwerke. Josephus bemüht sich, das Ganze zu erklären. Er bemerkt, dass die Säulen des Tabernakels dieselben waren wie jene, [SD # 126] die in Tyrus für die vier Elemente errichtet wurden, auf Sockeln ruhend, deren vier Ecken in die vier Himmelsrichtungen zeigten; und er fügt hinzu, dass „sich auf den Ecken der Sockel gleichermaßen die vier Zeichen des Tierkreises befanden“, welche dieselbe Orientierung repräsentierten (Antiquities I“, VIII, Kap. XXII).

Die Idee kann in den zoroastrischen Höhlen gefunden werden, in den in Felsen gehauenen Tempeln Indiens, wie auch in allen bis heute erhaltenen quadratischen heiligen Gebäuden des Altertums. Das wird eindeutig von Layard nachgewiesen, der die vier Himmelsrichtungen und die vier Urelemente in der Religion eines jeden Landes in Gestalt quadratischer Obelisken, der vier Seiten der Pyramiden etc. etc. wiederfindet. Die vier Maharajas waren die Regenten und Leiter dieser Elemente und ihrer Himmelsrichtungen.

Will der Schüler mehr über sie wissen, braucht er lediglich die Vision Hesekiel (Kap. 1) mit dem, was vom chinesischen Buddhismus (selbst in der exoterischen Darstellung) bekannt ist, zu vergleichen und die äußere Gestalt dieser „großen Könige“ zu untersuchen. Nach Meinung von Rev. Joseph Edkins sind sie „die Devas, von denen jeder einem der vier Kontinente vorsteht, in welche die Hindus die Welt einteilen“.95 Jeder führt eine Heerschar spiritueller Wesen an, um die Menschheit und den Buddhismus zu schützen. Abgesehen von der Bevorzugung des Buddhismus, sind die vier himmlischen Wesen genau das. Sie sind die Beschützer der Menschheit und auch Karmas Agenten auf der Erde, während die Lipika mit der Zukunft der Menschheit zu tun haben. In der Vision Hesekiels sind sie zugleich die vier lebendigen Geschöpfe, „die nach dem Ebenbilde des Menschen gestaltet sind“ und die von den Übersetzern der Bibel „Cherubim“, „Seraphim“ und so weiter genannt werden. Von den Okkultisten werden sie „geflügelte Kugeln“, „feurige Räder“ und im Hindu-Pantheon mit einer Anzahl verschiedener Namen bezeichnet. All diese Gandharvas, die „süßen Sänger“, die Asuras, Kinnaras und Nagas, sind allegorische Beschreibungen der „vier Maharajas“. Die Seraphim sind die feurigen Schlangen des Himmels, und wir finden sie an einer Stelle, an welcher der Berg Meru als „das erhabene Massiv der Herrlichkeit, der verehrungswürdige Lieblingsplatz der Götter und himmlischen Chorsänger . . . . beschrieben wird, unerreichbar für sündige Menschen . . . . da von Schlangen bewacht“. Sie heißen die Rächer und die „geflügelten Räder“.

Nachdem ihre Mission und ihr Charakter erklärt sind, wollen wir sehen, was die [SD # 127] Ausleger der christlichen Bibel über die Cherubim sagen: „Das Wort bedeutet im Hebräischen die Fülle des Wissens; diese Engel heißen so wegen ihres ausgezeichneten Wissens und wurden daher zur Bestrafung von Menschen gebraucht, die göttliches Wissen vortäuschten“ (nach der Interpretation von Cruden in seiner Konkordanz, nach Gen 3,24). Sehr gut; und so vage die Information auch ist, zeigt sie doch, dass der Cherub, der nach dem „Fall“ an das Tor des Gartens von Eden gestellt wurde, den ehrwürdigen Interpreten die Idee einer Bestrafung in Zusammenhang mit verbotener Wissenschaft oder göttlichem Wissen nahelegte – was gewöhnlich zu einem anderen „Fall“ führt, nämlich nach der Einschätzung des Menschen zum Fall der „Götter“ oder „Gottes“. Da der gute alte Cruden jedoch nichts von Karma wusste, sei ihm verziehen. Die Allegorie jedoch ist bedeutsam. Von Meru, dem Wohnsitz der Götter, ist die Entfernung nach Eden sehr gering, und von den Schlangen der Hindus zu den ophitischen Cherubim, deren dritter von insgesamt sieben der Drache war, ist der Abstand noch geringer, denn beide bewachten den Eingang zum Reich des geheimen Wissens. Aber Hesekiel beschreibt die vier kosmischen Engel klar und deutlich: „Ich sah: Und siehe, ein Sturmwind kam, eine große Wolke und ein Feuer, sich ineinander schlingend . . . und aus seiner Mitte hervor erschien die Gestalt von vier lebendigen Wesen . . . sie hatten die Gestalt eines Menschen. Und jedes hatte vier Angesichter und vier Flügel . . . eines Menschen Angesicht und eines Löwen Angesicht, eines Stiers Angesicht und eines Adlers Angesicht . . . („Mensch“ stand hier als Ersatz für „Drachen“. VergleicheOphite Spirits“)96 . . . Und ich sah die lebendigen Wesen, und siehe, da war ein Rad auf der Erde mit seinen vier Angesichten . . . wie ein Rad inmitten eines Rades . . . denn der Geist des lebendigen Wesens war in den Rädern . . . ihr Aussehen war wie brennende Feuerkohlen . . . “ und so weiter (Hesekiel, Kap. 1).

Es gibt jeweils drei Hauptgruppen von Baumeistern, Planetengeistern und Lipika; und jede Gruppe teilt sich wieder in sieben Untergruppen. Selbst in einem so umfangreichen Werk wie diesem ist es unmöglich, auf eine genaue Untersuchung auch nur der drei Hauptgruppen einzugehen, da das einen weiteren Band erfordern würde. Die „Baumeister“ sind die Repräsentanten der ersten „aus dem Gemüt geborenen“ Wesenheiten, daher der ursprünglichen Rishi-Prajapatis; auch der sieben großen Götter Ägyptens, deren Haupt Osiris ist; der sieben Amschaspands der Zoroastrier, mit [SD # 128] Ormazd an ihrer Spitze; oder der „sieben Geister des Angesichts“; der sieben Sephiroth, von der ersten Triade getrennt etc. etc.97

Sie erbauen oder vielmehr wiedererrichten alle „Systeme“ am Ende der „Nacht“. Die zweite Gruppe der Baumeister stellt ausschließlich den Architekten unserer Planetenkette dar; und die dritte, den Vorfahren unserer Menschheit – den makrokosmischen Prototyp des Mikrokosmos.

Die Planetengeister sind die beseelenden Geister der Sterne im Allgemeinen und der Planeten im Besonderen. Sie regeln die Schicksale der Menschen, die alle unter der einen oder anderen ihrer Konstellationen geboren sind. Die zu anderen Systemen gehörenden zweiten und dritten Gruppen haben dieselben Funktionen; und alle herrschen über verschiedene Bereiche in der Natur. Im exoterischen Hindu-Pantheon sind sie die Schutzgottheiten, welche den acht Richtungen des Kompasses vorstehen – den vier Haupthimmelsrichtungen und den vier dazwischen liegenden Himmelsrichtungen. Sie werden Lokapalas genannt, „Stützen oder Hüter der Welt“ (in unserem sichtbaren Kosmos), von denen Indra (Ost), Yama (Süd), Varuna (West) und Kuvera (Nord) die Wichtigsten sind; ihre Elefanten und ihre Gattinnen gehören natürlich dem Reich der Fantasie an und sind spätere Einfälle, obwohl sie alle eine okkulte Bedeutung haben.

Die Lipika (deren Beschreibung im Kommentar 6 zu Stanze IV gegeben wurde) sind die Geister des Universums, während die Baumeister nur unsere eigenen planetarischen Gottheiten darstellen. Die Ersteren gehören dem okkultesten Teil der Kosmogenesis an, der hier nicht gegeben werden kann. Ob die Adepten (selbst die höchsten) diese Rangordnung der Engel vollständig in ihrer dreifachen Abstufung kennen oder lediglich die unterste, welche mit den Aufzeichnungen unserer Welt zusammenhängt, ist die Schreiberin nicht vorbereitet zu sagen, doch möchte sie sich eher der letzteren Ansicht zuneigen. Über ihren höchsten Grad wird lediglich eines gelehrt: Die Lipika stehen in Verbindung mit Karma – sie sind die direkten Aufzeichner desselben.98

[SD # 129]

6. Die Lipika umschreiben das Dreieck, das Erste (die vertikale Linie oder die Ziffer I), den Würfel, den Zweiten und das Pentagramm in dem Ei (Kreis) (a). Es ist der Ring, der „Überschreite-mich-nicht“ genannt wird für jene, die ab- und aufsteigen, (ebenso für jene) die während des Kalpa dem grossen Tag „Sei-mit-uns“ entgegen schreiten (b). So wurden das Arupa und das Rupa (die formlose Welt und die Welt der Formen) gebildet: sieben Lichter aus einem; von jedem der sieben siebenmal sieben Lichter. Die „Räder“ hüten den Ring.

Die Stanze geht weiter mit einer minuziösen Klassifizierung der Ordnung der Hierarchie der Engel. Aus der Gruppe der Vier und Sieben emaniert die „gemütgeborene“ Gruppe der Zehn, der Zwölf, der Einundzwanzig und so weiter; sie alle sind wieder in Untergruppen von sieben, neun und zwölf und so weiter geteilt, bis sich der Verstand in der endlosen Aufzählung von himmlischen Scharen und Wesen verliert, von denen jedes während der Existenz des sichtbaren Kosmos bei der Leitung seine bestimmte Aufgabe hat.

(a) Die esoterische Bedeutung des ersten Satzes der Stanze ist die, dass die sogenannten Lipika, die Schreiber des karmischen Hauptbuchs, eine unpassierbare Schranke zwischen dem persönlichen Ego und dem unpersönlichen Selbst, dem Noumenon und der Elter-Quelle des Ersteren, errichten. Daher die Allegorie. Sie umschreibt die manifestierte, materielle Welt innerhalb des Rings „Überschreite-mich-nicht“. Diese Welt ist das Symbol (objektiv) des Einen, das auf den Ebenen der Illusion in die Vielen geteilt ist, von Adi (dem „Ersten“) oder Eka (dem „Einen“); und dieses Eine ist das kollektive Aggregat oder die Gesamtheit der Hauptschöpfer oder Architekten dieses sichtbaren Universums. Im hebräischen Okkultismus ist ihr Name sowohl Achath, feminin, „Eine“, als auch Achod, maskulin, „Einer“. Die Monotheisten nutzten (und tun das immer noch) die tiefgründige Esoterik der Kabbala, indem sie den Namen, unter welchem die eine höchste Essenz in ihrer Manifestation bekannt ist, die Sephiroth-Elohim, anwenden und sie Jehovah nennen. Aber das ist [SD # 130] die reine Willkür und widerspricht aller Vernunft und Logik, da das Wort Elohim ein Nomen pluralis ist, identisch mit dem Plural Chiim, oft mit den Elohim99 verbunden. Obendrein gibt es in der okkulten Metaphysik genau gesagt zwei „Eine“ – das Eine der unerreichbaren Ebene der Absolutheit und Unendlichkeit, über welche keinerlei Spekulation möglich ist, und das zweite „Eine“ auf der Ebene der Emanationen. Ersteres kann weder emanieren noch geteilt werden, da es ewig, absolut und unveränderlich ist. Das zweite, sozusagen die Reflexion des ersten Einen (denn das ist der Logos oder Iswara im illusiven Universum), kann all das Vorgenannte.100 Die obere sephirothische Triade emaniert die niederen sieben Sephiroth aus sich selbst heraus, und genauso strömen aus dem vorgenannten zweiten „Einen“ die sieben Strahlen oder Dhyan Chohans hervor; mit anderen Worten: Das Homogene wird zum Heterogenen, das „Protyl“ differenziert sich in die Elemente. Aber diese können niemals – es sei denn, sie kehren in ihr Urelement zurück – den Laya- oder Nullpunkt überschreiten.

Daher die Allegorie. Die Lipika scheiden die Welt (oder die Ebene) des reinen Geistes von jener der Materie ab. Jene, die „ab- und aufsteigen“ – die sich inkarnierenden Monaden und die nach Reinigung und „Aufstieg“ strebenden Menschen, die das Ziel jedoch noch nicht ganz erreicht haben, können den „Ring Überschreite-mich-nicht“ nur am Tag „Sei-mit-uns“ überwinden. An jenem Tag, an dem der Mensch sich von den Banden der Unwissenheit befreit und die [SD # 131] Nichtgetrenntheit des Egos in seiner Persönlichkeit – die er fälschlich für seine eigene hielt – vom universalen Ego (Anima Supra-Mundi) vollständig erkennt, geht er dabei in diese Eine Essenz ein, nicht nur um eins zu werden „mit uns“ (die manifestierten universalen Leben, die „einLeben sind), sondern mit diesem eigentlichen Leben selbst.

Astronomisch zeigt der von den Lipika um das Dreieck gezeichnete „Ring Überschreite-mich-nicht“, die erste Eins, der Würfel, die zweite Eins und das Fünfeck, um diese Flächen einzufassen, somit erneut, dass er das Symbol 31415 in sich birgt oder den in mathematischen Tafeln ständig gebrauchten Koeffizienten (den Wert π, Pi), wobei die geometrischen Flächen hier für die numerischen Ziffern stehen. Nach den allgemeinen philosophischen Lehren befindet sich dieser Ring jenseits der Regionen der sogenannten Nebel der Astronomen. Diese Vorstellung ist jedoch ebenso falsch wie die in den puranischen und anderen exoterischen Schriften über die 1.008 Welten der Devaloka-Ebenen und der Firmamente gegebenen Topografien und Beschreibungen. Es gibt natürlich Welten, nach den esoterischen wie nach den profanen wissenschaftlichen Lehren, in so unberechenbaren Entfernungen, dass das Licht der nächsten von ihnen, das soeben unsere modernen Chaldäer erreicht hat, seinen Himmelskörper lange vor dem Tag verlassen hatte, an dem die Worte „Es werde Licht“ ausgesprochen wurden; dabei handelt es sich aber nicht um Welten der Devaloka-Ebene, sondern um Welten in unserem Kosmos.

Der Chemiker geht bis zum Laya- oder Nullpunkt der materiellen Ebene, mit der er sich beschäftigt, und bleibt dort stehen. Der Physiker oder der Astronom rechnet mit Milliarden von Meilen jenseits der Nebel und bleibt dann ebenfalls stehen; der halbinitiierte Okkultist stellt sich vor, dass dieser Layapunkt auf irgendeiner Ebene liegt, die dem menschlichen Intellekt noch fassbar ist, wenn auch nicht auf der physischen Ebene. Der voll Initiierte weiß jedoch, dass der Ring „Überschreite-mich-nicht“ weder eine Lokalität ist noch nach der Entfernung gemessen werden kann, sondern dass er in der Absolutheit der Unendlichkeit existiert. In dieser „Unendlichkeit“ des voll Initiierten gibt es weder Höhe noch Breite oder Tiefe, sondern alles ist unergründliche Tiefsinnigkeit, die hinabreicht vom Physischen bis zum „Para-Para-Metaphysischen“. Mit dem Wort „hinab“ ist essenzielle Tiefe gemeint – „nirgends und überall“ – und nicht die Tiefe physischer Materie.

Wenn man die exoterischen und grob anthropomorphen Allegorien volkstümlicher Religionen sorgfältig durchforscht, kann man selbst in diesen die Lehre, welche in dem von den Lipika bewachten Ring „Überschreite-mich-nicht“ verkörpert ist, vage wahrnehmen. So findet man ihn selbst in den Lehren [SD # 132] der vedantistischen Sekte der Visishtadvaita, der am hartnäckigsten anthropomorphen in ganz Indien. Dort lesen wir über die erlöste Seele:

Nachdem sie Moksha (einen Zustand der Wonne mit der Bedeutung „Erlösung von Bandha“ oder Gebundensein) erreicht hat, genießt sie die Wonne an einem Ort namens Paramapadha, welcher nicht materieller Natur ist, sondern aus Shuddha-Sattva gebildet ist (der Essenz, die den Körper Iswaras bildet, „des Herrn“). Dort sind die Muktas oder Jivatmans (Monaden), welche Moksha erlangt haben, niemals wieder den Qualitäten der Materie oder Karma unterworfen. „Aber wenn sie wählen, Gutes auf der Welt zu bewirken, können sie auf der Erde inkarnieren.101 Der Weg von dieser Welt zum Paramapadha oder den immateriellen Welten heißt Devayana. Wenn ein Mensch Moksha erlangt hat und der Körper stirbt:

„Der Jiva (die Seele) geht mit Sukshma-Sarira102 vom Herzen des Körpers zum Brahmarandhra am Scheitel des Hauptes, indem er Sushumna durchläuft, einen Nerv, welcher das Herz mit dem Brahmarandhra verbindet. Der Jiva durchbricht den Brahmarandhra und geht zur Region der Sonne (Suryamandala) durch die Sonnenstrahlen. Dann geht er, durch einen dunklen Fleck in der Sonne, zum Paramapadha. Der Jiva wird auf seinem Weg durch die höchste durch Yoga erlangte Weisheit geleitet.103 Der Jiva schreitet weiter zu Paramapadha mithilfe der Athivahikas (Überbringer), bekannt unter dem Namen Archi-Ahas . . . Aditya, Prajapati etc. Die hier erwähnten Archis sind gewisse reine Seelen etc. etc.“ (Visishtadvaita Catechism von Pandit Bhashyacharya, MTG).

Kein Geist mit Ausnahme der „Aufzeichner“ (Lipika) hat jemals seine verbotene Grenze überschritten, noch wird irgendjemand sie vor dem Tag des nächsten Pralayas überschreiten, denn sie ist die Grenze, die das Endliche – wie unendlich es auch immer aus menschlicher Sicht sein möge – vom wahrhaftig Unendlichen trennt. Die als „auf- und absteigend“ bezeichneten Geister sind daher die „Scharen“, die wir frei die „himmlischen Wesen“ nennen. Aber tatsächlich sind sie das nicht. [SD # 133] Sie sind Wesenheiten der höheren Welten in der Hierarchie des Seins, so unermesslich hoch, dass sie uns als Götter und kollektiv als – Gott – erscheinen müssen. Aber ebenso müssen wir sterblichen Menschen den mit dem Maßstab ihrer eigenen Fähigkeiten urteilenden Ameise erscheinen. Die Ameise mag auch – nach allem, was wir wissen – den rächenden Finger eines persönlichen Gottes in der Hand des kleinen Bengels erblicken, der gerade dem Impuls folgt, etwas anstellen zu wollen und in einem einzigen Augenblick die Arbeit vieler Wochen an ihrem Ameisenhügel zerstört – langer Jahre in der Chronologie der Insekten. Die Ameise, die das schmerzlich empfindet, mag auch, wie der Mensch, die unverdiente Katastrophe einer Verkettung von Vorsehung und Sünde zuschreiben und darin die Folge der Sünde ihres ersten Vorfahrs erblicken. Wer weiß es, und wer kann es bestätigen oder abstreiten? Die Weigerung, im ganzen Sonnensystem auf der menschlichen Ebene irgendwelche anderen vernünftigen und intellektuellen Wesen außer uns selbst gelten zu lassen, ist der größte Eigendünkel unserer Zeit. Die Wissenschaft kann lediglich das Recht für sich in Anspruch nehmen zu behaupten, dass es keine unter denselben Umständen wie wir selbst lebenden, unsichtbaren Intelligenzen gibt. Sie kann nicht rundheraus die Möglichkeit abstreiten, dass es Welten innerhalb von Welten geben könnte mit Bedingungen, die sich von den Verhältnissen in unserer Natur gänzlich unterscheiden; noch kann sie abstreiten, dass es eine gewisse eingeschränkte Kommunikation104 zwischen einigen dieser Welten und unserer eigenen geben kann. Der höchsten dieser Welten, so werden wir gelehrt, gehören die sieben Klassen der rein göttlichen Geister an; den sechs niedrigeren gehören Hierarchien an, welche gelegentlich von Menschen gesehen und gehört werden können, und sie stehen mit ihrer Nachkommenschaft auf der Erde in Verbindung; und diese Nachkommenschaft ist unauflöslich mit ihnen verbunden, weil jedes einzelne Prinzip im Menschen seinen direkten Ursprung in der Natur dieser großen Wesen hat, welche uns auf diese Weise mit den entsprechenden unsichtbaren Elementen in uns ausstatten. Die Naturwissenschaft ist willkommen, über den physiologischen Mechanismus der Lebewesen zu spekulieren und ihre fruchtlosen Anstrengungen in dem Versuch fortzusetzen, unsere Gefühle, unsere Empfindungen – mentale und spirituelle – in Funktionen ihrer anorganischen Träger aufzulösen. Nichtsdestoweniger wurde alles, was auch immer in dieser Richtung jemals erreicht werden wird, bereits vollendet; und die Wissenschaft wird nicht weiterkommen. [SD # 134] Sie steht vor einer leblosen Mauer, an deren Wand sie vermeintlich große physiologische und psychische Entdeckungen aufspüren kann, wobei sie sich später allesamt als nichts Besseres als ein von ihren wissenschaftlichen Fantasien und Illusionen gesponnenes Netz erweisen werden. Bei den Untersuchungen und der Analyse der physiologischen Wissenschaft sind lediglich die Gewebe unseres objektiven Rahmenwerkes dienlich.105 Ihre sechs höheren Prinzipien werden jedem von Feindseligkeit geleiteten Versuch spotten, welcher absichtlich die okkulten Wissenschaften ignoriert und verwirft.

(b) Der „große Tag Sei-mit-uns“ also ist ein Begriff, dessen einziger Wert in seiner buchstäblichen Übersetzung liegt. Seine Bedeutung kann einer mit den mystischen Grundlagen des Okkultismus oder vielmehr der esoterischen Weisheit oder „Budhismus“ nicht vertrauten Öffentlichkeit nur schwer enthüllt werden. Es handelt sich dabei um einen dem Letzteren eigenen Ausdruck, der dem Profanen ebenso verschwommen erscheint wie der „Tag Komme-zu-uns106 der Ägypter, was [SD # 135] dasselbe bedeutet wie Ersterer, obwohl das Verb „sei“ in diesem Sinne durch einen der beiden Ausdrücke „Bleibe“ oder „Ruhe-mit-uns“ noch besser ausgedrückt werden könnte, da es sich auf Paranirvana bezieht, jene lange Periode der Ruhe. Wie in der exoterischen Interpretation der ägyptischen Riten die Seele jedes verstorbenen Menschen – vom Hierophanten bis hinab zum heiligen Stier Apis – ein Osiris wurde, osirifiziert wurde; wobei die Geheimlehre immer gelehrt hat, dass die wirkliche Osirifizierung erst nach 3.000 Existenzzyklen das Schicksal aller Monaden war; so auch in diesem Fall. Die aus der Natur und eben der Essenz der „Sieben“ (wobei ihr höchstes Prinzip sofort in das siebte kosmische Element eingeschlossen wird) geborene „Monade“ hat ihren siebenfältigen Kreislauf durch den Zyklus des Seins und der Formen zu vollbringen, vom höchsten bis zum niedersten; und dann wiederum vom Menschen zum Gott. An der Schwelle von Paranirvana nimmt sie ihre ursprüngliche Essenz wieder an und wird wieder einmal das Absolute.

[SD # 136]
STANZE VI

1. Mit der Macht der Mutter der Barmherzigkeit und Erkenntnis (a) – Kwan-Yin107, der „Dreiheit“ von Kwan-Shai-Yin, die in Kwan-Yin-Tien wohnt (b) – hat Fohat, der Atem ihrer Nachkommen, der Sohn der Söhne, aus dem unteren Abgrund (Chaos) die illusive Form von Sien-Tchan (unserem Universum) und die sieben Elemente wachgerufen:108

(a) Die Mutter der Barmherzigkeit und Erkenntnis heißt die „Dreiheit“ von Kwan-Shai-Yin, weil sie in ihren Wechselbeziehungen – metaphysisch und kosmisch – „die Mutter, die Frau und die Tochter“ des Logos ist, gerade so, wie sie in späteren theologischen Übersetzungen zur Essenz der Drei wurde, „dem Vater, dem Sohn und dem (weiblichen) Heiligen Geist“ – die Shakti oder Energie. So ist in der Esoterik der Vedantisten das durch Iswara, den Logos,109 manifestierte Licht, Daiviprakriti, gleichzeitig die Mutter und auch die Tochter des Logos oder des Verbum Parabrahmans; wobei es in der Esoterik der transhimalayischen Lehren – in der Hierarchie allegorischer und metaphysischer Theogonie – „die Mutter“ ist oder abstrakte, ideale Materie, Mulaprakriti, die Wurzel der Natur; vom metaphysischen Standpunkt aus ist sie ein Zusammenwirken Adi-Bhutas, manifestiert im Logos, Avalokitesvara; und vom rein okkulten [SD # 137] und kosmischen Standpunkt aus Fohat110 – der „Sohn des Sohnes“, die androgyne Energie, die aus diesem „Licht des Logos“ resultiert und sich der Ebene des objektiven Universums sowohl als die verborgene als auch als die offenbare Elektrizität manifestiert – die Leben ist.

(b) Kwan-Yin-Tien bedeutet „der melodische Himmel des Klangs“, der Wohnort von Kwan-Yin, oder buchstäblich die „Göttliche Stimme“. Diese „Stimme“ ist ein Synonym des Verbums oder des Wortes: „Sprache“ als Ausdruck des Gedankens. So kann die Verbindung mit der hebräischen Bath Kol zurückverfolgt werden, und selbst ihr Ursprung, der „Tochter der Göttlichen Stimme“, oder des Verbums oder des männlichen und weiblichen Logos, des „Himmlischen Menschen“, oder Adam Kadmons, der zur selben Zeit Sephira ist. Letztere wurde sicherlich von der hinduistischen Vach, der Göttin der Sprache oder des Wortes, vorweggenommen. Denn Vach – die Tochter und der weibliche Teil Brahmâs, wie behauptet wird, eine „von den Göttern Erzeugte“ – ist gemeinschaftlich mit Kwan-Yin, Isis (ebenfalls Tochter, Frau und Schwester des Osiris) und mit anderen Göttinnen sozusagen der weibliche Logos, die Göttin der aktiven Kräfte der Natur, das Wort, die Stimme oder der Klang und die Sprache. Wenn Kwan-Yin die „wohlklingende Stimme“ ist, so gilt das auch für Vach; „die Nahrung und Wasser spendende, wohlklingende Kuh“ (das weibliche Prinzip), „die uns ernährt und unterhält“ als Mutter Natur. Im Schöpfungswerk ist sie mit Prajapati verbunden. Sie ist ad libitum männlich und weiblich, so wie Eva mit Adam. Und sie ist eine Form des in Akasha über dem Ether stehenden Prinzips Aditi, der Synthese aller Kräfte der Natur. Somit entsprechen Vach und Kwan-Yin beide der magischen Kraft des okkulten Klangs in der Natur und im Ether. Diese „Stimme“ ruft Sien-Tchan, die illusive Form des Universums, aus dem Chaos und den sieben Elementen hervor.

Nach der Darstellung im Manu teilt Brahmâ (ebenfalls der Logos) daher seinen Körper in zwei Teile, einen männlichen und einen weiblichen, und erzeugt im Letzteren, der Vach ist, Viraj, die er selbst ist oder wiederum Brahmâ. Von dieser „Göttin“ sprechend erklärt ein gelehrter Vedanta-Okkultist auf dieselbe Weise, warum Iswara (oder Brahmâ) Verbum oder Logos genannt wird; warum er tatsächlich Sabda Brahman genannt wird:

[SD # 138] „Die Erklärung, die ich Ihnen nun gebe, wird gänzlich mystisch erscheinen; wenn sie aber mystisch ist, so hat sie – wenn richtig verstanden – eine gewaltige Bedeutung. Unsere alten Schriftsteller sagten, dass Vach von viererlei Art ist (siehe den „Rigveda“ und die Upanishaden). Vaikhari-Vach ist, was wir aussprechen. Jede Art von Vaikhari-Vach existiert in ihrer Madhyama-, weiter in ihrer Pashyantî- und schließlich in ihrer Para-Form.111 Der Grund, warum dieser Pranava-Vach genannt wird, ist der, dass die vier Prinzipien des großen Kosmos diesen vier Formen von Vach entsprechen. Nun existiert das gesamte manifestierte Sonnensystem in seiner Sukshma-Form im Licht oder in der Energie des Logos, weil dessen Energie aufgefangen und auf die kosmische Materie übertragen wird . . . Der ganze Kosmos in seiner objektiven Form ist Vaikhari-Vach; das Licht des Logos ist die Madhyama-Form und der Logos selbst die Pasyanti-Form; und Parabrahman die Para-Form oder der -Aspekt jener Vach. Im Licht dieser Erklärung müssen wir versuchen, gewisse Behauptungen zu verstehen, die von verschiedenen Philosophen dahingehend gemacht wurden, dass der manifestierte Kosmos das als Kosmos manifestierte Verbum ist.“ (Siehe Vorlesung über die Bhagavadgita“, oben zitiert)

2. Der Rasche und Strahlende Eine bringt die Sieben Laya- Zentren (a) hervor – gegen die sich bis zum grossen Tag „Sei-mit-uns“ niemand behaupten kann – und stellt das Universum auf diese ewigen Fundamente, die Sien-Tchan mit den Elementaren Keimen ummanteln (b).

(a) Die sieben Laya-Zentren sind die sieben Nullpunkte, wobei das Wort Null dieselbe Bedeutung hat wie bei den Chemikern und einen Punkt andeutet, von welchem in der Esoterik der Berechnungsmaßstab der Differenzierung ausgeht. Von den Zentren aus – jenseits derer uns die Esoterische Philosophie die schattenhaften metaphysischen Umrisse der „Sieben Söhne“ des Lebens und des Lichts, die sieben Logoi der hermetischen und aller anderen Philosophen erkennen lässt – beginnt [SD # 139] die Differenzierung der in die Konstitution unseres Sonnensystems eintretenden Elemente. Es wurde oft gefragt, wie Fohat und seine Kräfte und Funktionen exakt zu definieren seien, da er in der Auffassung der populären Religionen oft die Rolle eines persönlichen Gottes auszuüben scheint. Die Antwort wurde gerade im Kommentar zu Stanze V gegeben. Wie in den Bhagavadgita-Vorlesungen treffend zum Ausdruck gebracht wird, „muss der ganze Kosmos notwendigerweise in der einen Energiequelle existieren, aus welcher dieses Licht (Fohat) emaniert“. Ob wir sieben oder nur vier Prinzipien im Kosmos und im Menschen zählen – es gibt sieben Kräfte der physischen Natur und in der physischen Natur; und von derselben Autorität wird erklärt, dass „Pragna oder die Fähigkeit der Wahrnehmung in sieben verschiedenen Aspekten existiert, den sieben Zuständen der Materie entsprechend“ (persönlicher und unpersönlicher Gott). Denn „geradeso wie ein Mensch aus sieben Prinzipien zusammengesetzt ist, existiert differenzierte Materie im Sonnensystem in sieben verschiedenen Zuständen“ (ebenda). Das gilt auch für Fohat.112 Er ist Eins und Sieben; und auf der kosmischen Ebene steht er hinter sämtlichen Manifestationen wie Licht, Wärme, Ton, Adhäsion etc. etc., und er ist der „Geist“ der Elektrizität, die das Leben des Universums ist. Als eine Abstraktion nennen wir es das Eine Leben; als eine objektive und offensichtliche Realität sprechen wir von einer siebenfältigen Stufenleiter der Manifestation, welche an der obersten Sprosse mit der Einen Unerkennbaren Ursächlichkeit beginnt und als das jedem Atom der Materie innewohnende allgegenwärtige Gemüt und Leben endet. Während die Wissenschaft die Evolution als von grober Materie, blinder Kraft und gefühlloser Bewegung hervorgebracht ansieht, weisen die Okkultisten auf intelligentes Gesetz und fühlendes Leben hin und fügen hinzu, dass Fohat der leitende Geist all dessen ist. Doch ist er durchaus kein persönlicher Gott, sondern die Emanation jener anderen, hinter ihm stehenden Kräfte, welche die Christen die „Sendboten“ ihres Gottes (der in Wirklichkeit lediglich die Elohim ist oder vielmehr einer der sieben als Elohim bezeichneten Schöpfer) und wir die „Sendboten der ursprünglichen Söhne des Lebens und des Lichts“ nennen.

(b) Die „elementaren Keime“, mit denen er Sien-Tchan (das „Universum“) aus Tien-Sin (dem „Himmel des Gemüts“, buchstäblich, oder dem, was absolut ist) erfüllt, sind die Atome der Wissenschaft und die Monaden von Leibniz.

3. Von den sieben (Elementen) – zuerst eines manifestiert, sechs verborgen, zwei manifestiert – fünf verborgen; drei manifestiert – vier verborgen; vier erzeugt – drei verborgen; vier und ein Tsan (Bruchteil) enthüllt – zweieinhalb verborgen; sechs noch zu manifestieren – eins beiseite gelegt (a). Schließlich drehen sich sieben kleine Räder; eines bringt das nächste hervor (b).

(a) Obwohl sich diese Stanzen auf das gesamte sich am Ende eines Maha-Pralayas (universale Zerstörung) befindende Universum beziehen, bezieht sich dieser Satz mithilfe der Analogie auch auf die Evolution und die schließliche Bildung der ursprünglichen (obwohl zusammengesetzten) sieben Elemente unserer Erde, wie jeder Schüler des Okkultismus sehen kann. Von diesen sind jetzt vier Elemente vollständig manifestiert, das fünfte – Ether – jedoch nur teilweise, da wir gerade erst die zweite Hälfte der vierten Runde erreicht haben und sich das fünfte Element erst in der fünften Runde vollständig manifestieren wird. Natürlich wurden die Welten, einschließlich unserer eigenen, ursprünglich als Keime aus dem einen Element in seiner zweiten Phase („Vater-Mutter“, die differenzierte Weltseele, nicht das, was Emerson „Oberseele“ nannte) evolviert, einerlei, ob wir sie mit der modernen Wissenschaft kosmischen Staub und Feuernebel nennen oder mit dem Okkultismus – Akasha, Jivatman, göttliches Astrallicht oder die „Weltseele“. Aber dieser ersten Phase der Evolution folgte nach entsprechender Zeit die nächste. Wären die Elemente nicht bereits in ausreichendem Umfang aus ihrer ursprünglichen, in Laya ruhenden Ilys differenziert worden, könnte auf der objektiven Ebene keine einzige Welt und auch kein Himmelskörper gebildet werden. Laya ist ein Synonym für Nirvana. Es ist in der Tat die nirvanische Auflösung aller Substanzen, die nach einem Lebenszyklus in die Latenz ihrer ursprünglichen Zustände eintauchen. Es ist der leuchtende, aber körperlose Schatten der gewesenen Materie, das Reich der Negativität – in welchem die aktiven Kräfte des Universums während ihrer Ruheperiode in einem latenten Zustand vorliegen. Wo von Elementen die Rede ist, wird den Alten beständig vorgeworfen, dass sie „ihre Elemente für einfach und nicht zerlegbar halten“.113 Nochmals, dies ist eine ungerechtfertigte Behauptung; [SD # 141] ihren initiierten Philosophen kann dieser Vorwurf auf keinen Fall gemacht werden, da sie die Allegorien und religiösen Mythen vom Anbeginn an ersannen. Wären sie sich der Heterogenität ihrer Elemente nicht bewusst gewesen, hätten sie für Feuer, Luft, Wasser, Erde und Äther keine Personifizierungen gehabt; ihre kosmischen Götter und Göttinnen wären niemals mit derartig vielen Nachkommen gesegnet gewesen, mit so vielen Söhnen und Töchtern, aus und in dem jeweiligen Element geborene Elemente. Alchemie und okkulte Phänomene wären selbst in der Theorie Wahnvorstellungen und Fallen gewesen, hätten die Alten nicht die Potenzialitäten, korrelativen Funktionen und Eigenschaften eines jeden Elements gekannt, das sich aus Luft, Wasser, Erde und selbst Feuer zusammensetzt – wovon Letzteres bis zum heutigen Tag für die moderne Wissenschaft eine terra incognita geblieben ist und sie deshalb dazu gezwungen ist, es Bewegung, Evolution von Licht und Wärme, Zündungszustand zu nennen – kurz, es nach seinen äußeren Aspekten zu definieren und in der Unkenntnis über seine Natur zu verharren. Von der [SD # 142] modernen Wissenschaft scheinbar unbemerkt, bezeichnete die archaische Philosophie diese differenzierten, einfachen chemischen Atome als „die Schöpfer ihrer jeweiligen Eltern“, Väter, Brüder, Gatten ihrer Mütter, und diese Mütter als die Töchter ihrer eigenen Söhne, wie zum Beispiel Aditi und Daksha. So differenziert diese Elemente anfänglich auch gewesen sein mögen, waren sie doch nicht die der Wissenschaft bekannten zusammengesetzten Elemente in ihrem heutigen Zustand. Weder Wasser, noch Luft oder Erde (ein Synonym für feste Körper im Allgemeinen), welche die drei von der Wissenschaft anerkannten Aggregatzustände repräsentieren, existierten in ihrer gegenwärtigen Form. Diese drei Elemente, und selbst das Feuer, waren in den Anfangsperioden der Erde etwas vollständig sui generis; sie wurden von den Atmosphären vollständig geformter Globen erneut zu Produkten zusammengesetzt. Die in unserem Sonnensystem herrschenden Bedingungen und Gesetze sind jetzt voll entwickelt, und die Atmosphäre unserer Erde und die eines jeden anderen Globus ist inzwischen sozusagen ihr eigener Schmelztiegel geworden. Die okkulte Wissenschaft lehrt, dass aus diesem Grund im Raum ein beständiger Austausch von Molekülen oder vielmehr von Atomen stattfindet, welche mit jedem Planeten in bestimmten Wechselbeziehungen stehen und dementsprechend ihre zusammengesetzten Äquivalente auf jedem davon verändern. Einige Wissenschaftler und die größten Physiker und Chemiker beginnen, diese den Okkultisten seit ewigen Zeiten bekannte Tatsache zu vermuten. Das Spektroskop zeigt nur die wahrscheinliche Ähnlichkeit (äußeren Anzeichen nach) zwischen irdischer und siderischer Substanz; es ist nicht in der Lage, irgendwie weiter zu gehen oder zu zeigen, ob Atome einander auf dieselbe Weise und unter denselben Bedingungen anziehen, wie sie es auf unserem Planeten tun sollten – physikalisch und chemisch. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Temperaturskala vom höchsten bis zum niedrigsten vorstellbaren Wert im gesamten und für das gesamte Universum gleichermaßen gültig ist; nichtsdestotrotz sind ihre Eigenschaften auf jedem Planeten unterschiedlich, die Aufspaltung und erneute Verbindung ausgenommen; so gehen die Atome in neue Existenzformen über, welche die Naturwissenschaft weder erkennen noch sich erträumen könnte. Wie bereits in „Five Years of Theosophy“ zum Ausdruck gebracht, ist zum Beispiel die Essenz der Kometenmaterie „gänzlich verschieden von allen chemischen und physikalischen Merkmalen, welche selbst die größten Chemiker und Physiker der Erde kennen“ (S. 242). Und selbst diese Materie erfährt während ihres raschen Durchgangs durch unsere Atmosphäre eine gewisse Veränderung ihrer Natur. Die Verbindungen der Elemente unseres Planeten unterscheiden sich genauso stark von jenen auf allen seinen Schwestern in unserem Sonnensystem wie von den Verbindungen der kosmischen Elemente jenseits unserer [SD # 143] solaren Grenzen.114 Daher können sie für den Vergleich mit den Elementen in anderen Welten nicht als Maßstab dienen.115 In seinem jungfräulichen, frühesten Zustand im Schoß der Ewigen Mutter eingeschlossen, ist jedes Atom, sobald es jenseits der Schwelle ihres Bereichs geboren wird, zu unaufhörlicher Differenzierung verurteilt. „Die Mutter schläft, doch sie atmet fortwährend.“ Und jeder Atemzug sendet ihre proteischen Produkte hinaus in die Manifestationsebene. Sie werden von der ausströmenden Welle weitergetragen und von Fohat verstreut; und so treiben sie zur einen oder anderen planetaren Atmosphäre oder über sie hinaus. Einmal von dieser eingefangen, ist das Atom verloren; seine ursprüngliche Reinheit ist für immer dahin, wenn es nicht vom Schicksal dissoziiert wird, indem es zu einem „ausfließenden Strom“ (ein okkulter Ausdruck, dessen Bedeutung einen ganz anderen als den für gewöhnlich darunter verstandenen Prozess meint) hingeleitet wird; dann kann es in das Grenzgebiet zurückgebracht werden, aus dem es verschwunden war; und wenn es sich nicht in den Raum darüber, sondern in den Raum darin flüchtet, wird es in einen Zustand eines ausgeglichenen Gleichgewichts gebracht und glücklich reabsorbiert. Sollte ein wahrhaft gelehrter Okkultist-Alchemist das „Leben und die Abenteuer eines Atoms“ beschreiben, würde er sich damit den ewigen Spott jeden modernen Chemikers sichern, allerdings vielleicht auch [SD # 144] dessen spätere Dankbarkeit.116 Wie dem auch immer sei – der Kommentar sagt: „Der Atem von Vater-Mutter tritt kalt und strahlend hervor und wird heiß und unrein, um erneut abzukühlen und im ewigen Schoß des inneren Raums gereinigt zu werden.“ Der Mensch zieht auf dem Berggipfel kalte, reine Luft ein und atmet sie unrein, heiß und umgewandelt wieder aus. Da die höhere Atmosphäre eines jeden Globus dessen Mund und die niedere seine Lunge ist, atmet der Mensch unseres Planeten nur den Unrat der „Mutter“, daher „ist er dazu verdammt, daran zu sterben“.117

(b) Der mit den Worten „die kleinen Räder, die einander gebären“ beschriebene Vorgang findet in der sechsten Region von oben und auf der Ebene der materiellsten aller Welten im manifestierten Kosmos statt – auf unserer irdischen Ebene. Diese „sieben Räder“ sind unsere Planetenkette (siehe Kommentare Nr. 5 und 6). Mit den „Rädern“ sind gewöhnlich die verschiedenen Sphären und Kraftzentren gemeint; in diesem Fall beziehen sie sich jedoch auf unseren siebenfältigen Ring.

4. Er erbaut sie nach dem Vorbild älterer Räder (Welten) und stellt sie auf die Unvergänglichen Zentren (a).

Wie erbaut Fohat sie? Er sammelt den feurigen Staub. Er fertigt aus Feuer Kugeln, durchströmt und umrundet sie und flößt ihnen Leben ein, dann versetzt er sie in Bewegung; manche in diese, andere in jene Richtung. Sind sie kalt – wärmt er sie. Sind sie trocken – befeuchtet er sie. Leuchten sie – umweht und kühlt er sie (b).

So wirkt Fohat von einer Dämmerung zur nächsten, Sieben Ewigkeiten lang.118

(a) Die Welten werden „nach dem Ebenbild älterer Räder“ erbaut – d. h. nach dem Ebenbild der in früheren Manvantaras existierenden und in Pralaya eingegangenen Welten, [SD # 145] denn das Gesetz für alles im Kosmos, von der Sonne bis zum Glühwürmchen im Gras, für die Geburt, das Wachstum und den Verfall, ist Eins. Mit jedem neuen Erscheinen nimmt das immerwährende Werk der Vervollkommnung seinen Lauf, doch die Substanz-Materie und die Kräfte sind alle ein und dieselben. Auf sämtlichen Planeten bringt sich dieses Gesetz durch kleinere und variierende Gesetze zum Ausdruck. Die „unvergänglichen Laya-Zentren“ sind von großer Wichtigkeit, und ihre Bedeutung muss vollständig verstanden werden, wenn wir eine klare Vorstellung von der archaischen Kosmogonie haben wollen, deren Theorien jetzt in den Okkultismus übergegangen sind. Zum jetzigen Zeitpunkt kann eines festgestellt werden: Die Welten werden weder auf noch über noch in den Laya-Zentren erbaut, da der Nullpunkt ein Zustand ist und nicht ein mathematischer Punkt.

(b) Es muss bedacht werden, dass von Fohat, der schöpferischen Kraft der kosmischen Elektrizität, metaphorisch gesagt wird, er sei wie der aus Brahmâ entsprungene Rudra „aus dem Intellekt des Vaters und dem Schoß der Mutter“ hervorgegangen und hätte sich anschließend in einer Metamorphose selbst in männlich und weiblich verwandelt, d. h. in positive und negative Elektrizität polarisiert. Er hat sieben Söhne, welche seine Brüder sind; und Fohat wird gezwungenermaßen von Zeit zu Zeit geboren, so oft zwei seiner Söhne-Brüder sich einander zu stark annähern – sei es in einer Umarmung oder in einem Kampf. Um das zu vermeiden, vereinigt und verbindet er jene von ungleicher Natur und trennt jene mit ähnlichen Temperamenten. Wie leicht zu erkennen ist, bezieht sich das natürlich auf durch Reibung erzeugte Elektrizität und auf das Gesetz der Anziehung zweier Gegenstände mit ungleichnamiger Polarität und der Abstoßung von Gegenständen mit gleichnamiger Polarität. Wie auch immer, die sieben „Söhne-Brüder“ repräsentieren und personifizieren die sieben Formen des kosmischen Magnetismus, welche im praktischen Okkultismus die „sieben Wurzeln“ genannt werden, deren zusammenwirkende und aktive Nachkommenschaft neben anderen Energien Elektrizität, Magnetismus, Ton, Licht, Wärme, Kohäsion etc. umfasst. Die okkulte Wissenschaft definiert sie alle in ihrem verborgenen Tun als übersinnliche Wirkungen und in der Sinnenwelt als objektive Phänomene; die Ersteren wahrzunehmen erfordert abnormale Fähigkeiten – die Letzteren unsere gewöhnlichen physischen Sinne. Alle diese Energien sind Emanationen noch übersinnlicherer spiritueller Qualitäten und diesen zugeordnet, wobei Letztere ihrerseits zu den realen und bewussten Ursachen zu zählen sind, jedoch nicht durch sie personifiziert werden. Eine Beschreibung solcher Wesenheiten zu versuchen, wäre weniger als nutzlos. Der Leser muss sich vor Augen halten, dass nach unserer Lehre, die dieses phänomenale Universum als eine große Illusion betrachtet, ein Körper der Unbekannten Substanz um so mehr gleicht, je näher er sich der Wirklichkeit annähert, da er sich dabei gleichzeitig um so weiter [SD # 146] von dieser Welt der Maya entfernt. Diese Körper besitzen allerdings (vom Standpunkt eines Adept-Okkultisten) eine bestimmte objektive, wenn nicht gar materielle Struktur in dem relativ noumenalen – im Gegensatz zum phänomenalen – Universum, auch wenn ihre molekulare Zusammensetzung nicht von ihren Manifestationen auf dieser Bewusstseinsebene hergeleitet werden kann. Wissenschaftler mögen sie als Kraft oder von der Materie erzeugte Kräfte oder als „ihre Bewegungsarten“ bezeichnen, wenn sie wollen; der Okkultismus erkennt in den Wirkungen „Elementale“ (Kräfte) und in den direkten, sie erzeugenden Ursachen intelligente göttliche Arbeiter. Die enge Verbindung dieser Elementale (von der unfehlbaren Hand der Herrscher geleitet) – wir könnten sie als ihre Wechselbeziehungen bezeichnen – mit den Elementen der reinen Materie hat unsere irdischen Phänomene wie Licht, Wärme, Magnetismus etc. etc. zur Folge. Natürlich werden wir niemals mit den amerikanischen Substanzialisten119 übereinstimmen, die alle Kräfte und Energien – sei es Licht, Wärme, Elektrizität oder Kohäsion – eine „Entität“ nennen; denn das hieße die Fahrgeräusche einer rollenden Wagens ebenfalls eine Entität zu nennen – und jenes „Geräusch“ so mit dem Fahrer außerhalb und der leitenden Meisterintelligenz innerhalb des Vehikels zu verwechseln und zu identifizieren. Wir aber bezeichnen die „Fahrer“ und diese leitenden Intelligenzen als die herrschenden Dhyan Chohans, wie bereits gezeigt wurde. Wenn sie auch nicht sichtbar oder vielmehr nicht wahrnehmbar sind, stellen die „Elementale“, die Kräfte der Natur, die handelnden sekundären Ursachen und in sich die Wirkungen primärer, hinter dem Schleier aller irdischen Phänomene stehender Ursachen dar. Elektrizität, Licht, Wärme etc. wurden trefflich als die „Geister oder Schatten der bewegten Materie“ bezeichnet, d. h. als übersinnliche Zustände der Materie, und wir können lediglich ihre Wirkungen beobachten. Um nun das oben angebrachte Gleichnis weiter auszuführen: Die Wahrnehmung von Licht ist mit dem Fahrgeräusch vergleichbar – eine rein phänomenale Wirkung ohne jegliche Existenz außerhalb des Beobachters; die die Wahrnehmung unmittelbar auslösende Ursache ist mit dem Fahrer vergleichbar – ein übersinnlicher Zustand bewegter Materie, eine Naturkraft oder ein Elemental. So wie der Fahrer jedoch seine Anweisungen vom Besitzer aus dem Inneren des Fahrzeugs erhält, stehen auch hinter diesen Naturkräften oder Elementalen die höheren oder noumenalen Ursachen, die Intelligenzen, aus deren Essenzen diese Zustände der „Mutter“ ausstrahlen und damit die zahllosen Milliarden von Elementalen oder psychischen Naturgeistern erzeugen, geradeso wie jeder Wassertropfen seine physisch [SD # 147] winzigsten Infusorien erschafft (siehe „Götter, Monaden und Atome“ in Teil III). Fohat ist es, der die Übertragung der Prinzipien leitet: vom einen Planeten zum anderen, vom einen Stern zu einem anderen – Kindstern. Wenn ein Planet stirbt, werden seine beseelenden Prinzipien in ein Laya- oder schlafendes Zentrum übertragen, welches potenzielle, aber latente Energie enthält. Dadurch wird es zum Leben erweckt und beginnt, sich zu einem neuen siderischen Körper zu formen (vide infra „Einige theosophische Missverständnisse“ etc.).

Es ist höchst bemerkenswert, dass die Physiker, wobei sie doch ihre vollständige Unkenntnis der wahren Natur auch nur der irdischen Materie eingestehen – die ursprüngliche Substanz mehr als einen Traum denn als nüchterne Realität betrachten – und sich nichtsdestotrotz zu Richtern über sie erheben und für sich beanspruchen zu wissen, was diese Materie in unterschiedlichen Kombinationen tun kann und was nicht. Die Wissenschaftler kennen sie (die Materie) noch nicht einmal oberflächlich, und doch dogmatisieren sie schon. Sie ist „eine Bewegungsart“, und sonst nichts. Aber die Kraft, welche dem Atem einer lebenden Person innewohnt, wenn diese ein Stäubchen vom Tisch bläst, ist ebenso und unbestreitbar eine „Bewegungsart“; sie stellt genauso unbestreitbar keine Eigenschaft von Materie oder den Teilchen jenes Stäubchens dar, und sie emaniert aus der lebenden, denkenden und atmenden Wesenheit, einerlei ob der Impuls bewusst oder unbewusst entstand. In der Tat, die Materie – etwas, über das bislang nichts bekannt ist – mit einer innewohnenden Eigenschaft auszustatten und Kraft zu nennen, über deren Natur noch weniger bekannt ist, heißt ein noch viel ernsthafteres Problem zu erschaffen als das der Annahme einer Vermittlung unserer „Naturgeister“ bei jedem natürlich auftretenden Phänomen.

Kein Okkultist lehrt, wenn er sich korrekt ausdrückt, die Unzerstörbarkeit der Materie, sondern vielmehr die Unzerstörbarkeit der Substanz oder der Essenz der Materie (das ist die Wurzel von allem, Mulaprakriti). Er stellt vielmehr fest, dass alle sogenannten Naturkräfte, Elektrizität, Magnetismus, Licht, Wärme etc. etc. weit davon entfernt sind, Bewegungsarten materieller Teilchen zu sein, in esse, d. h. in ihrer endgültigen Konstitution, die differenzierten Aspekte der universalen Bewegung, sind, die auf den ersten Seiten dieses Bandes besprochen und erklärt wird (siehe Vorwort). Wenn von Fohat behauptet wird, er erzeuge „sieben Laya-Zentren“, so bedeutet das, dass das Große Gesetz (Theisten mögen es Gott nennen) zum Zweck der Formgebung und Schöpfung seine beständige Bewegung an sieben unsichtbaren Punkten im Bereich des manifestierten Universums anhält oder vielmehr modifiziert. „Der Große Atem gräbt durch den Raum sieben Löcher in Laya, um sie während des Manvantaras kreisen zu lassen.“ („Okkulter Katechismus“) Wir [SD # 148] haben gesagt, Laya sei das, was die Wissenschaft den Nullpunkt oder die Nulllinie nennen könnte; das Reich absoluter Negativität oder der einen, wirklichen, absoluten Kraft, das Noumenon des siebten Zustands dessen, was wir in Unwissenheit als „Kraft“ bezeichnen und erkennen; oder wiederum das Noumenon der undifferenzierten kosmischen Substanz, welches seinerseits ein für die endliche Wahrnehmung unerreichbares und unerkennbares Objekt darstellt; die Wurzel und Basis aller Zustände der Objektivität und ebenso der Subjektivität; die neutrale Achse, nicht einer der vielen Aspekte, sondern ihr Zentrum. Es mag zur Erhellung der Bedeutung beitragen, wenn wir versuchen, uns ein neutrales Zentrum vorzustellen – den Traum jener, die das Perpetuum mobile entdecken möchten. Ein „neutrales Zentrum“ ist, in einem Aspekt, der Grenzpunkt einer beliebigen gegebenen Gruppe von Sinnen. Man stelle sich also zwei aufeinanderfolgende, bereits geformte Ebenen der Materie vor; jede der beiden Ebenen korrespondiert mit einer zugehörigen Gruppe von Wahrnehmungsorganen. Wir müssen zugeben, dass zwischen diesen beiden Materieebenen eine unaufhörliche Zirkulation besteht; und wenn wir den Atomen und Molekülen (sagen wir) der niederen Ebene bei ihrer aufwärts gerichteten Umwandlung folgen, werden sie an einen Punkt gelangen, an welchem sie die Reichweite der von uns auf der niederen Ebene benutzten Fähigkeiten überschreiten. Tatsächlich entschwindet die Materie der niederen Ebene hier unserer Wahrnehmung in das Nichts – oder sie tritt vielmehr auf die höhere Ebene über; und der einem solchen Übergangspunkt entsprechende Zustand der Materie weist bestimmt besondere und nicht leicht zu entdeckende Eigenschaften auf. „Sieben neutrale Zentren“120 dieser Art werden nun also von Fohat erzeugt, welcher – wie Milton sagt – wenn

„Geeignete Voraussetzungen gelegt (sind), um darauf zu bauen . . .”

die Materie zur Tätigkeit und Evolution anregt.

Das Uratom (Anu) kann weder in seinem prägenetischen Zustand noch in seinem Urstamm vervielfältigt werden; daher heißt es die „Gesamtsumme“, natürlich im übertragenen Sinn, weil jene „Gesamtsumme“ grenzenlos ist (siehe Anhänge in diesem Band). Das, was für den Physiker, der nur die Welt der sichtbaren Ursachen und Wirkungen kennt, der Abgrund des Nichts ist, ist für den Okkultisten der grenzenlose Raum des göttlichen Plenums. Neben vielen anderen Einwendungen gegen die Lehre einer endlosen Evolution und Re-Involution (oder Re-Absorption) des Kosmos, einem Prozess, der nach der brahmanischen und esoterischen Lehre ohne Anfang oder Ende ist, wird dem Okkultisten vorgehalten, dass das nicht zutreffen könne, da es „nach allen Zugeständnissen der [SD # 149] modernen wissenschaftlichen Philosophie eine Notwendigkeit der Natur ist, sich zu erschöpfen“. Wenn das Bestreben der Natur „sich zu erschöpfen“ ein derartig starker Einwand gegen die okkulte Kosmogonie sein soll, können wir fragen: „Wie erklären eure Positivisten, Freidenker und Wissenschaftler die Phalanx aktiver Sternensysteme um uns herum?“ Sie hatten eine Ewigkeit, sich „zu erschöpfen“; warum ist der Kosmos dann nicht eine riesige, träge Masse? Selbst der Mond wird nur hypothetisch für einen toten Planeten gehalten, „erschöpft“; und der Astronomie scheinen nicht viele solcher toter Planeten bekannt zu sein.121 Die Frage kann nicht beantwortet werden. Aber abgesehen davon ist zu beachten, dass die Vorstellung, die Menge „transformierbarer Energie“ könnte in unserem kleinen System zu Ende gehen – lediglich auf der falschen Idee einer „weißglühenden, heißen Sonne“ beruht, welche beständig und ohne Ausgleich ihre Wärme in den Raum ausstrahlt. Darauf antworten wir, dass die Natur sich erschöpft und von der objektiven Ebene verschwindet, nur um nach einer Ruhephase wieder aus der subjektiven Ebene aufzutauchen und von Neuem emporzusteigen. Unser Kosmos und unsere Natur werden sich nur erschöpfen, um nach jedem Pralaya auf einer vollkommeneren Ebene wieder zu erscheinen. Die Materie der östlichen Philosophen entspricht nicht der „Materie“ und Natur der westlichen Metaphysiker. Denn was ist Materie? Und vor allem, was ist unsere wissenschaftliche Philosophie anderes als das, was Kant so gerecht und höflich als „die Wissenschaft von den Grenzen unserer Erkenntnis“ definiert? Wohin haben die vielen Versuche der Wissenschaft geführt, alle Phänomene des organischen Lebens als bloße physikalische und chemische Manifestationen zu fassen, zu verknüpfen und zu definieren? Zu Spekulation im Allgemeinen – zu bloßen Seifenblasen, die eine nach der anderen zerplatzten, bevor die Wissenschaftler wirkliche Tatsachen entdecken durften. All das wäre vermieden worden, und der Fortschritt der Erkenntnis wäre mit Riesenschritten voran gegangen, hätten nur die Wissenschaft und ihre Philosophie davon abgesehen, ihre Hypothesen lediglich auf der Grundlage der einseitigen Kenntnis ihrer Materie zu errichten.122

[SD # 150] Wenn kein physischer Intellekt dazu imstande ist, die Sandkörner an einem ein paar Meilen langen Meeresstrand zu zählen; oder die fundamentale Natur und Essenz dieser Körner zu ergründen, obwohl sie doch greifbar und sichtbar auf der Hand des Naturforschers liegen, wie kann dann irgendein Materialist die Gesetze begrenzen, welche die Zustände und das Dasein der Atome im ursprünglichen Chaos verändern oder irgendetwas sicher über die Fähigkeiten und Möglichkeiten ihrer Atome und Moleküle vor und nach der Zeit wissen, als aus ihnen Welten gebildet wurden? Diese unveränderlichen und ewigen Moleküle – weitaus zahlreicher vorhanden im Raum als Sandkörner am Ufer des Ozeans – können in Abhängigkeit ihrer jeweiligen Existenzebene unterschiedliche Konstitutionen aufweisen, so wie die Seelensubstanz sich von ihrem Vehikel, dem Körper, unterscheidet. Jedes Atom hat sieben Seins- oder Existenzebenen, wird uns gelehrt; und jede Ebene wird von ihren spezifischen Gesetzen der Evolution und Absorption regiert. Die Unkenntnis jeglicher chronologischer Daten, welche auch nur annähernd als Ausgangspunkt dienen könnten, das Alter unseres Planeten oder den Ursprung unseres Sonnensystems zu bestimmen, lässt Astronomen, Geologen und Physiker mit jeder neuen Hypothese weiter und weiter wegtreiben von den Ufern der Tatsachen in die unergründlichen Tiefen der spekulativen Ontologie.123 Das Gesetz der Analogie im Strukturplan zwischen den transsolaren Systemen und den intrasolaren Planeten bezieht sich nicht notwendigerweise auf die endlichen Bedingungen, denen jeder sichtbare Körper auf dieser unserer Daseinsebene unterworfen ist. In der okkulten Wissenschaft ist dieses Gesetz der erste und wichtigste Schlüssel zur kosmischen Physik. Aber er muss bis ins kleinste Detail studiert [SD # 151] und „siebenmal umgedreht“ werden, bevor man versteht. Okkulte Philosophie ist die einzige Wissenschaft, welche ihn vermitteln kann. Wie kann man da die Frage nach dem Wahrheitsgehalt des Grundsatzes der Okkultisten, dass „der Kosmos in seiner unbedingten Gesamtheit ewig und lediglich in seinen bedingten Manifestationen endlich ist“, abhängig machen von dieser einseitigen physikalischen Aussage, „es sei eine Notwendigkeit der Natur, sich zu erschöpfen “?

Mit diesen Versen – dem vierten Shloka der VI. Stanze – endet der Teil der Stanzen, der sich auf die universale Kosmogonie nach dem letzten Maha-Pralaya oder der letzten universalen Auflösung bezieht, die bei ihrem Eintritt alle differenzierten Dinge wie viele dürre Blätter aus dem Raum hinausfegt, Götter wie Atome. Von diesem Vers an beschäftigen sich die Stanzen nur mit unserem Sonnensystem im Allgemeinen und im Zusammenhang damit mit den darin enthaltenen Planetenketten, sowie mit der Geschichte unseres Globus (des 4. und seiner Kette) im Speziellen. Sämtliche in diesem Band I folgenden Stanzen und Shlokas beziehen sich ausschließlich auf die Evolution von und auf unserer Erde. In Bezug auf Letztere wird ein seltsamer Lehrsatz aufgestellt, der bekannt gemacht werden sollte, der natürlich lediglich vom Standpunkt der modernen Wissenschaft aus seltsam anmutet.

Aber bevor dem Leser gänzlich neue und ziemlich überraschende Theorien vorgesetzt werden, müssen diese mit ein paar erklärenden Worten eingeleitet werden. Das ist unbedingt notwendig, da diese Theorien nicht nur zur modernen Wissenschaft in Widerspruch stehen, sondern auch in gewissen Punkten früheren Behauptungen anderer Theosophen widersprechen, welche denselben Anspruch erheben wie wir, nämlich dass ihre Erklärungen und Wiedergaben dieser Lehren auf der gleichen Autorität basieren.124

Das könnte die Vorstellung hervorrufen, dass zwischen den Verbreitern derselben Lehre ein deutlicher Widerspruch bestehe, wobei der Unterschied tatsächlich auf der Unvollständigkeit der den früheren Schreibern gegebenen Mitteilungen beruht. Diese zogen in ihrem Bemühen, der Öffentlichkeit ein vollständiges System vorzulegen, einige irrtümliche Schlussfolgerungen und gaben sich voreiligen Spekulationen hin. So darf der Leser, der bereits Schüler der Theosophie ist, nicht überrascht sein, in diesen Blättern die Richtigstellung gewisser in verschiedenen theosophischen Werken gemachter Behauptungen zu finden und ebenso die Erklärung gewisser bislang dunkel gebliebener Punkte, die notwendigerweise unvollständig belassen werden mussten. Zahlreich sind die Fragen, die selbst der Verfasser von „Esoteric Buddhism“ [SD # 152] (dem besten und genauesten aller dieser Werke) nicht berührt hat. Andererseits hat selbst er verschiedene falsch aufgefasste Begriffe eingeführt, die jetzt in ihrem wahren mystischen Licht dargestellt werden müssen, soweit die gegenwärtige Schreiberin das zu tun imstande ist.

Machen wir also eine kurze Unterbrechung zwischen den soeben erklärten und den darauffolgenden Shlokas, denn die sie voneinander trennenden kosmischen Zeiträume sind von unermesslicher Dauer. Das wird uns genügend Zeit geben, aus der Vogelperspektive einen Blick auf einige zur Geheimlehre gehörende Punkte zu werfen, die der Öffentlichkeit in einem mehr oder weniger ungewissen und manchmal missverstandenen Licht dargestellt wurden.

EINIGE FRÜHE THEOSOPHISCHE MISSVERSTÄNDNISSE
BEZÜGLICH PLANETEN, RUNDEN UND DEM MENSCHEN

Eine der elf ausgelassenen Stanzen125 enthält eine vollständige Beschreibung der Bildung der Planetenketten, eine nach der anderen, nachdem die erste kosmische und atomistische Differenzierung im primitiven Akosmismus begonnen hatte. Es ist müßig, über „Gesetze zu sprechen, die in der Vorbereitung der Gottheit zur Schöpfung entstehen“, denn (a) Gesetze oder vielmehr das Gesetz ist ewig und unerschaffen; und (b) jene Gottheit ist Gesetz und vice versa. Darüber hinaus entfaltet das eine ewige Gesetz alles in der (kommenden) manifestierten Natur nach einem siebenfältigen Prinzip; darunter die zahllosen ringförmigen Weltenketten, aus sieben Globen zusammengesetzt, stufenweise auf den vier niederen Ebenen der formbildenden Welt angeordnet (die drei anderen gehören dem archetypischen Universum an). Von diesen sieben befindet sich lediglich ein einziger, der niederste und materiellste dieser Globen, auf unserer Ebene oder im Bereich unserer Wahrnehmungsmöglichkeiten, die sechs anderen liegen außerhalb davon und sind daher für das irdische Auge nicht sichtbar. Jede derartige Weltenkette ist der Nachkomme und die Schöpfung einer anderen, niedrigeren und verstorbenen Kette – sie ist sozusagen ihre Reinkarnation. Um es klarer zu machen: Es wird uns gesagt, dass jeder der Planeten – von denen lediglich sieben für heilig gehalten wurden, weil sie von den höchsten Regenten oder Göttern regiert werden, und keineswegs weil die Alten nichts von den anderen wussten126 – einerlei, ob bekannt oder unbekannt, dass jeder der Planeten eine Siebenheit ist, genauso wie die Kette, der die Erde angehört (siehe „Esoteric [SD # 153] Buddhism“). Zum Beispiel sind alle Planeten wie Merkur, Venus, Mars, Jupiter, Saturn etc. etc. oder unsere Erde für uns so sichtbar wie unser Globus wie für die Bewohner der anderen Planeten, soweit vorhanden, da die Globen alle auf der gleichen Ebene liegen, wobei sich die höheren Mitgloben dieser Planeten auf anderen Ebenen befinden, gänzlich außerhalb der Reichweite unserer irdischen Sinne. Da ihre relative Position weiter unten angegeben wird und auch in dem den Kommentaren zu Vers 7 der Stanze VI hinzugefügten Diagramm, sind ein paar erklärende Worte alles, was gegenwärtig notwendig ist. Diese unsichtbaren Begleiter entsprechen merkwürdigerweise dem, was wir die „Prinzipien des Menschen“ nennen. Die sieben befinden sich auf drei materiellen und einer spirituellen Ebene und entsprechen den drei Upadhis (materiellen Grundlagen) und einem spirituellen Vehikel (Vahana) unserer sieben Prinzipien in der menschlichen Einteilung. Wenn wir uns zum Zweck eines einfacheren Verständnisses die menschlichen Prinzipien nach dem folgenden Schema angeordnet vorstellen, erhalten wir das unten stehende Diagramm von Entsprechungen:

Fußnoten: Geist 127 | Physischer Körper 128

[SD # 154] Die dunklen Horizontallinien der niederen Ebenen stellen auf der einen Seite die Upadhis dar und auf der anderen die Ebenen der Planetenkette. Natürlich stellt das Diagramm die menschlichen Prinzipien nicht ganz korrekt auf, doch demonstriert es die Entsprechungen und Analogien, um die es hier geht. Wie zu erkennen, geht es um den Abstieg in die Materie, um eine Anpassung der beiden sowohl im mystischen als auch im physischen Sinn; und um die Vermischung der beiden Wesenheiten für den sie zukünftig erwartenden großen „Lebenskampf“. Die Verwendung des Wortes „Wesenheit“ mag in der Anwendung auf einen Globus merkwürdig erscheinen; aber die alten Philosophen, welche die Erde als ein mächtiges „Tier“ ansahen, waren zu ihrer Zeit weiser als unsere modernen Geologen; Plinius nannte die Erde unsere gütige Amme und Mutter, das einzige Element, das dem Menschen nicht feindlich gegenüberstehe, und lag damit näher an der Wahrheit als Watts, der sie in seiner Fantasie als den Fußschemel Gottes ansah. Denn die Erde ist nur der Fußschemel des Menschen bei seinem Aufstieg in höhere Regionen; dem Vorhof –

„. . . . . . . zu erhab’nen Hallen,
Durch die die Menge wogend stets sich drängt.”

Aber das zeigt nur, wie wunderbar die okkulte Philosophie allen Dingen in der Natur gerecht wird; und um wie viel logischer ihre Lehrsätze sind als die leblosen, hypothetischen Spekulationen der Naturwissenschaft.

Wenn der Mystiker das verstanden hat, wird er besser vorbereitet sein, die okkulte Lehre zu verstehen, obwohl sie jeder herkömmliche Student der modernen Wissenschaft für grotesken Unsinn halten mag und wahrscheinlich auch wird. Der Schüler des Okkultismus behauptet jedoch, dass die gegenwärtig diskutierte Theorie viel philosophischer und wahrscheinlicher ist als jede andere. Sie ist auf jeden Fall logischer als die kürzlich aufgestellte Theorie, welche den Mond zu einer Abspaltung eines Teils unserer Erde macht, die zu der Zeit weggeschleudert wurde, als Letztere nichts war als ein sich verdichtender Globus, eine flüssige, plastische Masse.129

Es wird gesagt, dass die Planetenketten ihre „Tage“ und [SD # 155] „Nächte“ haben – d. h. Perioden der Aktivität oder des Lebens und der Passivität oder des Todes – und sich am Himmel so verhalten wie die Menschen auf der Erde: Sie erzeugen ihresgleichen, altern und verlöschen als Persönlichkeiten, wobei ihre spirituellen Prinzipien lediglich in ihren Nachkommen überleben.

Ohne die sehr schwierige Aufgabe zu versuchen, den ganzen Prozess in allen seinen kosmischen Einzelheiten zu veröffentlichen, ist hinreichend gesagt worden, um eine ungefähre Idee davon zu vermitteln. Wenn sich eine Planetenkette in ihrer letzten Runde befindet, sendet ihr Globus 1 oder A vor seinem schließlichen Absterben seine gesamten Energien und „Prinzipien“ in ein neutrales Zentrum latenter Kraft, in ein „Laya-Zentrum“, und belebt dadurch einen neuen Kern undifferenzierter Substanz oder Materie, d. h. er erweckt ihn zur Aktivität oder schenkt ihm Leben. Nehmen wir an, ein solcher Prozess habe in der lunaren „Planeten“-Kette stattgefunden; nehmen wir weiterhin um des Beweises willen an (obwohl die unten zitierte Theorie Darwins in letzter Zeit wieder verworfen wurde, wenn die Tatsache auch noch nicht durch Berechnungen abgesichert ist), dass der Mond viel älter ist als die Erde. Stellen wir uns die sechs Mitgloben des Mondes vor – Äonen bevor der erste unserer sieben Globen evolviert war – genau in derselben Position zueinander stehend wie die Mitgloben unserer Kette gegenwärtig in Bezug auf unsere Erde (siehe in „Esoteric Buddhism“, „Die Konstitution des Menschen“ und die „Planetenkette“). Nunmehr kann man sich leicht vorstellen, dass Globus A der Mondkette den Globus A der Erdkette belebt und – stirbt; dass Globus B der Ersteren danach seine Energie auf Globus B der neuen Kette überträgt; dass sodann Globus C der Mondkette die Sphäre seines Nachkommens C der terrestrischen Kette hervorbringt; dass dann der Mond (unser Satellit130) sein gesamtes Leben, seine Energie und seine Kräfte in den [SD # 156] niedersten Globus unseres Planetenrings ausgießt – Globus D, unsere Erde; und nachdem er sein Leben und seine Energie einem neuen Zentrum übertragen hat, praktisch ein toter Planet ist, dessen Rotation seit der Geburt unseres Globus fast vollständig zum Stillstand kam. Der neue Körper, auf welchen die Lebenskräfte und „Prinzipien“ übertragen worden sind, zieht jetzt den Mond als kaltes Überbleibsel oder Schatten hinter sich her. Er ist für lange Zeitalter dazu verdammt, der Erde immer zu folgen, von seinem Nachkommen angezogen zu werden und ihn anzuziehen. Beständig vampirisiert von seinem Kind, rächt er sich dadurch an ihm, dass er es durch und durch mit dem aus der okkulten Seite seiner Natur emanierenden verderblichen, unsichtbaren und vergifteten Einfluss durchtränkt. Denn er ist ein toter, aber dennoch lebendiger Körper. Die Teilchen seines zerfallenden Leichnams sind von aktivem und destruktivem Leben erfüllt, obwohl der von ihnen gebildete Körper seelen- und leblos ist. Daher sind seine Emanationen gleichzeitig wohltuend und verderblich – ein Umstand, der seine Parallele auf der Erde in der Tatsache findet, dass Gras und Pflanzen nirgends saftiger und üppiger wachsen als auf Gräbern; wobei der Friedhof oder die Emanationen der Leichen gleichzeitig töten. Und gleich allen Ghuls oder Vampiren ist der Mond der Freund der Zauberer und der Feind der Unachtsamen. Von den archaischen Äonen und späteren Zeiten der thessalischen Hexen bis zu einigen der gegenwärtigen Tantrikas in Bengalen sind seine Natur und seine Eigenschaften zwar jedem Okkultisten bekannt, den Physikern jedoch ein geschlossenes Buch geblieben.

Das ist der Mond vom astronomischen, geologischen und physikalischen Standpunkt aus. Was seine metaphysische und psychische Natur anbelangt, muss sie in diesem Werk ebenso ein okkultes Geheimnis bleiben wie in dem Buch „Esoteric Buddhism“, trotz der darin ziemlich zuversichtlich gemachten Behauptung auf Seite 113 (5. Auflage): „Vom Rätsel der achten Sphäre ist jetzt nicht mehr viel Mysteriöses übrig.“ Das sind in der Tat Themen, „bezüglich welcher die Adepten in ihren Mitteilungen gegenüber nicht initiierten Schülern sehr zurückhaltend sind“; und nachdem sie obendrein noch niemals irgendwelche Veröffentlichungen darüber sanktioniert oder gestattet haben, ist es um so besser, je weniger darüber gesagt wird.

Ohne den verbotenen Boden der „Achten Sphäre“ zu betreten, mag es dennoch von Nutzen sein, einige zusätzliche Tatsachen in Bezug auf die früheren Monaden der Mondkette – die „lunaren Vorfahren“ – darzulegen, da sie in der folgenden Anthropogenesis eine [SD # 157] führende Rolle spielen werden. Das bringt uns unmittelbar zur siebenfältigen Konstitution des Menschen; und da in letzter Zeit Diskussionen über die am besten anzuwendende Klassifikation zur Einteilung der mikrokosmischen Wesenheit aufgekommen sind, werden hier zwei Systeme mit der Absicht hinzugefügt, einen Vergleich zu erleichtern. Der unten angefügte kurze Artikel stammt aus der Feder von T. Subba Row, einem gelehrten Vedantisten. Er zieht die brahmanische Einteilung des Raja-Yoga vor, und von einem metaphysischen Gesichtspunkt aus hat er völlig Recht. Da es aber eine Frage einfacher Wahl und Zweckmäßigkeit ist, halten wir uns in diesem Werk an die „altehrwürdige“ Klassifikation der transhimalayischen „Arhat Esoteric School“. Die folgende Tabelle und ihr erklärender Text sind ein Nachdruck aus „The Theosophist“ aus Madras, ebenfalls in „Five Years of Theosophy“ enthalten.

Die siebenfältige Einteilung
in die verschiedenen indischen Systeme

„Wir geben unten in tabellarischer Form die von den Buddhisten und Vedantalehrern adoptierten Klassifikationen der Prinzipien des Menschen:

* Kosha ist wörtlich „Hülle“, die Hülle eines jeden Prinzips.

† „Leben”.

‡ Der Astralkörper oder Linga Sarira.

§ Sthula-Upadhi oder die Grundlage des Prinzips.

|| Buddhi.

[SD # 158] Aus der vorstehenden Tabelle ist zu ersehen, dass das dritte Prinzip der buddhistischen Klassifikation in der vedantischen Einteilung nicht getrennt erwähnt wird, da es lediglich Pranas Vehikel ist. Ebenso ersichtlich ist, dass das vierte Prinzip im dritten Kosha (Hülle) eingeschlossen ist, da dieses Prinzip nur das Vehikel der Willenskraft ist, welche lediglich eine Energie des Denkprinzips darstellt. Es muss ferner beachtet werden, dass der Vignanamaya Kosha als vom Manomaya Kosha getrennt betrachtet wird, da nach dem Tod sozusagen eine Trennung vorgenommen wird zwischen dem niederen Teil des Denkprinzips, welcher eine größere Affinität zum vierten als zum sechsten Prinzip aufweist, und seinem höheren Teil, welcher sich Letzterem anschließt und tatsächlich die Grundlage für die höhere spirituelle Individualität des Menschen darstellt.

Wir können unsere Leser hier auch darauf aufmerksam machen, dass die in der letzten Spalte erwähnte Klassifikation die beste und einfachste für alle mit dem Raja-Yoga in Zusammenhang stehenden praktischen Zwecke ist. Obwohl es im Menschen sieben Prinzipien gibt, existieren doch nur drei verschiedene Upadhis (Vehikel); in jedem von ihnen kann sein Atman unabhängig von den übrigen wirken. Diese drei Upadhis können von einem Adepten getrennt werden, ohne dass er sich selbst tötet. Die sieben Prinzipien kann er nicht voneinander trennen, ohne seine Konstitution zu zerstören.“

Der Schüler wird jetzt besser darauf vorbereitet sein zu erkennen, dass zwischen den drei Upadhis des Raja-Yoga und deren Atman und unseren drei Upadhis, Atman und den zusätzlichen drei Unterteilungen tatsächlich nur ein sehr geringer Unterschied besteht. Da außerdem jeder Adept im sub- und transhimalayischen Indien verpflichtet ist, an den Patanjali-, Aryasangha- oder Mahayana-Schulen ein Raja-Yogi zu werden, muss er infolgedessen die Taraka-Raja-Klassifikation dem Prinzip und der Theorie nach annehmen, einerlei welcher Klassifikation er sich für praktische und okkulte Zwecke bedient. So macht es sehr wenig aus, ob man von den drei Upadhis mit ihren drei Aspekten und Atman spricht, der ewigen und unsterblichen Synthese, oder sie als die „sieben Prinzipien“ bezeichnet.

Wer die Lehre von den siebenfältigen Weltenketten im solaren Kosmos in den theosophischen Schriften noch nicht gelesen oder zwar gelesen, aber nicht klar verstanden hat, für denjenigen sei sie zu seiner Unterstützung kurz wie folgt zusammengefasst:

1. Alles, sowohl im metaphysischen als auch im physischen Universum, ist siebenfältig. Daher werden jedem siderischen Körper, jedem Planeten, sei er sichtbar [SD # 159] oder unsichtbar, sechs begleitende Globen zugeschrieben (siehe Diagramm Nr. 3 nach Shloka 6 dieses Kommentars). Die Evolution des Lebens durchläuft diese sieben Globen oder Körper, vom ersten bis zum siebten, in sieben Runden oder sieben Zyklen.

2. Diese Globen werden durch einen Prozess gebildet, welchen die Okkultisten die „Wiedergeburt von Planetenketten (oder Ringen)“ nennen. Wenn die siebte und letzte Runde eines solchen Ringes begonnen hat, beginnt der höchste oder erste Globus „A“ zu sterben, gefolgt von allen anderen bis hinab zum letzten, anstatt wie in seinen früheren Runden in eine gewisse Ruhephase einzutreten – oder „Verdunklung“. Die „planetarische“ Auflösung (Pralaya) ist nahe, und ihre Zeit ist gekommen. Jeder Globus muss sein Leben und seine Energie auf einen anderen Planeten übertragen (siehe Diagramm Nr. 2, infra: „Der Mond und die Erde“).

3. Unsere Erde als die sichtbare Repräsentantin ihrer unsichtbaren höheren Mitgloben, ihrer „Herren“ und „Prinzipien“ (siehe Diagramm Nr. 1), hat sieben Runden zu durchleben, gleich den anderen. Während der ersten drei bildet und verdichtet sie sich; während der vierten wird sie beständiger und härter; während der letzten drei kehrt sie stufenweise in ihre ursprüngliche, etherische Form zurück: Sie ist sozusagen spiritualisiert.

4. Ihre Menschheit entwickelt sich erst in der vierten, unserer gegenwärtigen Runde, vollständig. Bis zu diesem vierten Lebenszyklus wird sie lediglich in Ermangelung eines geeigneteren Ausdrucks als „Menschheit“ bezeichnet. Gleich der Larve, die zur Puppe und dann zum Schmetterling wird, durchläuft der Mensch, oder vielmehr das, was später zum Menschen wird, während der ersten Runde alle Formen und Reiche und während der beiden folgenden Runden alle menschlichen Formen. Am Beginn der gegenwärtig vierten Reihe von Lebenszyklen und Rassen auf unserer Erde angekommen, ist der Mensch die erste hier erscheinende Form; lediglich das Mineral- und das Pflanzenreich gehen ihm voraus – selbst Letzteres muss seine Entwicklung danach durch den Menschen fortsetzen. Das wird in Band II erklärt werden. Während der drei künftigen Runden werden die Menschheit und der von ihr bewohnte Globus immer danach streben, ihre ursprüngliche Form wieder anzunehmen – die einer dhyan-chohanischen Schar. Der Mensch neigt dazu, ein Gott und dann – Gott zu werden, gleich jedem anderen Atom im Universum.

„Bereits von der zweiten Runde an beginnt die Evolution nach einem ganz anderen Plan abzulaufen. Nur während der ersten Runde geschieht es, dass der (himmlische) Mensch ein menschliches Wesen auf Globus A wird, (erneut) ein Mineral, eine Pflanze, ein Tier, auf Globus B und C etc. Der Vorgang ändert sich [SD # 160] gänzlich von der zweiten Runde an; aber Sie sind klüger geworden . . . und ich rate Ihnen, nichts zu sagen, bevor die Zeit gekommen ist, es zu sagen . . .“ (Auszug aus den Briefen des Lehrers zu verschiedenen Themen).

5. Jeder Lebenszyklus auf Globus D (unserer Erde)131 setzt sich aus sieben Wurzelrassen zusammen. Auf der Doppellinie der physischen und der moralischen Evolution beginnen sie mit der etherischen und enden mit der spirituellen – vom Beginn der irdischen Runde an bis zu ihrem Schluss. (Die eine ist eine „Planetenrunde“ von Globus A bis Globus G, dem siebten; die andere die „Globenrunde“ oder die irdische.)

Das ist in „Esoteric Buddhism“ sehr gut beschrieben und bedarf gegenwärtig keiner weiteren Erläuterung.

6. Die erste Wurzelrasse, d. h. die ersten „Menschen“ auf der Erde (von der Form abgesehen), waren die Nachkommen der „Himmlischen Menschen“, in der indischen Philosophie mit Recht die „Mondvorfahren“ oder Pitris genannt, von denen es sieben Klassen oder Hierarchien gibt. Da all das in den folgenden Abschnitten und in Band II ausreichend erklärt werden wird, braucht an dieser Stelle nicht noch mehr dazu gesagt zu werden.

Aber die beiden bereits erwähnten Werke, welche beide Gegenstände aus der okkulten Lehre behandeln, bedürfen besonderer Beachtung. „Esoteric Buddhism“ ist in theosophischen Kreisen und selbst der äußeren Welt viel zu gut bekannt als dass es notwendig wäre, hier länger auf seine Verdienste einzugehen. Es ist ein ausgezeichnetes Buch und hat noch ausgezeichnetere Arbeit geleistet. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass es einige Missverständnisse enthält und bei vielen Theosophen und Laienlesern zu falschen Vorstellungen über die östlichen Geheimlehren geführt hat. Weiter wirkt es vielleicht ein wenig zu materialistisch.

Später veröffentlicht wurde „Man“ und war ein Versuch, die archaische Lehre von einem eher idealen Standpunkt aus darzustellen, einige Visionen im und aus dem Astrallicht zu übersetzen und einige Lehren wiederzugeben, die zum Teil aus den Gedanken eines Meisters gesammelt, unglücklicherweise jedoch missverstanden worden waren. Dieses Werk behandelt auch die Evolution der frühen Menschenrassen auf der Erde und enthält einige ausgezeichnete Passagen philosophischen Charakters. Aber so weit ist es nur eine interessante, kleine, mystische Erzählung. Es hat seine Mission nicht erfüllt, weil die Bedingungen, die für eine richtige Übersetzung solcher Visionen erforderlich sind, nicht gegeben waren. Der Leser darf sich daher nicht wundern, wenn unsere Bände diesen früheren Beschreibungen in verschiedenen Einzelheiten widersprechen.

[SD # 161] Esoterische „Kosmogonie“ im Allgemeinen und die Evolution der menschlichen Monade im Besonderen unterscheiden sich so essenziell in diesen beiden Büchern und in anderen, unabhängig von Anfängern verfassten theosophischen Werken, dass es unmöglich ist, mit dem gegenwärtigen Werk fortzufahren, ohne diese beiden früheren Bände speziell zu erwähnen, denn beide haben eine Anzahl von Bewunderern – insbesondere „Esoteric Buddhism“. Die Zeit für die Erklärung einiger in dieser Richtung gelegener Dinge ist gekommen. Fehler müssen jetzt anhand der ursprünglichen Lehren geprüft und korrigiert werden. Wenn das eine der genannten Werke eine allzu ausgesprochene Vorliebe für die materialistische Wissenschaft hat, ist das andere entschieden zu idealistisch und teilweise fantastisch.

Die ersten Verwirrungen und Missverständnisse brachte die für das westliche Denken ziemlich unverständliche Lehre der periodischen „Verdunklungen“ und aufeinanderfolgender „Runden“ der Globen entlang ihrer kreisförmigen Ketten hervor. Eines davon bezieht sich auf die „Fünft-“ und sogar „Sechstrunder“. Es war bekannt, dass jeder Runde ein langes Pralaya vorausgeht und ihr ein weiteres folgt, eine Ruhepause, die einen unüberschreitbaren Abgrund zwischen zwei Runden darstellt, bis die Zeit für einen neuen Lebenszyklus anbricht. Daher ging man von einer „Täuschung“ aus, als über die Existenz von „Fünft- und Sechstrundern“ in unserer vierten Runde gesprochen wurde. Gautama Buddha, so sagt man, war ein „Sechstrunder“. Platon und einige andere große Philosophen und Denker waren „Fünftrunder“. Wie war das möglich? Ein Meister lehrte und bestätigte, dass es selbst jetzt solche „Fünftrunder“ auf der Erde gäbe; und obwohl er so verstanden wurde zu behaupten, dass die Menschheit noch „in der vierten Runde“ sei, schien er an einer anderen Stelle zu sagen, wir befänden uns in der fünften. Darauf wurde von einem anderen Lehrer eine „apokalyptische Antwort“ gegeben: „Ein paar Regentropfen machen noch keinen Monsum, obwohl sie ihn ankündigen“ . . . „Nein, wir sind nicht in der fünften Runde, aber Fünftrunder sind in den letzten paar Jahrtausenden angekommen.“ Das war schlimmer als das Rätsel der Sphinx! Schüler des Okkultismus setzten ihren Verstand den wildesten Spekulationen aus. Eine beträchtliche Zeit hindurch versuchten sie, Ödipus zu überbieten und die beiden Behauptungen in Übereinstimmung zu bringen. Und da die Meister Schweigen bewahrten wie die steinerne Sphinx, wurden sie der Inkonsequenz, des „Widerspruchs“ und der „Diskrepanz“ beschuldigt. Aber sie ließen den Spekulationen einfach ihren Lauf, um eine Lektion zu erteilen, welche das westliche Denken bitter nötig hatte. In ihrer Eitelkeit und Arroganz und in ihrer Gewohnheit, jede metaphysische Auffassung und Bezeichnung zu materialisieren, ohne irgendwelchen Spielraum für östliche [SD # 162] Metapher und Allegorie zuzulassen, machten die Orientalisten einen Wirrwarr aus der hinduistischen exoterischen Philosophie, und die Theosophen taten nun das Gleiche in Bezug auf esoterische Lehren. Es ist einleuchtend, dass es Letzteren bis heute gänzlich misslang, die Bedeutung des Ausdrucks „Fünft- und Sechstrunder“ zu verstehen. Aber es ist ganz einfach so: Jede „Runde“ bewirkt eine neue Entwicklung und sogar eine völlige Veränderung der mentalen, psychischen, spirituellen und physischen Konstitution des Menschen. Alle diese Prinzipien evolvieren auf einer beständig ansteigenden Stufenleiter. Daraus folgt, dass die Menschen, die wie Konfuzius und Platon psychisch, mental und spirituell den höheren Ebenen der Evolution angehörten, in unserer vierten Runde bereits so waren, wie der Durchschnittsmensch in der fünften Runde sein wird, deren Menschheit dazu bestimmt ist, auf dieser Stufenleiter der Evolution unermesslich höher zu stehen als unsere derzeitige Menschheit. Ähnlich war Gautama Buddha – die inkarnierte Weisheit – noch höher und größer als sämtliche als Fünftrunder erwähnte Menschen, und so werden Buddha und Shankaracharya allegorisch als Sechstrunder bezeichnet. Daraus ergibt sich wiederum die verborgene Weisheit der damals als „ausweichend“ empfundenen Bemerkung „ein paar Regentropfen machen noch keinen Monsum, obwohl sie ihn ankündigen“.

Und nun wird die Wahrheit der von seinem Verfasser angebrachten Bemerkung in „Esoteric Buddhism“ vollständig offensichtlich:

„Es ist unmöglich, einem ungeschulten Verstand die komplexen Tatsachen einer gänzlich unbekannten Wissenschaft zum ersten Mal mit all ihren entsprechenden Beschaffen­heiten . . . und anormalen Entwicklungen vorzulegen. . . . Wir müssen uns zuerst mit den allgemeinen Regeln begnügen und die Ausnahmen später behandeln. Insbesondere trifft das auf ein Studium zu, bei welchem die traditionellen, allgemeinen Lehrmethoden darauf abzielen, dem Gedächtnis neue Ideen einzuprägen, indem sie zunächst Verwirrung erzeugt, um sie am Ende aufzulösen.

Der Verfasser dieser Bemerkung besaß, wie er selbst anmerkt, einen im Okkultismus „nicht geschulten Verstand“, und seine Kenntnisse der modernen astronomischen Spekulationen übertrafen sein Wissen über die archaischen Lehren bei weitem, und so kam er natürlich und ohne sich dessen bewusst zu sein bei einigen Details zu falschen Schlussfolgerungen, jedoch nicht in Bezug auf „allgemeine Regeln“. Ein solcher Irrtum wird jetzt angeführt. Obwohl er unbedeutend ist, gereicht er doch dazu, manchen Neuling zu falschen Vorstellungen zu verleiten. Aber so wie die missverstandenen Bemerkungen der früheren Auflagen in den Anmerkungen zur fünften Auflage verbessert wurden, kann auch die sechste überarbeitet und weiter vervollkommnet werden. Es gab verschiedene Gründe [SD # 163] für diese Irrtümer. (1) Die Lehrer befanden sich manchmal in der Zwickmühle; zu hartnäckig gestellte Fragen wurden daher zu „ausweichend beantwortet“, da sie aus diesem Grund nicht unbeachtet bleiben durften, aber andererseits nur teilweise beantwortet werden konnten. (2) Gleichwohl wurde das Geständnis, dass „ein halber Laib besser ist als gar kein Brot“, nur zu oft missverstanden und kaum in angemessener Weise gewürdigt. Ein Resultat davon war, dass sich europäische Laienchelas manchmal grundlosen Spekulationen hingaben. Unter diesen waren (a) das „Mysterium der Achten Sphäre“ in seiner Beziehung zum Mond; und (b) die irrtümliche Behauptung, dass zwei der höheren Globen der Erdkette zwei unserer wohlbekannten Planeten wären: „Außer der Erde . . . gibt es lediglich zwei weitere Welten unserer Kette, die sichtbar sind . . . Mars und Merkur . . .“ („Esoteric Buddhism“, S. 136).

Das war ein großer Irrtum. Aber die Schuld daran ist ebenso sehr der Unbestimmtheit und Unvollständigkeit der Antwort des Meisters beizumessen wie der Frage des Schülers selbst, die gleichermaßen vage und unbestimmt war.

Es wurde gefragt: „Welche der Planeten, die der gewöhnlichen Wissenschaft neben Merkur bekannt sind, gehören unserem Weltensystem an?“ Nun, wenn der Fragesteller unter „Weltensystem“ unsere Erdkette oder „Schnur“ verstand, anstelle des – wie es richtig gewesen wäre – „solaren Weltensystems“, dann war die Antwort natürlich dazu geeignet, missverstanden zu werden. Denn die Antwort lautete: „Mars etc. und vier weitere Planeten, von welchen die Astronomie nichts weiß; weder A, B, noch Y, Z sind bekannt, noch können sie mittels physikalischer Instrumente beobachtet werden, seien diese auch noch so vervollkommnet.“ Folgendes ist klar: (a) Die Astronomie weiß bis jetzt in Wirklichkeit nichts von den Planeten, weder von den alten noch von den in neuerer Zeit entdeckten. (b) Die Begleitplaneten von A bis Z, d. h. die höheren Globen jeder beliebigen Kette des Sonnensystems, sind nicht sichtbar.132 Was Mars, Merkur und die „vier anderen Planeten“ anbelangt, so stehen sie [SD # 164] zur Erde in einer Beziehung, von der kein Meister oder hoher Okkultist jemals sprechen wird, noch weniger wird er deren Natur erklären.133

Es ist also eindeutig, dass die aufgeworfene Theorie unmöglich ist, unabhängig von dem von der modernen Astronomie zur Verfügung gestellten zusätzlichen Beweismaterial. Die Naturwissenschaft kann unterstützende, wenn auch sehr unsichere Beweise bieten, aber nur in Bezug auf Himmelskörper, welche sich auf derselben materiellen Ebene wie unser objektives Universum befinden. Mars und Merkur, Venus und Jupiter, sowie jeder bisher entdeckte (oder noch zu entdeckende) Planet, sind alle per se Repräsentanten dieser Ketten auf unserer Ebene. Wie es ausdrücklich in einem der zahlreichen Briefe von Sinnetts „Lehrer“ heißt: „Es gibt noch weitere, unzählbar viele manvantarische Globenketten, die intelligente Wesen tragen, sowohl innerhalb als auch außerhalb unseres Sonnensystems.“ Aber weder Mars noch Merkur gehören zu unserer Kette. Sie sind, neben den anderen Planeten, siebenfältige Einheiten in der großen Schar von „Ketten“ unseres Systems; und alle sind ebenso sichtbar wie ihre höheren Globen unsichtbar sind.

Wenn weiter argumentiert wird, dass gewisse Ausdrücke in den Briefen des Lehrers zu Irrtümern verleiten könnten, so lautet die Antwort: Amen, so war es. Der Autor von „Esoteric Buddhism“ hatte das wohl verstanden, denn er schrieb, dass „die traditionellen Lehrmethoden . . . darauf beruhen, Verwirrung hervorzurufen“ . . . welche nachlässt, oder nicht – je nachdem. Wenn jedenfalls angeführt wird, dass das und die wahre Natur der Planeten früher erklärt und so veröffentlicht hätten werden können, wie es jetzt geschieht, lautet die Antwort: „Man hielt es damals nicht für ratsam, das zu tun, da es den Weg zu einer Reihe von weiteren Fragen eröffnet hätte, die ihrer esoterischen Natur halber aber niemals hätten beantwortet werden können, was nichts anderes als nur weitere Verlegenheiten verursacht hätte.“ Es wurde von Anfang an erklärt und seither wiederholt versichert: (1) Dass kein Theosoph, nicht einmal als angenommener Chela – geschweige denn als Laienschüler – erwarten könne, dass ihm die geheimen Lehren erklärt werden, grundlegend und umfassend, bevor er sich nicht der Bruderschaft durch ein unwiderrufliches Gelöbnis verpflichtet und mindestens eine Initiation abgeschlossen hat, weil der Öffentlichkeit keine Zahlen und Fakten gegeben werden können, denn Zahlen und Fakten sind Schlüssel zum esoterischen System. (2) Das, [SD # 165] was enthüllt wurde, war nur der esoterische Umriss von dem, was in nahezu allen exoterischen Schriften der Weltreligionen enthalten ist – vorwiegend in den Brahmanas und den Upanishaden der Veden und selbst in den Puranas. Es war ein kleiner Teil von dem, was jetzt in den vorliegenden Bänden viel vollständiger veröffentlicht wird; und selbst das ist sehr unvollständig und bruchstückhaft.

Als das gegenwärtige Werk begonnen wurde, wandte sich die Schreiberin in dem sicheren Gefühl, dass die Spekulationen über Mars und Merkur falsch seien, brieflich an die Lehrer und bat um Aufklärung und eine maßgebliche Darstellung. Beides kam zur rechten Zeit, und wörtliche Auszüge daraus werden hier gegeben.

„. . . Es ist vollkommen richtig, dass Mars sich gegenwärtig in einem Zustand der Verdunklung befindet und Merkur eben beginnt, daraus zu erwachen. Sie können hinzufügen, dass sich Venus in ihrer letzten Runde befindet. . . . . . . . . . . Wenn weder Merkur noch Venus Satelliten haben, so hat das folgende Gründe . . . (vide die Fußnote oben mit Angabe der entsprechenden Gründe) und auch weil Mars zwei Satelliten hat, auf welche er kein Anrecht besitzt. . . . . Phöbus, der angebliche innere Satellit, ist überhaupt kein Satellit. Wie lange zuvor von Laplace und jetzt von Faye bemerkt wurde (siehe comptes rendus, Tome XC, S. 569), hat Phöbus eine zu kurze Umlaufzeit; und es ‘muss daher irgendein Fehler in der Grundtheorie liegen’, wie Faye richtig bemerkt. . . . . Wiederum sind beide (Mars und Merkur) siebenfältige Ketten, ebenso unabhängig von den siderischen Herren und Oberen der Erde wie Sie unabhängig sind von den ‘Prinzipien’ des kleinen Daumesdicks – welche womöglich seine sechs Brüder waren, mit oder ohne Schlafmützen. . . . . . . . . . ‘Befriedigung der Neugierde ist für manche Menschen das Ende der Erkenntnis’, sagte Bacon, der ebenso Recht hatte, diese Binsenwahrheit vorauszusetzen wie jene, die vor ihm damit vertraut waren, Recht hatten, die WEISHEIT vom Wissen abzutrennen und Grenzen dafür festzulegen, was zu einer bestimmten Zeit veröffentlicht werden soll. . . . Bedenken Sie:

‘. . . . . . . . . . . Wissen weilt
In Köpfen erfüllt von Gedanken and’rer
Weisheit im Gemüt, das den eig’nen lauscht. . . .’

Das können Sie den Gemütern jener nicht tief genug einprägen, denen sie etwas über die esoterischen Lehren vermitteln. . .“

Hier sind noch weitere Auszüge aus einem anderen, von derselben Autorität verfassten Brief. Dieser Brief ist eine Antwort auf einige den Lehrern vorgelegte Einwendungen. Sie beruhen auf äußerst wissenschaftlichen und ebenso [SD # 166] sinnlosen Schlussfolgerungen über die Ratsamkeit des Versuches, die esoterischen Theorien mit den Spekulationen der modernen Wissenschaft zu vereinbaren. Sie wurden von einem jungen Theosophen als eine Warnung vor der „Geheimlehre“ und in Bezug auf denselben Gegenstand geschrieben. Er behauptete, dass solche Erdbegleiter „lediglich ein kleines bisschen weniger materiell sein könnten als unser Globus“, wenn sie überhaupt existierten. Wie war es dann möglich, dass sie unsichtbar sind? Die Antwort lautete:

„. . . . Würden psychische und spirituelle Lehren besser verstanden, wäre es kaum möglich, sich eine solche Unvereinbarkeit auch nur vorzustellen. So lange man nicht weniger Energie darauf verwendet, das Unvereinbare zu vereinbaren – d. h. die metaphysischen und spirituellen Wissenschaften mit der Physik- oder Naturphilosophie, wobei „Natur“ für sie (die Wissenschaftler) ein Synonym für die in die Wahrnehmung ihrer körperlichen Sinne fallende Materie ist – kann kein wirklicher Fortschritt erzielt werden. Unser Globus befindet sich, wie von Anfang an gelehrt wurde, am tiefsten Punkt des absteigenden Bogens, wo sich die Materie unserer Wahrnehmung in ihrer gröbsten Form darstellt. . . . . . . Daher ist es nur logisch, dass sich die unsere Erde überschattenden Globen auf anderen, höheren Ebenen befinden müssen. Kurz gesagt, als Globen sind sie zwar miteinander verbunden, bestehen aber nicht aus der gleichen Substanz wie unsere Erde und gehören somit einem ganz anderen Bewusstseinszustand an. Unser Planet ist (wie alle, die wir sehen können) dem besonderen Zustand seines menschlichen Stammes ­ange­passt, und dieser Zustand befähigt uns, die Himmelkörper mit bloßem Auge zu sehen, welche essenziell mit der Ebene unserer Erde und ihrer Substanz übereinstimmen, geradeso wie ihre jeweiligen Bewohner, die Jupitermenschen, die Marsmenschen und andere unsere kleine Welt wahrnehmen können. Weil unsere Bewusstseinsebenen – zwar dem Grade nach verschieden, der Art nach aber gleich – in derselben Schicht der differenzierten Materie liegen. . . . . Was ich schrieb, war: ‘Das kleinere Pralaya betrifft nur unsere kleinen Globenschnüre(in jenen Tagen der Sprachverwirrung nannten wir die Ketten „Schnüre“). . . . ‘Zu einer solchen Schnur gehört unsere Erde.’ Das hätte klar zeigen sollen, dass die anderen Planeten auch ‘Schnüre’ oder KETTEN sind. . . Wenn er (der den Einwand erhob) auch nur die schwache Silhouette eines solchen ‘Planeten’ auf den höheren Ebenen wahrnehmen wollte, müsste er zunächst einmal selbst die zwischen ihm und der nächsten Ebene liegenden dünnen Wolken von Astralmaterie vertreiben. . . . .“

So wird offensichtlich, wieso wir selbst mit unseren besten irdischen Teleskopen das außerhalb unserer materiellen Welt Liegende nicht wahrnehmen können. Jene allein, die wir Adepten nennen, die wissen, wie sie ihr mentales Sehvermögen zu dirigieren und ihr Bewusstsein – sowohl physisch als auch psychisch – auf [SD # 167] andere Seinsebenen übertragen können, sind dazu imstande, mit Autorität über solche Dinge zu sprechen. Und sie sagen uns eindeutig:

„Führe das Leben, das zur Erlangung solcher Erkenntnis und solcher Kräfte notwendig ist, und die Weisheit wird natürlich zu dir kommen. Wann immer du fähig bist, dein Bewusstsein mit einer der sieben Saiten des Universalen Bewusstseins in Einklang zu bringen, mit jenen Saiten, die über das Schallbrett des Kosmos gespannt sind, von einer Ewigkeit zur anderen schwingend; wenn du die Musik der Sphären gründlich studiert hast, dann erst wirst du völlig frei werden, dein Wissen mit jenen zu teilen, mit denen das auf sichere Weise getan werden kann. Unterdessen sei klug. Gib die großen Wahrheiten, das Erbe der künftigen Rassen, nicht unserer jetzigen Generation. Versuche nicht, das Geheimnis von Sein und Nichtsein jenen zu entschleiern, die unfähig sind, die verborgene Bedeutung von Apollos Heptachord zu verstehen –, der Leier des strahlenden Gottes, von deren sieben Saiten jede einzelne von dem Geist, der Seele und dem Astralkörper des Kosmos bewohnt wird, von welchen jetzt lediglich die Schalen in die Hände der modernen Wissenschaft gefallen sind. . . . . . Sei klug, sagen wir, klug und weise, und achte vor allem darauf, woran jene glauben, die von dir lernen; damit sie nicht, indem sie sich selbst täuschen, andere täuschen . . . . denn das ist das Schicksal einer jeden Wahrheit, mit der die Menschen noch nicht vertraut sind. . . . . Lieber lasse die Planetenketten und andere super- und subkosmische Mysterien für jene ein Traumland bleiben, die weder sehen noch glauben, dass andere es können. . . .

Dass nur wenige von uns den weisen Rat befolgt haben, ist zu bedauern; und dass so manche unschätzbare Perle, so manches Juwel der Weisheit, einem Feind hingeworfen wurde, der unfähig war, dessen Wert zu verstehen und sich abwendete und uns zerfleischte.

„‘Stellen wir uns vor’ – schrieb derselbe Meister an seine beiden ‘Laien-Chelas’, wie er den Verfasser von ‘Esoteric Buddhism’ und einen anderen Herrn nannte, der für einige Zeit sein Mitschüler war – ‘Stellen wir uns vor, dass unsere Erde eine aus einer Gruppe von sieben Planeten oder Menschen-tragenden Welten ist. . . . . . (die sieben Planeten sind die heiligen Planeten des Altertums, und alle sind siebenfältig). Nun erreicht der Lebensimpuls A oder vielmehr das, was dazu bestimmt ist, zu A zu werden, und das bis dahin nur kosmischer Staub (ein „Laya-Zentrum“) ist . . . etc.’

In diesen frühen Briefen, in welchen die Begriffe erfunden und die Worte geprägt werden mussten, wurden die „Ringe“ sehr oft zu „Runden“ und die „Runden“ zu Lebenszyklen und vice versa. Einem Korrespondenten, der eine „Runde“ einen „Weltring“ nannte, schrieb der Lehrer: „Ich glaube, das wird zu noch mehr Verwirrung führen. Wir sind übereingekommen, den [SD # 168] Durchgang einer Monade von Globus A zu Globus G oder Z eine Runde zu nennen. . . . Der ‘Weltring’ ist korrekt. . . Raten Sie Herrn . . . dringend, sich erst über eine Nomenklatur zu verständigen, bevor er noch weiter geht . . .“

Trotz dieser Übereinkunft schlichen sich infolge dieser Verwirrung in die frühesten Lehren zahlreiche Irrtümer ein. Selbst die Rassen wurden gelegentlich mit den „Runden“ und „Ringen“ verwechselt und führten zu ähnlichen Irrtümern in „Man“. Von Anbeginn an hatte der Meister geschrieben:

„Da mir nicht erlaubt ist, Ihnen die ganze Wahrheit zu geben oder die Anzahl isolierter Bruchteile zu enthüllen . . . bin ich nicht imstande, Sie zufriedenzustellen.“

Das stand in der Beantwortung der Fragen: „Wenn wir recht verstehen, so ist die Anzahl der Existenzen vor der menschlichen Periode 637“ etc. etc. Auf alle die Zahlen betreffenden Fragen lautete die Antwort: „Versuchen Sie das Problem von 777 Inkarnationen zu lösen. . . . Obwohl ich verpflichtet bin, die Information zurückzuhalten . . . so wird es doch meine Pflicht sein, es Ihnen bestätigen zu müssen, sollten Sie das Problem selbst gelöst haben.“

Aber sie wurden niemals so gelöst, und die Resultate waren – nie endende Verworrenheit und Irrtümer.

Selbst die Lehre von der siebenfältigen Konstitution der siderischen Körper und des Makrokosmos – aus welchem die siebenfältige Einteilung des Mikrokosmos oder des Menschen entspringt – gehört bis jetzt zu den esoterischsten. In alten Zeiten wurde sie gewöhnlich nur bei der Initiation zusammen mit den heiligsten Zahlen der Zyklen mitgeteilt. Wie in einer der theosophischen Zeitschriften134 festgestellt, wurde seinerzeit im Rahmen der Beantwortung einiger Briefe des Verfassers von „Esoteric Buddhism“, der eine Menge Fragen stellte, lediglich ein paar spärliche Informationen gegeben, die Enthüllung des gesamten Systems der Kosmogonie wurde jedoch überhaupt nicht in Erwägung gezogen, ja sie wurde nicht einmal für einen Augenblick überhaupt für möglich gehalten. Unter den Fragen fanden sich Probleme in der Art, dass kein Meister, wie hoch und unabhängig er auch sein möge, das Recht hätte, zu antworten und damit der Welt die altehrwürdigsten und archaischsten Mysterien der alten Tempelschulen zu enthüllen. Daher wurden lediglich einige wenige Lehren in groben Umrissen bekannt gegeben, während die Einzelheiten immer wieder zurückgehalten wurden; und sämtliche Anstrengungen, weitere Informationen über sie herauszulocken, wurden von Anfang an systematisch vereitelt. Das ist vollkommen natürlich. Von den vier Vidyas – von den sieben in den Puranas erwähnten Erkenntniszweigen – nämlich „Yajna-Vidya“ (die Ausführung religiöser Riten in der Absicht, [SD # 169] gewisse Resultate hervorzubringen); „Maya-Vidya“, das große (magische) Wissen, jetzt zur Tantrikaanbetung degradiert; „Guhya-Vidya“, die Wissenschaft von den Mantras und ihrem richtigen Rhythmus oder Gesang, von mystischen Beschwörungen etc. – kann ausschließlich die Letzte, „Atman-Vidya“ oder die wahre spirituelle und Göttliche Weisheit, absolutes und endgültiges Licht auf die Lehren der drei zuerst Genannten werfen. Ohne die Unterstützung der Atman-Vidya bleiben die anderen drei nicht mehr als oberflächliche Wissenschaften, geometrische Größen, welche Länge und Breite aufweisen, aber keine Tiefe haben. Sie gleichen der Seele, den Gliedern und dem Gemüt eines schlafenden Menschen: zu mechanischen Bewegungen fähig, zu chaotischen Träumen und selbst zum Schlafwandeln, zur Hervorbringung sichtbarer Wirkungen, aber lediglich von instinktiven und nicht von intellektuellen Ursachen stimuliert, und am allerwenigsten von voll bewussten spirituellen Impulsen. Ein guter Teil der drei zuerst genannten Wissenschaften kann veröffentlicht und erklärt werden. Aber wenn nicht die Atman-Vidya den Schlüssel zu ihren Lehren liefert, werden sie für immer wie die Fragmente eines verstümmelten Textbuches bleiben, wie die Andeutungen großer Wahrheiten, undeutlich wahrgenommen von den Spirituellsten, aber in allen Proportionen verzerrt von jenen, die jeden Schatten an die Wand nageln würden.

Eine weitere große Verwirrung im Denken der Schüler wurde durch die unvollständige Darstellung der Lehren über die Evolution der Monaden hervorgerufen. Um vollständig erfasst zu werden, müssen sowohl dieser Prozess wie auch der der Geburt der Globen viel mehr von ihrem metaphysischen Aspekt aus untersucht werden als von dem, was man einen statistischen Standpunkt nennen könnte, der Zahlen und Fakten in sich einschließt, deren allgemeine Verwendung aber nur selten gestattet wird. Unglücklicherweise sind nur wenige geneigt, diese Lehren nur metaphysisch zu behandeln. In seinem Werk von der Evolution der Monaden sprechend („Esoteric Buddhism“, Seite 46), erklärt selbst der Beste der westlichen Autoren unserer Lehre, dass „wir uns mit reiner Metaphysik jener Art jetzt nicht befassen“. Und wenn das so ist, wie der Lehrer in einem Brief an ihn bemerkt: „Wozu dann dieses Predigen unserer Lehren, all dieses Bergaufsteigen und Gegen-den-Strom-Schwimmen? Wozu sollte der Westen . . . vom Osten . . . lernen . . . das, was niemals den speziellen Anforderungen der Ästhetik entsprechen kann?“ Und er lenkt die Aufmerksamkeit seines Korrespondenten „auf die enormen Schwierigkeiten, auf die wir (die Adepten) bei jeglichem von uns unternommenen Versuch stoßen, unsere Metaphysik dem westlichen Denken zu erklären“.

Und das mag er wohl; weil außerhalb der Metaphysik keine okkulte Philosophie, keine Esoterik möglich ist. Es ist so, als wollte man versuchen, die Sehnsüchte und Zuneigungen, die Liebe und den Hass, das verborgenste und heiligste Wirken in [SD # 170] Seele und Gemüt eines lebenden Menschen durch eine anatomische Beschreibung des Brustkastens und des Gehirns seines toten Körpers zu erklären.

Wir wollen nun zwei Lehrsätze untersuchen, die oben erwähnt, in „Esoteric Buddhism“ jedoch kaum gestreift wurden, und sie – soweit es in unserer Macht liegt – ergänzen.

 

 

 

 

Weitere TATSACHEN UND ERKLÄRUNGEN
in Bezug auf die GLOBEN UND die MONADEN

Zwei in „Esoteric Buddhism“ aufgestellte Behauptungen müssen beachtet und die Ansichten des Verfassers angeführt werden. Auf Seite 49 (fünfte Aus­gabe) wird gesagt:

„. . . die spirituellen Monaden . . . vollenden ihre mineralische Existenz auf Globus A nicht komplett, sie vollenden sie auf Globus B und so fort. Sie durchlaufen mehrmals den gesamten Kreislauf als Minerale, und dann wieder mehrmals als Pflanzen und mehrmals als Tiere. Wir unterlassen es dieses Mal absichtlich, auf Zahlen einzugehen.“ etc. etc.

Angesichts der in Bezug auf Zahlen und Fakten gepflegten großen Geheimhaltung war es weise, diesen Weg einzuschlagen. Diese Verschwiegenheit wurde jetzt teilweise aufgegeben; aber es wäre vielleicht besser gewesen, die wirklichen Zahlen in Bezug auf die Runden und Evolutionskreisläufe damals entweder vollständig zu enthüllen oder gänzlich zurückzuhalten. Sinnett begriff diese Schwierigkeit wohl, als er sagte (S. 140): „Aus Gründen, die für den Außenstehenden nicht leicht zu erahnen sind, sträuben sich die Besitzer okkulten Wissens besonders, Fakten in Bezug auf die Kosmogonie herauszugeben, obwohl es für den Uninitiierten schwer zu verstehen ist, warum sie zurückgehalten werden sollten.“

Dass es dafür solche Gründe gab, ist offensichtlich. Nichtsdestoweniger sind dieser Verschwiegenheit die meisten konfusen Ideen einiger östlicher wie auch westlicher Schüler zuzuschreiben. Die Schwierigkeiten, die der Annahme der beiden besonderen in Betracht kommenden Lehrsätze im Wege standen, erschienen groß, gerade weil alle Angaben fehlten, auf die man sich hätte stützen können. Aber so war es eben. Denn die zu den okkulten Berechnungen gehörenden Zahlen können außerhalb des Kreises der Chelas, die ein Gelöbnis abgelegt haben, nicht gegeben werden – wie die Meister vielfach erklärten –, und selbst sie können die Regeln nicht brechen.

Ohne die mathematischen Aspekte der Lehre zu berühren, kann die gegebene Lehre erweitert und einige unklare [SD # 171] Punkte aufgehellt werden, um die Dinge klarer zu machen. Da die Evolution der Globen und der Monaden so eng miteinander verwoben sind, fügen wir die beiden Lehren zu einer einzigen zusammen. In Bezug auf die Monaden wird der Leser ersucht sich vor Augen zu halten, dass die östliche Philosophie das westliche theologische Dogma einer für jedes neugeborene Kind neu erschaffenen Seele ablehnt, weil das ebenso unphilosophisch ist wie es in der Ökonomie der Natur unmöglich ist. Es muss eine begrenzte Anzahl von Monaden geben, welche durch ihre Assimilation vieler aufeinander folgender Persönlichkeiten – in jedem neuen Manvantara – zu immer größerer Vollkommenheit evolvieren und wachsen. Angesichts der Lehren von Wiedergeburt, Karma und der stufenweisen Rückkehr der menschlichen Monade zu ihrer Quelle, der absoluten Gottheit, ist dies bedingungslos erforderlich. Obwohl also die Schar der mehr oder weniger fortgeschrittenen Monaden fast unzählbar ist, ist ihre Anzahl dennoch begrenzt wie alles in diesem Universum der Differenzierung und Endlichkeit.

Wie in dem doppelten Diagramm der menschlichen „Prinzipien“ und der aufsteigenden Globen der Weltenketten dargestellt, existiert eine ewige Verkettung von Ursachen und Wirkungen und eine perfekte Analogie, welche durch alle Evolutionslinien hindurch fortbesteht und sie miteinander verbindet. Eines erzeugt das andere – Globen wie Persönlichkeiten. Aber beginnen wir mit dem Anfang.

Der allgemeine Umriss des Prozesses, durch welchen die aufeinander­folgenden Planetenketten gebildet werden, wurde soeben aufgezeigt. Um zukünftigen Missverständnissen vorzubeugen sollen einige weitere Einzelheiten angeboten werden, die auch Licht auf die Geschichte der Menschheit unserer eigenen Kette werfen werden, dem Nachkommen der Mondkette.

In den Diagrammen auf Seite 177 stellt Abbildung 1 die „Mondkette“ von sieben Planeten zu Beginn ihrer siebten oder letzten Runde dar; Abbildung 2 repräsentiert die „Erdkette“, die einmal sein wird, gegenwärtig aber noch nicht existiert. Die sieben Globen einer jeden Kette sind in ihrer zyklischen Reihenfolge unterschieden durch die Buchstaben A bis G; die Globen der Erdkette sind ferner bezeichnet mit einem Kreuz „+ “, dem Symbol der Erde.

Nun muss daran erinnert werden, dass die Monaden in ihren Kreisläufen um eine beliebige siebenfältige Kette, in Abhängigkeit von ihrem jeweiligen Stadium hinsichtlich ihrer Evolution, ihres Bewusstseins und ihrer Verdienste in sieben Klassen oder Hierarchien aufgeteilt sind. Beobachten wir nun in der ersten Runde die Reihenfolge ihres Erscheinens auf Planet A. Die Zeiträume zwischen dem Erscheinen dieser Hierarchien auf einem beliebigen Globus sind so angepasst, dass wenn die Klasse 7, die letzte, auf Globus A erscheint, die Klasse 1, die erste, gerade auf Globus B übergegangen ist, und so weiter, Schritt für Schritt, rund um die ganze Kette.

Nochmals, in der siebten Runde der Mondkette, sobald Klasse 7, die [SD # 172] letzte, Globus A verlässt, beginnt dieser Globus zu sterben (in seinen planetarischen Pralaya einzugehen),135 anstatt in Schlaf zu versinken, wie er es in früheren Runden getan hat; und im Sterben überträgt er der Reihe nach, wie soeben gesagt, seine „Prinzipien“ oder Lebenselemente und Energie und so weiter, eines nach dem anderen auf ein neues „Laya-Zentrum“, welches mit der Bildung von Globus A der Erdkette beginnt. Ein ähnlicher Prozess findet auf jedem der Globen der „Mondkette“ statt, auf einem nach dem anderen, wobei jeder einen neuen Globus der „Erdkette“ bildet. Unser Mond war der vierte Globus der Reihe, und er befand sich auf derselben Wahrnehmungsebene wie unsere Erde. Globus A der Mondkette ist jedoch nicht vollständig „tot“, bevor nicht die ersten Monaden der ersten Klasse von Globus G oder Z, dem letzten der „Mondkette“, in [SD # 173] das sie zwischen den beiden Ketten erwartende Nirvana eingegangen sind. Ähnliches gilt, wie gesagt, für alle anderen Globen auch; ein jeder bringt den entsprechenden Globus der „Erdkette“ zur Geburt.

Wenn ferner Globus A der neuen Kette bereit ist, inkarniert sich die erste Klasse oder Hierarchie von Monaden der Mondkette im niedersten Reich; und so weiter, der Reihe nach. Das hat zur Folge, dass in der ersten Runde lediglich die erste Klasse der Monaden den menschlichen Entwicklungszustand erreicht, da die später ankommende zweite Klasse auf keinem Planeten ausreichend Zeit hat, diese Stufe zu erreichen. Somit erreichen die Monaden der zweiten Klasse die anfängliche menschliche Stufe erst in der zweiten Runde und so fort bis hinauf zur Mitte der vierten Runde. Aber an diesem Punkt – und in dieser vierten Runde, in welcher die menschliche Stufe vollständig entwickelt sein wird – schließt sich das „Tor“ zum Menschenreich; von da an bleibt die Anzahl der „menschlichen“ Monaden, d. h. der Monaden auf der menschlichen Entwicklungsstufe, konstant. Die Monaden, welche die menschliche Stufe bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht erreicht haben, werden aufgrund der menschlichen Evolution an sich so weit zurückgeblieben sein, dass sie die menschliche Stufe erst am Schluss der siebten und letzten Runde erreichen werden. Sie werden daher auf dieser Kette keine Menschen sein, sondern die Menschheit eines zukünftigen Manvantaras bilden und dadurch belohnt, dass sie die „Menschen“ einer insgesamt höheren Kette werden und damit ihre karmische Entschädigung erhalten. Hierfür gibt es nur eine einzige Ausnahme – aus sehr guten Gründen, über die wir später sprechen werden. Das aber erklärt die Unterschiede zwischen den Rassen.

Es zeigt sich somit deutlich, wie vollkommen die Analogie zwischen den natürlichen Vorgängen im Kosmos und im individuellen Menschen ist. Letzterer durchlebt seinen Lebenszyklus und stirbt. Seine „höheren Prinzipien“, welche in der Entwicklung einer Planetenkette den zirkulierenden Monaden entsprechen, gehen in Devachan ein, welches mit „Nirvana“ und den zwischen zwei Ketten liegenden Ruhephasen korrespondiert. Die niederen „Prinzipien“ des Menschen werden mit der Zeit aufgelöst und von der Natur wieder zur Bildung neuer menschlicher Prinzipien verwendet; derselbe Vorgang findet auch bei der Auflösung und Bildung von Welten statt. Die Analogie ist somit der sicherste Führer zum Verständnis der okkulten Lehren.

Das ist eines der „sieben Mysterien des Mondes“; und es ist jetzt enthüllt. Die sieben „Mysterien“ heißen bei den Japanern Yamabushis, bei den Mystikern der Laotse-Sekte und den asketischen Mönchen von Kyoto die Dzenodu – die „sieben Juwelen“. Nur sind die japanischen und chinesischen [SD # 174] buddhistischen Asketen und Initiierten bei der Herausgabe ihres „Wissens“ womöglich noch zurückhaltender als die Hindus.

Aber der Leser darf nicht die Monaden aus den Augen verlieren; und er muss über ihre Natur aufgeklärt werden, soweit das erlaubt ist, ohne das Gebiet der höchsten Mysterien zu betreten, deren letztes und endgültiges Wort zu kennen die Schreiberin in keiner Weise behauptet.

Die monadische Schar kann grob in drei große Klassen eingeteilt werden:

1. Die am höchsten entwickelten Monaden (die lunaren Götter oder „Geister“, in Indien die Pitris genannt), deren Funktion es ist, in der ersten Runde den ganzen dreifachen Zyklus der mineralischen, pflanzlichen und tierischen Reiche in ihren etherischsten, zartesten und rudimentärsten Formen zu durchlaufen, um sich in die Natur der neugebildeten Kette zu kleiden und sie zu assimilieren. Sie sind es, die als Erste in der ersten Runde auf Globus A die menschliche Form erreichen (wenn man im Bereich des nahezu Subjektiven überhaupt von einer Form sprechen kann). Sie sind es daher auch, die während der zweiten und dritten Runde das menschliche Element leiten und repräsentieren und schließlich am Beginn der vierten Runde ihre Schatten für die zweite Klasse evolvieren, oder für jene, die ihnen nachfolgen.

2. Jene Monaden, die in den dreieinhalb Runden als Erste die menschliche Stufe erreichen und zu „Menschen“ werden.136

[SD # 175] 3. Die Nachzügler; die Monaden, die zurückgeblieben sind und aufgrund karmischer Hindernisse die menschliche Stufe in diesem Zyklus oder dieser Runde überhaupt nicht erreichen werden, mit einer einzigen Ausnahme, von der an anderer Stelle die Rede sein wird, wie bereits versprochen.

Nun bewirken die irdischen Kräfte die Entwicklung der äußeren Form oder des Körpers, die astrale umschließend, wie das auch in den niederen Reichen geschieht; die Evolution des inneren oder wirklichen Menschen ist jedoch rein spirituell. Die unpersönliche Monade durchwandert jetzt nicht mehr eine Vielzahl verschiedener materieller Formen, wie sie das während der äußeren Evolution tat – im besten Fall mit Instinkt und Bewusstsein auf einer ganz anderen Ebene begabt –, sondern sie befindet sich jetzt auf einer Reise der „Pilgerseele“ durch verschiedene Zustände nicht nur materieller Natur, sondern des Selbstbewusstseins und der Selbstwahrnehmung oder des Erkennens aus bewusster Wahrnehmung (sieheGötter, Monaden und Atome“).

Die Monade taucht aus ihrem Zustand spiritueller und intellektueller Unbewusstheit empor; die beiden ersten Ebenen überspringend – die dem Absoluten zu nahe sind, um irgendwelche Wechselbeziehungen mit irgendetwas auf einer niederen Ebene zuzulassen –, begibt sie sich direkt auf die Mentalebene. Es gibt im gesamten Universum keine Ebene mit einem größeren Spielraum oder Tätigkeitsfeld als diese Ebene mit ihrer fast endlosen Bandbreite an Wahrnehmungs- und Erkenntnisqualitäten. Die Mentalebene weist selbst für jede einzelne „Form“ eine passende kleinere Ebene auf, von der „mineralischen“ Monade aufwärts bis zu der Zeit, in der diese Monade durch Evolution zu einer Göttlichen Monade erblüht. Aber dennoch bleibt die Monade die ganze Zeit über ein und dieselbe und unterscheidet sich lediglich während ihrer Inkarnationen, wenn sie in ihren beständig aufeinanderfolgenden Zyklen teilweiser oder gänzlicher Verdunklung des Geistes oder teilweiser oder gänzlicher Verdunklung der Materie – zwei polare Antithesen – in die Bereiche mentaler Spiritualität empor- oder in die Tiefen der Materialität hinabsteigt.

Kehren wir zurück zu „Esoteric Buddhism“. Hier wird bezüglich des enormen Zeitraums, der zwischen der mineralischen Epoche auf Globus A und der menschlichen137 Epoche liegt, Folgendes festgestellt: „Die volle Entwicklung der [SD # 176] mineralischen Epoche auf Globus A bereitet den Weg für die pflanzliche Entwicklung, und sobald diese beginnt, strömt der mineralische Lebensimpuls auf Globus B über. Dann, wenn die pflanzliche Entwicklung auf Globus A vollendet ist und die tierische Entwicklung beginnt, strömt der pflanzliche Lebensimpuls auf Globus B über und der mineralische geht auf Globus C weiter. Schließlich erreicht der menschliche Lebensimpuls Globus A“ (S. 49).

Und so geht es drei Runden lang weiter, um sodann nachzulassen und schließlich an der Schwelle unseres Globus in der vierten Runde zu enden, weil die menschliche Periode (die des wahren physischen Menschen der Zukunft), die siebte, jetzt erreicht ist. Das ist einleuchtend, denn wie gesagt „. . . existieren dem Mineralreich vorangehende Evolutionsprozesse, und so geht eine Evolutionswoge, tatsächlich sogar mehrere Evolutionswogen, der mineralischen Woge auf ihrem Pfad durch die Sphären voran“ (ebenda).

Und nun müssen wir aus einem anderen Artikel zitieren, und zwar aus „The Mineral Monad“ in „Five Years of Theosophy“, S. 273 ff:

„Es existieren sieben Reiche. Die erste Gruppe umfasst drei Klassen von Elementalen oder im Entstehen begriffene Kraftzentren – vom ersten Stadium der Differenzierung von (aus) Mulaprakriti (oder vielmehr Pradhana, ursprünglicher homogener Materie) an bis zu ihrem dritten Grad –, d. h. von vollständiger Unbewusstheit bis zur halbbewussten Wahrnehmung; die zweite oder höhere Gruppe umfasst die Reiche von den Pflanzen bis zum Menschen; das Mineralreich bildet somit den Zentral- oder Wendepunkt in den Abstufungen der „monadischen Essenz“, wenn sie als eine sich entfaltende Energie betrachtet wird. Drei Stufen (sub-physisch) auf der elementalen Seite; das Mineralreich; drei Stufen auf der objektiven physischen138 Seite – das sind die (ersten oder vorläufigen) sieben Glieder der Evolutionskette.“

Vorläufig“ heißen sie, weil sie vorbereitender Natur sind. Und obwohl sie tatsächlich der natürlichen Entwicklung angehören, würden sie korrekter als sub-natürliche Evolution bezeichnet. Dieser Prozess macht auf seiner dritten Stufe an der Schwelle zur vierten Halt, wenn er – auf der Ebene der natürlichen Evolution – zur ersten wirklich menschwärts gerichteten Stufe wird; mit den drei elementalen Reichen bildet er somit die Zehn, die sephirothische Zahl. An diesem Punkt beginnt:

„Ein Abstieg des Geistes in die Materie, dem ein Aufstieg in der physischen [SD # 177] Evolution entspricht; ein Wiederaufstieg aus den tiefsten Tiefen der Materialität (des Minerals) in Richtung auf den Status quo ante, mit einer entsprechenden Auflösung des konkreten Organismus – aufwärts zu Nirvana, dem Punkt, wo die differenzierte Materie verschwindet.“ („Five Years of Theosophy“, S. 276)

Nun ist also klar, warum das, was in Esoteric Buddhism treffend als „Evolutionswoge“ und als Mineral-, Pflanzen-, Tier- und Menschen-„Impuls“ bezeichnet wird, vor der Tür unseres Globus in seinem vierten Zyklus oder seiner vierten Runde zum Stillstand kommt. An diesem Punkt wird die kosmische Monade (Buddhi) mit dem atmanischen Strahl vermählt und zu seinem Vehikel; d. h. sie (Buddhi) erwacht und nimmt ihn (Atman) bewusst wahr. Sie betritt damit die erste Sprosse einer neuen siebenfältigen Evolutionsleiter, die sie schließlich zur zehnten (von der niedersten aufwärts gezählt) des sephirothischen Baumes führen wird – der Krone.

Alles im Universum folgt der Analogie. „Wie oben, so unten“; der Mensch ist der Mikrokosmos des Universums. Was auf der spirituellen Ebene stattfindet, wiederholt sich auf der kosmischen Ebene. Das Konkrete folgt der Spur des Abstrakten; dem Höchsten muss das Niederste entsprechen; das Materielle dem Spirituellen. Solcherart der sephirothischen Krone (oder der oberen Triade) entsprechend, existieren die drei dem mineralischen vorangehenden elementalen Reiche (siehe Diagramm auf S. 277 in „Five Years of Theosophy“). Diese entsprechen, um die Sprache der Kabbalisten zu gebrauchen, in der kosmischen Differenzierung den Welten der Form und Materie, vom Superspirituellen bis zum Archetypischen.

Was ist nun eine „Monade“? Und in welcher Beziehung steht sie zu einem Atom? Die folgende Antwort beruht auf den Erklärungen, die als Antwort auf diese Fragen in dem oben zitierten von der Verfasserin geschriebenen Artikel „Die mineralische Monade“ gegeben wurde.

Auf die zweite Frage wurde geantwortet: „In überhaupt keiner Beziehung zu einem Atom oder Molekül, wie es die Wissenschaft sich gegenwärtig vorstellt. Sie kann weder mit den mikroskopischen Organismen verglichen werden, die einst zu den polygastrischen Infusorien zählten und heute als pflanzlich betrachtet und unter die Algen klassifiziert werden; noch entspricht sie exakt der Monas der Peripatetiker. Physisch oder konstitutionell unterscheidet sich die mineralische Monade natürlich von der menschlichen Monade; sie ist weder physisch noch kann ihre Konstitution durch chemische Symbole und Elemente dargestellt werden.“ Kurz gesagt: Ebenso wie die spirituelle Monade eins, universal, grenzenlos und ungeteilt ist und ihre Strahlen nichtsdestoweniger das bilden, was wir in unserer Unwissenheit die „individuellen Monaden“ der Menschen nennen, [SD # 178] ist die mineralische Monade am gegenüberliegenden Punkt des Kreises ebenfalls eins, und aus ihr strömen die zahllosen physischen Atome hervor, welche die Wissenschaft als individualisiert zu betrachten beginnt.

Wie sonst könnte man den evolutionären und spiralförmigen Fortschritt der vier Reiche begründen und mathematisch erklären? Die „Monade“ ist die Verbindung der beiden letzten „Prinzipien“ des Menschen, des sechsten und siebten, und genau gesagt bezieht sich der Ausdruck „menschliche Monade“ nur auf die duale Seele (Atman-Buddhi) und nicht allein auf ihr spirituell höchstes, belebendes Prinzip, Atman. Von Letzterem (Atman) getrennt hat die spirituelle Seele jedoch keine selbständige Existenz, kein Sein, und deshalb wurde sie so benannt . . . . Nun unterscheidet sich die monadische oder vielmehr die kosmische Essenz (wenn ein solcher Ausdruck erlaubt ist) im Mineralischen, Pflanzlichen und Tierischen auf der Fortschrittsskala, wenngleich sie doch während sämtlicher Zyklenreihen dieselbe bleibt, vom niedersten Elementalen bis zum Devareich. Es wäre sehr irreführend, sich die Monade als eine getrennte Wesenheit vorzustellen, die sich langsamen Schrittes auf einem bestimmten Pfad durch die niederen Reiche dahinschleppt und nach unermesslich vielen Reihen von Transformationen zu einem menschlichen Wesen erblüht; kurz, dass die Monade eines Humboldt zurückgeht auf die Monade eines Hornblende-Atoms. Statt von einer „mineralischen Monade“ zu sprechen, wäre die korrektere Ausdrucksweise der jedes einzelne Atom differenzierenden Naturwissenschaft natürlich gewesen, sie wie folgt zu beschreiben: „Sich in der Form von Prakriti manifestierende Monade, die das Mineralreich genannt wird.“ Das Atom, wie es in der üblichen wissenschaftlichen Annahme dargestellt wird, ist nicht ein Teilchen von einem Etwas, das von einem psychischen Etwas belebt wird, mit der Bestimmung, nach Äonen als Mensch zu erblühen. Es ist vielmehr eine konkretisierte Manifestation der universalen Energie, die selbst noch nicht individualisiert wurde; eine aufeinanderfolgende Manifestation der einen Universalen Monas. Das Meer (der Materie) teilt sich nicht in seine potenziellen und es zusammensetzenden Tropfen, bevor nicht der Schwung des Lebensimpulses das Evolutionsstadium der Geburt des Menschen erreicht hat. Die Neigung zur Trennung in individuelle Monaden entsteht allmählich und wird in den höheren Tieren annähernd erreicht. Die Peripatetiker wendeten das Wort Monas auf den gesamten Kosmos an, im pantheistischen Sinn; und während die Okkultisten diesen Gedanken der Bequemlichkeit halber übernehmen, unterscheiden sie die fortschreitenden Stadien der Evolution des Konkreten aus dem Abstrakten mithilfe von Begriffen wie beispielsweise „mineralische, pflanzliche, animalische (und so weiter) Monade“. Der Ausdruck bedeutet lediglich, dass die Flutwelle der spirituellen Evolution diesen Bogen ihres Umlaufs durchläuft. Im Pflanzenreich beginnt die „monadische [SD # 179] Essenz“ unmerklich, sich in Richtung auf individuelles Bewusstsein zu differenzieren. Da die Monaden nicht zusammengesetzt sind, wie Leibniz richtig definierte, werden sie in ihren verschiedenen Differenzierungsgraden von der spirituellen Essenz belebt und genau genommen aus ihr gebildet – und nicht aus ihrer Ansammlung atomarer Teilchen, welche lediglich das von den niederen und höheren Graden der Intelligenz durchdrungene Vehikel und die Substanz darstellen.

Leibniz stellte sich die Monaden als elementare und unzerstörbare Einheiten vor, mit der Fähigkeit ausgestattet, anderen Einheiten zu geben und von ihnen zu empfangen und auf diese Weise sämtliche geistigen und physischen Phänomene zu bestimmen. Er war es, der den Ausdruck Apperzeption erfand, welcher zusammen mit den Nervenempfindungen (nicht mit der Wahrnehmung der Nerven, sondern vielmehr mit den Empfindungen) den monadischen Bewusstseinszustand durch all die Reiche bis hinauf zum Menschen bezeichnet.

So mag es im streng metaphysischen Sinn falsch sein, Atman-Buddhi als Monade zu bezeichnen, da sie vom materialistischen Standpunkt aus dual und daher zusammengesetzt ist. Da Materie jedoch Geist ist und vica versa; und da das Universum und die es beseelende Gottheit nicht getrennt voneinander vorstellbar sind, gilt dies auch für Atman-Buddhi. Da Letzteres das Vehikel von Ersterem ist, steht Buddhi im selben Verhältnis zu Atman wie Adam Kadmon, der kabbalistische Logos, zu Ain Soph oder Mulaprakriti zu Parabrahman.

Und jetzt noch einige Worte in Bezug auf den Mond.

Was sind, so mag gefragt werden, die „lunaren Monaden“, von denen eben die Rede war? Die Beschreibung der sieben Klassen der Pitris wird später folgen, aber jetzt können einige allgemeine Erklärungen gegeben werden. Es muss jedem klar sein, dass sie Monaden sind. Nachdem sie ihren Lebenszyklus auf der Mondkette beendet hatten, inkarnierten sie sich auf der über der Mondkette stehenden Erdkette. Aber es können noch einige weitere Einzelheiten hinzugefügt werden, obwohl sie zu nahe an verbotenes Gebiet angrenzen, als dass sie vollständig behandelt werden könnten. Das letzte Wort des Mysteriums wird ausschließlich Adepten enthüllt. Es kann aber festgestellt werden, dass unser Satellit nur der grobe Körper seiner unsichtbaren Prinzipien ist. Wenn wir dann verstehen, dass es sieben Erden gibt, so gibt es auch sieben Monde, von welchen nur der Letzte sichtbar ist. Dasselbe gilt für die Sonne, deren sichtbarer Körper eine Maya genannt wird, eine Reflexion, gerade so wie es der Körper des Menschen ist. „Die wirkliche Sonne und der wirkliche Mond sind ebenso unsichtbar wie der wirkliche Mensch“, sagt eine okkulte Maxime.

En passant mag auch angemerkt werden, dass nach alledem die Alten nicht so dumm gewesen sein können, da sie es ja waren, die die Idee der „sieben Monde“ als Erste in Umlauf brachten. Denn obwohl [SD # 180] diese Vorstellung heute lediglich in einer sehr materialisierten Form als astronomisches Zeitmaß betrachtet wird, können doch unter der Schale noch die Spuren einer tief philosophischen Idee gefunden werden.

In Wirklichkeit ist der Mond nur in einer Hinsicht ein Satellit der Erde, nämlich weil er sie physisch umkreist. Aber in jeder anderen Beziehung ist die Erde der Satellit des Mondes, und nicht vice versa. So verblüffend die Behauptung erscheinen mag, erhält sie doch auch von der Wissenschaft Unterstützung. Die Behauptung wird durch die Gezeiten und durch die mit den Mondphasen zusammenfallenden zyklischen Veränderungen bei vielen Krankheitsformen bewiesen; ihre Richtigkeit kann beim Wachstum der Pflanzen beobachtet werden, und sie ist bei der menschlichen Schwangerschaft und Empfängnis sehr offensichtlich. Sämtliche alten Religionen anerkannten die Bedeutung des Mondes und seinen Einfluss auf die Erde, insbesondere die jüdische; und dieser Einfluss wurde von vielen Beobachtern psychischer und physischer Phänomene registriert. Nach dem Kenntnisstand der Wissenschaft beschränkt sich der Einfluss der Erde auf den Mond jedoch auf die physikalische Anziehung, welche ihn in ihrer Umlaufbahn kreisen lässt. Sollte ein Gegner einwenden, diese Tatsache allein sei schon ein ausreichender Beweis dafür, dass der Mond wahrhaftig auch auf anderen Wirkungsebenen der Satellit der Erde sei, so kann man ihm mit der Frage antworten, ob eine ihr Kind hütende Mutter, die dabei die Wiege immer wieder umkreist, ihrem Kinde untergeordnet oder von ihm abhängig ist. Obwohl sie in einem Sinn sein Satellit ist, so ist sie doch sicherlich älter und vollständiger entwickelt als das von ihr behütete Kind.

Die größte und wichtigste Rolle sowohl bei der Bildung der Erde selbst als auch bei ihrer Besiedlung mit Menschen spielt also der Mond. Die „lunaren Monaden“ oder Pitris, die Vorfahren des Menschen, wurden in Wirklichkeit selbst zum Menschen. Sie sind die auf Globus A in den Evolutionskreislauf eintretenden „Monaden“, und, wie soeben gezeigt wurde, sie evolvieren die menschliche Form, indem sie die Kette der Planeten umlaufen. Am Beginn der menschlichen Stufe der vierten Runde dieses Globus „schwitzten“ sie aus den in dritten Runde evolvierten „affenähnlichen“ Formen ihre astralen Doppel „aus“. Und diese subtile, feinere Form dient als Modell, um welches herum die Natur den physischen Menschen aufbaut. Diese „Monaden“ oder „Göttlichen Funken“ sind somit die „lunaren“ Vorfahren, die Pitris selbst. Denn diese „lunaren Geister“ müssen zu „Menschen“ werden, damit ihre „Monaden“ eine höhere Ebene von Aktivität und Selbstbewusstsein erreichen können, d. h. die Ebene der Manasaputras, welche [SD # 181] die von den Pitris erschaffenen und beseelten „vernunftlosen“ Hüllen im letzten Teil der dritten Wurzelrasse mit einem „Denkvermögen“ ausstatten.

Sobald sich unsere eigenen Globen A, B, C, D und so weiter mit ihrer Lebensenergie aufgelöst und damit andere Layazentren ins Leben gerufen und beseelt haben werden, deren Bestimmung es ist, auf einer höheren Daseinsebene tätig zu sein und zu existieren, werden die „Monaden“ oder Egos der Menschen der siebten Runde dieser Erde, also die irdischen „Vorfahren“, auf dieselbe Weise jene erschaffen, die wiederum über ihnen stehen werden.

Es wird nunmehr klar, dass für die Bildung der drei periodischen Upadhis in der Natur ein dreifältiges evolutionäres Schema existiert; oder vielmehr drei verschiedene Evolutionsmuster, die in unserem System überall unentwirrbar miteinander verwoben und vermengt sind. Dabei handelt es sich um die monadische (oder spirituelle), die intellektuelle und die physische Evolution. Diese drei stellen auf dem Feld der kosmischen Illusion die endlichen Aspekte oder die Reflexionen Atmans dar, des siebten, der einen Wirklichkeit.

1. Wie der Name impliziert, betrifft die monadische Evolution das Wachstum und die Entwicklung der Monade zu noch höheren Tätigkeitsphasen in Verbindung mit:

2. der intellektuellen Evolution, repräsentiert durch die Manasa-Dhyanis, (die solaren Devas oder die Agnishwatta Pitris), die „Geber von Intelligenz und Bewusstsein“139 für den Menschen, und

3. der physischen Evolution, repräsentiert durch die Chhayas der lunaren Pitris, um welche die Natur den gegenwärtigen physischen Körper verdichtet hat. Dieser Körper dient als das Vehikel für das „Wachstum“ (um ein irreführendes Wort zu gebrauchen) und die Transformationen durch Manas und – im Hinblick auf das Sammeln von Erfahrungen – des Endlichen in das Unendliche, des Vergänglichen in das Ewige und Absolute.

Jedes dieser drei Evolutionssysteme hat seine eigenen Gesetze und wird von verschiedenen Gruppen der höchsten Dhyanis oder „Logoi“ regiert und geleitet. Jedes ist in der Konstitution des Menschen repräsentiert, dem Mikrokosmos des großen Makrokosmos; und es ist die Vereinigung dieser drei Ströme in ihm, was ihn zu dem komplexen Wesen macht, das er jetzt ist.

Die „Natur“, die physische evolutionäre Kraft, könnte ohne Unterstützung niemals selbst Intelligenz entwickeln – sie kann lediglich „vernunftlose Formen“ erschaffen, wie in unserer „Anthropogenesis“ zu sehen sein wird. Die „lunaren Monaden“ können nicht vorwärtsschreiten, denn sie haben bislang noch nicht ausreichend Berührung mit den von der [SD # 182] „Natur“ erschaffenen Formen gehabt, um mit ihrer Hilfe Erfahrungen sammeln zu können. Es sind die Manasa-Dhyanis, welche die Kluft ausfüllen, und sie repräsentieren die evolutionäre Kraft der Intelligenz und das Gemüt, das Bindeglied zwischen „Geist“ und „Materie“ – in dieser Runde.

Man muss sich auch vor Augen halten, dass die in den evolutionären Zyklus auf Globus A eintretenden Monaden sich in der ersten Runde in einem ganz anderen Entwicklungsstadium befinden. Dadurch wird die Angelegenheit noch komplizierter. . . . Wir fassen kurz zusammen.

Die am höchsten entwickelten Monaden (die lunaren) erreichen das menschliche Keimstadium in der ersten Runde; sie werden gegen Ende der dritten Runde zu irdischen, wenn auch noch sehr etherischen Menschen, bleiben während der „Verdunklung“ als Samen der zukünftigen Menschheit der vierten Runde auf ihm (dem Globus) und werden auf diese Weise am Anfang dieser vierten Runde zu ihren Pionieren. Andere erreichen die menschliche Stufe erst in späteren Runden, nämlich in der zweiten, dritten oder in der ersten Hälfte der vierten Runde. Und schließlich werden jene, die am spätesten eintreffen, d. h. die nach dem mittleren Wendepunkt der vierten Runde noch tierische Formen bewohnen, während des gegenwärtigen Manvantaras gar nicht mehr zu Menschen. Sie werden erst am Schluss der siebten Runde die Grenze zur Menschheit erreichen, um ihrerseits nach dem Pralaya in eine neue Kette eingeführt zu werden – von älteren Pionieren, den Vorfahren der Menschheit oder der Samenmenschheit (Sishta) – nämlich von den Menschen, die am Ende dieser Runden an der Spitze aller stehen werden.

Der Schüler wird kaum weitere Erklärungen über die Rolle des vierten Globus und die vierte Runde im Evolutionsschema brauchen.

Aus den vorhergehenden Diagrammen, die mutatis mutandis auf Runden, Globen und Rassen anwendbar sind, ist zu erkennen, dass das vierte Glied einer Reihe eine einzigartige Stellung einnimmt. Im Gegensatz zu den übrigen, hat der vierte Globus auf derselben Ebene keine „Schwester“ neben sich und bildet somit den Drehpunkt der „Waage“, welche durch die gesamte Kette symbolisiert wird. Er ist die Sphäre der letzten evolutionären Anpassungen, die Welt der karmischen Waagschale, die Halle der Gerechtigkeit, wo Bilanz gezogen und die zukünftige Laufbahn der Monade während des Rests ihrer Inkarnationen in diesem Zyklus bestimmt wird. Und daher kommt es, dass nach der Überschreitung dieses mittleren Wendepunkts in dem großen Zyklus – d. h. nach dem Mittelpunkt der vierten Rasse in der vierten Runde auf unserem Globus – keine Monaden mehr in das Menschenreich eintreten können. Das Tor ist für diesen Zyklus geschlossen und die Bilanz gezogen. Denn wäre es anders – wäre [SD # 183] für jeden der zahllosen Milliarden verstorbener Menschen eine neue Seele erschaffen worden und hätte es keine Reinkarnation gegeben –, würde es in der Tat schwierig, für die entkörperten „Geister“ Raum zu schaffen; auch könnten der Ursprung und die Ursache des Leidens niemals erklärt werden. Die Unkenntnis der okkulten Lehren und die Durchsetzung falscher Vorstellungen unter der Maske religiöser Erziehung brachten den Materialismus und den Atheismus als Protest gegen die erklärte Göttliche Ordnung der Dinge hervor.

Die einzige Ausnahme dieser soeben dargestellten Regel stellen die „stummen Rassen“ dar, deren Monaden sich bereits auf der menschlichen Stufe befinden, da diese „Tiere“ später kamen als der Mensch und sogar halb von ihm abstammen. Ihre letzten Abkömmlinge sind die Anthropoiden und andere Affen. Diese „menschlichen Abbilder“ sind in Wahrheit lediglich verzerrte Kopien der frühen Menschheit. Doch dem wird im folgenden Band volle Aufmerksamkeit zuteil werden.

In groben Umrissen sagt der Kommentar:

1. „In seinen Bemühungen nach Selbstformung streben alle Formen auf der Erde und jedes Stäubchen (Atom) im Raum danach, dem ihnen als Muster vorliegenden ‘Himmlischen Menschen’ zu folgen. . . . Seine (des Atoms) Involution und Evolution, sein äußeres und inneres Wachstum und seine Entwicklung haben alle ein und dasselbe Ziel – den Menschen; den Menschen als die höchste physische und letzte Form auf dieser Erde; die Monade in ihrer absoluten Totalität und im erwachten Zustand – als den Gipfelpunkt der göttlichen Inkarnationen auf der Erde.“

2. „Die Dhyanis (Pitris) sind jene, die ihre Bhutas (Doppel) aus sich selbst heraus entwickelt haben, deren Rupa (Form) das Vehikel der Monaden (siebtes und sechstes Prinzip) geworden ist, welche ihren Transmigrationszyklus in den drei vorhergehenden Kalpas (Runden) vollendet hatten. Dann wurden sie (die astralen Doppel) die Menschen der ersten menschlichen Rasse der Runde. Aber sie waren nicht vollkommen und ohne Vernunft.“

Das wird in den nachfolgenden Bänden erklärt werden. Inzwischen existierte der Mensch – oder vielmehr seine Monade – seit dem ersten Anfang dieser Runde auf dieser Erde. Bis hinauf zu unserer eigenen fünften Rasse veränderten und verdichteten sich jedoch die äußeren Formen, welche die göttlichen, astralen Doppel in jeder Unterrasse umhüllten; parallel dazu veränderte sich die Form und die physische Struktur der Fauna, um sich den ständig wechselnden Lebensbedingungen auf diesem Globus während der geologischen Perioden ihres formbildenden Zyklus anzupassen. Und so werden sie fortfahren, sich mit jeder [SD # 184] Wurzelrasse und jeder Haupt-Unterrasse bis herab zur letzten, der siebten in dieser Runde, zu modifizieren.

3. „Der innere, jetzt verborgene Mensch war damals (in den Anfängen) der äußere Mensch. Als Nachkomme der Dhyanis (Pitris) war er ‘der Sohn, der seinem Vater gleicht’. Wie der Lotus, dessen äußere Gestalt stufenweise die Form des in ihm befindlichen Modells annimmt, entwickelte sich am Anfang die Form des Menschen von innen nach außen. Nachdem der Mensch begonnen hatte, sich auf dieselbe Weise wie das gegenwärtige Tierreich fortzupflanzen, kehrte sich das um. Der menschliche Fötus durchläuft jetzt in seinen Umwandlungen sämtliche vom physischen Gerüst des Menschen im Verlauf der drei Kalpas (Runden) angenommenen Formen, welche in den schrittweisen Bemühungen entstanden, aus vernunftloser, weil unvollkommener, blind umherwandernder Materie eine plastische Gestalt um die Monade herum zu entwickeln. Im gegenwärtigen Zeitalter ist der physische Embryo eine Pflanze, ein Reptil und ein Tier, bevor er schließlich zum Menschen wird, der seinerseits in sich sein eigenes etherisches Gegenstück entwickelt. Am Anfang war es dieses Gegenstück (der Astralmensch), das sich, weil es vernunftlos war, in die Maschen der Materie verstrickte.“

Aber dieser „Mensch“ gehört zur vierten Runde. Wie gezeigt wurde, hatte die Monade während der drei vorangegangenen Runden sämtliche Übergangsformen aller Naturreiche durchlaufen, war durch sie hindurchgegangen und in sie eingesperrt. Aber die menschlich werdende Monade ist nicht der Mensch. In dieser Runde werden aus keinem der Reiche irgendwelche Einheiten mehr von Monaden beseelt, deren Bestimmung es ist, in ihrem nächsten Stadium menschlich zu werden, dies geschieht nur noch durch niedere Elementale ihrer entsprechenden Reiche – mit Ausnahme der höchsten dem Menschen nachfolgenden Säugetiere; die Anthropoiden sind dazu bestimmt, in unserer gegenwärtigen Rasse auszusterben, wenn ihre Monaden befreit werden und in die astralen menschlichen Formen (oder die höchsten Elementale) der sechsten140 und siebten Rassen übergehen und dann, in der fünften Runde, in die niedersten menschlichen Formen.141

Die letzte menschliche Monade inkarnierte vor dem Beginn [SD # 185] der 5. Wurzel­rasse.142 Der Zyklus der Metempsychose ist für die menschliche Monade geschlossen, denn wir befinden uns in der vierten Runde und der fünften Wurzelrasse. Der Leser muss berücksichtigen – wenigsten wenn er mit „Esoteric Buddhism“ vertraut ist –, dass die in diesem Band und die in Band II folgenden Stanzen nur von der Evolution in unserer vierten Runde handeln. Letztere ist der Zyklus des Wendepunktes, nach dem die sich [SD # 186] in ihren tiefsten Tiefen befindende Materie aufwärts zu streben beginnt, um mit jeder neuen Rasse und mit jedem frischen Zyklus spiritualisiert zu werden. Der Schüler muss sich also davor hüten, einen Widerspruch zu sehen, wo keiner ist, denn in „Esoteric Buddhism“ wird von Runden im Allgemeinen gesprochen, während hier nur die vierte oder unsere gegenwärtige Runde gemeint ist. Früher handelte es sich um die Formbildung; jetzt geht es um Neugestaltung und evolutionäre Vollendung.

Zum Schluss müssen wir uns, um dieses Kapitel bezüglich verschiedener unvermeidbarer Missverständnisse zum Abschluss zu bringen, auf eine Behauptung in „Esoteric Buddhism“ zu sprechen kommen, die einen sehr verhängnisvollen Eindruck auf das Denken vieler Theosophen hinterlassen hat. Ein einziger unglücklicher Satz aus dem eben erwähnten Werk wird beständig vorgebracht, um den Materialismus der Lehre zu beweisen. Der Verfasser sagt auf Seite 48 der 5. Auflage in Bezug auf den Fortschritt der Organismen auf den Globen, dass „das Mineralreich genauso wenig das Pflanzenreich entwickeln wird . . . wie die Erde fähig war, den Menschen aus den Affen zu entwickeln, bis sie einen Impuls empfing“.

Ob dieser Satz die Überzeugung des Verfassers buchstäblich wiedergibt oder lediglich (wie wir glauben) ein lapsus calami ist, mag eine offene Frage bleiben.

Mit Verwunderung haben wir die Tatsache registriert, dass „Esoteric Buddhism“ von einigen Theosophen so wenig verstanden wurde, dass sie durch das Buch zu dem Glauben verführt wurden, es unterstütze die darwinistische Evolutionslehre und insbesondere die Theorie der Abstammung des Menschen von einem affenähnlichen Ahnen. So schreibt ein Mitglied: „Ich vermute, Sie sind sich dessen bewusst, dass drei Viertel der Theosophen und selbst Außenstehende die Vorstellung hegen, dass – soweit es die Evolution des Menschen betrifft – Darwinismus und Theosophie vollkommen übereinstimmen.“ Nichts dergleichen ist der Fall, noch gibt es nach unserem Dafürhalten irgendeine Rechtfertigung dafür in „Esoteric Buddhism“. Es wurde wiederholt erklärt, dass die Evolution, wie sie von Manu und Kapila gelehrt wurde, die Grundlage der modernen Lehren war; weder Okkultismus noch Theosophie haben jedoch jemals die wilden Theorien der heutigen Darwinisten unterstützt – am allerwenigsten die Abstammung des Menschen vom Affen. Hierüber später mehr. Aber man muss nur Seite 32 der 5. Auflage von „Esoteric Buddhism“ aufschlagen, um dort die Erklärung zu finden, dass „der Mensch einem Reich angehört, das vom Tierreich klar getrennt ist“. Es ist sehr sonderbar, dass sich, mit einer so klaren und unzweideutigen Feststellung vor Augen, überhaupt irgendein aufmerksamer Schüler hätte irreführen lassen können, hätte er nicht darauf gewartet, den Verfasser eines groben Widerspruchs beschuldigen zu können.

[SD # 187] Jede Runde wiederholt das Evolutionswerk der vorangegangenen Runde auf einer höheren Stufe. Mit Ausnahme einiger höherer Anthropoiden, wie eben erwähnt, ist das Einströmen der Monaden oder die innere Evolution bis zum nächsten Manvantara abgeschlossen. Es kann nicht oft genug wiederholt werden, dass die voll erblühten menschlichen Monaden zuerst abgetreten sein müssen, bevor zu Beginn des nächsten Zyklus die neue Ernte von Kandidaten auf diesem Globus erscheint. Somit gibt es eine Ruhepause. Das ist der Grund, warum der Mensch in der vierten Runde vor allen Tierschöpfungen auf der Erde erscheint, wie noch beschrieben werden wird.

Aber es wird immer noch darauf gepocht, der Verfasser von „Esoteric Buddhism“ habe die ganze Zeit „Darwinismus gepredigt“. Gewisse Stellen scheinen diesen Rückschluss zweifellos zu unterstützen. Außerdem sind die Okkultisten selbst bereit, der darwinistischen Hypothese in Teilen Recht zu geben: in späteren Einzelheiten, in Nebengesetzen der Evolution und nach der Halbzeit der vierten Rasse. Von dem, was stattgefunden hat, kann die Naturwissenschaft tatsächlich gar nichts wissen, denn solche Dinge liegen gänzlich außerhalb ihres Untersuchungsbereichs. Doch die Okkultisten haben niemals anerkannt, noch werden sie es jemals tun, dass der Mensch in der gegenwärtigen oder irgendeiner anderen Runde ein Affe war; oder dass er jemals trotz aller möglichen „Affenähnlichkeit“ einer gewesen sein könnte. Das wird von genau derselben Autorität verbürgt, von welcher der Verfasser von „Esoteric Buddhism“ seine Informationen erhielt.

Nun zu jenen, welche die Okkultisten mit folgenden Zeilen aus dem oben genannten Buch konfrontieren: „Es genügt zu zeigen, dass wir aus gutem Grund einen Lebensimpuls, der die mineralische Lebensform hervorbringt, mit einem Impuls, der eine Rasse von Affen zu einer Rasse rudimentärer Menschen anhebt“, vergleichen können – und müssen, wenn wir überhaupt über diese Dinge reden wollen. Wer dieses Zitat als ein Anzeichen von „entschiedenem Darwinismus“ vorbringt, bekommt als Antwort der Okkultisten einen Hinweis auf die Erklärung des Meisters (Herrn Sinnetts „Lehrer“), welche im Widerspruch zu diesen Zeilen stünde, wären sie in dem ihnen unterstellten Sinn verfasst worden. Vor zwei Jahren (1886) erhielt die Schreiberin zusammen mit anderen Briefen eine mit zusätzlichen Randbemerkungen versehene Kopie dieses Schreibens, um daraus in der „Geheimlehre“ zitieren zu können. Der Brief beginnt mit einer Betrachtung der Schwierigkeiten, welchen sich der westliche Schüler gegenüber sieht, wenn er einige früher mitgeteilte Tatsachen mit der Evolution des Menschen aus den tierischen, d. h. aus den mineralischen, pflanzlichen und tierischen Reichen in Übereinstimmung zu bringen versucht. Er rät dem Schüler, sich an die Lehre der Analogie und der Entsprechungen zu halten. Dann berührt er das Mysterium der Devas und selbst das der Götter, [SD # 188] die Zustände durchschreiten müssen, die nach Übereinkunft als „Inmetallisierung, Inbotanisierung, Inzoologisierung und endlich Inkarnation“ bezeichnet wurden; und er erklärt das, indem er auf die Notwendigkeit des Scheiterns selbst in den etherischen Rassen der Dhyan Chohans hinweist. Diesbezüglich sagt er:

„Dennoch sind diese ‘Scheiternden’ zu weit fortgeschritten und spiritualisiert, um gewaltsam aus der Dhyan Chohanschaft in den Wirbel einer erneuten ursprünglichen Evolution durch die niederen Reiche zurückgeworfen zu werden. . . . .“ Danach wird lediglich eine Andeutung auf das in der Allegorie der gefallenen Asuras enthaltene Mysterium gemacht, das in Band II weiter ausgeführt und erklärt werden wird. Wenn Karma sie im Stadium der menschlichen Evolution erfasst, „werden sie es aus der bitteren Schale der Vergeltung bis auf den letzten Tropfen austrinken müssen. Danach werden sie zu einer aktiven Kraft und vermischen sich mit den Elementalen, den fortgeschrittenen Wesenheiten des rein tierischen Reiches, um nach und nach den vollständigen Menschentypus zu entwickeln.“

Diese Dhyan Chohans, wie wir sehen, gehen nicht durch die drei Reiche, wie es die niederen Pitris tun; vor der dritten Wurzelrasse inkarnieren sie sich auch nicht im Menschen. Die Lehre lautet folgendermaßen:

„In der ersten Runde und der ersten Rasse auf Globus D, unserer Erde, war der Mensch ein etherisches Wesen (ein lunarer Dhyani, als Mensch), nicht mit Intelligenz begabt, aber superspirituell; und dem Gesetz der Analogie folgend, galt das auch für die erste Rasse der vierten Runde. In jeder der folgenden Rassen und Unterrassen . . . wird er mehr und mehr zu einem umhüllten oder inkarnierten Wesen, ist aber vorwiegend noch etherisch . . . Er ist geschlechtslos und entwickelt, den Tieren und Pflanzen gleich, ungeheure, der gröberen Umgebung entsprechende Körper.

II. Runde. Er (der Mensch) ist immer noch gigantisch und etherisch, aber sein Körper wird fester und verdichteter – ein körperlicherer Mensch. Aber noch immer weniger intelligent als spirituell (1), denn die Evolution des Verstandes geht langsamer vonstatten und ist schwieriger als die der physischen Gestalt . . .

III. Runde. Er hat jetzt einen vollkommen verdichteten oder kompakten Körper, zunächst in der Form eines riesigen Affen, und ist jetzt intelligenter oder vielmehr schlauer als spirituell. Denn er hat jetzt auf dem abwärtsführenden Bogen einen Punkt erreicht, an dem seine ursprüngliche Spiritualität von der auftauchenden Verstandestätigkeit verdunkelt und überschattet wird (2). In der letzten Hälfte der dritten Runde verkleinert sich seine riesenhafte Gestalt, das Gewebe seines Körpers wird vollkommener, und er wird ein vernunftbegabteres Wesen, obwohl immer noch mehr Affe als [SD # 189] Deva. . . . (Das Ganze wiederholt sich fast identisch in der dritten Wurzelrasse der vierten Runde).

IV. Runde. Der Intellekt macht eine enorme Entwicklung in dieser Runde. Auf diesem Globus erlangen die (bisher) stummen Rassen unsere (gegenwärtige) menschliche Sprache, und von der vierten Rasse an wird die Sprache vervollkommnet, und das Wissen nimmt zu. An diesem Punkt, auf halbem Weg in der vierten Runde (wie der vierten oder atlantischen Rasse) überschreitet die Menschheit den Wendepunkt des kleineren manvantarischen Zyklus . . . . die Welt ist erfüllt von den Ergebnissen intellektueller Aktivität und der Abnahme der Spiritualität . . . .

Das stammt aus dem authentischen Brief. Was folgt, sind die späteren Bemerkungen und zusätzlichen Erklärungen, von derselben Hand als Fußnoten angefügt.

(1.) „. . . Der Originalbrief enthielt die generelle Lehre – einen ‘Blick aus der Vogelperspektive’ – keine Einzelheiten. . . . Von einem ‘physischen Menschen’ zu sprechen und die Aussage dabei auf die anfänglichen Runden zu beschränken hieße zu den wundersamen und unmittelbaren ‘Röcken aus Fellen’ zurückzukehren. . . . Die erste ‘Natur’, der erste ‘Körper’, das erste ‘Gemüt’ auf der ersten Wahrnehmungsebene, auf dem ersten Globus in der ersten Runde – das war gemeint. Denn Karma und Evolution haben –

‘. . . in unserer Form solch nicht vertraute Extreme vereinigt!
Aus verschiedenen Naturen143 wunderbar gemischt . . .’

(2.) „Fügen Sie hinzu: Er hat jetzt den Punkt erreicht (gemäß der Analogie und als die dritte Wurzelrasse in der vierten Runde), an welchem sich seine (des „Engels“menschen) ursprüngliche Spiritualität verdunkelt und überschattet wird von der auftauchenden menschlichen Verstandestätigkeit, und Sie haben die richtige Version in Kurzform . . .“

Das sind die Worte des Lehrers – Text, Worte und Sätze in Klammern und erklärende Fußnoten. Es ist einleuchtend, dass Worte wie „Objektivität“ und „Subjektivität“, „Materialität“ und „Spiritualität“ eine ganz unterschiedliche Bedeutung annehmen müssen, wenn sie auf unterschiedliche Ebenen des Daseins und der Wahrnehmung angewendet werden. Dies alles muss in seinem relativen Sinn verstanden werden. Und es verwundert daher kaum, dass ein in diesen schwer verständlichen Lehren vollkommen unerfahrener und seinen eigenen Spekulationen überlassener Autor – wie lernbegierig er auch immer gewesen sein mag –, [SD # 190] einem Irrtum verfallen war. Weder war der Unterschied zwischen den „Runden“ und „Rassen“ in den bis dahin erhaltenen Briefen ausreichend ausgeführt, noch war irgendetwas dieser Art jemals vorher verlangt worden, da der gewöhnliche östliche Schüler den Unterschied zwischen den beiden Begriffen augenblicklich bemerkt hätte. Um aus einem Brief des Meisters (188-) zu zitieren, „wurden die Lehren unter Protest mitgeteilt. . . . Sie waren sozusagen geschmuggelte Güter . . . und als ich nur noch mit einem der beiden Korrespondenten persönlich korrespondierte, hatte der andere Herr ––––– bereits alle Karten derart durcheinander geworfen, dass kaum mehr etwas gesagt werden konnte, ohne das Gesetz zu übertreten“. Die „betroffenen“ Theosophen werden verstehen, was gemeint ist.

Um all das zusammenzufassen: Nichts von dem in den „Briefen“ Gesagten könnte die Aussage rechtfertigen, dass die okkulte Lehre jemals die absurde moderne Theorie von der Abstammung des Menschen und des Affen von einem gemeinsamen Vorfahren, einem Menschenaffen der eigentlichen Tierart, gelehrt oder irgendein Adept daran geglaubt hätte, ausgenommen metaphorisch. Bis zum heutigen Tag ist die Welt eher mit „affenartigen Menschen“ angefüllt als die Wälder von „menschenartigen Affen“. Der Affe ist in Indien heilig, weil sein Ursprung, obwohl unter einem dichten Schleier der Allegorie verborgen liegend, den Initiierten wohl bekannt ist. Hanuman ist der von Anjana, einem Ungeheuer mit Namen Kesarî, geborene Sohn des Pavana (Vayu, der „Gott des Windes“), obwohl seine Genealogie unterschiedlich angegeben wird. Der Leser, der sich das vor Augen hält, wird in Band II die ganze Erklärung dieser genialen Allegorie passim finden. Die „Menschen“ der dritten Rasse (die sich trennten) waren dank ihrer Spiritualität und Reinheit „Götter“ und entbehrten bis dahin den Verstand und waren noch vernunftloser als die Menschen.

Diese „Menschen“ der dritten Rasse – die Vorfahren der Atlantier – waren genauso affenartige, intellektuell vernunftlose Riesen wie die Wesen, welche die Menschheit in der dritten Runde repräsentierten. Sie waren eben diese „Menschen“ der dritten Rasse, welche in ihrer moralischen Unverantwortlichkeit durch promiskuitive Beziehungen mit den unter ihnen stehenden Tierarten dieses fehlende Glied schufen, das Zeitalter später (erst in der Tertiärperiode) zum entfernten Ahnen des wirklichen Affen wurde, wie wir ihn heute in der Familie der Pithekoiden finden.144

[SD # 191] Somit verkündeten die früheren Lehren, wie unbefriedigend, unbestimmt und bruchstückhaft auch immer, doch nicht die Evolution des „Menschen“ aus dem „Affen“. Auch behauptet der Verfasser von „Esoteric Buddhism“ das nirgends in seinem viele Worte enthaltenden Werk; aber infolge seiner Vorliebe für moderne Wissenschaft bedient er sich einer Sprache, die vielleicht eine solche Schlussfolgerung rechtfertigen mag. Der der vierten, atlantischen Rasse vorangehende Mensch war, so sehr er auch körperlich einem „gigantischen Affen“ geglichen haben mag, „ein Imitat des Menschen ohne die Lebensweise desselben“ – und doch ein denkender und bereits sprechender Mensch. Die „Lemuro-Atlantier“ waren eine hoch zivilisierte Rasse, und wenn man die Tradition gelten lässt, die geschichtlich zuverlässiger ist als die sich heute unter diesem Namen im Umlauf befindende spekulative Fiktion, stand er höher als wir heutzutage mit all unseren Wissenschaften und der heutigen degradierten Zivilisation. Das gilt auf jeden Fall für die Lemuro-Atlantier am Ende der dritten Rasse.

Und jetzt können wir zu den Stanzen zurückkehren.

STANZE VI – Fortsetzung

5. In der Vierten (Runde oder Umlauf des Lebens und Seins entlang „der sieben kleineren Räder“) (a) wird den Söhnen befohlen, ihre Ebenbilder zu erschaffen. Ein Drittel weigert sich – zwei (Drittel) gehorchen.

Die volle Bedeutung dieses Shlokas kann erst nach der Lektüre der detaillierten zusätzlichen Erklärungen in der „Anthropogenesis“ und ihrer Kommentare in Band II erfasst werden. Zwischen diesem und dem 4. Shloka in eben dieser Stanze erstrecken sich lange Zeitalter; und dort erstrahlt nun die Dämmerung und der Sonnenaufgang eines neuen Zeitalters. Das auf unserem Planeten inszenierte Drama steht am Anfang seines vierten Aktes. Aber um das ganze Stück klarer zu verstehen, wird sich der Leser zurückwenden müssen, bevor er weiter vorwärts schreiten kann. Denn dieser Vers gehört der in den archaischen Bänden gegebenen allgemeinen Kosmogonie an, während Band II einen ins Detail gehenden Bericht über die „Schöpfung“ oder vielmehr die Entstehung der ersten Menschen geben wird, von der zweiten und dann von der dritten Menschheit gefolgt; oder „die erste, zweite und die dritte Wurzelrasse“, wie sie genannt werden. Wie die feste Erde ihr Dasein als Kugel aus flüssigem Feuer, aus feurigem Staub und ihrem protoplasmischen Phantom begann, so begann auch der Mensch.

[SD # 192] (a) Was unter der Bezeichnung die „Vierte“ zu verstehen ist, kann lediglich auf der Grundlage der Kommentare als die „vierte Runde“ erklärt werden. Sie kann aber ebenso gut wie die „vierte Runde“ auch die vierte „Ewigkeit“ meinen, oder selbst den (unseren) vierten Globus. Denn sie ist, wie wiederholt gezeigt werden wird, die vierte Sphäre auf der vierten oder niedersten Ebene des materiellen Lebens. Und so geschieht es, dass wir uns in der vierten Runde befinden, an deren Mittelpunkt sich das vollkommene Gleichgewicht zwischen Geist und Materie einstellen musste.145 Der Kommentar erklärt den Vers wie folgt:

„Die heiligen Jünglinge (die Götter) weigerten sich, sich zu vermehren und Gattungen nach ihrem Vorbild, nach ihrer Art, zu erschaffen. Sie sind keine geeigneten Formen (Rupas) für uns. Sie müssen wachsen. Sie weigern sich, in die Chhayas (Schatten oder Ebenbilder) der unter ihnen Stehenden einzugehen. So herrschten selbstsüchtige Empfindungen von Anfang an vor, selbst unter den Göttern, und sie gerieten in das Blickfeld der karmischen Lipika.“

In späteren Geburten mussten sie dafür leiden. In Band II wird zu sehen sein, wie die Strafe die Götter erreichte.

5. Der Fluch ist ausgesprochen (a): Sie werden in der Vierten (Rasse) geboren werden, leiden und Leiden verursachen (b). Das ist der erste Krieg (c).

(a) Es ist eine universale Überlieferung, dass die Fortpflanzung der Arten, seien sie menschlich oder tierisch, bis zum physiologischen „Fall“ durch einen Willensakt der Schöpfer oder ihrer Nachkommen erfolgte. Das war der Fall des Geistes in die Zeugung und nicht der Fall des sterblichen Menschen. Um zu wiederholen: Um zu einem selbstbewussten Geist zu werden, muss Letzterer jeden Daseinszyklus durchlaufen, um auf der Erde seinen höchsten Punkt im Menschen zu erreichen. [SD # 193] Per se ist Geist eine unbewusste, negative Abstraktion. Seine Reinheit wohnt ihm inne und ist nicht durch Verdienst erworben; um zum höchsten Dhyan Chohan zu werden, ist es daher – wie bereits gezeigt wurde – für jedes Ego notwendig, als Mensch volles ­Selbstbewusst­sein zu erlangen, d. h. bewusstes Sein, das für uns im Menschen synthetisiert wird. Mit ihrem Argument, dass ein Geist solange nicht zur göttlichen Hierarchie gehören könne wie Ruach (Geist) nicht mit Nephesch (lebende Seele) vereinigt wurde, geben die jüdischen Kabbalisten lediglich die östlichen esoterischen Lehren wieder. „Ein Dhyani muss ein Atman-Buddhi sein; sobald Buddhi-Manas von seinem unsterblichen Atman losbricht, dessen Vehikel es (Buddhi) ist, geht Atman in Nichtsein über, was absolutes Sein ist.“ Das bedeutet, der rein nirvanische Zustand stellt einen Durchgang des Geistes dar, welcher zur idealen Abstraktion der Sein-heit zurückführt, die keine Beziehung zu der Ebene hat, auf der unser Universum seinen Zyklus vollbringt.

(b) „Der Fluch ist ausgesprochen“ bedeutet in diesem Fall nicht, dass irgendein persönliches Wesen, ein Gott oder ein höherer Geist ihn aussprach, sondern lediglich, dass die Ursache erzeugt worden war, die nur schlechte Wirkungen hervorbringen konnte, und dass diese Wirkungen einer karmischen Ursache die „Wesen“, welche die Gesetze der Natur brachen und so deren rechtmäßigen Fortschritt verhinderten, nur zu schlechten Inkarnationen führen konnten und somit zu Leid.

(c) „Es gab viele Kämpfe“: Das weist auf verschiedene geistige, kosmische und astronomische Abstimmungskämpfe hin, aber hauptsächlich auf das Mysterium der Evolution des Menschen, wie er jetzt ist. Die Kräfte – reine Essenzen –, „die angewiesen wurden zu erschaffen“: Dieser Satz bezieht sich auf ein Mysterium, das, wie bereits gesagt, anderweitig erklärt werden wird. Es handelt sich dabei nicht nur um eines der verborgensten Geheimnisse der Natur – nämlich um das der Zeugung, um dessen Lösung sich die Embryologen vergebens bemüht haben –, sondern zugleich um eine göttliche Funktion, welche das andere religiöse oder richtiger gesagt dogmatische Mysterium betrifft, den sogenannten „Fall“ der Engel. Würde die Bedeutung der Allegorie erklärt, lieferten Satan und seine rebellische Schar damit den Beweis, dass sie sich nur deshalb weigerten, den physischen Menschen zu erschaffen, damit sie die unmittelbaren Heilande und Schöpfer des „göttlichen Menschen“ werden konnten. Die symbolische Lehre ist mehr als mystisch und religiös, sie ist rein wissenschaftlich, wie später zu sehen sein wird. Denn anstatt lediglich ein blind funktionierendes, von dem unergründlichen Gesetz getriebenes und geleitetes Medium zu bleiben, beanspruchte und erzwang der „rebellische“ Engel sein Recht auf unabhängiges Urteilsvermögen und Willen, [SD # 194] sein Recht auf Entscheidungsfreiheit und Verantwortlichkeit, da Mensch und Engel gleichermaßen dem karmischen Gesetz unterstehen.146

„Und es entstand ein Kampf in dem Himmel. . . . Michael und seine Engel kämpften mit dem Drachen. Und der Drache kämpfte und seine Engel; und sie siegten nicht ob, auch wurde ihre Stätte nicht mehr in dem Himmel gefunden. Und es wurde geworfen der große Drache, die alte Schlange, welcher Teufel und Satan genannt wird, der den ganzen Erdkreis verführt.“

Die kabbalistische Version derselben Geschichte findet sich im Codex Nazaräus, der heiligen Schrift der Nazarener, der wirklich mystischen Christen Johannes des Täufers und der Christos-Initiierten. Bahak Zivo, dem „Vater der Genien“, wird aufgetragen, Geschöpfe zu erschaffen (zu schöpfen). Da er aber „den Orkus nicht kennt“, misslingt ihm das, und er ruft Fetahil, einen noch reineren Geist, zu Hilfe, dem es noch mehr misslingt. Das ist eine Wiederholung des Fehlers der „Väter“, der Herren des Lichts, die einer nach dem anderen versagen (Band II, Shloka 17).

Wir wollen jetzt aus unseren früheren Bänden zitieren:

„Dann tritt der Geist147 (der Erde, wie er genannt wird, oder der Seele, Psyche, welche der Hl. Jakob ‘teuflisch’ nennt) auf die Bühne der Schöpfung, der niedere Teil der Anima Mundi oder des Astrallichts (siehe den Schluss dieses Shlokas). Bei den Nazarenern und den Gnostikern war dieser Geist [SD # 195] weiblich. Als der weibliche Geist der Erde sah, dass für Fetahil148, den neuesten Menschen (den spätesten), der Glanz ‘verändert’ und damit ‘vermindert und beschädigt’ worden war, erweckte sie Karabtanos149, ‘der rasend und ohne Verstand und Urteilskraft war’, und sprach zu ihm: ‘Erhebe dich, siehe, der Glanz (das Licht) des neuesten Menschen (Fetahil) hat versagt (den Menschen hervorzubringen oder zu erschaffen), der Glanz ist sichtlich vermindert. Erhebe dich, komme mit deiner Mutter (dem Lebenshauch) und befreie dich von den Begrenzungen, welche dich binden und über die gesamte Welt hinaus reichen.’ Von den Einflüsterungen des Geistes geleitet (nicht des Göttlichen Atems, sondern des astralen Geistes, der durch seine duale Essenz bereits mit Materie befleckt ist), folgt hierauf die Vereinigung der rasenden und blinden Materie; und da das Angebot der Mutter angenommen wird, empfängt der Lebenshauch „sieben Formen“ und die sieben Sternenhaften (Planeten), welche auch die sieben Todsünden repräsentieren, die Nachkommenschaft einer von ihrer göttlichen Quelle (dem Geist) und der Materie, dem blinden Dämon der Begehrlichkeit, getrennten Astralseele. Als er das sah, streckte Fetahil seine Hand nach dem Abgrund der Materie aus und sprach: ‘Lasst die Erde existieren, geradeso wie die Wohnstatt der Kräfte existierte.’ Indem er seine Hand in das Chaos taucht und es verdichtet, erschafft er unseren Planeten.“150

„Der Codex fährt dann fort zu erzählen, wie Bahak Zivo vom Lebenshauch und die Genien oder Engel von den Rebellen abgeschieden wurden.151 Der beim größten Ferho verweilende Mano152 (der Größte) ruft dann Kebar-Zivo (auch unter dem Namen Nebat-Iavar bar Iufin Ifafin bekannt), die Spitze und den Weinstock der Nahrung des Lebens153, der das dritte Leben ist und mit den trotzigen und dummen Genien wegen des Ausmaßes ihres Ehrgeizes mitfühlt und sagt: ‘Herr der Genien154 (Äonen), siehe, was die Genien, die [SD # 196] rebellischen Engel, tun und worüber sie beraten.’155 Sie sagen: „Lasst uns die Welt aufrufen, und lasst uns die ‘Kräfte’ ins Dasein rufen.“ Die Genien sind die Ursprünge, die „Söhne des Lichts“, du aber bist der „Bote des Lebens“.156

Und um dem Einfluss der sieben „böse veranlagten“ Prinzipien ent­gegenzuwirken, bringt der Nachkomme des Geistes, Cabar-Zio, der mächtige Herr des Glanzes, sieben weitere Leben (die Kardinaltugenden) hervor, welche in ihrer eigenen Form und ihrem eigenen Licht „von der Höhe herab“157 strahlen und so das Gleichgewicht zwischen Gut und Böse, zwischen Licht und Finsternis, wiederherstellen.

Das stellt eine Wiederholung der früheren allegorischen, dualen Systeme dar, wie des zoroastrischen, und deckt einen Keim der dogmatischen und dualistischen Religionen der Zukunft auf, einen Keim, der in der kirchlichen Christenheit zu einem so üppigen Baum herangewachsen ist. Es ist bereits der Umriss der beiden „Höchsten“ – Gott und Satan. Aber in den Stanzen findet sich keine vergleichbare Vorstellung.

Ihrem Wunsch entsprechend, die okkulten Wissenschaften mit den kirchlichen Dogmen in Einklang zu bringen, versuchten die meisten der westlichen christlichen Kabbalisten – insbesondere Éliphas Lévi –, das „Astrallicht“ einzig und hauptsächlich zum Pleroma der frühen Kirchenväter zu machen, zum Aufenthaltsort der Scharen der gefallenen Engel, der „Archonten“ und „Kräfte“. Wenn das Astrallicht auch lediglich den niederen Aspekt des Absoluten darstellt, so ist es dennoch dual. Es ist die Anima Mundi und sollte niemals anders betrachtet werden, es sei denn für kabbalistische Zwecke. Seher und „Hellsichtige“ sollten sich des zwischen seinem „Licht“ und seinem „lebendigen Feuer“ bestehenden Unterschieds immer bewusst sein. Der höhere Aspekt, ohne welchen lediglich materielle Kreaturen jenes Astrallichts hervorgebracht werden können, ist dieses lebendige Feuer, und es ist das siebte Prinzip. In „Isis Unveiled“ wird in einer vollständigen Beschreibung gesagt:

„Das Astrallicht oder die Anima Mundi ist dual und zweigeschlechtig. Der (ideale) männliche Teil desselben ist rein göttlich und spirituell. Er ist Weisheit, er ist Geist oder Purusha; während der weibliche Teil (der Geist der Nazarener) in einem Sinn mit Materie befleckt ist, tatsächlich Materie und daher bereits böse ist. Es ist das Lebensprinzip eines jeden lebenden Geschöpfs und liefert Menschen, Tieren, den Vögeln der Lüfte und allem Lebenden die Astralseele, den fluiden Geist. Tiere tragen lediglich den verborgenen Keim der höchsten unsterblichen Seele in sich. . . . . Diese Letztere wird sich [SD # 197] erst nach einer Reihe endloser Evolutionen entwickeln. Die Lehre dieser Evolution ist in dem kabbalistischen Axiom enthalten: ‘Ein Stein wird zu einer Pflanze, eine Pflanze zu einem Tier, ein Tier zu einem Menschen, ein Mensch zu einem Geist und der Geist zu einem Gott’.“ (Band I, S. 301, Fußnote)

Als die „Isis“ geschrieben wurde, waren die sieben Prinzipien der östlichen Initiierten noch nicht erklärt worden, sondern lediglich die drei kabbalistischen Gesichter der halb exoterischen Kabbala.158 Letztere enthalten jedoch die Beschreibung der mystischen Naturen der ersten Gruppe der Dhyan Chohans in dem regimen ignis, der Region und „Herrschaft (oder Regierung) des Feuers“. Die in drei Klassen eingeteilte Gruppe wird durch die Erste synthetisiert, was vier oder die „Tetraktys“ ausmacht (siehe Kommentare zu Stanze VII, Band I). Wer die Kommentare aufmerksam studiert, wird bei den Engel-Naturen dieselbe Abfolge wiederfinden, nämlich von den passiven hinunter zu den aktiven, wobei die Letzteren dieser Wesen dem Ahamkara-Element (der Region oder der Ebene, wo die Ichheit oder die Empfindung der Ich-bin-heit sich abzuzeichnen beginnt) ebenso nahe stehen wie die Ersteren der undifferenzierten Essenz. Erstere sind Arupa, unkörperlich, Letztere Rupa, körperlich.

In Band II der „Isis“ (S. 183 ff.) werden die philosophischen Systeme der Gnostiker und der ursprünglichen jüdischen Christen, der Nazarener und der Ebioniten vollständig betrachtet. Sie zeigen die in jenen Tagen außerhalb des Kreises der mosaischen Juden vorherrschenden Ansichten über Jehovah. Von allen Gnostikern wurde er eher mit dem bösen als mit dem guten Prinzip identifiziert. Für sie war er Ildabaoth, „der Sohn der Finsternis“, und seine Mutter war Sophia Achamoth, die Tochter der Sophia, der Göttlichen Weisheit (des weiblichen Heiligen Geistes der frühen Christen) – Akasha159; Sophia Achamoth personifizierte das niedere Astrallicht oder den Ether. Ildabaoth160, oder Jehovah, ist lediglich einer der Elohim, der sieben [SD # 198] schöpferischen Geister, und einer der niederen Sephiroth. Er erzeugt aus sich selbst sieben weitere Götter, „stellare Geister“ (oder die Mondvorfahren161), denn die sind alle dasselbe.162 Sie wurden alle nach seinem Ebenbild (die „Geister des Angesichts“) erschaffen und sind Reflexionen voneinander; und je mehr sie sich in der Folge von ihrem Urheber zurückziehen, desto dunkler und materieller wurden sie. Sie bewohnen auch sieben wie eine Leiter angeordnete Regionen, deren Sprossen auf der Skala von Geist und Materie auf- und abwärts führen.163 Bei Heiden und Christen, Hindus und Chaldäern, griechischen und römischen Katholiken – mit leichten Textvariationen in den Interpretationen – waren sie alle die Genien der sieben Planeten und der sieben planetarischen Sphären unserer siebenfältigen Kette, von denen die Erde die niederste ist (siehe „Isis“, Band II, S. 186). Das verbindet die „stellaren“ und „lunaren“ Geister mit den höheren Planetenengeln und den Saptarishis der Hindus (den sieben Rishis der Sterne) – als untergeordnete Engel (Boten) dieser „Rishis“, den Emanationen der vorherigen auf der absteigenden Leiter. So waren Gott und die Erzengel, die heute von den Christen angebetet werden, nach Auffassung der philosophischen Gnostiker beschaffen! Die „gefallenen Engel“ und die Legende vom „Kampf im Himmel“ sind somit ihrem Ursprung nach rein heidnisch und kommen über Persien und Chaldäa aus Indien. Der einzige Hinweis darauf im christlichen Kanon findet sich in Offenbarung 12, wie weiter oben zitiert.

So wächst „Satan“, sobald er nicht mehr in dem abergläubischen, dogmatischen, unphilosophischen Kirchengeist betrachtet wird, zu dem großartigen Bild empor von einem, der aus einem irdischen einen göttlichen Menschen macht, der ihm durch den langen Zyklus des Maha-Kalpas das Gesetz des Geistes des Lebens gab und ihn von der Sünde der Unwissenheit befreite und somit vom Tod (siehe den Abschnitt Über Satan in Teil II, Band II).

6. Die älteren Räder kreisten auf- und abwärts (a). . . .

Der Laich der Mutter erfüllte das Ganze (den Kosmos).164 Zwischen den Schöpfern und den Zerstörern gab es Kämpfe, und um den Raum wurden Kämpfe ausgetragen; ohne Unterlass erschienen die Samen immer wieder neu (b).165

(a) Nachdem wir unsere Nebenthemen einstweilen abgehandelt haben, die für die Erklärung des ganzen Schemas notwendig sind, so sehr sie auch den Fluss der Erzählung unterbrechen mögen –, muss der Leser wieder zur Kosmogonie zurückkehren. Der Ausdruck „Ältere Räder“ bezieht sich auf die Welten oder Globen unserer Kette in ihrem Zustand in den „vorangegangenen Runden“. Die esoterische Erklärung der vorliegenden Stanze findet sich vollständig in kabbalistischen Werken wieder. Dort ist die eigentliche Geschichte der Evolution jener zahllosen Globen zu finden, die sich nach einem periodischen Pralaya entwickeln und aus altem Material in neuen Formen wieder aufgebaut werden. Die vorherigen Globen lösen sich auf und erscheinen aufs Neue, verwandelt und vervollkommnet für eine neue Lebensphase. In der Kabbala werden die Welten mit Funken verglichen, die unter dem Hammer des großen Architekten hervorsprühen – Gesetz, das Gesetz, das alle kleineren Schöpfer beherrscht.

Das folgende vergleichende Diagramm zeigt die Übereinstimmung der beiden Systeme, des kabbalistischen und des östlichen. Die drei oberen sind die drei höheren Bewusstseinsebenen, die in beiden Schulen nur den Initiierten enthüllt und erklärt werden; die unteren stellen die vier niedrigeren Ebenen dar – die niederste ist unsere Ebene oder das sichtbare Universum.

Diese sieben Ebenen entsprechen den sieben Bewusstseinszuständen des Menschen. Es bleibt ihm überlassen, die drei höheren Zustände in sich mit den drei höheren Ebenen im Kosmos in Einklang zu bringen. Aber bevor er den Versuch unternehmen kann, sie in Einklang zu bringen, muss er die drei „Sitze“ zum Leben und zur Aktivität erwecken. Und wie viele sind fähig, sich auch nur ein oberflächliches Verständnis von Atman-Vidya (Geist-Wissen) zu verschaffen, oder dessen, was die Sufis Rohani nennen! In Abschnitt VII dieses Bandes, in Unterabschnitt 3, [SD # 200] wird der Leser eine klarere Erklärung über das Obige im Kommentar über Saptaparna – die Menschenpflanze – finden. Siehe auch den gleichnamigen Abschnitt in Teil II.

 

* Arupa oder das „Formlose“; dort, wo die Form auf der objektiven Ebene zu existieren aufhört.

† Der Begriff „archetypisch“ darf hier nicht in dem ihm von den Platonikern gegebenen Sinn verstanden werden, d. h. im Sinn der Welt, wie sie im Denken der Gottheit existierte; sondern im Sinn einer Welt, welche als ein erstes Modell erschaffen wurde, gefolgt und verbessert von den Welten, welche ihm physisch nachfolgen – auch wenn sie nicht mehr so rein sind wie das Modell.

‡ Das sind die vier niederen Ebenen kosmischen Bewusstseins, die drei höheren Ebenen sind dem menschlichen Intellekt in seinem gegenwärtigen Entwicklungszustand unzugänglich. Die sieben Zustände des menschlichen Bewusstseins gehören in ein ganz anderes Kapitel.

 

(b) „Der Same erscheint und verschwindet kontinuierlich.“ „Same“ steht hier für „Weltenkeim“, was die Wissenschaft als materielle Teilchen in hochgradig verdünntem Zustand betrachtet, die okkulte Physik hingegen als „spirituelle Teilchen“ ansieht, d. h. in einem Zustand ursprünglicher [SD # 201] Differenzierung existierende übersinnliche Materie.166 In der Theogonie ist jeder Samen ein etherischer Organismus, aus dem in der Folge ein himmlisches Wesen evolviert, ein Gott.

Im „Anfang“ evolviert das, was in der mystischen Ausdrucksweise „kosmisches Verlangen“ genannt wird, zu absolutem Licht. Nun wäre Licht ohne jeden Schatten absolutes Licht – mit anderen Worten absolute Finsternis – wie die Physik zu beweisen versucht. Jener Schatten erscheint in der Form ursprünglicher Materie, allegorisiert – wenn man so will – in der Gestalt des Geistes schöpferischen Feuers oder der Wärme. Wenn die Wissenschaft, die poetische Form und Allegorie von sich weisend, es vorzieht, darin den ursprünglichen Feuer-Nebel zu sehen, steht ihr das frei. Wie dem auch sei, ob Fohat oder die berühmte Kraft der Wissenschaft, namenlos und ebenso schwierig zu definieren wie unser Fohat – dieses Etwas hat „das Universum dazu veranlasst, sich in eine kreisförmige Bewegung zu versetzen“, wie Platon sagt; oder wie die okkulte Lehre es ausdrückt:

„Die Zentralsonne veranlasst Fohat, ursprünglichen Staub kugelförmig zu sammeln, die Kugeln auf konvergierenden Bahnen voranzutreiben, sich schließlich einander anzunähern und zusammenzuballen.“ (Buch Dzyan) . . . . . „Im Raum zerstreut, ohne Ordnung und System, prallen die Weltenkeime häufig aufeinander, bis sie sich schließlich vereinigen, wonach sie zu Wanderern (Kometen) werden. Dann beginnen die Kämpfe und Streite. Die älteren (Körper) ziehen die jüngeren an, während andere sie abstoßen. Verschlungen von ihren stärkeren Gefährten, gehen viele zugrunde. Jene, welche entkommen, werden zu Welten.“ 167

[SD # 202] Man hat uns versichert, dass es über derartige Daseinskämpfe am Sternenhimmel verschiedene moderne Werke der spekulativen Fantasie gibt, insbesondere in der deutschen Sprache. Es freut uns, das zu hören, denn unsere okkulte Lehre verliert sich im Dunkel archaischer Zeiten. Wir haben sie in „Isis Unveiled“ ausführlich behandelt; und die Idee einer dem Darwinismus ähnelnden Evolution, des Daseinskampfes und des Kampfes um das Supremat und das „Überleben des Tauglichsten“ bei den Scharen oben wie unten durchzieht beide Bände unseres früheren, 1876 verfassten Werkes (siehe Index in „Isis entschleiert“ unter den Worten „Evolution“ – „Darwin“ – „Kapila“ – „Kampf ums Dasein“ etc. etc.). Aber es war nicht unsere Idee, sondern es ist eine altertümliche. Selbst die puranischen Schriftsteller verwoben erfindungsreich Allegorie mit kosmischen Tatsachen und menschlichen Ereignissen. Jeder Symbologe kann die astrokosmischen Anspielungen erkennen, selbst wenn er nicht fähig sein sollte, die volle Bedeutung zu erfassen. Die großen „Kriege im Himmel“ in den Puranas; die Titanenkämpfe bei Hesiod und anderen klassischen Schriftstellern; die „Kämpfe“ zwischen Osiris und Typhon in der ägyptischen Legende und selbst jene in den skandinavischen Legenden – sie alle beziehen sich auf denselben Gegenstand. Die nordische Mythologie bezieht sich darauf als die Schlacht der Flammen, der Muspellsöhne, die auf dem Feld von Wigrid kämpften. Alle diese Kämpfe beziehen sich auf Himmel und Erde und haben eine doppelte, oft sogar eine dreifache Bedeutung und eine esoterische Beziehung zu den Dingen oben sowie zu den Dingen unten. Gesondert beziehen sie sich auf astronomische, theogonische und menschliche Kämpfe; auf die Anordnung der Gestirne und die Vorherrschaft von Nationen und Stämmen. Der „Kampf ums Dasein“ und das „Überleben des Tauglichsten“ herrschten von dem Moment an vor, als der Kosmos ins manifestierte Sein trat, und sie konnten dem wachsamen Auge der alten Weisen schwerlich entgehen. Daher die unaufhörlichen Kämpfe Indras, des Gottes des Firmaments, mit den Asuras – zu kosmischen Dämonen degenerierte hohe Götter; und mit Vritra oder Ah-hi; die zwischen Sternen und Konstellationen, zwischen Monden und Planeten ausgetragenen Kämpfe – welche später als Könige und Sterbliche inkarnierten. Daher auch der von Michael und seiner Schar gegen den Drachen (Jupiter und Luzifer-Venus) geführte Kampf im Himmel, bei dem ein Drittel der Sterne der rebellischen Schar in den Raum hinausgeschleudert wurde; und „auch wurde ihre Stätte nicht mehr in dem Himmel gefunden“. Wie vor langer Zeit gesagt wurde: „Das ist der Grundstein und das Fundament der geheimen Zyklen. Es zeigt, dass die Brahmanen und Tannaiten . . . über die Schöpfung und Entwicklung der Welt ganz nach der Art Darwins spekulierten und damit in Bezug auf die natürliche Selektion der Arten, das Überleben des Tauglichsten [SD # 203] und die Transformation sowohl ihm selbst als auch seiner Schule zuvorkamen. . . . Es gab alte Welten, die, von den neuen besiegt, vergingen, “ etc. etc. („Isis Unveiled“, Band II, S. 260). Die Behauptung, dass alle Welten (Sterne, Planeten etc.) – sobald ein Kern ursprünglicher Substanz im (undifferenzierten) Laya-Zustand von den freigewordenen Prinzipien eines soeben verstorbenen Himmelskörpers beseelt wird – zuerst Kometen werden und dann Sonnen, um sich zu bewohnbaren Welten abzukühlen, stellt eine Lehre dar, die so alt ist wie die Rishis.

So lehren die geheimen Bücher, wie wir sehen, ausdrücklich eine Astronomie, die nicht einmal die moderne Spekulation verwerfen würde, könnte Letztere ihre Lehren vollkommen verstehen.

Die archaische Astronomie und die alte Physik und Mathematik brachten Ansichten zum Ausdruck, die mit denen der modernen Wissenschaft übereinstimmen und von denen viele von weitaus größerer Tragweite waren. Ein „Kampf ums Dasein“ und ein „Überleben des Tauglichsten“ in den oberen Welten und hier unten auf unserem Planeten werden ausdrücklich gelehrt. Doch würde diese Lehre von der Wissenschaft zwar nicht „vollständig verworfen“, aber sicherlich als integrales Ganzes zurückgewiesen werden. Denn sie stellt als Tatsache hin, dass es lediglich sieben Selbstgeborene ursprüngliche „Götter“ gibt, die aus dem dreieinigen Einen hervorgingen. Mit anderen Worten bedeutet das, dass nach der Vollendung der ursprünglichen Manifestation am Beginn des „Großen Zeitalters“ alle Welten oder Himmelskörper (immer in strikter Analogie) einer aus dem anderen heraus gebildet werden. Die Geburt der Himmelskörper im Raum wird mit einer Gruppe oder Schar von „Pilgern“ beim Fest der „Feuer“ verglichen. Sieben Asketen erscheinen an der Schwelle des Tempels mit sieben brennenden Weihrauchstäben. An deren Flammen entzündet die erste Reihe der Pilger ihre Weihrauchstäbchen. Danach beginnen alle Asketen, ihre Stäbchen um ihren Kopf im Raum herumzuwirbeln und versorgen so die Übrigen mit Feuer. So ist es auch mit den Himmelskörpern. Ein Laya-Zentrum wird durch die Feuer eines anderen „Pilgers“ entzündet und zum Leben erweckt, worauf das neue „Zentrum“ in den Raum hinauseilt und zu einem Kometen wird. Erst wenn er seine Geschwindigkeit und damit seinen feurigen Schweif verliert, lässt sich der „Feurige Drache“ zu ruhigem und stetem Leben nieder, als regulärer, respektabler Bürger der siderischen Familie. Daher heißt es:

In den unergründlichen Tiefen des Raumes aus dem die Weltseele genannten homogenen Element geboren, beginnt jeder Kern kosmischer Materie, plötzlich ins Dasein geworfen, sein Leben unter widrigsten Umständen. Eine endlose Reihe von Zeitaltern muss er [SD # 204] sich einen Platz in den Unendlichkeiten erobern. Er dreht sich im Kreis zwischen dichteren und bereits gefestigten Körpern, bewegt sich ruckweise, drängt auf einen bestimmten Punkt oder ein Zentrum zu, von welchem er angezogen wird, und versucht, einem in eine von Riffen und versunkenen Felsen durchsetzte Fahrrinne geratenen Schiff gleich, sich von anderen Körpern fernzuhalten, die ihn wechselweise anziehen und abstoßen; viele gehen unter, ihre Masse wird durch stärkere Massen in ihre Bestandteile zerlegt; und wenn sie innerhalb eines Systems geboren werden, dann hauptsächlich in den unersättlichen Bäuchen verschiedener Sonnen (siehe Kommentar zu Stanze IV). Jene, die sich langsamer bewegen und in eine elliptische Bahn getrieben werden, fallen früher oder später der Vernichtung anheim. Andere, die sich in parabolischen Bahnen bewegen, entgehen allgemein aufgrund ihrer Geschwindigkeit der Zerstörung.

Einige besonders kritische Leser werden vielleicht annehmen, dass diese Lehre des von allen Himmelskörpern durchlaufenen Kometenstadiums in Widerspruch zu der soeben gemachten Behauptung steht, der Mond sei die Mutter der Erde. Sie bilden sich vielleicht ein, es sei Intuition notwendig, um beide Lehren miteinander in Einklang zu bringen. Tatsächlich wird aber keine Intuition gebraucht. Was weiß die Wissenschaft von Kometen, ihrer Entstehung, ihrem Wachstum und ihrem schließlichen Verhalten? Nichts – absolut nichts! Und was ist so unmöglich daran, dass ein Laya-Zentrum – ein Klumpen kosmischen Protoplasmas, homogen und latent, wenn es plötzlich beseelt oder entfacht wird – aus seinem Bett im Raum wegeilt und durch die unergründlichen Tiefen dahinwirbelt, um seinen homogenen Organismus durch eine Anhäufung und Aufnahme differenzierter Elemente zu verstärken? Und warum sollte ein solcher Komet nicht sesshaft werden, leben und zu einem bewohnten Globus werden!

„Fohat hat viele Wohnungen“, heißt es. „Er stellt seine vier feurigen (elektropositiven) Söhne in die ‘Vier Kreise’“; diese Kreise sind der Äquator, die Ekliptik und die zwei Parallelen zur Deklination oder die Wendekreise – um den Klimazonen vorzustehen, in welche die vier mystischen Wesenheiten gestellt werden. Dann weiter: „Weitere sieben (Söhne) werden beauftragt, über die sieben heißen und die sieben kalten Lokas (die Höllen der orthodoxen Brahmanen) an beiden Enden des Eies aus Materie (unsere Erde mit ihren Polen) zu herrschen.“ Diese sieben Lokas werden an anderer Stelle auch als „Ringe“ und „Kreise“ bezeichnet. Die Alten kannten sieben Polarkreise anstatt zwei wie die Europäer; denn es heißt, dass sieben goldene und sieben silberne Stufen auf den Berg Meru hinaufführen, welcher der Nordpol ist.

In einer der Stanzen wird eine sonderbare Behauptung aufgestellt: „Die Gesänge Fohats und seiner Söhne strahlten wie die Mittagssonne und der Mond zusammen“; und dass die vier Söhne auf dem mittleren vierfachen [SD # 205] Kreis „die Gesänge ihres Vaters sahen und seine solar-mondhafte Strahlung hörten“. Das wird im Kommentar mit folgenden Worten erklärt: „Die Bewegungen der fohatischen Kräfte an den beiden kalten Enden (Nord- und Südpol) der Erde, welche nachts eine vielfarbige Strahlung zur Folge haben, umfassen unterschiedliche Eigenschaften von Akasha (Ether), Farbe und ebenso Ton.“ . . . . . . „Ton ist das Charakteristikum von Akasha (Ether): Er erzeugt Luft, deren Eigenschaft das Tasten ist, das (durch Reibung) Farbe und Licht erzeugt.“ . . . . . . (Vishnu-Purana“).

Vielleicht wird das Obige für archaischen Unsinn gehalten werden, aber es wird besser verständlich, wenn sich der Leser an die Aurora Borealis und Australis erinnert, die beide genau in den Zentren der erdelektrischen und -magnetischen Kräfte auftreten. Es heißt, dass die beiden Pole die Speicher der kosmischen und irdischen Lebenskraft (Elektrizität) sind, sie empfangen und freisetzen; hätte die Erde nicht diese beiden natürlichen „Sicherheitsventile“, wäre sie von diesem Überschuss schon längst in Stücke gerissen worden. Es gibt inzwischen aber auch eine zum Axiom gewordene Theorie, dass das Phänomen der Polarlichter von starken Geräuschen wie Pfeifen, Zischen und Knacken begleitet ist und diese hervorbringt (siehe jedoch auch Prof. Trumholdts Werke über die Aurora Borealis und seinen Briefwechsel bezüglich dieser strittigen Frage).

7. Mache deine Berechnungen, Lanu, wenn du das genaue Alter deines kleinen Rades (Kette) erfahren willst. Seine vierte Speiche ist unsere Mutter (Erde) (a). Erlange die vierte „Frucht“ des vierten Pfades der Erkenntnis, der zu Nirvana führt, und du wirst verstehen, denn du wirst sehen (b).

(a) Das „kleine Rad“ ist unsere Globenkette, und die vierte Speiche ist unsere Erde, die vierte in der Kette. Sie ist eine jener, auf welche der „heiße (positive) Atem der Sonne“ eine direkte Auswirkung hat.168

[SD # 206] Ihr Alter zu berechnen, wozu der Schüler in dieser Stanze aufgefordert wird, ist dennoch ziemlich schwierig, da uns die Zahlen des großen Kalpas nicht gegeben sind und es uns mit Ausnahme ihrer ungefähren Dauer nicht erlaubt ist, die Zahlen unserer kleineren Yugas zu veröffentlichen. „Die älteren Räder drehten sich eine Ewigkeit und eine halbe Ewigkeit“, heißt es. Wir wissen, dass unter „Ewigkeit“ der siebte Teil von 311.040.000.000.000 Jahren oder einem Zeitalter Brahmâs verstanden wird. Aber was heißt das? Um von den obigen Zahlen als Grundlage ausgehend auf die mystische Kombination von 14 × 7 zu kommen, müssen wir von den 100 Jahren Brahmâs (oder von den 311.040.000.000.000 Jahren) zunächst einmal zwei Jahre abziehen, die von den Sandhyas (Dämmerungen) in Anspruch genommen werden, wonach 98 verbleiben. Wann genau die Evolution und Bildung unserer kleinen Erde begann, wissen wir aber nicht. Somit ist es nicht möglich, ihr Alter zu berechnen, außer der Zeitpunkt ihrer Geburt würde genannt –, was die Lehrer bis jetzt jedoch verweigern. Am Schluss dieses Bandes und in Band II sind aber einige chronologische Andeutungen zu finden. Des Weiteren müssen wir uns daran erinnern, dass das Gesetz der Analogie für Welten genauso gültig ist wie für Menschen; und dass „die Eins (Gottheit) zur Zwei (Deva oder Engel) wird und die Zwei zur Drei (oder Mensch)“ etc. etc., und so wird uns gelehrt, dass die Flocken (der Weltenstoff) zu Wanderern (Kometen) werden, diese zu Sternen und die Sterne (die Zentren der Wirbel) zu unserer Sonne und zu Planeten – um es kurz zu sagen.169

(b) In den exoterischen Werken werden vier Initiationsgrade genannt, die im Sanskrit der Reihe nach als „Shrotapanna“, „Sagardagan“, „Anagamin“, und „Arhan“ bekannt sind – die vier Pfade zu Nirvana, die auch in unserer gegenwärtigen vierten Runde so bezeichnet werden. Der Arhan ist, obwohl er Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sehen kann, doch nicht der höchste Initiierte; denn der Adept selbst, der initiierte Kandidat, wird zum Chela (Schüler) eines höheren Initiierten. Drei weitere höhere Grade müssen von dem Arhan errungen werden, der die Spitze der Leiter der Arhatschaft erreichen will. Einigen ist dies sogar schon in unserer gegenwärtigen fünften Rasse gelungen, jedoch werden die zur Erlangung dieser höheren [SD # 207] Grade notwendigen Fähigkeiten beim durchschnittlichen Asketen erst am Ende der gegenwärtigen und in der sechsten und siebten Wurzelrasse vollständig entwickelt sein. So wird es bis zum Ende dieses kleineren Manvantaras, des gegenwärtigen Lebenszyklus, immer Initiierte und Weltliche geben. Die Arhats des „Feuernebels“ der 7. Stufe stehen nur einen Schritt von der Wurzel-Basis ihrer Hierarchie entfernt – der höchsten auf der Erde und auf unserer irdischen Kette. Diese „Wurzel-Basis“ hat einen Namen, welcher nur mittels verschiedener zusammengesetzter Worte in unsere Sprache übersetzt werden kann – der „ewig-lebende-menschliche-Banyanbaum“. Dieses „Wunderbare Wesen“ stieg in der Anfangszeit des dritten Zeitalters aus einer „hohen Region“ herab, sagen sie, noch vor der Trennung der Geschlechter in der dritten Rasse.

Diese dritte Rasse insgesamt wird manchmal als die „Söhne des passiven Yoga“ bezeichnet, d. h. sie wurde von der zweiten Rasse unbewusst hervorgebracht, von der man wegen ihrer intellektuellen Inaktivität annimmt, dass sie beständig in eine Art leerer oder abstrakter Kontemplation versunken war, den für den Yogazustand erforderlichen Bedingungen entsprechend. Im ersten oder früheren Teil der Existenz dieser dritten Rasse, als sie sich noch in einem Zustand der Reinheit befand, erzeugten die „Söhne der Weisheit“, die, wie wir sehen werden, sich in dieser dritten Rasse inkarnierten, mittels Kriyashakti Nachkommen, welche die „Söhne von Ad“ oder „des Feuernebels“ genannt wurden, die „Söhne von Wille und Yoga“ und so weiter. Sie wurden bewusst hervorgebracht, da ein Teil der Rasse bereits mit dem göttlichen Funken spiritueller, höherer Intelligenz beseelt war. Diese Nachkommenschaft war keine Rasse. Sie war zuerst ein wunderbares Wesen, „Initiator“ genannt, und dann eine Gruppe halb-göttlicher und halb-menschlicher Wesen. In der archaischen Genesis für bestimmte Zwecke „abgesondert“, waren sie jene, von denen gesagt wird, dass sich die höchsten Dhyanis, „Munis und Rishis aus früheren Manvantaras“ in ihnen inkarnierten – um den Hort künftiger menschlicher Adepten zu gründen, auf dieser Erde und im gegenwärtigen Zyklus. Diese sozusagen auf eine unbefleckte Art geborenen „Söhne von Wille und Yoga“ blieben von der übrigen Menschheit gänzlich getrennt, wie erklärt wurde.

Das eben erwähnte „Wesen“, das namenlos bleiben muss, ist der Baum, von dem in späteren Zeitaltern sämtliche großen historisch bekannten Weisen und Hierophanten wie Rishi Kapila, Hermes, Enoch, Orpheus etc. etc. abzweigten. Als objektiver Mensch ist er die geheimnisvolle (für den Profanen – die immer unsichtbare), aber immer gegenwärtige physische Erscheinung, über welche im Osten zahlreiche Legenden weit verbreitet sind, besonders unter den Okkultisten und den Schülern der Heiligen Wissenschaft. Er ist es, der die Form wechselt, aber immer derselbe bleibt. Und er ist es auch, der die spirituelle Herrschaft über die [SD # 208] initiierten Adepten auf der ganzen Welt inne hat. Er ist, wie gesagt, der „Namenlose Eine“, der so viele Namen hat, und dessen Namen und wahre Natur trotzdem unbekannt sind. Er ist der „Initiator“, genannt das „Große Opfer“. Denn an der Schwelle des Lichtes sitzend, blickt er aus dem Kreis der Dunkelheit, den er nicht überschreiten wird, in das Licht; vor dem letzten Tag dieses Lebenszyklus wird er seinen Posten nicht verlassen. Warum bleibt der einsame Wächter auf seinem selbsterwählten Posten? Warum sitzt er an der Quelle der ursprünglichen Weisheit, von der er nicht länger trinkt, weil er nichts mehr zu lernen hat, das er nicht schon wüsste – ja, weder auf dieser Erde noch in ihrem Himmel? Weil die einsamen Pilger mit wunden Füßen auf ihrer Rückreise in ihre Heimat bis zum letzten Augenblick niemals sicher sind, dass sie ihren Weg in dieser grenzenlosen Wüste der Illusion und Materie, Erdenleben genannt, nicht verlieren. Weil er gerne jedem Gefangenen, der sich erfolgreich von den Banden des Fleisches und der Illusion befreit hat, den Weg zu dieser Region der Freiheit und des Lichts zeigen würde, aus welcher er sich selbst freiwillig verbannt hat. Weil er, kurz gesagt, sich selbst zum Wohle der Menschheit geopfert hat, obwohl nur wenige Auserwählte von dem ­Grossen Opfer profitieren können.

Vom ersten Erwachen des menschlichen Bewusstseins an wurden alle anderen weniger göttlichen Lehrer und Unterweiser des Menschengeschlechts unter der direkten, stillen Leitung dieses Maha-(großen)-Gurus zu Führern der frühen Menschheit. Von diesen „Söhnen Gottes“ erhielt die kindliche Menschheit ihre erste Ahnung sowohl von allen Künsten und Wissenschaften als auch vom spirituellen Wissen; und sie sind es, die den ersten Grundstein jener alten Zivilisationen legten, welche unsere moderne Generation von Schülern und Gelehrten zutiefst verblüffen.170

[SD # 209] Obwohl diese Gegenstände in „Isis Unveiled“ lediglich angedeutet wurden, wird es doch gut sein, den Leser an das in Band I, Seiten 587-593, über eine gewisse Heilige Insel in Zentralasien Gesagte zu erinnern und ihn bezüglich weiterer Einzelheiten auf das Kapitel über „Die Söhne Gottes und die Heilige Insel“ in Band II hinzuweisen. Einige weitere Erklärungen können dem Schüler jedoch behilflich sein, einen kleinen Einblick in das vorliegende Mysterium zu erlangen, wenn sie auch nur bruchstückhaft hingeworfen sind.

Wenigstens ein Detail über diese mysteriösen „Söhne Gottes“ soll in klaren Worten mitgeteilt werden. Die hohen Dvijas, die initiierten Brahmanen des Altertums, behaupten zu Recht, von ihnen, diesen Brahmaputras, abzustammen, während der moderne Brahmane die niedersten Kasten buchstäblich daran glauben lassen möchte, sie selbst seien unmittelbar aus dem Munde Brahmâs hervorgegangen. Das ist die esoterische Lehre, die außerdem noch hinzufügt, dass jene Nachkommen (selbstverständlich geistiger Art) der „Söhne von Wille und Yoga“ trotz ihrer Abstammung mit der Zeit in getrennte Geschlechter geteilt wurden, wie es später auch ihre „Kriyashakti“-Ahnen selbst bewerkstelligten; doch selbst ihre entarteten Nachkommen haben bis zum heutigen Tag Verehrung und Achtung für den [SD # 210] Zeugungsakt bewahrt und betrachten ihn noch immer im Licht einer religiösen Zeremonie, während die zivilisierteren Nationen ihn für eine rein tierische Funktion halten. Man vergleiche die westlichen Anschauungen und Gewohnheiten bei diesen Dingen mit den Bräuchen Manus in Bezug auf die Gesetze von Grihastha und das eheliche Leben. Der wahre Brahmane ist somit tatsächlich „jener, dessen sieben Vorväter den Saft der Mondpflanze (Soma) tranken“, und der ein „Trisuparna“ ist, denn er hat das Geheimnis der Veden verstanden.

Und bis zum heutigen Tag wissen solche Brahmanen, dass ganz am Anfang, als der psychische und physische Intellekt schlief und das Bewusstsein noch unentwickelt war, die spirituellen Vorstellungen jener Rasse weitgehend ohne Verbindung zu ihrer physischen Umgebung existierten. Dass jener Göttliche Mensch in seiner tierischen – wenn auch äußerlich menschlichen – Form wohnte; und dass, obwohl Instinkt in ihm vorhanden war, kein Selbstbewusstsein kam, um die Finsternis des latenten fünften Prinzips zu erhellen. Als die vom Gesetz der Evolution in Bewegung gesetzten Herren der Weisheit ihm den Funken des Bewusstseins einflößten, war die erste von diesem Funken zu Leben und Aktivität erweckte Regung ein Gefühl der Solidarität, des Einsseins mit seinen geistigen Schöpfern. Wie die erste Regung des Kindes einer Mutter und Amme gilt, so richteten sich die ersten Bestrebungen des erwachenden Bewusstseins im ursprünglichen Menschen jenen zu, deren Element er in sich verspürte und die doch außerhalb und von ihm unabhängig waren. Aus dieser Empfindung entsprang Hingabe und wurde zur ersten und vornehmsten Triebkraft in seiner Natur; denn sie ist die Einzige, die in unserem Herzen natürlich und uns angeboren ist und die wir ebenso beim Menschenbaby wie beim Tierjungen finden. Dieses Gefühl unbezähmbarer instinktiver Sehnsucht im ursprünglichen Menschen wird von Carlyle wunderschön, und man kann sagen intuitiv, beschrieben. „Das große antike Herz“, ruft er aus, „wie gleicht es dem eines Kindes in seiner Einfachheit, wie dem eines Mannes in seiner aufrichtigen Feierlichkeit und Tiefe! Der Himmel ruht über ihm, wo immer er auf Erden geht oder steht; und macht ihm die ganze Erde zu einem mystischen Tempel und jede irdische Tätigkeit zu einer Art Gottesdienst. Flüchtige Schimmer strahlender Kreaturen blitzen auf im gewöhnlichen Sonnenlicht; Engel schweben noch und tragen Gottes Botschaften unter die Menschen. . . . . Wunder umgeben den Menschen; er lebt in einem Element des Wunders171 . . . . Ein großes Gesetz der Pflicht, erhaben wie diese beiden Unendlichkeiten (Himmel und Hölle), das alles andere in den Schatten stellt und vernichtet – es war eine Wirklichkeit und ist es noch immer: sein Gewand [SD # 211] allein ist vergangen, seine Essenz lebt durch alle Zeiten und durch alle Ewigkeit!“

Es lebt unbestreitbar und hat sich seit der dritten Rasse direkt durch seine ersten „aus dem Gemüt geborenen“ Söhne – die Früchte von Kriyashakti – mit all seiner unausrottbaren Stärke und Kraft im asiatischen, arischen Herzen gefestigt. Während die Zeit dahin rollte, brachte die heilige Kaste der Initiierten nur selten, von Zeitalter zu Zeitalter, solche vollkommenen Geschöpfe hervor: Wesen, die innerlich anders waren, obwohl äußerlich dieselben wie die, von denen sie hervorgebracht wurden.

Es geschah in der Kindheit der dritten ursprünglichen Rasse:

„Ein Geschöpf erhabenerer Art,
Noch ermangelnd, und ward daher geplant;
Bewusst im Denken, und mit weit’rem Herzen
Für das Reich geformt und geeignet,
über die Übrigen zu herrschen. . . . .“

Dieses Geschöpf wurde als ein bereites und vollkommenes Vehikel ins Dasein gerufen für sich inkarnierende Bewohner höherer Sphären, die fortan in diesen Formen ihren Aufenthalt nahmen, vom spirituellen Willen und der natürlichen göttlichen Kraft im Menschen geboren. Es war ein Kind reinen Geistes, mental von keinerlei Beimischung irdischer Elemente getrübt. Nur seine körperliche Hülle gehörte der Zeit und dem Leben an, denn seine Intelligenz bezog es unmittelbar von oben. Es war der lebendige Baum göttlicher Weisheit und kann daher mit dem Weltenbaum der nordischen Legenden verglichen werden, der nicht welken und sterben kann, ehe die letzte Schlacht des Lebens geschlagen ist, während seine Wurzeln die ganze Zeit vom Drachen Nidhogg zernagt werden; denn auch der Körper des ersten und heiligen Sohnes Kriyashaktis wurde vom Zahn der Zeit zerfressen, während die Wurzeln seines inneren Wesens für immer unverweslich und stark blieben, weil sie im Himmel wuchsen und sich ausbreiteten und nicht auf der Erde. Er war der Erste der Ersten, und er war der Same aller anderen. Es gab noch weitere „Söhne Kriyashaktis“, in einer zweiten spirituellen Anstrengung hervorgebracht. Aber der Erste ist bis zu diesem Tag der Same der göttlichen Erkenntnis, der Eine und Höchste unter den irdischen „Söhnen der Weisheit“ geblieben. Über diesen Gegenstand können wir nicht mehr sagen, sondern nur hinzufügen, dass es in jedem Zeitalter – ja sogar in unserem eigenen – große Intellekte gab, die dieses Problem richtig verstanden.

Wie konnte sich unser physischer Körper in den vollkommenen Zustand entwickeln, in welchem man ihn jetzt vorfindet? Durch Millionen Jahre andauernde Evolution natürlich, jedoch niemals durch oder von Tieren, wie der Materialismus lehrt. Denn wie Carlyle sagt: „. . . Die Essenz unseres Seins, das Mysterium in uns, das sich selbst ‘Ich’ nennt – welche Worte haben wir für solche Dinge? Es ist ein Atem des Himmels; [SD # 212] das höchste Wesen offenbart sich selbst im Menschen. Dieser Körper, diese Fähigkeiten, dieses unser Leben, ist es nicht alles ein Gewand des Namenlosen?“

Der Atem des Himmels oder vielmehr der Atem des Lebens, in der Bibel Nephesch genannt, ist in jedem Tier, in jedem belebten Stäubchen und in jedem mineralischen Atom. Aber keines von diesen hat, wie der Mensch, ein Bewusstsein von der Natur dieses höchsten Wesens172, weil keines diese göttliche Harmonie in seiner Form hat, wie sie der Mensch besitzt. Es ist so, wie Novalis es sagte; und keiner hat es seither besser gesagt, und Carlyle wiederholt es wie folgt:

„Es gibt nur einen Tempel im Universum, und das ist der Körper des Menschen. Nichts ist heiliger als diese hohe Form. . . . Wir berühren den Himmel, wenn wir unsere Hand auf einen menschlichen Körper legen!“ „Das klingt wie eine bloße, blumige Redensart“, fügt Carlyle hinzu, „aber es ist nicht so. Wenn man tief nachsinnt, wird es sich als eine wissenschaftliche Tatsache erweisen; als der Ausdruck . . . der tatsächlichen Wahrheit der Sache. Wir sind das Wunder der Wunder – das große, unergründliche Mysterium.“

[SD # 213]
STANZE VII

1. Siehe den Anfang des fühlenden, formlosen Lebens (a).
Zuerst das Göttliche (Vehikel) (b), das eine von dem Mutter-Geiste (Atman); dann das Geistige (Atman-Buddhi, Geist-Seele)173 (c); (wiederum) die Drei von dem Einen (d), die Vier von dem Einen (e) und die Fünf (f), von ihnen die Drei, die Fünf und die Sieben (g). Das sind die Drei- und die Vierfältigen abwärts; die „aus dem Gemüt geborenen“ Söhne des ersten Herrn (Avalokitesvara), die leuchtenden Sieben (die „Baumeister“).174 Sie sind es, die du, ich, er sind, oh Lanu; sie, die über dich und deine Mutter, Bhumi (die Erde), wachen.

(a) Innerhalb der in den zwölf Zeichen des Tierkreises aufgezeichneten großen Ordnungen wird die Hierarchie der schöpferischen Kräfte esoterisch in sieben (oder 4 und 3) geteilt; die sieben der sich manifestierenden Stufenleiter stehen ferner mit den sieben Planeten in Zusammenhang. All das wird weiter unterteilt in zahllose Gruppen göttlich-geistiger, halb-geistiger und etherischer Wesen.

Die Haupthierarchien unter ihnen werden dabei exoterisch mit der großen Vierheit oder als die „vier Körper und drei Fähigkeiten“ Brahmâs angedeutet; und im buddhistischen System als der Panchasyam, die fünf Brahmâs oder die fünf Dhyani-Buddhas.

Die höchste Gruppe setzt sich aus den sogenannten göttlichen Flammen zusammen, die auch als die „feurigen Löwen“ und die „Löwen des Lebens“ bezeichnet werden, deren Esoterik im Tierkreiszeichen des Löwen sicher verborgen liegt. Sie ist die Nukleole der oberen Göttlichen Welt (siehe Kommentar auf den ersten Seiten des Anhangs). Sie sind die formlosen feurigen Atem, in einem Aspekt identisch mit der oberen sephirothischen Triade, die von den Kabbalisten in die „Archetypische Welt“ gelegt wird.

Dieselbe Hierarchie, mit denselben Zahlen, findet sich auch im japanischen System, und zwar in den sowohl von den Shinto als auch von den buddhistischen Sekten gelehrten „Anfängen“. In diesem System geht die Anthropogenesis der Kosmogenesis voraus, da sich das Göttliche in das Menschliche eingliedert und – [SD # 214] inmitten seines Abstieges in die Materie – das sichtbare Universum erschafft. Die legendären äußeren Erscheinungsformen – bemerkt Omoie ehrfürchtig – „sind als die stereotype Verkörperung der höheren (geheimen) Lehre und ihrer erhabenen Wahrheiten zu verstehen“. Das in vollem Umfang darzulegen, würde zu viel von unserem Raum einnehmen, aber ein paar Worte über das alte System können nicht unangebracht sein. Das Folgende ist eine kurze Übersicht über diese Anthropo-Kosmogenesis und zeigt, wie ähnlich selbst die unterschiedlichsten Begriffe ein und dieselbe archaische Lehre wiedergaben.

Als alles noch Chaos (Konton) war, erschienen drei spirituelle Wesen auf der Bühne der künftigen Schöpfung: (1) Ame no ani naka nushi no Kami, „Göttlicher Monarch des Zentralhimmels“; (2) Taka mi onosubi no Kami, „Erhabener, kaiserlich göttlicher Nachkomme von Himmel und Erde“; und (3) Kamu mi musubi no Kami, einfach „Nachkomme der Götter“.

Diese waren ohne Form oder Substanz (unsere Arupa-Triade), da sich weder die himmlische noch die irdische Substanz bereits differenziert hatte, „noch die Essenz der Dinge geformt war“.

Der heute vorliegende „Zohar“, von Moses de Leon mithilfe syrischer und chaldäischer christlicher Gnostiker im 13. Jahrhundert geordnet und neu herausgegeben und danach noch von vielen christlichen Händen korrigiert und revidiert, ist nur graduell weniger exoterisch als die Bibel selbst. Dieses göttliche „Vehikel“ wird nicht mehr länger wie im „Chaldäischen Buch der Zahlen“ dargestellt. Wahr genug, Ain Soph, das Absolute Endlose Nichtding, benutzt auch die Form des Einen, des manifestierten „Himmlischen Menschen“ (der Ersten Ursache) als seinen Streitwagen (im Hebräischen Merkabah, im Sanskrit Vahana) oder Vehikel, um in die phänomenale Welt hinabzusteigen und sich in ihr zu manifestieren. Aber die Kabbalisten erklären weder, wie das Absolute überhaupt irgendetwas benutzen oder irgendeine Eigenschaft besitzen kann, da es als das Absolute aller Eigenschaften bar ist; noch sagen sie, dass es in Wirklichkeit die Erste Ursache (Platons Logos), die ursprüngliche und ewige Idee ist, die sich sozusagen durch Adam Kadmon, den Zweiten Logos, manifestiert. Im „Buch der Zahlen“ wird erklärt, dass En (oder Ain, Aior) das einzige Selbstexistierende ist, während seine „Tiefe“ (der Bythos oder Buthon der Gnostiker, Propator genannt) lediglich periodisch ist. Letzterer ist Brahmâ im Unterschied zu Brahman oder Parabrahman. Er ist die Tiefe, die Quelle des Lichts oder der Propator, der nicht manifestierte Logos oder die abstrakte Idee, und nicht Ain Soph, dessen Strahl Adam Kadmon oder den manifestierten Logos (das objektive Universum) „männlich und weiblich“ als seinen Streitwagen benutzt, um sich durch ihn zu manifestieren. Jedoch lesen wir im „Zohar“ folgende Unstimmigkeit: „Senior [SD # 215] occultatus est et absconditus; Microprosopus manifestus est, et non manifestus.“ (Rosenroth, „Liber Mysterii“, IV, 1). Das ist ein Irrtum, weil Mikroprosopus oder der Mikrokosmos nur während seiner Manifestationen existieren kann und während der Maha-Pralayas vernichtet ist. Rosenroths Kabbala ist keine Richtschnur, sondern sehr häufig ein Rätsel.

(b) Wie im japanischen System, in der ägyptischen und jeder alten Kosmogonie – an dieser göttlichen Flamme, der „Einen“, werden die drei absteigenden Gruppen entzündet. Während sich ihr potenzielles Sein in der höheren Gruppe befindet, werden sie jetzt zu bestimmten und getrennten Wesenheiten. Diese werden die „Jungfrauen des Lebens“ genannt, die „große Illusion“ etc. etc.; und kollektiv der „sechszackige Stern“. Der Letztere ist in fast jeder Religion das Symbol des Logos in seiner ersten Emanation. In Indien ist er das Zeichen Vishnus (das Chakra oder Rad); und die Glyphe des Tetragrammaton, der „Er der vier Buchstaben“ oder – metaphorisch – die „Glieder des Mikroprosopus“ in der Kabbala, jeweils zehn und sechs. Die späteren Kabbalisten jedoch, insbesondere die christlichen Mystiker, haben an diesem großartigen Symbol175 traurige Verwüstungen angerichtet. Denn die „zehn Gliedmaßen“ des Himmlischen Menschen sind die zehn Sephiroth; der erste Himmlische Mensch ist aber der unmanifestierte Geist des Universums und sollte niemals zum Mikroprosopus erniedrigt werden – dem kleineren Gesicht oder Antlitz, dem Prototyp des Menschen auf der irdischen Ebene.176 Doch davon später mehr. Der sechszackige Stern bezieht sich auf die sechs Kräfte oder Mächte der Natur, die sechs Ebenen, Prinzipien etc. etc., die alle in dem siebten oder dem Mittelpunkt des Sterns zusammengefasst sind. Alle diese, einschließlich der oberen und unteren Hierarchien, emanieren aus der „Wunderbaren oder Himmlischen Jungfrau“,177 der großen Mutter aller Religionen, die Androgyne, die [SD # 216] Sephira-Adam-Kadmon. In seiner Einheit ist das ursprüngliche Licht das siebte oder höchste Prinzip, Daivi-Prakriti, das Licht des unmanifestierten Logos. Aber in seiner Differenzierung wird es zu Fohat oder den „Sieben Söhnen“. Ersteres wird durch den Mittelpunkt des doppelten Dreiecks symbolisiert; die Letzteren durch das Hexagon selbst oder die „sechs Gliedmaßen“ des Mikroprosopus, deren siebtes Malkuth ist, die „Braut“ der christlichen Kabbalisten oder unsere Erde. Daher die Ausdrucksweise:

„Das Erste nach dem ‘Einen’ ist göttliches Feuer; das Zweite Feuer und Äther; das Dritte ist zusammengesetzt aus Feuer, Äther und Wasser; das Vierte aus Feuer, Äther, Wasser und Luft.“178 Das Eine ist nicht mit den Menschen tragenden Globen befasst, sondern mit den inneren, unsichtbaren Sphären. Die ‘Erstgeborenen’ sind das Leben, das Herz und der Pulsschlag des Universums; die Zweiten sind sein Gemüt oder Bewusstsein“,179

wie es in dem Kommentar heißt.

(c) Die zweite Ordnung der Himmlischen Wesen, jener aus Feuer und Äther (Geist und Seele entsprechend oder Atman-Buddhi), deren Namen Legion sind, sind noch formlos, aber ausgeprägter „substanziell“. Sie sind die erste Differenzierung in der Zweiten Evolution oder „Schöpfung“ – ein irreführendes Wort. Wie der Name zeigt, sind sie die Prototypen der sich inkarnierenden Jivas oder Monaden und aus dem Feurigen Geist des Lebens zusammengesetzt. Ein dem Sonnenlicht gleicher Strahl durchdringt sie und wird von ihnen mit seinem zukünftigen Vehikel versehen, der Göttlichen Seele, Buddhi. Sie haben unmittelbar mit den Scharen der höheren Welt unseres Systems zu tun. Aus diesen zweifältigen Einheiten emanieren die Dreifältigen.

In der japanischen Kosmogonie ist es der eben genannte „Dreifältige“, der sich differenziert, wenn aus der chaotischen Masse ein eiförmiger Kern hervorgeht, der den Keim und die Potenz des gesamten universalen sowie terrestrischen Lebens in sich birgt. „Das männliche ätherische“ (Yo) Prinzip [SD # 217] steigt empor, und das weibliche, gröbere und materiellere Prinzip (In) wird in das Substanz-Universum ausgeschüttet, wenn die Trennung zwischen dem Himmlischen und dem Irdischen eintritt. Daraus wird das Weibliche, die Mutter, das erste rudimentäre objektive Wesen geboren. Es ist etherisch, ohne Form oder Geschlecht, und doch werden aus ihm und der Mutter die Sieben Göttlichen Geister geboren, aus denen die sieben Schöpfungen emanieren werden, gerade so wie im Codex Nazaräus aus Karabtanos und dem mütterlichen Spiritus die sieben böse veranlagten (materiellen) Geister geboren werden. Es wäre zu langwierig, hier die japanischen Namen wiederzugeben, aber einmal übersetzt stehen sie in folgender Reihenfolge:

(1) Der „unsichtbare Junggeselle“, welcher der schöpferische Logos des nicht erschaffenden „Vaters“ ist; oder die schöpferische Potenzialität des Letzteren in manifestierter Form.

(2) „Der Geist (oder der Gott) der strahlenlosen Tiefen“ (des Chaos), der zur differenzierten Materie oder zum Weltstoff wird; auch das Mineralreich.

(3) „Der Geist des Pflanzenreichs“, der „üppigen Vegetation“.

(4) Diese hat eine duale Natur, da sie gleichzeitig „der Geist der Erde“ und „der Geist des Sandes“ ist. Der Erstere trägt die Potenzialität des männlichen Elementes, der Letztere die des weiblichen Elementes in sich, die beiden bilden eine gemeinsame Natur.

Diese beiden waren eins; sie waren sich noch nicht bewusst, zwei zu sein.

In dieser Dualität waren enthalten (a) das männliche, dunkle und muskulöse Wesen Isu no gai no Kami; und (b) Eku gai no Kami, das weibliche, schöne und schwächere oder zartere Wesen. Dann:

(5 und 6) Die Geister, die androgyn oder zweigeschlechtig waren, und schließlich:

(7) Der siebte Geist, als Letzter aus der „Mutter“ emaniert, erscheint als die erste göttlich-menschliche Form, eindeutig männlich und weiblich. Er war die siebte Schöpfung, wie in den Puranas, wo der Mensch die siebte Schöpfung Brahmâs ist.

Diese, Tsanagi-Tsanami, stiegen über die himmlische Brücke (die Milchstraße) in das Universum hinab, und als „Tsanagi tief unten eine chaotische Anhäufung von Wolken und Wasser sah, schleuderte er seinen juwelenbesetzten Speer in die Tiefen, und trockenes Land erschien“. Dann trennten sich die beiden, um Onokoro, die neu erschaffene Inselwelt, zu erforschen; etc. etc. (Omoie).

[SD # 218] Das sagen die japanischen exoterischen Fabeln – die Schale, die den Kern derselben einen Wahrheit der Geheimlehre verbirgt. Um zu den esoterischen Erklärungen in allen Kosmogonien zurückzukehren:

(d) Die Dritte Ordnung entspricht Atman-Buddhi-Manas: Geist, Seele und Intellekt und wird die „Triaden“ genannt.

(e) Die Vierten sind substanzielle Wesenheiten. Sie sind die höchste Gruppe der Rupas (atomistische Formen180). Sie ist der Hort der menschlichen, bewussten, spirituellen Seelen. Sie werden die „unvergänglichen Jivas“ genannt und bilden mittels der ihnen unterliegenden Ordnung die erste Gruppe der ersten siebenfältigen181 Schar – das große Mysterium des menschlichen bewussten und [SD # 219] intellektuellen Wesens. Letzteres stellt das Feld dar, in welchem in seiner Entbehrung der Keim verborgen liegt, der in die Zeugung fallen wird. Dieser Keim wird in der physischen Zelle zur spirituellen Potenz, welche die Entwicklung des Embryos leitet und die Ursache der erblichen Übertragung von Fähigkeiten und aller dem Menschen inhärenten Qualitäten ist. Die Darwinsche Theorie von der Übertragung erworbener Fähigkeiten wird jedoch vom Okkultismus weder gelehrt noch angenommen. Evolution geht ihm zufolge nach ganz anderen Regeln vonstatten; nach der esoterischen Lehre evolviert das Physische allmählich aus dem Spirituellen, Mentalen und Psychischen. Diese innere Seele der physischen Zelle – dieses „spirituelle Plasma“, welches das Keimplasma beherrscht – ist der Schlüssel, der eines Tages die Tore zur Terra incognita des Biologen öffnen muss, die jetzt das dunkle Mysterium der Embryologie genannt wird (siehe Text und Anmerkung weiter unten).

(f) Die fünfte Gruppe ist sehr geheimnisvoll, da sie mit dem mikrokosmischen Pentagon in Zusammenhang steht, mit dem den Menschen darstellenden fünfzackigen Stern. In Indien und Ägypten wurden diese Dhyanis mit dem Krokodil in Verbindung gebracht, und ihr Aufenthaltsort befindet sich im Steinbock. Das sind aber in der indischen Astrologie vertauschbare Bezeichnungen, denn dieses (zehnte) Zeichen des Tierkreises wird Makara genannt, frei mit „Krokodil“ zu übersetzen. Das Wort selbst wird okkult auf verschiedene Weise interpretiert, wie später gezeigt werden wird. In Ägypten wurde der Verstorbene – dessen Symbol das Pentagramm oder der fünfzackige Stern ist, wobei seine Zacken für die Glieder des Menschen stehen – sinnbildlich als in ein Krokodil verwandelt dargestellt: Sebakh oder Sevekh „oder der Siebte“ ist – wie Gerald Massey sagt, der nachweist, dass der Siebte von intelligenter Art war – in Wirklichkeit aber ein Drache, kein Krokodil. Er ist der „Drache der Weisheit“ oder Manas, die „menschliche Seele“, das Gemüt, das Intelligenzprinzip, das in unserer Esoterischen Philosophie das „fünfte“ Prinzip genannt wird.

In Kapitel LXXXVIII des „Totenbuches“ oder Rituals spricht der verstorbene „Osirifizierte“ unter der Glyphe eines mumifizierten Gottes mit einem Krokodilkopf:

(1) „Ich bin der Gott (das Krokodil), der Verwalter der Furcht . . . bei der Ankunft seiner Seele unter den Menschen. Ich bin der Krokodilgott, herbeigebracht zur Zerstörung“ (eine Anspielung auf die Zerstörung der göttlichen spirituellen Reinheit, [SD # 220] wenn der Mensch die Erkenntnis von Gut und Böse erlangt; auch auf die „gefallenen“ Götter oder Engel aller Theogonien).

(2) „Ich bin der Fisch des großen Horus (wie Makara das „Krokodil“ ist, das Vehikel des Varuna). Ich bin verschmolzen mit Sekhem.“

Dieser letzte Satz bestätigt und wiederholt die Lehre des esoterischen Buddhismus, denn er spielt unmittelbar auf das fünfte Prinzip (Manas) an, oder vielmehr auf den spirituellsten Teil seiner Essenz, der nach dem Tod des Menschen mit Atman-Buddhi verschmolzen, von ihm absorbiert und mit ihm eins gemacht wird. Denn Sekhem ist die Residenz oder der Loka des Gottes Khem (Horus-Osiris oder Vater und Sohn), daher Atman-Buddhis „Devachan“. Im Ritual des Todes wird der Verstorbene dargestellt, wie er mit Horus-Thot in Sekhem eingeht und „als reiner Geist daraus auftaucht“ (lxiv., 29). So sagt der Verstorbene (V. 130): „Ich sehe die Formen von (meiner selbst als verschiedene) Menschen, die sich ewig verwandeln . . . Ich kenne dieses (Kapitel). Wer es kennt . . . nimmt alle Arten von lebenden Formen an.“ . . .

Und in Vers 35 sagt der Verstorbene, indem er das in der ägyptischen Esoterik sogenannte „Herz der Vorfahren“ oder das reinkarnierende Prinzip, das permanente Ego, mit einer magischen Formel anruft:

„Oh mein Herz, Herz meiner Vorfahren, das du notwendig bist für meine Verwandlungen, . . . . . . trenne dich nicht von mir vor dem Hüter der Waage. Du bist meine Persönlichkeit innerhalb meiner Brust, göttlicher Gefährte, der du über mein Fleisch (Körper) wachst. . . . . . . “

In Sekhem liegt das „geheimnisvolle Angesicht“ oder der wirkliche Mensch, unter der falschen Persönlichkeit verborgen, das dreifache Krokodil Ägyptens, das Symbol der höheren Dreieinigkeit oder der menschlichen Triade, Atman, Buddhi und Manas.182 In allen alten Papyri wird das Krokodil Sebek (Siebtes) genannt, während das Wasser esoterisch das fünfte Prinzip ist; und wie bereits erwähnt, zeigt Gerald Massey, dass das Krokodil die „siebte Seele, die höchste von sieben – der unsichtbare Seher“ war. Selbst exoterisch ist Sekhem die Residenz des Gottes Khem, und Khem ist Horus, der den Tod seines Vaters Osiris rächt und somit die Sünden des Menschen bestraft, wenn er zu einer entkörperten Seele wird. So wurde der verstorbene [SD # 221] „Osirifizierte“ zum Gott Khem, der „das Feld von Aanru aufliest“, d. h., er sammelt entweder seinen Lohn oder seine Strafe ein, denn dieses Feld ist der himmlische Ort (Devachan), wo dem Verstorbenen Weizen gegeben wird, die Nahrung der göttlichen Gerechtigkeit. Von der fünften Gruppe der himmlischen Wesen wird angenommen, dass sie in sich die dualen Attribute sowohl der spirituellen als auch der physischen Aspekte des Universums enthält; sozusagen die beiden Pole Mahats, der universalen Intelligenz, und die duale Natur des Menschen, die spirituelle und die physische. Daher ist ihre Zahl Fünf, die – multipliziert und zu zehn gemacht – sie mit Makara verbindet, dem 10. Zeichen des Tierkreises.

(g) Die sechste und siebte Gruppe haben Anteil an den niederen Eigenschaften der Vierfältigkeit. Ebenso unsichtbar wie der Ether selbst, sind sie bewusste etherische Wesenheiten, die wie die Äste eines Baumes aus der ersten zentralen Gruppe der Vier hervorkommen und ihrerseits zahllose Seitengruppen austreiben, deren niedrigere die zahllosen Arten und Spielarten der Naturgeister oder Elementale darstellen; von den formlosen und nichtsubstanziellen – den idealen Gedanken ihrer Schöpfer – bis hinab zu den atomaren, wenn auch für die menschliche Wahrnehmung unsichtbaren Organismen. Letztere werden als die „Geister der Atome“ betrachtet, denn sie stehen den physischen Atomen am Nächsten (rückwärts) – fühlende, wenn nicht intelligente Geschöpfe. Sie sind alle Karma unterworfen und müssen es in jedem Zyklus abarbeiten. Weder in unserem noch in anderen Systemen, weder in den äußeren noch in den inneren Welten,183 so vermittelt es die Lehre, gibt es im Universum gleichermaßen bevorzugte Wesen wie die Engel der westlichen und der jüdischen Religion. Ein Dhyan Chohan muss zu einem solchen werden; er kann nicht als ein voll erblühter Engel geboren werden oder als solcher plötzlich auf der Ebene des Lebens erscheinen. Die Himmlische Hierarchie des gegenwärtigen Manvantara wird sich im nächsten Lebenszyklus in höhere, übergeordnete Welten versetzt finden und einer neuen Hierarchie Platz machen, welche aus den Auserwählten unserer Menschheit zusammengesetzt sein wird. Das Sein ist ein endloser Kreislauf innerhalb der einen, absoluten Ewigkeit, innerhalb welcher zahllose endliche und bedingte Zyklen ablaufen. Göttern, als solche erschaffen, würde ihr Gottsein keinen persönlichen Verdienst bringen. Eine solche Klasse von Wesen, vollkommen nur vermöge der besonderen, ihnen innewohnenden unbefleckten Natur, würde der leidenden und ringenden Menschheit und selbst der niederen Schöpfung gegenüber das [SD # 222] Symbol einer ewigen Ungerechtigkeit sein, ihrem Charakter nach ziemlich satanisch, ein immer gegenwärtiges Verbrechen. Sie wäre eine Anomalie und eine Unmöglichkeit in der Natur. Daher müssen die „Vier“ und die „Drei“ ebenso inkarnieren wie alle anderen Wesen. Diese sechste Gruppe bleibt obendrein nahezu untrennbar mit dem Menschen verbunden, der alles von ihr bezieht, mit Ausnahme seiner höchsten und niedrigsten Prinzipien oder seinem Geist und seinem Körper. Die fünf mittleren menschlichen Prinzipien sind die eigentliche Essenz jener Dhyanis.184 Der Göttliche Strahl (der Atman) allein geht unmittelbar aus dem Einen hervor. Wenn gefragt wird, wie kann das sein? Wie ist es möglich sich vorzustellen, dass jene „Götter“ oder Engel gleichzeitig ihre eigenen Emanationen und ihre persönlichen Selbste sein können? Verhält es sich in der materiellen Welt in gleicher Weise, wo der Sohn (auf eine Art) sein Vater ist, da er sein Blut, Bein von seinem Bein und Fleisch von seinem Fleisch ist? Darauf antworten die Lehrer: „Wahrhaftig, so ist es.“ Aber man muss tief in das Mysterium des Seins eindringen, bevor man diese Wahrheit völlig erfassen kann.

2. Der eine Strahl vervielfältigt die kleineren Strahlen. Leben geht der Form voran, und Leben überdauert das letzte Atom (der Form, des Sthula-Sarira, des äußeren Körpers). Durch die zahllosen Strahlen zieht sich der Lebensstrahl, der eine, wie ein Faden durch viele Perlen (a).

(a) Diese Stanze beschreibt die Vorstellung – eine rein vedantische, wie bereits an anderer Stelle erklärt – eines Lebensfadens, Sutratman, der aufeinanderfolgende Generationen durchzieht. Wie kann das nun erklärt werden? Indem wir auf ein Gleichnis, auf ein vertrautes Bild zurückgreifen, das allerdings notwendigerweise unvollkommen ist, was für alle uns zu Gebote stehenden Analogien gilt. Bevor wir darauf zurückgreifen, möchte ich jedoch fragen, ob irgendjemandem von uns der Vorgang des Heranwachsens und die Entwicklung eines Fötus zu einem gesunden, mehrere Pfund schweren Baby unnatürlich erscheint, oder gar „übernatürlich“ – entwickelt woraus? Aus der Zellteilung eines außerordentlich kleinen Eies und eines Spermatozoons; und danach beobachten wir, wie sich das Baby zu einem über 1,80 Meter großen Mann entwickelt! Das bezieht sich auf die atomare und physische [SD # 223] Expansion vom mikroskopisch Kleinen zu etwas sehr Großem, vom – für das bloße Auge – Unsichtbaren zum Sichtbaren und Objektiven. Die Wissenschaft hat für all das gesorgt, und ich wage zu behaupten, dass ihre embryologischen, biologischen und physiologischen Theorien ausreichend korrekt sind, soweit es die exakte Beobachtung des Materials betrifft. Nichtsdestoweniger sind die beiden Hauptschwierigkeiten der Embryologie niemals richtig beantwortet worden – nämlich welche Kräfte bei der Bildung des Fötus am Werk sind und was die Ursache der „erblichen Übertragung“ physischer, moralischer und intellektueller Ähnlichkeit ist; auch werden sie bis zu dem Tag nicht gelöst werden, an dem sich die Wissenschaftler dazu herablassen, die okkulten Theorien185 anzuerkennen. Wenn jedoch dieses physische [SD # 224] Phänomen niemanden in Erstaunen versetzt, abgesehen davon, dass es die Embryologen in Verlegenheit bringt, warum sollte unser intellektuelles und inneres Wachstum, die Evolution des Menschlich-Spirituellen zum Göttlich-Spirituellen, für unmöglicher gehalten werden oder unmöglicher erscheinen als das andere? Nun zu dem Gleichnis.

Ergänzen Sie das in der letzten Fußnote erwähnte physische Plasma, die „Keimzelle“ des Menschen, mit seinem gesamten materiellen Potenzial, sozusagen mit dem „spirituellen Plasma“ oder mit dem Fluidum, das die fünf niedrigeren Prinzipien der aus sechs Prinzipien bestehenden Dhyanis enthält – und Sie haben das Geheimnis, wenn Sie spirituell genug sind, es zu verstehen.

Wenn der Same des männlichen in den Boden des weiblichen Tieres eingepflanzt wird, kann dieser Same nur dann keimen, wenn er von den fünf Qualitäten (dem Fluidum oder der Emanation aus den Prinzipien) des sechsfältigen Himmlischen Menschen befruchtet worden ist. Daher wird der Mikrokosmos als ein Pentagon innerhalb des hexagonalen Sterns, des „Makrokosmos“, dargestellt („῎Ανθρωπος“, ein Werk über okkulte Embryologie, Buch I). Weiter: „Die Funktionen des Jiva auf dieser Erde sind von fünffältigem Charakter. Im mineralischen Atom ist er mit den niedrigsten Prinzipien der Erdgeister (der sechsfältigen Dhyanis) verbunden; im pflanzlichen Teilchen mit ihrem zweiten – Prana (Leben); im Tier mit all diesen plus dem dritten und vierten; im Menschen muss der Keim die Früchte von allen fünf erhalten. Sonst wird er nicht über der animalischen Stufe geboren werden“, sondern von Geburt an als Idiot. Somit ist der Jiva allein im Menschen vollständig. Was sein siebtes Prinzip anbelangt, handelt es sich dabei lediglich um einen der Strahlen der universalen Sonne. Jedes vernunftbegabte Geschöpf erhält nur eine zeitlich begrenzte Anleihe dessen, was zu seiner Quelle zurückkehren muss; sein physischer Körper hingegen wird von den niedersten irdischen Lebensformen durch physikalische, chemische und physiologische Evolution gestaltet. „Die Gesegneten haben nichts zu tun mit den Reinigungen der Materie.“ („Kabbala“, „Chaldäisches Buch der Zahlen“)

Daraus ergibt sich Folgendes: In ihrer ersten prototypischen, schattenhaften Form ist die Menschheit die Nachkommenschaft der Elohim des Lebens (oder der Pitris); in ihrem qualitativen und physischen Aspekt stellt sie die unmittelbaren Nachkommen der „Vorfahren“ dar, der niedrigsten Dhyanis oder Erdgeister. Ihre moralische, psychische und spirituelle Natur verdankt sie einer Gruppe von göttlichen Wesen, deren Namen und Eigenschaften in Band II gegeben werden. Kollektiv sind die Menschen das Werk von Scharen unterschiedlicher Geister; individuell die Tabernakel dieser Scharen; und gelegentlich und einzeln die Vehikel einiger von ihnen. In unserer gegenwärtigen gänzlich materiellen fünften Rasse ist der irdische Geist der [SD # 225] vierten noch stark in uns; wir nähern uns aber der Zeit, in der das Pendel der Evolution seine Bewegung entschieden nach aufwärts wenden und die Menschheit in ihrer Spiritualität auf eine mit der ursprünglichen dritten Wurzelrasse parallele Linie zurückschwingen wird. In ihrer Kindheit war die Menschheit vollständig aus dieser Engelsschar zusammengesetzt, die ihnen innewohnenden Geister, welche die monströsen und gigantischen Tabernakel aus Ton der vierten Rasse beseelten – aufgebaut (wie bis heute) und zusammengesetzt aus zahllosen Myriaden von Leben.186 Dieser Satz wird weiter hinten im vorliegenden Kommentar erklärt werden. Die Beschaffenheit und Symmetrie der Form der „Tabernakel“ hat sich vervollkommnet, indem sie mit dem Globus, der sie gebar, wuchsen und sich entwickelten. Aber die physische Vervollkommnung fand auf Kosten des spirituellen inneren Menschen und der Natur statt. Die drei mittleren Prinzipien der Erde und des Menschen wurden mit jeder Rasse zunehmend materieller; die Seele trat zurück, um Raum zu schaffen für den physischen Intellekt; die Essenz der Elemente wurde zu den heute bekannten materiellen und zusammengesetzten Elementen.

Der Mensch ist weder das vollkommene Produkt von „Gott, dem Herrn“, noch könnte er es jemals sein; aber er ist das Kind der Elohim, die so willkürlich in die Einzahl gesetzt und maskulin gemacht wurden. Die ersten Dhyanis, denen aufgetragen war, den Menschen nach ihrem Ebenbild zu „erschaffen“, konnten nur ihre Schatten abwerfen, wie ein zartes Modell, an welchem die Naturgeister der Materie arbeiten konnten (siehe Band II). Der Mensch ist ohne jeden Zweifel physisch aus dem Staub der Erde geformt, seine Schöpfer und Gestalter jedoch waren viele. Man kann auch nicht behaupten, dass „Gott, der Herr, ihm den Odem des Lebens in seine Nase blies“, außer jener Gott stellt das „Eine Leben“ dar, allgegenwärtig, wenn auch unsichtbar, und wenn „Gott“ nicht außerdem unterstellt wird, dass er mit jeder lebendigen Seele genauso verfährt – oder mit Nephesch, der vitalen Seele, die nicht der göttliche Geist oder Ruach ist, der allein dem Menschen einen göttlichen Grad von Unsterblichkeit gewährleisten kann, welchen kein Tier als solches in diesem Inkarnationszyklus jemals erlangen könnte. Es handelt sich um eine von den Juden und jetzt auch von unseren westlichen Metaphysikern vorgebrachte unangemessene Unterscheidung. Sie sind nicht imstande, einen mehr als dreieinigen Menschen – Geist, Seele, Körper – zu verstehen und anzunehmen [SD # 226] und verwechseln deshalb den „Atem des Lebens“ mit dem unsterblichen Geist.187 Das bezieht sich auch unmittelbar auf die protestantischen Theologen, die bei der Übersetzung von Vers 8, Kap. III im vierten Evangelium den Sinn vollständig verdreht haben. Diese Übersetzung lautet „Der Wind weht, wo er will“, anstelle von „Der Geist weht, wo er will“, wie es im Original und auch in der Übersetzung der griechisch-orthodoxen Kirche heißt.

So befindet sich die Philosophie über die psychischen, spirituellen und mentalen Beziehungen des Menschen zu seinen körperlichen Funktionen in einer fast unauflösbaren Verwirrung. Weder die alte arische noch die ägyptische Psychologie werden heute korrekt verstanden. Ohne die Annahme der esoterischen siebenfältigen oder wenigstens der vedantistischen fünffältigen Einteilung der inneren Prinzipien des Menschen können sie auch überhaupt nicht assimiliert werden. Ohne diese Einteilungen wird es niemals möglich sein, die metaphysischen und rein psychischen, ja selbst die physiologischen Beziehungen zwischen den Dhyan Chohans oder Engeln auf der einen Ebene und der Menschheit auf der anderen zu verstehen. Bis jetzt wurden keinerlei östliche (arische) esoterische Werke veröffentlicht, aber wir besitzen die ägyptischen Papyri, die klar [SD # 227] von den sieben Prinzipien oder den „Sieben Seelen des Menschen“ sprechen.188 Das Totenbuch gibt eine vollständige Liste der von den Verstorbenen beim schrittweisen Ablegen dieser Prinzipien zu durchlaufenden „Wandlungen“; diese Prinzipien sind um der Verständlichkeit willen zu etherischen Wesenheiten oder Körpern materialisiert. Jene, die zu beweisen versuchen, dass die alten Ägypter die Reinkarnation nicht kannten und lehrten sowie dass die „Seele“ (das Ego oder das Selbst) des Verstorbenen angeblich in Ewigkeit lebt, müssen wir darüber hinaus an Folgendes erinnern: Sie ist „so alt wie die Sonnenbarke und wird zusammen mit ihr verschwinden“, d. h. während des Zyklus der Notwendigkeit ist sie unsterblich. Diese „Seele“ taucht aus dem Tiaou auf (dem Bereich der Ursache des Lebens) und vereinigt sich bei Tag mit den auf der Erde Lebenden, um jede Nacht nach Tiaou zurückzukehren. Das stellt die periodischen Existenzen des Egos dar („Totenbuch“, cvxliii).

Der Schatten, die Astralform, wird ausgelöscht, „vom Uräus verschlungen (cxlix, 51). Die Manen werden ausgelöscht, die beiden Zwillinge (das 4. und 5. Prinzip) auseinandergetrieben; aber der Seelenvogel, „die göttliche Schwalbe – und der Uräus der Flamme“ (Manas und Atman-Buddhi), werden in Ewigkeit leben, denn sie sind Gatten ihrer Mütter.189

Gleiches allein erzeugt Gleiches. Die Erde gibt dem Menschen seinen Körper, die Götter (Dhyanis) geben ihm seine fünf inneren Prinzipien, den psychischen Schatten, von dem diese Götter oft das beseelende Prinzip sind. Der Geist (Atman) ist eins – und ungetrennt. Er ist nicht in Tiaou.

Denn was ist der Tiaou? Die häufigen Verweise darauf im „Totenbuch“ enthalten ein Mysterium. Tiaou ist der Pfad der Nacht-Sonne, die untere Hemisphäre oder die Höllen-Region der Ägypter, welche für sie auf der verborgenen Seite des Mondes liegt. Das menschliche Wesen entsprang in ihrer [SD # 228] Esoterik aus dem Mond (ein dreifaches Mysterium – astronomisch, physiologisch und psychologisch zugleich); er durchschritt den gesamten Zyklus der Existenz und kehrte dann zu seinem Geburtsort zurück, bevor er erneut aus ihm hervorging. So wird der Verstorbene im Westen ankommend dargestellt, empfängt sein Urteil von Osiris, aufersteht anschließend als der Gott Horus und umkreist den Sternenhimmel, was eine allegorische Anpassung an Ra darstellt, an die Sonne; wenn er dann Nut (den himmlischen Abgrund) durchquert hat, kehrt er wieder nach Tiaou zurück – eine Anpassung an Osiris, der als der Gott des Lebens und der Fortpflanzung den Mond bewohnt. Plutarch („Isis und Osiris“, Kap. xliii) zeigt, dass die Ägypter ein Fest feiern mit Namen „Osiris‘ Eintritt in den Mond“. In Kapitel xli wird Leben nach dem Tod versprochen; und die Erneuerung des Lebens wird unter den Schutz von Osiris-Lunus gestellt, weil der Mond das Symbol der Erneuerungen des Lebens oder der Reinkarnationen war – infolge seines allmonatlichen Zunehmens, Abnehmens, seiner Auslöschung und seines Wiedererscheinens. Im „Dankmoe“ (iv. 5) heißt es: „Oh Osiris-Lunus! Der du deine Erneuerung für dich erneuerst.“ Und Safekh sagt zu Seti I. (Mariettes „Abydos“, Tafel 51): „Du erneuerst dich wie der Gott Lunus als kleines Kind.“ Noch besser wird es erklärt in einem Papyrus des Louvre (P. Pierret, „Etudes Egyptologiques“): „Paarung und Empfängnis im Überfluss, wenn er (Osiris-Lunus) an diesem Tag am Himmel gesichtet wird.“ Osiris sagt: „Oh alleinig glänzender Strahl des Mondes! Ich gehe hervor aus den kreisenden Scharen (von Sternen) . . . . . . Öffne mir den Tiaou für Osiris N. Ich will hervorgehen bei Tag, um zu vollbringen, was ich unter den Lebenden auszuführen habe“ („Totenbuch“, Kap. ii) – d. h. die Empfängnis zu bewirken.

Osiris war der „in der Zeugung manifestierte Gott“, denn die Alten kannten die wirklichen okkulten Einflüsse des Mondkörpers auf die Mysterien der Empfängnis viel besser als die Menschen der Neuzeit.190 Später, als der Mond mit weiblichen Gottheiten191 in Verbindung gebracht wurde – mit Diana, Isis, Artemis, [SD # 229] Juno etc. – rührte diese Verbindung ebenfalls von einer vollständigen Kenntnis der Physiologie und der weiblichen Natur in physischer wie auch psychischer Hinsicht her. Ursprünglich waren jedoch Sonne und Mond die einzigen sichtbaren und sozusagen greifbaren [durch ihre Wirkungen] psychischen und physiologischen Gottheiten – der Vater und der Sohn –, während der Raum und die Luft im Allgemeinen oder der von den Ägyptern als Nut bezeichnete Bereich des Himmels den verborgenen Geist oder Atem der beiden darstellte. „Vater und Sohn“ waren in ihren Funktionen austauschbar und wirkten in ihren Einflüssen auf die irdische Natur und Menschheit harmonisch zusammen. Daher wurden sie als eins betrachtet, obwohl sie als personifizierte Wesenheiten zwei waren. Sie waren beide männlich, und beide hatten sowohl verschiedene als auch gemeinschaftliche Aufgaben bei der ursprünglichen Zeugung der Menschheit. So viel vom astronomischen und kosmischen Standpunkt aus betrachtet und in symbolischer Sprache zum Ausdruck gebracht – was in unseren späteren Rassen theologisch und dogmatisch wurde. Aber hinter diesem Schleier kosmischer und astrologischer Symbole standen die okkulten Mysterien der Anthropografie und der ursprünglichen Genesis des Menschen. Und was sie betrifft, wird und kann sämtliche Kenntnis der Symbole nicht weiterhelfen – nicht einmal der Schlüssel zu der nachsintflutlichen symbolischen Sprache der Juden –, ausgenommen in Bezug auf das, was in nationalen Schriften für exoterischen Gebrauch niedergelegt wurde; die Summe dessen, wie klug auch immer verschleiert, war nur der kleinste Teil der wirklichen ursprünglichen Geschichte eines jeden Volks und bezog sich darüber hinaus in vielen Fällen – wie in den hebräischen Schriften – lediglich auf das irdisch menschliche, nicht auf das göttliche Leben jener Nation. Dieses psychische und spirituelle Element gehörte den Mysterien und der Initiation an. Es gab Dinge, die niemals auf Rollen aufgezeichnet wurden, aber auf Felsen und in unterirdischen Krypten, wie in Zentralasien.

Nichtsdestoweniger gab es eine Zeit, als die ganze Welt „mit einer Zunge sprach und ein Wissen teilte“; und der Mensch mehr über seinen Ursprung wusste als jetzt, und so Kenntnis davon hatte, dass Sonne und Mond doch nicht die unmittelbaren Ursachen seines Erscheinens auf der Erde waren, unabhängig davon, welch wichtige Rolle sie in der Konstitution, beim Wachstum und bei der Entwicklung des menschlichen Körpers auch immer spielen mögen; [SD # 230] denn diese Ursachen sind in Wahrheit die lebendigen intelligenten Kräfte, die von den Okkultisten als Dhyan Chohans bezeichnet werden.

Darüber erzählt uns ein sehr gelehrter Bewunderer der jüdischen Esoterik, dass „die Kabbala ausdrücklich feststellt, dass Elohim eine ‘allgemeine Abstraktion’ ist; etwas, das wir in der Mathematik als ‘konstanten Koeffizienten’ oder ‘allgemeine Funktion’ bezeichnen, die in sämtliche Konstruktionen eingehen und nicht speziell sind; nach dem allgemeinen Verhältnis von 1 zu 31.415 sind das die (astro-dhyanischen und) elohistischen Zahlen.“ Hierauf antwortet der östliche Okkultist: Ganz recht, sie sind eine Abstraktion für unsere physischen Sinne. Für unsere spirituelle Wahrnehmung jedoch und für unser inneres spirituelles Auge sind die Elohim oder Dhyanis ebenso wenig eine Abstraktion wie unsere Seele und unser Geist es für uns sind. Verwirf das eine und du verwirfst das andere mit – denn das, was die überlebende Wesenheit in uns ist, ist zum einen Teil eine unmittelbare Emanation aus jenen himmlischen Wesenheiten und zum anderen diese himmlischen Wesen selbst. Eines aber ist sicher: Die Juden waren mit Zauberei und verschiedenen verderblichen Kräften vollkommen vertraut; aber mit Ausnahme einiger ihrer großen Propheten und Seher, wie Daniel und Hesekiel (Enoch gehörte als Charaktertypus einer weit entfernten Rasse und überhaupt keiner besonderen Nation an, sondern vielmehr allen), wussten sie nur wenig vom wirklichen, göttlichen Okkultismus, noch wollten sie sich damit beschäftigen. Der Charakter ihrer Nation stand allem entgegen, was nicht mit eigenen ethnischen, stammesmäßigen und individuellen Vorteilen in Zusammenhang stand – Zeugen dafür sind ihre eigenen Propheten und die Flüche, die diese gegen die „halsstarrige Rasse“ schleuderten. Aber selbst die Kabbala zeigt die unmittelbare Beziehung zwischen den Sephiroth oder Elohim und den Menschen klar auf.

Wenn es daher für uns erwiesen ist, dass die kabbalistische Identifikation von Jehovah mit Binah, einem weiblichen Sephiroth, noch eine andere, eine subokkulte Bedeutung hat, dann, und nur dann, wird der Okkultist bereit sein, dem Kabbalisten die Palme der Vollendung zu überreichen. Bis zu diesem Zeitpunkt bestehen wir – da Jehovah im abstrakten Sinn „eines lebendigen Gottes“ eine einzelne Zahl ist, eine metaphysische Erdichtung und nur dann eine Wirklichkeit, wenn er als eine Emanation und ein Sephiroth an seinen richtigen Platz gestellt wird – weiterhin auf dem Recht zu behaupten, dass der „Zohar“ (wie auf jeden Fall im Buch der Zahlen bezeugt wird) ursprünglich, bevor die christlichen Kabbalisten ihn entstellt hatten, dieselbe Lehre verkündete und noch verkündigt wie wir es tun; d. h. er lässt den Menschen nicht aus einem Himmlischen Menschen emanieren, sondern aus einer siebenfältigen Gruppe von Himmlischen Menschen oder Engeln, gerade so wie im „Pymander, der Göttliche Gedanke“.

[SD # 231]

3. Wenn das Eine zwei wird – erscheint das „Dreifältige“ (a). Die drei sind (verbunden zu) eins; und das ist unser Faden, oh Lanu, das Herz der Menschenpflanze, Saptasarma genannt (b).

(a) „Wenn das Eine zur Zwei wird, erscheint das Dreifältige“: Nämlich, wenn das Eine Ewige seine Reflexion in die Region der Manifestation fallen lässt, differenziert diese Reflexion, „der Strahl“, die „Wasser des Raumes“; oder mit den Worten des „Totenbuches“: „Das Chaos wird vom glänzenden Strahl des Urlichts beendet, welches die vollkommene Finsternis mithilfe der großen magischen Kraft des Wortes der (zentralen) Sonne vertreibt.“ Chaos wird männlich-weiblich und dann vom Licht ausgebrütetes Wasser, und „das dreifältige Wesen geht als sein Erstgeborenes hervor“. „Osiris-Ptah (oder Ra) erschafft seine eigenen Glieder (wie Brahmâ), indem er die Götter erschafft, die während des Zyklus (xvii., 4) bestimmt sind, seine Phasen zu personifizieren.“ Der ägyptische Ra, der aus der Tiefe hervorgeht, ist die göttliche Universalseele in ihrem manifestierten Aspekt, und dasselbe ist Narayana, der Purusha, „im Akasha verborgen und im Ether gegenwärtig“.

Das ist die metaphysische Erklärung und bezieht sich auf die Uranfänge der Evolution oder, wie wir eher sagen sollten, der Theogonie. Von einem anderen Standpunkt aus in ihrer Beziehung zum Mysterium des Menschen und seines Ursprungs erklärt, ist die Bedeutung der Stanze noch schwerer zu verstehen. Um sich eine klare Vorstellung von dem zu machen, was unter dem Einen zu verstehen ist, das zwei und dann in das „Dreifältige“ verwandelt wird, muss sich der Schüler mit dem, was wir „Runden“ nennen, vollständig vertraut machen. Wenn er sich an „Esoteric Buddhism“ wendet – den ersten Versuch, den Umriss der archaischen Kosmogonie grob zu skizzieren –, wird er finden, dass unter einer „Runde“ eine schrittweise Evolution der aufkeimenden materiellen Natur der sieben Globen unserer Kette192 mit ihren mineralischen, [SD # 232] pflanzlichen und tierischen Reichen (der Mensch gehört zum Letzteren dieser Reiche und steht an dessen Spitze) durch die gesamte Periode eines Lebenszyklus hindurch verstanden wird. Die Brahmanen würden Letztere als „einen Tag Brahmâs“ bezeichnen. Es ist, kurz gesagt, eine Umdrehung des „Rades“ (unserer Planetenkette), das aus sieben Globen besteht (oder aus sieben getrennten „Rädern“, hier in einem anderen Sinn). Wenn die Evolution in die Materie abgestiegen ist, von Planet A zu Planet G oder Z, wie die westlichen Schüler sagen würden, so ist das eine Runde. In der Mitte der vierten Umdrehung, unserer gegenwärtigen „Runde“, „hat die Evolution in der physischen Entwicklung ihren Höhepunkt erreicht und ihr Werk durch den vollständigen physischen Menschen gekrönt, und beginnt von da an ihre Arbeit dem Spirituellen entgegen“. All das muss nicht ausführlich wiederholt werden, da es in „Esoteric Buddhism“ gut erklärt wird. Was aber kaum berührt wurde und von dem das Wenige, das gesagt wurde, viele in die Irre geleitet hat, ist der Ursprung des Menschen; und darauf soll nun ein wenig mehr Licht geworfen werden, gerade genug, um die Stanze verständlicher zu machen, da der Vorgang erst an seinem rechtmäßigen Platz in Band II vollständig erklärt werden wird.

Nun ist jede „Runde“ (auf der absteigenden Skala) nur eine Wiederholung der ihr vorangegangenen Runde in konkreterer Form, so wie jeder Globus – bis herunter zu unserer vierten Sphäre (der derzeitigen Erde) – eine gröbere und materiellere Kopie der schattenhafteren Sphäre darstellt, welche ihr auf den drei höheren Ebenen der Reihe nach vorausging (siehe Diagramm in Stanze VI, Kommentar 6). Auf ihrem Weg den aufsteigenden Bogen hinauf vergeistigt und etherisiert sozusagen die Evolution die allgemeine Natur von allem, indem sie sie auf eine Ebene stellt mit dem Zwillingsglobus auf dem entgegengesetzten Bogen; das Ergebnis davon ist, dass beim Erreichen des siebten Globus (in welcher Runde auch immer) die Natur von allem, was sich entwickelt, in den Zustand an ihrem Ausgangspunkt zurückkehrt – bei jedem Durchlauf zuzüglich eines neuen und höheren Grades von Bewusstseinszuständen. Somit wird klar, dass der sogenannte „Ursprung des Menschen“ in unserer gegenwärtigen [SD # 233] Runde oder unserem Lebenszyklus auf diesem Planeten denselben Platz in derselben Ordnung einnehmen muss wie in der vorangegangenen Runde, von orts- und zeitbedingten Einzelheiten einmal abgesehen. Es muss erneut erklärt und in Erinnerung gebracht werden, dass gesagt wird, das Werk einer jeden Runde werde einer separaten Gruppe von sogenannten „Schöpfern“ oder „Architekten“ zugeteilt, und das Gleiche sei für jeden Globus gültig; d. h. er stehe unter der Aufsicht und Leitung von besonderen „Bauherren“ und „Wächtern“ – den verschiedenen Dhyan Chohans.

Es wurde also eine besondere Gruppe der Hierarchie mit der Aufgabe befasst, die Menschen zu „erschaffen“193. Doch sie evolvierte den schattenhaften Menschen im gegenwärtigen Zyklus genauso wie eine höhere und spirituellere Gruppe ihn zuvor in der dritten Runde entwickelte. Da es sich aber auf der absteigenden Leiter der Spiritualität um die sechste handelt – die letzte und siebte sind die Erdgeister (Elementale), die seinen physischen Körper stufenweise formen, bilden und verdichten – evolviert diese sechste Gruppe nichts als eine schattenhafte Form des zukünftigen Menschen, ein hauchdünnes, kaum sichtbares, durchsichtiges Abbild ihrer selbst. Die Aufgabe der fünften Hierarchie – die dem Sternbild Steinbock, Makara oder „Krokodil“ in Indien oder Ägypten vorstehenden mysteriösen Wesen – wird sein, die leere und etherische tierische Form zu beseelen und aus ihr den vernunftbegabten Menschen zu formen. Das ist einer jener Gegenstände, über welche der allgemeinen Öffentlichkeit nur sehr wenig gesagt werden kann. Es ist wahrhaftig ein Mysterium, aber nur für jene, die geneigt sind, die Existenz intellektueller und bewusster spiritueller Wesen im Universum abzulehnen und volles Bewusstsein allein dem Menschen zuzugestehen – und das auch noch lediglich in Form einer „Gehirnfunktion“. Viele dieser spirituellen Wesenheiten haben sich seit dem erstem Auftreten des Menschen körperlich in ihm inkarniert, und trotz alledem existieren sie dennoch ebenso unabhängig wie zuvor in den Unendlichkeiten des Raumes. . . .

Um es zu verdeutlichen: Die unsichtbare Wesenheit kann auf der Erde körperlich anwesend sein, ohne ihren Status und ihre Funktionen in übersinnlichen Regionen aufzugeben. Wenn das einer Erklärung bedarf können wir nichts Besseres tun, als den Leser auf ähnliche Fälle im Spiritismus zu verweisen, obwohl sie sehr selten sind, zumindest was die Natur der sich inkarnierenden194 [SD # 234] oder das Medium zeitweilig in Besitz nehmende Entität anbelangt. Geradeso wie bestimmte Personen – Männer und Frauen, um auf entsprechende Fälle lebender Personen zurückzukommen – entweder mithilfe einer besonderen Einrichtung oder der Macht erworbenen mystischen Wissens an einem Ort in ihrem „Doppel“ gesehen werden können, während ihr Körper doch meilenweit entfernt ist; so ist dasselbe im Fall höherer Wesen möglich.

Der Mensch ist, philosophisch betrachtet, seiner äußeren Form nach lediglich ein Tier, das kaum vollkommener ist als sein affenartiger Vorfahre der dritten Runde. Er ist ein lebender Körper, nicht ein lebendes Wesen, da die Erkenntnis der Existenz, das „Ego-Sum“, Selbstbewusstsein voraussetzt, und ein Tier kann nur unmittelbares Bewusstsein oder Instinkt haben. Die Alten verstanden das so gut, dass selbst die Kabbalisten aus Seele und Körper zwei voneinander unabhängige Leben machten.195 Die Seele, deren körperliches Vehikel die astrale, etherisch-substanzielle Hülle ist, könnte sterben und der Mensch doch auf der Erde leben – d. h. die Seele könnte sich selbst befreien und aus unterschiedlichen Gründen das Tabernakel verlassen – wie zum Beispiel bei Wahnsinn, geistiger und physischer Entartung und so weiter.196 Daher können die Dhyanis ohne den sie behindernden physischen Körper alles, was lebende Menschen (Initiierte) [SD # 235] zu tun vermögen, noch weitaus besser vollbringen. Davon gingen schon die vorsintflutlichen Menschen aus, von der modernen intellektuellen Gesellschaft wird sie im Spiritismus rasch übernommen, und auch die griechische und die römische Kirche lehren die Allgegenwart ihrer Engel. Die Zoroastrier betrachteten ihre Amschaspands als duale Wesenheiten (Ferouer) und schrieben diese Dualität – zumindest in der Esoterischen Philosophie – sämtlichen spirituellen und unsichtbaren Bewohnern der zahllosen unserem Auge sichtbaren Welten des Raumes zu. In einer Bemerkung des Damaskios (sechstes Jahrhundert) über die chaldäischen Orakel finden wir einen dreifachen Beweis für die Universalität dieser Lehre, denn er sagt: „In diesen Orakeln gibt es die auch vom Hl. Paulus erwähnten sieben Kosmokratoren der Welt (‘die Weltenpfeiler’) zweifach – eine Gruppe ist damit beauftragt, die oberen, spirituellen und siderischen Welten zu verwalten und die zweite die Welten der Materie zu leiten und zu überwachen.“ Dieser Ansicht ist auch Iamblichos, der einen klaren Unterschied zwischen den Erzengeln und den „Archonten“ macht (siehe „De Mysteriis“, ii, 3). Das Obige kann natürlich auf die zwischen den Graden oder Ordnungen der spirituellen Wesen gemachten Unterscheidungen angewendet werden, und in diesem Sinn versucht die römisch-katholische Kirche den Unterschied zu interpretieren und zu lehren; während also die Erzengel nach ihrer Lehre göttlich und heilig sind, denunziert sie ihre Doppel als Teufel.197 Der Begriff „Ferouer“ ist aber nicht in diesem Sinn zu verstehen, denn er bedeutet lediglich die umgekehrte oder die entgegengesetzte Seite einer Eigenschaft oder Qualität. Wenn daher der Okkultist sagt, dass der „Dämon die Schattenseite Gottes ist“ (das Böse, die Kehrseite der Medaille), meint er nicht zwei getrennte [SD # 236] Wirklichkeiten, sondern die beiden Aspekte oder Facetten ein und derselben Einheit. Jedoch würde selbst der beste Mensch der Welt an der Seite eines Erzengels, wie er in der Theologie beschrieben wird, als Teufel erscheinen. Es gibt deshalb also guten Grund dafür, ein niedrigeres, im Vergleich zu seinem Original viel tiefer in die Materie eingetauchten „Doppel“, herabzuwürdigen. Aber es gibt immer noch genauso wenig Grund dazu, diese Doppel als Teufel zu betrachten; und gerade das ist es, was die römischen Katholiken gegen alle Vernunft und Logik tun.

(b) Der Schlusssatz dieser Stanze zeigt, wie archaisch der Glaube und die Lehre vom in seiner Konstitution siebenfältigen Menschen ist. Der Faden des Seins, welcher den Menschen beseelt und seine sämtlichen Persönlichkeiten oder Wiedergeburten auf dieser Erde durchläuft (eine Anspielung auf den Sutratman), jener Faden, an dem obendrein alle seine „Geister“ aufgereiht sind – ist aus der Essenz der „Dreifältigen“, „Vierfältigen“ und „Fünffältigen“ gesponnen, die sämtliche Vorhergehenden enthalten. In Übereinstimmung mit dem „Bhagavata-Purana“ (V. XX. 25-28) ist Panchasikha einer der sieben Kumaras, die nach Sveta-Dvipa gehen, um Vishnu zu verehren. Wir werden später sehen, welcher Zusammenhang zwischen den „ehelosen“ und keuschen Söhnen Brahmâs besteht, die sich weigern „sich zu vermehren“ – und den irdischen Sterblichen. Einstweilen ist es offensichtlich, dass sich die „Menschenpflanze“ Saptaparna auf die sieben Prinzipien bezieht, und dass der Mensch mit der siebenblättrigen Pflanze dieses Namens198 verglichen wird, die den Buddhisten so heilig ist.

Für weitere Einzelheiten über Saptaparna und die Bedeutung der Zahl sieben im Okkultismus wie auch in der Symbologie wird der Leser auf Teil II, Band II über Symbolik verwiesen: Abschnitte über „Saptaparna“, „Die Siebenfältigkeit in den Veden“ und so weiter.

[SD # 237]

4. Die Wurzel ist es, die niemals stirbt, die dreizüngige Flamme der vier Dochte199 (a) . . . Die Dochte sind die Funken, entfacht von den dreizüngigen Flammen (ihrer oberen Dreiheit), welche aus den Sieben herausschießen – ihre Flamme –, die Strahlen und Funken eines Mondes, der sich in den fließenden Wellen aller Flüsse der Erde spiegelt („Bhumi“ oder „Prithivi“)200 (b).

(a) Die „Dreizüngige Flamme“, die niemals stirbt, ist die unsterbliche spirituelle Triade – Atman-Buddhi und Manas –, die Verwirklichung des Letzteren, von den beiden Ersteren nach jedem irdischen Leben assimiliert. Die „vier Dochte“, die ausgehen und ausgelöscht werden, sind die vier niederen Prinzipien, einschließlich des Körpers.

„Ich bin die dreidochtige Flamme und meine Dochte sind unsterblich“, sagt der Verstorbene. „Ich gehe ein in das Reich von Sekhem (der Gott, dessen Arm den von der entkörperten Seele hervorgebrachten Samen der Handlungen aussät); und ich gehe ein in die Region der Flammen, die ihre Widersacher vernichtet haben“, d. h. von den Sünde erzeugenden „vier Dochten“ befreit worden sind (siehe Kap. I, VII, „Totenbuch“ und „Die Mysterien von Ro-stan“).

(b) Ebenso wie Milliarden heller Funken auf den Wassern des Ozeans tanzen, über dem ein und derselbe Mond scheint, so funkeln und tanzen unsere vergänglichen Persönlichkeiten – die illusiven Hüllen des unsterblichen Monaden-Egos – auf den Wogen von Maya. So wie Tausende von den Mondstrahlen hervorgebrachte Funken, dauern und erscheinen sie nur so lange, wie die Königin der Nacht ihren Glanz auf die dahineilenden Wasser des Lebens ausstrahlt: den Zeitraum eines Manvantaras. Und dann verschwinden sie; die Strahlen allein – die Symbole unseres ewigen spirituellen Egos – überleben, wieder verschmolzen mit der Mutter-Quelle und mit ihr eins seiend, wie sie es zuvor waren.

[SD # 238]

5. Der Funke hängt mit Fohats feinstem Faden an der Flamme. Er durchwandert Mayas sieben Welten (a). Er verweilt in der ersten (im ersten Reich) und ist Metall und Stein; er wandert in die zweite (in das zweite Reich) und siehe – eine Pflanze; die Pflanze wirbelt durch sieben Formen und wird zu einem heiligen Tier (der erste Schatten des physischen Menschen) (b).

Aus den vereinten Eigenschaften dieser wird Manu (Mensch), der Denker, geformt.

Wer formt ihn? Die sieben Leben und das eine Leben (c). Wer vollendet ihn? der fünffältige Lha. Und wer vervollkommnet den schließlichen Körper? Fisch, Sünde und Soma (der Mond) (d).

(a) Die Formulierung „Mayas sieben Welten“ bezieht sich hier auf die sieben Globen der Planetenkette und auf die sieben Runden oder die 49 Stationen aktiver Existenz, die dem „Funken“ oder der Monade am Beginn eines jeden „großen Lebenszyklus“ oder Manvantaras bevorstehen. „Fohats Faden“ ist der vorher erwähnte Lebensfaden.

Das bezieht sich auf das größte Problem der Philosophie – der physische und substanzielle Charakter des Lebens, dessen unabhängige Natur von der modernen Wissenschaft geleugnet wird, weil diese Wissenschaft unfähig ist, sie zu verstehen. Nur die von Reinkarnation und Karma Überzeugten erkennen vage, dass das ganze Geheimnis des Lebens in der ununterbrochenen Reihe ihrer Manifestationen liegt: ob im physischen Körper oder außerhalb davon. Wenn Folgendes gilt:

„Leben, einem Dom vielfarbigen Glases gleich,
Trübt den weißen Glanz der Ewigkeit“ –

. . . dann ist es doch selbst ein fester Bestandteil jener Ewigkeit; denn Leben allein kann Leben verstehen.

Was ist dieser „Funke“, der „an der Flamme hängt“? Es ist Jiva, die Monade, in Verbindung mit Manas oder vielmehr mit dessen Aroma – das, was von jeder Persönlichkeit, falls sie würdig ist, übrig bleibt und durch den Lebensfaden mit Atman-Buddhi, der Flamme, verbunden ist. Auf welche Art auch immer interpretiert und in welche Zahl von Prinzipien der Mensch auch immer unterteilt wird, es kann leicht gezeigt werden, dass diese Lehre von allen alten [SD # 239] Religionen bestätigt wird, von der vedischen bis zur ägyptischen, von der zoroastrischen bis zur jüdischen. Was Letztere anbelangt, liefern die kabbalistischen Werke reichlich Beweise für diese Behauptung. Das ganze System der kabbalistischen Zahlen beruht auf der göttlichen Siebenheit, die von der Triade herabhängt (und so die Dekade bildet) und deren Permutationen 7, 5, 4 und 3, die schließlich alle in das Eine eingehen: einen end- und grenzenlosen Kreis.

„Die Gottheit (die immer unsichtbare Gegenwart)“, sagt der „Zohar“, „manifestiert sich selbst durch die zehn Sephiroth, ihre strahlenden Zeugen. Die Gottheit gleicht dem Meer, aus dem ein Strom namens Weisheit ausfließt, dessen Wasser in einen See namens Intelligenz münden. Sieben Kanälen gleich, entspringen aus dem Becken die sieben Sephiroth. . . . . Denn zehn ist gleich sieben: die Dekade enthält vier Einheiten und drei Zweiheiten“. Die zehn Sephiroth entsprechen den Gliedmaßen des Menschen. „Als ich Adam Kadmon formte“, lässt man die Elohim sagen, „schoss der Geist des Ewigen aus seinem Körper hervor – wie der Blitzschlag, der zugleich die Wogen der sieben Millionen Himmel überstrahlte; und meine zehn Glorien waren seine Gliedmaßen.“ Aber weder der Kopf noch die Schultern Adam Kadmons sind sichtbar; daher lesen wir in der Siphrah Dezniouta (dem „Buch des verborgenen Mysteriums“):

Im Anbeginn der Zeit, nachdem die Elohim (die „Söhne des Lichts und Lebens“ oder die „Bauleute“) aus der ewigen Essenz die Himmel und die Erde gestaltet hatten, formten sie die sechs mal sechs Welten, die siebte ist Malkuth, unsere Erde (siehe „Mantuan Codex“) auf ihrer Ebene, auf allen anderen Ebenen bewusster Existenz ist sie die niederste. Das „Chaldäische Buch der Zahlen“ enthält eine detaillierte Erklärung all dessen. „Die erste Triade von Adam Kadmons Körper (die drei oberen Ebenen der sieben201) ist nicht sichtbar, bevor die Seele sich nicht in der Gegenwart des Alten der Tage befindet“. Die Sephiroth dieser oberen Triade sind: „1. Kether (die Krone), dargestellt durch den Scheitel des Makroprosopus; 2. Chochmah (Weisheit, ein männliches Prinzip) durch seine rechte Schulter“; und 3. Binah (Intelligenz, ein weibliches Prinzip) durch seine linke Schulter“. Dann folgen die sieben Gliedmaßen (oder Sephiroth) auf den Ebenen der Manifestation. Die Gesamtheit dieser vier Ebenen wird durch den Mikroprosopus (das kleinere Gesicht) [SD # 240] oder Tetragrammaton, das „vierbuchstabige“ Mysterium dargestellt. „Die sieben manifestierten und die drei verborgenen Gliedmaßen sind der Körper der Gottheit.“

Somit ist unsere Erde, Malkuth, sowohl die siebte als auch die vierte Welt, Erstere, wenn man von dem ersten oberen Globus an zählt, Letztere, wenn man nach Ebenen rechnet. Sie wird vom sechsten Globus oder Sephiroth mit dem Namen Yezod erzeugt, „Fundament“, oder, wie es im Buch der Zahlen heißt, „durch Yezod befruchtet Er (Adam Kadmon) die ursprüngliche Heva“ (Eva oder unsere Erde). In mystischer Sprache wiedergegeben ist das die Erklärung, warum Malkuth – „die untergeordnete Mutter“, Matrona, Königin und das Reich des Fundaments genannt – als die Braut des Tetragrammaton oder Mikroprosopus (des 2. Logos), des Himmlischen Menschen, dargestellt wird. Wenn sie von aller Unreinheit befreit ist, wird sie mit dem spirituellen Logos vereint werden, d. h. in der 7. Rasse der 7. Runde – nach der Wiederherstellung, am Tage des „Sabbat“. Der „siebte Tag“ wiederum hat eine okkulte Bedeutung, von der unsere Theologen nicht zu träumen wagten.

Wenn Matronitha, die Mutter, getrennt und von Angesicht zu Angesicht vor den König gebracht wird, in der Vortrefflichkeit des Sabbat, werden alle Dinge zu einem Körper“, sagt Vers 746 in Kap. xxii von „Ha Idra Zuta Kadisha“. „Zu einem Körper werden“ bedeutet, dass wieder einmal alles in das Eine Element absorbiert wird, wobei die Geister der Menschen zu Nirvanis werden und die Elemente alles anderen sich erneut in das verwandeln, was sie vormals waren – Protyl oder undifferenzierte Substanz. „Sabbat“ bedeutet Ruhe oder Nirvana. Er ist nicht der siebte Tag nach sechs Tagen, sondern ein Zeitraum, der sieben „Tage“ dauert oder so lange wie jede beliebige andere siebenteilige Periode. So dauert ein Pralaya genau so lang wie ein Manvantara, oder eine Nacht Brahmâs ist gleich lang wie dieser „Tag“. Wenn die Christen jüdischen Bräuchen folgen wollen, sollten sie dabei deren Geist und nicht den toten Buchstaben befolgen: d. h. sie sollten eine sieben Tage dauernde Woche arbeiten und sieben Tage ruhen. Dass das Wort „Sabbat“ eine mystische Bedeutung hatte, ergibt sich aus der Geringschätzung, die Jesus für den Sabbattag zeigte, und aus dem in Lukas 18,12 Gesagten. Der Sabbat steht dort für die ganze Woche (siehe den griechischen Text, in welchem die Woche Sabbat genannt wird. „Ich faste zweimal im Sabbat.“). Paulus, ein Initiierter, wusste das wohl, als er die ewige Ruhe und Glückseligkeit im Himmel als Sabbat bezeichnete; „Und ihre Seligkeit wird ewig sein, denn sie werden immer (eins) mit dem Herrn sein, und sich eines ewigen Sabbat erfreuen.“ (Hebräer 4,2)

[SD # 241] Wenn man die Kabbala so nimmt, wie sie im chaldäischen „Buch der Zahlen“ enthalten ist und nicht verfälscht wie in der nun entstellten Kopie, der Kabbala der christlichen Mystiker, ist der Unterschied zwischen den beiden Systemen, der Kabbala und der archaischen esoterischen Vidya, tatsächlich sehr gering und beschränkt sich auf unbedeutende Abweichungen in Form und Ausdruck. So bezeichnet der östliche Okkultismus unsere Erde als die vierte Welt, als die niederste der Kette, über der auf ihren beiden Seiten die sechs Globen aufwärts laufen, drei auf jeder Seite. Der „Zohar“ andererseits bezeichnet die Erde als die untere oder die siebte und fügt hinzu, dass von den sechs alle Dinge abhängen, welche in ihr enthalten sind, dem „Mikroprosopus“. Das „kleinere Gesicht“ – kleiner, weil es manifestiert und endlich ist – „wird aus sechs Sephiroth“ gebildet, sagt dasselbe Werk. „Sieben Könige kommen und sterben in der dreimal zerstörten Welt“ – (Malkuth, unsere Erde, die nach jeder der drei von ihr durchlaufenen Runden zerstört wurde). „Und ihre Herrschaft (die der sieben Könige) wird gebrochen werden.“ („Buch der Zahlen“, l. viii, 3). Das bezieht sich auf die sieben Rassen, von denen fünf bereits erschienen sind und noch zwei Weitere in dieser Runde erscheinen müssen.

Die allegorischen Shinto-Berichte über Kosmogonie und den Ursprung des Menschen in Japan deuten denselben Glauben an.

Hauptmann C. Pfoundes studierte in den Klöstern Japans fast neun Jahre lang die den verschiedenen Sekten des Landes zugrunde liegende Religion. . . . . . „Die Shintovorstellung von der Schöpfung“, sagt er, „ist Folgende: Aus dem Chaos (Konton) wurde die Erde (In) als Sediment ausgefällt, und die Himmel (Yo), die aufsteigenden etherischen Essenzen: Maa (Jin) erschien zwischen den beiden. Der erste Mensch wurde Kuni no tokotachi no mikoto genannt, und fünf weitere Namen wurden ihm gegeben; und dann erschien die menschliche Rasse, männlich und weiblich. Isanagi und Isanami zeugten Tenshoko doijin, den ersten der fünf Götter der Erde.“ Diese „Götter“ sind einfach unsere fünf Rassen, Isanagi und Isanami sind die beiden Arten von „Vorfahren“, die beiden vorangegangenen Rassen, welche den tierischen und den vernunftbegabten Menschen hervorbringen.

Es wird gezeigt werden (2. Teil des 2. Bandes), dass die Zahl sieben sowie die Lehre von der siebenfältigen Konstitution des Menschen in allen geheimen Systemen herausragte. Sie spielt eine ebenso wichtige Rolle in der westlichen Kabbala wie im östlichen Okkultismus. Éliphas Lévi nennt die Zahl sieben „den Schlüssel zur mosaischen Schöpfung und zu den Symbolen aller Religionen“. Er zeigt, dass die Kabbala selbst getreulich die siebenfältige Einteilung des Menschen einhält, denn das in seinem „Clef des Grands Mystères“ gegebene Diagramm ist siebenfältig. Mit [SD # 242] einem einzigen Blick kann man auf Seite 389 erkennen – „Une prophetie et diverses pensées de Paracelse“ –, wie geschickt der richtige Gedanke verschleiert ist. Man braucht auch nur das Diagramm (Tafel VII in Mathers Kabbala) – „die Bildung der Seele“202 – aus demselben „Schlüssel der großen Mysterien“ von Lévi anzusehen, um dasselbe zu finden, wenn auch mit einer anderen Interpretation.

Und so sieht das Diagramm aus, das sowohl die kabbalistischen als auch die okkulten Namen angibt:

 

 

[SD # 243] Wir wollen jetzt in tabellarischer Form aufstellen, was der sehr vorsichtige Éliphas Lévi zur Erläuterung seines Diagramms sagt; und was die esoterische Lehre sagt – und die beiden miteinander vergleichen. Lévi macht auch einen Unterschied zwischen kabbalistischer und okkulter Pneumatologie (sieheHistoire de la Magic“, S. 388, 389).

Éliphas Lévi, der Kabbalist, sagt:

Der Theosoph sagt:

Kabbalistische Pneumatologie

Esoterische Pneumatologie

1. Die Seele (oder Ego) ist ein umkleidetes Licht; und dieses Licht ist dreifach.

1. Dito; denn sie ist Atman-Buddhi-Manas.

2. Neshamah – „reiner Geist“.

2. Dito.203

3. Ruach – die Seele oder Geist.

3. Spirituelle Seele.

4. Nephesch – plastischer Mittler.204

4. Mittler zwischen Geist und seinem Menschen, der Sitz der Vernunft, das Denkvermögen im Menschen.

5. Das Gewand der Seele ist die Schale (Körper) des Abbilds (astrale Seele).

5. Richtig.

6. Das Abbild ist doppelt, weil es das Gute wie das Böse reflektiert.

6. Allzu nutzlos apokalyptisch. Warum nicht sagen, dass das Astrale ebenso den guten wie den bösen Menschen reflektiert; den Menschen, der entweder immer nach dem oberen Dreieck strebt oder im anderen Fall mit der Vierheit verschwindet.

7. Abbild, Körper.

7. Dito, das irdische Abbild.

Okkulte Pneumatologie
nach Éliphas Lévi

Okkulte Pneumatologie
nach den Okkultisten

1. Nephesch ist unsterblich, weil er sein Leben durch die Zerstörung von Formen erneuert. [Nephesch, der „Atem [SD # 244] des Lebens“, ist jedoch eine falsche Bezeichnung und verwirrt den Schüler unnötiger­weise.]

1. Manas ist unsterblich, weil es nach jeder neuen Inkarnation etwas von sich selbst zu Atman-Buddhi hinzufügt; und so, indem es sich der Monade angleicht, an der Unsterblichkeit derselben teilhat.

2. Ruach schreitet durch die Evolution von Ideen voran (!?).

2. Buddhi wird bewusst durch das, was ihr am Ende jeder Inkarnation und nach dem Tod des Menschen von Manas zugefügt wird.

3. Neshamah schreitet ohne Ver­gessen und Zerstörung voran.

3. Atman entwickelt sich weder weiter, noch vergisst oder erinnert er sich. Er gehört nicht dieser Ebene an: Er ist nur der Strahl des ewigen Lichts, das auf und durch die Dunkelheit der Materie scheint – wenn Letztere willens ist.

4. Die Seele hat drei Wohnstätten.

4. Die Seele (kollektiv als die obere Triade) lebt auf drei Ebenen, abgesehen von ihrer vierten, der irdischen Sphäre; und sie existiert ewig auf der höchsten von den dreien.

5. Diese Wohnstätten sind: die Ebene der Sterblichen; das höhere Eden; und das niedere Eden.

5. Diese Wohnstätten sind: die Erde für den physischen Menschen oder die tierische Seele; Kama-Loka (Hades, Limbus) für den entkörperten Menschen oder seine Hülle; Devachan für die höhere Triade.

6. Das Abbild (der Mensch) ist eine Sphinx, die das Rätsel der Geburt aufgibt.

6. Richtig.

7. Das verhängnisvolle Abbild (das astrale) stattet Nephesch mit seinen Neigungen aus; aber Ruach ist imstande, diesem (verdorbenen) Nephesch das Abbild zu ersetzen, das in Übereinstimmung mit den Eingebungen von Neshamah errungen wurde.

7. Der Astralkörper zieht mittels Kama (Begierde) Manas ständig in die Sphäre der materiellen Leidenschaften und Begierden hinab. Aber wenn der bessere Mensch [SD # 245] oder Manas versucht, der fatalen Anziehung zu entkommen und seine Bestrebungen Atman – dem Geist – zuwendet, dann siegt Buddhi (Ruach) und trägt Manas mit sich in das Reich des ewigen Geistes.

Es ist vollkommen klar, dass der französische Kabbalist die wirkliche Lehre entweder nicht in ausreichendem Maß kannte oder sie verzerrte, damit sie ihm und seinen Zwecken entspräche. Denselben Gegenstand behandelnd stellt er des Weiteren Folgendes fest – und wir Okkultisten antworten dem verstorbenen Kabbalisten und seinen Bewunderern wie folgt:

1. Der Körper ist Nepheschs Form; Nephesch die Form von Ruach; Ruach die Form des Gewandes von Neshamah.

1. Der Körper folgt den Launen – gut oder böse – von Manas; Manas versucht, dem Licht von Buddhi zu folgen, aber scheitert oft. Buddhi ist die Form der „Gewänder“ von Atman, weil Atman weder Körper noch Gestalt ist, noch irgendetwas anderes, und weil Buddhi nur bildlich gesprochen sein Vehikel ist.

2. Licht (die Seele) personifiziert sich, indem es sich bekleidet (mit einem Körper); und Persönlich­keit ist nur dann von Dauer, wenn das Gewand vollkommen ist.

2. Die Monade wird ein persönliches Ego, wenn sie inkarniert; und durch Manas verbleibt etwas von dieser Persönlichkeit, wenn jenes vollkommen genug ist, um Buddhi zu assimilieren.

3. Die Engel streben danach, zu Menschen zu werden; ein voll­kommener Mensch, ein Gott­-Mensch, steht über allen Engeln.

3. Richtig.

4. Alle 14.000 Jahre verjüngt sich die Seele und ruht im Freudenschlaf des Vergessens.

4. 14 Manus regieren eine Periode – „ein großes Zeitalter“ oder einen Tag Brahmâs; darauf folgt Pralaya, wenn sämtliche Seelen in Nirvana ruhen (Seelen = Egos).

[SD # 246] In dieser Weise werden die esoterischen Lehren in der Kabbala verzerrt wiedergegeben. Siehe aber auch „Die ursprünglichen Manus der Menschheit“ in Band II.

Kehren wir zurück zu Stanze VII.

(b) Der wohlbekannte kabbalistische Aphorismus lautet: „Ein Stein wird eine Pflanze; eine Pflanze ein Tier; das Tier ein Mensch; ein Mensch ein Geist; und der Geist ein Gott.“ Der „Funke“ belebt der Reihe nach alle Reiche, bevor er in den göttlichen Menschen eintritt und ihn beseelt. Zwischen Letzterem und seinem Vorgänger, dem tierischen Menschen, liegen Welten. Die Genesis beginnt ihre Anthropologie am falschen Ende (offenbar um zu verschleiern) und landet nirgendwo.205 Hätte sie am richtigen Ende begonnen, wäre dort zuerst der himmlische Logos zu finden, der „Himmlische Mensch“, welcher als eine zusammengesetzte Einheit von Logoi evolviert, aus welchen nach ihrem pralayischen Schlaf – einem Schlaf, der die auf der mayavischen Ebene verstreuten Zahlen in Eins sammelt, gerade wie die auf einer Platte verstreuten Quecksilberkügelchen sich zu einer Masse zusammenfügen – die Logoi in ihrer Gesamtheit als das erste „Männliche und Weibliche“ erscheinen oder als Adam Kadmon, das „Fiat Lux“ der Bibel, wie wir bereits gesehen haben. Aber diese Verwandlung fand nicht auf unserer Erde statt, noch auf irgendeiner anderen materiellen Ebene, sondern in den räumlichen Tiefen der ersten Differenzierung der ewigen Wurzelmaterie. Auf unserem in der Entstehung begriffenen Globus verlaufen die Dinge anders. Wie in „Isis Unveiled“, Band I, S. 302 bereits gesagt, wird die Monade oder der Jiva dem Evolutionsgesetz folgend zunächst einmal in die niederste Form der Materie hinab geschossen – in das Mineral. Nachdem sie einen siebenfachen Kreislauf lang in den Stein (oder in das, was in der vierten Runde zum Mineral oder Stein werden wird) eingeschlossen war, kriecht sie daraus hervor als, sagen wir, eine Flechte. Nachdem sie von dort aus durch sämtliche Formen der vegetabilen Materie hindurchgegangen ist und in das, was als tierische Materie bezeichnet wird, eintritt, hat sie nunmehr den Punkt erreicht, an welchem sie sozusagen zum Keim des [SD # 247] Tieres geworden ist, welcher zum physischen Menschen werden wird. All dies ist bis zur dritten Runde formlos, als Materie und als Bewusstsein empfindungslos. Denn Monade oder Jiva per se kann noch nicht einmal Geist genannt werden: Sie ist ein Strahl, ein Atem des Absoluten oder vielmehr der Absolutheit, und die absolute Homogenität ist auf unserer Ebene unbewusst, da sie keine Beziehungen zur bedingten und relativen Endlichkeit hat. Daher benötigt die Monade, abgesehen von dem Material, das für ihre künftige menschliche Form notwendig sein wird, (a) ein spirituelles Modell oder einen Prototyp für dieses Material, um sich danach zu gestalten; und (b) ein intelligentes Bewusstsein für die Leitung ihrer Evolution und ihres Fortschritts; die homogene Monade verfügt über keines von beiden, dasselbe gilt für die empfindungslose Materie, auch wenn sie lebendig ist. Dem aus Staub geformten Adam muss die Seele des Lebens eingehaucht werden: die beiden mittleren Prinzipien, nämlich das fühlende Leben des unvernünftigen Tieres und die menschliche Seele, denn ohne die Letztere ist das Erstere vernunftlos. Erst wenn der potenziell androgyne Mensch sich in einen männlichen und einen weiblichen geteilt hat, wird er mit dieser bewussten, vernunftbegabten, individuellen Seele (Manas) ausgestattet, „dem Prinzip oder der Intelligenz der Elohim“. Um sie zu empfangen, muss er die Frucht der Erkenntnis vom Baum des Guten und Bösen essen. Wie kann er das alles erreichen? Parallel mit der in zyklischen Kreisen in die Materie hinabsteigenden Monade entwickeln sich eben diese Elohim – oder Pitris, die niederen Dhyan Chohans – pari passu auf einer höheren und spirituelleren Ebene und steigen dort ebenfalls auf ihrer eigenen Bewusstseinsebene, relativ gesehen, in die Materie hinab – so die okkulte Lehre. Dort treffen sie, nachdem sie einen gewissen Punkt erreicht haben, die inkarnierende, empfindungslose Monade an, in die niederste Materie eingeschlossen. Die beiden Potenzen Geist und Materie vermischend, bringt ihre Vereinigung jenes irdische Symbol des „Himmlischen Menschen“ im Raum hervor – den vollkommenen Menschen. In der Sankhya-Philosophie wird Purusha (Geist) als etwas Machtloses bezeichnet, wenn er sich nicht auf Prakritis (Materie) Schultern stellt, welche allein – empfindungslos ist. In der geheimen Philosophie werden sie jedoch als abgestuft betrachtet. Obwohl in ihrem Ursprung ein und dasselbe, beginnen Geist und Materie ihre evolutionäre Entwicklung in jeweils entgegengesetzter Richtung, sobald sie sich auf der Ebene der Differenzierung befinden – Geist fällt allmählich in die Materie, und Letztere steigt zu ihrem ursprünglichen Zustand empor, dem einer rein spirituellen Substanz. Beide sind untrennbar, aber dennoch immer getrennt. In Bezug auf die Polarität werden sich auf der physischen Ebene zwei gleiche Pole immer abstoßen, während der negative und der positive sich gegenseitig anziehen, und so stehen auch Geist und Materie zueinander – die zwei Pole derselben homogenen Substanz, das Wurzelprinzip des Universums.

[SD # 248] Wenn also für den Purusha der Moment gekommen ist, zur Erschaffung des vollkommenen Menschen auf Prakritis Schultern zu steigen – der rudimentäre Mensch der ersten 2½ Rassen ist lediglich das Erste der Säugetiere, das sich allmählich zum vollkommensten Säugetier entwickelt – treten die himmlischen „Vorfahren“ (Wesenheiten aus vorangegangenen Welten, in Indien die Sishtas genannt) genauso in diese unsere Ebene ein, wie es die Pitris zur Bildung des physischen oder Tier-Menschen vor ihnen taten und inkarnieren in Letzterem. So sind die beiden Vorgänge – für die beiden Schöpfungen: des Tieres und des göttlichen Menschen – sehr unterschiedlich. Die Pitris sondern aus ihren etherischen Körpern noch etherischere und schattenhaftere Ebenbilder ihrer selbst ab – oder was wir jetzt „Doppel“ oder „Astralformen“ nennen sollten, ihrer eigenen Gestalt entsprechend.206 So erhält die Monade ihre erste Wohnstätte und die blinde Materie ein Modell, um und auf das von da an aufgebaut werden kann. Aber der Mensch ist immer noch unvollständig. Die Lehre von Svayambhuva Manu (in „Manu“, Buch I), von dem die sieben ursprünglichen Manus oder Prajapatis abstammten, von welchen wiederum ein jeder eine der ursprünglichen Menschenrassen entstehen ließ, bis herab zum „Codex Nazaräus“, in welchem Karabtanos oder Fetahil (blinde, lüsterne Materie) mit seiner Mutter, „Spiritus“, sieben Gestalten zeugt, von welchen eine jede als der Ahnherr einer der sieben ursprünglichen Rassen erscheint, hat in sämtlichen archaischen Schriften Spuren hinterlassen.

Wer formt Manu (den Menschen) und wer formt seinen Körper? Das Leben und die Leben. Sünde207 und der Mond.“ Hier steht Manu für den spirituellen, Himmlischen Menschen, das wirkliche und nicht sterbliche Ego in uns, das die unmittelbare Emanation des „Einen Lebens“ oder der absoluten Gottheit ist. Was unsere äußeren, physischen Körper anbelangt, das Haus des Tabernakels der Seele, erteilt die Lehre eine sonderbare Lektion; so sonderbar, dass, wenn sie nicht vollständig erklärt und ebenso richtig verstanden wird, nur die exakte Wissenschaft der Zukunft dazu bestimmt ist, die Theorie in vollem Umfang zu bestätigen.

Es wurde schon früher festgestellt, dass der Okkultismus im Kosmos nichts Anorganisches akzeptiert. Der von der Wissenschaft angewendete Ausdruck „anorganische Substanz“ bedeutet lediglich, dass das in den Molekülen der sogenannten „trägen Materie“ schlummernde verborgene Leben unerkennbar ist. Alles ist Leben, und jedes Atom ist ein Leben, selbst des mineralischen Staubes, wenn auch jenseits unseres Erkenntnis- und Wahrnehmungsvermögens, weil es den Bereich [SD # 249] der Gesetze übersteigt, welche jenen bekannt sind, die den Okkultismus verwerfen. „Selbst die Atome“, sagt Tyndall, „scheinen mit einem Verlangen nach Leben erfüllt zu sein“. Woher nun, möchten wir fragen, stammt die Neigung dazu, „in organische Form überzugehen“? Lässt sich das auf irgendeine andere Art erklären als mit den Lehren der okkulten Wissenschaft?

„Für den Profanen sind die Welten“, so sagt ein Kommentar, „aus den bekannten Elementen aufgebaut. Im Verständnis eines Arhats sind diese Elemente selbst kollektiv göttliches Leben; einzeln betrachtet, auf der Ebene der Manifestationen, sind sie die zahllosen und unzählbaren Millionen von Leben.208 Feuer allein ist EINS auf der Ebene der einen [SD # 250] Wirklichkeit: Auf der Ebene des manifestierten und daher illusiven Seins sind seine Teilchen feurige Lebewesen, die leben und ihr Dasein auf Kosten jedes anderen Lebens fristen, das sie verzehren. Daher heißen sie die „VERSCHLINGER“. . . . „Jedes sichtbare Ding in diesem Universum wurde aus solchen LEBEN aufgebaut, vom bewussten und göttlichen ursprünglichen Menschen hinab bis zu den unbewussten Mittlern, welche die Materie aufbauen.“ . . . „Aus dem EINEN LEBEN, formlos und unerschaffen, geht das Universum des Lebens hervor. Zuerst wurde aus der Tiefe (dem Chaos) kalt leuchtendes Feuer (gasartiges Licht?) manifestiert, welches im Raum die Flocken (vielleicht die unauflösbaren Nebelflecke?) bildete.“ . . . . . . . . . . Diese kämpften, und große Hitze entwickelte sich durch das Aufeinanderprallen und Aneinanderstoßen und erzeugte Rotation. Dann kam der erste manifestierte STOFF, Feuer, die heißen Flammen, die Himmelswanderer (Kometen); Hitze erzeugt feuchten Dunst; dieser bildet festes Wasser (?), dann trockenen Nebel, dann flüssigen Nebel, wässrig, der den leuchtenden Glanz der Pilger (Kometen?) auslöscht und feste, wässrige Räder (Globen aus MATERIE) bildet. Bhumi (die Erde) erscheint mit sechs Schwestern.209 Diese erzeugen durch ihre beständige Bewegung das niedere Feuer, Hitze, und einen wässrigen Nebel, der das dritte Weltelement – WASSER – hervorbringt. Und aus dem Atem von allen wird die (atmosphärische) LUFT geboren. Diese vier sind die vier Leben der ersten vier Perioden (Runden) des Manvantaras. Die drei Letzten werden folgen.“

Das bedeutet, dass jede neue Runde eines der zusammengesetzten Elemente entwickelt, wie sie jetzt der Wissenschaft bekannt sind, welche die ursprüngliche Nomenklatur verwirft und es vorzieht, sie in ihre Bestandteile zu zerlegen. Wenn die Natur auf der manifestierten Ebene das „ewig Werdende“ ist, dann müssen diese Elemente in demselben Licht betrachtet werden: Sie müssen bis zum Ende des Manvantaras evolvieren, fortschreiten und zunehmen. Wie man uns lehrt, entwickelte die erste Runde lediglich ein einziges Element sowie eine Natur und eine Menschheit; zu etwas, was als ein Aspekt der Natur bezeichnet werden kann – der von einigen sehr unwissenschaftlich, wenn es auch de facto richtig sein mag, „eindimensionaler Raum“ genannt wird.

[SD # 251] Die zweite Runde brachte zwei Elemente hervor – Feuer und Erde, und entwickelte sie; und ihre Menschheit, die diesem Zustand der Natur angepasst war, wenn wir solche unter uns heute unbekannten Bedingungen lebenden Wesen als Menschheit bezeichnen können –, um den vertrauten Ausdruck im streng übertragenen Sinn (dem einzigen, in dem er korrekt verwendet werden kann) erneut anzuwenden – „eine zweidimensionale Spezies“. Die von uns hier betrachteten Vorgänge natürlicher Entwicklung verdeutlichen die Art der Spekulation über die Eigenschaften des zwei-, drei- und vier- oder mehr-„dimensionalen Raums“ und bringen diese Spekulation gleichzeitig in Misskredit; aber nebenbei ist es die Mühe wert, die wirkliche Bedeutung der korrekten, aber unvollständigen Intuition hervorzuheben, welche den Gebrauch des modernen Begriffs der „vierten Dimension des Raumes“ unterstützt – unter Spiritualisten, Theosophen und verschiedenen großen Wissenschaftlern, was das betrifft.210 Kaum Auswirkungen hat zunächst einmal natürlich die oberflächliche Absurdität der Annahme, dass der Raum selbst in irgendeiner Richtung messbar sei. Die gebräuchliche Ausdrucksweise kann nur eine Abkürzung der vollständigeren Form sein – die „vierte Dimension der Materie im Raum“.211 Wenngleich es vollkommen wahr sein mag, dass der Fortschritt der Evolution dazu bestimmt ist, uns mit neuen Merkmalen der Materie vertraut zu machen, ist die Formulierung aber selbst in dieser Erweiterung unglücklich, denn die uns bereits bekannten Charakteristika übersteigen die drei Dimensionen bei weitem. Die Eigenschaften, oder was vielleicht der bestmögliche Ausdruck ist, die Charakteristika der Materie, müssen ganz klar eine unmittelbare Beziehung zu den Sinnen des Menschen besitzen. Materie hat Ausdehnung, Farbe, Bewegung (Molekularbewegung), Geschmack und Geruch, entsprechend den bestehenden Sinnen des Menschen, und wenn die Zeit kommt, dass sie die nächste Eigenschaft voll entwickelt – nennen wir es für den Augenblick Permeabilität – wird dieses Charakteristikum dem nächsten Sinn des Menschen entsprechen, den wir „normales Hellsehen“ nennen wollen; wenn also einige kühne Denker nach einer vierten Dimension dürsteten, um den Durchgang von Materie durch Materie zu erklären und die Frage, wie eine endlose Schnur geknotet werden kann, war es ein sechstes Charakteristikum der Materie, das ihnen tatsächlich fehlte. Die drei Dimensionen gehören tatsächlich nur einem einzigen Attribut oder Charakteristikum der Materie an – der Ausdehnung; [SD # 252] der gewöhnliche gesunde Menschenverstand sträubt sich mit Recht gegen die Vorstellung, dass irgendein beliebiger Zustand der Dinge mehr als drei derartige Dimensionen wie Länge, Breite und Tiefe aufweisen könnte. Diese Begriffe sowie der Ausdruck „Dimension“ selbst gehören alle einer einzigen Gedankenebene an, einem Evolutionszustand, einem Charakteristikum der Materie. Solange Zollstöcke zu den Hilfsmitteln zur Vermessung der kosmischen Materie gehören, wird man lediglich in der Lage sein, auf drei Arten oder nicht mehr zu messen; und von dem Zeitpunkt an, da die Idee des Messens zum ersten Mal einen Platz im menschlichen Verständnis einnahm, war es nur noch möglich, in drei Richtungen zu messen und nicht mehr. Doch diese Überlegungen widerstreiten in keiner Weise der Gewissheit, dass sich im Verlauf der Zeit – mit der Erweiterung der Fähigkeiten der Menschheit – die Charakteristika der Materie ebenso vermehren werden. Inzwischen ist der Terminus noch weitaus unzutreffender als selbst die bekannte Redensart von der „auf- oder untergehenden“ Sonne.

Wir kehren nun zurück zur Betrachtung der materiellen Evolution im Verlauf der Runden. In der zweiten Runde kann Materie, wie bereits gesagt, bildlich gesprochen als zweidimensional bezeichnet werden. Aber hier muss eine weiterer Einspruch eingelegt werden. Diese nachlässige und bildliche Ausdrucksweise kann – auf einer Gedankenebene, wie wir soeben gesehen haben – als Äquivalent für das zweite Charakteristikum der Materie angesehen werden, das der zweiten Wahrnehmungsfähigkeit oder dem zweiten Sinn des Menschen entspricht. Diese beiden verbundenen Evolutionsstufen betreffen jedoch die innerhalb der Grenzen einer einzigen Runde stattfindenden Prozesse. Wie bereits angedeutet, hat die Aufeinanderfolge ursprünglicher Aspekte der Natur, welche die Aufeinanderfolge der Runden betreffen, mit der Entwicklung der „Elemente“ (im okkulten Sinn) zu tun – Feuer, Luft, Wasser,212 Erde. Wir befinden uns erst in der vierten Runde, und unser Katalog bricht daher hier ab. Die Bewusstseinszentren der dritten Runde (dazu bestimmt, sich zur Menschheit zu entwickeln, wie wir sie kennen) erreichten die Wahrnehmung des dritten Elements – Wasser.213 Die Elemente der vierten Runde fügten ihrem Bestand sowie den drei anderen Elementen in ihrer gegenwärtigen Transformation [SD # 253] Erde als weiteren Materiezustand hinzu. Kurz gesagt, keines der drei sogenannten Elemente hatte in den drei vorangegangenen Runden dieselbe Beschaffenheit wie gegenwärtig. Nach allem, was wir wissen, könnte Feuer reines Akasha gewesen sein, die erste Materie des Magnum Opus der Schöpfer und „Bauleute“, jenes Astrallicht, das der paradoxe Éliphas Lévi in einem Atemzug den „Körper des Heiligen Geistes“ nennt und im nächsten „Baphomet“, den „androgynen Widder von Mendes“214; Luft, einfach [SD # 254] Stickstoff, „der Atem der Träger des himmlischen Doms“, wie ihn die mohammedanischen Mystiker nennen; Wasser, jene ursprüngliche Flüssigkeit, die nach Moses für die Erschaffung einer lebendigen Seele notwendig war. Und das mag die in der Genesis zu findenden ungeheuerlichen Widersprüche und unwissenschaftlichen Behauptungen erklären. Man trenne das erste vom zweiten Kapitel; lese das Erste als eine Schrift der Elohisten und das Zweite als eines der viel späteren Jehovisten. Trotzdem findet man, wenn man zwischen den Zeilen liest, dieselbe Ordnung, in der die erschaffenen Dinge erscheinen – nämlich Feuer (Licht), Luft, Wasser und Mensch (oder die Erde). Denn der Satz „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde“ ist eine falsche Übersetzung. Es heißt nicht „Himmel und Erde“, sondern es geht um den Duplex- oder um den dualen Himmel, den oberen und den unteren Himmel oder die Trennung der ursprünglichen Substanz, die Licht war in ihren oberen und Dunkelheit in ihren unteren Teilen – oder dem manifestierten Universum –, in ihrer Dualität des (für die Sinne) Unsichtbaren und des für unsere Wahrnehmungen Sichtbaren. Gott schied das Licht von der Finsternis (Gen 1,4), und dann machte er den Himmel, Luft (5); „Es werde eine Ausdehnung inmitten der Wasser, und sie scheide die Wasser von den Wassern“ (6), d. h. „die Wasser unterhalb des Himmels (unser manifestiertes sichtbares Universum) von den Wassern oberhalb des Himmels“ oder von den (für uns) unsichtbaren Ebenen des Seins. Im zweiten Kapitel (dem jehovistischen) werden Pflanzen und Kräuter vor dem Wasser erschaffen, geradeso wie im ersten das Licht vor der Sonne hervorgebracht wird. „Gott machte die Erde und die Himmel, und alles Gesträuch des Feldes, bevor es auf der Erde war, und alles Kraut des Feldes bevor es sprosste; denn die Elohim (Götter) hatten es nicht regnen lassen auf die Erde etc.“ (Gen 2,5) – eine Absurdität, wenn man nicht die esoterische Erklärung annimmt. Die Pflanzen wurden erschaffen, bevor sie in der Erde waren – denn es gab damals keine Erde von heutiger Art. Und die Feldpflanzen existierten, bevor sie wie jetzt in der vierten Runde wuchsen.

Bei der Besprechung und Erklärung der Natur der unsichtbaren Elemente und des oben erwähnten „ursprünglichen Feuers“ bezeichnet Éliphas Lévi es ausnahmslos als das „Astrallicht“. Bei ihm ist es der „grand Agent Magique“. Unleugbar ist es so, aber – nur insofern, als es sich um schwarze Magie [SD # 255] auf den niedersten Ebenen dessen handelt, was wir Ether nennen, dessen Noumenon Akasha ist. Und selbst das würden orthodoxe Okkultisten für unrichtig halten. Das „Astrallicht“ ist lediglich das ältere „siderische Licht“ des Paracelsus; und zu behaupten, dass „alles, was existiert, aus ihm evolviert wurde und dass es sämtliche Formen bewahrt und reproduziert“, wie er schreibt, bedeutet, lediglich in der zweiten Behauptung die Wahrheit zu formulieren. Die erste ist falsch, denn wenn alles, was existiert, durch (oder via) das Astrallicht evolviert wurde, ist es nicht das Astrallicht. Letzteres ist nicht der Behälter aller Dinge, sondern im besten Fall lediglich aller Reflektor. Éliphas Lévi schreibt:

„Das große magische Agens ist die vierte Emanation des Lebensprinzips (wir sagen, es ist die erste im inneren und die zweite im äußeren (unserem) Universum), dessen dritte Form die Sonne ist . . . , denn das Tagesgestirn (die Sonne) ist lediglich die Reflexion und der materielle Schatten der Zentralsonne der Wahrheit, welche die intellektuelle (unsichtbare) Welt des Geistes erleuchtet und die selbst wieder nur ein vom Absoluten geborgter Glanz ist.“

Soweit hat er gewiss Recht. Aber wenn die große Autorität der westlichen Kabbalisten hinzufügt, dass es nichtsdestoweniger „nicht der unsterbliche Geist ist, wie es sich die indischen Hierophanten einbildeten“ – antworten wir, dass er die erwähnten Hierophanten verleumdet, da sie nichts Derartiges behaupteten; selbst die exoterischen puranischen Schriften widersprechen dieser Behauptung rundweg. Kein Hindu hat jemals Prakriti – das Astrallicht befindet sich lediglich oberhalb der untersten Ebene von Prakriti, dem materiellen Kosmos – mit dem „unsterblichen Geist“ verwechselt. Prakriti wird immer Maya genannt, Illusion, und ist dazu verurteilt, beim Eintritt des Pralayas mit dem Rest, einschließlich der Götter, zu verschwinden. Da gezeigt wird, dass Akasha nicht einmal dem Ether entspricht, können wir uns überhaupt nicht vorstellen, dass Akasha das Astrallicht sein könnte. Diejenigen, die nicht imstande sind, über den toten Buchstaben der Puranas hinauszugehen, haben gelegentlich Akasha für Prakriti, Ether und selbst für den sichtbaren Himmel gehalten! Es ist ferner wahr, dass jene, die das Wort Akasha fortwährend mit „Ether“ übersetzt haben (zum Beispiel Wilson) und bemerkten, dass er „die materielle Ursache des Tons“ genannt wurde und obendrein nur diese einzige Eigenschaft (Vishnu-Purana“) besaß, dass sie ihn in ihrer Unwissenheit gar für „materiell“ hielten, im physischen Sinne. Es ist wiederum wahr, dass Akasha weder unendlich noch unsterblich sein kann, wenn seine Eigenschaften buchstabengetreu interpretiert werden, denn Materielles oder Physisches und daher Bedingtes und der Zeit Unterworfenes kann nicht unsterblich sein – sagen die Metaphysik und die Philosophie. Aber all das ist nicht wahr, denn die beiden Begriffe Pradhana [SD # 256] (ursprüngliche Materie) und Ton, als eine Eigenschaft, wurden missverstanden; der erstgenannte Begriff (Pradhana) ist sicherlich ein Synonym für Mulaprakriti und Akasha, und der Letztere (Ton) für das Verbum, das Wort oder den Logos. Das ist leicht zu zeigen, denn es ergibt sich aus den folgenden Sätzen des Vishnu-Puranas“: „Am Anfang waren weder Tag noch Nacht, weder Himmel noch Erde, weder Dunkelheit noch Licht. . . . . Außer dem Einen, unerfassbar für den Intellekt, oder dem, das Brahman und Pums (Geist) und Pradhana (ursprüngliche Materie) ist“ . . . . (Buch I, Kap. ii).

Nun, was ist Pradhana, wenn es nicht in einem anderen Aspekt Mulaprakriti ist, die Wurzel von allem? Denn obwohl es von Pradhana weiter heißt, dass es wie alles Übrige in der Gottheit aufgeht, damit das Eine während des Pralayas absolut sein kann, wird es doch für unendlich und unsterblich gehalten. Der Kommentator beschreibt die Gottheit als „ein Pradhánika-Brahman-Geist: Jenes war“ und interpretiert den zusammengesetzten Begriff als Substantiv, nicht als ein als Attribut verwendetes, abgeleitetes Wort, d. h. als etwas mit „Pradhana Vereinigtes.215 Daher ist Pradhana selbst in den Puranas ein Aspekt von Parabrahman und nicht Evolution, und muss der vedantischen Mulaprakriti entsprechen. „Prakriti ist in ihrem ursprünglichen Zustand Akasha“, sagt ein Vedantagelehrter (siehe „Five Years of Theosophy“, S. 169). Sie ist nahezu abstrakte Natur.

Akasha ist somit Pradhana in einer anderen Form und kann deshalb nicht Ether sein, der immer unsichtbare Agent, den selbst die Naturwissenschaft umwirbt. Er ist auch nicht das Astrallicht. Er ist, wie gesagt, das Noumenon der siebenfältigen differenzierten Prakriti216 – die ewig unbefleckte „Mutter“ des vaterlosen Sohns, der auf der niederen manifestierten Ebene zum „Vater“ wird. Denn Mahat ist das erste Produkt von Pradhana oder Akasha; und Mahat – universale Intelligenz, „deren charakteristische Eigenschaft Buddhi ist“ – ist nichts anderes als der Logos, denn er wird „Iswara“, Brahmâ, Bhava und so weiter genannt (siehe „Linga-Purana“, Abt. lxx., 12 ff.; und Vayu-Purana“, aber insbesondere das erstere Purana – Abt. viii, 67-74). Er ist, kurz gesagt, der „Schöpfer“ oder das Göttliche Gemüt in schöpferischer Tätigkeit, „die Ursache aller Dinge“. Er ist [SD # 257] das „Erstgeborene“, von dem uns die Puranas sagen, dass „Mahat und Materie die inneren und die äußeren Grenzen des Universums sind“, oder in unserer Sprache, der negative und der positive Pol der dualen Natur (abstrakt und konkret), denn das Purana fügt hinzu: „Auf diese Weise – wie die sieben Formen (Prinzipien) Prakritis von Mahat bis zur Erde aufgezählt wurden – kehren diese sieben beim Eintritt des Pralayas (Pratyahara) der Reihe nach wieder ineinander zurück. Brahmâs Ei (Sarva-Mandala) wird mitsamt seiner sieben Zonen (Dvipa), sieben Ozeane, sieben Regionen etc. aufgelöst“ (Vishnu-Purana“, Buch VI, Kap. IV).217

Das sind die Gründe, warum sich die Okkultisten weigern, Akasha den Namen Astrallicht zu geben oder ihn Ether zu nennen. „In meines Vaters Haus sind viele Wohnungen“ kann dem okkulten Satz gegenübergestellt werden „In unserer Mutter Haus gibt es sieben Wohnungen“ oder Ebenen, deren niederste sich über uns und rund um uns herum befindet – das Astrallicht.

Die Elemente, ob einfach oder zusammengesetzt, können nicht seit dem Beginn der Evolution unserer Kette unverändert geblieben sein. Alles im Universum schreitet in dem großen Zyklus stetig voran, während es in den kleineren Zyklen unaufhörlich auf- und niedersteigt. Die Natur ist während des Manvantaras niemals unbeweglich, da sie stetig wird218 und nicht lediglich ist; und das mineralische, pflanzliche und menschliche Leben passt seine Organismen den jeweils herrschenden Elementen kontinuierlich an, und deshalb waren jene Elemente damals für sie ebenso geeignet wie sie es heute für das Leben der gegenwärtigen Menschheit sind. Erst in der nächsten oder fünften Runde wird das fünfte Element, Ether – Akashas grober Körper, wenn er überhaupt so bezeichnet werden kann – [SD # 258] für alle Menschen zu einer ebenso gewöhnlichen Tatsache der Natur werden wie es jetzt die Luft für uns ist und wird nicht mehr einen nur hypothetischen Charakter haben und ein „Agent“ für so viele Dinge sein. Erst während dieser Runde werden jene höheren Sinne, deren Wachstum und Entwicklung Akasha fördert, für eine vollständige Entfaltung empfänglich sein. Wie bereits angedeutet, ist zur passenden Zeit in dieser Runde zu erwarten, dass sich eine teilweise Vertrautheit mit der Charakteristik der Materie einstellen wird – der sich parallel mit dem sechsten Sinn entwickelnden Permeabilität. Sobald aber in der kommenden Runde unseren Ressourcen das nächste Element hinzugefügt wird, wird die Permeabilität eine so charakteristische Eigenschaft der Materie sein, dass die dichtesten Formen der Materie für die Wahrnehmung des Menschen wie dichter Nebel erscheinen werden – und nicht mehr.

Kehren wir nun zu dem Lebenszyklus zurück. Ohne ausführlich auf die Beschreibung einzugehen, die uns von den höheren Leben gegeben werden, müssen wir unsere Aufmerksamkeit gegenwärtig einfach auf die irdischen Wesen und die Erde selbst richten. Letztere, so heißt es, wurde in der ersten Runde von den „Verschlingern“ erbaut, welche die Keime von anderen Leben in die Elemente auflösen und differenzieren; der Vorgang ist am besten vergleichbar mit der Tätigkeit der Aeroben in unserer gegenwärtigen Welt, welche durch eine Aushöhlung und Lockerung der chemischen Struktur eines Organismus tierische Materie umwandeln und so unterschiedlich beschaffene Substanzen erzeugen. So entledigt sich der Okkultismus des sogenannten Azoischen Zeitalters der Wissenschaft, denn er zeigt, dass es niemals eine Zeit ohne Leben auf der Erde gab. Wo immer ein Materie-Atom ist, ein Teilchen oder ein Molekül, selbst in seinem gasförmigsten Zustand, gibt es Leben in ihm, wie latent und unbewusst auch immer.

Was immer den Layazustand verlässt, wird aktives Leben. Es wird in den Wirbel der BEWEGUNG (das alchemistische Lösemittel des Lebens) hineingezogen; Geist und Materie sind die beiden Zustände des EINEN, das weder Geist noch Materie ist, sondern beide sind das absolute Leben – latent.“ (Buch Dzyan, Komm. III, Abs. 18) . . . „Geist ist die erste Differenzierung von (und in) RAUM; und Materie die erste Differenzierung von Geist. Das, was weder Geist noch Materie ist – das ist ES – die Ursachlose URSACHE von Geist und Materie, welche die Ursache des Kosmos ist. Und JENES nennen wir das EINE LEBEN oder den innerkosmischen Atem.“

Wir wollen noch einmal wiederholen – Gleiches muss Gleiches hervorbringen. Absolutes Leben kann kein anorganisches Atom hervorbringen, ob einzeln oder zusammengesetzt, und [SD # 259] selbst im Laya ist Leben, gerade so wie ein Mensch im tiefsten kataleptischen Zustand – allem Anschein nach ein Leichnam – immer noch ein lebendes Wesen ist.

Wenn die „Verschlinger“ (die Wissenschaftler sind mit gutem Grund dazu eingeladen, wenn sie wollen, die „Verschlinger“ als Atome des Feuernebels zu betrachten – der Okkultist wird nichts dagegen einzuwenden haben); wenn die „Verschlinger“, sagen wir, „die Feueratome“ mittels eines besonderen Segmentierungsprozesses differenziert haben, werden sie zu Lebenskeimen, die sich den Gesetzen der Kohäsion und Affinität folgend zusammenfügen. Dann erzeugen die Lebenskeime Leben einer anderen Art, die an der Struktur unserer Globen arbeiten. * * * *

Somit besaß der von den ursprünglichen Feuerleben in der ersten Runde aufgebaute – d. h. zu einer Kugel geformte – Globus weder Festigkeit noch Eigenschaften, abgesehen von einem kalten Leuchten, weder Form noch Farbe; erst gegen Ende der ersten Runde entwickelte er ein Element, das aus seiner sozusagen anorganischen oder einfachen Essenz in unserer gegenwärtigen Runde zu dem uns im gesamten System bekannten Feuer geworden ist. Die Erde befand sich in ihrem ersten Rupa, dessen Essenz das * * * genannte akasische Prinzip ist, jetzt bekannt und sehr irrtümlich als Astrallicht bezeichnet, von Éliphas Lévis als „Imagination der Natur“,219 wahrscheinlich um zu vermeiden, seinen korrekten Namen zu nennen und es damit anderen gleich zu tun.

„Durch die und aus den Ausstrahlungen der sieben Körper der sieben Ordnungen der Dhyanis werden die sieben separaten Quantitäten (Elemente) geboren, deren Bewegung und harmonische Vereinigung das offenbarte materielle Universum hervorbringen.“ (Kommentar)

[SD # 260] Die zweite Runde bringt das zweite Element zur Manifestation – Luft, das Element, dessen Reinheit jenem beständiges Leben sichert, der es nutzt. Lediglich zwei europäische Okkultisten entdeckten es und wendeten es teilweise in der Praxis an, den höchsten östlichen Initiierten hingegen war seine Zusammensetzung immer bekannt. Das Ozon der modernen Chemiker ist Gift im Vergleich zu dem wirklichen universalen Lösungsmittel, über das niemals hätte nachgedacht werden können, würde es nicht in der Natur existieren. „Mit der zweiten Runde begann die Erde – bis dahin ein Fötus in der Matrix des Raumes – ihre wirkliche Existenz: Sie hatte individuelles, fühlendes Leben entwickelt, ihr zweites Prinzip. Das zweite entspricht dem sechsten (Prinzip); das zweite ist beständiges Leben, das andere vorübergehend.“

Die dritte Runde entwickelte das dritte Prinzip – Wasser; die vierte verwandelte derweil die gasförmigen Flüssigkeiten und die plastische Form unseres Globus in die harte, verkrustete Kugel aus groben Material, auf der wir jetzt leben. „Bhumi“ hat ihr viertes Prinzip erreicht. Dagegen könnte man einwenden, dass das so nachdrücklich betonte Gesetz der Analogie an dieser Stelle durchbrochen wird. Durchaus nicht. Die Erde wird ihre wahre, endgültige Form – ihre körperliche Schale (in diesem Punkt im Gegensatz zum Menschen) – erst nach der siebten Runde gegen Ende des Manvantaras erreichen. Eugenius Philalethes hatte Recht, als er seinen Lesern mit seinem Ehrenwort versicherte, dass niemand je die Erde gesehen habe (d. h. Materie in ihrer essenziellen Form). Unser Globus befindet sich derzeit in seinem kamarupischen Zustand – der Astralkörper der Begierden von Ahamkara, dem dunklen Egotismus, dem Nachkommen von Mahat auf der niedrigeren Ebene. . . .

Das gröbste all unserer „Prinzipien“ ist nicht die molekular zusammengesetzte Materie – am allerwenigsten der menschliche Körper (Sthula-Sarira) –, sondern tatsächlich das mittlere Prinzip, das wirkliche tierische Zentrum; unser Körper ist indessen lediglich dessen Hülle, nicht mit Verantwortung begabter Faktor und Medium, durch welchen das Tier in uns sein Leben lang handelt. Jeder intellektuelle Theosoph wird verstehen, was ich wirklich meine. Für den wahren Mystiker hat die Idee, dass das menschliche Tabernakel aus zahllosen Leben aufgebaut ist – auf dieselbe Art, wie die felsige Kruste unserer Erde –, in sich nichts Abstoßendes. Genauso wenig kann die Wissenschaft die okkulte Lehre bestreiten, denn sie kann diese Lehre nicht verwerfen, weil das Mikroskop niemals das kleinste lebende Atom oder Leben entdecken wird.

(c) Die Wissenschaft lehrt uns, dass sowohl der lebende wie auch der tote Organismus von Mensch und Tier von Hunderten verschiedener [SD # 261] Arten von Bakterien wimmelt; dass wir bei jedem Atemzug von außen von einer Invasion von Mikroben und von innen von Leukomain, Aeroben, Anaeroben und was sonst nicht alles bedroht sind. Aber die Wissenschaft ist noch niemals so weit gegangen, in Übereinstimmung mit der okkulten Lehre zu behaupten, dass unsere Körper, so wie die der Tiere, Pflanzen und Steine, ganz und gar aus solchen Wesen aufgebaut sind, die mit Ausnahme der größeren Arten kein Mikroskop entdecken kann. Soweit der rein tierische und materielle Teil des Menschen in Betracht kommt, befindet sich die Wissenschaft auf dem Weg zu Entdeckungen, die einer Bestätigung dieser Theorie sehr nahe kommen werden. Chemie und Physiologie sind die beiden großen Magier der Zukunft, dazu bestimmt, der Menschheit die Augen für die großen physikalischen Wahrheiten zu öffnen. Mit jedem Tag zeigt sich die Identität zwischen Tier und physischem Menschen, zwischen Pflanzen und Menschen und selbst zwischen dem Reptil und seinem Nest, dem Felsen, und dem Menschen – immer klarer. Nachdem die physikalischen und chemischen Bestandteile aller als identisch befunden wurden, kann die Chemie mit Recht sagen, dass kein Unterschied besteht zwischen der Materie, die einen Ochsen zusammensetzt und der, die den Menschen bildet. Die okkulte Lehre ist jedoch viel explizierter. Sie sagt: Nicht nur die chemischen Bestandteile sind dieselben, sondern dieselben unendlich kleinen, unsichtbaren Leben setzen die Atome der Körper der Berge und Gänseblümchen zusammen, des Menschen und der Ameise, des Elefanten und des Baumes, welcher ihn vor der Sonne schützt. Jedes Teilchen – ob man es organisch oder anorganisch nennt – ist ein Leben. Jedes Atom und Molekül im Universum ist insofern für die von ihm erbaute Form sowohl Leben-spendend als auch Tod-bringend, als es sich zu Universen anhäuft und auch zu jenen kurzlebigen Vehikeln, welche die wandernde Seele bereitwillig aufnehmen, die Formen aber auch wieder zerstört und verändert und damit die Seelen aus ihren zeitweiligen Wohnstätten vertreibt. Es erschafft und tötet; es ist selbst-erzeugend und selbst-zerstörend; es bringt ins Dasein und vernichtet, jenes Mysterium der Mysterien – den lebendigen Körper von Mensch, Tier oder Pflanze, in jeder Sekunde in Zeit und Raum; und es erzeugt gleichermaßen Leben und Tod, Schönheit und ­Hässlichkeit, Gutes und Böses, und selbst die angenehmen und unangenehmen, die wohltätigen und verderblichen Empfindungen. Es ist jenes mysteriöse, von zahllosen Myriaden von Lebewesen kollektiv repräsentierte Leben, das auf seinem eigenen unregelmäßigen Pfad das bis jetzt unverständliche Gesetz des Atavismus befolgt; das sowohl Familienähnlichkeiten kopiert wie auch jene Ähnlichkeiten, die es in der Aura der Erzeuger eines jeden zukünftigen Menschen eingeprägt findet, kurz gesagt, ein Mysterium, das woanders vollere Beachtung finden wird. Für den Augenblick möge ein Beispiel zur Veranschaulichung angeführt werden. Die moderne Wissenschaft beginnt herauszufinden, dass das Ptomain (das alkaloide Gift, das bei der Zersetzung von Materie und Leichen entsteht – ebenfalls ein Leben), wenn es [SD # 262] mithilfe von flüchtigem Ether extrahiert wird, einen starken Geruch frischester Orangenblüten hervorbringt; weiter findet sie heraus, dass solche Alkaloide ohne Sauerstoff entweder einen höchst ekelhaften, abstoßenden Geruch oder ein höchst angenehmes Aroma erzeugen, das an das von äußerst fein duftenden Blumen erinnert. Und man vermutet, dass solche Blüten ihren angenehmen Duft dem giftigen Ptomain verdanken. Die giftige Essenz gewisser Pilze (Fungi) ist ebenfalls nahezu identisch mit dem Gift der indischen Kobra, der tödlichsten aller Schlangen.220 Nachdem nun die Wissenschaft die Wirkungen entdeckt hat, muss sie deren Erste Ursache finden; und das kann sie niemals ohne die Hilfe der alten Wissenschaften, der Alchemie, der okkulten Botanik und Physik erreichen. Man lehrt uns, dass jede physiologische Veränderung, neben pathologischen Phänomenen; dass Krankheiten – ja, das Leben selbst – oder vielmehr die objektiven Phänomene des Lebens, die durch gewisse Bedingungen und Veränderungen in den Geweben des Körpers hervorgebracht werden, die es dem Leben gestatten und es dazu zwingen, in diesem Körper zu wirken; dass all dies jenen unsichtbaren Schöpfern und Zerstörern zuzuschreiben ist, die auf so ungenaue und verallgemeinernde Weise Mikroben221 genannt werden. [SD # 263] Experimentatoren wie Pasteur sind die besten Freunde und Helfer der Zerstörer und die schlimmsten Feinde der Schöpfer – wenn die Letzteren nicht gleichzeitig ebenfalls Zerstörer wären. Wie dem auch sei, das Eine ist sicher: Die Kenntnis dieser ersten Ursachen und der letzten Essenz eines jeden Elements, von seinen Leben, deren Funktionen, Eigenschaften und Bedingungen für Veränderungen – bildet die Grundlage der Magie. Während der letzten Jahrhunderte der christlichen Ära war Paracelsus vielleicht der einzige mit diesem Geheimnis vertraute Okkultist Europas. Hätte nicht eine kriminelle Hand seinem Leben Jahre vor der ihm von der Natur zugemessenen Zeit ein Ende gemacht, wäre die physiologische Magie für die zivilisierte Welt weniger geheimnisvoll, als dies heute der Fall ist.

(d) Aber was hat der Mond mit all dem zu tun, mag man uns fragen? Was haben „Fisch, Sünde und Mond“ in dem apokalyptischen Satz der Stanze in Gesellschaft mit den „Lebensmikroben“ zu tun? Mit den Letzteren nichts, es sei denn, dass sie sich des Tabernakels aus Lehm bedienen, der von ihnen bereitet wurde; mit dem göttlichen vollkommenen Menschen aber alles, da „Fisch, Sünde und Mond“ vereint die drei Symbole des unsterblichen Wesens bilden.

Das ist alles, was gegeben werden kann. Auch behauptet die Schreiberin nicht, mehr über dieses seltsame Symbol zu wissen als darüber aus exoterischen Religionen gefolgert werden kann, aus dem Mysterium vielleicht, das dem Matsya (Fisch) [SD # 264] Avatara Vishnus zugrunde liegt, dem chaldäischen Oannes – dem Mann-Fisch, der in dem unvergänglichen Zeichen des Zodiaks, Fische, aufgezeichnet ist und sich mittels der Persönlichkeiten von Josua, dem „Sohn des Fischs (Nun)“, und Jesus durch beide Testamente zieht; aus der allegorischen „Sünde“ oder dem Fall des Geistes in die Materie; und dem Mond – insofern er mit den „lunaren“ Vorfahren, den Pitris, in Zusammenhang steht.

Für den Augenblick mag es genauso passen, den Leser auf etwas anderes hinzuweisen: Obwohl die Mond-Göttinnen in sämtlichen Mythologien, insbesondere in der griechischen, wegen des Einflusses des Mondes auf die Frau und auf die Empfängnis mit der Geburt der Kinder in Verbindung gebracht werden, ist der Physiologie, die sämtliche volkstümlichen Bräuche in Zusammenhang damit für groben Aberglauben hält, der okkulte und tatsächliche Zusammenhang unseres Satelliten mit der Befruchtung bis zum heutigen Tag unbekannt. Da es nutzlos ist, das im Einzelnen zu besprechen, können wir für den Moment lediglich innehalten, um die lunare Symbologie beiläufig zu betrachten, und damit zu zeigen, dass der erwähnte Aberglaube selbst in den ältesten Glaubensrichtungen existiert, sogar im Judentum – der Grundlage des Christentums. Bei den Israeliten war die Hauptfunktion Jehovahs die Kinder zu schenken, und die Esoterik der Bibel zeigt bei kabbalistischer Interpretation unleugbar, dass das Allerheiligste im Tempel lediglich das Symbol des Mutterschoßes war. Das ist jetzt über alle Zweifel und jede Spitzfindigkeit durch die numerische Auslegung der Bibel im Allgemeinen und der Genesis im Besonderen erwiesen. Diese Vorstellung müssen die Juden sicherlich von den Ägyptern und Indern entlehnt haben, deren Allerheiligstes – und das bei Letzteren bis zum heutigen Tage – durch die Königskammer in der großen Pyramide (sieheSource of Measures“) und durch die Yonisymbole des exoterischen Hinduismus symbolisiert wurden. Um das Ganze klarer zu machen und gleichzeitig die ungeheure Diskrepanz des Geistes der Interpretation und der ursprünglichen Bedeutung derselben Symbole zwischen den alten östlichen Okkultisten und den jüdischen Kabbalisten zu zeigen, verweisen wir den Leser auf den Abschnitt über „Das Allerheiligste“ im zweiten Band.222

6. Von den Erstgeborenen (dem ursprünglichen oder dem ersten Menschen) an wird der Faden zwischen dem stillen Wächter und seinem Schatten mit jeder Veränderung (Re-Inkarnation) [SD # 265] stärker und strahlender (a). Das morgendliche Sonnenlicht hat sich in die Herrlichkeit des Mittags verwandelt. . . .

(a) Dieser Satz: „Der Faden zwischen dem stillen Wächter und seinem Schatten (dem Menschen) wird stärker“ – mit jeder Re-Inkarnation –, ist ein weiteres psychologisches Mysterium, das in Band II erklärt werden wird. Für den Augenblick wird es genügen zu sagen, dass der „Wächter“ und seine „Schatten“ – Letztere sind ebenso zahlreich wie die Re-Inkarnationen der Monade – eins sind. Der Wächter, oder der göttliche Prototyp, steht auf der oberen Sprosse der Leiter des Seins; der Schatten auf der unteren. Die Monade eines jeden Lebewesens ist obendrein ein individueller, sich von anderen unterscheidender Dhyan Chohan, eine Art eigener spiritueller Individualität in einem besonderen Manvantara, wenn nicht ihre moralische Verworfenheit die Verbindung abbricht und ungezügelt vom Wege „abirrend den lunaren Pfad“ betritt – um den okkulten Ausdruck zu gebrauchen. Ihr Urmaterial, der Geist (Atman) ist natürlich eins mit Paramatman (dem einen Universalgeist), aber das Vehikel (Vahana), in das es eingeschlossen ist, Buddhi, ist ein wesentlicher Bestandteil dieser dhyan-chohanischen Essenz; und hierin liegt das Mysterium jener Allgegenwart, welche ein paar Seiten vorher besprochen wurde. „Mein Vater, der im Himmel ist, und ich – sind eins“, sagt die christliche Bibel; und darin ist sie auf jeden Fall ein getreues Echo der esoterischen Lehre.

7. Dies ist dein gegenwärtiges Rad – sagte die Flamme zum Funken. Du bist ich selbst, mein Ebenbild und mein Schatten. Ich habe mich in dich gekleidet, und du bist mein Vahana (Vehikel) bis zum Tag „Sei-mit-uns“, wenn du wieder ich und andere werden wirst, du und ich (a). Dann steigen die Baumeister, in ihr erstes Gewand gehüllt, zur strahlenden Erde herab und herrschen über die Menschen –, welche sie selbst sind (b).

(a) Der Tag, an dem „der Funke wieder zur Flamme werden wird (der Mensch mit seinem Dhyan Chohan verschmilzt), ich und andere, du und ich“, wie die Stanze sagt, bedeutet Folgendes: „In Paranirvana – wenn Pralaya nicht nur die materiellen und psychischen Körper, sondern auch die spirituellen Ego(s) auf ihr ursprüngliches Prinzip reduziert haben wird – werden die vergangenen, gegenwärtigen und selbst die zukünftigen [SD # 266] Menschheiten, wie alle Dinge, ein und dasselbe sein. Alles wird wieder in den Großen Atem eingetreten sein. Mit anderen Worten, alles wird „mit Brahman“ oder der göttlichen Einheit „verschmolzen sein“.

Bedeutet das Vernichtung, wie einige annehmen? Oder Atheismus, wie andere Kritiker – die Verehrer einer persönlichen Gottheit und jene, die an ein unphilosophisches Paradies glauben – zu vermuten geneigt sind? Keins von beiden. Es ist absolut nutzlos auf die Frage zurückzukommen, ob der Spiritualität der feinsten Art Atheismus unterstellt werden kann. In Nirvana Vernichtung zu sehen liefe darauf hinaus zu behaupten, dass ein in einen gesunden, traumlosen Schlaf versunkener Mensch ebenso vernichtet sei – einen Schlaf, welcher keinen Eindruck auf das physische Gedächtnis und Gehirn zurücklässt, weil das Höhere Selbst des Schläfers in diesen Stunden in seinem ursprünglichen Zustand absoluten Bewusstseins ist. Letzteres Gleichnis beantwortet nur die eine Seite der Frage – die materiellste, da Re-Absorption durchaus keinen derartigen „traumlosen Schlaf“ bedeutet, sondern im Gegenteil absolute Existenz, eine unbedingte Einheit oder einen Zustand, den zu beschreiben die menschliche Sprache gänzlich und hoffnungslos unzureichend ist. Die einzige Annäherung an so etwas wie eine allumfassende Vorstellung davon kann lediglich versucht werden, und zwar mit den panoramischen Visionen der Seele, hervorgebracht von der spirituellen Ideenbildung der göttlichen Monade. Auch geht die Individualität nicht deshalb verloren, weil sie re-absorbiert wird, nicht einmal die Essenz der Persönlichkeit, wenn davon etwas zurückbleibt. Denn wie grenzenlos der paranirvanische Zustand auch immer sein mag – vom menschlichen Standpunkt aus –, hat er doch in der Ewigkeit eine Grenze. Wenn die Monade ihn einmal erreicht hat, wird sie daraus auf einer viel höheren Ebene als ein noch höheres Wesen wieder emportauchen, um ihren Kreislauf vervollkommneter Aktivität erneut zu beginnen. Das menschliche Gemüt in seinem gegenwärtigen Entwicklungszustand kann diese Gedankenebene nicht übersteigen, ja sie kaum erreichen. Es taumelt hier, am Rand der unerfassbaren Absolutheit und Ewigkeit.

(b) Die „Wächter“ herrschen während der gesamten Periode des Satya-Yugas und der kleineren darauffolgenden Yugas bis zum Beginn der dritten Wurzelrasse über den Menschen; danach herrschen die Patriarchen, Heroen und die Manen (siehe die ägyptischen Dynastien, welche die Priester dem Solon aufzählten), die inkarnierten Dhyanis einer niederen Ordnung, bis zu König Menes und den menschlichen Königen der anderen Nationen; sie alle wurden sorgfältig aufgezeichnet. In der Sichtweise der Symbologen wird dieses Zeitalter der Mythenbildung natürlich nur als Märchen betrachtet. Aber da Traditionen und selbst Chroniken solcher Dynastien göttlicher Könige – von Göttern, die über Menschen herrschen, gefolgt von Dynastien von Heroen oder Giganten – sich in den Annalen aller Nationen finden, ist es schwierig zu verstehen, wie alle diese Völker unter der Sonne, manche wie die alten Peruaner und Mexikaner und ebenso die Chaldäer durch riesige [SD # 267] Ozeane voneinander getrennt und verschiedenen Hemisphären angehörend, dieselben „Märchen“ mit derselben Reihenfolge von Ereignissen ausgearbeitet haben konnten.223 Wie auch immer, wir sind zu unserem Glauben ebenso berechtigt wie alle anderen, seien sie religiöse Eiferer oder Skeptiker, da die Geheimlehre eine verlässlichere als die profane Geschichte lehrt, wenn sie auch esoterisch und traditionell ist. Und diese Lehre sagt, dass die Dhyani-Buddhas der beiden höheren Gruppen, nämlich die „Wächter“ oder die „Architekten“, die vielen und unterschiedlichen Rassen mit göttlichen Königen und Führern versorgten. Die Letzteren lehrten die Menschheit ihre Künste und Wissenschaften, und die Erstgenannten enthüllten den inkarnierten Monaden, die gerade ihre aus den niedrigeren Reichen stammenden Vehikel abgeschüttelt und daher jede Erinnerung an ihren göttlichen Ursprung verloren hatten, die großen spirituellen Wahrheiten der transzendentalen Welten (siehe Band II, „Göttliche Dynastien“).

Also stiegen, wie es in der Stanze zum Ausdruck kommt, die Wächter zur Erde herab und herrschten über die Menschen – „die sie selbst sind“. Die herrschenden Könige hatten ihren Zyklus auf der Erde und anderen Welten in den vorhergehenden Runden vollendet. In den zukünftigen Manvantaras werden sie zu Systemen aufgestiegen sein, welche über unserer planetarischen Welt stehen; und die Auserwählten unserer Menschheit, die Pioniere auf dem harten und mühevollen Pfad des Fortschritts, werden die Plätze ihrer Vorgänger einnehmen. Das nächste große Manvantara wird Zeuge davon werden, wie die Menschen unseres eigenen Lebenszyklus zu den Unterweisern und Führern einer Menschheit werden, deren Monaden jetzt noch – halbbewusst – in den Intellektuellsten des Tierreichs eingekerkert sind, während ihre niederen Prinzipien vielleicht die höchsten Arten der Pflanzenwelt beseelen.

So schreiten die Zyklen der siebenfältigen Evolution in der siebenfältigen Natur voran; die spirituellen oder göttlichen; die psychischen oder halbgöttlichen; die intellektuellen, die leidenschaftlichen, die instinktiven oder kognitiven; die halbkörperlichen und die rein materieller oder physischer Natur. Sie alle evolvieren und schreiten zyklisch voran, indem sie von einem zum Nächsten fortschreiten, auf einem doppelten, zentrifugalen und zentripetalen Pfad, eins in ihrer letzten Essenz, siebenfältig in ihren Aspekten. Der Niederste ist natürlich der von [SD # 268] unseren fünf physischen Sinnen Abhängende und ihnen Dienende.224 Soviel über das individuelle, menschliche, fühlende, tierische und pflanzliche Leben, jedes der Mikrokosmos seines höheren Makrokosmos. Das Gleiche gilt für das Universum, das sich zum Zweck des kollektiven Fortschritts der zahllosen Leben – den Ausatmungen des Einen Lebens – periodisch manifestiert; damit durch das Immer-Werden jedes kosmische Atom in diesem unendlichen Universum auf seinem Durchgang vom Formlosen und Immateriellen durch die gemischten Naturen des Halbirdischen bis hinab zur vollentwickelten Materie und dann wieder zurück, in jeder neuen Periode höher und näher zu dem schließlichen Ziel wieder emporsteigend; damit jedes Atom, sagen wir, durch individuelle Verdienste und Anstrengungen jene Ebene erreichen kann, auf der es wieder zu dem einen, nicht bedingten All wird. Aber zwischen dem Alpha und dem Omega liegt eine beschwerliche „Straße“, eingesäumt von Dornen, die „zuerst abwärts führt, und dann –

Sich windet steil empor
Ja, bis ans Ende. . . . .”

Seine lange Reise unbefleckt antretend; immer mehr und mehr in die sündhafte Materie hinabsteigend und sich mit jedem Atom im manifestierten Raum verbindend – hat der Pilger, nachdem er sich durch sämtliche Formen des Lebens und Daseins durchgekämpft und darin gelitten hat, erst die Talsohle der Materie erreicht und befindet sich auf halbem Weg seines Zyklus, wenn er sich selbst mit der kollektiven Menschheit identifiziert hat. Diese hat er nach seinem eigenen Bild erschaffen. Um aufwärts und heimwärts fortzuschreiten, muss der „Gott“ nun den mühevollen steilen Pfad des Golgatha des Lebens emporsteigen. Es ist das Märtyrium der selbstbewussten Existenz. Gleich ­Vishvakarman muss er sich für sich selbst opfern, um sämtliche Geschöpfe zu erlösen, um aus den Vielen zu dem Einen Leben aufzuerstehen. Dann steigt er tatsächlich in den Himmel auf, wo er, versunken in das unbegreifliche absolute Sein und die Glückseligkeit des Paranirvana, bedingungslos herrscht und von wo er beim nächsten „Kommen“ wieder herabsteigen wird, das ein Teil der Menschheit im Sinne des toten Buchstabens als das zweite Kommen erwartet und der andere Teil als den letzten „Kalki Avatara“.

 

 

 

 

[SD # 269]
Zusammenfassung

„Die Geschichte der Schöpfung und dieser Welt von ihrem Anbeginn bis zur gegenwärtigen Zeit besteht aus sieben Kapiteln. Das siebte Kapitel ist noch nicht geschrieben.“

(T. Subba Row, „Theosophist“, 1881)

 

Das erste dieser sieben Kapitel wurde unternommen und ist nun fertig. Wie unvollständig und schwach die Darlegung auch immer sein mag, sie stellt doch auf jeden Fall eine Annäherung dar – das Wort in einem mathematischen Sinne gebraucht – an das, was die älteste Grundlage aller darauffolgenden Kosmogonien darstellt. Der Versuch, das große Panorama des ewig periodisch wiederkehrenden Gesetzes – welches dem plastischen Gemüt der ersten mit Bewusstsein begabten Rassen von jenen eingeprägt wurde, die es aus dem Universalgemüt reflektierten – in einer europäischen Sprache wiederzugeben ist ein Wagnis, denn vom Sanskrit abgesehen, der Sprache der Götter, vermag das keine menschliche Sprache auch nur annähernd zu vollbringen. Aber die Unvollkommenheiten in diesem Werk müssen vergeben werden um des Motivs willen.

Weder das Vorhergehende noch was jetzt noch folgen wird kann irgendwo als Ganzes vollständig gefunden werden. Es wird in keiner der sechs indischen Philosophieschulen gelehrt, da es sich auf deren Synthese bezieht – die siebte, welche die okkulte Lehre ist. Es ist auf keinem zerfallenden ägyptischen Papyrus aufgezeichnet, und es ist auch nicht mehr in assyrischen Ziegeln oder Granitmauern eingraviert. Die Bücher des Vedantas (das letzte Wort des menschlichen Wissens) geben lediglich den metaphysischen Aspekt dieser Weltkosmogonie heraus; und ihr unbezahlbarer Wissensschatz, die Upanishaden Upa-ni-shad, ein zusammengesetztes Wort mit der Bedeutung „die Überwindung der Unwissenheit durch die Offenbarung des geheimen, spirituellen Wissens“ –, erfordert jetzt den zusätzlichen Besitz eines Generalschlüssels, um den Schüler zu befähigen, sich ihre volle Bedeutung zu erschließen. Den Grund dafür will ich hier darzustellen versuchen, so wie ich ihn von einem Meister erfahren habe.

Die Bezeichnung „Upanishaden“ wird gewöhnlich übersetzt mit „esoterische Lehre“. Diese Abhandlungen bilden einen Teil der Sruti oder des „enthüllten Wissens“, kurz gesagt der Offenbarung; und sie sind allgemein dem Brahmana genannten Teil der Veden225 als ihre dritte Abteilung angegliedert. [SD # 270] Es gibt mehr als 150 von den Orientalisten aufgezählte und ihnen bekannte Upanishaden, deren älteste ihrer Ansicht nach wahrscheinlich ungefähr 600 Jahre v. Chr. geschrieben wurden; aber nicht einmal der fünfte Teil davon existiert in Original-Texten. Die Upanishaden sind für die Veden das, was die Kabbala für die jüdische Bibel ist. Sie behandeln und erklären die geheime und mystische Bedeutung der vedischen Texte. Sie sprechen vom Ursprung des Universums, der Natur der Gottheit und des Geistes und der Seele und auch vom metaphysischen Zusammenhang zwischen Geist und Materie. Kurz gesagt: Sie enthalten den Anfang und das Ende allen menschlichen Wissens, jedoch haben sie aufgehört, es zu enthüllen seit den Tagen Buddhas. Wäre es anders, könnten die Upanishaden nicht esoterisch genannt werden, da sie jetzt offen an die heiligen brahmanischen Bücher angehängt sind, die in unserem gegenwärtigen Zeitalter selbst den Mlechchhas (den Kastenlosen) und den europäischen Orientalisten zugänglich wurden. Etwas in ihnen – und zwar in allen Upanishaden – weist unveränderlich und beständig auf ihren alten Ursprung hin, und beweist (a), dass sie in einigen Teilen verfasst wurden, bevor das Kastensystem zu der tyrannischen Einrichtung wurde, das es heute noch darstellt; und (b), dass die Hälfte ihrer Inhalte ausgemerzt wurde, während andere neu verfasst und gekürzt wurden. „Die großen Lehrer des höheren Wissens und die Brahmanen werden stets auf dem Weg zu den Kshatriya (Kriegerkaste) Königen dargestellt, um zu deren Schülern zu werden.“ Wie Cowell passend bemerkt, „atmen die Upanishaden einen gänzlich anderen Geist“ (als andere brahmanische Schriften), „eine Freiheit des Denkens, wie sie in keinem früheren Werk vorkommt, mit Ausnahme der Hymnen des Rigvedas selbst“. Die zweite Tatsache erklärt sich durch eine in einem Manuskript über Buddhas Leben aufgezeichneten Überlieferung. Diese behauptet, die Upanishaden seien ursprünglich ein paar Jahrhunderte nach dem Eindringen der „Zweimalgeborenen“ in Indien, nach dem Beginn der zur Exklusivität des gegenwärtigen Kastensystems bei den Brahmanen führenden Reform, ihren Brahmanas angehängt worden. In jenen Tagen waren sie vollständig und wurden zur Schulung der Chelas verwendet, die sich auf ihre Initiation vorbereiteten.

[SD # 271] Das ging so lange, wie die Veden und die Brahmanas alleinig und exklusiv von den Tempelbrahmanen verwahrt wurden – und niemand außerhalb der heiligen Kaste das Recht hatte, sie zu studieren oder auch nur zu lesen. Dann kam Gautama, der Prinz von Kapilavastu. Nachdem er die gesamte brahmanische Weisheit im Rahasya oder den Upanishaden gelernt hatte und fand, dass sich die Lehren, wenn überhaupt, nur wenig von jenen der die schneebedeckten Bergketten des Himalayas226 bewohnenden „Lehrer des Lebens“ unterschieden, beschloss der Schüler der Brahmanen, ungehalten darüber, dass die heilige Weisheit allen, außer den Brahmanen, vorenthalten wurde, die ganze Welt durch ihre Verbreitung zu erretten. Als die Brahmanen damals sahen, dass ihr heiliges Wissen und ihre okkulte Weisheit in die Hände der „Mlechchhas“ fielen, kürzten sie die Texte der Upanishaden; vor der Kürzung hatten die Veden und Brahmanas zusammen den dreifachen Umfang. Sie änderten jedoch nicht ein einziges Wort. Sie schieden aus den Manuskripten lediglich die wichtigsten Teile aus, welche das letzte Wort über das Mysterium des Seins enthalten. Der Schlüssel zu dem geheimen Code der Brahmanen verblieb von da an bei den Initiierten allein; die Brahmanen waren so in der Lage, unter Berufung auf ihre in den Hauptfragen für immer zum Schweigen gebrachten Upanishaden öffentlich die Richtigkeit von Buddhas Lehre zu bestreiten. So lautet die esoterische Überlieferung jenseits des Himalayas.

Sri Shankaracharya, der größte in historischen Zeiten lebende Initiierte, schrieb gar manchen Bhashya zu den Upanishaden. Seine ursprünglichen Abhandlungen sind aber, wie wir Grund haben zu vermuten, noch nicht in die Hände der Philister gefallen, denn sie werden zu misstrauisch in seinen Maths (Klöstern, Mathams) bewahrt. Und es gibt noch gewichtigere Gründe für die Annahme, dass die unschätzbaren Bhashyas (Kommentare) des bedeutendsten Interpreten der esoterischen Lehre der Brahmanen noch viele Zeitalter lang für die meisten Hindus tote Buchstaben bleiben werden, die Smartava-Brahmanen ausgenommen. Diese von Shankaracharya gegründete Gemeinschaft (welche im südlichen Indien noch sehr mächtig ist) ist heutzutage nahezu als einzige in der Lage, noch Studierende hervorzubringen, welche für das Verständnis des [SD # 272] toten Buchstabens der Bhashyas ausreichendes Wissen bewahrt haben. Wie mir mitgeteilt wird, ist der Grund dafür, dass sie allein gelegentlich wirklich Initiierte an der Spitze ihrer Mathams haben, wie zum Beispiel im „Sringa-Giri“ in den Westghats von Mysore. Auf der anderen Seite gibt es keine exklusivere Sekte in jener äußerst exklusiven Kaste der Brahmanen als die Smartava; und die Verschwiegenheit ihrer Anhänger, wenn es gilt zu sagen, was sie über die okkulten Wissenschaften und die esoterischen Lehre wissen, kommt nur ihrem Stolz und ihrer Gelehrsamkeit gleich.

Daher muss die Schreiberin der vorliegenden Behauptung im Voraus darauf vorbereitet sein, der größten Opposition und selbst der Ablehnung der in diesem Buch vorgebrachten Behauptungen zu begegnen. Auf die Unfehlbarkeit oder vollkommene Richtigkeit jeden Details des hier Gesagten wurde niemals Anspruch erhoben. Es gibt hier Tatsachen, und sie können schwerlich geleugnet werden. Aber infolge der den behandelten Gegenständen innewohnenden Schwierigkeiten und der nahezu unüberwindbaren Beschrän­kungen der englischen Sprache (sowie jeder anderen europäischen Sprache) beim Ausdruck gewisser Ideen, ist es mehr als wahrscheinlich, dass es der Schreiberin nicht gelungen ist, die Erklärungen in der besten und klarsten Form darzulegen. Aber alles, was getan werden konnte, wurde unter widrigen Umständen jeglicher Art erledigt, und das ist das Äußerste, was von einem Schriftsteller erwartet werden kann.

So wollen wir denn rekapitulieren und zeigen, wie schwer, wenn nicht unmöglich es bei dem gewaltigen Umfang der erläuterten Themen ist, ihnen vollständig gerecht zu werden.

(1) Die Geheimlehre ist die angesammelte Weisheit der Zeitalter, und ihre Kosmogonie allein ist das erstaunlichste und am besten ausgearbeitete System, z. B. selbst in der Exoterik der Puranas. Die mysteriöse Macht okkulter Symbolik ermöglicht es, dass die Tatsachen einer verwirrenden Reihe evolutionärer Fortschritte, mit welchen sich tatsächlich zahllose Generationen initiierter Seher und Propheten beschäftigten, sie ordneten, aufzeichneten und erläuterten, allesamt auf einige wenige Blätter mit geometrischen Symbolen und Bildzeichen aufgezeichnet wurden. Wo ein gewöhnlicher, wenn auch noch so gelehrter Unwissender, lediglich die äußere Tätigkeit einer Form bemerken würde, drang die blitzartige Schau jener Seher zum innersten Kern der Materie vor und zeichnete die Seele der Dinge dort auf. Aber die moderne Wissenschaft glaubt nicht an die „Seele der Dinge“ und wird daher das ganze System der alten Kosmogonie zurückweisen. Es ist nutzlos zu sagen, dass das in Frage stehende System nicht das Fantasiegebilde eines oder mehrerer einzelner Individuen ist. Dass es eine ununterbrochene Aufzeichnung ist, welche sich über Tausende von Generationen von Sehern erstreckt, deren jeweilige Erfahrungen dazu dienten, die [SD # 273] von einer frühen Rasse mündlich der nächsten weitergegebenen Überlieferungen zu prüfen und zu belegen, Lehren von über die Kindheit der Menschheit wachenden höheren und erhabeneren Wesen. Dass die „weisen Menschen“ der fünften Rasse von dem vor dem letzten Kataklysmus und der Kontinentalverschiebung bewahrten und erretteten Stamm während langer Zeitalter ihr Leben mit Lernen zubrachten und nicht mit Lehren. Wie taten sie das? Es wird geantwortet: Auf jedem Gebiet der Natur wurden die alten Überlieferungen durch unabhängige Schau großer Adepten kontrolliert, geprüft und belegt; z. B. von Menschen, die ihren körperlichen, mentalen, psychischen und spirituellen Aufbau bis zum höchstmöglichen Grad entwickelt und vervollkommnet hatten. Keine Schau eines einzelnen Adepten wurde akzeptiert, bevor sie nicht durch die Vision – in solcher Weise empfangen, dass sie als unabhängiger Beweis dienen konnte – anderer Adepten geprüft und bestätigt waren, und durch Jahrhunderte an Erfahrungen.

(2) Das Grundgesetz jenes Systems, der Mittelpunkt, aus dem alles auftauchte und um welchen und wohin alles gravitiert, und auf dem die Philosophie des Übrigen aufgebaut ist, ist das eine homogene göttliche Substanz-Prinzip, die eine Grundursache.

. . . „Nur Wen’ge, deren Lampe heller schien,
Die führt von Grund zu Grund ein sich’rer Schluss,
Zu der Natur geheimem Haupte hin;
Sie fanden, dass ein Urprinzip sein muss. . . .”

Es wird „Substanz-Prinzip“ genannt, weil es auf der Ebene des manifestierten Universums zur „Substanz“ wird, zu einer Illusion, während es in dem anfanglosen und endlosen abstrakten, sichtbaren und unsichtbaren Raum ein „Prinzip“ bleibt. Es ist die allgegenwärtige Wirklichkeit: unpersönlich, weil sie alles und jedes enthält. Ihre Unpersönlichkeit ist die Grundvorstellung des Systems. Es ist in jedem Atom im Universum latent vorhanden und ist das Universum selbst (siehe auch die Kapitel über Symbolik, „Ursubstanz und Göttlicher Gedanke“).

(3) Das Universum ist die periodische Manifestation dieser unbekannten, absoluten Essenz. Es „Essenz“ zu nennen ist jedoch eine Sünde gegen den eigentlichen Geist der Philosophie. Denn obwohl das Substantiv in diesem Fall von dem Verb esse, „sein“, abgeleitet werden kann, kann Es dennoch mit keinem Wesen irgendeiner Art identifiziert werden, das sich der menschliche Intellekt vorstellen kann. Am besten wird Es weder als Geist noch als Materie bezeichnet, sondern als beides. In Wirklichkeit sind „Parabrahman und Mulaprakriti“ eins, jedoch zwei in der universalen Vorstellung des Manifestierten, selbst in der Vorstellung des Einen Logos, in dessen erster Manifestation, dem Es, wie der fähige Vortragende in den „Anmerkungen zu Bhagavadgita“ zeigt, vom objektiven Standpunkt [SD # 274] des Einen Logos aus als Mulaprakriti und nicht als Parabrahman erscheint, als sein Schleier, und nicht als die eine, dahinter verborgene Wirklichkeit, die unbedingt und absolut ist.

(4) Das Universum mit allem, was es enthält, wird Maya genannt, weil alles darin vergänglich ist, vom flüchtigen Leben eines Glühwürmchens bis zu dem der Sonne. Verglichen mit der ewigen Unveränderlichkeit des Einen und der Wandellosigkeit dieses Prinzips muss das Universum mit seinen vergänglichen, ewig wechselnden Formen im Gedanken eines Philosophen notwendigerweise nichts Besseres sein als ein Irrlicht. Und doch bietet das Universum den darin existierenden bewussten Wesen, die genauso unwirklich sind wie es selbst, eine ausreichende Wirklichkeit.

(5) Alles im Universum, in allen seinen Reichen, ist bewusst: d. h. mit einem Bewusstsein seiner eigenen Art und auf seiner eigenen Wahrnehmungsebene begabt. Wir Menschen müssen uns daran erinnern, dass wir nur deshalb, weil wir, sagen wir einmal in den Steinen, keine für uns wahrnehmbaren Zeichen von Bewusstsein erkennen können, noch lange kein Recht dazu haben zu behaupten, dass darin kein Bewusstsein existiert. So etwas wie „tote“ oder „blinde“ Materie existiert genauso wenig wie ein „blindes“ oder „­unbewuss­tes“ Gesetz. In den Vorstellungen der okkulten Philosophie gibt es für so etwas keinen Platz. Letztere bleibt niemals bei oberflächlichen Erscheinungen stehen, und für sie haben die noumenalen Essenzen mehr Wirklichkeit als ihre objektiven Abbilder; darin ähnelt sie dem System der mittelalterlichen Nominalisten, für welche die Universalien die Wirklichkeiten waren und die Partikularien lediglich dem Namen nach und in der menschlichen Einbildung existierten.

(6) Das Universum wird von innen nach außen gestaltet und geleitet. Wie oben so ist es unten, wie im Himmel so auf der Erde; und der Mensch – der Mikrokosmos und die Miniaturkopie des Makrokosmos – ist der lebendige Zeuge dieses universalen Gesetzes und für die Art seines Wirkens. Wir sehen, dass jede äußere Bewegung, Handlung, Gebärde, ob willentlich oder mechanisch, organisch oder intellektuell, durch inneres Empfinden oder Emotion, Willen oder Wunsch und Gedanken oder Verstand hervorgerufen wird und darauf folgt. Im äußeren Körper des Menschen kann in seiner normalen Funktion keine äußere Bewegung oder Veränderung zustande gebracht werden, es sei denn durch inneren Antrieb, ausgelöst durch eine der drei genannten Funktionen, und dasselbe gilt gleichermaßen für das äußere oder manifestierte Universum. Der ganze Kosmos wird von einer nahezu endlosen Reihe von Hierarchien fühlender Wesen geleitet, kontrolliert und belebt, von denen jedes eine Aufgabe zu erfüllen hat, und die – einerlei, ob wir ihnen den einen oder anderen Namen geben und sie Dhyan Chohans oder Engel nennen – nur in dem Sinne „Sendboten“ sind, dass sie die Werkzeuge der karmischen und kosmischen Gesetze sind. In ihren [SD # 275] jeweiligen Bewusstseinsstufen und ihrer Intelligenz unterscheiden sie sich grenzenlos voneinander; und sie alle reine Geister zu nennen, ohne die Beimischung jeglicher irdischer Qualitäten, „an welchen der Zahn der Zeit zu nagen pflegt“, bedeutet nur, einer poetischen Floskel zu huldigen. Denn jedes dieser Wesen war einst ein Mensch oder bereitet sich darauf vor, zu einem Menschen zu werden, wenn nicht im gegenwärtigen, so in einem vergangenen oder zukünftigen Zyklus (Manvantara). Wenn nicht beginnende, sind sie ausgereifte Menschen; und auf ihren höheren (weniger materiellen) Ebenen unterscheiden sie sich moralisch von irdischen Menschen lediglich darin, dass sie von der Empfindung einer Persönlichkeit und der menschlichen emotionalen Natur frei sind – beides rein irdische Qualitäten. Die Ersteren oder „Ausgereiften“ sind von jenen Gefühlen frei; (a) weil sie keine fleischlichen Körper mehr besitzen – eine stets betäubende Last auf der Seele; und (b) weil das rein spirituelle Element ungebundener und freier gelassen wird, sind sie weniger von Maya beeinflusst als dies der Mensch jemals erreichen kann, wenn er nicht ein Adept ist, der seine beiden Persönlichkeiten – die spirituelle und die körperliche – vollständig voneinander getrennt hält. Die beginnenden Monaden, die noch niemals irdische Körper besaßen, können weder Persönlichkeit noch Ego-ismus empfinden. Da das, was unter „Persönlichkeit“ verstanden wird, eine Beschränkung und Beziehung darstellt oder – wie Coleridge definiert – „Individualität, die in sich selbst existiert, jedoch eine Natur als Grundlage hat“, kann der Ausdruck natürlich nicht auf nichtmenschliche Wesen angewendet werden; wie jedoch schon Generationen von Sehern nachdrücklich betonten ist es eine Tatsache, dass keines dieser Wesen, ob hoch oder niedrig, als eigenständiges Wesen über Individualität oder Persönlichkeit verfügt, d. h. sie haben keine Individualität in dem Sinn, was der Mensch mit folgenden Worten zum Ausdruck bringt: „Ich bin ich und niemand anderes“; mit anderen Worten, sie sind sich keiner solchen ausgeprägten Getrenntheit bewusst, wie sie Menschen und Dinge auf der Erde haben. Individualität ist das Charakteristikum ihrer entsprechenden Hierarchien, nicht ihrer Einheiten. Und diese Charakteristika ändern sich ausschließlich mit der Stufe der Ebene, zu welcher die jeweilige Hierarchie gehört: Je näher sie sich an der Region der Homogenität und des Einen Göttlichen befindet, desto reiner und weniger betont ist jene Individualität in der Hierarchie. Sie sind endlich in jeder Hinsicht, mit Ausnahme ihrer höheren Prinzipien – der unsterblichen Funken, welche die universale göttliche Flamme reflektieren – in den Sphären der Illusion lediglich durch eine Differenzierung individualisiert und getrennt, welche ebenso illusorisch ist wie alles Übrige. Sie sind „Lebendige“, weil sie auf den kosmischen Schirm der Illusion projizierte Ströme des absoluten Lebens sind; das Leben kann in diesen Wesen nicht ausgelöscht werden, bevor nicht das Feuer der Unwissenheit in jenen erloschen ist, die diese „Leben“ empfinden. Unter dem belebenden Einfluss des unerschaffenen Strahles ins Dasein getreten, der Reflexion der großen, an den Ufern des Lebensstromes [SD # 276] strahlenden Zentralsonne, gehört das innere Prinzip in ihnen den Wassern der Unsterblichkeit an, während sein differenziertes Gewand so vergänglich ist wie der Körper des Menschen. Daher hatte Young Recht zu sagen,

„Engel sind Menschen einer höheren Art”

und nicht mehr. Sie sind weder „dienende“ noch „schützende“ Engel; noch weniger sind sie „Vorboten des Höchsten“ oder „Sendboten des Zorns“ irgendeines Gottes, den sich die Fantasie des Menschen erschaffen hat. Ihren Schutz anzurufen ist ebenso töricht wie zu glauben, dass ihre Sympathie durch irgendeine Art von Sühneopfer erlangt werden könne; denn sie sind, ebenso sehr wie der Mensch selbst, Sklaven und Geschöpfe des unveränderlichen karmischen und kosmischen Gesetzes. Der Grund dafür ist einleuchtend. Da sie keine Persönlichkeitselemente in ihrer Essenz haben, können sie keine persönlichen Eigenschaften besitzen wie die Menschen sie in ihren exoterischen Religionen ihrem anthropomorphen Gott zuschreiben – einem eifersüchtigen und exklusiven Gott, der sich erfreut und der zürnt, der Wohlgefallen hat an Opfern und in seiner Eitelkeit despotischer ist als sämtliche endlichen, närrischen Menschen. Dem Menschen, wie in Band II gezeigt wird, der aus den Essenzen all dieser himmlischen Hierarchien zusammengesetzt ist, mag es gelingen, sich selbst als solchen in einem Sinn erhaben zu machen über irgendeine Hierarchie oder Klasse oder selbst über eine Kombination von ihnen. „Der Mensch kann die Devas weder günstig stimmen, noch ihnen befehlen“, wird gesagt. Aber durch Lähmung seiner niederen Persönlichkeit, wodurch er zur vollen Erkenntnis der Nichtgetrenntheit seines höheren Selbst von dem einen absoluten Selbst gelangt, kann der Mensch selbst während seines irdischen Lebens „Einer von uns“ werden. So kann der Mensch durch den Genuss der die Unwissenheit ausmerzenden Frucht der Erkenntnis einem der Elohim oder der Dhyanis gleich werden; und wenn er ihre Ebene erst erreicht hat, muss sich der Geist der Solidarität und vollkommenen Harmonie, der in jeder Hierarchie herrscht, über ihn ausbreiten und ihn in vollem Umfang beschützen.

Was die Wissenschaftler hauptsächlich daran hindert, sowohl an göttliche als auch an die Geister der Natur zu glauben, ist ihr Materialismus. Was die Spiritisten daran hindert, an sie zu glauben, während sie sich doch ein blindes Vertrauen in die „Geister“ der Verstorbenen bewahren, ist die allgemeine Unwissenheit aller – mit Ausnahme einiger Okkultisten und Kabbalisten – über die wahre Essenz und die Natur der Materie. Der Glaube oder Unglaube an die Existenz uns umgebender anderer bewusster Wesen, abgesehen von den Geistern der Toten, beruht auf der Annahme oder Ablehnung der Theorie von der Einheit von allem in der Natur in ihrer ultimativen Essenz. [SD # 277] Bei der weiteren Erhellung seiner Ansichten über die okkulte Kosmogonie hängt der Schüler vom richtigen Verständnis der ursprünglichen Evolution der Geist-Materie und ihrer wahren Essenz ab; und dieses Verständnis liefert auch den einzigen sicheren Hinweis, der seine weiteren Studien leiten kann.

Wie soeben gezeigt wurde, ist es nüchterne Wahrheit, dass jeder sogenannte „Geist“ entweder ein entkörperter oder ein zukünftiger Mensch ist. Vom höchsten Erzengel (Dhyan Chohan) hinab bis zum letzten bewussten „Erbauer“ (der niederen Klasse spiritueller Wesenheiten) sind sie alle Menschen, die vor Äonen in früheren Manvantaras in dieser oder anderen Sphären lebten; so sind die niederen, halbintelligenten und nichtintelligenten Elementale – alle zukünftige Menschen. Die Tatsache allein – dass ein Geist mit Intelligenz begabt ist – genügt dem Okkultisten als Beweis, dass dieses Wesen einst Mensch gewesen sein und seine Erkenntnis und Intelligenz im menschlichen Zyklus erlangt haben muss. Im Universum existiert lediglich eine unteilbare und absolute Allwissenheit und Intelligenz, und diese durchdringt jedes Atom und jeden kleinsten Punkt des ganzen endlichen Kosmos, der grenzenlos ist und den die Menschen Raum nennen und als unabhängig von allem betrachten, was er enthält. Aber die erste Differenzierung seiner Reflexion in der manifestierten Welt ist rein geistig, und die in ihm hervorgebrachten Wesen sind nicht mit einer Art von Bewusstsein ausgestattet, das in irgendeiner Beziehung zu dem steht, die wir uns ausdenken könnten. Bevor sie es nicht persönlich und individuell erlangen, können sie weder menschliches Bewusstsein noch Intelligenz besitzen. Dies mag ein Mysterium sein, ist in der Esoterischen Philosophie aber dennoch eine Tatsache, und eine ziemlich offensichtliche obendrein.

Die gesamte Ordnung in der Natur lässt einen schrittweisen Marsch in Richtung eines höheren Lebens erkennen. Die Wirkung selbst der scheinbar blindesten Kräfte folgt einem Plan. Der ganze Evolutionsprozess mit seinen endlosen Anpassungen ist ein Beweis dafür. Die unveränderlichen Gesetze, welche die schwachen und hinfälligen Arten ausmerzen, um den Starken Platz zu machen und die das „Überleben des Tauglichsten“ sichern, arbeiten alle auf das große Ziel hin, wenngleich sie in ihrer unmittelbaren Wirkung grausam sind. Die Tatsache allein, dass Anpassungen wirklich stattfinden und dass der Tauglichste im Kampf ums Dasein wirklich überlebt, zeigt, dass die sogenannte „unbewusste Natur“227 in Wirklichkeit eine Zusammenwirkung von Kräften darstellt, die [SD # 278] von hohen Planetengeistern (Dhyan Chohans) geleitete halbintelligente Wesen (Elementale) handhaben. Ihre kollektive Gesamtheit formt das manifestierte Verbum des unmanifestierten Logos und bildet gleichermaßen das Gemüt des Universums und sein unveränderliches Gesetz.

Die Esoterische Philosophie prägt unserem Denken drei individuelle Darstellungen des Universums in seinen drei unterschiedlichen Aspekten ein: Das Prä-Existierende (evolviert aus) dem Ewig-Existierenden; und das Phänomenale – die Welt der Illusion und deren Reflexion und Schatten. Während des als Manvantara bekannten großen Mysteriums und Dramas des Lebens gleicht der reale Kosmos einem hinter einer weißen Leinwand aufgestellten Objekt, dessen von einer magischen Laterne erzeugter chinesischer Schatten auf diese Leinwand projiziert wird. Verborgen bleibende Hände der Evolution ziehen die Fäden, und die tatsächlichen Figuren und Dinge bleiben unsichtbar; und hinter den Fallstricken Maha-Mayas oder der großen Illusion sind Menschen und Dinge somit nichts anderes als Reflexionen auf dem weißen Feld der Wirklichkeiten. Das wurde in jeder Philosophie, in jeder Religion gelehrt, sowohl vor- als auch nachsintflutlich, in Indien und Chaldäa, sowohl von den chinesischen als auch von den griechischen Weisen. In den zuerst erwähnten Ländern wurden diese drei Universen in exoterischen Lehren als die drei Trinitäten allegorisiert, die aus dem zentralen ewigen Keim emanieren und mit ihm eine höchste Einheit bilden: die anfängliche, die manifestierte und die schöpferische Triade oder die drei in einem. Letzteres ist lediglich das konkret formulierte Symbol der ersten beiden idealen Trinitäten. Somit übergeht die Esoterische Philosophie den Determinismus dieser rein metaphysischen Vorstellung, und nennt ausschließlich das Erste das Ewig-Existierende. Das ist die Ansicht jeder Einzelnen der sechs großen Schulen der indischen Philosophie – die sechs Prinzipien jenes Einheitskörpers der Weisheit, von welchem die „Gnosis“, das verborgene Wissen, das siebte ist.

So oberflächlich die Kommentare zu den sieben Stanzen auch behandelt sein mögen, hofft die Schreiberin dennoch, dass genug in diesen kosmogonischen Teil des Werkes gegeben wurde, um zu zeigen, dass die archaischen Lehren selbst ihrem äußeren Anschein nach schon sichtlich wissenschaftlicher (im modernen Sinn des Worts) sind als beliebige andere überlieferte alte heilige Schriften, welche ihrem exoterischen Aspekt nach betrachtet und beurteilt werden müssen. Da jedoch, wie schon früher erklärt, dieses Werk bei weitem mehr vorenthält als es herausgibt, wird der Schüler aufgefordert, seine eigene Intuition zu gebrauchen. Unsere Hauptbemühung ist es, das zu erklären, was bereits veröffentlicht wurde, zu unserem Bedauern manchmal sehr inkorrekt; und das angedeutete Wissen – wann und wo immer es möglich ist – durch zusätzliches [SD # 279] Material zu ergänzen; und unsere Lehren gegen die allzu heftigen Angriffe modernen Sektierertums abzuschirmen, insbesondere gegen die unseres jüngsten Materialismus, oftmals fälschlicherweise als Wissenschaft bezeichnet; vielmehr sollten tatsächlich die Worte „Gelehrter“ und „Halbgebildeter“ allein die Verantwortlichkeit für die vielen der Welt angebotenen unlogischen Theorien tragen. In ihrer großen Unwissenheit hält die Öffentlichkeit blindlings alles für wahr, was von „Autoritäten“ ausgeht und sieht es als ihre Pflicht an, jedes von einem Wissenschaftler herrührende Diktum als erwiesene Tatsache zu betrachten. Wir behaupten, der Öffentlichkeit wird beigebracht, alles zu verspotten, was aus „heidnischen“ Quellen vorgebracht wird. Da die materialistischen Wissenschaftler nur mit ihren eigenen Waffen bekämpft werden können – denen der Kontroverse und des Arguments – wird deshalb jedem Band ein Anhang hinzugefügt, welcher unsere entsprechenden Ansichten gegenüberstellen und zeigen wird, dass selbst große Autoritäten oftmals irren können. Wir glauben, dass das auf wirkungsvolle Art dadurch geschehen kann, dass wir die Schwachstellen unserer Gegner aufdecken und beweisen, dass ihre nur allzu häufigen Trugschlüsse, welche als wissenschaftliche Dikta durchgehen sollen, unrichtig sind. Wir halten uns an Hermes und seine „Weisheit“ – in ihrem universalen Charakter; sie dagegen – an Aristoteles, also gegen die Intuition und die Erfahrung der Zeitalter. Und sie hegen die Vorstellung, die Wahrheit befände sich ausschließlich im Besitz der westlichen Welt. Daher die unterschiedlichen Ansichten. Hermes sagt: „Wissen unterscheidet sich stark von sinnlicher Wahrnehmung; denn die sinnliche Wahrnehmung bezieht sich auf Dinge, die über ihr stehen, aber Wissen (Gyi) ist das Ende der sinnlichen Wahrnehmung“ – d. h. der Illusion unseres physischen Gehirns und seines Intellekts; somit betont er den Gegensatz zwischen dem mühevoll durch die Sinne und den Verstand (Manas) erlangten Wissen und der intuitiven Allwissenheit der spirituellen Göttlichen Seele – Buddhi.

Was auch immer das Schicksal des vorliegenden Werkes in einer fernen Zukunft sein mag – wir hoffen soweit folgende Tatsachen bewiesen zu haben:

(1) Die Geheimlehre lehrt keinen Atheismus, ausgenommen im hinduistischen Sinn des Wortes Nastika oder der Ablehnung von Götzen, ­ein­schließlich eines jeden anthropomorphen Gottes. In diesem Sinn ist jeder Okkultist ein Nastika.

(2) Sie anerkennt einen Logos oder einen kollektiven „Schöpfer“ des Universums; einen Demi-urgos – in dem Sinn, wie wenn man von einem „Architekten“ als von dem „Schöpfer“ eines Bauwerkes spricht, wobei dieser Architekt niemals auch nur einen Stein davon berührt hat, sondern den Plan lieferte und die gesamten manuellen Bauarbeiten den Maurern überließ. In unserem Fall wurde der Plan von der Ideenbildung des Universums geliefert und die konstruktiven Bauarbeiten den Scharen der intelligenten Mächte und Kräfte überlassen. Dieser Demiurg ist jedoch keine [SD # 280] persönliche Gottheit – d. h. ein unvollkommener, außerkosmischer Gott –, sondern lediglich das Aggregat der Dhyan Chohans und anderer Kräfte.

Was Letztere betrifft –

(3) Sie sind dual in ihrem Charakter; sie sind zusammengesetzt aus (a) der vernunftlosen, der Materie innewohnenden rohen Energie, und (b) der intelligenten Seele oder dem kosmischen Bewusstsein, welches diese Energie lenkt und leitet; sie ist der die Ideenbildung des Universalgemüts reflektierende dhyan-chohanische Gedanke. Daraus geht während der manvantarischen Perioden auf der Erde eine beständige Reihe physischer Manifestationen und moralischer Wirkungen hervor, und das Ganze ist Karma unterworfen. Da dieser Vorgang nicht immer vollkommen ist; und da er – wie viele Beweise auch immer für eine hinter dem Schleier stehende leitende Intelligenz vorliegen mögen – trotz alledem Lücken und Fehler aufweist und selbst sehr häufig zu offenbaren ­Miss­erfolgen führt, stellen weder die gesamte Schar (der Demiurgen) noch jede beliebige der wirksamen Kräfte individuell geeignete Subjekte dar für göttliche Verehrung oder Anbetung. Wie auch immer, sie verdienen jedoch allesamt die dankbare Ehrerbietung der Menschheit, und der Mensch sollte immer danach streben, die göttliche Evolution der Ideen zu unterstützen, indem er nach bestem Wissen und Gewissen zum Mitarbeiter der Natur bei ihrer zyklischen Aufgabe wird. Das ewig unerkennbare und unerfassbare Karana allein, die Ursachlose Ursache aller Ursachen, sollte seinen Schrein und Altar auf dem heiligen und immer unbetretenen Boden unseres Herzens haben – unsichtbar, unberührbar, unausgesprochen, ausgenommen durch die „noch schwache Stimme“ unseres spirituellen Bewusstseins. Jene, die ihm ihre Verehrung darbringen, sollten dies in der Stille und in der geheiligten Einsamkeit ihrer Seelen228 tun, indem sie ihren Geist zum einzigen Mittler zwischen sich selbst und dem Universalgeist machen, ihre guten Handlungen zu den einzigen Priestern und ihre sündhaften Absichten zu den einzigen sichtbaren und objektiven Opferdarbringungen an die Gegenwart (siehe Teil II, „Über die verborgene Gottheit“).

(4) Die Materie ist ewig. Sie ist der Upadhi (die physische Grundlage), auf dem das eine, unendliche Universalgemüt seine Ideen aufbaut. Daher erhalten die Esoteriker die Ansicht aufrecht, dass in der Natur keine anorganische oder tote Materie existiert und dass die von der Wissenschaft getroffene Unterscheidung zwischen den beiden ebenso unbegründet wie willkürlich und unvernünftig ist. [SD # 281] Was auch immer die Wissenschaft denken mag – und die exakte Wissenschaft ist eine wankelmütige Dame, wie wir alle aus Erfahrung wissen –, der Okkultismus weiß und lehrt es seit undenklichen Zeiten anders – von Manu und Hermes herab bis zu Paracelsus und seinen Nachfolgern.

So sagt Hermes, der dreimal große Trismegistos: „Oh mein Sohn, Materie wird; früher war sie; denn die Materie ist der Träger des Werdens.229 Werden ist der Aktivitätsmodus der unerschaffenen Gottheit. Nachdem die (objektive) Materie mit den Keimen des Werdens versehen wurde, wird sie geboren, denn die schöpfende Kraft modelliert sie nach den idealen Formen. Noch nicht erschaffene Materie hat keine Form; sie wird, wenn sie in Tätigkeit versetzt wird.“ („The Definitions of Asclepios“, S. 134, „Virgin of the World“)

„Alles ist das Produkt eines einzigen, universalen schöpferischen Strebens. . . . Es gibt nichts Totes in der Natur. Alles ist organisch und lebendig, und daher scheint die ganze Welt ein lebender Organismus zu sein.“ (Paracelsus, „Philosophia ad Athenienses“, F. Hartmanns Übersetzung; S. 44)

(5) Das Universum wurde aus seinem idealen Plan heraus evolviert, der in der Ewigkeit im Unbewusstsein dessen verwahrt wird, was die Vedantisten Parabrahman nennen. Das ist praktisch identisch mit den Schlussfolgerungen der höchsten westlichen Philosophie – „die eingeborenen, ewigen und selbst-existierenden Ideen“ Platons, die sich jetzt bei v. Hartmann widerspiegeln. Herbert Spencers „Unkennbares“ zeigt nur eine schwache Ähnlichkeit mit der transzendentalen Wirklichkeit, an welche die Okkultisten glauben und die häufig lediglich als Personifikation einer „hinter den Phänomenen stehenden Kraft“ erscheint – eine unendliche und ewige Energie, [SD # 282] aus welcher alle Dinge hervorgehen, wobei der Verfasser der „Philosophie des Unbewussten“ (zwar lediglich in dieser Hinsicht) einer Lösung des großen Mysteriums so nahe gekommen ist, wie es einem sterblichen Menschen nur möglich ist. Sowohl in der alten als auch in der mittelalterlichen Philosophie haben es nur wenige gewagt, sich diesem Gegenstand zu nähern oder ihn auch nur anzudeuten. Paracelsus erwähnt ihn in seinen Schlussfolgerungen. Seine Ideen wurden auf bewundernswerte Weise von Dr. F. Hartmann, M. T. G., in seinem „Leben des Paracelsus“ zusammengefasst.

Alle christlichen Kabbalisten verstanden die östliche Grundidee richtig: Die aktive Kraft allein, die „beständige Bewegung des großen Atems“, erweckt den Kosmos in der Morgendämmerung einer jeden neuen Periode, setzt ihn mithilfe der beiden entgegengesetzten Kräfte230 in Bewegung und bewirkt so, dass er auf der Ebene der Illusion in die Objektivität eintritt. Anders gesagt überträgt diese duale Bewegung den Kosmos von der Ebene des ewigen Idealen auf die der endlichen Manifestation, oder von der noumenalen auf die phänomenale Ebene. Alles, was ist, war und sein wird, ist ewig, selbst die zahllosen Formen, die lediglich in ihrer objektiven, nicht aber in ihrer idealen Form endlich und vergänglich sind. Sie existierten als Ideen in der Ewigkeit;231 und wenn sie vergehen, werden sie als Reflexionen existieren. Weder die Form des Menschen noch die irgendeines Tieres, einer Pflanze oder eines Steins wurde jemals erschaffen, sie hat lediglich auf unserer gegenwärtigen Ebene begonnen zu „werden“, d. h. sich zur gegenwärtigen Stofflichkeit zu objektivieren oder sich von innen nach außen auszudehnen, von der feinsten und übersinnlichsten Essenz in ihre gröbste Erscheinung. Daher existierten unsere menschlichen Formen als astrale oder etherische Prototypen in der Ewigkeit. Nach diesen Modellen entwickelten die spirituellen Wesen (oder Götter), deren Aufgabe es war, sie in objektives Sein und irdisches Leben zu bringen, die protoplasmischen Formen der zukünftigen Egos aus ihrer eigenen Essenz. Nach der Fertigstellung des menschlichen Upadhis oder dieser Grundform, welche neben ihren eigenen auch die Elemente sämtlicher vorangegangener pflanzlicher und zukünftiger tierischer Formen dieses Globus in sich trugen, begannen die natürlichen irdischen Kräfte, auf diese übersinnlichen Formen einzuwirken. Daher durchlief die äußere menschliche Hülle, bevor sie die menschliche Gestalt annahm, sämtliche pflanzlichen und tierischen Körper. Da jedoch all das [SD # 283] in Band II, mit den Kommentaren dazu, vollständig beschrieben wird, ist es nicht nötig, hier mehr dazu zu sagen.

Nach der hermetisch-kabbalistischen Philosophie des Paracelsus evolvierte Yliaster – der Vorfahre des eben geborenen Protyls, welches von Crookes in die Chemie eingeführt wurde – oder die ursprüngliche Protomateria den Kosmos aus sich selbst heraus.

„Als die Evolution stattfand, teilte der Yliaster sich selbst auf. . . . geschmolzen und aufgelöst, entwickelte er von innen aus sich selbst heraus die Ideos oder das Chaos, auch Mysterium Magnum, Iliados, Limbus Major oder Ursprüngliche Materie genannt. Diese ursprüngliche Essenz ist monistischer Natur und manifestiert sich selbst nicht nur als vitale Aktivität, eine spirituelle Kraft, eine unsichtbare, unfassbare und unbeschreibliche Macht, sondern auch als vitale Materie, aus welcher die Substanz der lebenden Wesen besteht.“ In diesem Ideos der Ursprünglichen Materie oder der Proto-Ilos – der Matrix aller erschaffenen Dinge – ist die Substanz enthalten, aus der sämtliche Dinge geformt werden. Es ist das Chaos . . . , aus welchem heraus der Makrokosmos und später durch Evolution und Teilung in Mysteria Specialia232 sämtliche getrennte Wesen entstanden. „Alle Dinge und alle elementaren Substanzen waren in ihm in potentia, aber nicht in actu enthalten.“ Das veranlasst den Übersetzer, Dr. F. Hartmann, mit Recht zu bemerken, dass „es scheint, als hätte Paracelsus die moderne Entdeckung der ‘Potenz der Materie’ vor dreihundert Jahren vorweggenommen“. (S. 42)

Somit ist der Magnus Limbus oder Yliaster des Paracelsus einfach unser alter Freund „Vater-Mutter“, im Inneren, bevor er in dem in der zweiten und anderen Stanzen erwähnten Raum erschien. Er ist die universale Matrix des Kosmos, im dualen Charakter von Makro- und Mikrokosmos (oder dem des Universums und unseres Globus)233 durch Aditi-Prakriti personifiziert, die spirituelle und physische Natur. Denn wir finden die Erklärung bei Paracelsus: „Der Magnus Limbus ist der Hort, aus welchem alle Geschöpfe hervorgegangen sind, in demselben Sinn wie ein Baum aus einem kleinen Samen hervorwächst; allerdings mit dem Unterschied, dass der große Limbus seinen Ursprung im Wort hat, der Limbus minor (der irdische Keim oder Same) dagegen in der Erde. [SD # 284] Der große Limbus ist der Same, aus welchem alle Wesen entsprangen, und der kleine Limbus ist jedes schlussendliche Wesen, welches seine Form reproduziert und selbst vom ‘großen’ hervorgebracht wurde. Der Letztere besitzt alle Eigenschaften des großen in demselben Sinn, wie die Eigenschaften eines Sohnes jenen seines Vaters ähneln“ (siehe Kommentar, Band II, Absatz iii). . . . „Als Yliaster sich auflöste, begann Ares, die teilende, differenzierende und individualisierende Kraft (Fohat, ein weiterer alter Freund) . . . zu wirken. Jeder Erschaffung ging eine Trennung voraus. Aus dem Ideos wurden die Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde erschaffen, deren Geburt jedoch nicht auf materielle Weise stattfand oder mittels einfacher Trennung“, sondern durch spirituelle und dynamische, nicht einmal komplexe Verbindungen – d. h. durch mechanische Vermischung im Gegensatz zu chemischer Verbindung – gerade so wie ein Feuer aus einem Kieselstein oder ein Baum aus einem Samen entstehen kann, obwohl sich ursprünglich kein Feuer im Kiesel und im Samen kein Baum befindet. Geist ist lebendig, und Leben ist Geist, und Leben und Geist (Prakriti Purusha) (?) erzeugen alle Dinge, aber sie sind essenziell eins und nicht zwei. . . . Die Elemente haben ebenfalls jedes seinen eigenen Yliaster, weil alle Aktivität der Materie in jeder Form nur ein Ausfluss derselben Quelle ist. Aber wie aus dem Samen die Wurzeln mit ihren Fasern herauswachsen und danach der Stamm mit seinen Zweigen und Blättern und schließlich die Blüten und Samen, wurden auf ähnliche Art alle Wesen aus den Elementen geboren, und sie bestehen aus elementaren Substanzen, die noch andere Formen ins Dasein bringen können, welche die Eigenschaften ihrer Eltern in sich tragen. („Diese vor dreihundert Jahren verkündete Lehre“, bemerkt der Übersetzer, „ist identisch mit der von Darwin in eine neue Form gebrachten und ausgearbeiteten, welche das moderne Denken revolutionierte. Noch weiter ausgearbeitet wurde sie von Kapila in der Sankhya-Philosophie.“) . . . Die Elemente, als die Mütter aller Kreaturen, sind von unsichtbarer, spiritueller Natur und besitzen Seelen.234 Sie alle entspringen dem „Mysterium Magnum“ („Philosophia ad Athenienses“).

Man vergleiche das Vishnu-Purana“ damit.

„Geleitet von Kshetrajna (ver­körpertem Geist?), geht die Entwicklung dieser Eigenschaften von Pradhana (ursprünglicher Substanz) aus. . . . Das große Prinzip Mahat (universaler Intellekt oder Gemüt) . . . stellt [SD # 285] den Ursprung der feinen Elemente dar, und aus diesen gehen die Sinnesorgane hervor . . .“ (Buch 1, ii)

So kann gezeigt werden, dass alle Grundwahrheiten der Natur im Altertum universal waren und dass die grundlegenden Ideen über den Geist, die Materie und das Universum oder über Gott, die Substanz und den Menschen, übereinstimmen. Wenn wir die beiden ältesten Religionsphilosophien auf dem Globus, die hinduistische und die hermetische, den Schriften Indiens und Ägyptens entnehmen, ist die Identität der beiden leicht zu erkennen.

Das wird offensichtlich für den, der die letzte Übersetzung und Wiedergabe der soeben erwähnten „Hermetischen Fragmente“ unserer kürzlich verstorbenen Freundin Dr. Anna Kingsford liest. Nachdem diese auf ihrem Weg durch sektiererische griechische und christliche Hände entstellt und verstümmelt worden waren, hat die Übersetzerin die schwachen Punkte sehr geschickt und intuitiv aufgegriffen und versucht, sie durch Erklärungen und Fußnoten in Ordnung zu bringen. Und sie sagt: . . . „Die Schöpfung der sichtbaren Welt durch die ‘erschaffenden Götter’ oder Titanen als Werkzeuge des höchsten Gottes235 ist eine durch und durch hermetische Vorstellung, die in allen Religionssystemen erkennbar ist und mit der modernen wissenschaftlichen Forschung (?) in Übereinstimmung steht und uns zeigt, wie die göttliche Macht überall durch natürliche Kräfte wirkt.“

„Jenes Universalwesen, das alles enthält und alles ist, setzte die Seele und die Welt in Bewegung, alles, was die Natur umfasst, sagt Hermes. In der mannigfaltigen Einheit des universalen Lebens sind die unzähligen, sich durch ihre Verschiedenheit unterscheidenden Individualitäten nichtsdestoweniger auf eine solche Art vereint, dass das Ganze eins ist und dass alles aus der Einheit hervorgeht.“ („Asclepios“, Teil I)

„Gott ist kein Gemüt, sondern die Ursache für die Existenz des Gemüts; nicht ein Geist, sondern die Ursache für die Existenz des Geistes; nicht Licht, sondern die Ursache für die Existenz des Lichtes.“ („Divine Pymander“, Buch IX, Vers 64)

Das Obige zeigt klar, dass der „Göttliche Pymander“, wie stark er auch an einzelnen Stellen durch christliche „Glättung“ verzerrt sein mag, nichtsdestoweniger von einem Philosophen geschrieben wurde, während es sich bei den meisten der sogenannten „Hermetischen Fragmente“ um Produkte sektiererischer Heiden mit einer Tendenz zu einem anthropomorphen höchsten Wesen handelt. Doch stellen beide ein Echo der Esoterischen Philosophie und der hinduistischen Puranas dar.

Man vergleiche die beiden Anrufungen, eine an das hermetische „Höchste All“, die [SD # 286] andere an das „Höchste All“ der späteren Arier. Das von Suidas zitierte Hermetische Fragment (siehe Mrs. Kingsfords „The Virgin of the World“) sagt:

„Ich beschwöre dich, Himmel, heiliges Werk des großen Gottes; ich beschwöre dich, Stimme des Vaters, ausgesprochen im Anbeginn, als die universale Welt gestaltet wurde; ich beschwöre dich bei dem Wort, dem einzigen Sohn des Vaters, der alle Dinge bewahrt; sei gnädig, sei gnädig.“

Dem geht Folgendes voran: „So war das Ideale Licht vor dem Idealen Licht und die leuchtende Intelligenz der Intelligenz war immer und ihre Einheit war nichts anderes als der Geist, der das Universum umhüllt. Außer ihm sind weder Gott noch Engel, noch irgendwelche anderen Essenzen, denn Er (Es?) ist der Herr aller Dinge und die Macht und das Licht; alles hängt ab von Ihm (Es) und ist in Ihm (Es) etc.“ („Fragments of the Writings of Hermes to Ammon“)

Dem wird durch eben denselben Trismegistos widersprochen, der sagt: „Es ist nicht möglich, über Gott zu sprechen. Denn das Körperliche kann das Nichtkörperliche nicht ausdrücken. . . . . Das, was weder Körper noch Erscheinung hat, weder Form noch Materie, kann nicht mit den Sinnen ­erfasst werden. Ich verstehe, Tatios, ich verstehe: Das, was unmöglich zu definieren ist – das ist Gott.“ („Physical Eclogues, Florilegium of Stobaeus“)

Der Widerspruch zwischen den beiden Stellen ist offensichtlich; und das zeigt (a), dass Hermes ein allgemeines, von einer Reihe von Generationen von Mystikern jedweder Schattierung verwendetes Pseudonym war; und (b) dass kritisches Urteilsvermögen notwendig ist, bevor man ein Fragment als esoterische Lehre akzeptiert, nur weil es unleugbar alt ist. Vergleichen wir jetzt das Obige mit einer ähnlichen Anrufung in den Hindu-Schriften – zweifellos ebenso alt, wenn nicht weitaus älter. Hier ist es Parashara, der arische „Hermes“, der Maitreya unterrichtet, den indischen Asklepios, und Vishnu in seiner dreifachen Hypostase anruft.

„Ehre dem wandellosen, heiligen, ewigen höchsten Vishnu, von der einen universalen Natur, dem über allem Mächtigen; ihm, der Hiranyagarbha ist, Hari und Shankara (Brahma, Vishnu und Shiva), der Schöpfer, der Erhalter und der Zerstörer der Welt; dem Vasudeva, dem Befreier (seiner Verehrer); ihm, dessen Essenz sowohl einfach als mannigfaltig ist; der sowohl fein und als auch körperlich, ungetrennt und getrennt ist; dem Vishnu, der Ursache der schließlichen Befreiung, der Ursache der Schöpfung, der Existenz und [SD # 287] des Endes der Welt; ihm, der die Wurzel der Welt ist, und der aus der Welt besteht.“ (Vishnu-Purana“, Buch L)

Das ist eine großartige Anrufung, welche auf einer Fülle philosophischer Bedeutungen fußt. Aber für die unwissenden Massen legt sie genau wie die Erste ein anthropomorphes Wesen nahe. Wir müssen die Empfindung achten, welche beide diktiert hat. Wir können aber nicht umhin festzustellen, dass die Anrufung in völliger Disharmonie zu ihrer inneren Bedeutung steht, selbst zu der in derselben Hermetischen Abhandlung aufgeführten, die lautet:

„Auf der Erde ist die Wirklichkeit nicht zu finden, mein Sohn, und sie kann nicht auf ihr sein. . . . Nichts auf der Erde ist wirklich, dort gibt es nur Erscheinungen. . . Er (der Mensch) ist nicht wirklich, mein Sohn, als Mensch. Das Wirkliche besteht nur in sich selbst und bleibt, was es ist. . . Der Mensch ist vergänglich, daher ist er nicht wirklich, er ist nur eine Erscheinung, und Erscheinung ist die größte Illusion.

Tatios: Dann sind selbst die Himmelskörper nicht wirklich, mein Vater, da auch sie sich verändern?

Trismegistos: Das, was der Geburt und dem Wechsel unterworfen ist, ist nicht wirklich. . . . . Es wohnt ihnen eine gewisse Falschheit inne, da man sieht, dass auch sie veränderlich sind. . . . .

Tatios: Und was ist nun die ursprüngliche Wirklichkeit?

Trismegistos: Das, was eins und allein ist, oh Tatios; das, was weder aus Materie gemacht noch in irgendeinem Körper ist. Was weder Farbe noch Form hat, was sich weder verändert noch übertragen wird, sondern was immer ist.“

Das entspricht ziemlich genau der Vedantalehre. Der leitende Gedanke ist okkult; und es finden sich viele Stellen in den Hermetischen Fragmenten, die vollumfänglich zur Geheimlehre gehören.

Letztere lehrt, dass das gesamte Universum von intelligenten und halbintelligenten Kräften und Mächten beherrscht wird, wie von Anfang an behauptet. Die christliche Theologie gestattet und verstärkt sogar den Glauben an sie, aber sie macht eine willkürliche Unterscheidung und bezieht sich auf sie als „Engel“ und „Teufel“. Die Wissenschaft streitet deren Existenz ab und verspottet die bloße Idee. Die Spiritisten glauben an die Geister der Toten und streiten außer diesen vollständig jede andere Art oder Klasse unsichtbarer Wesen ab. Die Okkultisten und Kabbalisten sind somit die einzigen vernünftigen Interpreten der alten Traditionen, die jetzt auf der einen Seite in dogmatischem Glauben und auf der anderen Seite in dogmatischem Unglauben gipfeln. Beide, Glauben und Unglauben, umfassen nur einen kleinen Abschnitt der unendlichen Horizonte der spirituellen und physischen Manifestationen; und so haben beide von [SD # 288] ihrem jeweiligen Standpunkt aus Recht und Unrecht, wenn sie glauben, dass sie das Ganze innerhalb ihrer eigenen, besonderen und engen Begrenzungen umschreiben können; denn – das können sie niemals. In dieser Hinsicht zeigen Wissenschaft, Theologie und sogar Spiritismus nicht viel mehr Weisheit als der Vogel Strauß, der seinen Kopf in den Sand unter seinen Füßen steckt und sich dann sicher fühlt, dass außerhalb seines eigenen Beobachtungsstandpunktes und des engen, von seinem törichten Kopf umfassten Bereichs nunmehr nichts anderes existieren könne.

Da die einzigen heute über den zu betrachtenden Gegenstand vorhandenen Werke, die für die Profanen der westlichen „zivilisierten“ Rassen erreichbar sind, die oben erwähnten Hermetischen Bücher oder richtiger die Hermetischen Fragmente sind, können wir sie im vorliegenden Fall den Lehren der Esoterischen Philosophie gegenüberstellen. Zu diesem Zweck aus irgendwelchen anderen Schriften zu zitieren wäre nutzlos, denn die Öffentlichkeit weiß nichts von den chaldäischen Werken, die ins Arabische übersetzt wurden und von einigen initiierten Sufis aufbewahrt werden. Daher müssen wir zum Zweck des Vergleiches auf die „Definitionen des Asklepios“ zurückgreifen, wie sie jüngst von Mrs. A. Kingsford, M. T. G., gesammelt und kommentiert wurden, von denen einige Aussprüche in bemerkenswerter Übereinstimmung mit der esoterischen östlichen Lehre stehen. Obwohl nicht wenige Stellen stark geprägt sind von einer späteren christlichen Hand, sind doch die Eigenschaften der Genien236 und Götter im Ganzen dieselben wie in den östlichen Lehren, wenngleich sich auch in Bezug auf andere Dinge Stellen finden, die von unseren Lehrsätzen weit abweichen. Die Folgenden sind einige davon:

[SD # 289] Auszüge aus einem privaten Kommentar237 – bisher geheim:

(xvii) „Im ersten Zwielicht des Maha-Manvantaras (nach dem Maha-Pralaya, der auf jedes Zeitalter Brahmâs folgt) ist die ursprüngliche Existenz eine bewusste spirituelle Qualität. In den manifestierten Welten (Sonnensystemen) gleicht sie im Auge des verzückten Sehers in ihrer objektiven Subjektivität dem feinen Gewebe eines Göttlichen Atems. Bei ihrem Hervortreten aus Laya238 breitet sie sich als farblose, spirituelle Flüssigkeit überall endlos aus. Sie befindet sich in unserer planetarischen Welt239auf der siebten Ebene und in ihrem siebten Zustand.“

(xviii)Unserem spirituellen Sehen erscheint sie als Substanz. Von den Menschen in ihrem Wachzustand kann sie so nicht bezeichnet werden; daher nannten sie sie in ihrer Unwissenheit ‘Gott-Geist’.“

(xix) „Sie existiert überall und formt den ersten Upadhi (die Grundfeste), auf welchem unsere Welt (Sonnensystem) aufgebaut ist. Außerhalb der Letzteren findet sie sich in ihrer ursprünglichen Reinheit nur zwischen (den Sonnensystemen oder) den Sternen des Universums, den bereits entstandenen oder sich bildenden Welten. Jene, die sich in Laya befinden, ruhen unterdessen in ihrem Schoß. Da ihre Substanz von anderer, auf der Erde nicht bekannter Art ist, glauben die Bewohner der Letzteren, die durch sie hindurch sehen, in ihrer Illusion und Unwissenheit, sie sei leerer Raum. In dem ganzen Grenzenlosen (Universum) ist kein Fingerbreit (Angula) leeren Raums.“ . . . .

(xx) „Innerhalb und außerhalb unserer Welt ist Materie oder Substanz siebenfältig. Des Weiteren ist jeder ihrer Zustände oder Prinzipien in sieben Dichtheitsgraden abgestuft. Surya (die Sonne) zeigt in ihrer sichtbaren Reflexion den ersten oder niedersten Zustand des siebten, des höchsten Zustands der Universalen Gegenwart, das Reinste des Reinen, den ersten manifestierten Atem des ewig Unmanifestierten Sat (Sein-heit). All die zentralen physischen oder objektiven Sonnen repräsentieren ihrer Substanz nach den niedersten Zustand des ersten Prinzips des Atems. Noch ist irgendeine von diesen mehr als die Reflexion ihrer ­Ersten, die vor den Blicken aller verborgen sind, mit Ausnahme der Dhyan Chohans, deren körperliche Substanz der fünften Abteilung des siebten Prinzips der Muttersubstanz angehört [SD # 290] und daher vier Grade über der solaren, reflektierten Substanz steht. Wie es sieben Dhatus (Hauptsubstanzen im menschlichen Körper) gibt, so gibt es auch sieben Kräfte im Menschen und in der gesamten Natur.“

(xxi) „Die wirkliche Substanz der verborgenen (Sonne) ist ein Kern aus Muttersubstanz.240 Sie ist das Herz und die Matrix aller lebenden und existierenden Kräfte unseres Sonnensystems. Sie ist der Kern, von welchem aus sich alle Kräfte auf ihre zyklischen Reisen auszubreiten beginnen, um die Atome zur Erfüllung ihrer Aufgaben in Tätigkeit zu versetzen, und der Brennpunkt, in welchem sie in ihrer siebten Essenz in jedem elften Jahr wieder zusammentreffen. Wer dir erzählt, er habe die Sonne gesehen – lache über ihn,241 als hätte er gesagt, die Sonne bewege sich auf ihrem täglichen Weg tatsächlich fort.“ . . . .

(xxiii) „Aufgrund ihrer siebenfältigen Natur sagten die Alten über die Sonne, sie werde von sieben Rossen gezogen, den Metren der Veden gleichend; oder wiederum, auch wenn sie mit den sieben „Gaina“ (Klassen von Wesen) in ihrer Sphäre gleichgesetzt wird, dass sie dennoch von ihnen verschieden sei,242 was sie auch tatsächlich ist; und ebenso, dass sie sieben Strahlen hat, und die hat sie auch tatsächlich.“ . . . .

(xxv) „Die sieben Wesen in der Sonne sind die sieben Heiligen, selbstgeboren durch die inhärente Kraft in der Matrix der Muttersubstanz. Sie sind es, welche die sieben ursprünglichen Kräfte aussenden, Strahlen genannt, welche sich am Beginn des Pralayas in sieben neue Sonnen für das kommende Manvantara fokussieren werden. Die Energie, aus der sie in jeder der Sonnen zu bewusstem Dasein entspringen, ist das, was einige Menschen Vishnu (siehe Fußnote unten) nennen, welcher der Atem der Absolutheit ist.“

Wir nennen ihn das Eine manifestierte Leben – das selbst eine Reflexion des Absoluten ist.“ . . . . .

(xxvi) „Das Letztere darf niemals mit Worten oder Rede erwähnt werden, damit es nicht etwas von unseren geistigen Energien fortnehme, die nach seinem Zustand streben, die geistig immer weiter zu ihm hin gravitieren, wie das ganze physische Universum zu seinem manifestierten Zentrum hin gravitiert – kosmisch.“

(xxvii) „Wie bereits erklärt ist die Erstere – die ursprüngliche Existenz – die in [SD # 291] diesem Daseins­zustand das Eine Leben genannt werden mag, ein dünner, schöpferischen und formgebenden Zwecken dienender Niederschlag. Er manifestiert sich in sieben Zuständen, welche in ihren siebenfältigen Untereinteilungen die in den heiligen Büchern erwähnten neunundvierzig Feuer243 darstellen.“ . . . . . .

(xxix) „Das Erste ist die . . . . ‘Mutter’ (prima Materia). Indem sie sich in ihre ursprünglichen sieben Zustände teilt, steigt sie zyklisch hinab. Wenn244 sie sich selbst in ihrem letzten Prinzip als grobe Materie gefestigt hat, dreht sie sich um sich selbst und beseelt das erste und niederste Element (die sich in ihren eigenen Schwanz beißende Schlange) mit der siebten Emanation der Letzteren. In einer Hierarchie oder Ordnung des Seins ist die siebte Emanation ihres letzten Prinzips:

(a) Im Mineral der latent in ihm liegende Funke, der durch das Positive, welches das Negative erweckt (und so fort) in sein unendlich kleines Dasein gerufen wird . . . .

(b) In der Pflanze jene vitale und intelligente Kraft, die den Samen beseelt und ihn zum Grashalm oder zur Wurzel und zum Schössling entwickelt. Sie ist der Keim, der zum Upadhi der sieben Prinzipien des Dinges wird, welchem er innewohnt und den er analog zu seinem Wachstum und seiner Entwicklung austreibt.

(c) In jedem Tier bewirkt sie dasselbe. Sie ist das Lebensprinzip und die vitale Kraft; sein Instinkt und seine Eigenschaften; seine Charakteristika und speziellen Eigenarten . . . .

(d) Dem Menschen gibt sie alles, was sie dem gesamten Rest der manifestierten Einheiten in der Natur verleiht; aber des weiteren entwickelt sie die Reflexionen all seiner Neunundvierzig Feuer in ihm. Jedes seiner sieben Prinzipien ist uneingeschränkter Erbe der sieben Prinzipien der „großen Mutter“ und hat an ihnen teil. Der Atem ihres ersten Prinzips ist sein Geist (Atman). Ihr zweites Prinzip ist ­Buddhi (die Seele). Wir nennen es irrtümlich das siebte. Das dritte versieht ihn mit (a) dem Stoff des Gehirns auf der physischen Ebene und (b) mit dem Gemüt, das es bewegt – [was die menschliche Seele ist – H. P. B.] – je nach seinen organischen Fähigkeiten.

(e) Sie ist die leitende Kraft in den kosmischen und irdischen Elementen. Sie wohnt im Feuer, das aus seinem latenten zu aktivem Dasein erweckt worden ist, denn alle sieben Unterabteilungen des * * * Prinzips wohnen im irdischen Feuer. Sie wirbelt im leichten Wind, bläst im Orkan und setzt die Luft in Bewegung – ein Element, das ebenfalls an einem ihrer Prinzipien Anteil hat. Zyklisch fortschreitend regelt sie die Bewegung des Wassers, [SD # 292] zieht die Wogen245 an und stößt sie ab nach festen Gesetzen, dessen belebende Seele ihr siebtes Prinzip ist.

(f) Ihre vier höheren Prinzipien enthalten den Keim, der sich zu den kosmischen Göttern entwickelt; ihre drei niederen bringen das Leben der Elemente (die Elementale) hervor.

(g) In unserer solaren Welt ist die Eine Existenz der Himmel und die Erde, die Wurzel und die Blume, die Handlung und der Gedanke. Sie ist in der Sonne ebenso gegenwärtig wie im Glühwürmchen. Nicht ein Atom könnte ihr entgehen. Daher nannten die alten Weisen sie klugerweise den in der Natur manifestierten Gott. . . .“

Es mag in diesem Zusammenhang interessant sein, den Leser daran zu erinnern, was Subba Row über diese Kräfte – mystisch beschrieben – sagte. Siehe „Five Years of Theosophy“ und „The Twelve Signs of the Zodiac“. Dort sagt er:

„Kanya (das sechste Zeichen des Tierkreises oder Virgo) bedeutet eine Jungfrau und repräsentiert Shakti oder Maha-Maya. Das Zeichen . . . ist der 6. Rasi oder die sechste Abteilung, und es weist darauf hin, dass in der Natur sechs ursprüngliche Kräfte existieren (welche durch die siebte zusammengefügt werden)“ . . . Diese Shakti heißen folgendermaßen:

(1) Parashakti – wörtlich die große oder höchste Kraft oder Macht. Sie bedeutet und umfasst die Kräfte des Lichts und der Wärme.

(2) Jnanashakti. . . . Die Kraft des Intellekts, der wirklichen Weisheit oder Erkenntnis. Sie hat zwei Aspekte:

Sobald sie unter den Einfluss oder die Kontrolle materieller Bedingungen gebracht wird, manifestiert sie sich beispielsweise wie folgt. (a) Bei der Interpretation unserer Sinneseindrücke durch die Fähigkeit des Denkens. (b) Durch ihre Fähigkeit, vergangene Vorstellungen (Gedächtnis) zurück- und künftige Erwartungen hervorzurufen. (c) Durch ihre von den modernen Psychologen als die sogenannten „Assoziationsgesetze“ beschriebene Fähigkeit, zwischen verschiedenen Gruppen von Wahrnehmungen und möglichen Wahrnehmungen dauerhafte Verbindungen herzustellen und so den Begriff oder die Vorstellung eines äußeren Gegenstandes zu erzeugen. (d) Ihre Fähigkeit, unsere Ideen durch das geheimnisvolle Band des Gedächtnisses zu verknüpfen und so den Begriff des Selbst oder der Individualität zu erzeugen. Von den Banden der Materie befreit, sind einige ihrer Manifestationen (a) Hellsehen und (b) Psychometrie.

(3) Icchashakti – die Kraft des Willens. Ihre alltäglichste [SD # 293] Manifestation ist es, bestimmte Nervenströme zu erzeugen, mit deren Hilfe sämtliche Muskeln in Bewegung versetzt werden, die zur Erreichung des gewünschten Ziels vonnöten sind.

(4) Kriyashakti – die mysteriöse Kraft des Denkens, die mittels der ihr selbst innewohnenden Energie in der Lage ist, äußere, wahrnehmbare phänomenale Resultate hervorzurufen. Die Alten waren der Ansicht, dass jede Idee sich äußerlich manifestieren wird, sobald jemandes Aufmerksamkeit tief auf sie konzentriert ist. Gleichermaßen wird das gewünschte Resultat nach einer intensiven Willensanstrengung eintreten.

Ein Yogi vollbringt seine Wunder im Allgemeinen mithilfe von Icchashakti und Kriyashakti.

(5) Kundalini Shakti. Die einem gekrümmten Pfad folgende Macht oder Kraft. Sie ist das sich überall in der Natur offenbarende universale Lebensprinzip. Diese Kraft schließt die beiden großen Kräfte der Anziehung und Abstoßung in sich ein. Elektrizität und Magnetismus stellen lediglich Manifestationen ihrer selbst dar. Sie ist jene Kraft, welche die beständige Anpassung der inneren an die äußeren Verhältnisse“ zuwege bringt, welche nach Herbert Spencer das Wesen des Lebens ist, sowie jene „beständige Anpassung der äußeren an die inneren Verhältnisse“, welche die Grundlage der Transmigration der Seelen darstellt, in den Lehren der alten Hindu-Philosophen Punarjanman (Wiedergeburt). Ein Yogi muss sich dieser Macht oder Kraft vollständig unterwerfen, bevor er Moksha erlangen kann. . . .

(6) Mantrikashakti – die Kraft oder Macht der Buchstaben, der Sprache oder Musik. Das Mantra Shastra hat diese Kraft in allen ihren Manifestationen zum Gegenstand. . . . . Der Einfluss der Melodie ist eine ihrer gewöhnlichen Manifestationen. Die Kraft des unaussprechlichen Namens ist die Krone dieser Shakti.

Die moderne Wissenschaft hat die erste, zweite und fünfte dieser oben aufgeführten Kräfte lediglich teilweise erforscht, befindet sich aber in Bezug auf die übrigen Kräfte gänzlich im Dunkeln. In ihrer Einheit werden die sechs Kräfte durch „Daiviprakriti“ (die siebte, das Licht des Logos) repräsentiert.

Das Obige wird zitiert, um die wirklichen hinduistischen Ideen darüber aufzuzeigen. Alles ist esoterisch, jedoch ist es nicht einmal der zehnte Teil dessen, was gesagt werden könnte. Zum Beispiel bezeichnen die sechs Namen der sechs erwähnten Kräfte auch die sechs Hierarchien der Dhyan Chohans, die in ihrer ursprünglichen, der siebten, zusammengefasst werden, welche das fünfte Prinzip der kosmischen Natur oder der „Mutter“ in ihrem mystischen Sinn personifizieren. Die bloße Aufzählung der Yogakräfte würde zehn Bände erfordern. An der Spitze all dieser Kräfte steht eine lebende, bewusste Wesenheit, deren Emanation sie selbst ist.

[SD # 294] Aber vergleichen wir die Worte von Hermes, des „Dreimal-Großen“, mit dem eben zitierten Kommentar:

„Die Erschaffung des Lebens durch die Sonne ist ebenso beständig wie ihr Licht; nichts hemmt oder begrenzt sie. Einem Heer von Trabanten gleich, befinden sich rund um sie unzählige Chöre von Genien. Diese wohnen in der Nachbarschaft der Unsterblichen und wachen von dort aus über die menschlichen Angelegenheiten. Sie vollbringen mithilfe von Stürmen, Ungewittern, Übergänge durch Feuer und Erdbeben den Willen der Götter (Karma); gleicherweise durch Hungersnöte und Kriege, zur Bestrafung der Gottlosigkeit.246 . . . Die Sonne ist es, die alle Geschöpfe erhält und ernährt; und ebenso wie die Ideale Welt, welche die Sinnenwelt umgibt und die sie mit der Fülle und allumfassenden Verschiedenheit von Formen erfüllt, so vollendet auch die Sonne, in ihrem Licht alles entfaltend, überall die Geburt und die Entwicklung der Geschöpfe.“ . . . „Unter ihrem Befehl steht der Chor der Genien oder vielmehr die Chöre, denn es sind ihrer viele und verschiedenartige, und ihre Zahl entspricht der der Sterne. Jeder Stern hat seine Genien, von Natur aus oder vielmehr durch ihr Handeln gut oder böse, denn Handeln ist die Essenz der Genien. . . . Alle diese Genien leiten die weltlichen Angelegenheiten247, sie erschüttern und stürzen die Konstitution von Staaten und Individuen; sie prägen unseren Seelen ihr Ebenbild ein. Sie sind in unseren Nerven gegenwärtig, unserem Mark, unseren Venen, unseren Arterien und selbst in der Substanz unserer Gehirne . . . in dem Moment, da ein jeder von uns Leben und Sein empfängt, wird er von den Genien (Elementalen) in Obhut genommen, welche den Geburten vorstehen248 und die unter den Astralkräften (supermenschlichen Astralgeistern) einzuordnen sind. Sie wechseln beständig, nicht immer auf gleiche Art, jedoch in kreisförmigen Bewegungen.249 Über den Körper durchdringen sie zwei Teile der Seele, damit sich die Energie jedes dieser Teile auf den Körper auswirken kann. Der vernünftige Teil der Seele ist den Genien jedoch nicht unterworfen; er ist [SD # 295] für die Aufnahme (des) Gottes geschaffen,250 der ihn mit einem Sonnenstrahl erleuchtet. Nur wenige sind auf diese Weise erleuchtet, und von ihnen halten sich die Genien fern: Denn weder Genien noch Götter haben irgendwelche Macht in Gegenwart eines einzigen Strahls von Gott.251 Alle anderen Menschen jedoch werden – sowohl Seele als auch Körper – von Genien gelenkt, an welchen sie haften und durch deren Handlungen sie beeinflusst sind. . . . . . Die Genien haben dann die Kontrolle über die weltlichen Angelegenheiten; und unsere Körper dienen ihnen als Werkzeuge. . . . .“

Mit Ausnahme einiger konfessionsgebundener Punkte stellt das Obige das dar, was bis vor ungefähr einhundert Jahren bei allen Nationen allgemein anerkannter Glaube war. In seinen groben Umrissen und Zügen ist dieser Glaube auch heute noch ebenso orthodox unter Heiden wie Christen, wenn man eine Handvoll Materialisten und Wissenschaftler ausnimmt.

Denn ob man Hermes’ Genien und seine „Götter“ in der griechischen und lateinischen Kirche als „Mächte der Finsternis“ und „Engel“ bezeichnet oder im Spiritismus als die „Geister der Toten“; oder als Bhuts und Devas, Shaitan oder Dschinn, wie sie jetzt noch in indischen und islamischen Ländern heißen – sie sind alle ein und dasselbeIllusion. Das sollte aber nicht in dem Sinn missverstanden werden, in welchen jüngst die große philosophische Lehre der Vedantisten von westlichen Schulen pervertiert wurde.

Alles, was ist, emaniert aus dem Absoluten, das infolge dieser Qualifikation allein als die eine und einzige Wirklichkeit verbleibt – somit muss alles, was außerhalb dieses Absoluten steht – des zeugenden und verursachenden Elements – eine Illusion sein, völlig unleugbar. Das gilt jedoch nur aus rein metaphysischer Sicht. Ein Mensch, der sich selbst als geistig gesund betrachtet und so auch von seinen Nachbarn gesehen wird, nennt die Visionen eines wahnsinnigen Bruders – dessen Halluzinationen das Opfer entweder glücklich machen oder ins tiefste Elend stürzen, je nachdem – ebenfalls Illusionen und Einbildungen. Wo aber ist der Wahnsinnige, dem die grässlichen Schatten in seinem zerrütteten Denken, seine Illusionen, in diesem Augenblick nicht ebenso tatsächlich und wirklich erscheinen wie die Dinge, die sein Arzt oder Wärter möglicherweise sehen? Alles in diesem Universum ist relativ, alles ist eine Illusion. [SD # 296] Befindet sich sein Bewusstsein auf irgendeiner Ebene, so erscheint dem wahrnehmenden Wesen die Erfahrung dieser Ebene als eine Tatsache, obwohl die besagte Erfahrung aus rein metaphysischer Sicht als keine objektive Realität aufweisend angesehen werden kann. Aber die esoterischen Lehren müssen nicht gegen die Metaphysiker kämpfen, sondern gegen Physiker und Materialisten; und für diese haben Lebenskraft, Licht, Ton, Elektrizität, selbst die objektiv anziehende Kraft des Magnetismus, kein objektives Dasein. Sie existieren ihrer Meinung nach nur als „Bewegungsarten“, „Empfindungen und Neigungen der Materie“.

Weder die Okkultisten im Allgemeinen noch die Theosophen verwerfen, wie einige irrtümlich annahmen, die Ansichten und Theorien der modernen Wissenschaftler nur deshalb, weil sie der Theosophie gegenüberstehen. Die erste Regel unserer Gesellschaft ist die, dem Kaiser zu geben, was des Kaisers ist. Die Theosophen sind daher die Ersten, die den wirklichen Wert der Wissenschaft anerkennen. Aber wenn ihre Hohepriester das Bewusstsein als eine Absonderung der grauen Materie des Gehirns bezeichnen und alles Übrige in der Natur als eine Bewegungsart, protestieren wir gegen die Lehre, da sie unphilosophisch, widersprüchlich und einfach absurd ist, und zwar aus wissenschaftlicher Sicht ebenso sehr und sogar noch mehr als vom okkulten Aspekt des esoterischen Wissens aus.

Denn wahrlich, das Astrallicht der belächelten Kabbalisten birgt seltsame und unheimliche Geheimnisse für den, der darin sehen kann; und die Mysterien, die in seinen beständig erregten Wogen verborgen liegen, sind da, ungeachtet der ganzen Gesellschaft von Materialisten und Spöttern.252 [SD # 297] Zusammen mit vielen anderen Mysterien werden diese Geheimnisse für die Materialisten unseres Zeitalters weiterhin als nicht existent gelten, genauso wie Amerika den Europäern des frühen Mittelalters als nicht existierender Mythos galt, obwohl Skandinavier und Norweger diese sehr alte „Neue Welt“ mehrere Jahrhunderte zuvor erreicht und sich dort niedergelassen hatten. Aber wie ein Columbus geboren wurde, um die antipodischen Länder wieder zu entdecken und die Alte Welt zu zwingen, an sie zu glauben, so werden Wissenschaftler geboren werden, die Wunder zu entdecken, die nach den gegenwärtigen Behauptungen der Okkultisten in den Regionen des Ethers mit ihren verschiedenartigen und formenreichen Bewohnern und bewussten Wesenheiten existieren. Dann, wird die Wissenschaft nolens volens den alten „Aberglauben“ annehmen müssen, wie sie schon verschiedene andere angenommen hat. Und einmal gezwungen, ihn anzunehmen – nach früheren Erfahrungen urteilend –, werden ihre gelehrten Professoren mit aller Wahrscheinlichkeit wie beim Mesmerismus und Magnetismus, die jetzt in Hypnotismus umgetauft wurden, sich als dessen Vater bekennen und seinen Namen verwerfen. Die Wahl der neuen Benennung wird ihrerseits von den „Bewegungsarten“ abhängen, dem neuen Namen für die älteren „automatischen, physischen Prozesse innerhalb der Nervenfasern des (wissenschaftlichen) Gehirns“ von Moleschott; und auch höchst wahrscheinlich von der letzten Mahlzeit des Namensgebers; da nach dem Begründer des neuen hylo-idealistischen Systems „Gehirntätigkeit im Allgemeinen dasselbe ist wie Milchsaftbildung“.253 Müsste man dieser grotesken Behauptung Glauben schenken, würde es der neue Name für die archaische Sache auf die Eingebung der Leber des Namensgebers ankommen lassen müssen, und dann erst hätten diese Wahrheiten Aussicht, wissenschaftlich zu werden!

So unangenehm sie auch der im Allgemeinen blinden Mehrheit sein mag, hat die Wahrheit immer ihre Verfechter gehabt, bereit, für sie zu sterben, und die Okkultisten werden nicht dagegen protestieren, dass die Wissenschaft sie annimmt, unter welchem neuen Namen auch immer. Viele okkulte Wahrheiten werden tabuisiert, bevor die Wissenschaftler sich grundsätzlich dazu gezwungen sehen, sie zu beachten und zu akzeptieren, was auch die Phänomene der Spiritisten und andere psychische Manifestationen betrifft, nur um schließlich, ohne die geringste Anerkennung oder den geringsten Dank, doch von ihren früheren Verleumdern verwendet zu werden. Stickstoff hat das chemische Wissen erheblich bereichert, aber sein Entdecker, Paracelsus, wird bis zum heutigen Tag als ein „Quacksalber“ bezeichnet. [SD # 298] Wie wahrhaft richtig sind die Worte von H. T. Buckle in seiner bewunderungswürdigen „History of Civilization“ (Band I, S. 256), wo er sagt:

„Infolge noch unbekannter Umstände (karmische Vorsehung, H. P. B.) erscheinen von Zeit zu Zeit große Denker, welche, ihr Leben einem einzigen Zweck widmend, dazu imstande sind, dem Fortschritt der Menschheit vorauszueilen und eine Religion oder Philosophie hervorzubringen, durch die schließlich bedeutsame Wirkungen hervorgebracht werden. In die Geschichte blickend erkennen wir klar, dass die von einer neuen Anschauung ausgehende Wirkung von der Verfassung des Volks abhängt, in welchem sie verbreitet wird, obwohl der Ursprung einer neuen Anschauung einem einzelnen Menschen zugeschrieben werden kann. Wenn eine Religion oder aber eine Philosophie einer Nation zu weit voraus ist, kann sie ihr momentan keinen Dienst erweisen, sondern muss ihre Zeit254 abwarten, bis der Verstand der Menschen für ihre Aufnahme reif ist. . . . Jede Wissenschaft, jede Glaubensrichtung, hatte ihre Märtyrer. Nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge vergehen einige Generationen, und dann folgt eine Periode, in der diese echten Wahrheiten als alltägliche Tatsachen betrachtet werden, und ein wenig später beginnt eine weitere Periode, in der sie für notwendig erklärt werden, und selbst der schwerfälligste Intellekt fragt sich, wie sie jemals geleugnet werden konnten.“

Es ist fast unmöglich, dass die gegenwärtigen Generationen nicht ausreichend Verstand für die Aufnahme der okkulten Wahrheiten besitzen könnten. So wird sich das zumindest den fortgeschrittenen Denkern der sechsten Wurzelrasse im Rückblick auf die Geschichte der vollen und unbedingten Annahme der Esoterischen Philosophie darstellen. Unterdessen werden die Generationen unserer fünften Rasse fortfahren, sich von Vorurteilen und vorgefassten Meinungen in die Irre führen zu lassen. An jeder Straßenecke wird verächtlich auf die okkulten Wissenschaften gezeigt werden, und jeder wird versuchen, sie im Namen und zum größeren Ruhm des Materialismus und seiner sogenannten Wissenschaft lächerlich zu machen und zu unterdrücken. Der dieses Buch vervollständigende Anhang zeigt jedoch in Form vorweggenommener Antworten auf einige der in Kürze erscheinenden wissenschaftlichen Einwendungen die wahren und wechselseitigen Standpunkte des Verteidigers und des Klägers. Die Theosophen und Okkultisten stehen unter der Anklage der öffentlichen Meinung, die noch immer das Banner der induktiven Wissenschaft hochhält. Letztere muss nun geprüft werden; und es muss gezeigt werden, inwiefern ihre Errungenschaften und Entdeckungen im Bereich der Naturgesetze im Widerspruch stehen – nicht so sehr zu unseren Behauptungen als zu den Tatsachen der Natur. Die Stunde hat jetzt geschlagen zu erfahren, ob die [SD # 299] Mauern des modernen Jericho so unerschütterlich sind, dass kein Stoß der okkulten Trompete sie jemals sprengen könnte.

Die sogenannten Kräfte, Licht und Elektrizität an ihrer Spitze, und die Konstitution der Umlaufbahn der Sonne müssen sorgfältig untersucht werden; ebenso die Gravitation und die Nebeltheorien. Die Eigenschaften des Ethers und anderer Elemente müssen besprochen werden: So werden die wissenschaftlichen Lehren anderen okkulten gegenübergestellt und gleichzeitig einige der bislang geheimen Lehrsätze des Okkultismus enthüllt (vide Anhang).

Vor ungefähr fünfzehn Jahren wiederholte die Schreiberin als Erste nach den Kabbalisten die weisen Gebote des Esoterischen Katechismus. „Verschließe deinen Mund, damit du nicht sprechest von diesem (dem Mysterium), und dein Herz, damit du nicht laut denkest; und wenn dein Herz dir entschlüpfet, bringe es zurück an seinen Platz, denn also ist der Zweck unseres Bundes.“ („Sefer Jezirah, Book of Creation“) Und wiederum: „Dieses ist ein Geheimnis, das den Tod bringt: Verschließe deinen Mund, damit du es nicht dem gewöhnlichen Volk enthüllest; zügle dein Denken, damit nicht etwas daraus entkomme und nach außen falle.“ (Regeln der Initiation)

Ein paar Jahre später musste ein Zipfel des Schleiers der Isis gelüftet werden, und jetzt wird ein weiterer, größerer Riss gemacht. . . .

Aber alte und altehrwürdige Irrtümer – die mit jedem Tag unübersehbarer und offensichtlicher werden – sind heute wie damals in Schlachtordnung aufgestellt. Angeführt von blindem Konservatismus, Einbildung und Vorurteilen liegen sie beständig auf der Lauer, bereit, jede aus ihrem zeitalterlangen Schlaf erwachende Wahrheit zu erwürgen, die es sich erlaubt, um Einlass zu bitten. Und das ist der Fall, seit der Mensch ein Tier wurde. Dass sich das in jedem Fall als moralischer Tod für die Offenbarer erweist, die irgendeine dieser uralten Wahrheiten ans Licht bringen, ist ebenso sicher wie dass es Leben und Erneuerung für jene bedeutet, die fähig sind, auch aus dem Wenigen Nutzen zu ziehen, das ihnen jetzt enthüllt wird.

Fußnoten

1 In der englischen Übersetzung aus dem Sanskrit werden die Zahlen in jener Sprache geschrieben: Eka, Chatur etc. etc. Es wurde für das Beste befunden, sie in Englisch zu bringen.

2 Vers 1 der sechsten Stanze ist weit später datiert als die anderen Stanzen, obwohl noch immer sehr alt. Der alte Text dieses Verses würde dem Schüler keinen Schlüssel bieten, da er den Orientalisten völlig unbekannte Namen enthält.

3 In Buch II, Kap. VIII des Vishnu-Puranas“ heißt es: „Mit Unsterblichkeit ist Existenz bis ans Ende des Kalpa gemeint“; und Wilson, der Übersetzer, bemerkt in einer Fußnote: „Das ist nach den Veden alles, was man unter der Unsterblichkeit (oder Ewigkeit) der Götter zu verstehen hat. Sie vergehen am Ende der universalen Auflösung (oder Pralaya).“ Und die Esoterische Philosophie sagt: Sie „vergehen“ nicht, sondern sie werden re-absorbiert.

4 Nippang in China; Neibban in Burma; oder Moksha in Indien.

5 Die „12“ Nidanas (im Tibetanischen Ten-brel chug-nyi) sind die Hauptursachen der Existenz, von einer Kette erzeugter Ursachen herbeigeführte Wirkungen (siehe „Kommentare“, II).

6 Siehe Wassilief: „Der Buddhismus“, S. 97–950.

7 „Rad“ ist der symbolische Ausdruck für eine Welt oder einen Globus, der zeigt, dass die Alten wussten, dass unsere Erde eine sich drehende Kugel und nicht ein bewegungsloses Quadrat ist, wie einige christliche Väter lehrten. Das „Große Rad“ ist die Gesamtdauer unseres Daseinszyklus oder Maha-Kalpas, d. h. des gesamten Umlaufs unserer speziellen Kette von sieben Globen oder Sphären vom Anfang bis zum Ende. Die „Kleinen Räder“ bedeuten die Runden, von denen ebenfalls sieben existieren.

8 Siehe das dsungarische „Mani Kumbum“, das „Buch der 10.000 Vorschriften“. Desgleichen Wassiliefs „Der Buddhismus“, S. 327 und 357 etc.

9 Mit klareren Worten: „Man muss wahres Selbst-Bewusstsein erlangen, um Samvriti oder den ‘Ursprung der Täuschung’ zu verstehen.“ Paramartha ist das Synonym des Sanskritausdrucks Svasam-Vedana, oder die „Reflexion, welche sich selbst analysiert“. Es gibt einen Unterschied in der Interpretation der Bedeutung von „Paramartha“ zwischen den Yogacharyas und den Madhyamikas, von denen jedoch keine den wirklichen und wahren esoterischen Sinn des Ausdrucks erklärt. Mehr siehe Shloka 9.

10 In Indien wird es „das Auge Shivas“ genannt, aber jenseits der großen Bergkette ist es in esoterischer Ausdrucksweise bekannt als „Dangmas geöffnetes Auge“.

11 Dangma bedeutet eine geläuterte Seele, einer, der ein Jivanmukta geworden ist, der höchste Adept, oder vielmehr ein sogenannter Mahatma. Sein „geöffnetes Auge“ ist das innere, spirituelle Auge des Sehers, und die Fähigkeit, die sich durch dieses offenbart, ist nicht die Hellsichtigkeit, wie üblicherweise angenommen wird, also die Kraft, Entferntes zu sehen, sondern vielmehr die Fähigkeit der spirituellen Intuition, durch welche unmittelbare und sichere Erkenntnis erlangt werden kann. Diese Fähigkeit ist innig mit dem „Dritten Auge“ verbunden, welches die mythologische Überlieferung bestimmten Rassen der Menschheit zuschreibt. Ausführlichere Erläuterungen finden sich in Band II.

12 Und doch hat jemand, der Autorität beansprucht, nämlich Sir Monier Williams, Boden Sanskrit-Professor in Oxford, gerade diese Tatsache abgestritten. In seiner Jahresansprache vom 4. Juni 1888 vor dem Victoria Institute of Great Britain belehrte er seine Zuhörerschaft folgendermaßen: „Ursprünglich wendete sich der Buddhismus gegen jegliche Form einsamen Asketentums . . . um die erhabenen Höhen der Erkenntnis zu erlangen. Er hatte kein okkultes, kein esoterisches Lehrsystem . . . , das den gewöhnlichen Menschen vorenthalten worden wäre.“ (!!) Und weiter: „. . . Zu Beginn von Gautama Buddhas Laufbahn scheint die spätere und niedere Form des Yoga wenig bekannt gewesen zu sein.“ Und dann teilt der gelehrte Vortragende, sich selbst widersprechend, seinen Zuhörern mit: „Wir erfahren aus dem Lalita-Vistara, dass verschiedene Formen körperlicher Peinigung, Selbstkasteiung und Abtötung zu Gautamas Zeit üblich waren.“ (!!) Dem Vortragenden scheint gänzlich unbekannt zu sein, dass eben genau diese Art von Peinigung und Selbstkasteiung die niedere Form des Yoga darstellt, Hatha-Yoga, der zu Gautamas Zeit „wenig bekannt“ und doch so „üblich“ war.

13 Es wird sogar behauptet, dass alle sechs Darshanas (philosophische Schulen) Spuren von Buddhas Einfluss aufweisen, die entweder dem Buddhismus entnommen oder griechischen Lehren zuzuschreiben seien (siehe Weber, Max Müller etc.) ! Wir sind der Ansicht, dass Colebrooke als „die höchste Autorität“ in solchen Dingen schon seit langer Zeit diese Frage mit dem Beweis beantwortet hat, dass „in diesem Fall die Hindus die Lehrer waren und nicht die Schüler“.

14 „Paramartha“ ist in Sanskrit Selbstbewusstsein, Svasamvedana, oder die „selbstanalysierende Reflexion“ – aus den beiden Worten parama (über allem) und Artha (Verständnis), Satya bedeutet absolutes wirkliches Sein oder Esse. Paramartha-Satya ist im Tibetanischen Dondampaidenpa. Das Gegenstück dieser absoluten Wirklichkeit oder Tatsache ist Samvriti-Satya – die lediglich relative Wahrheit – „Samvriti“ bedeutet „falsche Auffassung“ und ist der Ursprung der Täuschung, Maya; im Tibetanischen Kundzabchi-denpa, die „Illusion erzeugende Erscheinung“.

15 Aryasangha war ein vorchristlicher Adept und Gründer einer buddhistischen esoterischen Schule, obwohl ihn Alexander Csoma di Körös aus irgendwelchen nur ihm bekannten Gründen in das siebte Jahrhundert n. Chr. versetzt. Es gab noch einen zweiten Aryasangha, der in den ersten Jahrhunderten unserer Ära lebte; und höchstwahrscheinlich verwechselte der ungarische Gelehrte die beiden.

16 „Die ungeteilte Ursache, einförmig und zugleich Ursache und Wirkung, von den mit den Grundprinzipien Vertrauten Pradhana und Prakriti genannt, ist unerkennbares Brahman, das vor allem war“ (Vayu-Purana); d. h. Brahman bringt die Evolution nicht selbst hervor oder erschafft, sondern zeigt nur verschiedene Aspekte seiner selbst, von denen einer Prakriti ist, ein Aspekt Pradhanas.

17 Endliches Selbstbewusstsein, wie ich meine. Denn wie kann das Absolute es anders erlangen als einfach in Form eines Aspekts, von welchen der höchste uns bekannte menschliches Bewusstsein ist?

18 Siehe Schweglers „Handbuch der Geschichte der Philosophie“ (Sterlings englische Übersetzung, S. 28).

19 Vajra – Diamant-Halter. Im Tibetanischen Dorjesempa; Sempa bedeutet die Seele, ihre diamantgleiche Qualität bezieht sich auf ihre Unzerstörbarkeit im Jenseits. Die im Kala Chakra, der ersten in der Gyu (t)-Einteilung des Kanjur, gegebene Erklärung des „Aupapaduka“ ist halb esoterisch. Sie hat die Orientalisten zu irrtümlichen Spekulationen über die Dhyani-Buddhas und ihre Entsprechung im Irdischen, die Manushya-Buddhas, verleitet. Die wirkliche Lehre wird in einem der folgenden Bände angedeutet (siehe „The Mystery about Buddha“) und wird an geeigneter Stelle ausführlicher erklärt werden.

20 Um nochmals Hegel zu zitieren, der wie Schelling praktisch die pantheistische Vorstellung periodischer Avataras (spezieller Inkarnationen des Weltgeistes im Menschen, wie im Falle aller großen religiösen Reformatoren zu beobachten) angenommen hat:
„. . . daß das Wesen des Menschen der Geist ist, und daß er nur, indem er sich seiner Endlichkeit entäußert und sich dem reinen Selbstbewußtsein hingibt, die Wahrheit erreicht. Christus, der Mensch als Mensch, in dem die Einheit Gottes (die Identität des Individuellen mit dem universalen Bewußtsein, wie sie von den Vedantisten und einigen Advaitisten gelehrt wird) erschienen ist, hat an seinem Tod, seiner Geschichte überhaupt, selbst die ewige Geschichte des Geistes gezeigt, – eine Geschichte, die jeder Mensch an ihm selbst zu vollbringen hat, um als Geist zu sein . . . “ – Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte, Kapitel 36.

21 „Mutter der Götter“, Aditi oder kosmischer Raum. Im „Zohar“ wird sie Sephira, die Mutter der Sephiroth, und in ihrer Urform, in abscondito, Shekinah genannt.

22 Somit ist in der Esoterischen Philosophie Nichtseinabsolutes Sein“. Da manifestiert, stellt in den Lehrsätzen der Letzteren selbst Adi-Buddha (die erste oder ursprüngliche Weisheit) in einem gewissen Sinn eine Illusion dar, Maya, da alle Götter, einschließlich Brahmâ, am Ende von „Brahmâs Zeitalter“ vergehen müssen; lediglich die Parabrahman genannte Abstraktion – ob wir sie Ain Soph oder mit Herbert Spencer das Unerkennbare nennen – ist „die eine absolute“ Wirklichkeit. Die eine zweitlose Existenz ist Advaita, „ohne Zweites“, und alles Übrige ist Maya, lehrt die Advaita-Philosophie.

23 Ein unpoetischer Ausdruck, jedoch sehr anschaulich (siehe Fußnote zu Stanze III).

24 Selbst im Christentum (siehe Teil II, „Ursubstanz und Göttlicher Gedanke“).

25 Gross, „The Heathen Religion“, Seite 195.

26 Ein Vedantist der Visishtadvaita-Philosophie würde sagen, dass Parabrahman – obwohl die einzige unabhängige Wirklichkeit – dennoch von seiner Dreiheit nicht trennbar ist. Er ist drei: „Parabrahman, Chit und Achit“, wovon die beiden Letzteren abhängige Wirklichkeiten sind, unfähig, getrennt zu existieren; oder, um es klarer zu machen, Parabrahman ist die Substanz – unveränderlich, ewig und unerkennbar – und Chit (Atman) und Achit (Anatman) sind seine Qualitäten, wie Form und Farbe die Qualitäten eines jeden Objektes sind. Die beiden sind das Gewand oder der Körper oder vielmehr das Attribut (Sarira) Parabrahmans. Aber ein Okkultist hätte gegen diese Behauptung viel einzuwenden, und ebenso ein Advaita-Vedantist.

27 Zahl, wahrlich; niemals aber Bewegung. Im Okkultismus ist es Bewegung, die den Logos, das Wort, erzeugt.

28 Die „vierzehn kostbaren Dinge“. Die Erzählung oder Allegorie findet sich im Satapatha-Brahmana und an anderer Stelle. Die japanische Geheimwissenschaft der buddhistischen Mystiker der Yamabushi kennt „sieben kostbare Dinge“. Wir werden später über sie sprechen.

29 Das Urmuster des Verstehens ist Sattva, das Shankara (Acharya) als Antahkarana wiedergibt. „Geläutert“, sagt er, „durch Opfer und andere heiligende Handlungen“. In der Katha auf S. 148 gibt Shankara für Sattva die Bedeutung Buddhi an – eine übliche Bedeutung des Wortes („The Baghavatgita with The Sanatsugatiya and The Anugita“, übersetzt von Kashinath Trimbak Telang, M. A.; herausgegeben von Max Müller). Welche Bedeutungen verschiedene Schulen dem Ausdruck auch immer geben mögen, Sattva ist der Name, welchen die Okkultismus-Schüler der Aryasangha-Schule der dualen Monade oder Atman-Buddhi geben, und Atman-Buddhi auf dieser Ebene entspricht auf der höheren Ebene Parabrahman und Mulaprakriti.

30 Amrita ist „Unsterblichkeit“.

31 Siehe Kommentar Nr. 1 zu dieser Stanze.

32 Siehe „Kwan-Shai-Yin“, der wirkliche Name aus dem Text kann nicht gegeben werden.

33 Lanu ist ein Schüler, ein Chela, der praktische Esoterik studiert.

34 „Tri-dasa“, oder dreimal zehn (30), verweist in einer gerundeten Zahl auf die vedischen Gottheiten, genauer sind es 33 – eine heilige Zahl. Sie sind die 12 Adityas, die 8 Vasus, die 11 Rudras und die 2 Aswins – die Zwillingssöhne der Sonne und des Himmels. Dies ist die Wurzelzahl des Hindu-Pantheons, welches über 330 Millionen Götter und Göttinnen zählt.

35 Daher sind die höheren Götter des Altertums alle „Söhne der Mutter“, bevor sie Söhne des „Vaters“ werden. Die Logoi, wie Jupiter oder Zeus, Sohn von Kronos-Saturn, „unendlicher Zeit“ (oder Kala), wurden ursprünglich als männlich-weiblich dargestellt. Zeus wird die „schöne Jungfrau“ genannt, und Venus ist bärtig. Apollo ist ursprünglich zweigeschlechtig, dasselbe gilt für Brahmâ-Vach im Manu und den Puranas. Osiris ist mit Isis austauschbar, und Horus hat beide Geschlechter. Schließlich ist in der Vision des Johannes in der Offenbarung der jetzt mit Jesus in Verbindung gebrachte Logos – hermaphroditisch, denn er wird so beschrieben, als habe er weibliche Brüste. So ist das Tetragrammaton = Jehovah. In der Esoterik existieren aber zwei Avalokitesvaras; der erste und der zweite Logos.

36 In unserer politischen und wissenschaftlichen Zeit kann kein religiöses Symbol der Entweihung entgehen, nicht einmal dem Spott. Die Schreiberin hat im südlichen Indien einen bekehrten Eingeborenen gesehen, der seine Pujah mit Opfergaben vor einer Jesusstatue in Frauenkleidern und mit einem Ring in der Nase ausführte. Auf die Frage nach der Bedeutung dieser Maskerade erhielten wir die Antwort, das sei Jesus-Maria zu einem vereint, und es sei mit der Erlaubnis des Paters geschehen, da der eifrige Konvertit kein Geld hatte, um zwei Statuen oder „Idole“ zu kaufen, wie ein Zeuge – ein anderer, jedoch nicht bekehrter Hindu – sie sehr passend benannte. Einem dogmengläubigen Christen wird es gotteslästerlich erscheinen, aber der Theosoph und Okkultist muss den Preis für die Logik dem Hindukonvertiten zuerkennen. Der esoterische Christos der Gnosis ist natürlich geschlechtslos, aber in der exoterischen Theologie ist er männlich und weiblich.

37 Die gnostische Sophia, „Weisheit“, welche die „Mutter“ von Ogdoad ist (in einem gewissen Sinn Aditi mit ihren acht Söhnen), ist entsprechend der alten Systeme der Heilige Geist und der Schöpfer von allem. Der „Vater“ ist eine viel spätere Erfindung. Der früheste manifestierte Logos war überall weiblich – die Mutter der sieben planetarischen Mächte.

38 Siehe „Chinese Buddhism“ von Rev. J. Edkins, welcher die Tatsachen immer korrekt angibt, wenn auch seine Schlussfolgerungen sehr häufig falsch sind.

39 Wie auch immer, die „Schlangen“ müssen, wie die Logoi und die Hierarchien der Mächte, voneinander unterschieden werden. Sesha oder Ananta, die „Couch des Vishnu“, ist eine allegorische Abstraktion und symbolisiert die unendliche Zeit im Raum, welche den Keim enthält und periodisch die Blüte dieses Keims, das manifestierte Universum, abwirft; die gnostische Ophis enthielt indessen dieselbe dreifache Symbolik mit ihren sieben Vokalen als den ein-, drei- und siebensilbigen Oeaohoo der archaischen Lehre; d. h. den einen unmanifestierten Logos, den zweiten manifestierten, das Dreieck, das sich in der Vierheit oder dem Tetragrammaton konkretisiert und die Strahlen des Letzteren auf der materiellen Ebene.

40 Das Astrallicht oder der Ether der alten Heiden (denn die Bezeichnung Astrallicht ist ziemlich modern) ist Geist-Materie. Von der rein spirituellen Ebene ausgehend, wird es mit dem Herabsteigen immer gröber, bis es auf unserer Ebene zu Maya oder der versuchenden und täuschenden Schlange wird.

41 Mit „Gott, dem Vater“ ist hier unmissverständlich das siebte Prinzip im Menschen und im Kosmos gemeint, welches seiner Essenz und Natur nach untrennbar mit dem siebten kosmischen Prinzip verbunden ist. In einem Sinne ist es der Logos der Griechen und der Avalokitesvara der esoterischen Buddhisten.

42 In der ägyptischen wie in der indischen Theogonie gab es eine verborgene Gottheit, das Eine, und den schöpferischen, androgynen Gott. So war Schu der Gott der Schöpfung, und Osiris ist in seiner ursprünglichen ersten Form der „Gott, dessen Name unbekannt ist“ (siehe Mariettes „Abydos“, II, S. 63 und Bd. III, S. 413, 414, Nr. 1122).

43 Siehe nächste Fußnote.

44 Od ist das reine, lebenspendende Licht oder magnetische Flüssigkeit; Ob, der von den Zauberern benutze Todesbote, die verderbliche, böse Flüssigkeit; Aour ist die Synthese der beiden, das eigentliche Astrallicht. Können die Philologen sagen, wieso Od – ein von Reichenbach zur Bezeichnung der Lebensflüssigkeit verwendeter Ausdruck – auch ein tibetanisches Wort ist, das Licht, Helligkeit, Strahlung bedeutet? In einem okkulten Sinne bedeutet es auch „Himmel“. Woher stammt die Wurzel des Wortes? Akasha ist jedoch nicht ganz Ether, sondern etwas viel Höheres als dieser, wie gezeigt werden wird.

45 Das wiederum gleicht der Lehre Fichtes und deutscher Pantheisten. Ersterer verehrt Jesus als den großen Lehrer, welcher die Einheit des Menschengeistes mit dem Gottesgeist (die Advaita-Lehre) oder dem universalen Prinzip betonte. Es ist schwierig, in der westlichen Metaphysik auch nur eine einzige Spekulation zu finden, die nicht von der archaischen östlichen Philosophie vorweggenommen worden wäre. Von Kant bis Herbert Spencer ist alles ein mehr oder weniger entstelltes Echo von Dvaita-, Advaita- und Vedantalehren im Allgemeinen.

46 Ob es sich bei dem Vogel um die Gattung cygnus, anser oder pelicanus handelt, tut nichts zur Sache, da es sich um einen Wasservogel handelt, der sich gleich dem Geist auf dem Wasser bewegt oder schwimmt, um dann aus diesen Wassern hervorzukommen, um andere Wesen zu gebären. Die wahre Bedeutung des Symbols vom achtzehnten Grad der Rosenkreuzer ist genau dieselbe, obwohl sie später poetisch in das mütterliche Gefühl des Pelikans umgedeutet wurde, der sich seine Brust aufreißt, um seine sieben Jungen mit seinem Blut zu ernähren.

47 Der Grund dafür, dass Moses den Verzehr von Schwan und Pelikan verbietet, indem er beide den unreinen Vögeln zurechnet und es gestattet, die „Wanderheuschrecken, Käfer und den Grashüpfer nach seiner Art“ zu essen (Leviticus 11 und Deuteronomium 14); dies ist rein physiologisch gemeint und hat mit mystischer Symbologie nur insofern zu tun, als das Wort „unrein“, wie jedes andere Wort, nicht buchstäblich gelesen und verstanden werden sollte, denn es ist esoterisch wie alles Übrige und kann ebenso gut „heilig“ bedeuten oder auch nicht. Es ist eine Blende und in Zusammenhang mit bestimmten Formen des Aberglaubens sehr vielsagend – zum Beispiel dem des russischen Volks, das die Taube nicht als Nahrung verwendet; nicht weil sie „unrein“ sei, sondern weil der „Heilige Geist“ in der Gestalt einer Taube erschienen sein soll.

48 Das sind nicht die mittelalterlichen Alchemisten, sondern die Magier und Feueranbeter, von denen die Rosenkreuzer oder die Philosophen per ignem, die Nachfolger der Theurgen, ihre gesamten Ideen in Bezug auf das Feuer als mystisches und göttliches Element übernahmen.

49 παρὰ, „jenseits“, außerhalb.

50 Jedes Einzelne von ihnen und noch viele andere sind wahrscheinlich die fehlenden Bindeglieder der Chemie. Sie sind in der Alchemie und den mit phänomenalen Kräften arbeitenden Okkultisten unter anderen Namen bekannt. Die größten Phänomene werden hervorgebracht, wenn die „Elemente“ mithilfe des Astralfeuers auf eine bestimmte Weise immer wieder neu miteinander verbunden (oder voneinander getrennt) werden.

51 Das ist in dem Sinn gemeint, dass die Flamme eines Feuers unerschöpflich ist, und dass die Lichter des gesamten Universums an einem einzigen Streichholz entzündet werden könnten, ohne dessen Flamme zu vermindern.

52 Die Vier, in der okkulten Zahlenreihe durch die Tetraktys dargestellt, das heilige oder vollkommene Quadrat, ist bei den Mystikern aller Nationen und Rassen eine heilige Zahl. Sie hat ein und dieselbe Bedeutung im Brahmanismus, Buddhismus, in der Kabbala und im ägyptischen, chaldäischen und anderen Zahlensystemen.

53 In der Kabbala steht dieselbe Zahl, nämlich 1.065, auch für Jehovah, da die Zahlenwerte der drei seinen Namen zusammensetzenden Buchstaben – Jod, Vau und zweimal He – beziehungsweise 10 ( י ), 6 ( ו ) and 5 ( ה ) sind; oder wieder dreimal sieben, also 21. „Zehn ist die Mutter der Seele, denn Leben und Licht sind darin vereinigt“, sagt Hermes. „Denn die Zahl eins ist aus dem Geist geboren und die Zahl zehn aus der Materie (Chaos, weiblich). Die Einheit hat die Zehn gemacht, die Zehn die Einheit“ („Buch der Schlüssel“). Mithilfe der Temura, der anagrammatischen Methode der Kabbala und der Kenntnis der Zahl 1.065 (21) kann in Bezug auf den Kosmos und seine Geheimnisse eine Universalwissenschaft erlangt werden“ (Rabbi Yogel). Die Rabbis betrachten die Zahlen 10, 6 und 5 als die heiligsten von allen.

54 Der Leser mag gesagt bekommen, dass ein amerikanischer Kabbalist jetzt für die Elohim dieselbe Zahl entdeckt hat. Sie kam aus Chaldäa zu den Juden. Siehe „Hebrew Metrology“ in „The Masonic Review“, Juli, 1885, McMillan Lodge, Nr. 141.

55 Dieselbe Ausdrucksweise finden wir in Ägypten. Mout bedeutet unter anderem „Mutter“, und zeigt den Charakter, der ihr in der Triade dieses Landes beigelegt wurde. „Sie war nicht weniger die Mutter als die Gattin Ammons, und einer der Haupttitel des Gottes war „der Gemahl seiner Mutter“. Die Göttin Mout, oder Mût, wird angerufen als „unsere Frau“, die „Königin des Himmels“ und „der Erde“. Sie teilt also diese Titel mit den anderen Mutter-Gottheiten Isis, Hathor etc.“ (Maspero).

56 Das ist die wörtliche Übersetzung aus der IX. und X. Abteilung: „Zehn Zahlen ohne was? Eins: der Geist des lebendigen Gottes . . . . der da lebt in Ewigkeiten! Stimme und Geist und Wort, und das ist der Heilige Geist. Zwei: Geist aus dem Geiste. Er entwarf und schuf damit zweiundzwanzig Grundbuchstaben, drei Mütter und sieben Doppelte und zwölf Einzelne und einen Geist aus ihnen. Drei: Wasser aus dem Geist. Er entwarf und schuf damit die Öde und die Leere, Schlamm und Erde. Er entwarf sie als Blumenbeet, behieb sie als Mauer, verdeckte sie mit Pflastersteinen. Vier: Feuer aus dem Wasser. Er entwarf und schuf damit den Thron der Herrlichkeit und die Räder, und die Seraphim und die heiligen Tiere und die dienenden Engel, und aus den Dreien gründete er seine Wohnung, wie es gesagt wird: Er macht Geister aus seinen Engeln und lässt seine Diener zu feurigen Flammen werden.“ Die Umschreibung „gründete er seine Wohnung“ zeigt klar, dass in der Kabbala, wie auch in Indien, die Gottheit als das Universum betrachtet wurde und in seinem Ursprung nicht der außerkosmische Gott war, der er heute ist.

57 Die buchstäbliche Bedeutung des Wortes ist bei den östlichen Okkultisten des Nordens ein kreisender Wind, ein Wirbelwind; aber in diesem Fall soll damit die unaufhörliche und ewige kosmische Bewegung oder vielmehr jene Kraft bezeichnet werden, welche es bewegt. Sie wird stillschweigend für die Gottheit angenommen, aber niemals genannt. Es ist das ewige Karana, die immer wirkende Ursache.

58 Die Anugita bildet einen Teil des Ashvameda Parvan des „Mahabharatas“. Der Übersetzer der von Max Müller herausgebrachten „Bhagavadgita“ hält sie für eine Fortsetzung der Bhagavadgita. Ihr Original ist eine der ältesten Upanishaden.

59 Das zeigt, dass die modernen Metaphysiker, mitsamt allen vergangenen und gegenwärtigen Hegeln, Berkeleys, Schopenhauern, Hartmanns, Herbert Spencers und selbst den modernen Hylo-Idealisten obendrein, nichts Besseres sind als die schwachen Kopisten einer grauen Vorzeit.

60 Die Kenntnis dieses Gesetzes erlaubt und hilft dem Arhat, seine Siddhis oder verschiedenen Phänomene vorzuführen, wie zum Beispiel Desintegration von Materie, die Beförderung von Gegenständen von einem Ort zu einem anderen.

61 Hierbei handelt es sich um in modernen Glossaren den Stanzen beigefügte alte Kommentare, denn in ihrer symbolischen Sprache sind die Kommentare gewöhnlich ebenso schwer zu verstehen wie die Stanzen selbst.

62 In einem polemischen wissenschaftlichen Werk, „The Modern Genesis“, kritisiert der Verfasser, Rev. W. B. Slaugther, den von den Astronomen eingenommenen Standpunkt und fragt: „Es ist zu bedauern, dass die Verfechter dieser (Nebel-)Theorie nicht ausführlicher in die Diskussion darüber (über den Beginn der Rotation) eingestiegen sind. Niemand lässt sich dazu herab, uns eine vernünftige Erklärung darüber zu geben. Wie kann der Prozess der Abkühlung und Kontraktion einer Masse sie auch noch in Rotation versetzen?“ Die Frage wird im Anhang ausführlich behandelt. Die materialistische Wissenschaft kann diese Frage niemals lösen. „Bewegung ist im Unmanifestierten ewig und im Manifestierten periodisch“, sagt ein okkulter Lehrsatz. „Wenn die durch das Herabsteigen der Flamme in die Urmaterie bewirkte Hitze ihre Partikel in Bewegung versetzt, wird diese Bewegung zum Wirbelwind.“ Ein Tropfen einer Flüssigkeit nimmt eine Kugelgestalt an, weil seine Atome sich in ihrer letzten, unauflösbaren und noumenalen Essenz um sich selbst drehen; unauflösbar, zumindest für die Naturwissenschaft.

63 In der Summe also zehn oder die den „Schöpfer“ repräsentierende vollkommene Zahl. Die Gesamtheit aller schöpferischen Kräfte wurde von den Monotheisten in den Einen verschmolzen und der „Schöpfer“ genannt, genauso wie die „Elohim“, Adam Kadmon oder Sephira – die Krone – die androgyne Synthese der 10 Sephiroth darstellen, die in der popularisierten Kabbala das Symbol des manifestierten Universums bilden. Die esoterischen Kabbalisten folgen jedoch den östlichen Okkultisten. Sie trennen das obere sephirothische Dreieck (oder Sephira, Chochmah und Binah) von den übrigen, sodass sieben Sephiroth übrig bleiben. Was Svabhavat anbelangt, so erklären die Orientalisten den Ausdruck dahingehend, dass er die im Raum zerstreute, universale plastische Materie bedeute, vielleicht halb auf den Ether der Wissenschaft schielend. Die Okkultisten identifizieren ihn auf der mystischen Ebene jedoch mit „Vater-Mutter“ (vide supra).

64 „In Vereinigung mit dem Geist und der Stimme“ bezieht sich auf den abstrakten Gedanken und die konkrete Stimme oder seine Manifestation, die Wirkung der Ursache. Adam Kadmon oder Tetragrammaton ist in der Kabbala der Logos; daher entspricht diese Triade in Letzterer dem höchsten Dreieck von Kether, Chochmah und Binah, von welchen Letztere gleichzeitig eine weibliche Kraft und der männliche Jehovah ist, welcher an der Natur von Chochmah oder der männlichen Weisheit teilhat.

65 Die Geheimlehre lehrt, dass die Sonne ein zentraler Stern und kein Planet ist. Trotzdem kannten und verehrten die Alten, Sonne und Erde ausgenommen, sieben große Götter. Was war dieser „mysteriöse Gott“, den sie außen vor ließen? Natürlich nicht Uranus, der erst 1781 von Herschel entdeckt wurde. Aber konnte er nicht unter einem anderen Namen bekannt sein? Der Verfasser von „Maçonnerie Occulte“ sagt: „Nachdem die okkulten Wissenschaften durch astronomische Berechnungen entdeckt hatten, dass es sieben Planeten sein müssen, wurden die Alten dahin geführt, die Sonne in die Tonleiter der himmlischen Harmonien einzuführen und sie den leeren Platz einnehmen zu lassen. Wann immer sie einen Einfluss bemerkten, der keinem der bekannten sechs Planeten zugehörte, schrieben sie ihn fortan der Sonne zu. Der Irrtum hat lediglich den Anschein, bedeutend zu sein, brachte aber keine falschen Resultate, wenn die alten Astrologen Uranus durch die Sonne ersetzten, die ein verhältnismäßig bewegungsloser Zentralstern ist, der sich nur um seine eigene Achse dreht und Zeit und Maß regelt; und der nicht von seinen wahren Funktionen abzubringen ist.“ Die Benennung der Wochentage ist somit falsch. „Der Sonn-tag sollte Uranus-tag (Urani dies, Urandi) sein“, fügt Ragon, der gelehrte Schreiber, hinzu.

66 Planetensystem.

67 „Die Rotationsrichtung der Sonne um ihre Achse entspricht beständig der Richtung der Umlaufbahnen der Planeten“, lehrt uns die Astronomie.

68 Diese Essenz der Kometenmaterie ist nach der Lehre der okkulten Wissenschaft vollständig verschieden von jeglichen chemischen oder physikalischen Eigenschaften, mit welchen die moderne Wissenschaft vertraut ist. Sie ist in ihrer Urform jenseits der Sonnensysteme homogen und differenziert sich vollständig, sobald sie die Grenzen unserer Erdregion überschreitet. Von der Atmosphäre der Planeten und der bereits aus dem interplanetarischen Stoff zusammengesetzten Materie verunreinigt, ist sie in unserer manifestierten Welt ausschließlich heterogen.

69 Manas – das Denkprinzip oder die menschliche Seele.

70 Buddhi – die Göttliche Seele.

71 Sehr ähnlich waren die Ideen von W. Mattieu Williams in „The Fuel of the Sun“; von Dr. C. William Siemens „On the Conservation of Solar Energy“ (Nature XXV, S. 440-444, 9. März 1882); und auch von Dr. P. Martin Duncan in „Address of the President of the Geological Society“, London, Mai 1877.

72 SieheComparative Geology“, von Alexander Winchell, LL. D., S. 56.

73 Wenn wir von Neptun sprechen, dann nicht als Okkultisten, sondern als Europäer. Der wahre östliche Okkultist wird behaupten, dass – wenn sich auch immer noch viele unentdeckte Planeten in unserem System befinden mögen – Neptun nicht dazu gehört, ungeachtet seiner offensichtlichen Verbindung mit unserer Sonne und ihrem Einfluss auf ihn. Diese Verbindung ist mayavisch, imaginär, wie sie sagen.

74 Diese sind die vier „Unsterblichen“, die im Atharva Veda als die „Wächter“ oder Hüter der vier Himmelsrichtungen erwähnt sind (siehe Kap. LXXVI, 1-4 ff).

75 „Conflict between Religion und Science“, Draper, S. 132 und 133.

76 „Les Mystères de L´Horoscope“, S. XI.

77 Siehe A. P. Sinnetts „Esoteric Buddhism“, 5. kommentierte Auflage, S. 171-3.

78 Der erste und größte Reformator, Gründer der „Gelbkappen“, der Gelugpas. Er wurde 1.355 n. Chr. in Amdo geboren und war der Avatara von Amitabha, welcher der himmlische Name Gautama Buddhas ist.

79 Subba Row scheint ihn mit dem Logos zu identifizieren und so zu nennen (siehe seine vier Vorlesungen über die „Bhagavadgita“ im „Theosophist“).

80 Im Jahr 1882 wurde der Präsident der Theosophischen Gesellschaft, Oberst Olcott, kritisiert, weil er in einem seiner Vorträge behauptet hatte, Elektrizität sei Materie. Nichtsdestotrotz ist das jedoch die Lehre des Okkultismus. Solange die europäische Wissenschaft so wenig über ihre wahre Natur weiß, mögen „Kraft“ oder „Energie“ bessere Namen für sie sein; aber Elektrizität ist Materie, ebenso wie Ether Materie ist, da sie atomar ist, obwohl um einiges von Ether entfernt. Es erscheint lächerlich zu argumentieren, etwas könne nicht Materie genannt werden, weil es für die Wissenschaft unwägbar sei. Elektrizität ist in dem Sinn „immateriell“, als ihre Moleküle der Wahrnehmung und dem Experiment nicht unterworfen sind; trotzdem kann sie – und der Okkultismus sagt, dass sie es ist – atomar sein; daher ist sie Materie. Aber selbst von der Voraussetzung ausgehend, es sei unwissenschaftlich, die Elektrizität so zu beschreiben – sobald sie in der Wissenschaft als Energiequelle, oder einfach als Energie und Kraft bezeichnet wird – wo gäbe es eine ohne Materie vorstellbare Kraft oder Energie? Maxwell, ein Mathematiker und eine der größten Autoritäten in Bezug auf Elektrizität und ihre Phänomene, sagte vor Jahren, dass Elektrizität Materie sei, nicht bloße Bewegung. „Wenn wir die Hypothese annehmen, dass die elementaren Substanzen aus Atomen zusammengesetzt sind, können wir die Schlussfolgerung nicht vermeiden, dass auch die Elektrizität, sowohl die positive als auch die negative, in definitive, elementare Einheiten geteilt ist, die sich wie Elektrizitätsatome verhalten“ (Helmholtz, „Faraday Vortrag“, 1881). Wir wollen noch weitergehen und behaupten, dass Elektrizität nicht nur Substanz ist, sondern dass sie die Emanation einer Wesenheit darstellt, die weder Gott noch Teufel ist, sondern vielmehr eine der zahllosen Wesenheiten, welche dem ewigen karmischen Gesetz zufolge über unsere Welt herrschen und sie führen (siehe Anhänge in diesem Band).

81 Es ist wohlbekannt, dass auf eine vibrierende Metallplatte aufgebrachter Sand verschiedene, regelmäßig gekrümmte Muster unterschiedlichen Aussehens annimmt. Kann die Wissenschaft eine vollständige Erklärung dieser Tatsache geben?

82 Die Zahlen 3, 5 und 7 spielen, wie in „Isis“ gezeigt ist, eine bedeutsame Rolle in der spekulativen Freimaurerei. Ein Freimaurer schreibt: „Da gibt es 3, 5 und 7 Schritte, um den Umlauf darzustellen. Die drei Flächen von 3, 3; 5, 3 und 7, 3; etc. etc. Manchmal wird das in dieser Form dargestellt:

= 376 · 5, und = 3.817 · 5; und der Quotient von

Fuß als Ellenmaß ergibt die Maße der Großen Pyramide“ etc. etc. Drei, fünf und sieben sind mystische Zahlen, und die letzte und die erste genießen bei den Freimaurern dasselbe Ansehen wie bei den Parsen – das Dreieck ist überall ein Symbol der Gottheit (siehe „Masonic Cyclopedia“ und „Pythagorean Triangle“, Oliver). Selbstverständlich stellen einige Doktoren der Göttlichkeit (Cassel zum Beispiel) den „Zohar“ so dar, als würde er die christliche Dreieinigkeit erklären und bekräftigen (!). Es ist jedoch Letztere, welche ihren Ursprung im der Heiden hatte, im archaischen Okkultismus und in der Symbologie. Die drei Schritte beziehen sich metaphysisch auf das Herabsteigen des Geistes in die Materie, auf den Logos, der als Strahl in den Geist fällt, dann in die Seele und schließlich in die physische Form des Menschen, in welcher er zum Leben wird.

83 Ormazd ist der Logos, der „Erstgeborene“ und die Sonne.

84 Das war das Symbol für das „Allerheiligste“, die 3 und 4 der Trennung der Geschlechter. Nahezu jeder der 22 hebräischen Buchstaben ist ein rein phallisches Symbol. Von den beiden Buchstaben – wie oben gezeigt – ist der eine, das ayin, ein negativer weiblicher Buchstabe, symbolisch ein Auge; der andere ein männlicher Buchstabe, tza, ein Fisch-Haken oder ein Pfeil.

85 Ein Kabbalist, der in einem noch unveröffentlichten Werk die Kabbala und den „Zohar“ der arischen Esoterik gegenüberstellt, sagt uns, dass „die hebräische Sprechweise, klar, kurz, bündig und exakt, das unbeholfene Geplapper der Hindus bei weitem und über alle Maßen übertrifft – geradeso wie der Psalmist parallel dazu anmerkt: ‘Mein Mund spricht mit meiner Zunge, ich kenne nicht deine Zahlen’ (LXXI, 15). . . . Die Hindu-Glyphe zeigt mit ihrer von der häufigen Beimengung nebensächlicher Seiten ausgehenden Unzulänglichkeit denselben entlehnten Federbalg wie die Griechen (die lügenden Griechen) und die Freimaurerei: Was bei der rauen, einsilbigen (und scheinbaren) Armut des Hebräischen zeigt, dass Letzteres aus einem viel entfernteren Altertum stammt als sie alle und dass sie die Quelle (!?) der Erwähnten war, oder der alten Urquelle näher als sie allesamt.“ Das ist komplett falsch. Scheinbar beurteilt unser gelehrter Bruder und Korrespondent die Religionssysteme der Hindus nach ihren Shastras und Puranas, wahrscheinlich nach den Letzteren, und obendrein in ihren modernen Übersetzungen, die von den Orientalisten bis zur Unkenntlichkeit entstellt wurden. Man müsste sich an ihre philosophischen Systeme wenden, an ihre esoterische Lehre, wollte man Wert auf einen Vergleich legen. Zweifellos stammt die Symbolik des Pentateuch und selbst des Neuen Testaments aus derselben Quelle. Aber ist die Cheopspyramide, deren Maße Professor Piazzi Smyth in Salomons angeblichem und mythischem Tempel alle wiederfand, nicht sicher älteren Datums als die mosaischen Bücher? Wenn daher eine so große Übereinstimmung wie behauptet existiert, muss sie von sklavischem Kopieren von Seiten der Juden herrühren und nicht von Seiten der Ägypter. Die jüdischen Glyphen – und selbst ihre Sprache, das Hebräische – sind nicht original. Sie sind von den Ägyptern entlehnt, von denen Moses seine Weisheit erhalten hatte; vom Koptischen, dem mutmaßlichen Verwandten, wenn nicht dem Elternteil des alten Phönizischen; und von den Hyksos, ihren (angeblichen) Vorfahren, wie Josephus in seinem „Gegen Apion“, I, 25, zeigt. Ja, aber wer sind die Hyksos-Schafhirten? Und wer die Ägypter? Die Geschichte weiß nichts über die Frage, und sie spekuliert und stellt Theorien auf aus den Tiefen des betreffenden Bewusstseins ihrer Historiker (sieheIsis Unveiled“, Band II, S. 430-438). „Khamismus oder das alte Koptisch stammt aus Westasien“, sagt Bunsen. „Es enthält einige Keime des Semitischen und legt dadurch Zeugnis ab für die ursprüngliche, verwandtschaftliche Einheit der arischen und semitischen Rassen.“ Bunsen setzt die großen Ereignisse in Ägypten 9.000 v. Chr. an. Tatsache ist, dass wir in der archaischen Esoterik und im arischen Denken eine großartige Philosophie finden, während wir in den hebräischen Aufzeichnungen nur einem höchst erstaunlichen Scharfsinn bei der Erfindung von Apotheosen für Phallusdienste und sexuelle Theogonien begegnen.

86 Man mag sich fragen, wie es auch die Schreiberin getan hat: „Wer stellt den Unterschied in jener Bewegung fest, da doch die gesamte Natur auf ihre ursprüngliche Essenz reduziert ist und niemand da sein kann, der es sehen könnte – nicht einmal einer der Dhyan Chohans, die sich alle in Nirvana befinden?“ Die Antwort darauf lautet: „In der Natur muss alles mithilfe der Analogie beurteilt werden. Obwohl die höchsten Gottheiten (Erzengel oder Dhyani-Buddhas) nicht imstande sind, in die zu weit von unserem Planetensystem und vom sichtbaren Kosmos entfernt liegenden Mysterien einzudringen, gab es dennoch in alten Zeiten große Seher und Propheten mit der Fähigkeit, in der Rückschau das Mysterium des Atems und der Bewegung zu erfassen, als die Weltsysteme ruhten und in ihren periodischen Schlaf versunken waren.“

87 „Die Lehre von der Rotation der Erde um eine Achse wurde von dem Pythagoreer Hiketas wahrscheinlich bereits um 500 v. Chr. unterrichtet. Sie wurde auch von seinem Schüler Ekphantos und von Heraklit, einem Schüler Platons, gebracht. Mit den wahrgenommenen Tatsachen übereinstimmend, wurde die Unbeweglichkeit der Sonne und die Umlaufbewegung der Erde von Aristarchos von Samos bereits 281 v. Chr. gezeigt. Die heliozentrische Theorie wurde ungefähr 150 v. Chr. von Seleukos von Seleukia am Tigris gelehrt [Pythagoras brachte diese Lehre schon 500 v. Chr. – HPB]. Es heißt auch, dass Archimedes in einem Werk mit dem Namen „Psammites“ die heliozentrische Theorie wiederholt betonte. Die Kugelgestalt der Erde wurde ausdrücklich von Aristoteles gelehrt, der die Form des Erdschattens auf dem Mond bei Finsternissen als Beweis anführte (Aristoteles, „Vom Himmel“, II. Buch, Kapitel XIV). Dieselbe Idee wurde von Plinius verteidigt („Nat. Hist.“, II, 65). Diese Ansichten scheinen für ein Jahrtausend lang in Vergessenheit geraten zu sein. . . .“ (Comparative Geology“, Teil IV., „Pre-Kantian Speculation“, S. 551, von Alex. Winchell, LL.D.).

88 Dass Swedenborg, der unmöglich irgendetwas von den esoterischen Ideen des Buddhismus gewusst haben konnte, dessen ungeachtet der okkulten Lehre in seinen allgemeinen Vorstellungen nahe gekommen ist, zeigt sich an seinem Aufsatz über die Wirbeltheorie. In Clissolds Übersetzung dieses Aufsatzes, die Prof. Winchell anführt, finden wir das folgende Resümee: „Die erste Ursache ist das Unendliche oder Unbegrenzte. Dieses verleiht dem ersten Endlichen oder Begrenzten seine Existenz“ (der Logos in Seiner Manifestation und das Universum). „Das, was eine Grenze erzeugt, entspricht der Bewegung (siehe Stanze I, supra). Die erzeugte Grenze ist ein Punkt, dessen Essenz Bewegung ist. Da er aber ohne Teile ist, so ist diese Essenz nicht wirkliche Bewegung, sondern nur ein Streben danach.“ (In unserer Lehre handelt es sich nicht um ein „Streben“ nach Bewegung, sondern um eine Wandlung von der ewigen Schwingung im Unmanifestierten zur Wirbelbewegung in der phänomenalen oder manifestierten Welt) . . . „Aus diesem Ersten entstehen Ausdehnung, Raum, Gestalt und Aufeinanderfolge oder Zeit. Wie in der Geometrie ein Punkt eine Linie, eine Linie eine Fläche und eine Fläche einen Körper erzeugt, so tendiert hier der Drang eines Punktes zu Linien, Flächen und Körpern. Mit anderen Worten, das Universum ist in ovo im ersten natürlichen Punkt enthalten. . . . Die Bewegung, zu welcher das Streben tendiert, ist kreisförmig, weil der Kreis die vollkommenste aller Flächen ist. . . . Die vollkommenste Form einer Bewegung . . . muss die beständig kreisförmige sein, das heißt, sie muss vom Zentrum zur Peripherie und von der Peripherie zum Zentrum fortschreiten.“ (Auszug aus „Principia Rerum Naturalia“) Das ist reiner, einfacher Okkultismus.

89 Im „Rigveda“ finden wir die Namen Brahmanaspati und Brihaspati abwechselnd und gleichwertig verwendet. Siehe auch „Brihad Upanishad“; Brihaspati wird als Gottheit „der Vater der Götter“ genannt.

90 Die vier Aspekte sind der Körper, sein Leben oder seine Lebenskraft und das „Doppel“ des Körpers, die Dreiheit, die mit dem Tod der Person verschwindet, und der Kama-Rupa, welcher sich in Kama-Loka auflöst.

91 Der gelehrte Vossius sagt in seiner „Theol. Cir.“, I VII: „Obwohl der Hl. Augustin sagte, dass jedes sichtbare Ding in dieser Welt eine engelhafte Tugend als Aufseher bei sich hat, so müssen darunter doch nicht Individuen, sondern ganze Gattungen von Dingen verstanden werden, von welchen jegliche tatsächlich ihren besonderen Engel als Wächter hat. Hierin stimmt er mit allen Philosophen überein. . . . Für uns sind diese Engel von den Objekten getrennte Geister, . . . während sie für (heidnische) Philosophen Götter waren.“ Betrachten wir das von der römisch-katholischen Kirche für die „Geister der Sterne“ eingeführte Ritual, so sehen diese „Göttern“ verdächtig ähnlich. Sie wurden von der alten und der modernen Masse der Heiden nicht mehr verehrt und angebetet als heute in Rom von den hoch kultivierten katholischen Christen.

92 Natürlich nicht im Sinn des deutschen Materialisten Moleschott, der uns versichert, „Gedanke sei die Bewegung von Materie“ – eine Behauptung von nahezu beispielloser Absurdität. Mentale und körperliche Zustände stehen in vollständigem Gegensatz zueinander. Aber das berührt nicht die Auffassung, dass jeder Gedanke, neben seiner physischen Begleiterscheinung (Modifikation des Gehirns) auf der Astralebene einen objektiven – wenn auch für uns übersinnlich objektiven – Aspekt aufweist (siehe „The Occult World“, S. 89-90).

93 Die Ansichten unserer gegenwärtigen wissenschaftlichen Denker über die Beziehung zwischen Geist und Materie lassen sich auf zwei Hypothesen reduzieren. Diese zeigen, dass beide Standpunkte gleichermaßen die Möglichkeit einer vom physischen Gehirn unabhängig existierenden Seele ausschließen, welche durch dieses Gehirn wirkt. Diese sind:
(1.) Materialismus: Die Theorie, welche mentale Phänomene als das Produkt molekularer Modifikationen im Gehirn ansieht; d. h. als das Ergebnis einer Umwandlung von Bewegung in Empfindung (!). Die gröbere Schule ging einst so weit, das Gemüt mit einer „speziellen Art von Bewegung“ (!!) zu identifizieren, aber diese Ansicht wird jetzt glücklicherweise selbst von den meisten Wissenschaftlern für absurd gehalten.
(2.) Monismus: oder die Lehre von der einzigen Substanz, eine subtilere Form negativer Psychologie, die von einem ihrer Befürworter, Professor Bain, trefflich „vorsichtiger Materialismus“ genannt wird. Diese Lehre, die eine sehr breite Zustimmung findet und zu ihren Verfechtern Männer wie Lewis, Spencer, Ferrier und andere zählt, stellt zwar Gedanken und geistige Phänomene im Allgemeinen als etwas zur Materie radikal Gegensätzliches dar, betrachtet aber beide als die zwei Seiten oder Aspekte ein und derselben Substanz in verschiedenen Zuständen. Der Gedanke als Gedanke, sagen sie, steht in äußerstem Gegensatz zu materiellen Phänomenen, aber er darf auch nicht anders verstanden werden als „die subjektive Seite der Nervenbewegung“ – was auch immer unsere gelehrten Herren darunter verstehen.

94 So ist der Satz „Natura Elementorum obtinet revelationem Dei“ (Clemens, „Stromata“, R. IV, Absatz 6) entweder auf beides oder keines von beiden anwendbar. Siehe „Zend Avesta“, Band II, S. 228, und Plutarch „De Iside“, verglichen von Layard, „Académie des Inscriptions“, 1854, Band XV.

95 Die Hindus teilen jedoch die Welt in sieben Kontinente, exoterisch ebenso wie esoterisch; und ihre vier kosmischen Devas sind acht und stehen den acht Richtungen des Kompasses und nicht den Kontinenten vor (vgl. „Chinese Buddhism“, S. 216).

96 Die diesen „Angesichtern“ entsprechenden, von der römisch-katholischen Kirche anerkannten Engel waren bei den Ophiten: Drache – Raphael; Löwe – Michael; Stier oder Ochse – Uriel; und Adler – Gabriel. Die vier bilden die Gesellschaft der vier Evangelisten und leiten die Evangelien ein.

97 Da die Juden, die Kabbalisten ausgenommen, keine Begriffe für Ost, West, Süd und Nord hatten, drückten sie die Idee mit den Worten vorne, hinten, rechts und links aus, wodurch sie oft mit der exoterischen Bedeutung der Bezeichnungen verwechselt wurden und auf diese Weise die Blenden der Bibel noch verwirrender und schwieriger zu interpretieren machten. Fügt man die Tatsache hinzu, dass von den siebenundvierzig Bibelübersetzern von König Jakob I. von England „lediglich drei Hebräisch verstanden, und zwei von diesen starben, bevor die Psalmen übersetzt waren“ („Royal Masonic Cyclopaedia“), kann man leicht verstehen, wie viel Vertrauen der englischen Version der Bibel entgegengebracht werden kann. In diesem Werk wird im Allgemeinen der römisch-katholischen Douayer-Version gefolgt.

98 Das Symbol heiligen und geheimen Wissens war im Altertum allgemein ein Baum, worunter auch eine Schrift oder eine Aufzeichnung verstanden wurde. Daher das Wort Lipika, die „Schreiber“ oder Schriftführer; die „Drachen“, Symbole der Weisheit, welche die Bäume der Erkenntnis hüten; der „goldene“ Apfelbaum der Hesperiden; die „üppigen Bäume“ und Vegetationen am Berg Meru, von einer Schlange bewacht. Junos Hochzeitsgabe an Jupiter – ein Baum mit goldener Frucht – ist eine andere Form der Darstellung Evas, die Adam den Apfel vom Baum der Erkenntnis anbietet.

99 Im Sefer Jezirah und an anderer Stelle lautet der Satz „Achath-Ruach-Elohim-Chiim“, und er bezeichnet die Elohim im besten Fall als androgyn, wobei das weibliche Element beinahe vorherrscht, denn der Satz sollte heißen: „Eins ist Sie, der Geist der Elohim des Lebens.“ Wie oben gesagt, ist Echath (oder Achath) weiblich und Echod (oder Achod) männlich; beide bedeuten Eins.

100 Dieser metaphysische Lehrsatz kann schwerlich besser beschrieben werden als in Subba Rows Vorlesungen über die „Bhagavadgita“: „Mulaprakriti (der Schleier von Parabrahman) wirkt als die eine Energie durch den Logos (oder ‘Iswara’). Nun ist Parabrahman die Eine Essenz, aus welcher ein Energiezentrum ins Dasein tritt, das ich für den Augenblick den Logos nennen werde. . . . Er wird das Wort genannt . . . bei den Christen; und er ist der Göttliche Christos, der ewig im Schoße seines Vaters ist. Von den Buddhisten wird er Avalokitesvara genannt. . . . In fast jeder Lehre hat man die Existenz eines Zentrums spiritueller Energie formuliert, das ungeboren und ewig ist, welches während des Pralayas im Schoße von Parabrahman existiert und zu Zeiten kosmischer Aktivität als ein Zentrum bewusster Energie hervortritt. . . .“ Denn, wie der Vortragende im Voraus bemerkte: Parabrahman ist nicht dieses oder jenes, es ist nicht einmal Bewusstsein, da es nicht mit Materie oder irgendetwas Bedingtem in Beziehung gebracht werden kann. Es ist weder Ego noch Nichtego, nicht einmal Atman, sondern wahrlich die eine Quelle aller Manifestationen und Arten von Existenz.

101 Diese freiwilligen Reinkarnationen werden in unserer Lehre als Nirmanakayas bezeichnet (die überlebenden spirituellen Prinzipien der Menschen).

102 Sukshma-Sarira, „traumartiger“ illusorischer Körper, mit welchem die niederen Dhyanis der himmlischen Hierarchie bekleidet sind.

103 Vergleiche diesen esoterischen Lehrsatz mit der gnostischen Lehre in der „Pistis-Sophia“ (Erkenntnis = Weisheit); in dieser Abhandlung wird Sophia Achamoth als in den Wassern des Chaos (Materie) verloren dargestellt, auf ihrem Weg zum höchstem Licht, und Christos hilft ihr und bringt sie auf den rechten Weg. Man beachte wohl, dass „Christos“ bei den Gnostikern das unpersönliche Prinzip bedeutete, den Atman des Universums und den Atman in jeder Menschenseele – nicht Jesus; obwohl in dem alten koptischen Manuskript im Britischen Museum „Christos“ fast überall durch „Jesus“ ersetzt ist.

104 Der größte Philosoph europäischer Geburt, Immanuel Kant, versichert uns, dass eine solche Kommunikation keineswegs unwahrscheinlich sei. „Ich gestehe, dass ich sehr geneigt bin, das Dasein immaterieller Naturen in der Welt zu behaupten und meine Seele selbst in die Klasse dieser Wesen zu versetzen. Es wird künftig, ich weiß nicht wo oder wenn, noch bewiesen werden: daß die menschliche Seele auch in diesem Leben in einer unauflöslich verknüpften Gemeinschaft mit allen immateriellen Naturen der Geisterwelt stehe, daß sie wechselweise in diese wirke und von ihnen Eindrücke empfange.“ (Träume eines Geistersehers, zitiert von C. C. Massey in seinem Vorwort zu v. Hartmanns „Spiritismus“).

105 Zum Beispiel: Alles, was die moderne physiologische Forschung in Zusammenhang mit psychologischen Problemen gezeigt hat und der Natur der Dinge nach hat zeigen können, ist, dass jeder Gedanke, jede Sinnesempfindung und Gefühlsregung von einer Neuaufstellung der Moleküle gewisser Nerven begleitet ist. Die von Wissenschaftlern vom Schlage eines Büchner, Vogt und anderer gezogene Schlussfolgerung, dass Gedanken Molekularbewegung sei, zwingt dazu, die Tatsache unseres subjektiven Bewusstseins zu einer vollständigen Abstraktion zu machen.

106 Siehe „Le Livre des Morts“, von Paul Pierret; „Le Jour de ‘Viens á nous’ . . . C’est le jour oú Osiris a dit au Soleil: Viens! Je le vois rencontrant le Soleil dans L’Amenti“ (Kap. XVII, S. 61). Die Sonne steht hier für den Logos (oder Christos oder Horus), synthetisch als die zentrale Essenz und als eine diffuse Essenz ausgestrahlter Wesenheiten, welche der Substanz nach verschieden sind, aber nicht in ihrer Essenz. Denn, wie es der Bhagavadgita-Vortragende ausdrückt: „Es darf nicht angenommen werden, dass der Logos lediglich ein einzelnes von Parabrahman manifestiertes Energiezentrum ist. Es gibt unzählige anderer Zentren . . . und ihre Anzahl ist im Schoße Parabrahmans nahezu unendlich.“ Daher die Bezeichnungen „der Tag Komme-zu-uns“ und „der Tag Sei-mit-uns“ etc. Gerade so wie das Quadrat das Symbol der vier heiligen Kräfte oder Mächte darstellt – die Tetraktys –, zeigt der Kreis die Grenze innerhalb der Unendlichkeit, welche kein Mensch jemals überschreiten könnte, nicht einmal im Geist, kein Deva und kein Dhyan Chohan. Die Geister der im Verlauf der zyklischen Evolution „Ab- und Aufsteigenden“ werden die „von Eisen umzäunte Welt“ erst am Tage ihrer Annäherung an die Schwelle von Paranirvana überschreiten. Erreichen sie es, ruhen sie im Schoß von Parabrahman oder der „Unbekannten Dunkelheit“, welche dann für sie alle zum Licht wird – und zwar für den gesamten Zeitraum des Maha-Pralayas, der „Großen Nacht“, das bedeutet 311.040.000.000.000 Jahre des Versunkenseins in Brahman. Diese Periode der Ruhe oder Paranirvana ist der Tag „Sei-mit-uns“. Für weitere Angaben hinsichtlich dieses eigentümlichen Ausdrucks der Tag „Komme-zu-uns“ siehe auch „The Funerary Ritual of the Egyptians“ von Viscount de Rougé. Er entspricht dem Tag des Jüngsten Gerichts der Christen, der in ihrer Religion zutiefst materialisiert wurde.

107 Diese Stanze wurde aus dem chinesischen Text übersetzt, und die Namen wurden als Entsprechungen der Originalausdrücke beibehalten. Die wirkliche esoterische Bezeichnung kann nicht gegeben werden, da sie den Leser nur verwirren würde. Die brahmanische Lehre hat dafür keine Entsprechungen. Vach scheint in vielen Aspekten der chinesischen Kwan-Yin nahe zu kommen, wird aber in Indien unter dieser Bezeichnung normalerweise nicht so verehrt wie es für Kwan-Yin in China üblich ist. Kein exoterisches religiöses System hat jemals einen weiblichen Schöpfer angenommen; und so wurde vom Anbeginn der populären Religionen die Frau als dem Manne untergeordnet betrachtet und behandelt. Lediglich in China und Ägypten wurden Kwan-Yin und Isis mit den männlichen Göttern auf eine Stufe gestellt. Die Esoterik ignoriert beide Geschlechter. Ihre höchste Gottheit ist ebenso geschlechtslos wie formlos, weder Vater noch Mutter; und ihre ersten manifestierten Wesen, himmlische und irdische gleichermaßen, werden nur allmählich androgyn und trennen sich schließlich in unterschiedliche Geschlechter.

108 Vers 1 der Stanze VI ist weit später datiert als die anderen Stanzen, obwohl noch sehr alt. Der alte Text dieses Verses würde dem Schüler keinen Schlüssel bieten, da er den Orientalisten völlig unbekannte Namen enthält.

109 „Theosophist“, Febr. 1887, S. 305, erster Vortrag über die Bhagavadgita.

110 Der Redner sagt auf S. 306: „Evolution beginnt durch die intellektuelle Energie des Logos – nicht nur wegen der in Mulaprakriti eingeschlossenen Potenzialitäten. Dieses Licht des Logos ist das Bindeglied . . . zwischen objektiver Materie und dem subjektiven Gedanken von Iswara (oder Logos). In verschiedenen buddhistischen Büchern wird es Fohat genannt. Es ist das eine Instrument, mit dem der Logos arbeitet.“

111 Madhya wird etwas genannt, dessen Anfang und Ende unbekannt sind, und Para bedeutet unendlich. Diese Ausdrücke beziehen sich alle auf Unendlichkeit und die Einteilung der Zeit.

112 „Fohat“ hat verschiedene Bedeutungen (siehe Stanze V, Kommentar et infra). Er wird der „Erbauer der Bauleute“ genannt; die Kraft, die er personifiziert, hat unsere siebenfältige Kette geformt.

113 Die Schatten unserer prähistorischen Vorfahren könnten den modernen Physikern das Kompliment zurückgeben, nachdem jetzt neue Entdeckungen in der Chemie Herrn Crookes, MTG, dahin geführt haben einzuräumen, dass die Wissenschaft von einem Verständnis der zusammengesetzten Natur auch nur des einfachsten Moleküls noch meilenweit entfernt ist. Von ihm lernen wir, dass so etwas wie ein wirklich einfaches, gänzlich homogenes Molekül für die Chemie terra incognita ist. „Wo wollen wir die Grenzlinie ziehen?“, fragt er; „Gibt es keinen Ausweg aus dieser Schwierigkeit? Müssen wir die elementaren Examina derartig erschweren, dass nur noch 60 oder 70 Kandidaten bestehen können, oder müssen wir die Prüfungstore so weit öffnen, dass die Anzahl der Zulassungen lediglich durch die Anzahl der Bewerber begrenzt ist?“ Und dann gibt der gelehrte Gentleman beeindruckende Beispiele. Er sagt: „Nehmen wir den Fall von Yttrium. Es hat sein spezifisches Atomgewicht, es verhält sich in jeder Hinsicht wie ein einfaches Element, zu dem wir zwar etwas hinzufügen, von dem wir aber nichts wegnehmen können. Und doch wird dieses Yttrium, dieses vermutete homogene Ganze, unter Anwendung einer bestimmten Methode gespalten, in Teile aufgelöst, die untereinander nicht absolut identisch sind und eine Abstufung von Eigenschaften aufweisen. Oder nehmen wir den Fall von Didym. Hier hatten wir einen Stoff, der sämtliche anerkannten Merkmale eines Elementes aufwies. Er war mit großer Schwierigkeit von anderen Elementen mit fast gleichartigen Eigenschaften getrennt worden; und im Verlauf dieses entscheidenden Verfahrens wurde es einer sehr strengen Behandlung und sehr genauen Untersuchung unterzogen. Dann aber folgte ein weiterer Chemiker; als er dieses vermeintlich homogene Element in einem besonderen Prozess spaltete, zerfiel es in die zwei Elemente Praseodym und Neodym, zwischen welchen gewisse Unterschiede bemerkbar sind. Des Weiteren haben wir bis jetzt keine Gewissheit darüber erlangt, ob Neodym und Praseodym einfache Elemente sind. Im Gegenteil, sie weisen selbst gewisse Anzeichen von Spaltbarkeit auf. Wenn nun bei einer entsprechenden Behandlung entdeckt wird, dass ein mutmaßliches Element unähnliche Moleküle enthält, so sind wir gewiss berechtigt zu fragen, ob nicht auch bei anderen Elementen ähnliche Resultate erzielt werden können, vielleicht sogar bei allen Elementen, würden sie nur in der richtigen Weise behandelt. Wir können sogar fragen, wo der Prozess des Aussortierens enden soll – ein Prozess, der natürlich Unterschiede zwischen den individuellen Molekülen einer jeden Art voraussetzt. Und bei diesen aufeinanderfolgenden Aufspaltungen finden wir natürlich Elemente, die einander immer ähnlicher sind.“ („Ansprache des Präsidenten an die Royal Society of Chemists, März 1888“)

114 Das wiederum wird von demselben Wissenschaftler in demselben Vortrag bekräftigt. Er zitiert Clerk Maxwell mit den Worten, „dass die Elemente nicht absolut homogen sind“. Er schreibt: „Es ist schwierig, sich eine Vorstellung von der Selektion und Eliminierung von Zwischenvarianten zu machen, denn wohin könnten diese eliminierten Moleküle gegangen sein, wenn – wie wir Grund haben zu glauben – der Wasserstoff etc. der Fixsterne aus Molekülen zusammengesetzt ist, welche in jeder Hinsicht mit unseren identisch sind?“ Und er fügt hinzu: „Als Erstes können wir diese absolute molekulare Identität in Frage stellen, da uns bislang außer den durch das Spektroskop gelieferten Erkenntnissen keine anderen Mittel zur Verfügung standen, um zu einem Schluss zu kommen. Dabei müssen wir zugestehen, dass zum genauen Vergleich und zur Unterscheidung der Spektren von zwei Körpern diese unter identischen Zuständen von Temperatur, Druck und allen anderen physikalischen Bedingungen untersucht werden sollten. Wir haben im Sonnenspektrum mit Gewissheit Strahlen beobachtet, die wir nicht identifizieren konnten.“

115 „Jede Welt hat ihren in seiner eigenen Wirkungssphäre allgegenwärtigen Fohat. Aber es gibt so viele Fohats wie es Welten gibt, sich in Macht und Ausprägungsgrad jeweils unterscheidend. Die individuellen Fohats bilden einen universalen, kollektiven Fohat – die Aspekt-Entität der einen absoluten Nichtentität, die absolute Sein-heit, ‘Sat’, ist. „Millionen und Milliarden von Welten werden in jedem Manvantara hervorgebracht“, wird gesagt. Daher muss es viele von uns als bewusste und intelligente Kräfte angesehene Fohats geben. Das muss wissenschaftlichen Gemütern zweifelsohne zutiefst zuwider sein. Aus gutem Grund betrachten die Okkultisten nichtsdestotrotz sämtliche Kräfte der Natur als reale, wenn auch übersinnliche Zustände der Materie; und sie sind der Wahrnehmung zugängliche Objekte – für solche Wesen, die mit den erforderlichen Sinnen ausgestattet sind.

116 In der Tat könnte ein solcher imaginärer Chemiker, wenn er zufälligerweise intuitiv wäre und für einen Augenblick aus den gewohnten Pfaden der streng „exakten Wissenschaft“ heraustreten könnte, wie es die alten Alchemisten taten, für seine Kühnheit belohnt werden.

117 Wer den trägen Sauerstoff allotropisch in Ozon umwandeln könnte, bis zum Grad alchemistischer Aktivität, indem er ihn auf seine reine Essenz reduzierte (wofür es Mittel gibt), würde damit einen Ersatz für das „Lebenselixier“ entdecken und für den praktischen Gebrauch zubereiten.

118 Nach brahmanischen Berechnungen eine Periode von 311.040.000.000.000 Jahren.

119 Siehe „Scientific Arena“, ein monatliches Magazin, der aktuellen philosophischen Lehre und ihrer Auswirkungen auf das derzeitige religiöse Denken gewidmet. New York: Dr. A. Wilford Hall, LL.D., Herausgeber (Juli, August und September 1886).

120 Diesen Namen, so glauben wir, verwendete der Erfinder des berühmten „Motors“, Keely aus Philadelphia, für die von ihm auch so bezeichneten „etherischen Zentren“. Seine Bewunderer hatten gehofft, mit seiner Erfindung den motorischen Antrieb auf der Welt zu revolutionieren.

121 Der Mond ist lediglich seine inneren „Prinzipien“ betreffend tot – das heißt psychisch und spirituell, wie absurd auch immer das erscheinen mag. Physisch ist er vielleicht lediglich einem halb gelähmten Körper vergleichbar. Im Okkultismus wird er passend als die „verrückte Mutter“ bezeichnet, die große siderische Geisteskranke.

122 Uranus und Neptun sind ein sehr gutes Beispiel. Die Umlaufbahnen ihrer Monde – vier beziehungsweise einer – verlaufen, wie man dachte, von Ost nach West, während alle anderen Satelliten ihre Planeten von West nach Ost umlaufen. Das zeigt, wie unzuverlässig alle Spekulationen a priori sind, selbst wenn sie auf der strengsten mathematischen Analyse beruhen. Die berühmte von Kant und Laplace aufgestellte Hypothese von der Bildung unseres Sonnensystems aus Nebelringen beruhte hauptsächlich auf der oben angeführten Tatsache, dass sich alle Planeten in derselben Richtung drehen. Sich auf diese zu seiner Zeit mathematisch bewiesene Tatsache verlassend und nach der Wahrscheinlichkeitstheorie rechnend bot der große Astronom Laplace eine Wette von drei Milliarden zu eins an, dass der nächste entdeckte Planet in seinem System dieselbe Eigenschaft der Bewegung in Richtung Osten aufweisen werde. Die unveränderlichen Gesetze der wissenschaftlichen Mathematik wurden, so sagte man, „durch weitere Experimente und Beobachtungen über den Haufen geworfen“. Diese Idee von Laplace’ Irrtum herrscht allgemein bis zum heutigen Tag vor. Aber einigen Astronomen ist es schließlich gelungen zu zeigen (?), dass der Irrtum vielmehr darin bestand, Laplace’ Behauptung als einen Irrtum hinzustellen. Es werden jetzt Schritte unternommen, das Versehen zu korrigieren, ohne die allgemeine Aufmerksamkeit des bévue zu erregen. Viele solcher unangenehmer Überraschungen stehen noch selbst Hypothesen von rein physikalischem Charakter bevor. Welche weiteren Enttäuschungen mag es erst in Fragen einer transzendentalen okkulten Natur geben? Auf jeden Fall lehrt der Okkultismus die sogenannte „gegenläufige Rotation“ als eine Tatsache.

123 Ihren eigenen astronomischen und mathematischen Aufzeichnungen vollkommen vertrauend berechnen die Okkultisten das Alter der Menschheit und behaupten, sie existiere (in getrennten Geschlechtern) in dieser Runde genau seit 18.618.727 Jahren, wie die brahmanischen Lehren und ebenso einige Hindu-Kalender erklären.

124 „Esoteric Buddhism“ und „Man“.

125 Siehe die dem Kommentar auf der vorhergehenden Seite folgende Anmerkung; und auch die Zusammenfassung der Stanzen in der Einleitung, Seite 22-23.

126 In den geheimen Büchern werden viel mehr Planeten aufgezählt als in modernen astronomischen Werken.

127 Da wir hier, anstatt die induktive oder aristotelische Methode anzuwenden, vom Allgemeinen zum Besonderen verfahren, sind die Zahlen umgekehrt. Geist ist an der ersten Stelle aufgezählt, statt wie üblicherweise an der siebten, was tatsächlich aber so nicht gehandhabt werden sollte.

128 Oder wie gewöhnlich in derselben Art bezeichnet wie in Esoteric Buddhism“ und anderen Werken: 1. Atman; 2. Buddhi (oder spirituelle Seele); 3. Manas (menschliche Seele); 4. Kama-Rupa (Vehikel der Begierden und Leidenschaften;) 5. Linga-Sarira; 6. Prana; 7. Sthula-Sarira.

129 Samuel Laing, der Verfasser von „Modern Science and Modern Thought“, sagt: „Die astronomischen Schlussfolgerungen stellen auf höchst unsicheren Daten basierende Theorien dar. Die Astronomen geben einerseits in einigen Fällen unglaublich kurze Zeitspannen an, beispielsweise 15 Millionen Jahre für den gesamten bislang abgelaufenen Entstehungsprozess des Sonnensystems, und in anderen wiederum fast unglaublich lange Perioden wie im Fall der Annahme, dass der Mond zu einem Zeitpunkt weggeschleudert wurde, als die Erdrotation lediglich drei Stunden dauerte. Dabei ließe die größte tatsächlich beobachtete Verlangsamung der Erdrotation den Schluss zu, dass es 600 Millionen Jahren dauert, bis sich die Rotationszeit von vierundzwanzig auf dreiundzwanzig Stunden reduziert.“ (S. 48) Und wenn die Physiker darauf beharren, warum sollte die Chronologie der Hindus dann als übertrieben verlacht werden?

130 Er ist unabstreitbar der Satellit. Aber das entkräftet nicht die Theorie, dass er der Erde bis auf seinen Leichnam alles gegeben hat. Damit Darwins Theorie gültig bleibt, mussten außer der bereits verworfenen Hypothese (siehe letzte Fußnote) weitere noch ungereimtere Spekulationen erfunden werden. Der Mond, heißt es, hat sich nahezu sechsmal schneller abgekühlt als die Erde (Winchells World-Life“): „Wenn die Erde nach ihrer Verkrustung 14.000.000 Jahre alt geworden ist, ist der Mond seit dieser Zeit lediglich elf und zwei Drittel Millionen Jahre alt . . .“ etc. Und wäre unser Mond lediglich eine Abspaltung unserer Erde, warum kann dann für die Monde anderer Planeten keine ähnliche Schlussfolgerung gezogen werden? Die Astronomen „wissen es nicht“. Warum sollten Venus und Merkur keine Satelliten haben, und wenn sie existieren, wodurch sind sie dann entstanden? Weil, sagen wir, die Wissenschaft lediglich einen Schlüssel besitzt – den Schlüssel der Materie –, um die Mysterien der Natur zu öffnen, während die okkulte Philosophie sieben Schlüssel besitzt und damit das erklären kann, was die Wissenschaft nicht sehen kann. Merkur und Venus haben keine Satelliten, aber sie hatten „Eltern“, genau wie die Erde sie hatte. Beide sind viel älter als die Erde, und bevor Letztere ihre siebte Runde erreichen wird, wird ihre Mutter, der Mond, sich in dünne Luft aufgelöst haben, wie es mit den „Monden“ der anderen Planeten geschehen oder nicht geschehen ist, je nachdem, denn es gibt Planeten mit mehreren Monden – noch so ein Mysterium, das kein Ödipus der Astronomie gelöst hat.

131 Mit den anderen Globen haben wir in diesem Werk nur gelegentlich zu tun.

132 Mit Ausnahme natürlich von allen an vierter Stelle stehenden Planeten wie unserer Erde, des Mondes etc. etc. Die Schreiberin besitzt Kopien von allen jemals erhaltenen oder abgesendeten Briefen, mit Ausnahme einiger weniger privater, „welche keine Lehren enthielten“, wie es der Meister ausdrückt. Da es ihre Pflicht war, am Anfang gewisse nicht berührte Punkte zu beantworten und zu erklären, ist es mehr als wahrscheinlich, dass die Schreiberin trotz der vielen Notizen auf diesen Kopien in ihrer Unkenntnis des Englischen und in ihrer Furcht, zu viel zu sagen, die gegebene Information verpfuscht haben könnte. In jedem und allen Fällen nimmt sie die gesamte Schuld dafür auf sich selbst. Aber sie kann nicht erlauben, dass Schüler sich noch länger falschen Vorstellungen hingeben oder glauben, der Fehler liege am esoterischen System.

133 In demselben Brief wird ausdrücklich die Unmöglichkeit dargelegt: . . . „Versuchen Sie zu verstehen, dass Sie mir Fragen stellen, die zur höchsten Initiation gehören; dass ich Ihnen (nur) einen allgemeinen Überblick geben kann, dass ich aber auf Einzelheiten einzugehen weder wage noch beabsichtige . . . “; so schrieb einer der Lehrer an den Autor von „Esoteric Buddhism“.

134 „Lucifer“, Mai 1888.

135 Der Okkultismus teilt die Perioden der Ruhe (Pralaya) in verschiedene Arten; da gibt es den individuellen Pralaya eines jeden Globus, wenn die Menschheit und das Leben auf den nächsten übergehen; sieben kleinere Pralayas in jeder Runde; den planetarischen Pralaya nach der Vollendung von sieben Runden; den solaren Pralaya am Ende des gesamten Systems; und schließlich den Universalen Maha- oder Brahmâ-Pralaya am Ende eines „Zeitalters Brahmâs“. Das sind die drei Hauptpralayas oder „Auflösungsperioden“. Es gibt noch viele kleinere, aber mit diesen haben wir uns gegenwärtig nicht zu befassen.

136 Wir sind gezwungen, hier das irreführende Wort „Menschen“ zu benutzen. Das ist ein klarer Beweis dafür, wie wenig sämtliche europäischen Sprachen dazu geeignet sind, diese feinen Unterscheidungen auszudrücken.
Es ist logisch, dass diese „Menschen“ nicht dem heutigen Menschen glichen, weder der Form noch der Natur nach. Man könnte fragen, warum man sie dann überhaupt als „Menschen“ bezeichnet. Weil es in keiner westlichen Sprache einen anderen Ausdruck gibt, der die beabsichtigte Idee annähernd wiedergeben würde. Das Wort „Menschen“ zeigt wenigstens an, dass diese Wesen „Manus“ waren, denkende Wesenheiten, wie sehr sie sich auch in der Form und in der Fähigkeit des Denkens von uns unterschieden. In Bezug auf Spiritualität und Geistestätigkeit waren sie aber in Wirklichkeit vielmehr „Götter“ als „Menschen“.
Dieselbe Sprachproblematik begegnet uns bei der Beschreibung der von der Monade durchlaufenen „Stadien“. Metaphysisch gesprochen ist esdiv natürlich eine Absurdität, von der „Entwicklung“ einer Monade zu sprechen oder zu sagen, dass sie zum „Menschen“ wird. Aber jeder Versuch, mithilfe einer Sprache wie des Englischen metaphysisch exakt zu formulieren, würde für dieses Werk mindestens drei weitere Bände erfordern. Dieser Versuch zöge eine Vielzahl von Wortwiederholungen nach sich, was äußerst ermüdend wäre. Es ist logisch, dass eine Monade weder vorwärtsschreiten noch sich entwickeln oder auch nur durch die Veränderungen der von ihr durchlaufenen Zustände beeinflusst werden kann. Sie ist nicht von dieser Welt oder Ebene und kann nur mit einem unzerstörbaren Stern Göttlichen Lichtes und Feuers verglichen werden, auf unsere Erde herabgeworfen, als Rettungsplanke für die Persönlichkeiten, welchen sie innewohnt. Es ist Sache der Letztgenannten, sich an sie zu klammern und so an ihrer Göttlichen Natur teilzuhaben und Unsterblichkeit zu erlangen. Sich selbst überlassen, wird sich die Monade an niemanden klammern, sondern – wie die „Planke“ – vom rastlosen Strom der Evolution zu einer weiteren Inkarnation fortgetrieben.

137 Der Begriff der „menschlichen Epoche“ wird hier verwendet, weil es notwendig ist, dem auf das Tierreich folgenden vierten Reich einen Namen zu geben. Aber in Wahrheit ist der „Mensch“ auf Globus A während der ersten Runde kein Mensch, sondern lediglich sein Prototyp oder sein dimensionsloses Abbild aus den Astralregionen.

138 „Physisch“ bedeutet hier differenziert für kosmische Zwecke oder Tätigkeit; auch wenn diese „physische Seite“ für die bewusste Wahrnehmung von Wesen auf anderen Ebenen objektiv ist, ist sie für uns auf unserer Ebene vollkommen subjektiv.

139 Vide Schlussfolgerung in Teil II dieses Bandes.

140 Die Natur wiederholt sich nie; daher existierten Anthropoiden unserer Zeit seit der Mitte des Miozäns zu keinem Zeitpunkt, als sie, wie alle Kreuzungsrassen, eine im Laufe der Zeit immer stärker ausgeprägte Tendenz zeigten, zum Typ ihres ersten Elternteils, dem schwarz-gelben Riesen Lemuro-Atlantier, zurückzukehren. Die Suche nach dem „fehlenden Glied“ ist nutzlos. Den Wissenschaftlern der abschließenden sechsten Wurzelrasse werden in Millionen und Abermillionen von Jahren unsere modernen Rassen, oder besser gesagt, ihre Fossilien, als die der kleinen unbedeutenden Affen erscheinen – einer ausgestorbenen Art der Gattung Homo.

141 Diese „Elementale“ werden ihrerseits erst nach dem nächsten großen planetarischen Manvantara zu menschlichen Monaden.

142 Diese Menschenaffen bilden eine Ausnahme, weil sie von der Natur nicht beabsichtigt waren, sondern unmittelbar ein Produkt und die Schöpfung des „unvernünftigen“ Menschen sind. Die Hindus schreiben den Menschenaffen und anderen Affenarten göttliche Abstammung zu, weil die Menschen der dritten Rasse von einer anderen Ebene zu „unvernünftigen“ Sterblichen gewordene Götter darstellten. Dieser Gegenstand wurde schon vor 12 Jahren in „Isis Unveiled“ berührt, so klar wie es damals möglich war. Auf den Seiten 278-279 wird der Leser „auf die Brahmanen verwiesen, falls er wissen möchte, aus welchem Grund sie den Affen Achtung entgegenbringen. Er (der Leser) dürfe vielleicht lernen – falls der Brahmane ihn einer Erklärung für würdig erachtet –, dass der Hindu im Affen nichts anderes sieht als das, was er nach Manus Wunsch sehen sollte: die Umwandlung von Arten, die mit der menschlichen Familie aufs engste verbundenen sind, eine Kreuzung verschiedener Zweige, welche der eigenen Art vor der schließlichen Vollendung aufgepfropft wurde. Er würde ferner lernen, dass in den Augen der gebildeten ‘Heiden’ der spirituelle oder innere Mensch eine Sache ist und seine irdische, körperliche Behausung eine andere. Diese physische Natur, die sich immer weiter in Richtung Vollkommenheit bewegende großartige Verbindung von Wechselwirkungen physischer Kräfte, muss sich mit dem verfügbaren Material behelfen; auf ihrem Weg entwickelt und überarbeitet sie immer und immer wieder, und indem sie die Krönung ihres Wirkens im Menschen vollendet, bietet sie ihn allein als geeignetes Tabernakel für die Überschattung durch den göttlichen Geist an.“
Ferner wird auf derselben Seite in einer Fußnote ein deutsches wissenschaftliches Werk erwähnt. Es heißt dort, dass ein hannoveranischer Gelehrter neulich ein Werk unter dem Titel „Ueber die Auflösung der Arten durch natürliche Selektion“ veröffentlichte, in welchem er mit großem Scharfsinn zeigt, dass sich Darwin vollständig im Irrtum befand, als er den Menschen auf den Affen zurückführte. Ganz gegenteilig behauptet er, dass der Affe es war, der sich aus dem Menschen entwickelte. Er zeigt, dass am Beginn die Menschheit moralisch und physisch den Typus und den Prototypus unserer gegenwärtigen Rasse und unserer Menschenwürde darstellte, durch die Schönheit ihrer Form, die Regelmäßigkeit ihrer Gestalt, die Entwicklung ihres Schädels, ihre edlen Gefühle, ihre heldenhaften Impulse und die Erhabenheit ihrer idealen Vorstellung. Das ist reine brahmanische, buddhistische und kabbalistische Philosophie. Das Buch ist reichlich illustriert mit Diagrammen, Tafeln und so weiter. Es behauptet, dass die stufenweise moralische und physische Entwertung und Degeneration des Menschen durch die ethnologischen Umwandlungen leicht bis zu unserer Zeit hinab verfolgt werden kann. Und, da ein Teil bereits zu Affen degeneriert ist, folgen dem Kulturmenschen von heute schließlich unter der Einwirkung des unentrinnbaren Gesetzes der Notwendigkeit auch derartige Nachkommen. Wenn wir die Zukunft nach der tatsächlichen Gegenwart beurteilen dürfen, so erscheint es sicherlich als möglich, dass eine derart unspirituelle und materialistische Menschheit eher als Simia enden wird denn als Seraphim. Obwohl aber die Affen vom Menschen abstammen, entspricht es sicher nicht den Tatsachen, dass die menschliche Monade, welche einmal die Ebene der Menschheit erreicht hat, sich jemals wieder in der Form eines Tieres verkörpern wird.

143 Hier sind die Naturen der sieben Hierarchien oder Klassen von Pitris und Dhyan Chohans gemeint, welche unsere eigene Natur und unsere eigenen Körper zusammensetzen.

144 Und wenn hierin ein Widerspruch mit der anderen Behauptung gesehen wird, dass die Tiere nach dem Menschen kamen, dann wird der Leser ersucht sich vor Augen zu halten, dass ausschließlich die eine Plazenta besitzenden Säugetiere gemeint sind. In jenen Tagen gab es Tiere, von welchen die heutige Zoologie nicht einmal träumt; und die damalige Art und Weise der Fortpflanzung deckt sich nicht mit den Vorstellungen der modernen Physiologie darüber. Solche Fragen öffentlich zu berühren ist nicht ganz passend, aber es besteht keinerlei Widerspruch oder eine Unmöglichkeit hierin.

145 Wie wir sehen werden, geschah es in dieser Periode – auf dem Höhepunkt der Zivilisation, des Wissens und auch der menschlichen Intellektualität der vierten, der Atlantischen Rasse –, dass sich die Menschheit infolge der letzten Krise der physiologisch-spirituellen Abstimmung der Rassen in ihre beiden diametral entgegengesetzten Pfade verzweigte: in die Pfade der rechten und der linken Hand der Erkenntnis oder Vidya. „So wurden in jenen Tagen die Keime der weißen und der schwarzen Magie gesät. Die Samen blieben eine Zeitlang latent und sprossen erst während der ersten Periode der Fünften (unserer Rasse) hervor.“ (Kommentar)

146 Die kabbalistischen Anschauungen erläuternd sagt der Verfasser von „New Aspects of Life“ über die gefallenen Engel, dass sich „nach der symbolischen Lehre der Geist in seinem entwickelten und sich entwickelnden Handeln von einem einfachen Werkzeug Gottes in ein mit Willen begabtes Wesen verwandelte; und dass er fiel, da er anstelle des göttlichen Wunsches seinem eigenen Willen folgte. Daher stehen das Reich und die Kontrolle der Geister sowie das spirituelle Handeln, das aus dem Geist-Willen hervorströmt und dessen Erzeugnis ist, außerhalb, im Gegensatz und im Widerspruch zum Reich der Seelen und des Göttlichen Handelns“. So weit, so gut; was aber meint der Verfasser mit Folgendem, wenn er sagt: „Als der Mensch erschaffen wurde, war er in seiner Konstitution menschlich, mit menschlichen Neigungen, menschlichen Hoffnungen und Bestrebungen. Aus diesem Zustand fiel er – ins Rohe und Wilde?“ Das steht in diametralem Gegensatz zu unserer östlichen Lehre und selbst zur kabbalistischen Auffassung, so weit wir sie verstehen, und selbst zur Bibel. Es sieht aus wie von Materialismus und Substanzialismus gefärbte positive Philosophie, obwohl es ziemlich schwierig ist, sich über die Meinung des Verfassers vollkommen sicher zu sein (siehe S. 235). Nach unserer Auffassung ist jedoch ein Fall „aus dem Natürlichen in das Übernatürliche und Animalische“ gemeint – übernatürlich hier in der Bedeutung von rein spirituell.

147 Auf der Grundlage der Autorität von Irenäus, von Justinus Martyr und des „Codex“ zeigt Dunlap, dass die Nazarener „Geist“ in seiner Verbindung mit unserer Erde als eine weibliche und Böse Kraft betrachteten (Dunlap: „Sod, der Sohn des Menschen“, S. 52).

148 Fetahil ist identisch mit der Schar der Pitris, die den „Menschen erschufen“, jedoch lediglich als „Hülle“. Bei den Nazarenern war Fetahil der König des Lichts und der Schöpfer; aber in diesem Fall ist er der unglückliche Prometheus, dem es nicht gelingt, sich des lebendigen Feuers zu bemächtigen, das zur Bildung der Göttlichen Seele notwendig ist, da er den geheimen Namen nicht kennt, den unaussprechlichen oder nicht mitteilbaren Namen der Kabbalisten.

149 Der Geist von Materie und Begierde; „Kama-Rupa“ minus „Manas“, Denkvermögen.

150 Siehe Francks „Codex Nazaräus“ und Dunlaps „Sod, the Son of the Man“.

151Codex Nazaräus“, ii., 233.

152 Sonderbarerweise ähnelt dieser Mano der Nazarener dem Manu der Hindus, dem Himmlischen Menschen des „Rigveda“.

153 „Ich bin der wahre Weinstock, und mein Vater ist der Weingärtner.“ (Joh 15,1)

154 Bei den Gnostikern war Christus wie auch der mit ihm in einiger Hinsicht identische Michael der „Herr der Äonen“.

155Codex Nazaräus“, i., 135.

156 Ebenda.

157 Siehe die „Kosmogonie“ von Pherekydes.

158 Sie finden sich jedoch im „Chaldäischen Buch der Zahlen“.

159 Das Astrallicht steht im selben Verhältnis zu Akasha und Anima Mundi wie Satan zur Gottheit steht. Sind sie ein und dasselbe von zwei Aspekten aus betrachtet: dem spirituellen und dem psychischen – dem super-etherischen oder dem Bindeglied zwischen Materie und reinem Geist und dem Physischen. Was den Unterschied zwischen Nous, der höheren Göttlichen Weisheit, und Psyche, der niederen und irdischen (Jak 3,15-17) betrifft, siehe auch „Demon est Deus inversus“, Teil II dieses Bandes.

160 Ildabaoth ist ein zusammengesetzter Name, gebildet aus Ilda, דלי, „ein Kind“, und Baoth; beide von צודב, das Ei, und הוהב Baoth, „Chaos“, Leerheit, Leere oder Verlassenheit; oder das im Ei des Chaos geborene Kind, gleich Brahmâ.

161 Johovahs Verbindung mit dem Mond in der Kabbala ist den Schülern wohlbekannt.

162 Über die Nazarener sieheIsis“, Band II, Seiten 131 und 132. Die wahren Anhänger des wahren Christos waren alle Nazarener und Christen, und sie waren Gegner der späteren Christen.

163 Siehe oben das Diagramm des lunaren Rings von sieben Welten, in welchem, wie in unserer eigenen oder jeder anderen Kette auch, die oberen Welten spirituell sind und die unterste – sei es der Mond, die Erde oder ein beliebiger anderer Planet – von der Materie verdunkelt ist.

164 Der Leser wird daran erinnert, dass in unseren Stanzen Kosmos oft nur unser eigenes Sonnensystem bedeutet und nicht das unendliche Universum.

165 Das ist rein astronomisch.

166 Um den Unterschied zu erkennen und zu würdigen – die ungeheure Kluft, welche die irdische Materie von den feineren Graden der übersinnlichen Materie trennt – sollte jeder Astronom, jeder Chemiker und Physiker ein Psychometer sein, um das Mindeste zu sagen; er sollte imstande sein, den Unterschied selbst zu fühlen, an den zu glauben er sich jetzt weigert. Elizabeth Denton, sowohl eine der gelehrtesten als auch eine der materialistischsten und skeptischsten Frauen ihrer Zeit – die Gemahlin von Professor Denton, des wohlbekannten amerikanischen Geologen und Verfassers von „The Soul of Things“ – erwies sich trotz all dem vor einigen Jahren als einer der wundervollsten Psychometer. Im Rahmen eines ihrer Experimente gab sie folgende Beschreibung. Ein Stückchen eines Meteoriten wurde in einem Umschlag auf ihre Stirn gelegt, und sie sagte, ohne den Inhalt des Umschlags zu kennen:

Was für ein Unterschied zwischen dem, was wir hier als Materie kennen, und dem, was sie dort zu sein scheint! Im einen Fall sind die Elemente so grob und so kantig, dass ich mich darüber wundere, wie wir sie überhaupt ertragen können, und noch viel mehr wundere ich mich über unseren Wunsch, unsere gegenwärtige Verbindung mit ihnen aufrecht zu erhalten; im anderen Fall sind alle Elemente so verfeinert, sie besitzen gar nicht die für die hiesigen Elemente charakteristischen in großer Zahl vorhandenen groben Kanten, sodass ich nicht anders kann als diese anderen Elemente in viel höherem Maß als die wahre Existenz zu erachten als unsere eigenen.“ (Band III, Seiten 345-6)

167 Bei sorgfältiger Analyse und Überlegung wird man das für so wissenschaftlich halten, dass es von der Wissenschaft selbst stammen könnte, selbst in unserer heutigen Zeit.

168 Die sieben fundamentalen Transformationen der Globen oder himmlischen Sphären – oder vielmehr die der sie zusammensetzenden Materieteilchen – werden wie folgt beschrieben: (1) homogen; (2) luftförmig und strahlend (gasartig); (3) flockig (nebelartig); (4) atomistisch, etherisch (Beginn von Bewegung, daher von Differenzierung); (5) keimartig, feurig (differenziert, aber lediglich aus jenen Keimen der Elemente in ihren Anfangszuständen zusammengesetzt. Vollständig entwickelt werden sie auf unserer Erde sieben Keime besitzen); (6) vierfältig, dampfartig (die zukünftige Erde); (7) kalt und abhängig (vom Leben und Licht der Sonne).

169 Das kann nicht so sehr unwissenschaftlich sein, da Descartes ebenfalls glaubte, dass „die Planeten sich um ihre Achsen drehen, weil sie einstmals leuchtende Sterne waren, Zentren von Wirbeln“.

170 Wer diese Behauptung anzweifelt, möge das Mysterium des bei den Alten vorhandenen außerordentlichen Wissens erklären – die sich angeblich aus niederen und tierartigen Wilden entwickelt haben sollen, den Höhlenmenschen des paläolithischen Zeitalters – auf einer beliebigen anderen, gleichsam vernünftigen Grundlage. Mögen sie sich beispielsweise solchen Werken zuwenden wie jenen des Vitruvius Pollio aus dem Zeitalter des Augustus – zum Beispiel über Architektur –, in dem sämtliche Regeln der Proportion mit denen übereinstimmen, die in alter Zeit bei den Initiationen gelehrt wurden, wenn sich der Initiand mit dieser wahrhaft göttlichen Kunst bekannt machen und den tiefen esoterischen Sinn, der in jeder Regel und jedem Gesetz der Proportion verborgen liegt, verstehen wollte. Ohne Hilfe könnte kein von einem paläolithischen Höhlenbewohner abstammender Mensch jemals eine solche Wissenschaft entwickeln, selbst nicht in Jahrtausenden der Evolution von Denken und Intellekt. Es waren die Schüler jener inkarnierten Rishis und Devas der dritten Wurzelrasse, welche ihr Wissen von einer Generation an die nächste weitergaben und nach Ägypten überlieferten und nach Griechenland, dessen Proportionalitätskanon jetzt verloren ist; genauso wie die Schüler der Initiierten der Vierten, der Atlantier, die sie ihren Zyklopen weitergaben, den „Söhnen der Zyklen“ oder des „Unendlichen“, von denen der Name auf die noch späteren Generationen gnostischer Priester überging. „Dieser göttlichen Perfektion jener Proportionen in der Architektur ist es zu verdanken, dass die Alten diese Wunderwerke aller folgenden Zeitalter erbauen konnten, ihre Tempel, Pyramiden, Höhlentempel, Kromlechs, Steinhügel und Altäre als Zeugen dafür, dass sie über Maschinen und Kenntnisse der Mechanik verfügten, gegenüber welchen unsere modernen Fertigkeiten wie Kinderspiel wirken; und jene Geschicklichkeit nennt sich die ‘Werke der hundertarmigen Riesen’“ (siehe „Book of God“, Kenealy). Moderne Architekten mögen diese Regeln nicht gänzlich vernachlässigt haben, aber sie fügten so viele gegen die Regeln verstoßende Neuerungen hinzu, dass die korrekten Proportionen zerstört wurden. Vitruvius ist es, der der Nachwelt die Regeln für den Aufbau der griechischen Tempel gab, welche den unsterblichen Göttern errichtet wurden; und die zehn Bücher des Marcus Vitruvius Pollio über Architektur, eines Mannes, der, kurz gesagt, ein Initiierter war, können nur esoterisch studiert werden. Die Druidenkreise, die Dolmen, die Tempel Indiens, Ägyptens und Griechenlands, die Türme und die 127 europäischen Städte, die vom französischen Institut als „zyklopischen Ursprungs“ befunden wurden, sind alle das Werk initiierter Priester-Architekten, der Nachkommen jener, die anfänglich von den „Söhnen Gottes“ unterrichtet und mit Recht die „Baumeister“ genannt wurden. Folgendes sagt die anerkennende Nachwelt von diesen Nachkommen: „Sie verwendeten weder Mörtel noch Zement, auch nicht Stahl oder Eisen, um ihre Steine zu behauen; und doch waren diese so kunstvoll bearbeitet, dass an vielen Stellen die Fugen unsichtbar sind, obwohl viele der Steine, wie in Peru, 18 Fuß stark sind, und in den Mauern der Festung von Cuzco befinden sich Steine von noch größerer Abmessung“ (Acosta, VI.,14). „Und weiter, die Mauern von Syene, vor 5.400 Jahren erbaut, als dieser Punkt genau unter dem Wendekreis lag, was jetzt nicht mehr der Fall ist, waren so konstruiert, dass genau im Moment der Sonnenwende zu Mittag die gesamte Sonnenscheibe von ihrer Oberfläche reflektiert wurde – ein Werk, das auch mit den vereinten Fertigkeiten sämtlicher europäischer Astronomen nicht vollbracht werden könnte.“ – (Kenealy, „Book of God“)

171 Das, was für den Blick des ursprünglichen Menschen natürlich war, ist erst jetzt für uns zum Wunder geworden, und das, was für ihn ein Wunder war, könnte in unserer Sprache niemals ausgedrückt werden.

172 Es gibt kein Volk auf der Welt, in welchem die Empfindung der Hingabe oder des religiösen Mystizismus stärker entwickelt und auffallender ist als bei den Hindus. Siehe auch, was Max Müller über diese Eigenart und diese nationale Eigenheit in seinen Werken sagt. Dies ist das unmittelbare Erbe der ursprünglichen bewussten Menschen der dritten Rasse.

173 Das bezieht sich auf die kosmischen Prinzipien.

174 Die sieben schöpferischen Rishis, jetzt mit dem Sternbild des Großen Bären verbunden.

175 In der Tat wurde der Mikroprosopus – der, philosophisch gesprochen, etwas ganz anderes ist als der „mit dem Vater eins“ Seiende unmanifestierte ewige Logos – schließlich durch jahrhundertelang andauernde, unablässige Anstrengungen der Sophistik und der Paradoxa dahin gebracht, mit Jehovah oder dem einen lebendigen Gott (!) gleichgesetzt zu werden, während doch Jehovah nichts Besseres ist als Binah, ein weiblicher Sephiroth. Diese Tatsache kann dem Leser nicht oft genug eingeprägt werden.

176 Der Mikroprosopus ist, wie soeben bemerkt, der manifestierte Logos, und deren gibt es viele.

177 Sephira ist die Krone, Kether, nur in dem abstrakten Prinzip, wie ein mathematisches x (die unbekannte Größe). Auf der Ebene der differenzierten Natur ist sie das weibliche Gegenstück Adam Kadmons – dem ersten Androgynen. Die Kabbala lehrt, dass die Worte „Fiat Lux“ (Genesis, Kap. 1) sich auf die Bildung und Evolution der Sephiroth bezogen und nicht auf Licht als Gegensatz zur Finsternis. Rabbi Schimon sagt: „Oh Gefährten, Gefährten, der Mensch als eine Emanation war zugleich Mann und Frau, Adam Kadmon fürwahr, und das ist der Sinn der Worte ‘Es werde Licht, und es ward Licht’. Und das ist der zweifältige Mensch.“ (Auszüge aus dem „Zohar“, S. 13-15)

178 Siehe nächste Fußnote. Diese Elemente des Feuers, der Luft etc. sind nicht unsere zusammengesetzten Elemente.

179 Dieses „Bewusstsein“ hat keine Beziehung zu unserem Bewusstsein. Das Bewusstsein des „Einen Manifestierten“ ist, wenn nicht absolut, so doch nicht bedingt. Mahat (das Universalgemüt) ist die erste Hervorbringung des Brahmâ-Schöpfers, aber auch von Pradhana (der undifferenzierten Materie).

180 Folgendes ist beachtenswert: Während die moderne Chemie die Theorie substanzieller und unsichtbarer Wesen, genannt Engel, Elementale und so weiter, als okkultistischen und auch religiösen Aberglauben zurückweist – ohne natürlich jedoch jemals die Philosophie dieser unkörperlichen Wesenheiten betrachtet oder darüber nachgedacht zu haben –, sollte sie durch Beobachtung und Entdeckung unbewusst dazu gezwungen worden sein, dasselbe Verhältnis von Entwicklung und Ordnung für die Evolution der chemischen Atome anzunehmen und anzuerkennen wie es der Okkultismus sowohl für seine Dhyanis als auch für die Atome macht – da Analogie das erste Gesetz dieser Philosophie ist. Wie wir oben gesehen haben, ist die allererste Gruppe der Rupa-Engel vierfältig, wobei jeder der Ordnungen in absteigender Ordnung ein Element hinzugefügt wird. So sind die Atome, in der Ausdrucksweise der Chemie, einatomig, zweiatomig, vieratomig etc. nach abwärts fortschreitend. Erinnern wir uns daran, dass Feuer, Wasser und Luft oder die sogenannten „Elemente der ursprünglichen Schöpfung“ nicht die zusammengesetzten Elemente darstellen, welche sie auf der Erde sind, sondern noumenale homogene Elemente – die Geister der Vorigen. Dann folgen die siebenfältigen Gruppen oder Scharen. Auf parallele Linien in einem Diagramm mit Atomen gestellt, würde man sehen, dass die Naturen dieser Wesen auf ihrer abwärts gerichteten Stufenleiter des Fortschritts den zusammengesetzten Elementen auf mathematisch identische Art entsprechen, was die Analogie betrifft. Das bezieht sich natürlich nur auf von Okkultisten angelegte Diagramme. Denn würde die Stufenleiter der Engel-Wesen mit der Stufenleiter der chemischen Elemente der Wissenschaft auf parallele Linien gestellt – vom hypothetischen Helium herunter bis zum Uran – würde man natürlich finden, dass sie verschieden sind. Diese haben ja, als Übereinstimmungen auf der astralen Ebene, lediglich die vier niedrigsten Ordnungen – die drei höheren Prinzipien im Atom oder vielmehr Molekül oder chemischen Element sind nur für das Auge des initiierten Dangma wahrnehmbar. Aber dann, wenn die Chemie auf den richtigen Weg kommen möchte, müsste sie ihre tabellarische Anordnung nach der der Okkultisten korrigieren – was sie zu tun verweigern dürfte. Nach der Esoterischen Philosophie entspricht jedes physische Teilchen seinem höheren Noumenon und ist abhängig davon – von jenem Wesen, zu dessen Essenz es gehört; und wie oben so unten, evolviert das Spirituelle aus dem Göttlichen, das Psychomentale aus dem Spirituellen – durch das Astrale von seiner niederen Ebene befleckt – die gesamte belebte und (scheinbar) unbelebte Natur evolviert auf parallelen Linien und bezieht ihre Eigenschaften sowohl von oben als auch von unten.

181 Die Zahl sieben bedeutet nicht nur sieben Wesenheiten, sondern sieben Gruppen oder Scharen, wie bereits erklärt wurde. Die höchste Gruppe, die in Brahmâs erstem Körper geborenen Asuras – der sich in „Nacht“ verwandelte – sind siebenfältig, d. h. wie die Pitris in sieben Klassen geteilt, von denen drei arupa (körperlos) sind und vier mit Körpern (siehe Vishnu-Purana“, Buch I). Sie sind in der Tat eher unsere Pitris (Vorväter) als jene Pitris, welche die ersten physischen Menschen projizierten (siehe Buch II).

182 Eine der Erklärungen der tatsächlichen, wenn auch versteckten Bedeutung dieser ägyptischen religiösen Glyphe ist einfach. Das Krokodil erwartet und begegnet als Erstes dem verzehrenden Feuer der Morgensonne und begann sehr früh, die Sonnenhitze zu personifizieren. Wenn die Sonne aufging, war das wie die Ankunft der „Göttlichen Seele, welche die Götter beseelt“ auf Erden und unter den Menschen. Daher die sonderbare Symbolik. Die Mumie setzte den Kopf eines Krokodils auf, um zu zeigen, dass sie eine von der Erde ankommende Seele war.

183 Wenn eine Welt eine „höhere Welt“ genannt wird, ist sie nicht höher aufgrund ihrer Lage, sondern weil sie der Eigenschaft oder Essenz nach überlegen ist. Doch wird eine solche Welt von den Profanen gewöhnlich als „Himmel“ aufgefasst und über unsere Köpfe verlegt.

184 Paracelsus nennt sie die Flagae, die Christen die „Schutzengel“; die Okkultisten die „Vorfahren, die Pitris“. Sie sind die sechsfältigen Dhyan Chohans, welche die sechs spirituellen Elemente in der Zusammensetzung ihrer Körper tragen – faktisch Menschen, abzüglich des physischen Körpers.

185 Die Materialisten und Evolutionisten der darwinistischen Schule wären schlecht beraten, die vor Kurzem ausgearbeiteten Theorien von Professor Weismann anzunehmen – dem Verfasser der „Beiträge zur Descedenzlehre“ über das eine der beiden oben angeführten Mysterien der Embryologie, das er anscheinend gelöst zu haben vermeint. Denn wenn es gelöst ist, wird die Wissenschaft auf das Gebiet des wahrhaft Okkulten übergetreten sein und den Bereich der von Darwin gelehrten Transformation für immer verlassen haben. Vom Standpunkt des Materialismus aus betrachtet sind die beiden nicht miteinander vereinbar. Vom Standpunkt des Okkultisten aus jedoch löst sie alle Geheimnisse. Jene, die mit der neuen Entdeckung Professor Weismanns – einst ein eifriger Darwinist – nicht bekannt sind, sollten sich beeilen, das Versäumte nachzuholen. Die Griechen Hippokrates und Aristoteles links liegen lassend, kehrt der deutsche Embryologe und Philosoph direkt zu den Lehren der alten Arier zurück und beschreibt eine unendlich kleine Zelle, eine von Millionen anderen einen Organismus bildenden Zellen, die allein und ohne Unterstützung durch fortwährende Zellteilung und Vervielfältigung das genaue Bild des künftigen Menschen (oder Tieres) in seinen physischen, intellektuellen und psychischen Eigenschaften bestimmt. Diese Zelle ist es, welche dem Antlitz und der Form des neuen Individuums die Züge der Eltern oder eines beliebigen entfernten Vorfahren einprägt. Diese Zelle ist es auch, welche ihm die intellektuellen und mentalen Idiosynkrasien seiner Väter überliefert und so fort. Dieses Plasma ist der unsterbliche Teil unseres Körpers – einfach durch den Prozess aufeinanderfolgender Assimilationen. Darwins Theorie, welche die embryologische Zelle als eine Essenz oder den Extrakt aus allen anderen Zellen betrachtet, wird verworfen; sie sei nicht imstande, die erbliche Übertragung zu begründen. Es gibt nur zwei Wege, das Geheimnis der Vererbung zu erklären. Entweder ist die Substanz der Keimzelle mit der Fähigkeit ausgestattet, den gesamten Zyklus der Transformation zu durchlaufen, welcher zum Aufbau eines getrennten Organismus und anschließend zur Reproduktion identischer Keimzellen führt; oder diese Keimzellen haben ihren Ursprung überhaupt nicht im Körper des Individuums, sondern gehen unmittelbar aus der vorväterlichen Keimzelle hervor, die viele Generationen lang vom Vater auf den Sohn überging. Diese letztere Hypothese hat Weismann aufgenommen und ausgearbeitet; und auf diese Zellen führt er den unsterblichen Teil im Menschen zurück. So weit, so gut; und wenn diese nahezu korrekte Theorie angenommen wird, wie werden die Biologen die erste Erscheinung dieser immerwährenden Zelle erklären? Wenn der Mensch nicht wie die „unsterbliche Topsy“ „wuchs“ und überhaupt nicht geboren wurde, sondern aus den Wolken fiel, wie konnte dann diese embryologische Zelle in ihm geboren werden?

186 Die Wissenschaft, die die Wahrheit nur verschwommen wahrnimmt, mag im menschlichen Körper Bakterien und andere winzige Wesen finden und in ihnen gelegentliche und abnorme Besucher sehen, denen Krankheiten zugeschrieben werden. Der Okkultismus – der in jedem Atom oder Molekül ein Leben erkennt, ob in einem Mineral, einem Menschenkörper, in Luft, Feuer oder Wasser – behauptet, dass unser gesamter Körper aus solchen Lebewesen aufgebaut ist, welchen die mikroskopisch kleinste Bakterie so groß erscheint wie ein Elefant im Verhältnis zu den winzigsten Infusorien.

187 Der gelehrte und sehr philosophische Verfasser von „New Aspects of Life“ versucht seinen Lesern klar zu machen, dass Nephesch chaiah (Lebendige Seele) nach der hebräischen Auffassung „aus dem Einflößen des Geistes oder Atems des Lebens in den aktiver werdenden Körper des Menschen entstand oder erzeugt wurde; und dadurch diesen Geist in dem so gebildeten Selbst ersetzen und seine Stelle einnehmen sollte, so dass der Geist in die lebendige Seele einging, sich dem Blick entzog und verschwand“. Der menschliche Körper, so glaubt er, sollte als eine Matrix betrachtet werden, in der und aus der die Seele (die er höher zu stellen scheint als den Geist) entwickelt wird – funktionell und vom Standpunkt der Tätigkeit aus betrachtet steht die Seele in dieser endlichen und bedingten Welt von Maya unleugbar höher – die Seele, so sagt er, „wird zuletzt von dem belebten Körper des Menschen hervorgebracht“. Somit setzt der Verfasser „Geist“ (Atman) einfach gleich mit dem „Atem des Lebens“. Die östlichen Okkultisten werden gegen diese Behauptung Einspruch erheben, denn sie beruht auf der irrtümlichen Vorstellung, dass Prana und Atman oder Jivatman ein und dasselbe sind. Der Verfasser unterstützt seine Beweisführung, indem er zeigt, dass bei den alten Hebräern, Griechen und selbst Römern Ruach, Pneuma und Spiritus „Wind“ bedeuten – bei den Juden unleugbar und bei den Griechen und Römern sehr wahrscheinlich; das griechische Wort Anemos (Wind) und das lateinische Wort Anima „Seele“ weisen eine verdächtige Verwandtschaft auf.
Das ist sehr weit hergeholt. Aber das richtiges Schlachtfeld für die Entscheidung dieser Frage ist schwer zu finden, da Herr Pratt ein praktischer, nüchterner Metaphysiker zu sein scheint, eine Art kabbalistischer Positivist, während die östlichen Metaphysiker, insbesondere die Vedantisten, alle Idealisten sind. Die Okkultisten gehören ebenfalls der extrem esoterischen Vedantaschule an und nennen das Eine Leben (Parabrahman) den Großen Atem und Wirbelwind; aber sie trennen das siebte Prinzip vollständig von der Materie oder irgendeiner Beziehung oder Verbindung mit ihr.

188 Siehe auch in Teil II, Band II, „Die sieben Seelen des Menschen“; die Einteilungen wurden gemäß Gerald Massey bzw. Franz Lambert gemacht.

189 Eine weitere suggestive Analogie zwischen der arischen oder brahmanischen und der ägyptischen Esoterik. Die Erstere nennt die Pitris die „lunaren Vorväter“ der Menschen, und die Ägypter machten den Mondgott, Taht-Esmun, zum ersten menschlichen Vorfahren. Dieser „Mondgott“ „brachte die sieben Naturkräfte zum Ausdruck, die ihm vorangingen und in ihm als seine sieben Seelen zusammengefasst waren, welche er als der Achte (daher die Achte Sphäre) manifestierte. Die sieben Strahlen der chaldäischen Heptakis oder Iao auf den gnostischen Steinen haben dieselbe Siebenfältigkeit der Seelen als Bedeutung.“ . . . „Die erste Form der mystischen Sieben fand man am Himmel, dargestellt durch die sieben Hauptsterne des Großen Bären, jenes Sternbildes, welches die Ägypter der Mutter der Zeit und den sieben elementalen Kräfte zuschrieben“ (siehe Die sieben Seelen etc.). Wie jedem Hindu wohlbekannt ist, repräsentiert eben dieses Sternbild in Indien die sieben Rishis und wird als solches Riksha und Chitra-Sikhandinas genannt.

190 In den ältesten Systemen finden wir den Mond immer männlich. So ist bei den Hindus Soma eine Art von himmlischem Don Juan, ein „König“ und, obgleich unrechtmäßig, der Vater von Buddha – Weisheit, was sich auf okkultes Wissen bezieht, eine durch eine vollständige Vertrautheit mit den lunaren Mysterien einschließlich jener der geschlechtlichen Zeugung gesammelten Weisheit (siehe „Das Allerheiligste“).

191 Wenn den Scharen der Zerlumpten und Armen in den Sonntagsschulen anstatt nutzloser Lektionen aus der Bibel Astrologie gelehrt würde – wenigstens soweit, wie die okkulten Eigenschaften des Mondes und seine verborgenen Einflüsse auf die Zeugung in Betracht kommen – gäbe es nur wenig Grund zur Sorge, das Bevölkerungswachstum zu fürchten, und auch keinen Grund, zu Malthus’ fragwürdiger Literatur Zuflucht zu nehmen. Denn der Mond und seine Konjunktionen regeln die Empfängnis, und jeder Astrologe in Indien weiß das. Während der früheren Rassen und zumindest auch am Anfang unserer gegenwärtigen wurden jene, die sich zum Zwecke der Verhütung ehelichen Beziehungen während bestimmter Mondphasen hingaben, als Zauberer und Sünder betrachtet. Aber im Vergleich zu den heutigen, infolge gänzlicher Unkenntnis derartiger okkulter Einflüsse und einem Unglauben daran verübten Verbrechen scheinen jene auf okkultem Wissen und seinem Missbrauch beruhenden Sünden des Altertums vorzuziehen zu sein.

192 Manche uns feindlich gesinnte Kritiker wollen gerne nachweisen, dass in unseren früheren Bänden, in „Isis Unveiled“, die sieben Prinzipien des Menschen oder die siebenfältige Konstitution unserer Kette nicht gelehrt worden seien. Obschon die Lehre in diesen Werk nur angedeutet werden konnte, finden sich nichtsdestoweniger viele Stellen, an welchen die siebenfältige Zusammensetzung sowohl des Menschen als auch der Kette offen angegeben wird. Wenn in Band II, Seite 419, über die Elohim gesprochen wird, heißt es: „Sie verbleiben weiter oberhalb des siebten Himmels (oder der spirituellen Welt), denn sie sind es, die laut den Kabbalisten der Reihe nach die sechs materiellen Welten formten; oder richtiger, die Versuche unternahmen, Welten zu formen, die unserer eigenen vorausgingen, die, wie sie sagen, die siebte ist.“ Unser Globus ist in dem Diagramm, das die „Kette“ darstellt, natürlich der siebte und der Niedrigste, obwohl er, da die Evolution auf diesem Globus zyklisch ist, der vierte auf dem absteigenden Bogen der Materie ist. Und weiter steht im Band II auf Seite 367 geschrieben: „Nach ägyptischen Vorstellungen, sowie nach denen aller anderen auf Philosophie begründeten Glaubensrichtungen, war der Mensch nicht nur . . . eine Zusammensetzung von Seele und Körper; er war eine Dreiheit, wenn man den Geist hinzufügte; und außerdem bestand der Mensch nach dieser Lehre aus Körper, Astralform oder Schatten, Tierseele, höherer Seele und irdischer Intelligenz und einem sechsten Prinzip etc. etc. – dem siebten – Geist.“ So klar sind diese Prinzipien erwähnt, dass man selbst im Index auf Seite 683 die „Sechs Prinzipien des Menschen“ findet – wohingegen das siebte streng genommen die Synthese der sechs, und nicht ein Prinzip, sondern ein Strahl des absoluten Alls ist.

193 Das Wort Schöpfung zu gebrauchen ist unrichtig, da keine Religion, nicht einmal die Sekte des Visishtadvaita in Indien – welche selbst Parabrahman anthropomorphisiert – an eine Schöpfung aus nihil heraus glaubt, wie es die Christen und Juden tun, sondern an eine Evolution bereits existierender Materialien.

194 Die sogenannten „Geister“, die gelegentlich von den Körpern der Medien Besitz ergreifen können, sind nicht die Monaden oder höheren Prinzipien entkörperter Persönlichkeiten. Ein solcher „Geist“ kann nur entweder ein Elementar sein oder – ein Nirmanakaya.

195 Auf den Seiten 340-351 („Genesis of the Soul“) in „New Aspects of Life“ legt der Verfasser die kabbalistische Lehre dar: „Sie behaupteten, dass Geist und Materie mit einer korrespondierenden Opazität und Dichte funktionell dazu neigten, miteinander zu verschmelzen; und dass die aus dieser Verbindung resultierenden erschaffenen Geister im körperlosen Zustand entsprechend einer Skala geformt wurden, welche die verschiedenen Grade von Opazität und Dichte des elementaren oder unerschaffenen Geistes abbildete. Und dass diese sich im körperlosen Zustand befindenden Geister ihrem eigenen Zustand entsprechenden elementaren Geist und elementare Materie anzogen, sich aneigneten, sie verdauten und assimilierten.“ „Sie lehrten daher, dass die erschaffenen Geister sich erheblich voneinander unterscheiden, und dass bei der engen Verbindung zwischen der Welt der Geister und der Welt der Materie die undurchsichtigeren Geister im entkörperten Zustand von den dichteren Teilen der materiellen Welt angezogen wurden und daher auf den Erdmittelpunkt zustrebten, wo sie die am besten zu ihrem Zustand passenden Bedingungen vorfanden; die durchsichtigeren Geister hingegen gingen in die den Planeten umgebende Aura über, und die Verfeinertsten unter ihnen fanden ihre Wohnstätte in seinem Satelliten.“
Das bezieht sich ausschließlich auf unsere Elementargeister und hat nichts zu tun mit den planetarischen, siderischen, kosmischen oder interetherischen intelligenten Kräften oder „Engeln“, wie sie von der römischen Kirche genannt werden. Die jüdischen Kabbalisten, insbesondere die praktischen Okkultisten, die sich mit zeremonieller Magie befassten, beschäftigten sich nur mit den Geistern der Planeten und den sogenannten „Elementalen“. Daher deckt das lediglich einen Teil der esoterischen Lehre ab.

196 Die Möglichkeit der in den unsichtbaren Welten weilenden „Seele“ (das ist das ewige spirituelle Ego), deren Körper auf der Erde weiterexistiert, ist eine ausgesprochen okkulte Lehre, insbesondere in der chinesischen und buddhistischen Philosophie. Siehe „Isis Unveiled“, Band I, S. 602 als Erklärung. Es gibt viele seelenlose Menschen unter uns, denn dieser Sachverhalt ist sowohl bei verruchten Materialisten als auch bei Personen zu finden, „die in der Heiligkeit Fortschritte machen und niemals zurückkehren“ (siehe ebenda und auch „Isis“ Band II, S. 369).

197 Diese Identität des Geistes und seines materiellen „Doppels“ (im Menschen ist es umgekehrt) erklärt die in diesem Werk bereits angedeutete Verwirrung bei den Namen und Individualitäten sowie bei den Zahlen der Rishis und Prajapatis noch besser, insbesondere bei den das Satya-Yuga und die mahabharatische Periode betreffenden. Sie wirft auch zusätzliches Licht auf das, was die Geheimlehre in Bezug auf die Wurzel- und die Samen-Manus lehrt (siehe Band II „Über die ursprünglichen Manus der Menschheit“). Es wird uns gelehrt, dass nicht nur diese Vorfahren unserer Menschheit, sondern alle Menschen in den spirituellen Sphären ihren Prototyp besitzen. Dieser Prototyp ist die höchste Essenz seines siebten Prinzips. So werden die sieben Manus zu 14, wobei der Wurzel-Manu die Erste Ursache ist, und der „Samen-Manu“ seine Wirkung. Und wenn die Letzteren vom Satya-Yuga (dem ersten Zustand) bis zur heroischen Periode reichen, dann wächst die Anzahl dieser Manus oder Rishis auf 21 an.

198 Die ägyptische Allegorie im bereits erwähnten „Totenbuch“ – der Hymnus, der sich auf die Belohnung „der Seele“ bezieht – weist ebenso auf unsere Lehre der Siebenfältigkeit hin wie sie poetisch ist. Dem Verstorbenen wird ein Stück Land im Gefilde von Aanru zugewiesen, in welchem die Manen, die vergöttlichten Schatten der Toten, die Ernte der in ihrem Leben durch ihre Handlungen ausgebrachten Saat in Form von sieben Ellen hohem Mais einsammeln, welcher in einem in 14 und 7 Bereiche unterteilten Gebiet wächst. Dieser Mais ist die Nahrung, von der sie leben und gedeihen, oder die sie in Amenti töten wird, in jenem Reich, zu dem das Aanru-Feld als Bereich zugeordnet ist. Wie es in dem Hymnus (siehe Kap. xxxii 9) heißt, wird der Verstorbene dort entweder zerstört oder für die Ewigkeit zu einem reinen Geist, infolge der „sieben mal siebenundsiebzig Leben“, welche er auf der Erde zugebracht hat oder noch zubringen muss. Die Idee von dem als „Frucht unserer Handlungen“ gereiften Mais ist sehr anschaulich.

199 Die dreizüngige Flamme der vier Dochte entspricht den vier Einheiten und den drei Zweiheiten des sephirothischen Baumes (siehe Kommentar zu Stanze VI).

200 Unnütz, noch einmal zu wiederholen, dass die hier gebrachten Ausdrücke Übersetzungen aus dem Sanskrit sind, denn die Originalausdrücke, die in Europa gänzlich unbekannt sind, würden den Leser nur noch mehr verwirren und keinem brauchbaren Zweck dienen.

201 Die Formung der „lebendigen Seele“ oder des Menschen würde die Idee klarer wiedergeben. „Eine lebendige Seele“ ist in der Bibel ein Synonym für den Menschen. Das sind unsere sieben „Prinzipien“.

202 Nephesch ist der „Atem des (tierischen) Lebens“, welcher Adam, dem Menschen aus Staub, eingehaucht wurde; er ist folglich der Lebensfunke, das beseelende Element. Ohne Manas oder das, was in Lévis Diagramm zu Unrecht Nephesch genannt wird anstatt Manas, „die denkende Seele“ oder das Gemüt, ist Atman-Buddhi auf dieser Ebene irrational und kann nicht wirken. Buddhi ist der plastische Mittler, nicht Manas, „das intelligente Medium zwischen der oberen Triade und der niederen Vierheit“. In den kabbalistischen Werken finden sich jedoch viele derartige seltsame und merkwürdige Umbildungen – ein überzeugender Beweis dafür, dass ihre Literatur arg durcheinandergeraten ist. Wir erkennen die Einteilung nicht an, ausgenommen in diesem Einzelfall, um die übereinstimmenden Punkte aufzuzeigen.

203 Éliphas Lévi hat, sei es absichtlich oder nicht, die Zahlen durcheinander gebracht; bei uns ist seine Nr. 2 – Nr. 1 (Geist); und indem er aus Nephesch sowohl den plastischen Mittler als auch das Leben macht, nennt er in Wirklichkeit nur sechs Prinzipien, weil er die ersten beiden wiederholt.

204 Die Esoterik lehrt dasselbe. Aber Manas ist nicht Nephesch; noch ist Letzterer das Astrale, sondern das 4. Prinzip, wenn auch das 2. Prana des physischen, materiellen Lebens, welches keinerlei Spiritualität in sich trägt, denn Nephesch ist der „Atem des Lebens“ im Menschen – wie beim Tier oder Insekt.

205 Die einleitenden Kapitel der Genesis waren niemals dazu bestimmt, auch nur eine entfernte Allegorie der Schöpfung unserer Erde zu geben. Sie umfassen eine metaphysische Vorstellung einer unbestimmten Periode in der Ewigkeit, als durch das Gesetz der Evolution aufeinanderfolgende Versuche zur Bildung von Universen unternommen wurden. Im „Zohar“ ist die Idee klar dargelegt: „Es gab alte Welten, die ebenso schnell wieder zu Grunde gingen wie sie ins Dasein getreten waren, sie waren formlos und wurden Funken genannt. So lässt der Schmied, wenn er das Eisen hämmert, die Funken in alle Richtungen sprühen. Die Funken sind die ursprünglichen Welten, die noch nicht bestehen konnten, denn der Heilige Alte (Sephira) hatte seine Form (die androgyne oder die der entgegengesetzten Geschlechter) von König und Königin (Sephira und Kadmon) noch nicht angenommen; und der Meister war noch nicht an seinem Werk. Siehe „Zohar“, „Idra Suta“, Buch III, S. 292, b. Der Allerhöchste berät sich mit dem Architekten der Welt – seinem Logos – über die Schöpfung („Isis Unveiled“, Band II, S. 421.)

206 Siehe „Isis“, Band II, S. 297-303, die Lehre des „Codex Nazaräus“ – jeder Satz unserer Lehre findet sich dort in unterschiedlicher Form und Allegorie.

207 Das Wort „Sünde“ ist merkwürdig, hat aber eine besondere okkulte Beziehung zum Mond; und ist außerdem sein chaldäisches Äquivalent.

208 Macht Pasteur nun unbewusst den ersten Schritt auf die okkulte Wissenschaft zu? Würde er es wagen, sagt er, seine Ideen über diesen Gegenstand vollständig preiszugeben, käme er zu der Aussage, dass die organischen Zellen mit einer vitalen Kraft ausgestattet sind, die ihre Tätigkeit bei der Unterbrechung eines auf die Zellen ausgerichteten Sauerstoffstroms nicht einstellt, und aus diesem Grund ihre Beziehungen zum Leben selbst, das durch die Einwirkung dieses Gases unterstützt wird, nicht abbricht. „Ich möchte hinzufügen“, fährt Pasteur fort, „dass die Evolution des Keims durch komplizierte Phänomene erreicht wird, zu welchen wir Gärungsprozesse zählen müssen.“ Nach Claude Bernard und Pasteur ist Leben nichts anderes als ein Gärungsprozess. Dass selbst auf unserem Globus in der Natur Wesen oder Leben existieren, die ohne Luft leben und gedeihen können, wurde von denselben Wissenschaftlern bewiesen. Pasteur fand, dass viele der niederen Lebensformen wie Vibrionen, einige Mikroben und Bakterien, ohne Luft existieren können, die sie im Gegenteil sogar tötete. Sie entziehen den verschiedenen sie umgebenden Substanzen den für ihre Vermehrung notwendigen Sauerstoff. Er nennt sie Aeroben und Anaeroben, wobei Erstere auf jenen Geweben unserer Materie leben, die nicht mehr Teil eines zusammenhängenden und lebenden Ganzen sind (dann von der Wissenschaft sehr unwissenschaftlich „tote Materie“ genannt). Die eine Art bindet Sauerstoff und trägt in großem Maße zur Zerstörung tierischen Lebens und pflanzlicher Gewebe bei, wobei sie Stoffe in die Atmosphäre abgibt, die später in der Konstitution anderer Organismen Verwendung finden; die andere zerstört oder löst vielmehr schließlich die sogenannte organische Substanz auf. Endgültiger Zerfall ist ohne ihre Mitwirkung nicht möglich. Gewisse Keimzellen, wie die der Hefe, entwickeln und vermehren sich an der Luft, aber wenn ihnen diese entzogen wird, passen sie sich dem Leben ohne Luft an und werden zu Fermenten, die Sauerstoff aus den Substanzen absorbieren, mit denen sie in Berührung kommen und sie dadurch zerstören. Die Zellen einer Frucht, die freien Sauerstoff entbehren, wirken als Fermente und regen die Gärung an. „Daher manifestiert die Pflanzenzelle in diesem Fall ihr Leben als ein anaerobes Wesen. Warum sollte nun eine organische Zelle in diesem Fall eine Ausnahme bilden?“, fragt Professor Bogoljubow. Pasteur zeigt, dass in der Substanz unserer Gewebe und Organe eine Zelle, die für sich selbst nicht ausreichend Sauerstoff findet, auf dieselbe Art eine Gärung einleitet wie die Fruchtzelle. Und Claude Bernard meinte, Pasteurs Ansicht über die Bildung von Fermenten würde ihre Anwendung und Bestätigung in der Tatsache finden, dass während des Strangulierens der Harnstoff im Blut zunehme: Leben ist daher überall im Universum, und der Okkultismus lehrt uns, dass es auch im Atom so ist. Siehe auch infra, am Ende dieses Abschnitts.

209 Eine vedische Lehre besagt, dass „drei Erden existieren, die drei Himmeln entsprechen; und unsere Erde (die vierte) heißt Bhumi“. Das ist die Erklärung, die unsere exoterischen westlichen Orientalisten geben. Die Veden spielen darauf an, und das ist auch die esoterische Bedeutung, dass sich diese Aussage auf unsere Planetenkette bezieht; drei „Erden“ auf dem absteigenden Bogen und drei „Himmel“, die auch die drei Erden oder Globen sind, jedoch viel etherischer, auf dem aufsteigenden oder spirituellen Bogen: Mittels der drei Ersten steigen wir herab in die Materie, mittels der drei Weiteren steigen wir in den Geist empor; die niedrigere, Bhumi, unsere Erde, bildet sozusagen den Wendepunkt und enthält, potenziell, ebenso viel Geist wie Materie. Wir werden das später behandeln.

210 Professor Zöllners Theorie wurde von verschiedenen Gelehrten, welche Spiritualisten sind, mehr als freudig begrüßt, zum Beispiel von den Professoren Butlerov und Wagner in St. Petersburg.

211 „Abstraktionen Realität beizumessen, ist der Irrtum des Realismus. Raum und Zeit werden oft als von allen konkreten Erfahrungen des Verstandes getrennt betrachtet, anstatt als Verallgemeinerungen von gewissen ihrer Aspekte.“ (Bain, „Logic“, Teil II, S. 389)

212 Die Anordnung der Elemente oben ist die für esoterische Zwecke und die geheimen Lehren korrekte. Milton hatte Recht, als er von den „Kräften von Feuer, Luft, Wasser, Erde“ sprach; am Anbeginn, vor der 4. Runde vor hunderten Millionen von Jahren, existierte unsere geologische Erde noch nicht so, wie wir sie heute kennen. Der Globus, sagt der Kommentar, war „in der ersten Runde feurig, kühl und strahlend wie seine etherischen Menschen und Tiere“. Der Meinung unserer gegenwärtigen Wissenschaft entsprechend äußert er dabei einen Widerspruch oder ein Paradoxon: „Leuchtend und dichter und schwerer – in der zweiten Runde, wässrig in der dritten!“ So sind die Elemente vertauscht.

213 Wenn wir unsere Schlussfolgerungen nach den von den Geologen gelieferten Daten zu formulieren hätten, dann würden wir sagen, dass es – selbst während des Karbons – kein wirkliches Wasser gab. Man sagt uns, dass gigantische Mengen an Kohlenstoff, die früher in der Atmosphäre in der Form von Kohlensäure verteilt waren, von Pflanzen absorbiert wurden und sich ein großer Teil dieses Gases mit dem Wasser vermischte. Wenn das nun so war und wir glauben müssen, dass alle Kohlensäure in den Pflanzen gebunden wurde, welche zu Stein- und Braunkohle etc. wurden und in Richtung auf die Bildung von Kalkstein und so weiter hinauslief, und dass sich diese gesamte Kohlensäure in jener Zeit als Gas in der Atmosphäre befand, dann müsste es Meere und Ozeane flüssiger Kohlensäure gegeben haben? Wenn wir von dieser Annahme ausgehen, wie konnten dann aber dem Karbon das Devon und das Silur mit ihren Fischen und Mollusken vorausgegangen sein? Der Luftdruck muss übrigens den Druck unserer gegenwärtigen Atmosphäre mehrere hundertmal übertroffen haben. Wie konnten Organismen selbst so einfacher Art wie gewisse Fische und Mollusken dem Druck standhalten? Es gibt ein merkwürdiges Werk von Blanchard über den Ursprung des Lebens, in dem er einige sonderbare Widersprüche und Unklarheiten in den Theorien seiner Kollegen nachweist, das wir der Aufmerksamkeit des Lesers empfehlen.

214 Éliphas Lévi bezeichnet es sehr richtig als „eine Kraft in der Natur“, mithilfe derer „ein einzelner Mensch, der sie beherrschen kann . . . die Welt in Verwirrung stürzen und ihr Antlitz verändern könnte“; denn es ist das „große Arcanum der transzendenten Magie“. Indem wir die Worte des großen westlichen Kabbalisten in ihrer übersetzten Form (siehe „The Mysteries of Magic“ von A. E. Waite) zitieren, können wir sie vielleicht besser durch gelegentliches Hinzufügen von einem oder zwei Worten erklären, um den Unterschied zwischen westlichen und östlichen Erklärungen desselben Gegenstands zu zeigen. Der Verfasser behauptet über das große magische Agens: „Diese umgebende und alles durchdringende Flüssigkeit, dieser Strahl, vom Glanz der (zentralen oder ‘spirituellen’) Sonne losgelöst . . . fixiert durch das Gewicht der Atmosphäre (?!) und die Kraft der zentralen Anziehung . . . das Astrallicht, dieser elektromagnetische Ether, diese vitale und leuchtende Wärme, wird auf alten Monumenten durch den zwei Pole umschlingenden Gürtel der Isis dargestellt . . . und in alten Theogonien durch die Schlange, die ihren eigenen Schwanz verschlingt, das Sinnbild der Klugheit und des Saturns“ – das Symbol der Unendlichkeit, der Unsterblichkeit und von Kronos – „Zeit“ – nicht des Gottes Saturn oder des Planeten. „Es ist der geflügelte Drache der Medea, die doppelte Schlange des Caduceus und der Versucher der Genesis; es ist aber auch die eherne Schlange von Moses, die das Tau umschlingt, . . . und am Ende ist es der Teufel des exoterischen Dogmatismus, und es ist tatsächlich die blinde Kraft (sie ist nicht blind, und Lévi wusste das), welche die Seelen bezwingen müssen, um sich selbst von den Ketten der Erde zu befreien; ‘denn wenn sie es nicht tun’, werden sie von derselben Kraft absorbiert werden, die sie zuerst hervorbrachte, und zu dem zentralen und ewigen Feuer zurückkehren.“ Dieser große Archaeus wurde jetzt von und nur für einen Mann entdeckt – J. W. Keely aus Philadelphia. Wie auch immer, für andere wurde er zwar entdeckt, muss aber nahezu nutzlos bleiben. „Soweit sollst du gehen. . . .“
All das Obige ist ebenso praktisch wie richtig, bis auf einen Irrtum, den wir weiter unten im Text erklären werden. Éliphas Lévis großer Fehler ist, dass er das Astrallicht immer mit dem gleichsetzt, was wir Akasha nennen. Was es in Wirklichkeit ist, wird in Teil II von Band II mitgeteilt werden.

215 Der Schüler hat ferner zu beachten, dass das puranische System dualistisch und nicht evolutionär ist, und dass in dieser Hinsicht von einem esoterischen Standpunkt aus weitaus mehr im Sankhya zu finden sein wird, und selbst im Manava-Dharma-Shastra – wie sehr sich das Letztere auch vom Ersteren unterscheiden mag.

216 In der Sankhya-Philosophie sind die sieben Prakritis oder „produktiven Erzeugnisse“: Mahat, Ahamkara und die fünf Tanmatras. SieheSankhya Karika“, III, und den Kommentar dazu.

217 Den Hindus, die ihre Puranas auswendig kennen, muss das nicht erklärt werden, jedoch ist es sehr nützlich, unsere Orientalisten und jene Westlichen, die Wilsons Übersetzung für maßgeblich erachten, daran zu erinnern, dass dieser sich in seiner englischen Übersetzung des Vishnu-Puranas“ der lächerlichsten Widersprüche und Irrtümer schuldig gemacht hat. So differieren die beiden Berichte gerade über diesen Gegenstand der sieben Prakritis oder der sieben Zonen von Brahmâs Ei vollständig. In Band I wurde auf S. 40 über dieses Ei gesagt, es sei äußerlich von sieben Hüllen umkleidet – Wilson kommentiert „mit Wasser, Luft, Feuer, Ether und Ahamkara“ (wobei letzteres Wort in den Sanskrittexten nicht vorkommt). Und in Band V desselben Vishnu-Purana“ steht auf S. 198 geschrieben: „Auf diese Weise wurden die sieben Formen der Natur (Prakriti) aufgezählt, von Mahat bis zur Erde.“ (?) Zwischen Mahat oder Maha-Buddhi und „Wasser etc.“ besteht ein beträchtlicher Unterschied.

218 Auch nach dem großen Metaphysiker Hegel. Für ihn war die Natur etwas ewig Werdendes. Eine rein esoterische Auffassung. Schöpfung und Entstehung im christlichen Sinne des Wortes ist absolut undenkbar. Wie der oben genannte Denker sagte: „Gott (der Universalgeist) objektiviert sich selbst als Natur und hebt sich wieder aus ihr hervor.“

219 In der Vorrede seiner „History of Magic“ sagt Éliphas Lévi darüber: „Durch diese Kraft stehen sämtliche Nervenzentren miteinander in geheimer Verbindung; aus ihr – werden Sympathie und Antipathie geboren. Aus ihr – erhalten wir unsere Träume, und durch sie werden Hellsehen und übernatürliche Visionen ermöglicht. . . . . Das Astrallicht, unter dem Antrieb mächtiger Willen wirkend, zerstört, gerinnt, trennt, zerbricht und versammelt alle Dinge. . . . Gott schuf es an dem Tag, da er sagte: Fiat Lux. Es wird von den Egregora gelenkt, d. h. von den Führern der Seelen, den Geistern der Energie und Tätigkeit.“ Éliphas Lévi hätte hinzufügen sollen, dass das Astrallicht oder die ursprüngliche Substanz, wenn überhaupt Materie, das ist, was – esoterisch erklärt – Licht, Lux genannt wird: der Körper jener Geister selbst und ihre wahre Essenz. Unser physisches Licht ist die Manifestation auf unserer Ebene und die reflektierte Strahlung des Göttlichen Lichts, das aus dem kollektiven Körper jener emaniert, die „Lichter“ und „Flammen“ genannt werden. Aber noch nie zuvor hatte ein Kabbalist das Talent Éliphas Lévis besessen, einen Widerspruch auf den anderen folgen und in ein und demselben Satz und in so fließender Sprache ein Paradoxon das andere jagen zu lassen. Er führt seinen Leser durch die lieblichsten und blühendsten Täler, um ihn nach alledem in einer Wüste und an einem öden und felsigen Eiland stranden zu lassen.

220 Die großen französischen Gelehrten Arnaud, Gautier und Villiers haben im Speichel des lebenden Menschen dasselbe giftige Alkaloid gefunden wie in dem der Kröte, des Salamanders, der Kobra und des Trigonocephalus Portugals. Es ist erwiesen, dass von lebenden Menschen, Tieren und Pflanzen Gifte der tödlichsten Art erzeugt werden, ob sie nun Ptomain, Leukomain oder Alkaloid heißen. Derselbe Gelehrte, Gautier, hat auch im Frischfleisch und Gehirn eines Ochsen ein Alkaloid entdeckt sowie ein Gift, das er Xanthokreatinin nennt, ähnlich der aus dem giftigen Speichel der Reptilien extrahierten Substanz. Die Muskelgewebe, die aktivsten Organe in der tierischen Ökonomie, stehen im Verdacht, für die Erzeugung von Giften verantwortlich zu sein oder sie zu beeinflussen, die in den Lebensfunktionen dieselbe Bedeutung haben wie Kohlensäure und Harnstoff, die Endprodukte innerer Verbrennung. Und obwohl es noch nicht vollkommen bestimmt ist, ob Gifte durch das tierische System von Lebewesen ohne Mitwirkung und Einwirkung von Mikroben erzeugt werden können, wird doch versichert, dass das Tier in seinem physiologischen oder lebenden Zustand giftige Stoffe hervorbringt.

221 Man könnte annehmen, dass diese „feurigen Leben“ und die Mikroben der Wissenschaft identisch sind. Aber das ist nicht wahr. Die „feurigen Leben“ sind die siebte und höchste Unterabteilung auf der Ebene der Materie und entsprechen im Individuum dem Einen Leben des Universums, allerdings ausschließlich auf dieser Ebene. Die Mikroben der Wissenschaft sind die erste und niederste Unterabteilung auf der zweiten Ebene – der des materiellen Pranas (oder Lebens). Der physische Körper des Menschen durchläuft alle sieben Jahre eine vollständige Veränderung seiner Struktur. Seine Zerstörung und Erhaltung wird durch die abwechselnde Funktion der feurigen Leben als „Zerstörer“ und „Erbauer“ bewirkt. Sie sind „Erbauer“, indem sie sich in der Form von Vitalität aufopfern, um den verderblichen Einfluss der Mikroben zu hemmen; und indem sie die Mikroben mit dem Nötigen versehen, zwingen sie sie, unter diesem Hemmnis den materiellen Körper und seine Zellen aufzubauen. Sie sind auch „Zerstörer“, wenn dieses Hemmnis entfernt wird und die Mikroben sich als zerstörende Agenten austoben können, wenn sie nicht mehr mit vitaler, konstruktiver Energie versorgt werden. So sind während der ersten Hälfte des menschlichen Lebens (während der ersten fünf Perioden zu je sieben Jahren) die „feurigen Leben“ indirekt mit dem Prozess des Aufbaus des physischen Körpers des Menschen beschäftigt. Das Leben befindet sich auf seiner aufsteigenden Stufenleiter, und die Kraft wird zum Aufbau und zur Zunahme verwendet. Nachdem diese Periode vorüber ist, beginnt die Zeit des Rückschritts; und während sich die Tätigkeit der „feurigen Leben“ erschöpft, beginnt auch das Werk der Zerstörung und Abnahme.

Hier mag eine Analogie zwischen den kosmischen Ereignissen beim Abstieg des Geistes in die Materie während der ersten Hälfte eines Manvantaras (sowohl eines planetarischen als auch eines menschlichen) und seinem Aufstieg auf Kosten der Materie in der zweiten Hälfte erkannt werden. Diese Überlegungen beziehen sich ausschließlich auf die Ebene der Materie; der hemmende Einfluss der „feurigen Leben“ auf die niederste Unterabteilung der zweiten Ebene – die Mikroben – wird durch die erwähnte Tatsache in der oben angeführten Fußnote über Pasteur (vide supra) jedoch bekräftigt, nämlich dass die Zellen der Organe, wenn sie für sich nicht ausreichend Sauerstoff finden, sich diesem Zustand anpassen und Fermente bilden, welche durch die Absorption von Sauerstoff aus den Substanzen, mit denen sie in Berührung kommen, deren Zerstörung bewirken. So beginnt der Vorgang, bei welchem eine Zelle die nächste ihrer Quelle ihrer Vitalität beraubt, wenn die Zufuhr nicht ausreicht; und die so begonnene Zerstörung schreitet stetig fort.

222 Phallusverehrung entwickelte sich erst mit dem Verlust der Schlüssel zur wahren Bedeutung der Symbole. Sie war der letzte und verderblichste Wendepunkt von der Hauptstraße der Wahrheit und des göttlichen Wissens zum Nebenweg der Fiktion und wurde durch menschliche Verfälschung und hierarchischen Ehrgeiz zum Dogma erhoben.

223 Siehe „Sacred Mysteries among the Mayas and the Quiches, 11,500 years ago“ von Auguste le Plongeon, der die Identität der ägyptischen Riten und Glaubenslehren mit denen der von ihm beschriebenen Völker aufzeigt. Die alten hieratischen Alphabete der Mayas und der Ägypter sind nahezu identisch.

224 In Wirklichkeit sieben an der Zahl, wie später aufgrund der ältesten Upanishaden gezeigt werden wird.

225 . . . „Die Veden haben eine eindeutig doppelte Bedeutung – die eine wird durch den buchstäblichen Wortsinn ausgedrückt, die andere vom Versmaß und der Svara – der Intonation – angedeutet, die so etwas wie das Leben der Veden darstellen. . . . Gelehrte Pandits und Philologen leugnen natürlich, dass der Svara irgendetwas mit Philosophie oder alten esoterischen Lehren zu tun hat; der mysteriöse Zusammenhang zwischen Svara und Licht ist jedoch eines ihrer tiefsten Geheimnisse.“ (T. Subba Row, „Five Years of Theosophy“, S. 154)

226 Auch genannt die „Söhne der Weisheit“ und des „Feuernebels“ und in den chinesischen Aufzeichnungen die „Brüder der Sonne“. Si-dzang (Tibet) wird in den Manuskripten der heiligen Bibliothek der Provinz von Fo-Kien als der Hauptsitz der okkulten Gelehrsamkeit erwähnt – seit unvordenklichen Zeiten, Zeitalter vor Buddha. Kaiser Yu, der „Große“ (2.207 v. Chr.), ein frommer Mystiker und großer Adept, soll sein Wissen von den „großen Lehrern der schneebedeckten Bergkette“ in Si-dzang empfangen haben.

227 In ihrem abstrakten Sinn verstanden kann die Natur nicht „unbewusst“ sein, da sie die Emanation und somit ein Aspekt (auf der manifestierten Ebene) des absoluten Bewusstseins ist. Wo ist der kühne Mensch, der sich erlauben würde zu bestreiten, dass die Vegetation und selbst die Minerale ein Bewusstsein ihrer eigenen Art besitzen? Dass dieses Bewusstsein jenseits seines Verständnisses liegt, ist alles, was er sagen kann.

228 „Und wenn du betest, sollst du nicht sein wie die Heuchler . . . sondern geh in deine innere Kammer und, nachdem du deine Tür geschlossen hast, bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist.“ (Matthäus 6,5-6). Unser Vater ist in uns „im Verborgenen“, unserem 7. Prinzip, in der „inneren Kammer“ unserer Seelenwahrnehmung. „Das Reich des Himmels“ und Gottes „ist in uns“, sagt Jesus, nicht außerhalb. Warum sind Christen so völlig blind gegenüber der selbstverständlichen Bedeutung der Weisheitsworte, die sie zu gerne mechanisch wiederholen?

229 Hierzu bemerkt die verstorbene (Dr.) Kingsford, die begabte Übersetzerin und Sammlerin der Hermetischen Fragmente (sieheThe Virgin of the World“) in einer Fußnote: „Dr. Menard bemerkt, dass im Griechischen ein und dasselbe Wort geboren werden und werden bedeutet. Die Idee ist hier, dass die Substanz der Welt in ihrer Essenz ewig ist, sie sich aber vor der Schöpfung oder dem ‘Werden’ in einem passiven und bewegungslosen Zustand befindet. Somit ‘war’ sie, bevor sie in Tätigkeit gesetzt wurde; jetzt ‘wird’ sie, d. h. sie ist beweglich und progressiv.“ Und sie fügt die rein vedantische Lehre der hermetischen Philosophie hinzu, dass die „Schöpfung somit die Periode der Aktivität (das Manvantara) Gottes ist, welcher nach der hermetischen Anschauung (oder welches nach der vedantischen) zwei Modi hat – Aktivität oder Existenz, der evolvierte Gott (Deus explicitus); und Passivität des Seins (Pralaya), der involvierte Gott (Deus implicitus). Beide Modi sind vollkommen und vollständig den Zuständen des Wachens und Schlafens beim Menschen vergleichbar. Der deutsche Philosoph Fichte unterschied das Sein (Seyn) als Eines, das wir nur durch die Existenz (Daseyn) als das Vielfältige kennen. Diese Ansicht ist völlig hermetisch. Die ‘idealen Formen’ sind die archetypischen und formgebenden Ideen der Neoplatoniker; die ewigen und subjektiven Vorstellungen der Dinge, die im göttlichen Gemüt vorhanden sind, vor dem ‘Werden’.“ (S. 134)

230 Die zentripetalen und die zentrifugalen Kräfte, die männlich und weiblich, positiv und negativ, physisch und spirituell sind, sind die eine Ursprüngliche Kraft.

231 Der Okkultismus lehrt, dass kein Ding eine Form erhalten kann, weder von der Natur noch vom Menschen, dessen idealer Typus nicht bereits auf der subjektiven Ebene existiert. Mehr als das, dass keine solche Form oder Gestalt irgendwie in das Bewusstsein des Menschen eintreten oder in seiner Imagination evolvieren kann, die nicht als Prototyp existiert, wenigstens als eine Annäherung.

232 Dieses Wort wird von Dr. Hartmann nach den ihm vorliegenden Originaltexten von Paracelsus wie folgt erklärt. Dieser große Rosenkreuzer sagt: „Mysterium ist alles, aus dem irgendetwas entwickelt werden kann, das nur dem Keim nach in ihm enthalten ist. Ein Same ist das ‘Mysterium’ einer Pflanze, ein Ei das eines lebendigen Vogels etc.“

233 Den Juden und einem oder zwei Neuplatonikern hierin folgend, wendeten lediglich die mittelalterlichen Kabbalisten den Ausdruck Mikrokosmos auf den Menschen an. Die alte Philosophie nannte die Erde den Mikrokosmos des Makrokosmos, und den Menschen das Resultat der beiden.

234 Der östliche Okkultist sagt, „sie werden von spirituellen Wesen geleitet und beseelt“ – von Arbeitern in den unsichtbaren Welten und hinter dem Schleier der okkulten Natur oder der Natur in abscondito.

235 Ein in den genannten Fragmenten häufig verwendeter Ausdruck, an dem wir Anstoß nehmen. Das Universalgemüt ist kein Wesen oder „Gott“.

236 Die hermetischen Philosophen nannten (in den Originaltexten) jene Wesenheiten Theoi, Götter, Genien und Daimonen, die wir als Devas (Götter), Dhyan Chohans, Chitkala (die Buddhisten nennen sie Kwan-Yin) und mit verschiedenen weiteren Namen bezeichnen. Die Daimonen sind – im sokratischen und selbst im orientalischen und lateinischen theologischen Sinn – die Schutzgeister der menschlichen Rasse; „diejenigen, die in der Nachbarschaft der Unsterblichen wohnen und von dort aus über die menschlichen Angelegenheiten wachen“, wie Hermes sagt. In esoterischer Ausdrucksweise heißen sie Chitkala, und einige von ihnen statteten aus ihrer eigenen Essenz den Menschen mit seinem vierten und fünften Prinzip aus; und andere sind die sogenannten Pitris. Das wird erklärt werden, wenn wir zur Schaffung des vollständigen Menschen kommen. Die Wurzel des Namens ist Chiti, „das, wodurch die Folgen und Konsequenzen von Handlungen und die Arten des Wissens für den Gebrauch der Seele ausgewählt werden“, oder das Gewissen, die innere Stimme im Menschen. Bei den Yogis ist Chiti ein Synonym von Mahat, dem ersten und göttlichen Intellekt; in der Esoterischen Philosophie ist Mahat jedoch die Wurzel von Chiti, ihr Keim; und Chiti ist eine Eigenschaft von Manas in Verbindung mit Buddhi, eine Eigenschaft, welche durch spirituelle Affinität einen Chitkala an sich zieht, wenn sie sich im Menschen ausreichend entwickelt. Aus diesem Grund heißt es, dass Chiti eine Stimme ist, die mystisches Leben erlangt und Kwan-Yin wird.

237 Diese (Lehre) bezieht sich nicht auf Prakriti-Purusha jenseits der Grenzen unseres kleinen Universums.

238 Dem schließlichen Ruhezustand, dem nirvanischen Zustand des siebten Prinzips.

239 Die Lehre wird vollständig von unserer Bewusstseinsebene aus gegeben.

240 Oder der „Traum der Wissenschaft“, die ursprüngliche, tatsächlich homogene Materie, die kein Sterblicher in dieser Rasse oder auch Runde objektivieren kann.

241Vishnu, in der Form der solaren aktiven Kraft, geht weder auf noch unter und ist gleichzeitig die siebenfältige Sonne und von ihr getrennt“, sagt das Vishnu-Purana“ (Buch II, Kap. 11).

242 „Dem Menschen vergleichbar, der sich einem aufgestellten Spiegel nähert und sein eigenes Bild darin erblickt, ist die Energie oder Reflexion Vishnus (der Sonne) niemals getrennt, sondern bleibt in der Sonne wie in einem Spiegel, der dort aufgestellt ist.“ (Vishnu-Purana“)

243 Im Vishnu“ und anderen Puranas.

244 Siehe die hermetische „Natur“, die „zyklisch in die Materie hinabsteigt, wenn sie dem ‘Himmlischen Menschen’ begegnet“.

245 Die Verfasser des Obigen kannten sehr wohl die physikalischen Ursache der Gezeiten, der Wellen etc. Hier ist der beseelende Geist des ganzen kosmischen Sonnenkörpers gemeint, von dem immer die Rede ist, sobald solche Begriffe von einem mystischen Standpunkt aus verwendet werden.

246 Siehe die Stanzen III und IV und die Kommentare dazu, insbesondere die Kommentare zu Stanze IV, „die Lipika und die vier Maharajas“ betreffend, die Agenten Karmas.

247 Und ebenso „Götter“ oder Dhyanis, nicht nur die Genien oder „geleiteten Kräfte“.

248 Das bedeutet: Da der Mensch aus allen großen Elementen – Feuer, Luft, Wasser, Erde und Ether – zusammengesetzt ist, fühlen sich die diesen einzelnen Elementen angehörenden Elementale infolge ihrer Wesensgleichheit zum Menschen hingezogen. Das in einer bestimmten Konstitution überwiegende Element wird während des ganzen Lebens das herrschende Element bleiben. Wenn beim Menschen beispielsweise die irdischen, gnomischen Elemente überwiegen, werden ihn die Gnomen dahin führen, Metalle – Geld und Reichtum usw. – zu assimilieren. „Der tierische Mensch ist der Sohn der tierischen Elemente, aus welchen seine Seele (Leben) geboren wurde, und die Tiere sind die Spiegel des Menschen“, sagt Paracelsus („De Fundamento Sapientiae“). Paracelsus war vorsichtig und wollte, dass das von ihm Gesagte mit der Bibel übereinstimmte, und daher sagte er nicht alles.

249 Zyklischer Entwicklungsfortschritt.

250 Der Gott im Menschen und oft die Inkarnation eines Gottes, eines hoch spirituellen Dhyan Chohans in ihm, neben der Gegenwart seines eigenen siebten Prinzips.

251 Nun, welcher „Gott“ ist hier gemeint? Nicht Gott „der Vater“, die anthropomorphe Fiktion; denn dieser Gott steht kollektiv für die Elohim und hat von ihrer Schar getrennt keine Existenz. Außerdem ist ein solcher Gott endlich und unvollkommen. „Die Wenigen“ bedeuten hier die höheren Initiierten und Adepten. Und gerade solche Menschen glauben an „Götter“ und kennen keinen „Gott“, sondern nur eine universale, beziehungslose und unbedingte Gottheit.

252 Das Astrallicht der Kabbalisten wird von einigen sehr unrichtig mit „Äther“ übersetzt. Letzterer wird mit dem hypothetischen Ether der Wissenschaft verwechselt, und beide werden von einigen Theosophen als Synonym für Akasha angesehen. Das ist ein großes Missverständnis.

Der Verfasser von „Rational Refutations“ schreibt, indem er dabei unbewusst den Okkultismus unterstützt: „Eine Charakterisierung Akashas wird helfen zu zeigen, wie unangemessen es von Ether repräsentiert wird. Es ist unendlich groß; es ist nicht aus Teilen zusammengesetzt; und Farbe, Geschmack, Geruch und Greifbarkeit gehören ihm nicht an. Insoweit entspricht es genau der Zeit, dem Raum, dem Iswara (dem „Herrn“, aber eher der schöpferischen Potenz und Seele – Anima Mundi). Seine Besonderheit im Vergleich dazu besteht darin, die materielle Ursache des Tons zu sein. Wäre das nicht der Fall, könnte man davon ausgehen, dass es mit dem leeren Raum identisch ist“ (S. 120).
Zweifellos ist er leerer Raum, insbesondere für Rationalisten. Im Gehirn eines Materialisten wird Akasha mit Sicherheit Leere hervorrufen. Obwohl Akasha nicht der Ether der Wissenschaft ist, ja nicht einmal der Ether der Okkultisten, welche Letzteren lediglich als eines von Akashas Prinzipien definieren, ist es nichtsdestoweniger zusammen mit seinem Ursprünglichen die Ursache des Tones – eine physische und spirituelle und keineswegs nur eine materielle Ursache. Die Beziehungen von Ether zu Akasha können definiert werden, wenn man auf beide, Akasha und Ether, die Worte anwendet, die in den Veden über den Gott gesprochen werden: „So war er selbst in der Tat (sein eigener) Sohn“, indem der eine der Nachkomme des anderen und doch dieser selbst ist. Das mag ein schwieriges Rätsel für den Profanen sein, ist aber für jeden Hindu sehr leicht zu verstehen – selbst wenn er kein Mystiker ist.

253 „National Reformer“, 9. Januar 1887. Artikel „Phreno-Kosmo-Biology“ von Dr. Lewins.

254 Das ist ein zyklisches Gesetz, welchem die Widerspenstigkeit der Menschen oftmals trotzt.


[SD # 301]
BAND I, TEIL I I

 

DIE
ENTWICKLUNG DER SYMBOLIK

IN IHRER UNGEFÄHREN ReihenFOLGE


ERLÄUTERNDE KAPITEL

 

[SD # 302] [SD # 303]

 

 

 

 

 

§ I
SYMBOLISMUS UND IDEOGRAMME

„Ein Symbol ist für den, der Augen dafür hat, immer eine mehr oder weniger klare Offenbarung des Göttlichen.Durch sie alle schimmert etwas von einer göttlichen Idee. Nein, nicht einmal das erhabenste Zeichen, unter dem die Menschen sich jemals begegneten und umarmten, das Kreuz, hätte keinerlei Bedeutung mit Ausnahme einer zufälligen, äußerlichen.“ – Carlyle

Den größten Teil des Lebens der gegenwärtigen Schreiberin hat das Studium der verborgenen Bedeutung sämtlicher religiöser und profaner Legenden eingenommen, von welcher Nation auch immer, ob groß oder klein – und insbesondere der Traditionen des Ostens. Sie zählt zu jenen, die davon überzeugt sind, dass mythologische Geschichten und überlieferte Begebenheiten der Weisheit der Völker aller Zeiten noch niemals reine Erfindung gewesen seien, sondern dass jede dieser Erzählungen auf einem tatsächlichen historischen Hintergrund beruht. Wie angesehen auch immer diese Symbologen sein mögen, die Schreiberin stimmt mit jenen von ihnen nicht überein, die in jedem Mythos nichts anderes als einen weiteren Beweis für die abergläubische Gedankenhaltung der Alten finden und der Ansicht sind, sämtliche Mythologien seien aus Sonnenmythen entsprungen und darauf aufgebaut. Diese oberflächlichen Denker wurden auf bewundernswerte Weise von Gerald Massey, dem Dichter und Ägyptologen, in einem Vortrag über „Luniolatry: Ancient and Modern“ widerlegt. Da sie unsere eigenen Gefühle so gut wiedergibt, ist seine scharfe Kritik einer Wiederholung in diesem Teil dieses Werkes wert; dieselbe Kritik brachten wir bereits im Jahre 1875 offen zum Ausdruck, als „Isis Unveiled“ geschrieben wurde.

„Seit dreißig Jahren lehrt Prof. Max Müller in seinen Büchern und Vorträgen, in der Times und verschiedenen Zeitschriften, von der Bühne der Royal Institution, von der Kanzel der Westminster Abbey und von seinem Stuhl in Oxford aus, dass Mythologie eine Krankheit der Sprache sei, und dass die alte Symbolik das Ergebnis einer Art frühgeschichtlicher Verwirrung war.

‘Wir wissen’, sagt Renouf in seinen Hibbert-Vorlesungen und wiederholt damit Max Müller, ‘wir wissen, dass Mythologie eine Krankheit ist, die in einem gewissen Stadium der menschlichen Kultur auftritt’. So lautet die oberflächliche Erklärung der Nichtevolutionisten, und solche Erklärungen werden bis heute vom britischen Publikum akzeptiert, das andere [SD # 304] für sich denken lässt. Prof. Max Müller, Cox, Gubernatis und andere Vertreter der Idee eines Sonnenmythos stellten den ursprünglichen Erschaffer eines Mythos als eine Art germanisierten Hindu-Metaphysiker dar, der seinen eigenen Schatten auf einen Gedankennebel projiziert und geistreich über Rauch oder zumindest Wolken spricht; dabei wird der Himmel über ihm zum mit Bildern uralter Alpträume bekritzelten Dom des Traumlands! Sie stellen sich den frühen Menschen nach ihrem eigenen Bild vor und sind der Ansicht, dass er widernatürlich zur Selbst-Mystifizierung neige, oder wie Fontenelle sich ausdrückt: ‘Anfällig dafür, nicht existierende Dinge zu sehen.’ Sie stellten den primitiven oder archaischen Menschen fälschlicherweise so dar, als wäre er von Anfang an durch eine aktive, aber ungeschulte Imagination idiotischerweise dazu verleitet worden, an alle Arten von Trugbildern zu glauben, welche seinen eigenen täglichen Erfahrungen direkt und beständig widersprachen; ein Dummkopf inmitten der grausamen Wirklichkeiten, die ihm seine Erfahrungen einschliffen wie die scheuernden Eisberge ihre Spuren auf die unter Wasser liegenden Felsen hinterlassen. Es bleibt zu sagen – und es wird eines Tages anerkannt werden –, dass diese akzeptierten Lehrer den Anfängen der Mythologie und der Sprache nicht näher kamen als Burns Dichter Willie dem Pegasus. Meine Antwort lautet, es ist nur ein Traum der metaphysischen Theoretiker, dass Mythologie eine Krankheit der Sprache war oder von irgendetwas anderem als seinem eigenen Gehirn. Diese Sonnendeuter und falschen Wetter-Propheten verfehlten den Ursprung und die Bedeutung der Mythologie vollständig! Mythologie war eine ursprüngliche Art, den frühen Gedanken zu denken. Sie gründete sich auf Tatsachen der Natur und ist auch heute noch durch Phänomene nachweisbar. Es liegt nichts Wahnsinniges, nichts Irrationales in ihr, wenn sie im Licht der Evolution betrachtet und die sie zum Ausdruck bringende Symbolsprache vollständig verstanden wird. Der Wahnsinn besteht vielmehr darin, sie fälschlicherweise für menschliche Geschichte oder Göttliche Offenbarung zu halten.1 Mythologie ist die Fundgrube der ältesten Wissenschaft des Menschen, und das ist es, was uns wirklich interessiert – wenn sie wieder richtig interpretiert wird, ist sie dazu bestimmt, diesen falschen Theologien den Tod zu bringen, die sie unbewusst ins Leben gesetzt hat.2 Im modernen Sprachgebrauch wird eine Aussage manchmal im Verhältnis zu ihrer Unwahrheit als mythisch bezeichnet. Die alte Mythologie war jedoch kein System und keine Art von Fälschung in diesem Sinn. Ihre Fabeln waren Mittel, um Tatsachen mitzuteilen. Sie waren weder Fälschungen noch Erdichtungen. . . . Wenn zum Beispiel die Ägypter den Mond als eine Katze abbildeten, waren sie weder so unwissend zu glauben, dass der Mond eine Katze wäre; noch erkannte ihre ausschweifende Fantasie irgendeine Ähnlichkeit zwischen dem Mond und einer Katze; auch war ein Katzenmythos keine bloße Erweiterung einer verbalen Metapher oder hatten sie irgendeine Absicht, Geduldsspiele oder Rätsel zu erschaffen. . . . Sie hatten die einfache Tatsache beobachtet, dass die Katze im Dunkeln sieht und dass ihre Augen bei Nacht kugelrund werden und am stärksten leuchten. Der Mond war bei Nacht der Seher am Himmel, und die Katze sein Äquivalent auf der Erde; und so wurde die vertraute Katze als sein Repräsentant angenommen, ein natürliches Symbol, ein lebendiges Piktogramm der Mondkugel. . . . Und daraus folgte, dass die Sonne, die zur Nachtzeit in die Unterwelt blickte, ebenfalls die Katze genannt werden konnte, weil sie sozusagen auch in der Dunkelheit sah. [SD # 305] Katze heißt auf Ägyptisch Mau, was Seher bedeutet, von mau, sehen. Einer der Autoren über Mythologie bestätigt, dass die Ägypter ‘sich eine große Katze hinter der Sonne vorstellten, wobei die Pupille deren Katzenauge ist’. Aber diese Vorstellung ist ganz modern. Sie ist aus dem Müllerschen Warenlager. Der Mond als Katze war das Auge der Sonne, weil er das Sonnenlicht reflektierte und weil das Auge das Bild in seinem Spiegel zurückwirft. In Gestalt der Göttin Pasht wacht die Katze über die Sonne, indem sie mit ihrer Pfote den Kopf der Schlange der Finsternis niederhält und zerquetscht, die als ihr ewiger Feind bezeichnet wird. . . .

Das ist eine sehr genaue Darstellung des Mondmythos in seinem astronomischen Aspekt. Die Selenografie ist jedoch die am wenigsten esoterische der Unterabteilungen der lunaren Symbolik. Um die – wenn wir ein neues Wort prägen dürfen – Selenognosis vollständig zu beherrschen, muss man in mehr Dingen bewandert sein als in ihrer astronomischen Bedeutung. Der Mond (vide § IX, „Deus Lunus“) steht in enger Verwandtschaft mit der Erde, wie in Stanze VI des I. Bandes gezeigt wurde, und hat direkter mit all den Mysterien unseres Globus zu tun als selbst Venus-Luzifer, die okkulte Schwester und das Alter-Ego der Erde.

Die unermüdlichen Forschungsarbeiten westlicher, insbesondere deutscher Symbologen im letzten und gegenwärtigen Jahrhundert, haben alle Okkultisten und die vorurteilsfreiesten Menschen dahin gebracht einzusehen, dass ohne die Hilfe der Symbologie (mit ihren sieben Unterabteilungen, von denen die Modernen nichts wissen) keine heilige Schrift jemals richtig verstanden werden kann. Symbologie muss in jedem einzelnen ihrer Aspekte studiert werden, denn jede Nation hatte ihre eigenen, besonderen Ausdrucksweisen. Kurz gesagt, kein ägyptischer Papyrus, kein indisches Palmblatt, kein assyrischer Ziegel und keine hebräische Schriftrolle sollte buchstäblich gelesen und akzeptiert werden.

Das weiß heute jeder Gelehrte. Die vortrefflichen Vorlesungen von Gerald Massey allein reichen aus, jeden aufrichtigen Christen davon zu überzeugen, dass er in einen noch größeren Irrtum und Aberglauben verfällt als ihn das Gehirn eines wilden Südseeinsulaners jemals hervorgebracht hat, wenn er den toten Buchstaben der Bibel akzeptiert. Aber der Punkt, dem gegenüber selbst die meisten wahrheitsliebenden und wahrheitssuchenden Orientalisten blind zu bleiben scheinen – seien sie Experten für Arier oder Ägyptologen – ist die Tatsache, dass jedes auf Papyrus oder einen Tontopf aufgezeichnete Symbol einem vielflächigen Diamanten gleicht, dessen Facetten jede für sich nicht nur unterschiedliche Interpretationen in sich birgt, sondern sich auch auf verschiedene Wissenschaften bezieht. Ein Beispiel hierfür ist die soeben zitierte Interpretation des Mondes, der durch die Katze symbolisiert wird – ein Beispiel für siderisch-terrestrische Bilddarstellung, denn der Mond hat bei anderen Nationen noch viele weitere Bedeutungen.

Wie der verstorbene Kenneth Mackenzie, erfahrener Freimaurer und Theosoph, in seiner Royal Masonic Cyclopaedia gezeigt hat, besteht ein großer Unterschied zwischen Emblem und Symbol. Ersteres „umfasst eine größere Anzahl von Gedanken als ein Symbol, von dem man sagen kann, dass es nur eine einzelne, besondere Idee versinnbildlicht“. So bilden die Symbole (sagen wir lunare oder solare) verschiedener Länder, von denen ein jedes eine solche besondere Idee oder eine Reihe von Ideen veranschaulicht, zusammengenommen ein esoterisches Emblem. Letzteres ist „ein konkretes, sichtbares [SD # 306] Bild oder Zeichen, das ein Prinzip oder eine Reihe von Prinzipien darstellt – für jene erkennbar, die gewisse Instruktionen erhalten haben“ (Initiierte). Um es noch klarer zu machen: Ein Emblem ist gewöhnlich eine allegorisch betrachtete und erklärte Reihe von grafischen Bildern, und es entfaltet in panoramischen Motiven Schritt für Schritt eine Idee. So sind die Puranas geschriebene Embleme. Das Gleiche gilt für die mosaischen und christlichen Testamente oder die Bibel und allen anderen exoterischen Schriften. Wie uns dieselbe Autorität sagt:

„Alle esoterischen Gesellschaften verwendeten Embleme und Symbole, so wie die Pythagoreische Gesellschaft, die Eleusinische, die Hermetische Bruderschaft von Ägypten, die Rosenkreuzer und die Freimaurer. Viele dieser Embleme sind nicht dafür geeignet, den Augen der Allgemeinheit preisgegeben zu werden, und ein sehr geringfügiger Unterschied kann das Emblem oder Symbol in seiner Bedeutung stark verändern. Die magischen Sigillen, die auf gewissen Zahlenprinzipien gründen, weisen denselben Charakter auf; und wenn sie auch in den Augen der nicht Unterwiesenen ungeheuerlich oder lächerlich erscheinen, vermitteln sie denjenigen ein ganzes Lehrgebäude, die darin geschult wurden, sie zu erkennen.“

Die oben aufgezählten Gesellschaften sind alle verhältnismäßig jung, keine reicht weiter zurück als bis ins Mittelalter. Um so angebrachter wird es daher sein, dass die Schüler der ältesten archaischen Schule darauf bedacht sind, keine Geheimnisse preiszugeben, welche für die Menschheit von viel größerer Bedeutung sind (in dem Sinne, dass sie in den Händen Letzterer gefährlich sind) als sämtliche sogenannten „freimaurerischen Geheimnisse“, welche jetzt dem „Polichinelle“ anheim fielen, wie die Franzosen sagen! Aber diese Einschränkung kann lediglich die psychologische oder vielmehr psycho-physiologische und kosmische Bedeutung der Symbole und Embleme betreffen, und selbst das nur teilweise. Ein Adept muss sich weigern, die Bedingungen und Mittel weiterzugeben, die auf eine Korrelation von Elementen hinführen – ob psychisch oder physisch –, welche sowohl ein schädliches als auch ein nützliches Resultat hervorbringen können. Aber er ist immer bereit, dem ernsthaften Schüler das Geheimnis des alten Denkens mitzuteilen in Bezug auf die hinter der mythologischen Symbolik verborgene Geschichte, und ihn damit für einen Rückblick in die Vergangenheit mit einigen weiteren Landmarken auszustatten, insoweit sich daraus nützliche Informationen über den Ursprung des Menschen, die Evolution der Rassen und die Geognosis ergeben; und doch wird heutzutage die Klage nicht nur unter den Theosophen, sondern auch unter den wenigen an dem Thema interessierten Profanen laut: „Warum enthüllen die Adepten nicht das, was sie wissen?“ Hierauf könnte man antworten: „Warum sollten sie das tun, da im Vorhinein bekannt ist, dass kein Wissenschaftler die übermittelten Tatsachen akzeptieren wird, nicht einmal als Hypothese, geschweige denn als Theorie oder Axiom? Haben Sie auch nur das A B C der okkulten Philosophie, wie es im Theosophist, im „Esoteric Buddhism“ und anderen Werken und Zeitschriften enthalten ist, akzeptiert oder daran geglaubt? Wurde nicht selbst das Wenige, was gegeben wurde, lächerlich gemacht und verspottet und einerseits der „Tier-“ und „Affentheorie“ von Huxley/Haeckel und andererseits der Rippe Adams und dem Apfel gegenübergestell? Trotz dieser wenig beneidenswerten Aussichten wird im vorliegenden Werk eine Menge von Tatsachen gegeben. Und nun werden der Ursprung des Menschen, die Evolution des Globus und [SD # 307] der menschlichen und tierischen Rassen hier so vollständig behandelt, wie die Schreiberin sich dazu in der Lage sieht.

Die zur Bestätigung der alten Lehren vorgebrachten Beweise finden sich weit verstreut in den alten Schriften vergangener Zivilisationen. Die Puranas, die Zend-Avesta und die alten Klassiker sind voll von ihnen; aber niemand hat sich jemals die Mühe gemacht, diese Tatsachen zu sammeln und abzugleichen. Der Grund dafür ist, dass alle diese Ereignisse symbolisch aufgezeichnet wurden; und dass die besten Gelehrten, die schärfsten Denker unter unseren Arier-Experten und Ägyptologen, allzu oft von der einen oder anderen vorgefassten Meinung und noch häufiger von einseitigen Ansichten über die geheime Bedeutung in Verwirrung gebracht wurden. Und dennoch ist selbst eine Parabel ein gesprochenes Symbol: eine Erdichtung oder Fabel, wie manche denken; eine allegorische Darstellung von Lebenswirklichkeiten, Ereignissen und Tatsachen, wie wir sagen. Und da Parabeln für gewöhnlich eine Moral enthalten, welche eine effektive Wahrheit und Tatsache im menschlichen Leben darstellt, konnten jene, die mit den hieratischen Wissenschaften vertraut waren, aus gewissen in den alten Tempelarchiven aufgezeichneten Emblemen und Symbolen echte historische Ereignisse ableiten. Die religiöse und esoterische Geschichte einer jeden Nation wurde in Symbole eingebettet; niemals wurden viele Worte um sie gemacht. Alle Gedanken und Emotionen, all die Gelehrsamkeit und das Wissen der früheren Rassen, offenbart und erworben, fanden ihre bildliche Darstellung in Allegorie und Parabel. Warum? Weil das gesprochene Wort eine Kraft besitzt, welche den modernen „Weisen“ nicht bekannt ist, die sie nicht erwarten und anzweifeln. Weil Ton und Rhythmus mit den vier Elementen der Alten in enger Beziehung stehen; und weil diese oder jene Schwingung in der Luft mit Sicherheit korrespondierende Kräfte erwecken kann und eine Vereinigung mit ihnen gegebenenfalls gute oder schlechte Wirkungen hervorbringt. Keinem Schüler wurde jemals erlaubt, historische, religiöse oder tatsächliche Ereignisse jedweder Art in mancherlei unmissverständlichen Worten vorzutragen, um nicht die mit dem Ereignis in Verbindung stehenden Mächte erneut anzuziehen. Solche Ereignisse wurden nur während der Initiation geschildert, und jeder Schüler musste sie in entsprechenden, aus seinem eigenen Gemüt entnommenen Symbolen aufzeichnen, später prüfte sie sein Meister, bevor sie schließlich akzeptiert wurden. So entstand mit der Zeit das chinesische Alphabet, entsprechend der Festlegung der hieratischen Symbole im alten Ägypten davor. In der chinesischen Sprache, deren Schriftzeichen in jeder beliebigen Sprache3 gelesen werden können und die nur wenig jünger sind als das ägyptische Alphabet des Thot, besitzt jedes Wort sein korrespondierendes Symbol, welches das benötigte Wort in bildlicher Form darstellt. Die Sprache besitzt viele Tausende solcher Symbolbuchstaben oder Logogramme, von denen jedes ein ganzes Wort bedeutet; denn einzelne Buchstaben oder ein Alphabet existieren im Chinesischen ebenso wenig wie bis zu einer viel späteren Periode im Ägyptischen.

[SD # 308] Nun wird die Erklärung der Hauptsymbole und Embleme versucht, weil Band II, der die Anthropogenesis behandelt, ohne vorbereitende Bekanntschaft zumindest mit den metaphysischen Symbolen äußerst schwer zu verstehen sein würde.

Auch wäre es unangemessen, eine esoterische Erklärung der Symbole zu beginnen, ohne jenem die gebührende Ehre zu erweisen, der ihr in diesem Jahrhundert den größten Dienst erwiesen hat, indem er den Hauptschlüssel zu der alten hebräischen Symbologie entdeckte, welcher mit der Metrologie eng verwoben ist und einen der Schlüssel zur einstmals universalen Mysteriensprache darstellt. Unser Dank gebührt Ralston Skinner aus Cincinnati, dem Verfasser von „The Key to the Hebrew-Egyptian Mystery in the Source of Measures“. Von Natur aus Mystiker und Kabbalist, hat er viele Jahre in dieser Richtung gearbeitet, und seine Bemühungen wurden zweifellos von großem Erfolg gekrönt. Mit seinen eigenen Worten:

„Der Schreiber ist sich ganz sicher, dass es eine alte Sprache gab, die gegenwärtig und bis in unsere Zeit verloren zu sein scheint, deren Spuren aber reichlich vorhanden sind. . . . Der Verfasser entdeckte, dass dieses geometrische Verhältnis (das integrale Verhältnis zwischen Kreisdurchmesser und -umfang) der sehr alte und wahrscheinlich göttliche Ursprung der linearen Maße ist. . . . Es erscheint nahezu bewiesen, dass dasselbe System von Geometrie, Zahlen, Verhältnissen und Maßen auch auf dem nordamerikanischen Kontinent bekannt war und benützt wurde, sogar bevor es den abstammenden Semiten bekannt war. . . . .

Die Besonderheit dieser Sprache war, dass sie in einer anderen enthalten sein konnte, verborgen und nicht wahrnehmbar, ausgenommen mithilfe einer besonderen Unterweisung; Buchstaben und Silbenzeichen besaßen gleichzeitig die Kraft oder Bedeutung von Zahlen, von geometrischen Figuren, Bildern oder Ideogrammen und Symbolen. Ihr beabsichtigter Zweck konnte von in Erzählungen oder Teilen von Erzählungen enthaltenen Parabeln unterstützt werden; oder er wurde separat dargelegt, unabhängig und auf unterschiedliche Weise durch Bilder, in Steinwerken oder Lehmbauten.

Um eine Zweideutigkeit in Bezug auf den Ausdruck Sprache aufzuklären: Ursprünglich bedeutet das Wort den Ausdruck von Ideen durch die menschliche Sprache. In zweiter Linie aber kann es auch den Ausdruck von Ideen durch ein beliebiges anderes Mittel bedeuten. Diese alte Sprache ist auf solche Weise in den hebräischen Text gefasst, dass mit der Verwendung der geschriebenen Schriftzeichen – welche die der ersten Definition entsprechende Sprache ergeben – eine sich von den Inhalten der gelesenen Lautzeichen unterscheidende Reihe von Ideen absichtlich mitgeteilt werden kann. Hinter einem Schleier verborgen, legt diese Sekundärsprache ganze Reihen von Ideen dar, Kopien wahrnehmbarer und abbildbarer Dinge in der Imagination, und von Dingen, die als real bezeichnet werden können, ohne jedoch wahrnehmbar zu sein; zum Beispiel kann die Zahl 9 als eine Wirklichkeit betrachtet werden, obwohl sie keine wahrnehmbare Existenz hat, und so kann auch eine Umdrehung des Mondes, unabhängig von dem diese Umdrehung verursachenden Mond so betrachtet werden, dass sie eine reale Vorstellung hervorruft oder sie verursachen kann, obwohl ein solcher Umlauf nicht substanziell ist. Diese Ideensprache kann aus Symbolen bestehen, die auf willkürliche Begriffe und Zeichen mit einem sehr eng begrenzten Vorstellungsinhalt beschränkt und ziemlich bedeutungslos sind, oder sie kann eine Vorstellung der Natur in einigen ihrer Manifestationen von nahezu unermesslichem Wert in Bezug auf die menschliche Zivilisation sein. Ein Bild eines beliebigen natürlichen Gegenstandes kann die Vorstellung von in Einklang gebrachter [SD # 309] Substanz-Materie hervorrufen, welche den Speichen eines Rades gleich in verschiedene und selbst in entgegengesetzte Richtungen ausstrahlt und natürliche Wirkungen in Bereichen hervorrufen, welche der scheinbaren Richtung der Auffassung des ersten oder Anfangsbildes ganz fremd sind. Ein Begriff kann einen verwandten Begriff hervorrufen, aber wenn das zutrifft, dann müssen, auch scheinbar inkongruent, alle sich ergebenden Ideen aus dem ursprünglichen Bild hervorgehen und harmonisch miteinander verbunden oder verwandt sein. . . . So könnte aus einer bildlich dargestellten Idee – wenn sie radikal genug ist – die Vorstellung vom Kosmos selbst, sogar mit den Einzelheiten seiner Konstruktion, entstehen. Ein solcher Gebrauch der gewöhnlichen Sprache ist jetzt veraltet, aber dem Verfasser kam die Frage in den Sinn, ob sie oder etwas Ähnliches nicht zu einer längst vergangenen Zeit die Weltsprache war und allgemein verwendet wurde, jedoch in den Besitz einer auserwählten Klasse oder Kaste gelangte, als sie mehr und mehr in ihre geheimen Formen ausgebildet wurde. Damit meine ich, dass die Volkssprache oder Mundart bereits in ihren ersten Anfängen als Vehikel für diese besondere Art der Weitergabe von Ideen benützt zu werden begann. Hierfür existieren starke Beweise; und es scheint so, dass in der Geschichte der menschlichen Rasse aus Gründen, die wir zumindest gegenwärtig auf keine Weise zurückverfolgen können, ein Verfall oder Verlust einer ursprünglichen vollkommenen Sprache und einem vollkommenen Wissenssystem eingetreten ist – sollen wir sagen vollkommen, weil sie göttlichen Ursprungs war und vom Göttlichen eingeführt wurde?“

„Göttlicher Ursprung“ bedeutet hier nicht eine Offenbarung eines anthropomorphen Gottes auf einem Berg inmitten von Blitz und Donner; sondern – wie wir es verstehen – eine Sprache und ein Wissenschaftssystem, welche der ersten Menschheit von einer weiter vorangeschrittenen Menschheit übermittelt wurde – soviel höher, dass sie in den Augen dieser kindlichen Menschheit göttlich war. Kurz gesagt, von einer „Menschheit“ aus anderen Sphären; eine Idee, die nichts Übernatürliches enthält, deren Annahme oder Ablehnung jedoch vom Maß der Einbildung und Arroganz im Gemüt dessen abhängt, dem sie vorgelegt wird. Denn wenn die Professoren der modernen Wissenschaft nur eingestehen würden, dass sie zwar nichts über die Zukunft des körperlosen Menschen wissen – oder vielmehr nichts darüber annehmen wollen –, dass aber diese Zukunft voller Überraschungen und unerwarteter Enthüllungen für sie sein könnte, sobald ihre Egos von ihren groben Körpern befreit sein werden – dann hätte der materialistische Unglaube geringere Chancen als gegenwärtig. Wer von ihnen weiß oder kann uns sagen, was geschehen könnte, wenn der Lebenszyklus dieses Globus einst abgelaufen sein und unsere Mutter Erde selbst in ihren letzten Schlaf versinken wird? Wer ist kühn genug zu behaupten, dass die göttlichen Egos unserer Menschheit – zumindest die Auserwählten der in andere Sphären übergehenden Scharen – nicht ihrerseits die „göttlichen“ Unterweiser einer neuen, von ihnen auf einem neuen Globus erschaffenen Menschheit sein werden, von den entkörperten „Prinzipien“ unserer Erde ins Leben gerufen und in Aktivität versetzt? (Siehe Stanze VI, Band I, Teil I) All das mag in der Vergangenheit erlebt worden sein, und diese seltsamen Dokumente liegen in der „Mysteriensprache“ der prähistorischen Zeitalter vergraben, jener Sprache, die jetzt Symbolik genannt wird.

[SD # 310]
§
II
Die Mysteriensprache und ihre Schlüssel

Über den geringsten Zweifel erhaben beweisen somit kürzlich von großen Mathematikern und Kabbalisten gemachte Entdeckungen, dass alle Theologien, von der frühesten und ältesten bis hin zur jüngsten, nicht nur aus einer gemeinsamen Quelle abstrakter Glaubenslehren abstammen, sondern auch aus einer universalen, esoterischen oder „Mysterien“-Sprache. Diese Gelehrten besitzen den Schlüssel zur universalen Sprache der Vorzeit und haben das in die Halle der Mysterien führende hermetisch verschlossene Tor damit erfolgreich aufgeschlossen, wenn auch nur einmal. Das seit vorgeschichtlichen Zeiten als die heilige Weisheits-Wissenschaft bekannte große archaische System, welches in allen alten so gut als wie in allen neuen Religionen enthalten ist und dort gefunden werden kann, besaß seine universale Sprache und besitzt sie noch immer – wie der Freimaurer Ragon vermutet –, die Sprache der Hierophanten, die sozusagen sieben „Dialekte“ hat, von welchen sich jeder Einzelne auf eines der sieben Geheimnisse der Natur bezieht und dafür besonders geeignet ist. Jeder hatte seine eigene Symbolik. Die Natur konnte so entweder in ihrer Gänze gelesen oder von einem beliebigen ihrer besonderen Aspekte aus betrachtet werden.

Der Beweis dafür liegt bis zum heutigen Tag in der außerordentlichen Schwierigkeit, welchen die Orientalisten im Allgemeinen und die Erforscher der indischen Sprachen und die Ägyptologen im Besonderen bei der Interpretation der allegorischen Schriften der Arier und der hieratischen Aufzeichnungen des alten Ägyptens begegnen. Das ist so, weil sie niemals berücksichtigen, dass alle alten Aufzeichnungen in einer universalen und in der alten Zeit allen Nationen gleichermaßen bekannten Sprache geschrieben waren, die jedoch heute nur den Wenigen verständlich ist. Wie die arabischen Ziffern, welche die Menschen aller Nationen kennen, oder wie das englische Word and, das bei den Franzosen zum et und bei den Deutschen zum und wird und so weiter, das aber bei sämtlichen zivilisierten Nationen durch das einfache Zeichen & ausgedrückt werden kann – auf dieselbe Weise haben alle Worte der Mysteriensprache für alle Menschen ein und dieselbe Bedeutung, einerlei welcher Nationalität sie angehören mögen. Es gab verschiedene beachtenswerte Männer, die den Versuch unternahmen, eine solche universale und philosophische Sprache erneut zu errichten, darunter Delgarme, Wilkins, Leibniz; Demaimieux zeigte mit seiner Pasigrafie als Einziger auf, dass sie möglich ist. Das die „Griechische Kabbala“ genannte System von Valentinius, welches auf der Verbindung griechischer Buchstaben beruht, kann als Vorbild dienen.

Die vielseitigen Facetten der Mysteriensprache haben in der Exoterik der kirchlichen Rituale zur Annahme sehr unterschiedlicher Dogmen und Riten geführt. Noch einmal, diese waren der Ursprung der meisten Dogmen der christlichen Kirche, z. B. der sieben Sakramente, der Dreieinigkeit, der Wiederauferstehung; der sieben Todsünden und der sieben Tugenden. Die sieben Schlüssel zur Mysteriensprache jedoch befanden sich immer in [SD # 311] der Verwahrung der höchsten unter den initiierten Hierophanten des Altertums; durch den Verrat einiger frühzeitiger Kirchenväter – ehemaliger Tempelinitiierter – fiel der neuen Sekte der Nazarener lediglich der teilweise Gebrauch einiger dieser sieben in die Hände. Einige der frühen Päpste waren Initiierte. Die letzten Bruchstücke ihrer Wissenschaft sind heute jedoch in den Machtbereich der Jesuiten gefallen, die sie in ein System von Zauberei verwandelten.

Es wird behauptet, dass Indien (nicht in seinen gegenwärtigen Grenzen, sondern innerhalb seiner alten Grenzen) das einzige Land der Erde ist, unter dessen Söhnen sich noch Adepten befinden, welche die Kenntnis aller sieben Untersysteme und den Schlüssel zum gesamten System besitzen. Seit dem Fall von Memphis begann Ägypten, diese Schlüssel zu verlieren, einen nach dem anderen, und Chaldäa bewahrte in den Tagen des Berossos lediglich noch drei von ihnen auf. Was die Hebräer betrifft, so zeigen sie in allen ihren Schriften keine genaue Kenntnis der astronomischen, geometrischen und numerischen Systeme, die alle menschlichen und insbesondere die physiologischen Funktionen symbolisieren. Sie haben die höheren Schlüssel niemals besessen.

Gaston Maspero, der große französische Ägyptologe und Nachfolger von Auguste Mariette-Bey, schreibt: „So oft ich Menschen über die Religion Ägyptens sprechen höre, bin ich immer versucht zu fragen, von welcher der ägyptischen Religionen sie sprechen. Sprechen sie von der ägyptischen Religion der 4. Dynastie oder von der ägyptischen Religion der Ptolemäischen Periode? Von der Religion des Pöbels oder von der der Gelehrten? Von der in den Schulen von Heliopolis gelehrten oder von der in den Köpfen und Vorstellungen der Priesterklasse in Theben gepflegten? Denn zwischen dem ersten Grab von Memphis, welches die Kartusche eines Königs der dritten Dynastie trägt, und den letzten Steinen in Esna unter Philippus Caesar, dem Araber, liegt ein Zeitraum von mindestens fünftausend Jahren. Wenn wir die Invasion der Hirten, die äthiopischen und assyrischen Herrschaftsgebiete, die persische Eroberung, die griechische Kolonisierung und die tausend Umwälzungen seines politischen Lebens außer Acht lassen, hat Ägypten während dieser fünftausend Jahre zahlreiche Wandlungen des moralischen und intellektuellen Lebens durchgemacht. Kapitel 17 des „Totenbuches“, welches eine Darstellung des Weltensystems gemäß der Auffassung in Heliopolis zur Zeit der ersten Dynastien zu enthalten scheint, ist uns nur durch einige wenige aus der elften und zwölften Dynastie erhaltene Kopien bekannt. Jeder der darin enthaltenen Verse wurde schon damals auf drei oder vier verschiedene Arten interpretiert, die sich tatsächlich derartig voneinander unterschieden, dass nach der einen oder anderen Auslegung der Demiurg entweder zum Sonnenfeuer – Ra-Schu – oder zum Urwasser wurde. Fünfzehn Jahrhunderte später hatte die Zahl der Deutungen erheblich zugenommen. Die Zeit hatte in ihrem Verlauf die Vorstellungen vom Universum und die es beherrschenden Kräfte modifiziert. In den kaum achtzehn Jahrhunderten, welche das Christentum besteht, hat es die meisten seiner Dogmen ausgearbeitet, [SD # 312] entwickelt und umgewandelt; wie oft mag da nicht die ägyptische Priesterschaft ihre Dogmen während jener fünfzig Jahrhunderte verändert haben, die Theodosius von den königlichen Erbauern der Pyramiden trennen?“

Hier geht der hervorragende Ägyptologe unserer Ansicht nach zu weit. Die exoterischen Dogmen mögen oft verändert worden sein, die esoterischen niemals. Er berücksichtigt nicht die heilige Unveränderlichkeit der ausschließlich während der Initiationsmysterien geoffenbarten ursprünglichen Wahrheiten. Die ägyptischen Priester haben viel vergessen, sie veränderten nichts. Der Verlust eines großen Teiles der ursprünglichen Lehre war die Folge plötzlicher Todesfälle unter den großen Hierophanten, die verstarben, bevor sie Zeit hatten, ihren Nachfolgern alles zu offenbaren; hauptsächlich, weil es an würdigen Erben für das Wissen fehlte. Doch bewahrten sie die Hauptsätze der Geheimlehre in ihren Ritualen und Dogmen. So finden wir in dem von Maspero erwähnten siebzehnten Kapitel Folgendes: (1) Osiris sagt, er sei Tum (die schöpferische Kraft in der Natur, welche allen Wesen, Geistern und Menschen ihre Form gibt), selbst erzeugt und selbstexistent, hervorgegangen aus Nun, dem himmlischen Fluss, Vater-Mutter der Götter genannt, die ursprüngliche Gottheit, die Chaos oder Tiefe ist, von dem unsichtbaren Geist erfüllt. (2) Er fand Schu (Sonnenkraft) auf der Treppe in der Stadt der Acht (der zwei Würfel des Guten und Bösen) und vernichtete die Kinder des Aufruhrs, die bösen Prinzipien in Nun (Chaos). (3) Er ist das Feuer und das Wasser, d. h. Nun, der ursprüngliche Elter, und er erschuf die Götter aus seinen Gliedern – 14 Götter (zweimal sieben), sieben dunkle und sieben helle (bei den Christen die sieben Geister der Gegenwart und die sieben dunklen, bösen Geister). (4) Er ist das Gesetz der Existenz und des Seins (V. 10), der Bennu (oder Phönix, der Vogel der Auferstehung in der Ewigkeit), in welchem die Nacht dem Tag und der Tag der Nacht folgt – eine Anspielung auf die periodischen Zyklen der kosmischen Wiederauferstehung und der menschlichen Reinkarnation; was sonst könnte dies bedeuten? „Der Wanderer, der Millionen von Jahren durchschreitet, im Namen des Einen, und das Große Grüne (Urwasser und Chaos) ist der Name des anderen“ (V. 17), der eine zeugt Millionen von zusammenhängenden Jahren, der andere verschlingt sie, um sie wiederherzustellen. (5) Er spricht von den Sieben Leuchtenden, die ihrem Herrn folgen, der Gerechtigkeit gewährt (Osiris in Amenti).

All das war, wie jetzt gezeigt wurde, Quelle und Ursprung christlicher Dogmen. Was die Juden durch Moses und andere Initiierte aus Ägypten hatten, wurde in späteren Jahren ziemlich verwirrt und entstellt. Und was die Kirchen von beiden übernommen haben, ist noch schlechter interpretiert.

Doch hat sich ihr System auf einem speziellen Gebiet der Symbologie – nämlich dem Schlüssel zu den Mysterien der Astronomie in ihrem Zusammenhang mit denen der Zeugung und Empfängnis – jetzt als übereinstimmend erwiesen mit den Vorstellungen jener alter Religionen, deren Theologien das phallische Element entwickelten. Das jüdische System der auf religiöse Symbole angewendeten heiligen Maße entspricht jenen von Chaldäa, Griechenland und Ägypten, [SD # 313] insofern geometrische und numerische Kombinationen in Betracht gezogen werden, denn die Juden übernahmen es in den Jahrhunderten ihrer Sklavendienste und Gefangenschaft in diesen Nationen.4 Was charakterisierte dieses System? Es ist die tiefste Überzeugung des Verfassers von „The Source of Measures“, dass „die mosaischen Bücher beabsichtigen, mithilfe einer Art Kunstsprache ein geometrisches und numerisches System exakter Wissenschaft aufzustellen, das als eine Quelle der Maße dienen sollte“. Piazzi Smyth glaubt dasselbe. Dieses System und diese Maße werden von einigen Gelehrten für identisch gehalten mit jenen, die bei der Erbauung der Großen Pyramide benutzt wurden – aber das ist nur teilweise so. „Die Grundlage dieser Maße war das Parkersche Verhältnis“, sagt R. Skinner in „The Source of Measures“.

Nach seiner Angabe fand der Verfasser dieses ganz außergewöhnlichen Werkes das heraus, als er das integrale Zahlenverhältnis zwischen dem Durchmesser und dem Umfang des Kreises anwandte, welches von John Parker aus New York entdeckt worden war. Dieses Verhältnis beträgt 6.561 für den Durchmesser und 20.612 für den Umfang. Weiter fand er heraus, dass dieses geometrische Verhältnis der sehr alte (und wahrscheinlich) der göttliche Ursprung dessen ist, was durch exoterische Bearbeitung und praktische Anwendung zu den britischen Längenmaßen wurde. „Deren zugrundeliegende Einheit, nämlich das Zoll, war gleichermaßen die Grundlage der königlichen ägyptische Elle und des römischen Fußes. Er fand auch heraus, dass es eine modifizierte Form dieses Verhältnisses gab, nämlich 113 zu 355 (erklärt in seinem Werk); und dass – da dieses Verhältnis aufgrund seines Ursprungs auf das exakte Integral pi oder auf 6.561 zu 20.612 hindeutet – es auch als Grundlage für astronomische Berechnungen diente. Der Verfasser entdeckte, dass ein auf diese Verhältnisse gründendes und beim Bau der Großen Pyramide in Ägypten angewendetes System exakter geometrischer, numerischer und astronomischer Wissenschaft ein Teil der Fracht dieser Sprache war, welche im Wortschwall des hebräischen Textes der Bibel enthalten und darin verborgen ist. Der Zoll und das 2-Fuß-Lineal mit 24 Zoll, deren Anwendung sich durch die Elemente des Kreises (siehe die ersten Seiten von Band I) und der erwähnten Verhältnisse erklärt, wurden als Grundlage oder Fundament dieses natürlichen, ägyptischen sowie hebräischen wissenschaftlichen Systems erkannt, außerdem scheint es auch einigermaßen erwiesen zu sein, dass dieses System selbst als aus göttlichem Ursprung stammend und als göttlich geoffenbart betrachtet wurde. . . .“ [SD # 314] Aber schauen wir einmal, was die Gegner von Prof. Piazzi Smyths Vermessung der Pyramide vorzubringen haben.

Petrie scheint sie zurückzuweisen, und überhaupt mit Piazzi Smyths Berechnungen in ihrem Zusammenhang mit der Bibel kurzen Prozess gemacht zu haben. Desgleichen Proctor, während vieler vergangener Jahre der Meister der „Übereinstimmung“ in allen Fragen bezüglich alter Künste und Wissenschaften. Er spricht über die „Vielfalt der von der Pyramide unabhängigen Beziehungen, welche mit den Bemühungen der Pyramidenforscher auftauchten, die Pyramide mit dem Sonnensystem in Verbindung zu bringen . . . . diese Übereinstimmungen“, sagt er, „sind insgesamt seltsamer als jegliche Übereinstimmung zwischen der Pyramide und astronomischen Zahlen: Erstere sind so naheliegend und bemerkenswert wie real.“ (D. h., diese „Übereinstimmungen“, die übrig blieben, selbst wenn die Pyramide nicht existiert hätte) „Letztere, die lediglich imaginär (?) sind, wurden nur mithilfe eines Vorgangs geschaffen, welchen die Schuljungen ‘mogeln’ nennen, und jetzt machen neue Messungen die Wiederholung der Arbeit von Grund auf notwendig.“ (Petries Brief an The Academy, 17. Dez. 1881). Hierzu bemerkt Staniland Wake in seinem Werk über „The Origin and Significance of the Great Pyramid“ (London, 1882) zu Recht: „Sie müssen jedoch mehr gewesen sein als bloße Übereinstimmungen, wenn die Erbauer der Pyramide das astronomische Wissen hatten, das sich in ihrer perfekten Orientierung und ihren anderen eingeräumten astronomischen Merkmalen offenbart.“

Sie besaßen es; und auf diesem „Wissen“ fußte das Programm der Mysterien und die Initiationsreihe: Von dort stammt die Konstruktion der Pyramiden, die immerwährende Aufzeichnung und das unzerstörbare Symbol dieser Mysterien und Initiationen auf der Erde, so wie die Bahnen der Sterne im Himmel sind. Der Zyklus der Initiation war im Kleinen eine Reproduktion jener großen Serien kosmischer Veränderungen, welche die Astronomen als Tropisches oder Siderisches Jahr bezeichneten. Gerade so wie am Schluss des Zyklus des siderischen Jahres (25.868 Jahre) die Himmelskörper in dieselbe relative Stellung zueinander zurückkehren, welche sie zu Beginn einnahmen, hat der innere Mensch am Schluss des Initiationszyklus den ursprünglichen Zustand göttlicher Reinheit und Erkenntnis wiedererlangt, von welchem aus er zu seinem Zyklus irdischer Inkarnation aufgebrochen war.

Moses, ein in die ägyptische Mystagogie Initiierter, stützte die religiösen Mysterien der von ihm neu erschaffenen Nation auf dieselbe abstrakte, aus diesem siderischen Zyklus abgeleiteten Formel, welche er durch die Form und die Maße des Tabernakels symbolisierte, den er angeblich in der Wildnis errichtete. Auf diese Daten begründeten die späteren jüdischen Hohepriester die Allegorie von Salomons Tempel – ein Gebäude, das niemals wirklich existierte, nicht mehr als König Salomon selbst, der einfach und genauso einen Sonnenmythos darstellt wie der noch spätere Hiram Abif der Freimauer, wie Ragon trefflich zeigte. Wenn daher die Maße dieses allegorischen Tempels, des Symbols des [SD # 315] Initiationszyklus, mit jenen der Großen Pyramide übereinstimmen, ist das eine Folge der Tatsache, dass die Ersteren von den Letzteren aus dem Tabernakel des Moses abgeleitet waren.

Dass unser Verfasser zweifellos einen und sogar zwei der Schlüssel entdeckt hat, ist in dem eben erwähnten Werk vollständig erwiesen. Man braucht es nur zu lesen, um die Überzeugung in sich wachsen zu fühlen, dass die verborgene Bedeutung der Allegorien und Parabeln beider Testamente jetzt enthüllt ist. Dass er jedoch diese Entdeckung weit mehr seinem eigenen Genie verdankt als Parker und Piazzi Smyth, ist ebenso sicher, wenn nicht noch sicherer. Denn ob, wie soeben gesagt, die von den biblischen „Pyramidalisten“ als korrekt angenommenen Maße der Großen Pyramide über jeden Zweifel erhaben sind, ist nicht so sicher. Ein Beweis dafür findet sich in dem Werk „The Pyramids and Temples of Gizeh“ von F. Petrie; und außerdem in anderen Werken, die vor Kurzem geschrieben wurden, um den genannten Berechnungen entgegenzutreten, die als voreingenommen bezeichnet wurden. Wir schließen daraus, dass sich fast jede der Messungen Piazzi Smiths von den späteren und sorgfältiger angestellten Messungen Petries unterscheidet, der die Einleitung zu seinem Werk mit folgendem Satz schließt:

Was die Ergebnisse der ganzen Untersuchung anbelangt, werden vielleicht viele Theorien mit einem Amerikaner übereinstimmen, der ein glühender Anhänger der Pyramidentheorien war, als er nach Gizeh kam. Ich hatte dort für ein paar Tage das Vergnügen seiner Gesellschaft; und bei unserer letzten gemeinsamen Mahlzeit sagte er mir in einem betrübten Ton: ‘Wohlan, mein Herr! Ich fühle mich, als ob ich einer Beerdigung beigewohnt hätte. Auf alle Fälle sollen die alten Theorien anständig beerdigt werden, wenn wir uns auch in Acht nehmen sollten, dass wir in unserer Hast nicht einen der Verwundeten lebendig begraben.’“

Was die Berechnungen des verstorbenen J. A. Parker im Allgemeinen und seinen dritten Lehrsatz im Besonderen betrifft, haben wir einige hervorragende Mathematiker befragt, und im Wesentlichen antworteten sie Folgendes:

Parkers Beweisführung beruht vielmehr auf sentimentalen als auf mathematischen Überlegungen und ist logisch nicht beweiskräftig.

Lehrsatz III, nämlich, dass –

„der Kreis die natürliche Grundlage oder der Anfang einer jeden Fläche ist und dass in der mathematischen Wissenschaft das Quadrat anstelle dessen verwendet wird, ist künstlich und willkürlich –“

– ein Muster eines willkürlichen Lehrsatzes darstellt und für mathematische Beweisführungen nicht sicher verwendet werden kann. Dasselbe gilt, sogar noch stärker, für Lehrsatz VII, der besagt:

Weil der Kreis die ursprüngliche Form der Natur darstellt und somit die Grundlage der Fläche; und weil der Kreis nur nach dem Verhältnis seines halben Umfanges zum Radius durch das Quadrat gemessen wird und diesem gleich ist, sind deshalb Umfang und Radius, und nicht das Quadrat des Durchmessers, die einzigen natürlichen und rechtmäßigen Elemente der Fläche, durch welche alle regelmäßigen Formen sowohl dem Quadrat als auch dem Kreis gleichen.“

Lehrsatz IX ist ein bemerkenswertes Beispiel einer fehlerhaften ­Schluss­­folgerung, und es ist jener, auf dem Parkers Quadratur hauptsächlich beruht. Er behauptet Folgendes:

[SD # 316] „Der Kreis und das gleichseitige Dreieck sind einander in allen Elementen ihrer Konstruktion entgegengesetzt. Daher steht der Teilkreisdurchmesser eines Kreises, welcher dem Durchmesser eines Quadrats gleich ist, im entgegengesetzten quadratischen Verhältnis zu dem Durchmesser eines gleichseitigen Dreiecks, dessen Flächeninhalt gleich eins ist.“ etc. etc.

Nehmen wir des Beweises halber an, man könnte sagen, ein Dreieck habe einen Radius in dem Sinn, wie wir vom Radius eines Kreises sprechen – denn was Parker den Radius des Dreiecks nennt, ist der Radius des einem Dreieck eingeschriebenen Kreises und daher überhaupt nicht der Radius des Dreiecks. Und nehmen wir für den Augenblick die anderen fantastischen und mathematischen in seinen Prämissen vereinten Lehrsätze als erwiesen an, wieso müssen wir dann schlussfolgern, dass – wenn das Dreieck und der Kreis in allen Elementen ihrer Konstruktion entgegengesetzt sind – der Durchmesser irgendeines gegebenen Kreises im entgegengesetzt quadratischen Verhältnis zum Durchmesser irgendeines gegebenen äquivalenten Dreiecks steht? Welcher notwendige Zusammenhang besteht zwischen den Prämissen und der Schlussfolgerung? Diese Argumentationsweise ist in der Geometrie unbekannt; und strenge Mathematiker würden sie in keinem Fall gelten lassen.

Ob das archaische esoterische System das britische Zoll hervorbrachte oder nicht, ist jedoch für den strikten und wahren Metaphysiker von geringer Bedeutung. Auch wird Ralston Skinners esoterische Auffassung der Bibel nicht nur deshalb unrichtig, weil die Abmessungen der Pyramide sich mit den Maßen von Salomons Tempel, der Arche Noah etc. nicht in Übereinstimmung befinden; oder weil Parkers Quadratur des Kreises von Mathematikern verworfen wird. Denn Skinners Auslegung beruht in erster Linie auf den kabbalistischen Methoden und dem rabbinischen Zahlenwert der hebräischen Buchstaben. Aber es ist äußerst wichtig zu ermitteln, ob die Maßangaben, die bei der Entwicklung und Erschaffung der symbolischen Religion der Arier, bei der Erbauung ihrer Tempel, bei den Zahlenangaben der Puranas und insbesondere in ihrer Chronologie, ihren astronomischen Symbolen, in der Dauer der Zyklen und anderen Berechnungen, dieselben sind, wie die in den biblischen Maßen und Glyphen verwendeten oder nicht. Denn das wird beweisen, dass die Juden – wenn sie ihre heilige Elle und sonstige Maße nicht von den Ägyptern übernommen haben (Moses war von deren Priestern initiiert) – diese Vorstellungen aus Indien erhalten haben müssen. Auf jeden Fall überlieferten sie diese den ersten Christen. Somit sind die Okkultisten und Kabbalisten die „wahren“ Erben der Erkenntnis oder Geheimen Weisheit, wie sie in der Bibel noch zu finden ist; sie allein verstehen heute ihren wirklichen Sinn, während profane Juden und Christen sich an ihre Schale und den toten Buchstaben klammern. Dass es das Maßsystem ist, welches zur Erfindung der Gottesnamen Elohim und Jehovah und zu ihrer Anpassung an den Phallizismus führte und dass Jehovah eine nicht sehr schmeichelhafte Kopie von Osiris ist, wird jetzt vom Verfasser von „The Source of Measures“ aufgezeigt. Aber sowohl Letzterer als auch Piazzi Smyth scheinen unter dem Eindruck zu arbeiten, dass (a) der Hauptteil des Systems den Israeliten gehöre, da [SD # 317] die hebräische Sprache die göttliche Sprache sei und dass (b) diese Universalsprache der direkten Offenbarung angehöre!

Die letztere Hypothese ist lediglich in dem Sinn richtig, den wir im letzten Abschnitt des vorhergehenden § aufgezeigt haben. Wir müssen aber noch über die Natur und den Charakter des göttlichen „Offenbarers“ übereinkommen. Was die Priorität anbelangt – sie wird für den Profanen natürlich (a) vom inneren und äußeren Beweismaterial der Offenbarung und (b) von den individuellen Vorurteilen eines jeden Gelehrten abhängen. Das kann jedoch weder den theistischen Kabbalisten noch den pantheistischen Okkultisten daran hindern, auf seine eigene Weise zu glauben; und keiner von beiden kann den anderen überzeugen. Die von der Geschichte überlieferten Daten sind für alle beide zu spärlich und unbefriedigend, um einem Skeptiker beweisen zu können, wer von ihnen im Recht ist.

Andererseits werden die von der Tradition überlieferten Beweise zu hartnäckig verworfen, als dass wir in unserem gegenwärtigen Zeitalter an eine Lösung der Frage glauben könnten. Unterdessen wird die materialistische Wissenschaft Kabbalisten und Okkultisten ohne Unterschied auslachen. Aber sobald besagte strittige Frage über die Priorität einmal beiseite gelassen wird, wird die Wissenschaft in ihren Zweigen der Philologie und der vergleichenden Religionswissenschaft sich schließlich vor die Aufgabe gestellt und gezwungen sehen, den gemeinsamen Anspruch gelten zu lassen.5 Anstatt jenen vermeint­lichen [SD # 318] „Mischmasch widersinniger Erdichtung und Aberglaubens“, wie die brahmanische Literatur gewöhnlich genannt wird, geringschätzend zu übergehen, werden sich die größten Gelehrten bemühen, die symbolische Universalsprache mit ihren numerischen und geometrischen Schlüsseln zu erlernen. Aber auch hierin werden sie schwerlich Erfolg haben, wenn sie dem Glauben anhängen, dass das jüdische kabbalistische System den Schlüssel zum gesamten Mysterium enthält; denn das ist nicht der Fall. Auch keine andere Schrift enthält ihn gegenwärtig in seiner Gänze, denn selbst die Veden sind nicht vollständig. Jede alte Religion stellt lediglich ein oder zwei Kapitel aus dem ganzen Band der archaischen ursprünglichen Mysterien dar – der östliche Okkultismus allein kann sich rühmen, im Besitz des ganzen Geheimnisses mit seinen sieben Schlüsseln zu sein. Vergleiche werden angestellt und so viel wie möglich in diesem Werk erklärt werden – das Übrige ist der persönlichen Intuition des Schülers überlassen. Denn mit der Aussage, dass der östliche Okkultismus das Geheimnis besitzt, ist nicht gemeint, dass die Schreiberin eine „vollständige“ oder auch nur annähernde Kenntnis für sich beanspruchen würde, das wäre absurd. Was ich weiß, das gebe ich weiter; was ich nicht erklären kann, muss der Schüler selbst herausfinden.

Wenngleich wir davon ausgehen, dass ganze künftige Jahrhunderte nicht ausreichen werden, den gesamten Kreis der universalen Mysterien­sprache zu bewältigen, so ist doch selbst das wenige bislang von einigen Gelehrten in der Bibel Entdeckte für den Beweis der Behauptung vollkommen ausreichend – mathematisch. Da das Judentum selbst zwei der sieben Schlüssel benützte und diese beiden Schlüssel jetzt neu entdeckt worden sind, ist es nicht länger ein Gegenstand individueller Spekulation und Hypothese, am allerwenigsten der „Übereinstimmung“, sondern des richtigen Verständnisses der biblischen Texte, so wie jeder mit der Arithmetik Vertraute eine Addition oder Summe versteht und auf ihre Richtigkeit überprüft.6 Noch ein paar Jahre, und dieses System wird den toten Buchstaben der Bibel genauso zerstören wie den aller anderen exoterischen Glaubensrichtungen, indem es die Dogmen in ihrer wirklichen, unverhüllten Bedeutung zeigt.

Und dann wird diese unleugbare Bedeutung, wie unvollständig auch immer, das Mysterium des Seins enthüllen und außerdem die modernen wissenschaftlichen Systeme der Anthropologie, Ethnologie und speziell der Chronologie gänzlich verändern. Das Element des Phallizismus, das sich in jedem Gottesnamen und jeder Erzählung des Alten (und in einem gewissen Grad auch des Neuen) Testaments findet, könnte mit der Zeit ebenfalls die modernen materialistischen Anschauungen in der Biologie und Physiologie erheblich verändern.

Ihrer modernen, abstoßenden Derbheit entkleidet, werden solche Sicht­weisen von Natur und Mensch kraft der Autorität der Himmelskörper und ihrer Mysterien [SD # 319] die Entwicklungen des menschlichen Denkvermögens enthüllen und zeigen, wie natürlich sich solche Gedankengänge ergaben. Die sogenannten phallischen Symbole wurden lediglich durch das materielle und animalische Element in ihnen anstößig. Sie entstanden zusammen mit den archaischen Rassen und waren deshalb nichts anderes als natürlich. Nach allem, was sie wussten, waren sie aus einem androgynen Vorfahren hervorgegangen und deshalb nach ihrer eigenen Überzeugung die ersten phänomenalen Manifestationen der getrennten Geschlechter und durch das sich daraus ergebende Mysterium selbst zu Schöpfern geworden. Wenn spätere Rassen, insbesondere das „auserwählte Volk“, sie entwürdigten, berührt das den Ursprung jener Symbole nicht. Der kleine semitische Stamm – einer der kleinsten Zweige aus der Vermischung der vierten und fünften Unterrasse (der mongolisch-turanischen und der sogenannten indo-europäischen nach dem Untergang des großen Kontinents) –, konnte seine Symbologie letztlich nur in jenem Geist annehmen, welcher ihm von den Nationen überliefert wurde, von denen er abstammte. Vielleicht war in den mosaischen Anfängen jene Symbologie noch nicht so grob wie sie später durch die Behandlung von Esra wurde, der den gesamten Pentateuch umgestaltete. Denn die Glyphe der Tochter des Pharaos (die Frau), des Nils (die Große Tiefe und das Wasser) und des kleinen Jungen, der darin in einem Binsenkorb schwimmend gefunden wird, wurde ursprünglich nicht für oder von Moses gestaltet. Sie findet sich in den babylonischen Fragmenten auf Ziegeln vorweggenommen, in der Geschichte des Königs Sargon7, der lange vor Moses lebte. Was ist nun die logische Schlussfolgerung? Ganz sicherlich, dass wir das Recht haben zu behaupten, dass Esra die uns über Moses berichtete Geschichte während seines Aufenthalts in Babylon kennenlernte [SD # 320] und dass er die über Sargon erzählte Allegorie auf den jüdischen Gesetzgeber übertrug. Kurz gesagt, dass der Exodus niemals von Moses geschrieben, sondern aus alten Materialien von Esra neu zusammengestellt wurde.

Und wenn das so ist, warum sollten von diesem Adepten nicht auch noch weitere Symbole und Glyphen mit noch viel derberen phallischen Elementen der späteren chaldäischen und sabäischen Phallusverehrung hinzugefügt worden sein? Man lehrt uns, dass der ursprüngliche Glaube der Israeliten ziemlich verschieden war von dem, der Jahrhunderte später von den Talmudisten und vor ihnen von David und Hesekiel entwickelt wurde.

All das reicht – trotz des jetzt in den beiden Testamenten gefundenen exoterischen Elementes – vollkommen aus, um die Bibel zu den esoterischen Werken zählen zu können und ihr geheimes System mit indischer, chaldäischer und ägyptischer Symbolik in Zusammenhang zu bringen. Der gesamte Kreis biblischer Glyphen und Zahlen, wie sie durch astronomische Beobachtungen angedeutet werden – Astronomie und Theologie stehen in enger Beziehung – findet sich sowohl in exoterischen wie auch in esoterischen Systemen Indiens. Diese Ziffern und ihre Symbole, die Zeichen des Tierkreises, die Planeten, ihre Aspekte und Knoten – der letztere Ausdruck ist jetzt sogar in unsere moderne Botanik übergegangen, um männliche und weibliche Pflanzen zu unterscheiden (die eingeschlechtlichen, polygamen, einhäusigen, zweihäusigen etc. etc.) – sind in der Astronomie als Sextile, Quartile und so weiter bekannt, wurden vor Zeitaltern und Äonen von den archaischen Völkern benutzt und haben in einem gewissen Sinn dieselbe Bedeutung wie die hebräischen Zahlen. Die frühesten Formen der elementaren Geometrie müssen sicherlich durch die Beobachtung der Himmelskörper und ihrer Anordnung angeregt worden sein. Daher sind die archaischsten Symbole der östlichen Esoterik der Kreis, der Punkt, das Dreieck, die Ebene, der Würfel, das Pentagramm und das Sechseck sowie ebene Flächen mit unterschiedlichen Seiten und Winkeln. Das zeigt, dass die Kenntnis und der Gebrauch der geometrischen Symbolik so alt ist wie die Welt.

Wenn wir davon ausgehen, wird es leicht verständlich, wie die Natur selbst auch ohne die Hilfe der göttlichen Lehrer die ursprüngliche Menschheit diese ersten Prinzipien einer numerischen und geometrischen Symbolsprache lehren konnte.8 Deshalb bemerken wir, dass in sämtlichen archaischen symbolischen Schriften Zahlen und Ziffern zum [SD # 321] Ausdruck und zur Aufzeichnung von Gedanken verwendet werden. Es handelt sich immer um dieselben, von gewissen Variationen abgesehen, welche sich aus den ersten Ziffern ergeben. So wurden die Evolution und die Wechselbeziehung der Mysterien des Kosmos, seines Wachstums und seiner Entwicklung – spirituell und physisch, abstrakt und konkret – zuerst mittels geometrischer Formveränderungen aufgezeichnet. Jede Kosmogonie begann mit einem Kreis, einem Punkt, einem Dreieck und einem Würfel, aufwärts bis zur Zahl 9, worauf sie mit einer ersten Linie und einem Kreis zusammengefügt wurde – die pythagoreische, mystische Dekade, die Summe von allem, die Mysterien des gesamten Kosmos umfassend und sie zum Ausdruck bringend; die im hinduistischen System hundertfach vollständiger aufgezeichnet sind für denjenigen, der dessen mystische Sprache verstehen kann. Die Zahlen 3 und 4 in ihrer Verschmelzung zu 7 sowie 5, 6, 9 und 10 sind die wahren Ecksteine okkulter Kosmogonien. Diese Zehnergruppe und ihre tausend Kombinationen finden sich in allen Teilen des Globus. Man erkennt sie sowohl in den Höhlen und Felsentempeln Hindustans und Zentralasiens als auch in den Pyramiden und Felsmalereien Ägyptens und Amerikas; in den Katakomben des Ozymandias, in den Grabhügeln des schneebedeckten kaukasischen Hochlands, in den Ruinen von Palenque, auf der Osterinsel, überall, wohin der Fuß des Vorzeitmenschen jemals gelangte. Die 3 und die 4, das Dreieck und der Würfel oder die männliche und weibliche universale Glyphe, welche den ersten Aspekt der evolvierenden Gottheit zeigt, ist dem Himmel im Kreuz des Südens für immer eingeprägt und ebenso im ägyptischen Crux Ansata. Das findet sich auch so ausgedrückt: „Der auseinandergefaltete Würfel zeigt ausgebreitet ein Kreuz in der ägyptischen Form des Tau oder in der christlichen Form. . . . Ein an Ersteres angefügter Kreis bildet das Henkelkreuz. . . Die Zahlen 3 und 4 auf dem Kreuz gezählt zeigen eine Form des (hebräischen) goldenen Leuchters (im Allerheiligsten), und die 3 + 4 = 7, und 6 + 1 = 7 Tage im Wochenkreis sowie 7 Lichter der Sonne. So stellte die Woche aus 7 Lichtern auch den Ursprung von Monat und Jahr dar, so gibt sie auch das Zeitmaß für die Geburt. . . . Die Kreuzform zeigt sich dann durch das Verhältnis von 113 : 355, das Symbol wird durch das Anbringen eines Menschen am Kreuz vervollständigt.9 Diese Art des Maßes wurde gemacht, um es mit der Idee vom Ursprung des menschlichen Lebens abzustimmen, und daher die phallische Form.10

Die Stanzen zeigen, dass das Kreuz und diese Zahlen in der archaischen Kosmogonie eine herausragende Rolle spielen. Unterdessen können wir aus dem vom selben Verfasser gesammelten Beweismaterial Nutzen ziehen, um die über die ganze Erde reichende Identität der Symbole und ihre esoterische Bedeutung aufzuzeigen, welche der Autor mit Recht die „ursprünglichen Spuren dieser Symbole“ nennt.

[SD # 322] „Bei der allgemeinen Untersuchung der Natur der Zahlenformen . . . . ist es eine äußerst interessante Aufgabe zu erforschen, wann und wo ihre Existenz und ihr Gebrauch zuerst bekannt wurden. War es Gegenstand einer Offenbarung in der uns als historisch bekannten Zeit – einem Zyklus, der außerordentlich modern erscheint, wenn man das Alter der menschlichen Rasse betrachtet? In der Tat scheint es so zu sein, dass der Zeitpunkt ihrer Erlangung durch den Menschen von den alten Ägyptern aus gerechnet weiter in der Vergangenheit zurückliegt als die alten Ägypter von uns.

Die Osterinseln im ‘mittleren Pazifik’ bieten den Umriss übriggebliebener Berg­spitzen eines versunkenen Kontinents, weil diese Spitzen mit zyklopischen Statuen reichlich übersät sind, den Überbleibseln der Zivilisation eines bevölkerungsreichen und kultivierten Volkes, welches notwendigerweise ein weitläufiges Gebiet bewohnt haben muss. Auf dem Rücken dieser Standbilder findet sich das ‘Henkelkreuz’ sowie eine den Umrissen der menschlichen Gestalt angepasste Form davon. Eine ausführliche Beschreibung mit einer Tafel, die das Land mit den dicht gesäten Statuen darstellt, sowie mit Kopien der Standbilder, findet sich im Londoner Builder in der Ausgabe vom Januar 1870.

Im ‘Naturalist’, in Salem in Massachusetts publiziert, findet sich in einer der ersten Ausgaben eine Beschreibung einer sehr alten und merkwürdigen in die Kammwände der Berge Südamerikas eingeritzte Figur, die erwiesenermaßen viel älter ist als die heute lebenden Rassen. Das Sonderbare an diesen Spuren ist, dass sie die Umrisse eines auf ein Kreuz ausgestreckt liegenden Menschen zeigen11 – durch eine Serie von Abbildungen, welche aus dem Umriss eines Menschen den eines Kreuzes entspringen lässt, dabei aber so ausgeführt, dass man das Kreuz für den Menschen oder den Menschen für das Kreuz ansehen kann; auf diese Weise ist eine symbolische Darstellung für eine Interdependenz der dargelegten Formen gegeben.

Es ist bekannt, dass die Tradition der Azteken einen sehr vollkommenen Bericht über die Sintflut überlieferte. . . . Baron Humboldt sagt, dass wir das Land Aztlán suchen müssen, das ursprüngliche Land der Azteken – hoch im Norden, mindestens über dem zweiundvierzigsten Breitengrad; dorthin reisend, gelangten sie schließlich in das Tal Mexikos. In diesem Tal wurden die Erdhügel des fernen Nordens zu den eleganten Steinpyramiden und anderen Gebäuden, deren Überreste jetzt gefunden werden. Die Entsprechungen zwischen den aztekischen Ruinen und den Ruinen der Ägypter sind wohlbekannt. . . . Nachdem er Hunderte von ihnen untersucht hat, ist Attwater überzeugt, dass die Azteken astronomische Kenntnisse besaßen. Von einer der vollkommensten dieser aztekischen Pyramidenbauten gibt Humboldt eine Beschreibung folgenden Inhalts:

„Die Form dieser Pyramide (von Papantla), die sieben Stockwerke hat, läuft spitzer zu als jedes andere bisher entdeckte Monument dieser Art. Ihre Höhe jedoch ist unbedeutend und beträgt lediglich 57 Fuß, ihre Basis ist an allen Seiten nur 25 Fuß lang. Doch ist sie aus einem Grund bemerkenswert: Sie ist vollständig aus behauenen Steinen von außerordentlicher Größe und sehr schöner Form aufgebaut. Drei Treppen führen zur Spitze empor, deren Stufen mit hieroglyphischen Skulpturen und kleinen, symmetrisch angeordneten Nischen geschmückt sind. Die Zahl dieser Nischen scheint auf die 318 einfachen und zusammengesetzten Zeichen der Tage ihres bürgerlichen Kalenders anzuspielen.“

„318 ist der gnostische Wert Christi“, bemerkt der Autor, „und die berühmte Zahl der unterwiesenen oder beschnittenen Diener Abrahams. Wenn man [SD # 323] in Betracht zieht, dass 318 ein abstrakter Wert ist, und universal, und ebenso ausdrucksvoll wie der Wert des Durchmessers im Verhältnis zum Kreisumfang der Einheit, wird seine Verwendung bei der Abfassung des bürgerlichen Kalenders klar.“

Identische Glyphen, Zahlen und esoterische Symbole finden sich in Ägypten, Peru, Mexiko, auf der Osterinsel, in Indien, Chaldäa und Zentralasien. Gekreuzigte Menschen und Symbole der Evolution der Rassen aus Göttern; und doch sehen wir, wie die Wissenschaft die Idee einer menschlichen Rasse zurückweist, die nicht nach unserem Ebenbild gemacht ist; die Theologie klammert sich an ihre 6.000 Schöpfungsjahre; die Anthropologie lehrt unsere Abstammung vom Affen; und der Klerus leitet sie von Adam ab, 4.004 Jahre v. Chr. ! !

Soll man aus Furcht davor, als abergläubischer Narr und sogar Lügner bezeichnet zu werden, sich davon abhalten lassen, Beweise zu liefern – die so gut sind wie alle anderen – nur weil der Tag noch nicht heraufgedämmert ist, an dem alle sieben Schlüssel an die Wissenschaft übergeben sein werden, oder vielmehr an die Gelehrten und Forscher auf dem Gebiet der Symbologie? Angesichts der niederschmetternden Entdeckungen der Geologie und Anthropologie in Bezug auf das Alter des Menschen sollen wir – nur um der üblichen Strafe zu entgehen, die jeden erwartet, der von den ausgetretenen Pfaden der Theologie oder des Materialismus abweicht – uns an die 6.000 Jahre und die „besondere Schöpfung“ halten oder in untertäniger Bewunderung unseren Stammbaum und unsere Abstammung vom Affen annehmen? Keinesfalls, solange bekannt ist, dass die geheimen Aufzeichnungen die genannten sieben Schlüssel zum Mysterium der Entstehung des Menschen enthalten. Fehlerhaft, materialistisch und voreingenommen wie die wissenschaftlichen Theorien sein mögen, sind sie doch der Wahrheit tausendmal näher als die Launen der Theologie. Die Letzteren befinden sich für jeden, mit Ausnahme der unnachgiebigen Frömmler und Fanatiker, in ihrem Todeskampf.12 Wir haben daher keine andere Wahl als entweder die Schlussfolgerungen der Wissenschaft blindlings anzunehmen oder uns von ihr loszureißen und ihrem Anblick furchtlos Widerstand zu leisten, indem wir feststellen, was die Geheimlehre uns lehrt – vollständig darauf vorbereitet, die Konsequenzen zu tragen.

Aber wir wollen sehen, ob nicht die Wissenschaft in ihren materialistischen Spekulationen und selbst die Theologie in ihrem Todesröcheln und in ihrem äußersten Versuch, die seit Adam vergangenen 6.000 Jahre mit Sir Charles Lyells „Geological Evidences of the Antiquity of Man“ in Einklang zu bringen, uns nicht unbewusst zu Hilfe kommen. Nach dem Eingeständnis einiger ihrer gelehrtesten Jünger erachtet es die Ethnologie bereits als unmöglich, die Verschiedenheiten in der menschlichen Rasse zu erklären, ohne die Hypothese der Schöpfung verschiedener Adams anzunehmen. Sie sprechen von „einem weißen Adam und einem schwarzen Adam, einem [SD # 324] roten und einem gelben Adam“.13 Wären sie Hindus, welche die Wiedergeburten von Vamadeva aus dem Linga-Purana aufzählen, könnten sie noch ein wenig mehr berichten. Denn die Aufzählung der wiederholten Geburten Shivas zeigt ihn in einem Kalpa mit weißer, in einem anderen mit schwarzer, in noch einem anderen mit roter Hautfarbe, woraufhin der Kumara dann zu den „vier Jünglingen mit gelber Hautfarbe“ wird. Dieses seltsame Zusammentreffen, wie Procter sagen würde, spricht nur für die wissenschaftliche Intuition, da Shiva-Kumara die menschlichen Rassen während der Entstehung des Menschen lediglich allegorisch darstellt. Aber das führte zu einem anderen intuitiven Phänomen – dieses Mal in den Reihen der Theologen. Der unbekannte Verfasser von „Primeval Man“ bemerkt in einer verzweifelten Anstrengung, die göttliche Offenbarung vor den unbarmherzigen und beredten Entdeckungen der Geologie und der Anthropologie zu beschützen: „Es wäre unglücklich, wenn die Verfechter der Bibel in die Lage gebracht würden, entweder die Inspiration der Heiligen Schrift aufzugeben oder die Schlussfolgerungen der Geologen zu bestreiten.“ Und – er findet einen Kompromiss. Ja, er widmet dem Beweis dieser Tatsache sogar einen ganzen, umfangreichen Band: „Adam war nicht der erste Mensch,14 der auf dieser Erde erschaffen wurde.“ . . . Die exhumierten Überreste eines präadamischen Menschen „erschüttern unser Vertrauen in die Schrift nicht, sondern liefern vielmehr einen weiteren Beweis für ihre Wahrheit.“ (S. 194) Wieso? Auf die denkbar einfachste Art; denn der Verfasser argumentiert, dass hinfort „wir“ (der Klerus) imstande seien, die Wissenschaftler ihre Studien verfolgen zu lassen, ohne dabei versuchen zu müssen, sie aus Furcht vor Ketzerei einzuschränken . . . (das muss in der Tat eine Erlösung für Männer wie Huxley, Tyndall und Sir Charles Lyell sein). . . . „Die biblische Erzählung beginnt nicht mit der Schöpfung, wie allgemein angenommen wird, sondern mit der Erschaffung von Adam und Eva, Millionen von Jahren nach der Erschaffung unseres Planeten. Seine frühere Geschichte ist, was die Heilige Schrift betrifft, noch ungeschrieben.“ . . . . . „Vor der Zeit Adams mag es nicht eine, sondern zwanzig verschiedene Rassen auf der Erde gegeben haben, genauso gut wie es in anderen Welten zwanzig verschiedene Menschenrassen geben kann.“ (S. 55) . . . Wer oder was waren nun diese Rassen, da der Verfasser noch immer behauptet, Adam sei der erste Mensch unserer Rasse? Sie waren die satanische Rasse und Rassen! „Satan (war) niemals im Himmel, Engel und Menschen (waren) eine Art.“ Es war die voradamische Rasse der „Engel, die sündigten“. Satan war „der erste Fürst dieser Welt“, so lesen wir. Nachdem er infolge seiner Rebellion gestorben war, blieb er als entkörperter Geist auf der Erde und versuchte Adam und Eva. „Die früheren Zeitalter der satanischen Rasse und genauer während Satans Lebenszeit (! ! !) mögen eine Periode [SD # 325] patriarchalischer Zivilisation und verhältnismäßiger Ruhe gewesen sein – eine Zeit der Tubal-Kains und Jubals, in der sowohl die Wissenschaften als auch die Künste versuchten, ihre Wurzeln in den verfluchten Boden zu schlagen. . . . . Welch ein Thema für ein Epos. . . . (wenn) unvermeidliche Ereignisse existieren, die stattgefunden haben müssen. Vor uns sehen wir . . . . den heiteren Liebhaber der Vorzeit, der seine errötende Braut am taufrischen Abend unter den dänischen Eichen umwirbt, die damals wuchsen, wo heute keine Eichen wachsen würden . . . . den grauen urzeitlichen Patriarchen . . . . die urzeitliche Nachkommenschaft unschuldig an seiner Seite umhertollend. . . . . Tausende solcher Bilder erstehen vor uns!“ . . . . (S. 206-207).

Der rückwärts gewandte Blick auf die satanische „errötende Braut“ in den Tagen von Satans Unschuld verliert durch ihren Gewinn an Originalität nicht an Poesie. Ganz im Gegenteil! Die moderne christliche Braut – die vor ihren heiteren, modernen Liebhabern heutzutage nicht mehr allzu häufig errötet – könnte aus dieser von der überschwänglichen Fantasie ihres ersten menschlichen Biografen geschaffenen Tochter Satans selbst eine moralische Lektion herleiten. Diese Bilder – und um sie nach ihrem wahren Wert zu schätzen, muss man sie in dem Werk untersuchen, welches sie beschreibt – werden alle mit einer Tendenz beschrieben, die Unfehlbarkeit der geoffenbarten Schrift mit Sir C. Lyells „Antiquity of Man“ und anderen schädlichen wissenschaftlichen Werken zu versöhnen. Aber das verhindert nicht, dass am Grund dieser Launen Wahrheit und Tatsachen auftauchen, die der Verfasser weder mit seinem eigenen, ja nicht einmal mit einem geborgten Namen zu unterzeichnen wagte. Denn seine präadamischen Rassen – nicht satanische, sondern lediglich atlantische und vor ihnen hermaphroditische – werden in der Bibel, wenn man sie esoterisch liest, ebenso erwähnt wie in der Geheimlehre. Die sieben Schlüssel öffnen die vergangenen und zukünftigen Mysterien der sieben großen Wurzelrassen und der sieben Kalpas. Obwohl die Entstehungsgeschichte des Menschen und selbst die esoterische Geologie sicherlich von der Wissenschaft ebenso abgelehnt werden wie die satanischen und präadamischen Rassen, sind wir doch sicher, dass die Gelehrten, wenn sie keinen anderen Ausweg aus ihren Schwierigkeiten haben und gezwungen sind, zwischen den beiden zu wählen, trotz der Heiligen Schrift die archaische Lehre wählen werden, sobald die Mysteriensprache einmal annähernd beherrscht werden wird.

 

 

§II I
URSUBSTANZ UND GÖTTLICHER GEDANKE

„Da es unvernünftig erscheinen würde zu behaupten, dass wir bereits alle existierenden Ursachen kennen, muss die Erlaubnis erteilt werden, von einer gänzlich neuen wirkenden Kraft auszugehen, wenn es notwendig ist.

Wenn wir annehmen – was bis jetzt genau genommen noch nicht zutrifft –, dass die Wellenhypothese alle Tatsachen erklärt, sind wir aufgefordert zu entscheiden, ob die Existenz von Etherwellen hiermit erwiesen ist. Wir können nicht ausdrücklich bestätigen, [SD # 326] dass für die Erklärung der Tatsachen keine andere Hypothese existiert. Newtons Korpuskularhypothese ist zugegebenermaßen an der Interferenz gescheitert; und bis zum heutigen Tag besteht kein Konkurrent. Doch ist es bei allen solchen Hypothesen äußerst wünschenswert, zusätzliche Bestätigungen zu erlangen, für den angenommenen Ether irgendeinen Beweis aus einem anderen Bereich zu finden. . . . . Einige Hypothesen bestehen aus Annahmen in Bezug auf die kleinsten Strukturen und Wirkungsweisen von Körpern. Der Natur der Sache nach können diese Annahmen niemals unmittelbar bewiesen werden. Ihr einziger Vorzug liegt darin, zur Darstellung der Phänomene geeignet zu sein. Sie sind repräsentative Fiktionen.“ („Logic“ von Dr. jur. Alexander Bain, Teil II, S. 133)

Ether, dieser hypothetische Proteus, eine der „repräsentativen Fiktionen“ der modernen Wissenschaft – der nichtsdestoweniger schon so lange akzeptiert wird – ist eines der niedrigeren „Prinzipien“ dessen, was wir als Ursubstanz bezeichnen (in Sanskrit Akasha), einer der Träume des Altertums, der jetzt wiederum zum Traum der modernen Wissenschaft geworden ist. Er ist die größte wie auch die kühnste der überlebenden Spekulationen der alten Philosophen. Für die Okkultisten sind jedoch sowohl Ether als auch die Ursubstanz Wirklichkeiten. Um es klar auszudrücken: Ether ist das Astrallicht, und die Ursubstanz ist Akasha, der Upadhi des Göttlichen Gedankens.

In moderner Sprache würde man Letzteren besser kosmische Ideation nennen – Geist; und Erstere kosmische Substanz, Materie. Diese beiden, das Alpha und das Omega des Seins, sind lediglich die beiden Facetten der einen, absoluten Existenz. Letztere wurde im Altertum niemals beim Namen genannt, ja nicht einmal erwähnt, ausgenommen allegorisch. In der ältesten arischen Rasse, der hinduistischen, bestand diese Verehrung in den gebildeten Klassen niemals in einer glühenden Anbetung in wundervoller und künstlerischer Form (wie bei den Griechen), die später zu Anthropomorphismus führte. Der griechische Philosoph verehrte die Form, und nur der indische Weise erkannte „die wahre Beziehung zwischen irdischer Schönheit und ewiger Wahrheit“, die Ungebildeten aller Nationen verstanden unterdessen keines von beiden, zu keiner Zeit.

Sie verstehen es auch heute noch nicht. Die Entwicklung der Gottesvorstellung schreitet mit der intellektuellen Entwicklung des Menschen zusammen voran. Das ist so wahr, dass das edelste Ideal, zu dem sich der religiöse Geist eines Zeitalters emporschwingen kann, dem philosophischen Denken einer nachfolgenden Epoche lediglich wie eine grobe Karikatur erscheinen wird! Die Philosophen selbst mussten in erkenntnisreiche Mysterien initiiert werden, bevor sie die Vorstellungen der Alten in Bezug auf diesen höchst metaphysischen Gegenstand richtig erfassen konnten. Andererseits – außerhalb einer solchen Initiation – gibt es für jeden Denker ein „bis hier her und nicht weiter“, denn das ist durch seine eigene intellektuellen Fähigkeiten ebenso klar und unverkennbar vorgezeichnet wie der Fortschritt einer jeden Nation oder Rasse in ihrem Zyklus vom karmischen Gesetz vorgezeichnet ist. Außerhalb der Initiation müssen den Idealen des zeitgenössischen religiösen Denkens immer die Flügel gestutzt werden und es somit unfähig bleiben, weiter aufzusteigen; denn Idealisten wie auch Realisten und selbst Freidenker sind nur das Ergebnis und das natürliche Produkt ihrer betreffenden Umgebungen und Zeitperioden. Die Ideale beider sind lediglich [SD # 327] notwendige Folgen ihrer Temperamente und das Ergebnis der Phase des intellektuellen Fortschritts, welchen eine Nation in ihrer Gesamtheit erreicht hat. Wie bereits angemerkt, haben aus diesem Grund selbst die Höhenflüge der modernen (westlichen) Metaphysik die Wahrheit weit verfehlt. Viele der gegenwärtigen agnostischen Spekulationen über die Existenz der „Ersten Ursache“ sind wenig mehr als verhüllter Materialismus – nur die Ausdrucksweise ist verschieden. Selbst ein so großer Denker wie Herbert Spencer spricht von dem „Unerkennbaren“ mitunter in Worten, welche den tödlichen Einfluss des materialistischen Denkens zeigen, der, wie der tödliche Scirocco, alle gegenwärtigen ontologischen Spekulationen austrocknete und verdorren lies.15

Von den frühen Zeiten der vierten Rasse an – als der Geist allein verehrt und das Mysterium manifest wurde, bis hin zu den letzten glorreichen Tagen der griechischen Kunst beim Heraufdämmern des Christentums – hatten die Hellenen allein es gewagt, dem Unbekannten Gott einen öffentlichen Altar zu errichten. Was immer der Hl. Paulus mit seinem tiefgründigen Geist im Sinn hatte, als er den Athenern erklärte, dass dieser „Unbekannte“, den sie in Unwissenheit anbeteten, der wahre Gott sei, den er verkündete – diese Gottheit war nicht „Jehovah“ (siehe „Das Allerheiligste“), noch war er „der Erschaffer der Welt und aller Dinge“. Denn nicht der „Gott Israels“, sondern der „Unbekannte“ der alten und modernen Pantheisten ist es, welcher „nicht in Tempeln wohnt, die mit Händen gemacht sind“ (Apostelgeschichte 17,23-25).

Der Göttliche Gedanke kann nicht definiert und seine Bedeutung nicht erklärt werden, ausgenommen durch die zahllosen Manifestationen kosmischer Substanz, in welchen er von jenen, die dazu fähig sind, geistig erspürt wird. Das zu sagen, nachdem man ihn als die unbekannte Gottheit definiert hat, abstrakt, unpersönlich, geschlechtslos, welche an die Wurzel einer jeden Kosmogonie und ihrer nachfolgenden Evolution gesetzt werden muss, bedeutet, überhaupt nichts zu sagen. Es gleicht dem Versuch, eine transzendentale Bedingungsgleichung aufzustellen, um die wahren Werte ihrer Glieder zu ermitteln, wobei zur Berechnung lediglich eine Anzahl unbekannter Größen gegeben ist. Ihr Platz findet sich auf den alten, ursprünglichen, symbolischen Schaubildern, auf denen sie, wie bereits im Text gezeigt, mit einer unbegrenzten Dunkelheit dargestellt ist, auf deren Grund der erste zentrale Punkt in Weiß erscheint – wodurch die Erscheinung der gleich-alten und gleich-ewigen Geist-Materie in der phänomenalen Welt vor ihrer ersten Differenzierung symbolisiert wird. Wenn „die Eins zur Zwei wird“, [SD # 328] dann kann das als Geist und Materie bezeichnet werden. Auf den „Geist“ lässt sich jede Offenbarung reflektierenden oder unmittelbaren Bewusstseins und von unbewusster Absichtlichkeit zurückführen (um einen modernen Ausdruck zu adoptieren, der in der westlichen sogenannten Philosophie gebraucht wird), was das Lebensprinzip und die Unterwerfung der Natur unter die majestätische Abfolge des unveränderlichen Gesetzes bezeugt. „Materie“ muss als Objektivität in ihrer reinsten Abstraktion betrachtet werden – die selbstexistierende Basis, deren siebenfältige manvantarische Differenzierung die objektive Wirklichkeit bildet, die den Erscheinungen einer jeden Phase bewusster Existenz zugrunde liegt. In der Periode des universalen Pralayas ist die kosmische Ideenbildung nicht existent. Und die verschiedenartig differenzierten Zustände der kosmischen Substanz werden wiederum in den ursprünglichen Zustand abstrakter, potenzieller Objektivität aufgelöst.

Der manvantarische Impuls beginnt mit der Wiedererweckung der kosmischen Ideenbildung (des „Universalgemüts“), gleichzeitig und parallel mit dem ersten Auftauchen der kosmischen Substanz – Letztere ist das manvantarische Vehikel der Ersteren – aus ihrem undifferenzierten pralayischen Zustand. Dann spiegelt sich die Absolute Weisheit in ihrer Ideenbildung; das wieder resultiert durch einen transzendentalen, über das menschliche Bewusstsein erhabenen und ihm unverständlichen Prozess in kosmischer Energie (Fohat). Die Tiefen träger Substanz durchdringend, treibt Fohat sie zur Tätigkeit an und leitet ihre ursprünglichen Differenzierungen auf allen sieben Ebenen kosmischen Bewusstseins. So gibt es sieben Protyle (wie sie jetzt genannt werden), das arische Altertum kannte sie als die sieben Prakritis oder Naturen. Für sich genommen dienen sie als die relativ homogene Grundlage, die sich im Verlauf der zunehmenden Heterogenität (in der Evolution des Universums) zu der wunderbaren Zusammengesetztheit differenziert, welche wiederum die Erscheinungen auf den Ebenen der Wahrnehmung darbieten. Der Ausdruck „relativ“ wurde absichtlich gewählt, weil schon die Existenz eines solchen Vorgangs, der auf die ursprünglichen Trennungen der undifferenzierten kosmischen Substanz in die siebenfältigen Grundlagen der Evolution hinausläuft, uns dazu zwingt, die Protyle16 jeder Ebene lediglich als Zwischenzustand zu betrachten, welchen die Substanz bei ihrem Durchgang vom Abstrakten zu voller Gegenständlichkeit annimmt.

Es heißt, dass die kosmische Ideenbildung während der pralayischen Perioden nicht existiert – aus dem einfachen Grund, weil niemand und nichts zugegen ist, um ihre Wirkungen wahrzunehmen. Es kann keine Manifestation von Bewusstsein, Halbbewusstsein oder selbst „unbewusste Absichtlichkeit“ existieren, es sei denn durch das materielle Vehikel. [SD # 329] Auf unserer Ebene also, wo sich das menschliche Bewusstsein in seinem normalen Zustand nicht über das emporschwingen kann, was als transzendentale Metaphysik bekannt ist, erfolgt ein Emporquellen des Geistes nur durch eine molekulare Anhäufung oder Struktur in einem Strom individueller oder unterbewusster Subjektivität. Und da eine von Wahrnehmung getrennt existierende Materie eine bloße Abstraktion darstellt, befinden sich diese beiden Aspekte des Absoluten – kosmische Substanz und kosmische Ideenbildung – in einer gegenseitigen Abhängigkeit. Um Verwirrung und Missverständnisse zu vermeiden, sollte genau genommen das Wort „Materie“ nur auf das Aggregat von Objekten möglicher Wahrnehmung und „Substanz“ auf das Noumenon angewendet werden; denn insofern die Phänomene unserer Ebene Schöpfungen des wahrnehmenden Egos sind – die Veränderungen seiner eigenen Subjektivität –, können für die Kinder unserer Ebene sämtliche „Materiezustände, welche das Aggregat aller wahrgenommenen Gegenstände darstellen“, nur eine relative und rein phänomenale Existenz aufweisen. Die Zusammenwirkung von Subjekt und Objekt bewirkt den Sinnesgegenstand oder das Phänomen, wie die modernen Idealisten sagen würden. Das aber führt nicht notwendigerweise zu dem Schluss, dass es auf allen anderen Ebenen dasselbe ist. Das Zusammenwirken beider auf den Ebenen ihrer siebenfältigen Differenzierung hat ein siebenfältiges Aggregat von Phänomenen zur Folge, welche auf die gleiche Weise nicht an sich existent sind – wenngleich sie auch für jene Wesenheiten, von deren Erfahrung sie einen Teil bilden, konkrete Wirklichkeiten darstellen – gerade so wie die Felsen und Flüsse um uns herum vom Standpunkt des Physikers aus gesehen real sind, es sich dabei aber aus Sicht des Metaphysikers um unwirkliche Sinnestäuschungen handelt. Es wäre ein Irrtum, etwas Derartiges zu sagen oder auch nur zu denken. Vom Standpunkt des höchsten Metaphysikers aus ist das ganze Universum, einschließlich der Götter, eine Illusion; doch ist die Illusion von einem, der selbst eine Illusion darstellt, auf jeder Bewusstseinsebene anders; und wir haben kein Recht dazu, über die mögliche Natur der Wahrnehmungsfähigkeiten eines Egos auf der, sagen wir, sechsten Ebene zu dogmatisieren, genauso wenig wie wir unsere Wahrnehmungen mit jenen einer Ameise, die ihre eigene Art von Bewusstsein hat, gleichstellen oder sie zum Maßstab dafür machen dürfen. Der reine, vom Bewusstsein17 getrennte Gegenstand ist uns unbekannt, solange wir auf der Ebene unserer dreidimensionalen Welt leben, denn wir kennen lediglich die Gemütszustände, welche der Gegenstand in dem wahrnehmenden Ego hervorruft. Und solange der Gegensatz zwischen Subjekt und Objekt andauert – nämlich solange wir uns unserer fünf Sinne erfreuen und nicht mehr; und nicht wissen, wie unser alles wahrnehmendes Ego (das Höhere Selbst) von der Sklaverei dieser Sinne befreit werden kann – so lange wird es für das persönliche Ego unmöglich sein, die Schranke zu durchbrechen, die es von einer [SD # 330] Erkenntnis der Dinge an sich (oder der Substanz) trennt. Dieses Ego muss – fortschreitend auf einem Bogen der emporsteigenden Subjektivität – die Erfahrungen einer jeden Ebene ausschöpfen. Aber bevor die Einheit nicht in das Alles eingetaucht ist, sei es auf dieser oder einer anderen Ebene, und bevor Subjekt und Objekt nicht gleichermaßen in der absoluten Negation des nirvanischen Zustands verschwunden sind (Negation wiederum nur von unserer Ebene aus) – ist der Gipfel der All-Wissenheit, der Kenntnis der Dinge an sich, noch nicht erreicht; und die Lösung des noch erhabeneren Rätsels ist noch nicht herangerückt, vor welchem sich selbst der höchste Dhyan Chohan in Schweigen und Unwissenheit beugen muss – des unaussprechlichen Mysteriums dessen, was die Vedantisten Parabrahman nennen.

So liegt der Fall, und so haben alle, die versuchten, dem unerkennbaren Prinzip einen Namen zu geben, es nur herabgewürdigt. Selbst von kosmischer Ideenbildung zu sprechen – ausgenommen in ihrem phänomenalen Aspekt – gleicht dem Versuch, das ursprüngliche Chaos in Flaschen abzufüllen oder der Ewigkeit ein Etikett aufzukleben.

Was ist nun diese „Ursprüngliche Substanz“, jenes mysteriöse Objekt, von dem in der Alchemie immer die Rede war und die in allen Zeitaltern Thema philosophischer Spekulationen war? Was kann sie letztendlich sein, selbst in ihrer phänomenalen Prädifferenzierung? Selbst das ist in der manifestierten Natur Alles und – für unsere Sinne nichts. Sie wird unter verschiedenen Namen in sämtlichen Kosmogonien erwähnt und in allen Philosophien besprochen und erweist sich bis zum heutigen Tag als der sich immer dem Zugriff entziehende Proteus in der Natur. Wir berühren sie, und doch fühlen wir sie nicht; wir schauen sie, ohne sie zu sehen; wir atmen sie und nehmen sie nicht wahr; wir hören und riechen sie und haben nicht die geringste Kenntnis von ihrer Gegenwart, denn sie ist in jedem Molekül dessen, was wir in unserer Illusion und Unwissenheit als Materie in allen ihren Zuständen betrachten oder als eine Empfindung vorstellen, einen Gedanken, eine Emotion. . . . Kurz gesagt, sie ist der „Upadhi“ oder das Vehikel eines jeden möglichen physischen, intellektuellen oder psychischen Phänomens. In den einleitenden Sätzen der Genesis sowie in der chaldäischen Kosmogonie; in den Puranas Indiens und im ägyptischen Totenbuch – überall eröffnet sie den Kreislauf der Manifestation. Sie wird „Chaos“ genannt und das Antlitz der Wasser, vom Geist ausgebrütet, der aus dem Unbekannten hervorgeht, unter welchem Namen auch immer (siehe „Chaos, Theos, Kosmos“).

Die Autoren der heiligen Schriften Indiens gehen auf den Ursprung der Evolution der Dinge tiefer ein als Thales oder Hiob, denn sie sagen: „Aus Intelligenz (in den Puranas Mahat genannt) in Verbindung mit Unwissenheit (Iswara, als eine persönliche Gottheit) begleitet von ihrer projizierenden Kraft, in der die Eigenschaft der Unwissenheit (Tamas, Gefühlslosigkeit) überwiegt, geht Ether hervor – aus Ether Luft; aus Luft Wärme; aus Wärme Wasser und aus Wasser Erde ‘mit allem, was auf ihr existiert’. Aus diesem, aus eben diesem Selbst, wurde der Ether hervorgebracht“, sagt der Veda (Taittiriya-Upanishad“, 2. 1).

Es leuchtet somit ein, dass es nicht dieser Ether ist – auf der vierten [SD # 331] Stufe aus einer Emanation von Intelligenz in „Verbindung mit Unwissenheit“ entsprungen – welcher das hohe Prinzip ist, die vergöttlichende Wesenheit, welche von den Griechen und Lateinern unter dem Namen „Pater Omnipotens Aether“ und in seinem kollektiven Aggregat als „Magnus Aether“ verehrt wurde. Die Alten kannten in Bezug auf die Kräfte des Ethers kollektiv eine siebenfältige Abstufung, unzählige Unterabteilungen und Unterscheidungsmerkmale. Für alle Zweige der Wissenschaft war er immer ein ärgerliches Rätsel, von seinen äußeren Randeffekten, mit welchen unsere Wissenschaft so vertraut ist, bis hinauf zu der „unwägbaren Substanz“, einst als der „Ether des Raumes“ eingeräumt, aber momentan wieder abgelehnt. Die Mythologen und Symbologen heutzutage werden – von dieser unbegreiflichen Verherrlichung auf der einen und der Herabsetzung auf der anderen Seite verwirrt – von ein und derselben vergöttlichten Wesenheit und in denselben religiösen Systemen oft zu den lächerlichsten Irrtümern getrieben. Die Kirche, an allen ihren frühen, fehlerhaften Interpretationen wie an einem Felsen festhaltend, hat aus dem Ether den Aufenthaltsort ihrer satanischen Legionen18 gemacht. Die gesamte Hierarchie der „gefallenen“ Engel findet sich darin; die Kosmokratoren, oder „Weltenträger“ (nach Bossuet), die Mundi Tenentes – oder „Weltenhalter“, wie Tertullian sie nennt; und die Mundi Domini, die „Beherrschungen der Welt“ oder vielmehr die Beherrscher, die Curbati oder „Gekrümmten“ etc., die so aus den Sternen und den Himmelskörpern auf ihren Bahnen Teufel machen!

Während der Äther der Alten das universale Feuer ist, kann der zwischen den sieben Zuständen des Ethers getroffene Unterschied (der selbst wieder eines der sieben kosmischen Prinzipien ist) aus den Anordnungen Zoroasters, respektive Psellos’, gesehen werden. Ersterer sagte: „Befrage ihn nur dann, wenn er ohne Form oder Gestalt ist“ – absque forma et figura –, das bedeutet ohne Flammen oder brennende Kohlen. „Wenn er eine Form hat, beachte ihn nicht“, lehrte Psellos, „aber wenn er formlos ist, gehorche ihm, denn dann ist er das heilige Feuer, und alles was er Dir enthüllen wird, wird wahr sein.“19 Das beweist, dass Ether – selbst ein Aspekt von Akasha – seinerseits verschiedene Aspekte oder „Prinzipien“ besitzt.

Alle alten Nationen vergötterten den Äther in seinem unwägbaren Aspekt und seiner Kraft. Vergil nennt Jupiter Pater Omnipotens Aether, den „großen Äther“20. Die Hindus reihten ihn ebenfalls unter ihren Gottheiten ein; und zwar unter dem Namen Akasha (der Synthese von Äther). Und der Urheber des homerischen [SD # 332] Systems der Philosophie, Anaxagoras von Klazomenai, glaubte fest daran, dass die spirituellen Prototypen aller Dinge sowie deren Elemente im grenzenlosen Ether zu finden wären, wo sie erschaffen wurden, woraus sie sich entwickelten und wohin sie zurückkehrten ­– eine okkulte Lehre.

Es wird somit klar, dass aus dem Ether in seinem höchsten synthetischen Aspekt die erste Idee einer persönlichen, erschaffenden Gottheit entsprang, sobald er anthropomorphisiert wurde. Bei den philosophischen Hindus sind die Elemente Tamas, d. h. „vom Intellekt nicht erleuchtet, den sie verdunkeln“.

Wir müssen nun die Frage nach der mystischen Bedeutung des „ursprünglichen Chaos“ und des Wurzelprinzips erschöpfend behandeln und zeigen, in welchem Zusammenhang sie in den alten Philosophien mit Akasha standen, das fälschlich mit Äther übersetzt wurde; und auch mit Maya (Illusion) – deren männlicher Aspekt Iswara ist. Wir werden ferner von dem intelligenten „Prinzip“ sprechen oder vielmehr von den unsichtbaren immateriellen Eigenschaften der sichtbaren und materiellen Elemente, welche aus dem „ursprünglichen Chaos entsprangen“.

Denn: „Was ist das ursprüngliche Chaos anderes als Äther?“ wird in „Isis entschleiert“ gefragt. Nicht der moderne Ether; nicht so wie er jetzt anerkannt wird, sondern wie er den alten Philosophen lange vor der Zeit von Moses bekannt war; sondern der Äther mit all seinen mysteriösen und okkulten Eigenschaften, welcher die Keime der universalen Schöpfung in sich enthielt. Der höhere Äther oder Akasha ist die Himmlische Jungfrau und Mutter jeder existierenden Form und jeden Wesens, aus deren Schoß nach der „Inkubation“ durch den Göttlichen Geist Materie und Leben, Kraft und Tätigkeit, ins Dasein gerufen werden. Äther ist die Aditi der Hindus, und er ist Akasha. Elektrizität, Magnetismus, Wärme, Licht und chemische Reaktionen werden selbst heute noch so wenig verstanden, dass neue Fakten stets den Bereich unserer Kenntnisse erweitern. Wer weiß, wo die Macht dieses proteusartigen Riesen – des Äthers – endet; oder woher er seinen mysteriösen Ursprung nimmt? Wer, sagen wir, kann den Geist leugnen, der in ihm wirkt und alle sichtbaren Formen aus ihm heraus entwickelt?

Es wird eine leichte Aufgabe sein zu zeigen, dass die kosmogonischen Legenden der ganzen Welt auf einem Wissen der Alten über diese Wissenschaften beruht, die sich in unseren Tagen zur Unterstützung der Evolutionslehre verbündet haben; und dass weitere Forschung den Nachweis liefern kann, dass diese Alten mit der Tatsache der Evolution viel besser vertraut waren als wir es heute sind, sowohl vom physischen als auch vom spirituellen Gesichtspunkt aus betrachtet. „Bei den alten Philosophen war die Evolution ein universales Theorem, eine Lehre, die das Ganze umfasste, und ein anerkanntes Prinzip, während unsere modernen Evolutionisten uns lediglich spekulative Theorien vorsetzen können mit besonderen, wenn nicht gänzlich negativen Lehrsätzen. Es ist eine leere Drohung der Vertreter unserer modernen Weisheit, die Debatte nur aus dem einen Grund zu beenden und zu behaupten, die Frage sei geklärt, weil die dunkle Ausdrucksweise des mosaischen Berichts viel später mit der bestimmten Auslegung der ‘exakten Wissenschaft’ im Widerspruch steht.“ („Isis Unveiled“)

[SD # 333] Wendet man sich nun den „Gesetzen Manus“ (oder Satzungen) zu, findet man den Prototyp all dieser Ideen. In ihrer ursprünglichen Form (für die westliche Welt) meistens verloren, durch spätere Einfügungen und Zugaben entstellt, bewahrten sie nichtsdestoweniger genug von ihrem alten Geist, um dessen Charakter zu zeigen. „Die Finsternis entfernend, wurde der selbstexistierende Herr“ manifest (Vishnu, Narayana etc.) und „in dem Wunsch, Wesen aus seiner Wesenheit hervorzubringen, schuf er im Anbeginn das Wasser allein. In dieses warf er die Saat. . . . . Daraus entstand ein goldenes Ei.“ (Verse 6, 7, 8, 9) Woher kommt dieser selbstexistierende Herr? Er wird Dieses genannt und „Dunkelheit, unwahrnehmbar, ohne bestimmte Eigenschaften, unentdeckbar, als ob gänzlich in Schlaf versunken“ (Vers 5). Nachdem er ein ganzes göttliches Jahr in diesem Ei gewohnt hat, spaltet er, „der in der Welt Brahmâ genannt wird“, das Ei in zwei Teile. Aus dem oberen bildet er den Himmel, aus dem unteren die Erde und aus der Mitte den sichtbaren Himmel und „den ewigen Platz der Wasser“ (12, 13).

Unmittelbar auf diese Verse folgend findet sich etwas für uns Wichtigeres, da es unsere esoterischen Lehren vollständig bestätigt. Von Vers 14 bis 36 wird die Evolution in der Reihenfolge dargestellt, wie sie in der Esoterischen Philosophie beschrieben wird. Das kann kaum bestritten werden. Selbst Medhatithi, Sohn Virasvamins und Verfasser des ­Kom­mentars, des „Manu-bhasya“, der gemäß westlichen Orientalisten 1.000 v. Chr. lebte, hilft uns mit seinen Bemerkungen bei der ­Auf­klärung der Wahrheit. Er zeigte sich selbst entweder abgeneigt, mehr zu veröffentlichen, weil er jene Wahrheit kannte, die den Profanen vorzuenthalten war, oder er war wirklich verwirrt. Doch legt das, was er veröffentlicht, das siebenfältige Prinzip im Menschen und in der Natur ausreichend klar dar.

Beginnen wir mit Kapitel I der „Satzungen“ oder „Gesetze“, nachdem sich der selbstexistierende Herr, der sich nicht manifestierende Logos der unbekannten „Dunkelheit“, in dem goldenen Ei manifestiert. Aus diesem „Ei“, aus –

(11) dem, welches die ungetrennte (undifferenzierte) Ursache ist, ewig, das ist und nicht ist, aus diesem ging jener Männliche hervor, der in der Welt Brahmâ genannt wird. . . . .

Hier – sowie in allen echten philosophischen Systemen – finden wir das „Ei“ oder den Kreis (oder die Null), grenzenlose Unendlichkeit, mit Es21 bezeichnet; und Brahmâ, die erste Einheit allein, als den männlichen Gott benannt, d. h. als das befruchtende Prinzip. Dieses ist , oder 10 (zehn), die Dekade. Auf der Ebene der Siebenheit oder in unserer Welt wird es Brahmâ genannt. Auf der der vereinten Dekade, im Bereich der Wirklichkeit, ist dieser männliche Brahmâ eine Illusion.

(14) „Aus dem Selbst (atmanah) schuf er das Gemüt, (1) das ist und nicht ist; [SD # 334] (2) und aus dem Gemüt den Ego-ismus (Selbst-Bewusstsein), den Herrscher; (3) den Herrn.“

(1) Das Gemüt ist Manas. Medhatithi, der Kommentator, bemerkt hier mit Recht, dass es umgekehrt sei und zeigt bereits eine Einfügung und Umstellung; denn es ist Manas, das aus Ahamkara oder (universalem) Selbstbewusstsein entspringt, so wie Manas im Mikrokosmos aus Mahat oder Maha-Buddhi (Buddhi im Menschen) entspringt. Denn Manas ist dual; und wie Colebrooke zeigt und übersetzt, „ist es durch seine Affinität ein Organ, indem es mit dem Übrigen verwandt ist und damit sowohl der Empfindung als auch der Handlung dient. „Das Übrige“ bedeutet hier, dass Manas, unser fünftes Prinzip (das fünfte, weil der Körper als das erste bezeichnet wurde, was die Umkehrung der wahren philosophischen Reihenfolge darstellt)22, sowohl mit Atman-Buddhi als auch mit den niederen vier Prinzipien verwandt ist. Daher unsere Lehre: dass nämlich Manas dem Atman-Buddhi nach Devachan folgt, dass das niedere (der Bodensatz oder Überrest) Manas mit dem Kama-Rupa im Limbus oder Kama-Loka verbleibt, dem Aufenthaltsort der „Hüllen“.

(2) Das ist die Bedeutung von Manas, das „ist und nicht ist“.

(3) Medhatithi übersetzt es als „derjenige, der sich des Ichs bewusst ist“ oder das Ego, und nicht als „den Herrscher“, wie es die Orientalisten tun. So übersetzen sie auch Vers 16: „Nachdem er die feinen Teile jener sechs (das große Selbst und die fünf Sinnesorgane“ aus unermesslichem Glanz erschaffen hatte, um in die Elemente des Selbst (Atmamatrasu) einzutreten, erschuf er alle Wesen.“

Wenn es nach Medhatithi an Stelle von „Atmamatrasu“ Matra-Chit hieße, würde es folgendermaßen lauten:

„Er, der die feinen Teile jener sechs aus unermesslichem Glanz mit den Elementen des Selbst durchdrungen hatte, erschuf alle Wesen.“

Letztere Lesart muss die richtige sein, weil er, das Selbst, das ist, was wir Atman nennen und so das siebte Prinzip bildet, die Synthese der „sechs“. Das ist auch die Ansicht des Herausgebers des Manava Dharmashastra, der intuitiv viel tiefer in den Geist der Philosophie eingedrungen zu sein scheint als der Übersetzer der „Satzungen Manus“, der verstorbene Dr. Burnell. Denn er schwankt kaum zwischen dem Text des Kulluka und den Kommentaren des Medhatithi. Indem er die Tanmatras oder die feinen Elemente und das Atmamatrasu des Kulluka verwirft, sagt er, die Prinzipien auf das kosmische Selbst anwendend: „Die sechs scheinen vielmehr Manas plus die fünf Prinzipien von Ether, Luft, Feuer, Wasser, Erde zu sein“; „nachdem er fünf Teile jener sechs mit dem spirituellen Element (dem siebten) vereinigt hatte, schuf er (so) alle existierenden Dinge.“ Atmamatra ist daher das spirituelle Atom im Gegensatz zu den elementaren, nicht reflektiven „Elementen seiner selbst“. Die Übersetzung von Vers 17 korrigiert er folgendermaßen. (17) „Da die feinen Elemente der körperlichen Formen dieses Einen von den sechs abhängen, nennen [SD # 335] die Weisen seine Form Çarira (Sarira)“ – und er fügt hinzu, dass diese „Elemente“ hier Teile (oder Prinzipien) bedeuten, welche Deutung durch Vers 19 gerechtfertigt wird, in welchem es heißt:

(19) „Dieses Nichtewige (Universum) erhebt sich also aus dem Ewigen mithilfe der feinen Elemente der Formen jener sieben höchst herrlichen Prinzipien“ (Purusha).

Dazu bemerkt der Herausgeber laut Medhatithi, dass „die fünf Elemente plus Denkvermögen (Manas) und Selbstbewusstsein (Ahamkara)23 gemeint sind“. „Die feinen Elemente“ (bedeuten) wie zuvor „fünf Teile der Form“ (oder Prinzipien). Vers 20 zeigt dies, wenn er von diesen fünf Elementen oder „fünf Teilen der Form“ (Rupa plus Manas und Selbstbewusstsein) sagt, dass sie die „sieben Purusha“ oder Prinzipien bilden, in den Puranas die „sieben Prakritis“ genannt.

Weiter werden diese „fünf Elemente“ oder „fünf Teile“ in Vers 27 bezeichnet als „diejenigen, die atomisch zerstörbare Anteile genannt werden“ – und sich daher „von den Atomen Nyayas unterscheiden“.

Dieser aus dem Welten- oder Goldenen Ei hervortretende schöpferische Brahmâ vereinigt die männlichen und weiblichen Prinzipien in sich. Er ist, kurz gesagt, dasselbe wie alle schöpferischen Protologoi. Von Brahmâ könnte man jedoch nicht wie von Dionysos sagen: “ πρωτόγονον διφυῆ τρίγονον Βακχεῖον Ανακτα Αγριον ἀρρητὸν κρύφιον δικέρωτα δίμορφν – ein lunarer Jehovah, wahrlich Bacchus mit dem nackt vor seinem Symbol, der Bundeslade, tanzenden David – weil zügellose Dionysien niemals in seinem Namen und ihm zu Ehren eingerichtet worden wären. Jede derartige öffentliche Verehrung war exoterisch, und die großen universalen Symbole wurden überall entstellt – so wie die Vallabhacharyas Bombays, die Verehrer des kindlichen Gottes, jetzt die Symbole des Krishna entstellen. Aber sind diese volkstümlichen Götter die wahre Gottheit? Sind sie der Gipfel und die Synthese der siebenfältigen Schöpfung einschließlich des Menschen? Niemals! Jeder und alle sind Sprossen der siebenfältigen Leiter Göttlichen Bewusstseins, die heidnischen wie die christlichen. Es heißt, dass sich Ain Soph durch die sieben Buchstaben von Jehovahs Namen manifestiert, welchem, nachdem er sich des Platzes des Unbekannten Grenzenlosen bemächtigt hatte, von seinen Verehrern seine sieben Engel der Gegenwart – seine sieben Prinzipien – gegeben wurden. Und dennoch werden diese in fast jeder Schule erwähnt. In der reinen Sankhya-Philosophie werden Mahat, Ahamkara und die fünf Tanmatras die sieben Prakritis (oder Naturen) genannt, und sie werden von Maha-Buddhi oder Mahat zur Erde abwärts gezählt (siehe „Sankhya Karika“ III und Kommentare).

Wie stark jedoch die ursprünglich elohistische Version Esras für die Zwecke der Rabbiner entstellt wurde, wie widerwärtig selbst die [SD # 336] esoterische Bedeutung in den hebräischen Schriftrollen teilweise auch sein mag, tatsächlich weitaus schlimmer als der äußere Schleier oder die Verhüllung24 – sobald man die jehovistischen Teile ausschließt, findet man die Mosaischen Bücher erfüllt von rein okkultem und unschätzbarem Wissen, insbesondere in den ersten sechs Kapiteln.

Mithilfe der Kabbala gelesen, findet man einen unvergleichlichen Tempel okkulter Wahrheiten, eine Quelle tief verborgener Schönheit unter einem Gebäude versteckt, dessen sichtbare Architektur, trotz ihrer offensichtlichen Symmetrie, der kalten Kritik der Vernunft nicht standhalten und ihr Alter nicht enthüllen kann, da sie allen Zeitaltern angehört. In den exoterischen Fabeln der Puranas und der Bibel findet sich mehr Weisheit als in allen exoterischen Fakten und Wissenschaften der Weltliteratur und mehr okkulte, echte Wissenschaft als in sämtlichen Akademien auffindbare exakte Kenntnisse. Klarer und stärker ausgedrückt, findet sich in einigen Teilen der exoterischen Puranas und des Pentateuch wohl so viel esoterische Weisheit wie Unsinn und vorsätzliche, kindische Fantasie, wenn sie nur nach dem toten Buchstaben der mörderischen Interpretationen der großen dogmatischen Religionen und insbesondere der Sekten gelesen werden.

Man lese die ersten Verse von Kapitel 1 der Genesis und denke darüber nach. Dort befiehlt „Gott“ einem weiteren, seinem Gebot Folge leistenden „Gott“ – selbst in der autorisierten, vorsichtigen, englisch-protestantischen Übersetzung von König Jakob I.

Im „Anfang“, die hebräische Sprache kennt kein Wort, um die Idee der Ewigkeit auszudrücken25, schuf „Gott“ Himmel und Erde; und Letztere war „wüst und leer“, während Ersterer in der Tat kein Himmel, sondern die „Tiefe“, Chaos, ist – Finsternis war über der Tiefe.26

„Und der Geist Gottes schwebte über den Wassern“ (Vers 2) oder der großen Tiefe des unendlichen Raumes; und dieser Geist ist Nara-Yana oder Vishnu.

[SD # 337] „Und Gott sprach: Es werde eine Ausdehnung inmitten der Wasser . . . “ (Vers 6), und „Gott“, der zweite, gehorchte und „Gott machte die Ausdehnung“ (Vers 7) – „Und Gott sprach: Es werde Licht.“ Und „es ward Licht“. Nun bedeutet das Letztere überhaupt nicht Licht, sondern in der Kabbala den androgynen „Adam Kadmon“ oder Sephira (spirituelles Licht), denn sie sind eins; oder – nach dem chaldäischen „Buch der Zahlen“ – die zweiten Engel; die ersten sind die Elohim, die das Aggregat des „formenden“ Gottes darstellen. Denn an wen sind diese Anordnungen gerichtet? Und wer erteilt die Befehle? Das ewige Gesetz gibt die Befehle, und Folge leisten ihnen die Elohim, die bekannte Quantität, welche in und mit x wirkt oder dem Koeffizienten der unbekannten Quantität, den Kräften der einen Kraft. All das ist Okkultismus und findet sich in den archaischen Stanzen. Es ist vollständig immateriell, ob wir diese „Kräfte“ als Dhyan Chohans bezeichnen oder mit dem Heiligen Johannes als Ophanim.

„Das eine Universale Licht, welches für den Menschen die Finsternis ist, existiert immer“, sagt das „Chaldäische Buch der Zahlen“. Aus ihm geht periodisch die Energie hervor, welche in der „Tiefe“ oder dem Chaos reflektiert wird, der Vorratskammer der zukünftigen Welten; und erst einmal erweckt, rüttelt diese Energie die verborgenen Kräfte auf und befruchtet sie; die verborgenen Kräfte sind die immer gegenwärtigen, ewigen Potenzialitäten in ihr. Dann erwachen die Brahmâs und Buddhas von Neuem – die gleich ewigen Kräfte – und ein neues Universum tritt ins Dasein. . . . .

Im „Sefer Jezirah“, dem kabbalistischen Schöpfungsbuch, hat der Verfasser offenbar die Worte Manus wiederholt. In ihm wird die göttliche Substanz dargestellt, wie sie allein seit Ewigkeit existiert, grenzenlos und absolut; und wie sie aus sich selbst den Geist27 aussandte. „Eins ist der Geist des lebendigen Gottes, gepriesen sei Sein Name, der da lebt für immer! Stimme, Geist und Wort, das ist der Heilige Geist.“28 Und das ist die kabbalistische abstrakte Dreieinigkeit, welche von den christlichen Kirchenvätern ganz ungezwungen anthropomorphisiert wurde. Aus dieser dreifachen Eins emanierte der gesamte Kosmos. Zuerst emanierte aus der Eins die Zahl Zwei oder Luft (der Vater), das schöpferische Element; und dann die Zahl Drei, das Wasser (die Mutter), hervorgegangen aus der Luft; Ether oder Feuer vervollständigt die mystische Vier, den Arba-il.29 „Als der Verborgene Sich selbst aus dem Verborgenen offenbaren wollte, machte er zuerst einen Punkt (den ursprünglichen Punkt oder den ersten Sephiroth, Luft oder den Heiligen Geist), brachte ihn in eine heilige Form (die zehn Sephiroth oder den Himmlischen Menschen) und deckte ein reiches und glänzendes Gewand darüber, welches die Welt ist.“30

[SD # 338] „Er macht den Wind zu Seinem Boten, das flammende Feuer zu Seinem Diener,“ sagt die Jezirah, die damit den kosmischen Charakter der später euhemerisierten Elemente31 zeigte und dass der Geist alle Atome im Kosmos durchdringt.

Diese „ursprüngliche Substanz“ wird von einigen Chaos genannt: Platon und die Pythagoreer nannten sie die Weltseele, nachdem sie vom Geist dessen, was über den ursprünglichen Wassern oder dem Chaos brütet, befruchtet worden war. Indem das brütende Prinzip sich in ihm reflektierte – sagen die Kabbalisten –, schuf es das Truggebilde eines sichtbaren, manifestierten Universums. Chaos, davor – Ether, danach die „Reflexion“, ist immer noch die Gottheit, die den Raum und alle Dinge durchdringt. Er ist der unsichtbare, unwägbare Geist der Dinge, und das unsichtbare, aber nur allzu gut fühlbare Fluidum, das aus den Fingern des gesunden Magnetiseurs ausstrahlt, denn es ist die Lebenselektrizität – das Leben selbst. Vom Marquis de Mirville spöttisch der „nebelhafte Allmächtige“ genannt, heißt der Ether bis zum heutigen Tag bei den Theurgisten und Okkultisten das „lebendige Feuer“; und es gibt keinen Hindu, der zur Morgendämmerung eine gewisse Art von Meditation übt, ohne seine Wirkungen zu kennen.32 Es ist der „Geist des [SD # 339] Lichts“ und Magnes. Wie von einem Gegner richtig formuliert, sind Magus und Magnes zwei aus demselben Stamm wachsende und dieselben Resultate austreibende Zweige. Und in dieser Bezeichnung eines „lebendigen Feuers“ können wir auch den Sinn des verwirrenden Satzes im Zendavesta entdecken: Es ist „ein Feuer, das die Kenntnis der Zukunft, die Wissenschaft und eine liebenswürdige Sprache verleiht“, d. h. in Sibyllen, Sensitiven und selbst in gewissen Rednern bewirkt es eine außerordentliche Beredsamkeit.

Von diesem „Feuer“ sprechen sowohl alle Hindu-Bücher als auch die kabbalistischen Werke. Der „Zohar“ erklärt es als das „weiße, verborgene Feuer in Resha Trivrah“ (dem Weißen Haupt), dessen Wille die feurige Flüssigkeit in 370 Strömen in jede Richtung des Universums fließen lässt. Es ist dasselbe wie die „sich in 370 Sprüngen bewegende Schlange“ der Siphrah Dzeniouta, die – sobald der „vollkommene Mensch“, der Metatron, errichtet worden ist, der Göttliche Mensch also im tierischen Menschen wohnt – zu drei Geistern wird, d. h. in unserer theosophischen Nomenklatur wird es zu Atman-Buddhi-Manas (siehe Teil II in Band II, § 3, „Die vielen Bedeutungen des Krieges im Himmel“).

Geist also oder kosmische Ideenbildung und kosmische Substanz – von deren Prinzipien eines der Ether ist – sind eins, und schließen die Elemente in dem Sinn in sich ein, wie der Hl. Paulus sie versteht. Diese Elemente sind die verschleierte Synthese und stehen für die Dhyan Chohans, Devas, Sephiroth, Amschaspands, Erzengel etc. etc. Der Ether der Wissenschaft – den Ilus des Berossos oder das Protyl der Chemie – bildet sozusagen das Rohmaterial (relativ), aus welchem die oben genannten „Baumeister“ den für sie ewig im Göttlichen Gedanken vorgezeichneten Plan ausführen und die Systeme des Kosmos ausarbeiten. Das sind „Mythen“, sagt man uns. „Nicht mehr als der Ether und die Atome“, antworten wir. Die beiden Letzteren sind für die Physik absolute Notwendigkeiten, und die „Baumeister“ sind eine ebenso absolute Notwendigkeit für die Metaphysik. Wir werden verhöhnt: „Ihr habt sie nie gesehen.“ Und wir fragen die Materialisten: „Habt ihr jemals den Ether oder eure Atome oder auch nur eure Kraft gesehen?“ Einer der größten westlichen Evolutionisten der Neuzeit, A. R. Wallace, ein Gehilfe Darwins, wenn er die natürliche Selektion allein als nicht ausreichend bezeichnet zur Erklärung der körperlichen Form des Menschen – räumt obendrein ein, dass die lenkende Wirkung „höherer Intelligenzen“ ein notwendiger Bestandteil der großen Gesetze sei, die das materielle Universum regieren“ („Contributions to Theory of Natural Selections“).

Diese „höheren Intelligenzen“ sind die Dhyan Chohans der Okkultisten.

In der Tat gibt es nur wenige Mythen in den Religionssystemen, welche diesen Namen verdienen und die sowohl eine historische als auch eine wissenschaftliche Begründung haben. „Mythen“, bemerkt Pococke zu Recht, „erweisen sich just als Fabeln, und zwar genau in dem Verhältnis, wie wir sie miss­verstehen; und als Wahrheiten in dem Verhältnis, in dem sie einst verstanden wurden.

Die eine vorherrschende und am stärksten ausgeprägte Idee – die sich [SD # 340] in Bezug auf kosmische Evolution und die erste „Schöpfung“ unseres Globus mit allen seinen organischen und anorganischen (ein wunderliches Wort aus dem Munde eines Okkultisten) Produkten in jeder alten Lehre finden lässt – ist die, dass der gesamte Kosmos aus dem Göttlichen Gedanken entsprungen ist. Dieser Gedanke befruchtet die Materie, die gleich-ewig ist mit der Einen Wirklichkeit. Und alles, was lebt und atmet, evolviert aus den Emanationen des Einen Unveränderlichen – Parabrahman = Mulaprakriti, die ewige Wurzel-Einheit. Das Erstere dieser beiden ist sozusagen der Aspekt des nach innen in solche Gebiete gewendeten Mittelpunkts, die dem menschlichen Intellekt ziemlich unzugänglich sind, und es ist absolute Abstraktion; während es in seinem Aspekt als Mulaprakriti – der ewigen Wurzel von allem – zumindest ein nebelhaftes Verständnis des Mysteriums des Seins vermittelt.

„Daher wurde in den inneren Tempeln gelehrt, dass dieses sichtbare Universum aus Geist und Materie lediglich das konkrete Bild der idealen Abstraktion darstellt. Es wurde nach dem Modell der ersten Göttlichen Idee gebildet. Seit ewig existierte unser Universum in einem latenten Zustand. Die Seele, die dieses rein geistige Universum belebt, ist die Zentralsonne, die höchste Gottheit selbst. Nicht der Eine bildete die konkrete Form der Idee, sondern der Erstgeborene; und als sie nach der geometrischen Form des Dodekaeders33 entworfen war, ‘freute sich’ der Erstgeborene darauf, ‘12.000 Jahre auf ihre Erschaffung zu verwenden’. Diese Zahl wird in der tyrrhenischen Kosmogonie34 zum Ausdruck gebracht, welche den Menschen als im sechsten Jahrtausend erschaffen betrachtet. Das stimmt mit der ägyptischen Theorie der 6.000 ‘Jahre’35 und mit der hebräischen Berechnung überein. Aber es stellt die exoterische Form der Berechnung dar. Die geheime Berechnung erklärt, dass es sich bei den ‘zwölf Tausend und 6.000 Jahren’ um Jahre Brahmâs handelt, und ein Tag Brahmâs 4.320.000.000 Jahre dauert. Sanchuniathon36 erklärt in seiner Kosmogonie, dass – als der Wind (Geist) sich in seine eigenen Prinzipien (Chaos) verliebte – eine innige Vereinigung stattfand. Diese Verbindung wurde Pothos genannt und brachte den Samen von allem hervor. Und das Chaos wusste nichts von seiner eigenen Erschaffung, denn es war ohne Sinne; aus seiner Umarmung mit dem Wind jedoch wurde Mot erzeugt, oder der Ilys (Schlammgrund).37 Daraus gingen die Schöpfungssporen und die Erschaffung des Universums hervor.

Zeus-Zen (Äther) sowie Chthonia (die chaotische Erde) und Metis (Wasser), seine Gemahlinnen; Osiris – jener Gott, der ebenfalls den Ether repräsentiert – und Isis-Latona, die erste Emanation der höchsten Gottheit, Amun, die ursprüngliche Quelle des Lichts; wiederum die Göttin Erde und Wasser; Mithras38, der felsengeborene Gott, das Symbol des männlichen Weltenfeuers oder das personifizierte Urlicht; und Mithra, die Feuergöttin – zugleich seine Mutter und seine Gemahlin: das reine Element des Feuers (das tätige oder männliche Prinzip), das als Licht und Wärme angesehen wird in Verbindung mit Erde und Wasser oder Materie (dem weiblichen oder passiven Element der kosmischen Zeugung); [SD # 341] Mithras ist der Sohn Bordjs, des persischen Weltenbergs39, aus dem er als glänzender Lichtstrahl hervorblitzte. Brahmâ, der Feuergott und seine fruchtbare Gemahlin; und der hinduistische Agni, die strahlende Gottheit, aus deren Körper tausend Ströme von Glanz und sieben Flammenzungen hervorgehen und dem zu Ehren gewisse Brahmanen bis zum heutigen Tag ein ewiges Feuer unterhalten; Shiva, personifiziert durch Meru, den Weltenberg der Hindus: diese fantastischen Feuergötter, die der Legende nach wie der jüdische Jehovah in einer Feuersäule vom Himmel herabstiegen; und ein Dutzend anderer archaischer, doppelgeschlechtlicher Gottheiten; sie alle verkünden laut ihre verborgene Bedeutung. Und was könnten diese dualen Mythen anderes bedeuten als das psycho-chemische Prinzip der ursprünglichen Schöpfung? Die erste Evolution in ihrer dreifachen Manifestation als Geist, Kraft und Materie; die göttliche Wechselbeziehung an ihrem Ausgangspunkt, versinnbildlicht durch die Hochzeit von Feuer und Wasser, den Produkten des elektrisierenden Geistes, die Vereinigung des männlichen aktiven Prinzips mit dem weiblichen passiven Element, die die Eltern ihres tellurischen Kindes werden, kosmischer Materie, der Prima Materia, deren Seele der Äther und deren Schatten das Astrallicht ist“ („Isis Unveiled“).

Die Fragmente der uns erhaltenen Systeme werden heute als törichte Fabeln zurückgewiesen. Die okkulte Wissenschaft – die selbst die große Flut überlebte, welche die vorsintflutlichen Riesen und mit ihnen sogar die Erinnerung an sie verschlang, von den in der Geheimlehre, der Bibel und anderen Schriften erhaltenen Berichten abgesehen – besitzt noch immer den Schlüssel zu allen Weltproblemen.

Wenden wir diesen Schlüssel also auf die spärlichen Fragmente längst vergessener Kosmogonien an; und versuchen wir, mithilfe ihrer verstreuten Teile die einst universale Kosmogonie der Geheimlehre wieder herzustellen. Der Schlüssel passt bei allen. Niemand kann ernsthaft die alten Philosophien studieren, ohne wahrzunehmen, dass die auffallende Ähnlichkeit der Vor­stellungen in all diesen Kosmogonien, welche in ihrer exoterischen Form sehr häufig und in ihrem verborgenen Geist unwandelbar zu Tage treten, nicht das Werk bloßen Zufalls ist, sondern sich aus einem übereinstimmenden Plan ergibt: und dass in der Jugendzeit der Menschheit lediglich eine Sprache, eine Erkenntnis und eine universale Religion existierte, als es noch keine Kirchen, keine Glaubensbekenntnisse oder Sekten gab, sondern jeder Mensch sein eigener Priester war. Und wenn gezeigt wird, dass sich das religiöse Denken des Menschen auf allen Teilen des Globus in übereinstimmender Sympathie bereits in jenen frühen Zeiten entwickelte, die sich unseren Blicken durch das üppige Wachstum der Tradition entziehen; dann wird es offensichtlich, dass dieses Denken, unabhängig vom Breitengrad, im kalten Norden oder im sengenden Süden, im Osten oder Westen, von denselben Offenbarungen inspiriert war und dass der Mensch unter dem schützenden Schatten ein und desselben Baums der Erkenntnis aufgezogen wurde.

[SD # 342]
§
IV
Chaos – Theos – Kosmos

Diese drei bilden den Inhalt des Raums; oder, wie ein gelehrter Kabbalist es definierte: „Raum, der alles enthaltende Nichtenthaltene, ist die ursprüngliche Verkörperung der einfachen Einheit. . . . grenzenlose Ausdehnung.“40 Aber er fragt wiederum: „Grenzenlose Ausdehnung wovon?“ – und gibt die richtige Antwort: „Von dem unbekannten Enthalter von Allem, der Unbekannten Ersten Ursache.“ Das ist eine höchst richtige Definition und Antwort, höchst esoterisch und wahr, von jedem Gesichtspunkt der okkulten Lehre aus betrachtet.

In ihrer Unwissenheit und bilderstürmerischen Neigung zur Zerstörung jeder philosophischen Idee des Altertums proklamierten die modernen Besserwisser den Raum als „eine abstrakte Idee“ und als eine Leere, tatsächlich ist er jedoch der Enthalter und der Körper des Universums mit seinen sieben Prinzipien. Er ist ein Körper von grenzenloser Ausdehnung, dessen Prinzipien, in okkulter Ausdrucksweise – jedes seinerseits eine Siebenheit – in unserer Erscheinungswelt lediglich das gröbste Gewebe ihrer Unterabteilungen manifestieren. „Niemand hat jemals die Elemente in ihrer Gänze gesehen“, vermittelt die Lehre. Wir müssen unsere Weisheit in den ursprünglichen Äußerungen der Urvölker und in ihren Synonymen finden. Selbst die spätesten dieser Urvölker, die Juden, zeigen in ihren kabbalistischen Lehren dieselbe Idee, d. h. die siebenköpfige Schlange des Raums, „die Große See“ genannt. „Im Anbeginn schufen die Elohim die Himmel und die Erde; die 6 (Sephiroth). . . . Sie erschufen sechs, und auf diesen beruhen alle Dinge. Und diese (sechs) hängen von den sieben Formen des Craniums ab, bis hinauf zum Erhabensten alles Erhabenen („Siphrah Dzeniouta“, I, § 16), siehe Teil ii, Band II „Ancient Divisions and the Mystic Numbers“.

Nun waren die Begriffe Wind, Luft und Geist seit jeher bei allen Nationen sinnverwandt. Pneuma (Geist) und Anemos (Wind) bei den Griechen, Spiritus und Ventus bei den Lateinern waren austauschbare Begriffe, selbst wenn sie von der ursprünglichen Vorstellung vom Lebensatem getrennt wurden. In den „Kräften“ der Wissenschaft sehen wir lediglich die materielle Auswirkung des spirituellen Einflusses vom einen oder anderen der vier ursprünglichen Elemente, welche uns von der vierten Rasse ebenso vererbt wurden wie wir den Ether (oder vielmehr seine grobe Unterabteilung) in seiner Gänze der sechsten Wurzelrasse vererben werden. Das wird in diesem und im folgenden Band erklärt.

Das „Chaos“ wurde bei den Alten als empfindungslos bezeichnet, weil es (Chaos und Raum waren synonym) sämtliche Elemente in ihrem rudimentären, undifferen­zierten Zustand repräsentierte und sie in sich enthielt. Sie machten Ether, das fünfte Element, zur Synthese der anderen vier; denn der Äther der griechischen Philosophen war nicht gleichbedeutend mit seinem Bodensatz (Ether) – von welchem sie tatsächlich mehr wussten [SD # 343] als die heutige Wissenschaft – der ganz richtig als ein Vermittler angenommen wird für viele der Kräfte, die sich auf der Erde offenbaren. Ihr Äther war der Akasha der Hindus; der von der Physik angenommene Ether ist lediglich einer seiner Unterabteilungen auf unserer Ebene – das Astrallicht der Kabbalisten mit all seinen sowohl üblen als auch nützlichen Wirkungen.

In Anbetracht dessen, dass die Essenz des Äthers oder des unsichtbaren Raums als vermeintlicher Schleier der Gottheit für göttlich erachtet wurde, betrachtete man ihn als das Medium zwischen diesem und dem nächsten Leben. Die Alten nahmen an, dass im Falle des Rückzugs der lenkenden, tätigen „Intelligenzen“ (der Götter) von irgendeinem Teil des Ethers in unserem Raum – einem der vier Bereiche, welchen sie vorstehen – diese besondere Region dem Besitz des Bösen überlassen war, der wegen der Abwesenheit des Guten in dieser Region so bezeichnet wurde.

„Die Anwesenheit des Geistes in dem gemeinsamen Mittler, dem Ether, wird vom Materialismus abgestritten, während die Theologie aus ihm einen persönlichen Gott macht. Der Kabbalist aber behauptet, dass beide im Unrecht sind und sagt, dass im Ether die Elemente lediglich die Materie repräsentieren – die blinden kosmischen Kräfte der Natur; Geist hingegen repräsentiert die sie leitende Intelligenz. Die arischen, hermetischen, orphischen und pythagoreischen kosmogonischen Lehren sowie die von Sanchuniathon und Berossos beruhen allesamt auf einer unwiderlegbaren Formel, nämlich dass Äther und Chaos, oder in der platonischen Ausdrucksweise Geist und Materie, die beiden ursprünglichen und ewigen Prinzipien des Universums seien, gänzlich unabhängig von allem anderen. Ersterer war das alles belebende intellektuelle Prinzip; Chaos hingegen ein formloses, flüssiges Prinzip, ohne ‘Form oder Sinn’, und aus der Vereinigung dieser beiden trat das Universum ins Dasein, oder vielmehr die universale Welt, die erste androgyne Gottheit – die chaotische Materie wurde ihr Körper und Ether ihre Seele. In der Ausdrucksweise eines Fragments von Hermeias lautet es: ‘Das Chaos, aus dieser Vereinigung mit dem Geist den Sinn erlangend, leuchtete in Wonne, und so ward Protogonos hervorgebracht, das (erstgeborene) Licht.’41 Das ist die auf den metaphysischen Vorstellungen der Alten beruhende universale Dreieinigkeit, welche auf der Grundlage der Analogie den Menschen, welcher eine Verbindung von Intellekt und Materie ist, zum Mikrokosmos des Makrokosmos oder des großen Universums machten.“ („Isis entschleiert“)

„Die Natur verabscheut das Vakuum“, sagten die Peripatetiker. Obwohl sie auf ihre eigene Weise Materialisten waren, verstanden sie vielleicht doch, warum Demokrit mit seinem Lehrer Leukippos unterrichtete, dass die ersten Prinzipien aller im Universum enthaltenen Dinge Atome und ein Vakuum waren. Letzteres bedeutet lediglich eine latente Gottheit oder Kraft; sie war vor ihrer ersten Offenbarung, in welcher sie zum Willen wurde – der diesen Atomen den ersten Impuls übermittelte –, das große Nichts, Ain Soph oder Nichtding; und daher in jedem Sinn eine Leere – oder Chaos.

Jenes Chaos wurde indes nach Platon und den Pythagoreern zur „Seele der Welt“. Nach der indischen Lehre durchdringt die Gottheit in der Gestalt des Äthers (Akasha) alle Dinge; daher wurde sie [SD # 344] von den Theurgisten das „lebendige Feuer“, der „Geist des Lichts“ und manchmal Magnes genannt. Nach Platon bildete die höchste Gottheit selbst das Universum in der geometrischen Gestalt des Dodekaeders; und ihr „Erstgeborener“ wurde vom Chaos und dem ursprünglichen Licht (der Zentralsonne) zur Geburt gebracht. Dieser „Erstgeborene“ war indes lediglich das Aggregat der Schar der „Baumeister“, der ersten konstruktiven Kräfte, welche in alten Kosmogonien die Alten genannt werden (aus der Tiefe oder dem Chaos geboren) und der „erste Punkt“. Er ist das sogenannte Tetragrammaton an der Spitze der sieben unteren Sephiroth. Das war der Glaube der Chaldäer. Philo, der Jude, äußert sich ziemlich gedankenlos über die ersten Unterweiser seiner Vorfahren, indem er schreibt: „Diese Chaldäer waren der Ansicht, dass der Kosmos unter den Dingen, die existieren (?), ein einzelner Punkt ist, der entweder Gott (Theos) selbst ist oder in dem Gott ist, die Seele aller Dinge umfassend.“ (Siehe seine Wanderung Abrahams“, § 32)

Chaos-Theos-Kosmos sind lediglich die drei Aspekte ihrer Synthese – des Raums. Man kann niemals hoffen, das Geheimnis dieser Tetraktis aufzulösen, wenn man sich an den toten Buchstaben selbst der alten Philosophien hält, wie sie heute noch vorhanden sind. Aber selbst in diesen werden Chaos-Theos-Kosmos = Raum in alle Ewigkeit als der eine unbekannte Raum identifiziert, über welchen das letzte Wort vielleicht niemals vor unserer siebten Runde bekannt sein wird. Trotzdem sind die Allegorien und metaphysischen Symbole über den ursprünglichen und vollkommenen Würfel bemerkenswert, selbst in den exoterischen Puranas.

Auch dort ist Brahmâ Theos, der sich aus dem Chaos oder der großen „Tiefe“ entwickelt, aus den Wassern, über welchen der Geist = Raum in der ersten Stunde des Wiedererwachens schweigend schwebt, personifiziert durch Ayana – den Geist, welcher sich über der Ebene des künftigen, grenzenlosen Kosmos bewegt. Er ist auch der auf Anantashesha, der großen Schlange der Ewigkeit schlafende Vishnu, aus welchem die westliche Theologie, des einzigen die Geheimnisse der Bibel öffnenden Schlüssels unkundig, nämlich der Kabbala – den Teufel gemacht hat. Er ist auch das erste Dreieck oder die pythagoreische Triade, der „Gott mit den drei Aspekten“, bevor er durch seine vollkommene Quadratur des unendlichen Kreises zum „viergesichtigen Brahmâ“ wird.

„Aus ihm, der ist und doch nicht ist, aus dem Nichtsein, der Ewigen Ursache, wird das Sein – Purusha geboren“, sagt Manu, der Gesetzgeber.

In „Isis entschleiert“ wird gesagt:

„In der ägyptischen Mythologie wird Kneph, der ewig ungeoffenbarte Gott, durch ein Emblem der Schlange der Ewigkeit dargestellt, die eine Wasserurne umschlingt, wobei ihr Kopf über den Wassern schwebt, welche sie mit ihrem Atem bebrütet. In diesem Fall ist die Schlange der Agathodaimon, der gute Geist: In ihrem entgegengesetzten Aspekt ist sie der Kakodaimon – der böse Geist. In den skandinavischen Eddas fällt der Honigtau, die Frucht der Götter und der schöpferischen, fleißigen Yggdrasil (Bienen), während der Nachtstunden, wenn die Atmosphäre mit Feuchtigkeit geschwängert ist; und in den nördlichen Mythologien versinnbildlicht er als das passive Schöpfungsprinzip die [SD # 345] Erschaffung des Universums aus dem Wasser; dieser Tau ist das Astrallicht in einer seiner Kombinationen und besitzt sowohl schöpferische als auch zerstörerische Eigenschaften. In der chaldäischen Legende des Berossos unterrichtet Oannes oder Dagon, der Fischmann, das Volk und zeigt, dass die kindliche Welt aus dem Wasser erschaffen wurde und dass alle Dinge aus dieser Prima Materia entspringen. Moses lehrt, dass eine lebendige Seele lediglich von Erde und Wasser ins Dasein gebracht werden kann: Und wir lesen in den Schriften, dass die Kräuter nicht wachsen konnten, ehe es nicht der Ewige regnen ließ auf Erden. Im mexikanischen Popol Vuh wird der Mensch aus Schlamm oder Lehm (terre glaise) geschaffen, der unter dem Wasser entnommen wurde. Brahmâ erschafft auf seinem Lotus sitzend den großen Muni (oder den ersten Menschen), jedoch erst nachdem er Geister ins Dasein gerufen hat, die sich somit einer früheren Existenz erfreuen als die Sterblichen, und er erschafft ihn aus Wasser, Luft und Erde. Die Alchemisten behaupten, dass auf ihre erste Substanz zurückgeführte ursprüngliche oder voradamische Erde in ihrem zweiten Umwandlungszustand wie klares Wasser sei, während der erste der eigentliche Alkahest ist. Es heißt, dass diese ursprüngliche Substanz in sich die Essenz von allem enthält, was den Menschen aufbauen wird; sie enthält nicht nur alle Elemente seines körperlichen Wesens, sondern auch den ‘Lebensatem’ in einem latenten Zustand, bereit, erweckt zu werden. Dieser rührt vom ‘Brüten’ des ‘Geistes Gottes’ über den Wassern her – dem Chaos: Tatsächlich ist diese Substanz das Chaos selbst. Paracelsus behauptete, aus ihr seine ‘Homunkuli’ machen zu können; und aus diesem Grund behauptete Thales, der große Naturphilosoph, dass das Wasser das Prinzip aller Dinge in der Natur sei.42 . . . Hiob sagt in Kapitel 26,5: ‘Unter den Wassern und ihren Bewohnern werden tote Dinge geformt.’ Im ursprünglichen Text steht an Stelle der ‘Toten’ tote Raphaim (Riesen oder mächtige Urmenschen), von denen die ‘Evolution’ eines Tages unsere gegenwärtige Rasse herleiten mag.“

„Im Ursprungszustand der Schöpfung“, sagt Poliers Mythologie des Indous“, „ruhte das noch anfängliche Universum, im Wasser versunken, im Schoß Vishnus. Aus diesem Chaos und dieser Dunkelheit entsprungen, schwamm (bewegte sich) Brahmâ, der Erbauer der Welt, auf einem Lotosblatt balancierend über den Wassern, außerstande, irgendetwas anderes als Wasser und Dunkelheit wahrzunehmen“. Bestürzt, diesen traurigen Zustand der Dinge wahrnehmend, führt Brahmâ folgendes Selbstgespräch: „Wer bin ich? Woher kam ich?“ Dann hört er eine Stimme.43 „Richte Dein Denken auf Bhagavat.“ Sich aus seinem schwimmenden Zustand erhebend, nimmt Brahmâ in kontemplativer Haltung auf dem Lotus Platz und beginnt, über das Ewige zu reflektieren, welches, erfreut über diesen Beweis seiner Frömmigkeit, die ursprüngliche Finsternis zerstreut und seine Verständnisfähigkeit aktiviert. „Danach tritt Brahmâ als Licht aus dem Universalen Ei (dem unendlichen Chaos) hervor, denn seine Fähigkeit zu verstehen ist jetzt aktiv, und er setzt sich selbst in Tätigkeit: Mit dem Geist Gottes in sich selbst bewegt er sich auf den ewigen Wassern; und in seiner Eigenschaft als Beweger der Wasser ist er Vishnu oder Narayana.“ Das ist [SD # 346] natürlich exoterisch, aber die Grundidee stimmt so genau wie möglich mit der ägyptischen Kosmogonie überein, welche in ihren Anfangssätzen Athtor44 oder Mutter Nacht (die Darstellung der unbegrenzbaren Finsternis) als das Ursprüngliche Element nennt, welches den durch Wasser belebten, unendlichen Abgrund sowie den universalen Geist des Ewigen überdeckt, der allein im Chaos wohnt. Auf ähnliche Weise beginnt in den jüdischen Schriften die Geschichte der Schöpfung mit dem Geist Gottes und seiner schöpferischen Emanation – einer weiteren Gottheit.45

Der „Zohar“ lehrt, dass die ursprünglichen Elemente – die Trinität aus Feuer, Luft und Wasser –, die vier Himmelsrichtungen sowie alle Kräfte der Natur zusammen genommen die Stimme des Willens Memrab bilden oder das „Wort“, den Logos des absolut stillen Alls. „Der unteilbare Punkt, grenzenlos und unerkennbar“, breitet sich durch den unendlichen Raum aus und bildet so einen Schleier (die Mulaprakriti des Parabrahman), welcher diesen absoluten Punkt verhüllt (siehe weiter unten).

In den Kosmogonien aller Nationen sind es die im Demiurgen (in der Bibel die „Elohim“) synthetisierten „Architekten“, welche den Kosmos aus dem Chaos formen und die der kollektive Theos sind, „männlich-weiblich“, Geist und Materie. „Mit einer Reihe (yom) von Gründungen (hasoth) riefen die Elohim Erde und Himmel ins Dasein“ (Gen 2,4). In der Bibel sind es zunächst Elohim, dann Jahwe-Elohim und schließlich Jehovah – nach der Trennung der Geschlechter im vierten Kapitel der Genesis. Es ist bemerkenswert, dass nirgends, ausgenommen in den späteren oder vielmehr in den letzten Kosmogonien unserer fünften Rasse, der unaussprechliche und unbeschreibliche Name46 – das Symbol der unbekannten Gottheit, das nur in den Mysterien verwendet wurde – in Zusammenhang mit der „Schöpfung“ des Universums benutzt wird. Die „Beweger“, die „Läufer“, die Theoi (von θέειν „laufen“) vollbringen das Werk der Bildung, die „Boten“ des manvantarischen Gesetzes, die jetzt im Christentum zu den „Boten“ (Malachim) geworden sind; und das scheint auch für den Hinduismus oder den frühzeitigen Brahmanismus zu gelten. Denn im „Rigveda“ ist nicht Brahmâ der Schöpfer, sondern es sind die Prajapatis, die „Herren des Seins“, welche die Rishis sind; der Begriff Rishi ist (nach Professor Mahadeo Kunte) verbunden mit den Worten bewegen und anführen, in ihrem irdischen Charakter auf sie angewendet, wenn sie als Patriarchen ihre Scharen zu den sieben Flüssen hinführen.

Im Singular kam das Wort „Gott“, das sämtliche Götter – oder Theos von Theoi – umfasst, übrigens aus einer sonderbaren Quelle zu den „höherstehenden“, zivilisierten Nationen, die ebenso vollständig und überragend phallisch ist wie der [SD # 347] ernsthafte, offen ausgesprochene Lingam Indiens. Der Versuch, das Wort Gott vom angelsächsischen Synonym „gut“ abzuleiten, wurde als Idee verworfen, denn in keiner anderen Sprache, in der der Ausdruck mehr oder weniger variiert, von den persischen Khoda bis zum lateinischen Deus, hat sich ein Beispiel dafür gefunden, dass Gottes Name von dem Attribut der Güte abgeleitet sein könnte. Zu den lateinischen Rassen kam der Begriff vom arischen Dyaus (der Tag); zu den slawischen vom griechischen Bacchus (Bagh-bog); und zu den germanischen Rassen unmittelbar aus dem hebräischen Yodh oder Jod. Das Letztere, י , ist der Zahlbuchstabe 10, männlich und weiblich, und Yod ist der phallische Haken: daher das altsächsische Godh, das germanische Gott und das englische God. Dieser symbolische Ausdruck kann als Darstellung des Schöpfers der physischen „Menschheit“ auf der irdischen Ebene angesehen werden; aber mit der Bildung oder der „Erschaffung“ des Geistes, der Götter oder des Kosmos hat er ganz bestimmt nichts zu tun!

Chaos-Theos-Kosmos, die dreifache Gottheit, ist alles in allem. Daher wird es als männlich und weiblich, gut und böse, positiv und negativ bezeichnet: mit der ganzen Reihe gegensätzlicher Eigenschaften. Wenn es latent ist (in Pralaya), so ist es unbegreiflich und wird zur Unerkennbaren Gottheit. Es kann nur in seinen aktiven Wirkungen erkannt werden; somit als Materie-Kraft und lebendiger Geist, als die Wechselbeziehungen und die Folge oder der Ausdruck auf der sichtbaren Ebene der letzten und für alle Ewigkeit unbekannten Einheit.

Diese dreifache Einheit bringt ihrerseits die vier ursprünglichen „Elemente“47 hervor, welche in unserer sichtbaren, irdischen Natur als die sieben (bis jetzt die fünf) Elemente bekannt sind, von welchen jedes einzelne in neunundvierzig (oder sieben mal sieben) Unterelemente teilbar ist; mit ungefähr siebzig dieser Elemente ist die Chemie vertraut. Jedes kosmische Element, wie Feuer, Luft, Wasser und Erde, teilt die Eigenschaften und Makel seiner Urkräfte und ist seiner Natur entsprechend Gut und Böse, Kraft (oder Geist) und Materie etc. etc.; und jedes ist daher gleichzeitig Leben und Tod, Gesundheit und Krankheit, Wirkung und Gegenwirkung (siehe § xiv, „Die vier Elemente“). Unter dem niemals aufhörenden Impuls des Einen Elements (des Unerkennbaren), das in der Welt der Erscheinungen durch den Äther oder „die unsterblichen Götter, welche allem Geburt und Leben geben“ repräsentiert wird, formen sie immer und fortwährend die Materie.

In „den philosophischen Schriften Salomon ben Jehuda ibn Gabirols (übersetzt in Isaac Myers „Qabbalah“, eben veröffentlicht) heißt es über die Struktur des Universums: „R. Jehuda begann, so steht es geschrieben: ‘Elohim sagten: Es werde eine Feste zwischen den Wassern.’ Komm und siehe, zu der Zeit, dass der Heilige. . . . die Welt erschuf, [SD # 348] schuf Er 7 Himmel oben, 7 Erden unten, 7 Meere, 7 Tage, 7 Flüsse, 7 Wochen, 7 Jahre, 7 Zeiten, und 7.000 Jahre, die die Welt gewesen ist. Der Heilige ist das Siebte von allem.“ etc. (S. 415)

Das zeigt auch eine seltsame Übereinstimmung mit der Kosmogonie der Puranas (z. B. Vishnu-Purana“, 1. Buch). Es bestätigt alle unsere Lehren in Bezug auf die Zahl Sieben, wie sie im „Esoterischen Buddhismus“ kurz angedeutet sind.

Die Hindus besitzen zum Ausdruck dieser Idee eine endlose Reihe von Allegorien. Im ursprünglichen Chaos, bevor es sich zu den sieben Ozeanen (Sapta Samudra) entwickelt hatte, sind sowohl Amrita (Unsterblichkeit) als auch Visha (Gift, Tod, Übel) latent vorhanden; die sieben Ozeane stellen emblematisch die sieben Gunas (oder bedingten Qualitäten) dar, welche aus den Trigunas (Sattva, Rajas und Tamas, siehe Puranas) zusammengesetzt sind. Diese Allegorie findet sich auch im „Buttern des Ozeans“ der Götter. Amrita steht über allen Gunas, denn es ist per se unbedingt; sobald es jedoch in die phänomenale Schöpfung fällt, wird es vermischt mit Übel, Chaos, den latenten Theos in sich tragend, bevor der Kosmos evolviert wurde. Daher finden wir Vishnu – hier das ewige Gesetz repräsentierend –, wie er periodisch den Kosmos zur Tätigkeit aufruft oder „aus dem ursprünglichen Ozean (dem grenzenlosen Chaos) das Amrita der Ewigkeit herstellt“, welches ausschließlich den Göttern und Devas vorbehalten ist; und zu diesem Zweck muss er sich der Nagas und Asuras – oder im esoterischen Hinduismus der Dämonen – bedienen. Die ganze Allegorie ist hoch philosophisch, und wir finden sie in jedem philosophischen System wieder. So finden wir sie bei Platon, der die von Pythagoras aus Indien mitgebrachten Ideen voll erfasste, sie zusammenstellte und in einer Form veröffentlichte, die verständlicher war als die der ursprünglichen, geheimnisvollen Zahlen des griechischen Weisen. So ist bei Platon der Kosmos „der Sohn“, dessen Vater und Mutter der Göttliche Gedanke und die Materie sind.48

„Die Ägypter“, sagt Dunlap,49 „unterscheiden zwischen einem älteren und einem jüngeren Horus; Ersterer ist der Bruder von Osiris, Letzterer der Sohn von Osiris und Isis.“ Der Erste ist die im demiurgischen Gemüt verweilende Idee der Welt, „vor der Erschaffung der Welt in Dunkelheit geboren“. Der zweite Horus ist die aus dem Logos hervorgehende „Idee“, welche mit Materie bekleidet wird und tatsächlich in Existenz tritt.50

Die Chaldäischen Orakel sprechen von „dem ewigen, grenzenlosen, jungen und alten Weltengott mit einer gewundenen Form“.51

Diese „gewundene Form“ ist ein Bild für die schwingende Bewegung des Astrallichts, mit welchem die alten Priester vollkommen vertraut waren, wenn die Bezeichnung auch erst von den Martinisten festgelegt wurde.

Die moderne Wissenschaft zeigt verachtungsvoll mit dem Finger auf den Aberglauben der Kosmolatrie. Die Wissenschaft sollte jedoch, bevor sie darüber lacht, nach dem Rat eines französischen [SD # 349] Gelehrten „ihr eigenes System kosmo-pneumatologischer Erziehung gänzlich umgestalten“. Satis eloquentiae, sapientiae parum! Die Kosmolatrie kann, dem Pantheismus gleich, in ihrem letzten Ausdruck mit denselben Worten beschrieben werden wie Vishnu . . . . „Er ist lediglich die ideale Ursache der Potenzen, die in dem Schöpfungswerk erschaffen werden sollen. Und aus ihm gehen die zu schaffenden Potenzen hervor, nachdem sie zur realen Ursache geworden sind. Neben dieser einen idealen Ursache existiert keine andere, auf welche die Welt bezogen werden könnte. . . . . Kraft dieser Ursache tritt jedes erschaffene Ding entsprechend seiner eigenen Natur ins Dasein (original Sanskrit-Texte, Teil iv, Seiten 32-33).

§V
Über die verborgene Gottheit,
ihre Symbole und Glyphen

Der Logos oder die schöpferische Gottheit, das „fleischgewordene Wort“ einer jeden Religion soll jetzt bis zu seiner letzten Quelle und Wesenheit zurückverfolgt werden. In Indien ist er ein Proteus mit 1.008 göttlichen Namen und Aspekten in allen seinen persönlichen Verwandlungen, von Brahmâ-Purusha über die sieben göttlichen Rishis und zehn halb-göttlichen Prajapatis (ebenfalls Rishis) bis hinab zu den göttlich-menschlichen Avataren. Dasselbe verwirrende Problem des „Einen in den Vielen“ und der Vielheit im Einen findet sich in anderen Pantheons, im ägyptischen, im griechischen und im chaldäisch-jüdischen, wobei Letzteres die Verwirrung noch vollkommener machte, indem es seine Götter euhemeristisch in Gestalt von Patriarchen darstellte. Und diese Patriarchen werden jetzt von jenen akzeptiert und als lebende und historische Wesen dargestellt, die Romulus als einen Mythos ablehnen. Verbum satis sapienti.

Im „Zohar“ ist Ain Soph ebenfalls das Eine, die unendliche Einheit. Das war den sehr wenigen gelehrten Kirchenvätern bekannt, die sich darüber bewusst waren, dass Jehovah keinen „höchsten“ Gott darstellte, sondern eine Kraft dritten Ranges. Sich bitter über die Gnostiker beklagend, sagte Irenäus: „. . . unsere Häretiker behaupten . . . Propator sei lediglich dem Eingeborenen Sohn52 (der unter anderem Brahmâ ist) bekannt, das heißt der Vernunft.“ (Nous) Irenäus erwähnte aber nie, dass die Juden in ihren echten geheimen Büchern dasselbe taten. Valentinus, „der profundeste Doktor der Gnosis“, behauptete, „es gebe einen vollkommenen Aion, der vor Bythos oder Buthon existierte (der erste Vater der unergründlichen Natur, welche den zweiten Logos darstellt), und er wurde Propator genannt“. Dieser Aion ist es, der als ein Strahl aus Ain Soph entspringt (das nicht erschafft), und dieser Aion ist es, der erschafft, oder durch den vielmehr alles erschaffen wird oder evolviert. [SD # 350] Denn wie die Basilidianer lehrten, „gab es einen höchsten Gott, Abraxax, von welchem das Gemüt (im Sanskrit Mahat, im Griechischen Nous) erschaffen wurde.“ „Aus dem Gemüt ging hervor das Wort, Logos; und aus dem Wort die Vorsehung (vielmehr das Göttliche Licht), daraus sodann Tugend und Weisheit in Fürstentümern, Kräften, Engeln etc. etc.“ Von diesen (Engeln) wurden die 365 Äonen erschaffen. „Unter die niedrigsten, fürwahr, und jenen, die diese Welt erschaffen hatten, setzt er (Basilides) den Gott der Juden an die letzte Stelle von allen und bestreitet, dass dieser Gott sei (und das zu Recht), hingegen beteuert er, dass der Gott der Juden einer der Engel sei.“ (Ibid.) Hier nun finden wir dasselbe System wie in den Puranas, in welchen das Unbegreifliche einen Samen ausstreut, der zum Goldenen Ei wird, aus dem Brahmâ hervorgeht. Brahmâ erzeugt Mahat etc. etc. Die wahre Esoterische Philosophie spricht jedoch weder von „Schöpfung“ noch von „Entwicklung“ im Sinn der exoterischen Religionen. Alle diese personifizierten Kräfte stellen nicht Entwicklungen des einen aus dem anderen dar, sondern die vielfältigen Aspekte der einen und einzigen Offenbarung des Absoluten Alls. Das im Gnostischen herrschende System regiert auch in den sephirothischen Aspekten des Ain Soph, und da diese Aspekte in Zeit und Raum existieren, wird bei der Reihenfolge ihrer aufeinanderfolgenden Erscheinungen eine gewisse Ordnung eingehalten. Es ist daher unmöglich, die großen Veränderungen unbeachtet zu lassen, welche Generationen christlicher Mystiker dem „Zohar“ zufügten. Denn selbst in der Metaphysik des Talmuds konnte das „niedere Gesicht“ (oder das „Kleinere Antlitz“), der Mikroprosopus, niemals auf eine Ebene gestellt werden mit demselben abstrakten Ideal des höheren oder „Größeren Antlitz“, des Makroprosopus. Letzterer ist in der chaldäischen Kabbala eine reine Abstraktion; das Wort oder der Logos, oder Dabar (im Hebräischen), dessen Wort, obwohl es tatsächlich zu einer Mehrzahl oder „Worten“ wird – D(a)B(a)Rim, wenn es sich selbst reflektiert oder in den Aspekt einer Schar (von Engeln oder Sephiroth, „Zahlen“) fällt, doch kollektiv Eins ist und auf der idealen Ebene eine Null – 0, ein „Nicht-Ding“. Es ist ohne Form oder Dasein, „ohne jegliche Ähnlichkeit mit etwas anderem“ (Franck, „Die Kabbala“, S. 126). Und selbst Philo nennt den Schöpfer den Logos, der Gott am nächsten steht, „den Zweiten Gott“ und „den zweiten Gott, der seine (des höchsten Gottes) Weisheit ist“ (Philo, „Quaest. et Solut“). Gottheit ist nicht Gott. Sie ist Nichts und Dunkelheit. Sie ist namenlos und wird daher Ain Soph genannt, wobei „das Wort Ayin Nichts bedeutet“. Siehe Franck, „Die Kabbala“, S. 153. Siehe auch Abschnitt xii, „Die Theogonie der schöpferischen Götter“. Der „Höchste Gott“ (der unmanifestierte Logos) ist sein Sohn.

Die meisten der uns von den Kirchenvätern verstümmelt überlieferten gnostischen Systeme sind kein bisschen besser als die entstellten Hülsen der ursprünglichen Spekulationen. Auch waren sie für das Publikum oder den Leser niemals offen zugänglich; d. h. wäre ihre verborgene Bedeutung oder Esoterik enthüllt worden, hätte es sich nicht mehr um eine esoterische Lehre gehandelt, und das durfte niemals geschehen. Lediglich Markus (das Haupt der Markosianer, zweites Jahrhundert), der lehrte, [SD # 351] dass die Gottheit unter dem Symbol von vier Silben betrachtet werden müsse, veröffentlichte mehr esoterische Wahrheiten als alle anderen Gnostiker. Aber selbst er wurde niemals richtig verstanden. Denn lediglich an der Oberfläche und dem toten Buchstaben seiner Offenbarung nach scheint es, dass Gott eine Vierheit ist, und zwar „der Unaussprechliche, das Schweigen, der Vater und die Wahrheit“ ­–, was tatsächlich ziemlich fehlerhaft ist und lediglich ein neues esoterisches Rätsel aufgibt. Diese Lehre von Markus war auch die der ersten Kabbalisten und entspricht unserer. Denn er macht aus der Gottheit die Zahl 30, in 4 Silben, was esoterisch übersetzt eine Dreiheit oder ein Dreieck und eine Vierheit oder ein Quadrat bedeutet, das ergibt zusammen sieben, was auf der niederen Ebene die sieben göttlichen oder geheimen Buchstaben ausmacht, aus welchen der Name Gottes zusammengesetzt ist. Das erfordert eine Erläuterung. In seiner „Offenbarung“ spricht Markus von göttlichen Geheimnissen, die mithilfe von Buchstaben und Zahlen ausgedrückt werden. Er erzählt, wie sich aus der Region, die weder gesehen noch benannt werden kann, die „höchste Tetrade in einer weiblichen Form zu mir (ihm) herabsenkte, weil die Welt unfähig gewesen war, ihr Erscheinen in einer männlichen Form zu ertragen“ und ihm „die Erschaffung des Universums enthüllte, die zuvor weder den Göttern noch den Menschen mitgeteilt worden war“.

Bereits der erste Satz ist doppeldeutig. Warum sollte eine weibliche Figur von der Welt leichter ertragen oder angehört werden als eine männliche Figur? Oberflächlich betrachtet erscheint das unsinnig. Aber für jemanden, der mit der Mysteriensprache vertraut ist, ist es doch ganz einfach und klar. Die Esoterische Philosophie oder die geheime Weisheit wurde mit einer weiblichen Form symbolisiert, während die männliche Figur für das enthüllte Geheimnis stand. Daher die Formulierung, dass die Welt, die nicht dafür vorbereitet war, das enthüllte Geheimnis zu empfangen, es nicht ertragen konnte, und die Offenbarung des Markus musste allegorisch gegeben werden. So schreibt er:

„Als das Unbegreifliche, das Daseins- und Geschlechtlose (der kabbalistische Ain Soph) anfangs in den Wehen lag (d. h. als die Stunde schlug, in welcher Es sich selbst manifestierte) und wünschte, dass Sein Unaussprechlicher (der erste Logos oder Äon oder Aion) geboren und sein Unsichtbarer mit Form bekleidet werde, öffnete sich sein Mund und sprach das Wort von seinem Wort. Dieses Wort (Logos) manifestierte sich selbst in Form des Unsichtbaren. Das Aussprechen des (unaussprechlichen) Namens (durch das Wort) geschah nun auf folgende Weise. Er (der Höchste Logos) sprach das erste Wort seines Namens, welches eine Silbe mit vier Buchstaben ist. Dann wurde die zweite Silbe hinzugefügt, ebenfalls mit vier Buchstaben. Dann die dritte, aus zehn Buchstaben zusammengesetzt, und darauf wurde die vierte ausgesprochen, die zwölf Buchstaben enthält. Der ganze Name besteht somit aus dreißig Buchstaben und aus vier Silben. Jeder Buchstabe hat seine eigene Betonung und Schreibweise, aber keiner versteht oder schaut die Form des ganzen Namens – nein; noch nicht einmal die Macht des Buchstabens, der Ihm selbst am nächsten ist (dem Daseinslosen und dem Unbegreiflichen).53 Miteinander vereinigt stellen die Klänge dieser Silben das kollektive Daseinslose dar, das [SD # 352] ungezeugte Äon, und diese sind die beständig das Angesicht des Vaters schauenden Engel54 (der Logos, der „zweite Gott“, der nach Philo Gott, dem „Unbegreiflichen“, am nächsten ist).

Das ist so klar, wie es die alte esoterische Geheimhaltung nur machen konnte. Es ist zwar weniger verhüllt, aber dennoch ebenso kabbalistisch wie der „Zohar“, in dem die mystischen Namen oder Attribute ebenfalls viersilbige, zwölf-, zweiundvierzig- und sogar zweiundsiebzigsilbige Worte sind! Die Vierheit zeigt Markus die Wahrheit in Gestalt eines nackten Weibes und beschriftet jedes Glied dieser Figur mit Buchstaben. Sie nennt ihr Haupt Ω, ihren Hals Ψ, Schultern und Hände Γ und Χ etc. etc. In dieser Sephirah ist leicht wiederzuerkennen: die Krone (Kether) oder das Haupt trägt die Zahl eins; das Gehirn oder Chochmah 2; das Herz oder die Intelligenz (Binah) 3; und die übrigen sieben Sephiroth repräsentieren die Glieder des Körpers. Der sephirothische Baum ist das Universum, und das wird im Westen von Adam Kadmon repräsentiert und in Indien von Brahmâ.

Überall werden die 10 Sephiroth in einer Einteilung in die höhere Dreiheit oder die spirituelle Triade und die niedere Siebenheit dargestellt. Die wahre esoterische Bedeutung der heiligen Zahl Sieben wird im „Zohar“ zwar geschickt verhüllt, aber durch die doppelte Schreibweise des Wortes „im Anbeginn“, oder Be-resheeth, und Be-raishath, dennoch verraten, denn das Letztere bedeutet „höhere oder obere Weisheit“. Wie von MacGregor Mathers in seiner „The Kabbalah Unveiled“ (­S. 46-7) und in der „Qabbalah“ von I. Myer (S. 232-3) gezeigt wird – und diese Kabbalisten werden beide von den besten alten Autoritäten unterstützt – haben diese Worte eine doppelte und geheime Bedeutung. B´raisheeth barah elohim bedeutet, dass die sechs, über welchen der siebte Sephiroth steht, der niederen materiellen Klasse angehören, oder, wie der Verfasser sagt: „Sieben . . . . bezieht sich auf die niedere Schöpfung und Drei auf den spirituellen Menschen, den Himmlischen Prototypen oder den ersten Adam.“

Wenn Theosophen und Okkultisten sagen, dass Gott kein Wesen ist, weil Es nichts ist, Nicht-Ding, so sind sie gegenüber der Gottheit ehrfurchtsvoller, religiöser und ehrerbietiger als jene, die Gott mit Er benennen, und so aus Ihm einen riesigen Mann machen.

Wer die Kabbala studiert, wird bald dieselbe Idee im letzten Gedanken ihrer Verfasser finden, der früheren und großen hebräischen Initiierten, die diese geheime Weisheit in Babylonien von den chaldäischen Hierophanten empfingen, während Moses sie in Ägypten erhielt. Nach seinen Übersetzungen ins Lateinische und andere Sprachen kann der „Zohar“ kaum beurteilt werden, da seine gesamten Vorstellungen natürlich verflacht und an die Ansichten und die Politik seiner christlichen Bearbeiter angepasst wurden; denn in Wahrheit entsprechen seine Ideen denjenigen aller anderen religiösen Systeme. Die verschiedenen Kosmogonien zeigen, dass die archaische Universalseele von allen Nationen als das „Gemüt“ des demiurgischen Schöpfers betrachtet wurde; und dass es bei den Gnostikern [SD # 353] die „Mutter“, Sophia (oder die weibliche Weisheit) genannt wurde, bei den Juden Sephirah und bei den Hindus Sarasvati oder Vach, und auch der Heilige Geist ist ein weibliches Prinzip.

Somit war der aus ihm geborene Kyrios oder Logos der Griechen „Gott, Verstand“ (Nous). „Nun bedeutet Koros (Kyrios) die reine und unvermischte Natur von Intellekt-Weisheit“, sagt Platon im „Kratylos“; und Kyrios ist Merkur, die Göttliche Weisheit, und „Merkur ist Sol“ (die Sonne) („Arnobius“ vi, xii), von welcher Thot-Hermes diese Göttliche Weisheit empfing. Währenddessen stehen nun die Logoi aller Länder und Religionen (in ihren geschlechtsspezifischen Aspekten) mit der weiblichen Seele der Welt oder der „Großen Tiefe“ in Wechselbeziehungen; die Gottheit, welcher diese Zwei in Einem ihr Dasein verdanken, ist für immer verhüllt und wird die „Verborgene“ genannt, und sie steht mit der Schöpfung55 nur indirekt in Verbindung, da sie lediglich durch die aus der ewigen Wesenheit ausstrahlende zweifache Kraft wirken kann. Selbst Äskulap, der „Heiland aller“ genannt, ist nach den alten klassischen Schriftstellern wesensgleich mit dem Ptah, dem schöpferischen Intellekt (oder der Göttlichen Weisheit) der Ägypter, und mit Apollo, Baal, Adonis und Herkules (siehe Dunlaps „Sod, The Mysteries of Adoni“, S. 93 ff.); und Ptah ist in einem seiner Aspekte die „Anima Mundi“, Platons Universalseele, der „Göttliche Geist“ der Ägypter, der „Heilige Geist“ der ersten Christen und Gnostiker, das Akasha der Hindus und in seinem niederen Aspekt sogar das Astrallicht. Denn Ptah war ursprünglich der „Totengott“, in dessen Schoß sie aufgenommen wurden, daher der Limbus der griechischen Christen oder das Astrallicht. Erst viel später wurde Ptah unter die Sonnengötter eingeordnet, und sein Name bedeutet „der, der eröffnet“, und so wird er dargestellt, wie er als Erster das Antlitz der toten Mumie entschleiert, um die Seele zum Leben in seinem Innern aufzurufen (siehe Masperos „Guide du Visiteur au Musée de Boulaq“). Kneph, der ewig Ungeoffenbarte, wird mit dem Symbol der Schlange der Ewigkeit dargestellt, welche eine Wasserurne umschlingt, wobei ihr Haupt über den „Wassern“ schwebt, welches sie mit ihrem Atem ausbrütet – eine andere Form ein und derselben Vorstellung von der „Finsternis“, deren Strahl sich auf den Wassern bewegt etc. Als die „Logos-Seele“ heißt diese Permutation Ptah; als der Logos-Schöpfer wird er Imhot-pou, sein Sohn, der „Gott mit dem schönen Gesicht“. In ihren ursprünglichen Charakteren waren diese beiden die erste kosmische Duade, Nut, „Raum oder Himmel“, und Nun, die „ursprünglichen Wasser“, die androgyne Einheit, über welche Knephs verborgener Atem strich. Und jedem von ihnen waren heilige Wassertiere oder -pflanzen zugeordnet, der Ibis, der Schwan, die Gans, das Krokodil und der Lotus.

Kehren wir zu der Gottheit der Kabbala zurück, so ist diese verborgene Einheit ףזםויא = τό πάν = ἄπειρος das Endlose, Grenzenlose, Nichtexistierende דיא, [SD # 354] solange sich das Absolute in Oulom56 befand, der schranken- und grenzenlosen Zeit. Als solches kann Ain Soph weder Schöpfer noch Gestalter des Universums sein, noch Aur (das Licht). Daher ist auch Ain Soph die Finsternis. Das unveränderlich Unendliche und das absolut Schrankenlose kann weder wollen, denken, noch handeln. Um das zu tun, muss es endlich werden, und dies erreicht es durch seinen Strahl, der in das Weltenei – den unendlichen Raum – eindringt und aus ihm als endlicher Gott emaniert. Dies alles ist dem in dem Einen verborgenen Strahl überlassen. Wenn der Zeitpunkt kommt, entfaltet der absolute Wille dem Gesetz entsprechend naturgemäß die Kraft in sich, dessen innere und letzte Wesenheit er ist. Die Hebräer nahmen nicht das Ei als Symbol, sondern ersetzten es mit den „doppelten Himmeln“, denn der Satz „Gott schuf die Himmel und die Erde“ würde richtig lauten: „In und aus seiner eigenen Wesenheit als Mutterschoß (dem Weltenei) schuf Gott die zwei Himmel.“ Die Christen jedoch haben die Taube als Symbol ihres Heiligen Geistes gewählt.

Wer immer sich mit דה, dem Merkabah und mit Lagasch (geheime Sprache oder Anrufung) vertraut macht, wird das Geheimnis der Geheimnisse lernen.“ Lagasch ist nahezu gleichbedeutend mit Vach, der verborgenen Kraft der Mantras.

Sobald die aktive Periode angebrochen ist, tritt Sephirah aus dem Inneren der ewigen Wesenheit Ain Sophs hervor, die tätige Kraft, die als der ursprüngliche Punkt und die Krone, Kether, bezeichnet wird. Nur durch sie kann die „un-begrenzte Weisheit“ dem abstrakten Gedanken eine konkrete Form geben. Zwei Seiten des oberen Dreiecks, durch das die unaussprechliche Wesenheit und das Universum – ihr manifestierter Körper – symbolisiert werden, die rechte Seite und die Grundlinie bestehen aus durchgezogenen Linien; die dritte, die linke Seite, ist punktiert. Durch Letztere erhebt sich Sephirah. Sich in allen Richtungen ausbreitend, umfasst sie schließlich das gesamte Dreieck. In dieser Emanation wird die dreifache Dreiheit geformt. Aus dem von der höheren Uni-Triade, dem „Haupt“, herabfallenden unsichtbaren Tau (so bleiben lediglich 7 Sephiroth) erschafft Sephirah die ursprünglichen Wasser, d. h. das Chaos nimmt Gestalt an. Es ist der erste Schritt in Richtung zur Verfestigung des Geistes, der durch verschiedene Modifikationen die Erde hervorbringen wird. „Erde und Wasser sind erforderlich, um eine lebendige Seele zu erschaffen“, sagt Moses. Es erfordert das Bild eines Wasservogels, um sie mit dem Wasser zu verbinden, dem weiblichen Element der Fortpflanzung mit dem Ei und dem Vogel, der es befruchtet.

Wenn sich Sephirah aus dem Innern der verborgenen Gottheit als aktive Kraft erhebt, ist sie weiblich; wenn sie das Amt eines Schöpfers übernimmt, wird sie männlich, daher ist sie androgyn. Sie ist „Vater und [SD # 355] Mutter Aditi“ der indischen Kosmogonie und der Geheimlehre. Wären die ältesten hebräischen Rollen erhalten geblieben, hätten die modernen Verehrer Johovahs festgestellt, wie zahlreich und ungebührlich die Symbole des schöpferischen Gottes waren. Der Frosch im Mond, sinnbildlich wegen seines Fortpflanzungscharakters, war das Häufigste. Sämtliche jetzt in der Bibel als „unrein“ bezeichneten Vögel und Tiere waren in den Tagen des Altertums Symbole dieser Gottheit. Weil sie so heilig waren, wurde ihnen die Maske der Unreinheit vorgebunden, um sie vor der Vernichtung zu bewahren. Die eherne Schlange war in keiner Weise poetischer als die Gans oder der Schwan, wenn Symbole à la lettre aufgefasst werden sollen.

Mit den Worten des Zohars: „Der unteilbare Punkt, der grenzenlos ist und wegen seiner Reinheit und seines Glanzes nicht begriffen werden kann, dehnte sich von außen aus und bildete einen Glanz, der ihm als Schleier diente.“ Aber auch Letzterer „konnte infolge seines unermesslichen Lichts nicht gesehen werden. Auch er dehnte sich von außen aus, und diese Ausdehnung war sein Gewand. So entstand durch beständiges Emporheben (Bewegung) schließlich die Welt.“ („Zohar“, I, 20a) Die vom unendlichen Licht ausgesandte spirituelle Substanz ist die erste Sephirah oder Shekinah: Sephirah enthält exoterisch alle anderen neun Sephiroth in sich. Esoterisch enthält sie nur zwei, Chochmah oder Weisheit, „eine männliche, aktive Kraft, deren göttlicher Name Jah (ה י) ist“, und Binah, eine weibliche, passive Potenz. Diese wird durch den göttlichen Namen Jehovah (ה ו ה י) repräsentiert; diese beiden Kräfte formen zusammen mit Sephirah als dritter die jüdische Dreieinigkeit oder die Krone, Kether. Diese beiden Sephiroth mit den Namen Abba, Vater, und Amona, Mutter, sind die Duade oder der zweigeschlechtliche Logos, aus welchem die anderen sieben Sephiroth hervorgingen (siehe „Zohar“). So entspricht die erste jüdische Triade (Sephirah, Chochmah und Binah) der indischen Trimurti.57 Trotz aller Verhüllung, selbst im „Zohar“, und einer noch größeren im exoterischen Pantheon Indiens wiederholt sich jede Einzelheit in Verbindung mit dem einen auch im anderen. Die Prajapati sind die Sephiroth. Mit Brahmâ zusammen zehn an der Zahl, vermindern sie sich auf sieben, sobald die Trimurti oder die kabbalistische Triade von den Übrigen getrennt wird. Die sieben Bauleute (Schöpfer) werden zu den sieben Prajapati oder zu den sieben Rishis in derselben Reihenfolge, wie die Sephiroth zu den Schöpfern und anschließend zu den Patriarchen etc. werden. In beiden geheimen Systemen ist die eine universale Wesenheit unerfassbar und in ihrer Absolutheit inaktiv und kann mit dem Aufbau des Universums nur mittelbar in Zusammenhang gebracht werden. In beiden repräsentieren das ursprüngliche Männlich-Weibliche oder androgyne Prinzip und seine zehn und sieben Emanationen (Brahmâ-Viraj und Aditi-Vach auf der einen Seite und die Elohim-Jehovah oder Adam-Adami (Adam Kadmon) und Sephirah Eva auf der [SD # 356] anderen) mit ihren Prajapati und Sephiroth in ihrer Gänze vor allem den archetypischen Menschen, den Proto-Logos; zu kosmischen Kräften und astronomischen oder siderischen Körpern werden sie lediglich in ihren sekundären Aspekten. Wenn Aditi die Mutter der Götter ist, Devamatri, dann ist Eva die Mutter alles Lebendigen; sie sind in ihrem weiblichen Aspekt die Shakti oder Zeugungskraft des „Himmlischen Menschen“, und sie sind alle zusammengesetzte Schöpfer. Das „Gupta Vidya“-Sutra sagt: „Im Anbeginn wurde ein Strahl von Paramarthika (der einen und einzigen wahren Existenz) emittiert, in Vyavaharika (gewöhnliche Existenz) manifestiert, welche als ein Vahana für den Abstieg in die Universale Mutter diente und sie dazu veranlasste, sich auszudehnen (anzuschwellen, brih).“ Und im „Zohar“ heißt es: „Die unendliche Einheit, formlos und unvergleichlich, benützte die Form des Himmlischen Menschen, sobald sie erschaffen war. Das Unbekannte Licht58 (Finsternis) benützte für seinen Abstieg ה א ו צ מ ך א (die himmlische Form) als Wagen ה ב ב ד מ und wünschte, nach dieser Form genannt zu werden, was der heilige Name Jehovah ist.“

Wie der „Zohar“ sagt: „Im Anbeginn war der Wille des Königs, vor jeder anderen Existenz. . . . Er (der Wille) entwarf die Formen aller bislang verborgenen Dinge, welche aber jetzt sichtbar wurden. Und als ein versiegeltes Geheimnis entsprang aus dem Haupt Ain Sophs ein nebelartiger Funke aus Materie, ohne Gestalt oder Form. . . . Das Leben wird von unten angezogen, und von oben erneuert sich die Quelle selbst, die See ist immer voll und breitet ihre Wasser überall aus.“ So wird die Gottheit mit einem uferlosen Meer verglichen, dessen Wasser „die Quelle des Lebens“ ist („Zohar“, iii, 290). „Der siebte Palast, die Quelle des Lebens, ist von oben der erste in der Reihe.“ (ii, 261). Daher kam dem sehr kabbalistischen Salomon der kabbalistische Lehrsatz in den Sinn, der in den Sprüchen 9,1, sagt: „Die Weisheit hat ihr Haus gebaut; sie hat ihre sieben Säulen ausgehauen.“

Woher nun all diese Übereinstimmungen der Ideen, wenn keine ursprüng­liche universale Offenbarung existierte? Verglichen mit dem, was noch alles im Rahmen dieses Werkes enthüllt werden wird, gleichen die wenigen bis jetzt vorgebrachten Punkte lediglich ein paar Halmen in einem Strohhaufen. Wenden wir uns der verschwommensten aller Kosmogonien zu – der chinesischen –, so finden wir selbst dort dieselbe Idee. Tsi-tsai (der Selbst-Existierende) ist die unbekannte Finsternis, die Wurzel des Wu-liang-sheu (grenzenlosen Zeitalters). Amitabha und Tien (der Himmel) folgen später. Das „Große Extreme“ des Konfuzius vermittelt dieselbe Idee, unbeschadet seines „Strohs“. Letzteres ist für die Missionare eine Quelle großer Erheiterung. Sie lachen über jede „heidnische“ Religion und verachten und hassen ihre [SD # 357] christlichen Mitbrüder anderer Konfessionen, und nehmen doch alle zusammen ihre Genesis wörtlich. Wenden wir uns zur chaldäischen, so finden wir in ihr Anu, die verborgene Gottheit, das Eine, dessen Name übrigens auf sanskritischen Ursprung hinweist. Anu, das im Sanskrit „Atom“, Aniyamsam Aniyasam (das Kleinste des Kleinen) bedeutet, ist in der Vedanta-Philosophie eine Bezeichnung Parabrahmans; Parabrahman wird dort als kleiner beschrieben als das kleinste Atom und größer als das größte Himmelsgewölbe oder das größte Universum: „Anagraniyam und Mahatorvavat“. Das gibt George Smith als die ersten Verse der akkadischen Genesis an, wie sie in den Keilschrifttexten auf den „Lateras Coctiles“ zu finden ist. Dort finden wir ebenfalls Anu, die passive Gottheit oder Ain Soph, Bel, den Schöpfer, den sich auf der Fläche der Wasser bewegenden Geist Gottes (Sephirah), daher selbst Wasser, und Hea, die Universalseele oder die Weisheit der drei zusammengenommen.

Die ersten acht Verse lauten folgendermaßen:

1. Als oben die Himmel noch nicht erhoben waren;

2. Und unten auf der Erde noch keine Pflanze gewachsen war.

3. Die Tiefe hatte ihre Schranken nicht durchbrochen.

4. Als ihre Mutter brachte das Chaos (oder Wasser) Tiamat (die See) sie alle im Ganzen hervor. (Das ist die kosmische Aditi und Sephirah.)

5. Jene Wasser wurden im Anbeginn eingesetzt, jedoch –

6. Noch kein Baum war gewachsen, noch keine Blume hatte sich entfaltet.

7. Als die Götter noch nicht erschienen waren, noch keiner von ihnen.

8. Noch war keine Pflanze gewachsen, und Ordnung existierte nicht.

Das war die chaotische oder vorgenetische Periode – der doppelte Schwan und der dunkle Schwan, der weiß wird, sobald das Licht erschaffen ist.59

Das für das majestätische Ideal des Universalprinzips ausgesuchte Symbol mag vielleicht als schlechte Wahl erscheinen für die Wiedergabe seines heiligen Charakters. Eine Gans oder selbst ein Schwan mag zweifellos unpassend erscheinen, die Erhabenheit des Geistes zu repräsentieren. Nichtsdestoweniger muss es irgendeine tiefe, okkulte Bedeutung gehabt haben, denn er spielt nicht nur in allen Kosmogonien und Weltreligionen eine Rolle, sondern er war auch von den mittelalterlichen Christen, den Kreuzfahrern, auserkoren, als der Träger des Heiligen Geistes zu gelten, von welchem man annahm, dass er das Heer nach Palästina geleitete, um das Grab des Heilands den Händen der Sarazenen zu entreißen. Wenn wir Prof. Drapers Behauptung in seinem „History of the Intellectual Development of Europe“ Glauben schenken wollen, schritt den Kreuzfahrern unter Peter dem Einsiedler an der Spitze des Heeres der Heilige Geist voran und zwar in der Gestalt eines von einer Ziege begleiteten weißen Gänserichs. Seb, der ägyptische Gott der Zeit, trägt eine Gans auf dem Kopf. Jupiter nimmt die Gestalt eines Schwans an und ebenso Brahmâ, denn die Wurzel von alledem ist jenes Geheimnis der Geheimnisse – das Weltenei (siehe nachfolgender §). [SD # 358] Man sollte den Hintergrund eines Symbols kennen, bevor man es herabsetzt. Das zweifache Element von Luft und Wasser ist das des Ibis, des Schwans, der Gans und des Pelikans, der Krokodile und Frösche, der Lotosblumen und Wasserlilien etc.; und das Resultat ist die Wahl der unschicklichsten Symbole seitens sowohl der modernen als auch der alten Mystiker. Pan, der große Gott der Natur, spielte für gewöhnlich in Verbindung mit Wasservögeln, insbesondere Gänsen, eine Rolle und gleich ihm auch andere Götter. Wenn mit der späteren, stufenweisen Entartung der Religion die Götter, denen Gänse geheiligt waren, zu priapischen Gottheiten wurden, leuchtet es deshalb nicht ein, dass die Wasservögel Pan und anderen phallischen Gottheiten geweiht waren, wie einige Spötter selbst schon im Altertum es gerne gehabt hätten (siehe „Petronii Satyrica“, cxxxvi); sondern es wird vielmehr klar, dass die abstrakte und göttliche Kraft der fruchtbaren Natur in grober Weise anthropomorphisiert worden war. Auch weist Ledas Schwan nicht auf „priapische Handlungen und ihr Vergnügen daran“ hin, wie es Hargrave Jennings keusch ausdrückt; denn der Mythos ist lediglich eine weitere Wiedergabe derselben philosophischen Idee der Kosmogonie. Schwäne werden oft in der Gesellschaft Apollos gefunden, da sie die Embleme von Wasser und Feuer (und auch von Sonnenlicht) vor der Trennung der Elemente sind.

Unsere modernen Symbologen könnten von einigen Bemerkungen einer wohlbekannten Schriftstellerin profitieren, Lydia Maria Child: „Seit unvordenklichen Zeiten wurde in Hindustan ein Emblem als der Typus der Schöpfung oder des Ursprungs des Lebens verehrt. . . . Shiva oder der Mahadeva ist nicht nur der Vervielfältiger menschlicher Formen, sondern auch das befruchtende Prinzip, die das Universum durchdringende Zeugungskraft. Das mütterliche Emblem ist ebenfalls ein religiöser Typus. Diese Ehrfurcht für die Hervorbringung des Lebens führte die sexuellen Embleme in die Verehrung des Osiris ein. Ist es sonderbar, dass sie das große Geheimnis der menschlichen Geburt mit Ehrfurcht betrachteten? Waren sie also unrein, indem sie es so sahen? Oder sind wir unrein, weil wir es nicht so betrachten? Kein reines und aufmerksames Gemüt könnte doch zu dieser Ansicht kommen. . . . Seit jene alten Einsiedler in den feierlichen Tiefen ihrer ersten Heiligtümer zuerst von Gott und der Seele sprachen, sind wir einen weiten Weg gegangen, und die Pfade waren unrein. Lächeln wir nicht über ihre Art, die Spur der unendlichen und unbegreiflichen Ursache durch alle Geheimnisse der Natur zu verfolgen, damit wir nicht dadurch den Schatten unserer eigenen Grobheit auf ihre altehrwürdige Einfachheit werfen.“ („Progress of Religious Ideas“, Band 1, S. 17 f.)

[SD # 359]
§
VI
das Weltenei

Woher kommt dieses universale Symbol? Das Ei wurde von allen Völkern der Erde als heiliges Zeichen für die Kosmogonie einverleibt und sowohl wegen seiner Form als auch wegen seines inneren Geheimnisses verehrt. Von den ersten intellektuellen Vorstellungen des Menschen an war es dafür bekannt, dass es den Ursprung und das Geheimnis des Seins am erfolgreichsten repräsentiert. Die stufenweise Entwicklung des unwahrnehmbaren Keims innerhalb der geschlossenen Schale; das innere Wirken, welches ohne das augenscheinliche Zutun irgendeiner äußerlichen Kraft aus einem verborgenen Nichts ein aktives Etwas hervorbrachte und dazu nichts anderes benötigte als Wärme; welches sogleich, sich allmählich zu einem konkreten Lebewesen entwickelte, seine Schale zerbrach und den äußeren Sinnen als ein selbsterzeugtes und selbsterschaffenes Wesen erschien – all das muss von Anfang an ein beständiges Wunder gewesen sein.

Die Geheimlehre gibt als Grund dieser Verehrung die Symbolik der vorgeschichtlichen Rassen an. Zu Anfang hatte die „Erste Ursache“ keinen Namen. Später wurde sie in der Fantasie der Denker als ein immer unsichtbarer, geheimnisvoller Vogel abgebildet, welcher ein Ei in das Chaos ablegte, das dann zum Universum wurde. Daher wurde Brahman Kalahansa genannt, der „Schwan in (Raum und) Zeit“. Er wurde zum „Schwan der Ewigkeit“, welcher am Beginn eines jeden Maha-Manvantaras ein „Goldenes Ei“ legt. Es versinnbildlicht den großen Kreis oder O, selbst wieder ein Symbol des Universums und seiner kugelförmigen Körper.

Der zweite Grund dafür, dass das Ei als die symbolische Darstellung des Universums und unserer Erde gewählt wurde, war seine Form. Er war Kreis und Kugel; und die eiförmige Gestalt unseres Globus muss vom Anbeginn der Symbologie an bekannt gewesen sein, da sie so allgemein übernommen wurde. Die erste Manifestation des Kosmos in der Form eines Eies war der am weitesten verbreitete Glaube des Altertums. Wie Bryant zeigt (iii, 165), nahmen die Griechen das Symbol an, die Syrer, die Perser und die Ägypter. In Kap. liv über das ägyptische Ritual heißt es über Seb, den Gott der Zeit und der Erde, dass er ein Ei gelegt oder das Universum „ein Ei empfangen habe zur Stunde des großen Einen der dualen Kraft“ („Sec.“, V, 2, 3 etc.).

Gleich Brahmâ wird Ra als im Weltenei heranreifend dargestellt. Die Verstorbenen befinden sich „glänzend im Ei des Landes der Mysterien“ (xxii,1). Denn es ist „das Ei, dem unter den Göttern das Leben gegeben ist“ (xlii, 13). „Es ist das Ei der großen Glucke, das Ei Sebs, der aus ihm wie ein Habicht hervorgeht.“ (lxiv, 1, 2, 3; lxxvii, 1)

Bei den Griechen wird das orphische Ei von Aristophanes beschrieben und war Bestandteil der Dionysischen und anderer Mysterien, in deren Verlauf [SD # 360] das Weltenei geweiht und seine Bedeutung erklärt wurde. Porphyrios zeigt, dass es die Welt repräsentiert: ’ Eρμήνενει δέ τὸ ὠὸν κόσμον. Faber und Bryant versuchten nachzuweisen, dass das Ei die Arche Noah verkörperte, bei der es sich jedoch um eine wilde Vorstellung handelt, insofern sie nicht rein allegorisch und symbolisch aufgefasst wird. Das Ei kann die Arche Noah lediglich als Synonym für den Mond versinnbildlicht haben, den Argha, der den universalen Samen des Lebens trägt; es hatte aber ganz bestimmt nichts mit der biblischen Arche zu tun. Jedenfalls war der Glaube allgemein verbreitet, dass das Universum im Anfang in Gestalt eines Eies existierte. Und Wilson erzählt: „Alle (indischen) Puranas geben ähnliche Berichte über die erste Ansammlung der Elemente in der Form eines Eies ab, versehen mit dem üblichen Beiwort Haima oder Hiranya, ‘golden’, wie es im Manu genannt wird.“ Wie von dem großen indischen Gelehrten, dem verstorbenen Swami Dayanand Sarasvati, in seiner nicht veröffentlichten Polemik mit Professor Max Müller bewiesen wurde, bedeutet Hiranya jedenfalls eher „prächtig“ oder „strahlend“ als „golden“. So heißt es im Vishnu-Purana“: „Der Intellekt (Mahat) . . . formte mit den (unmanifestierten) groben Elementen ein Ei . . . und der Herr des Universums wohnte selbst darinnen in der Eigenschaft Brahmâs. In diesem Ei, oh Brahmane, befanden sich die Kontinente, die Meere und die Berge, die Planeten und die Einteilungen des Universums, die Götter, die Dämonen und die Menschheit.“ (Buch i, Kap. 2) Sowohl in Griechenland als auch in Indien wohnte das erste erkennbar männliche Wesen, das in sich die Natur beider Geschlechter vereinigte, in dem Ei und ging aus ihm hervor. Dieser „Erstgeborene der Welt“ war für einige Griechen Dionysos; jener Gott, der aus dem Weltenei entsprang, und von dem die Sterblichen und die Unsterblichen abstammen. Der Gott Ra wird im Ritual („Totenbuch“, xvii, 50) dargestellt, wie er in seinem Ei (der Sonne) erstrahlt und aufbricht, sobald der Gott Schu (die Energie der Sonne) erwacht und ihm den Anstoß gibt. „Er ist in dem Sonnenei, dem Ei, dem unter den Göttern das Leben gegeben ist.“ (Ibid., xlii, 13) Der Sonnengott ruft aus: „Ich bin die schöpferische Seele des himmlischen Abgrunds, keiner sieht mein Nest, keiner kann mein Ei zerbrechen, ich bin der Herr!“ (Ibid., lxxxv, 9)

Angesichts dieser Kreisform, der “ | ”, die aus dem “ ” oder dem Ei hervorgeht, oder im Androgynen das Männliche aus dem Weiblichen, mutet die Behauptung eines Gelehrten sonderbar an, dass die alten Arier das Dezimalsystem nicht gekannt haben sollen, da die ältesten indischen Manuskripte keine Spur davon aufwiesen. Als die heilige Zahl des Universums war die 10 geheim und esoterisch, sowohl in Kombination als auch als Ziffer oder Null, der Kreis. Obendrein sagt Professor Max Müller, dass „die beiden Worte cipher und zero, die ein und dasselbe bedeuten, ein hinreichender Beweis dafür sind, dass unsere Zahlen von den Arabern entliehen sind.60 Cipher ist das arabische „cifron“ und bedeutet [SD # 361] leer, eine Übersetzung des Sanskritwortes für Nichts, „Synyan“, sagt der Professor.61

Die Araber hatten ihre Zahlzeichen aus Hindustan und beanspruchten die Entdeckung niemals für sich.62 Was die Pythagoreer anbelangt, so brauchen wir uns nur an die alten Manuskripte der von Boethius im 6. Jahrhundert verfassten Abhandlung „Geometrie“ zu wenden, um unter den pythagoreischen Zahlen63 die 1 und die Null als erste und letzte Ziffer zu finden. Und den Pythogoreer Moderatos64 zitierend sagt Porphyrios, dass die Zahlzeichen des Pythagoras „hieroglyphische Symbole waren, mit deren Hilfe er Vorstellungen bezüglich der Natur der Dinge“ oder den Ursprung des Universums „erklärte“.

Wenn nun einerseits die ältesten indischen Manuskripte noch keine Spur eines Dezimalsystems aufweisen und Max Müller ganz klar feststellt, dass er soweit lediglich neun Buchstaben in ihnen gefunden hat (die Anfangsbuchstaben der Sanskritziffern); verfügen wir andererseits über ebenso alte Aufzeichnungen, welche den fehlenden Beweis liefern. Wir sprechen von den Skulpturen und den heiligen Bildern in den ältesten Tempeln des fernen Ostens. Pythagoras Wissen stammte aus Indien. Und diese Behauptung bestätigt Professor Max Müller zumindest insofern, als dass er einräumt, dass die Neo-Pythagoreer unter den Griechen und Römern die Ersten waren, die die Verwendung der Null lehrten; dass „sie in Alexandria, oder in Syrien, mit den indischen Ziffern bekannt wurden und sie dem pythagoreischen Abakus anpassten“ (unseren Ziffern). Dieses vorsichtige Zugeständnis schließt in sich ein, dass Pythagoras selbst lediglich mit neun Ziffern bekannt war. So könnten wir begründeterweise antworten, dass wir zwar keinen sicheren (exoterischen) Beweis dafür besitzen, dass der genau am Ende der archaischen Zeit65 lebende Pythagoras das Dezimalsystem kannte, jedoch mit hinreichender Gewissheit aufzeigen können, dass alle von Boethius angegebenen Ziffern den Pythogoreern bekannt waren, selbst vor der Erbauung Alexandrias.66 Diese Gewissheit finden wir bei Aristoteles, der sagt: „Einige Philosophen behaupten, dass Ideen und Zahlen von gleichartiger Natur seien und sich insgesamt auf Zehn belaufen.“67 Das reicht aus, glauben wir, um zu zeigen, dass das Dezimalsystem bei ihnen mindestens schon vier Jahrhunderte vor Christus bekannt gewesen sein muss, denn Aristoteles scheint die Frage nicht als eine Innovation der „Neo-Pythagoreer“ zu behandeln.

[SD # 362] Aber wir wissen mehr als das: Wir wissen, dass der Menschheit das Dezimalsystem bereits in den ältesten archaischen Zeiten bekannt gewesen sein muss, da der gesamte astronomische und geometrische Teil der geheimen Priestersprache auf der Zahl 10 aufgebaut war oder auf der Kombination des männlichen und weiblichen Prinzips, und weil die sogenannte „Cheopspyramide“ auf den Maßzahlen dieses Dezimalsystems aufgebaut ist oder vielmehr auf dessen Ziffern in ihren Kombinationen mit der Null. Darüber ist jedoch genug in Isis entschleiert gesagt worden, und es ist unnötig, zu demselben Gegenstand zurückzukehren und es zu wiederholen.

Die Symbolik der Mond- und Sonnengottheiten ist so unentwirrbar vermischt, dass es nahezu unmöglich erscheint, solche Glyphen wie das Ei, den Lotus und die „heiligen“ Tiere voneinander zu trennen. Der Ibis z. B. wurde in Ägypten zutiefst verehrt. Er war der Isis geweiht, die oftmals mit dem Haupt dieses Vogels abgebildet wird, und ebenso Merkur oder Thot, von dem es heißt, er habe seine Form auf der Flucht vor Typhon angenommen – der Ibis wurde in Ägypten zutiefst verehrt. Es gab zwei Ibis-Arten in Ägypten, wie uns Herodot überlieferte („Lib“, IIc 75 ff), eine weitgehend schwarze, die andere schwarz und weiß. Von der Ersteren glaubte man, dass sie die geflügelten Schlangen bekämpfe und vertilge, die jedes Frühjahr aus Arabien kommend das Land überfielen. Die andere war dem Mond geweiht, weil die vordere Seite dieses Planeten weiß und glänzend sei, die von der Erde abgewandte Seite jedoch dunkel und schwarz. Obendrein tötet der Ibis Landschlangen und bringt wahre Verheerung über Krokodileier und schützt damit Ägypten davor, dass der Nil von diesen schrecklichen Echsen heimgesucht wird. Man glaubt, dass der Vogel das bei Mondschein vollbringe und auf diese Weise von Isis unterstützt werde, deren siderisches Symbol der Mond ist. Aber die diesem Volksmythos zugrunde liegende genauere esoterische Wahrheit ist, dass Hermes, wie Abenephius zeigt („De cultu Egypt“), in der Form dieses Vogels über die Ägypter wachte und sie die okkulten Künste und Wissenschaften lehrte. Das bedeutet ganz einfach, dass der ibis religiosa mit vielen anderen Vögeln zusammen „magische“ Eigenschaften hatte und hat, insbesondere mit dem Albatros und dem mythischen weißen Schwan, dem Schwan der Ewigkeit oder der Zeit, dem Kalahansa.

Wäre es tatsächlich anders, warum hätten dann sämtliche alten Völker, die auch nicht närrischer waren als wir es sind, eine solch abergläubische Furcht vor der Tötung gewisser Vögel haben sollen? Wer in Ägypten einen Ibis tötete oder den Goldsperber – das Symbol von Sonne und Osiris – konnte dem Tod kaum entrinnen. Die Vogelverehrung war in einigen Nationen so groß, dass Zoroaster in seinen Vorschriften ihre Schlachtung als verruchtes Verbrechen verbot. In unserem Zeitalter lachen wir über jede Art von Prophezeiung. Doch warum sollten so viele Generationen an eine Weissagung durch Vögel geglaubt haben und selbst an Tierorakel, die laut Suidas von Orpheus mitgeteilt worden sein sollen, welcher lehrte, wie unter gewissen Bedingungen das aus dem Dotter und dem Eiklar [SD # 363] zu entnehmen sei, was der daraus geborene Vogel in der kurzen Zeit seines Lebens rund um sich herum beobachtet haben würde? Diese okkulte Kunst, die vor 3.000 Jahren die größte Gelehrsamkeit und die abwegigsten mathematischen Berechnungen erforderte, ist jetzt der tiefsten Erniedrigung anheim gefallen. Und heutzutage sind es nurmehr alte Köchinnen und Wahrsagerinnen, welche den nach einem Ehemann strebenden Dienstmädchen aus dem in ein Glas gegossenen Eiklar die Zukunft lesen.

Trotzdem haben selbst die Christen bis zum heutigen Tag ihre heiligen Vögel, z. B. die Taube, das Symbol des Heiligen Geistes. Auch haben sie die heiligen Tiere nicht vernachlässigt. Und die evangelische Zoolatrie mit dem Stier, dem Adler, dem Löwen und dem Engel (in Wirklichkeit dem Cherub oder Seraph, der feuerbeflügelten Schlange) ist ebenso heidnisch wie die der Ägypter oder Chaldäer. Diese vier Tiere sind in Wirklichkeit die Symbole der vier Elemente und der vier niederen Prinzipien des Menschen. Nichtsdestoweniger entsprechen sie körperlich und materiell den vier Konstellationen, welche sozusagen das Gefolge und das Geleit des Sonnengottes bilden, und die zur Zeit der Wintersonnenwende die vier Kardinalpunkte des Tierkreises einnehmen. Diese vier „Tiere“ sind in vielen römisch-katholischen Neuen Testamenten zu sehen, wo die Porträts der Evangelisten gezeigt werden. Sie sind die Tiere in Hesekiels Merkabah.

Ragon bemerkt tatsächlich: „Die alten Hierophanten verknüpften die Dogmen und Symbole ihrer Religionsphilosophien so geschickt, dass diese Symbole nur durch die Verbindung und Kenntnis sämtlicher Schlüssel vollständig interpretiert werden konnten.“ Sie können nur annäherungsweise interpretiert werden, selbst wenn man drei dieser sieben Systeme entdeckt: das anthropologische, das psychische und das astronomische. Die beiden Hauptauslegungen, die höchste und die niedrigste, die spirituelle und die physiologische, wurden in größter Geheimhaltung aufbewahrt, bis Letztere schließlich in die Hände der Profanen fiel. Soweit in Bezug auf die vor-historischen Hierophanten, bei denen das, was jetzt rein (oder unrein) phallisch geworden ist, eine ebenso tiefgründige und geheimnisvolle Wissenschaft war wie es heutzutage die Biologie und die Physiologie sind. Das war ausschließlich ihr Eigentum, die Frucht ihrer Studien und Entdeckungen. Die beiden anderen Auslegungen handelten von den schöpferischen Göttern (Theogonie) und vom schöpferischen Menschen, d. h. von den idealen und den praktischen Mysterien. Diese Auslegungen waren so geschickt verhüllt und verknüpft, dass zwar einigen die Entschlüsselung der einen Bedeutung gelang, sie sich dann aber vergeblich bemühten, die Bedeutung der anderen zu verstehen, und so wurden niemals so große Teile enträtselt, dass gefährliche Indiskretionen begangen werden konnten. Die höchsten, die erste und die vierte – die Theogonie im Verhältnis zur Anthropogonie – zu ergründen, war nahezu unmöglich. Die Beweise dafür finden wir in der jüdischen „Heiligen Schrift“.

Da die Schlange Eier legt, wurde sie zum Symbol der Weisheit und ein Emblem der Logoi oder Selbstgeborenen. Im Tempel von Philae in Oberägypten wurde aus mit verschiedenem Räucherwerk [SD # 364] durchwirkten Ton ein künstliches Ei hergestellt. Dieses wurde in einem speziellen Vorgang ausgebrütet und brachte eine Cerastes (die Hornviper) hervor. Dasselbe geschah in den indischen Tempeln im Altertum mit der Kobra. Der schöpferische Gott entschlüpft dem Ei, welches in Gestalt einer geflügelten Schlange aus dem Mund Knephs hervorgeht, denn die Schlange ist das Symbol der allumfassenden Weisheit. Bei den Hebräern wurde diese Schlange durch die „fliegenden und feurigen Schlangen“ des Moses in der Wildnis dargestellt. Bei den alexandrinischen Mystikern wird sie zum Ophio-Christos, dem Logos der Gnostiker. Die Protestanten versuchen zu zeigen, dass die Allergorie von der ehernen Schlange und den „feurigen Schlangen“ eine direkte Beziehung zum Geheimnis Christi und der Kreuzigung68 hat, wobei sie tatsächlich viel enger mit dem Geheimnis der Zeugung verbunden ist, wenn sie vom Ei mit dem Keim in der Mitte oder dem Kreis mit seinem Mittelpunkt losgelöst ist. Die eherne Schlange besaß keine vergleichbare heilige Bedeutung, auch wurde sie tatsächlich nicht mehr glorifiziert als die „feurigen Schlangen, denn deren Biss war lediglich ein natürliches Heilmittel. Die symbolische Bedeutung des Wortes „ehern“ ist die des weiblichen Prinzips und die von feurig oder „golden“ die des männlichen.69

Im Totenbuch wird, wie soeben gezeigt, das Ei häufig erwähnt. Re, der Mächtige, bleibt während des Kampfs zwischen den „Kindern des Aufruhrs“ und Schu (der Energie der Sonne und des Drachens der Finsternis) (Kap. xvii) in seinem Ei. Der Verstorbene erstrahlt in seinem [SD # 365] Ei, wenn er das Land des Mysteriums durchquert (xxii i). Er ist das Ei Sebs („Liv.“, 1-3). . . . Das Ei war das Symbol des Lebens in Unsterblichkeit und Ewigkeit; und auch die Glyphe der fruchtbaren Matrix; während das mit dem Ei verbundene Tau lediglich das Symbol des Lebens und der Geburt durch Erzeugung war. Das Weltenei war in Chnum, die „Wasser des Raums“, versetzt oder in das weibliche abstrakte Prinzip (mit dem „Fall“ der Menschheit in die Zeugung und den Phallizismus wurde Chnum zu Amun, dem schöpferischen Gott); und wenn Ptah, der „feurige Gott“, das Weltenei in seiner Hand trägt, wird die Symbolik in ihrer Bedeutung ganz irdisch und konkret. In Verbindung mit dem Sperber, dem Symbol von Osiris-Sonne, ist das Symbol doppelt und bezieht sich auf beide Leben – das sterbliche und das unsterbliche. Die Abbildung eines Papyrus in Kirchers „Oedipus Aegyptiacus“ (Bd. iii., S. 124) zeigt ein über der Mumie schwebendes Ei. Das ist das Symbol der Hoffnung und das Versprechen einer zweiten Geburt für den osirifizierten Toten; seine Seele wird, nach entsprechender Reinigung in Amenti, in diesem Ei der Unsterblichkeit heranreifen, um daraus zu einem neuen Leben auf der Erde wiedergeboren zu werden. Denn dieses Ei ist in der esoterischen Lehre Devachan, der Aufenthaltsort der Glückseligkeit; der geflügelte Skarabäus ist ein weiteres Symbol dafür. Die „geflügelte Kugel“ ist nur eine andere Form des Eies und hat dieselbe Bedeutung wie der Skarabäus, der Khopiru (von der Wurzel khopru „werden“, „wiedergeboren“ werden), was sich sowohl auf die Wiedergeburt des Menschen als auch auf seine spirituelle Erneuerung bezieht.

In der Theogonie des Mochus finden wir zuerst den Äther und dann die Luft, aus welcher Ulom, die verständliche ( νοήτος) Gottheit (das sichtbare Universum der Materie), aus dem Weltenei geboren wird (Movers, „Die Phönizer“, S. 282).

In den Orphischen Hymnen evolviert Eros-Phanes aus dem von den ätherischen Winden befruchteten göttlichen Ei, wobei Wind „der Geist der unbekannten Dunkelheit“ ist – „der Geist Gottes“ (wie K. O. Müller auf S. 236 erklärt); die göttliche „Idee“ sagt Platon, „von der es heißt, sie bewege den Äther“.

In der indischen Kathopanishad steht Purusha, der göttliche Geist, vor der ursprünglichen Materie, „aus deren Vereinigung die große Seele der Welt entspringt“, Maha-Atman, Brahmâ, der Geist des Lebens70 etc. etc.71 In den heiligen Büchern der Brahmanen verstreut existieren neben dieser noch viele weitere reizende Allegorien über diesen Gegenstand. An einer Stelle ist es der weibliche Schöpfer, der zuerst ein Keim, dann ein Tropfen himmlischen Taus, eine Perle und schließlich ein Ei ist. In solchen Fällen – deren es zu viele gibt, um sie einzeln aufzuzählen – bringt das Ei die vier Elemente innerhalb des fünften hervor, des Ethers, und ist mit sieben Hüllen bedeckt, welche später zu den sieben oberen und den sieben unteren Welten werden. Das Ei bricht entzwei, die Schale wird zum Himmel, das Innere zur Erde, und das Eiklar bildet die [SD # 366] irdischen Wasser. Dann ist es wieder Vishnu, der aus dem Inneren des Eies auftaucht, einen Lotus in seiner Hand haltend. Vinata, eine Tochter Dakshas und Kashyapas Frau („des aus der Zeit entsprungenen Selbstgeborenen“, einem der sieben „Schöpfer“ unserer Welt), brachte ein Ei hervor, aus dem der Garuda, der Träger Vishnus, geboren wurde. Letztere Allegorie hat lediglich eine Beziehung zu unserer Erde, denn Garuda bezeichnet den großen Zyklus.

Das Ei war Isis geweiht; und daher aßen die Priester Ägyptens niemals Eier.72

Diodoros Siculus stellt fest, dass Osiris ebenso wie Brahmâ aus einem Ei geboren wurde. Aus Ledas Ei wurden Apollo und Latona geboren und ebenso Castor und Pollux – die leuchtenden Zwillinge. Und obwohl die Buddhisten ihrem Gründer nicht den gleichen Ursprung zuschreiben, verzehren sie doch ebensowenig Eier wie die alten Ägypter oder die modernen Brahmanen, um nicht den darin verborgenen Keim des Lebens zu zerstören und damit eine Sünde zu begehen. Die Chinesen glauben, dass ihr erster Mensch aus einem Ei geboren wurde, welches Tien, ein Gott, vom Himmel auf die Erde in die Wasser herabfallen ließ.73 Dieses Symbol betrachten auch einige als eine Darstellung der Idee des Ursprungs des Lebens, was eine wissenschaftliche Wahrheit ist, obwohl das menschliche Ovum für das bloße Auge unsichtbar ist. Daher sehen wir die Verehrung, die ihm seit dem entferntesten Altertum bezeugt wurde, von den Griechen, Phöniziern, Römern, den Japanern und den Siamesen, den nord- und südamerikanischen Stämmen, und selbst den unzivilisierten Völkern der entferntesten Inseln.

Bei den Ägyptern war Amun (Mon) der verborgene Gott. Alle ihre Götter waren dual: die wissenschaftliche Wirklichkeit für das Heiligtum, ihr Doppel, die sagenhafte und mythische Wesenheit, für die Massen. Zum Beispiel war, wie in „Chaos, Theos, Kosmos“ beschrieben, der ältere Horus die im demiurgischen Gedanken verbleibende, „vor der Erschaffung der Welt in Dunkelheit geborene“ Idee der Welt; der zweite Horus74 stand für dieselbe Idee, wie er aus dem Logos hervorgeht, mit Materie bekleidet wird und tatsächlich in Existenz tritt (vergleiche Movers „Phönizier“, S. 268). Dasselbe trifft auf Chnum und Amun zu.75 Beide werden mit Widderköpfen dargestellt und oft miteinander verwechselt, obwohl ihre Funktionen unterschiedlich sind. Chnum ist der „Modellierer des Menschen“ und bildet aus dem Weltenei auf einer Töpferscheibe Menschen und Dinge. [SD # 367] Amun-Re, der Erzeuger, ist der sekundäre Aspekt der verborgenen Gottheit. Chnum wurde in Elephanta und Philae angebetet,76 Amun in Theben. Es ist jedoch Emepht, das Eine, das höchste planetarische Prinzip, welches das Ei aus seinem Mund bläst und das daher Brahmâ ist. Der Schatten der Gottheit, kosmisch und universal, dessen, was das Ei bebrütet und es mit seinem belebenden Geist durchdringt bis der darin enthaltende Keim reif ist, war der geheime Gott, dessen Name unaussprechlich war. Er ist jedoch Ptah, „Er, der eröffnet“, der Eröffner des Lebens und des Todes,77 der aus dem Weltenei hervorgeht, um sein duales Werk zu beginnen („Buch der Zahlen“).

Den Griechen zufolge wurde die Phantomform des auf den etherischen Wogen der empyreischen Sphäre schwimmenden Chemis (das altägyptische Chemmis) von Horus-Apollo ins Dasein gerufen, dem Sonnengott, der sie aus dem Weltenei hervorgehen ließ.78

In der skandinavischen Kosmogonie, die laut Professor Max Müller „viel älter ist als die Veden“, findet sich in der Völuspa-Dichtung (dem Gesang der Prophetin) das Weltenei in dem Phantom-Keim des Universums wieder, welcher in der Darstellung im Ginnungagap liegt – dem Gefäß der Illusion (Maya), dem schrankenlosen und leeren Abgrund. In diese Matrix der Welt, welche eine Region der Nacht und Trostlosigkeit war, Niflheim (den Nebelraum, den Nebelhaften, wie er jetzt genannt wird, in das Astrallicht), fiel ein Strahl kalten Lichts, der dieses Gefäß bis zum Überlaufen füllte und darinnen gefror. Dann schickte das Unsichtbare einen brennenden Wind, welcher die gefrorenen Wasser auftaute und den Nebel klärte. Diese Wasser (das Chaos), die Ströme von Elivagar genannt, destillierten sich in belebenden Tropfen. Sie fielen nieder und schufen die Erde und den Riesen Ymir, der nur „den Anschein des Menschen hatte“ (des Himmlischen Menschen), und die Kuh Audhumbla (die „Mutter“ oder das Astrallicht, kosmische Seele), aus deren Euter vier Ströme von Milch hervorflossen (die vier Himmelsrichtungen: die vier Quellen der vier Flüsse von Eden etc. etc.). Diese „vier“ werden durch den Würfel in allen seinen verschiedenen und mystischen Bedeutungen symbolisiert.

Die Christen – insbesondere die griechischen und lateinischen Kirchen – haben das Symbol vollständig adoptiert und sehen darin eine Erinnerung an das ewige Leben, an [SD # 368] die Erlösung und die Wiederauferstehung. Das zeigt und bestätigt der altehrwürdige Brauch, sich gegenseitig „Ostereier“ zu schenken. Seit dem Anguinum, dem „Ei“ der „heidnischen“ Druiden, dessen Name allein Rom in Furcht erzittern ließ, bis zum roten Osterei der slawischen Bauern ist ein Zyklus vergangen. Und doch finden wir sowohl im zivilisierten Europa als auch bei den ärmlichen Ureinwohnern Zentralamerikas denselben archaischen ursprünglichen Gedanken; wenn wir ihn nur suchen wollen und nicht im Hochmut unserer eingebildeten geistigen und körperlichen Überlegenheit die ursprüngliche Idee des Symbols entstellen.

§VII
Die Tage und Nächte Brahmâs

Das ist der Name, der den Manvantara (Manu-antara oder zwischen den Manus) und Pralaya (Auflösung) genannten Perioden gegeben wird; Ersterer bezieht sich auf die aktiven Perioden des Universums, der andere auf seine Zeiten verhältnismäßiger und vollständiger Ruhe – je nachdem, ob sie am Ende eines „Tages“ oder eines „Zeitalters“ (eines Lebens) Brahmâs stattfinden. Diese regelmäßig aufeinander folgenden Perioden heißen auch kleine oder große Kalpas sowie das kleine und das Maha-Kalpa; genau genommen ist das Maha-Kalpa allerdings niemals ein „Tag“, sondern ein ganzes Leben oder ein Zeitalter Brahmâs, denn es heißt im Brahmâ Vaivarta: „Die Chronologen berechnen ein Kalpa aus dem Leben Brahmâs; Samvarta und die anderen kleineren Kalpas sind zahlreich.“ Die nüchterne Wahrheit ist, dass ihre Zahl unendlich ist, denn sie hatten niemals einen Anfang, d. h. es gab niemals ein erstes Kalpa, noch wird es jemals in der Ewigkeit ein letztes geben.

Ein Parardha – so wie dieses Zeitmaß für gewöhnlich verstanden wird – oder die Hälfte von Brahmâs Existenz ist (im gegenwärtigen Maha-Kalpa) bereits verflossen; der letzte war der Padma-Kalpa oder der des Goldenen Lotus; gegenwärtig befinden wir uns im Varaha79-Kalpa („Eber“-Inkarnation oder -Avatara).

[SD # 369] Eine Sache hat der Schüler beim Studium der hinduistischen Religion nach den Puranas besonders zu beachten. Er darf die dort zu findenden Behauptungen niemals wörtlich nehmen oder lediglich in einer einzigen Deutung verstehen. Das gilt insbesondere für die über die Manvantaras oder Kalpas zu findenden Aussagen, welche in ihren unterschiedlichen Beziehungen verstanden werden müssen. So beziehen sich beispielsweise diese Zeitalter mit denselben Begriffen sowohl auf die großen als auch die kleinen Perioden, auf Maha-Kalpas und auf kleinere Zyklen. Der Matsya- oder Fisch-Avatara ging dem Varaha- oder Eber-Avatara voraus; die Allegorien müssen sich daher sowohl auf das Padma-Manvantara wie auf das gegenwärtige beziehen und auf die kleineren Zyklen, die seit dem Wiedererscheinen unserer Weltenkette und der Erde abgelaufen sind. Und da der Matsya-Avatara Vishnus und Vaivasvatas Flut mit Recht durch ein in der gegenwärtigen Runde auf unserer Erde geschehenes Ereignis verbunden werden, ist es offensichtlich, dass eine Referenz zu einer entfernten geologischen Periode besteht, während es sich eigentlich auf vorkosmische Ereignisse (im Sinn unseres Kosmos´ oder Sonnensystems) bezieht. Nicht einmal die Esoterische Philosophie kann behaupten, anders als durch Analogieschlüsse von dem zu wissen, was vor dem Wiedererscheinen unseres Sonnensystems und vor dem letzten Maha-Pralaya geschah. Aber Folgendes lehrt sie ausdrücklich: Die erste geologische Störung der Erdachse endete damit, dass der gesamte zweite Kontinent – von dessen nachfolgenden „Erden“ oder Kontinenten Atlantis den vierten darstellte – mitsamt seinen ursprünglichen Rassen auf den Meeresgrund hinabgeschwemmt wurde; eine darauffolgende weitere Störung wurde dadurch verursacht, dass die Erdachse ebenso plötzlich wieder in ihren ursprünglichen Neigungswinkel zurückkehrte wie sie ihn zuvor verändert hatte; so wurde die Erde tatsächlich erneut aus den Wassern gehoben, und – wie oben, so unten; und vice versa. In jenen Tagen wandelten „Götter“ auf der Erde, Götter, und nicht Menschen, wie wir sie jetzt kennen, sagt die Überlieferung. Wie in Band II gezeigt werden wird, bezieht sich die Berechnung der Zeiträume im exoterischen Hinduismus sowohl auf die großen kosmischen als auch auf die kleinen irdischen Ereignisse und Umwälzungen, und das Gleiche kann in Bezug auf Namen nachgewiesen werden. Zum Beispiel der Name Yudishthira – der erste König der Sakas, der das Kali-Yuga eröffnet, welches 432.000 Jahre dauern muss – „ein wirklicher König, der 3.102 Jahre v. Chr. lebte“ – bezieht sich auch auf die große Sintflut zur Zeit des ersten Sinkens von Atlantis. Er ist der „auf dem Berg der hundert Gipfel am Ende der [SD # 370] Welt geborene Yudishthira80, über das niemand hinausgehen kann“, und „unmittelbar nach der Flut“ (siehe „Royal Asiat. Soc.“, Bd. 9, S. 364). Eine Flut im Jahre 3.102 v. Chr. ist uns nicht bekannt – es kann sich auch nicht um die Noahs handeln, denn diese geschah nach der jüdisch-christlichen Chronologie 2.349 Jahre v. Chr.

Das bezieht sich auf eine esoterische Einteilung der Zeit und auf ein Mysterium, das anderwärts erklärt wird und daher vorläufig beiseite gelassen werden kann. Es muss ausreichen an dieser Stelle anzumerken, dass sämtliche Anstrengungen der Einbildungskraft der Wilfords, Bentleys und anderer vermeintlicher Ödipusse der esoterischen Hinduchronologie bitter versagt haben. Bis heute ist keine einzige Berechnung irgendeines der vier Zeitalter oder der Manvantaras von unseren sehr gelehrten Orientalisten enträtselt worden, die darum den Gordischen Knoten mit der Erklärung auseinander hieben, das Ganze sei „eine Erdichtung eines brahmanischen Gehirns“. Sei es so, und mögen die großen Gelehrten in Frieden ruhen. Die „Erdichtung“ wird in den einleitenden Abschnitten, die der Anthropogenesis in Band II vorangehen, mit esoterischen Zugaben gegeben.

Sehen wir uns jedoch einmal die drei Arten von Pralayas und den volkstümlichen Glauben über sie an, der ausnahmsweise einmal mit der Esoterik übereinstimmt.

Vierzehn Manvantaras, über die eine gleiche Anzahl von Manus regieren, gehen dem Pralaya voran, an dessen Schluss die „zugehörige“ oder Brahmâs Auflösung stattfindet. Über dieses Pralaya heißt es zusammengefasst im Vishnu-Purana“, dass „am Ende von eintausend jeweils einen Tag Brahmâs ausmachenden Zeiträumen mit je vier Zeitaltern die Erde nahezu erschöpft ist. Der ewige Avyaya (Vishnu) nimmt dann die Eigenschaft Rudras an, (des Zerstörers, Shiva) und vereinigt alle seine Geschöpfe wieder in sich. Er tritt in die sieben Strahlen der Sonne ein und saugt alle Gewässer des Globus auf; er lässt die Feuchtigkeit verdunsten und so die ganze Erde vertrocknen. Ozeane und Flüsse, Wildwasser und kleine Ströme, sie verdunsten alle. Derartig mit Feuchtigkeit im Überfluss genährt, schwellen die sieben Sonnenstrahlen zu sieben Sonnen an und setzen die Welt schließlich in Flammen. Hari, der Zerstörer aller Dinge, der ‘Kalagni ist, die Flamme der Zeit’, verzehrt schließlich die Erde. Dann atmet der zum Janardana werdende Rudra Wolken und Regen.“

Es gibt viele Arten von Pralayas, in alten Hindu-Büchern werden jedoch drei hauptsächliche besonders erwähnt. Das Erste davon, wie Wilson zeigt, heißt Naimittika81, das „Gelegentliche“ oder „Zugehörige“, und es wird von den Phasen zwischen „Brahmâs Tagen“ verursacht; es ist die Zerstörung der Geschöpfe, von allem, was lebt und Form hat, aber nicht der Substanz, welche nach dieser „Nacht“ bis zur nächsten Morgendämmerung im Status Quo verbleibt. [SD # 371] Das Nächste heißt Prakritika und findet am Ende des Zeitalters oder Brahmâs Lebens statt, wenn alles, was existiert, wieder in das ursprüngliche Element aufgelöst wird, um am Ende dieser längeren Nacht neu gestaltet zu werden. Das dritte, Atyantika, bezieht sich nicht auf Welten oder das Universum, sondern nur auf die Individualität einzelner Menschen; somit ist es das individuelle Pralaya oder Nirvana, und sobald man es erreicht hat, ist bis nach dem Maha-Pralaya keine weitere Existenz oder Wiedergeburt möglich. Die letztere Nacht dauert 311.040.000.000.000 Jahre an; diese Zeitdauer kann im Fall eines glücklichen Jivanmukta nahezu verdoppelt werden, der Nirvana in einer frühen Periode eines Manvantaras erreicht, und das ist lang genug, um als ewig, wenn nicht als endlos angesehen zu werden. Das „Bhagavata“ (XII, iv, 35) spricht von einer vierten Art von Pralaya, dem Nitya oder der beständigen Auflösung, und erklärt es als die Veränderung, die in jedem Ding in diesem Universum, vom Globus bis zum Atom, unmerklich und unaufhörlich ständig vor sich geht. Es ist Wachstum und Verfall (Leben und Tod).

Wenn das Maha-Pralaya anbricht, suchen die von der Feuersbrunst aufgescheuchten Bewohner Svar-Lokas (der oberen Sphäre) Zuflucht „bei den Pitris, ihren Vorfahren, den Manus, den sieben Rishis, den verschiedenen Ordnungen der himmlischen Geister und den Göttern in Mahar-Loka“. Wenn Mahar-Loka ebenfalls erreicht wird, wandern sämtliche oben aufgezählten Wesen wiederum aus Mahar-Loka aus und begeben sich nach Jana-Loka, in „ihren feinen Formen, dazu bestimmt, mit Fähigkeiten ausgestattet wiederverkörpert zu werden, welche ihren früheren entsprechen, wenn die Welt am Beginn des nachfolgenden Kalpa wieder erneuert wird.“ (Vayu-Purana“)

„ . . . Diese Wolken, von mächtiger Größe und von Donner durchdrungen, erfüllen den gesamten Raum (Nabhastala)“, heißt es im Vishnu-Purana“ (Buch VI, Kap. iii). „Ströme von Wasser herabregnend, löschen diese Wolken die schrecklichen Feuer, und dann regnen sie ununterbrochen hundert (göttliche) Jahre lang und überfluten die ganze Welt (das Sonnensystem). In Massen herabströmend, in Tropfen so groß wie Würfel, überziehen diese Regen die Erde, erfüllen die Mittelregion (Bhuvar-Loka) und überschwemmen den Himmel. Die Welt ist jetzt in Dunkelheit gehüllt, und alle Dinge, die belebten wie die unbelebten, sind zugrunde gegangen. Die Wolken ergießen weiter ihre Wasser“ . . . „und die Nacht Brahmâs herrscht erhaben über dem Schauplatz der Verwüstung . . . . .“

Das ist, was wir in der esoterischen Lehre ein „solares Pralaya“ nennen . . . Wenn die Wasser die Region der sieben Rishis erreicht haben, und die Welt (unser Sonnensystem) ein einziger Ozean ist, halten sie schließlich inne. Der Atem Vishnus wird zu einem starken Wind, der weitere hundert (göttliche) Jahre weht, bis sich alle Wolken aufgelöst haben. Der Wind ist dann wieder eingezogen und „Jenes, aus welchem alle Dinge gemacht sind, der Herr, durch den alle Dinge existieren, Er, der da ist unbegreiflich, ohne Anbeginn, der Anfang des Universums, ruht inmitten der Tiefe schlafend auf der Sesha (der Schlange der Unendlichkeit). Der Adikrit [SD # 372] (Schöpfer?) Hari schläft auf dem Ozean des Raumes in der Form Brahmâs – von Sanaka82 und den Siddhas (Heiligen) des Jana-Lokas verherrlicht und von den heiligen Einwohnern Brahmâ-Lokas betrachtet, die in mystischen Schlummer versunken nach endgültiger Erlösung streben, die himmlische Personifikation seiner eigenen Illusionen. . . .“ Das ist Pratisanchara (die Auflösung?), die Beiläufige genannt, da Hari ihre zugehörige (ideale) Ursache ist. . . . .83 Wenn der Universalgeist erwacht, lebt die Welt auf; wenn er seine Augen schließt, sinken alle Dinge auf das Bett des mystischen Schlummers. Geradeso wie 1.000 große Zeitalter einen Tag Brahmâs ausmachen (im Original ist es Padma-Yoni, dasselbe wie Abja-Yoni – der „Lotusgeborene“, nicht Brahmâ), besteht seine Nacht aus einer gleich langen Periode. „Am Ende einer Nacht erwachend, erschafft der Ungeborene . . . das Universum erneut. . . .“ (Vishnu-Purana“)

Das ist das „gelegentliche“ Pralaya; was ist nun aber die elementare Auflösung? Parashara beschreibt sie Maitreya wie folgt: „Wenn durch Mangel und Feuer alle Welten und Patalas (Höllen) verdorrt sind . . .,84 hat der Prozess der elementaren Auflösung begonnen. Dann verschlingen zuerst die Wasser die Eigenschaft der Erde (welche die Grundlage des Geruchs ist), und die Erde geht, dieser Eigenschaft beraubt, der Zerstörung entgegen – und wird eins mit dem Wasser . . . . wenn das Universum so von den Wogen des wässrigen Elements durchdrungen ist, wird sein elementarer Geschmack von den feurigen Elementen verschlossen . . . wodurch die Wasser selbst zerstört . . . und eins werden mit dem Feuer; und das Universum ist daher gänzlich von der (etherischen) Flamme erfüllt, die allmählich die ganze Welt überzieht. Während der Raum eine Flamme ist, . . . reißt das Element des Windes die rudimentäre Eigenschaft oder Form an sich, welche die Ursache des Lichts ist, und, indem sie zurückgezogen (pralina) wird, wird alles von luftartiger Natur. Da die Grundlage der Form zerstört und Vibhavasu (Feuer?) seiner Grundlage beraubt ist, löscht die Luft das Feuer und verbreitet sich im Raum, der des Lichts beraubt ist, sobald sich das Feuer in der Luft auflöst. Dann dehnt sich die Luft, vom Ton begleitet, welcher die Quelle des Ethers ist, überall in die zehn Regionen aus . . . . bis der Ether die Kohäsion (Sparsa – Berührung?) erfasst, ihre grundlegende Eigenschaft, durch deren Verlust die Luft zerstört wird, und Kha bleibt unverändert; ohne Form, Geschmack, Gefühl (Sparsa) und Geruch existiert er, verkörpert (murttimat) und unermesslich groß, und durchdringt den gesamten Raum. Akasha, dessen charakteristische Eigenschaft und Grundlage der Ton (das „Wort“) ist, bewohnt die gesamte Leere des Raumes. Dann verschlingt der Ursprung (das Noumenon?) der Elemente (Bhutadi) den Ton (den kollektiven Demiurgen); und die Scharen der Dhyan Chohans und alle vorhandenen [SD # 373] Elemente85 sind sogleich in ihrem Ursprung vereint. Das ursprüngliche Element, Bewusstsein, mit Tamasa (spirituelle Dunkelheit) verbunden, wird von Mahat selbst (dem Universalgemüt) aufgelöst, dessen charakteristische Eigenschaft Buddhi ist. Die Erde und Mahat sind die inneren und äußeren Grenzen des Universums.“ So wie (im Anbeginn) „die sieben Formen der Prakriti (Natur) von Mahat bis zur Erde aufgezählt wurden, genauso treten diese sieben, eines in das andere, der Reihe nach wieder ein.“86

„Brahmâs Ei (Sarva-Mandala) wird in den es umgebenden Wassern mit seinen sieben Bereichen (Dvipas), sieben Ozeanen, sieben Regionen und deren Bergen aufgelöst; die Umhüllung des Wassers wird vom Feuer verzehrt; das (Stratum des) Feuers wird absorbiert durch (jenes der) Luft; Luft vermischt sich mit Ether (Akasha); der Bhutadi (Ursprung oder vielmehr Ursache des ursprünglichen Elements) verschlingt den Ether und wird (selbst) von Mahat zerstört (dem Großen, dem Universalgemüt), was wiederum, zusammen mit allen anderen, von Prakriti erfasst wird und verschwindet. Die Prakriti ist essenziell dieselbe, ob getrennt oder ungetrennt; lediglich das, was getrennt ist, wird schließlich absorbiert und verliert sich im Ungetrennten. Auch Pums (Geist), der eins ist, rein, unvergänglich, ewig und alles durchdringend, ist ein Teil jenes Höchsten Geistes, der alle Dinge ist. Dieser Geist (Sarvesa), der etwas anderes als der (verkörperte) Geist ist, besitzt keinerlei Attribute wie Namen, Arten (Naman und jati oder Rupa, daher eher Körper als Arten) oder dergleichen – verbleibt als die einzige Existenz (SattA). . . Prakriti und Purusha lösen sich beide schließlich in den Höchsten Geist auf. . . .“ (aus „Vishnu-Purana“, Wilsons Irrtümer sind hier korrigiert und die ursprünglichen Begriffe in Klammern gesetzt).

Dieses ist das letzte Pralaya87 – der Tod des Kosmos – nach welchem sein Geist in Nirvana ruht oder in Jenem, für das weder Tag noch Nacht existieren. Alle anderen Pralayas treten periodisch auf und folgen in regelmäßiger Aufeinanderfolge den Manvantaras, wie bei jedem menschlichen Geschöpf die Nacht dem Tag folgt, bei jedem Tier und jeder Pflanze. Der Zyklus der Schöpfung der Leben des Kosmos ist durchschritten, die Energie des manifestierten „Wortes“ hatte [SD # 374] ihr Wachstum, ihren Höhepunkt und ihre Abnahme gleich allen vorübergehenden Dingen, wie lang auch immer ihre Dauer sein mag. Die schöpferische Kraft ist als Noumenon an sich ewig; als phänomenale Manifestation in ihren Aspekten hat sie einen Anfang und muss daher auch ein Ende haben. In diesen Intervallen hat sie ihre Phasen der Aktivität und ihre Phasen der Ruhe. Und das sind die „Tage und Nächte Brahmâs“. Aber Brahman, das Noumenon, ruht niemals, da es sich nie verändert, sondern immer ist, obwohl man von ihm nicht sagen kann, dass es irgendwo sei. . . . .

Die jüdischen Kabbalisten empfanden für die ewige, unendliche Gottheit die Notwendigkeit dieser Unwandelbarkeit und wendeten daher denselben Gedanken auf den anthropomorphen Gott an. Die Idee ist poetisch und in ihrer Anwendung sehr angemessen. Im „Zohar“ lesen wir Folgendes:

Als Moses auf dem Berg Sinai in Gegenwart der Gottheit Wache hielt, die seinem Anblick durch eine Wolke verborgen war, fühlte er sich von großer Furcht ergriffen und fragte plötzlich: ‘Herr, wo bist du . . . . schläfst du, oh Herr? . . .’ Und der Geist antwortete ihm: ‘Ich schlafe niemals: Würde ich vor meiner Zeit nur einen einzigen Augenblick lang in Schlaf fallen, zerfiele die gesamte Schöpfung augenblicklich in Auflösung.’“

Vor meiner Zeit“ ist sehr vielsagend. Es zeigt, dass der Gott des Moses lediglich ein zeitweiser Stellvertreter ist, ebenso wie der männliche Brahmâ ein Stellvertreter und ein Aspekt von Jenem ist, das unveränderlich ist und daher keinen Anteil an den „Tagen“ oder „Nächten“ haben kann, noch mit irgendetwas anderem, das mit Umwandlung oder Auflösung verbunden ist.

Während die östlichen Okkultisten sieben verschiedene Arten der Interpretation besitzen, haben die Juden lediglich vier – nämlich die wirklich mystische, die allegorische, die moralische und die buchstäbliche oder Paschut. Letztere ist der Schlüssel der exoterischen Kirchen und der Besprechung nicht wert. Mit dem ersten oder mystischen Schlüssel gelesen, finden sich hier einige Sätze, welche die Identität der Grundlagen des Aufbaus einer jeden heiligen Schrift zeigen. Sie finden sich in Isaac Myers ausgezeichnetem Buch über die kabbalistischen Werke, die er gut studiert zu haben scheint. Ich zitiere wörtlich. „B’raisheeth barah elohim ath hash ama yem v’ath haa’retzd. h. ‘Im Anfang schuf(en) Gott (die Götter) die Himmel und die Erde’; (was bedeutet:) die sechs Sephiroth des Aufbaus,88 über welche B’raisheeth wacht, gehören alle nach unten. Es erschuf sechs, (und) auf diesen fußen alle Dinge. Und diese hängen von den sieben Formen des Craniums ab bis hinauf zum Erhabensten aller Erhabenen. Und die zweite ‘Erde’ wird nicht mitgezählt, daher wurde gesagt: ‘Und aus ihr (dieser Erde), welche dem Fluch ausgesetzt war, kam sie hervor.’ . . . . ‘Sie (die Erde) war ohne Form und wüst, und die Finsternis schwebte über dem Angesicht der Tiefe, und der Geist der Elohim . . . . atmete (me’ racha ’phath), – d. h. schwebte, brütete über, bewegte. . . . . Dreizehn beruhen auf dreizehn [SD # 375] (Formen) der würdigsten Erhabenheit. Sechstausend Jahre sind mit den (auf sie beziehen sich die) ersten sechs Worten verbunden. Das siebente (Tausend, das Millennium) über ihr (der verfluchten Erde) ist das, was aus sich selbst heraus stark ist. Und sie wurde innerhalb von zwölf Stunden (eines . . . . Tages) gänzlich verwüstet, wie es geschrieben steht. . . . . In der dreizehnten wird Es (die Gottheit) alles wieder herstellen . . . . und alles wird erneuert werden wie zuvor; und jene sechs werden alle andauern . . . . etc.“ („Qabbalah,“ S. 233, aus „Siphrah Dzeniouta“, Kap. i, § 16, S. 9)

Die „Sephiroth des Aufbaus“ sind die sechs Dhyan Chohans, Manus oder Prajapatis, vom siebten „B’raisheeth (die erste Emanation oder der Logos) zusammengefasst, daher werden sie die Erbauer des niederen oder physischen Universums genannt“, alle gehören nach unten. Diese sechs , deren Essenz vom Siebten stammt – sind der Upadhi, die Grundlage oder der Grundstein, auf dem das objektive Universum aufgebaut ist, das Noumenoi aller Dinge. Daher sind sie gleichzeitig die Naturkräfte, die sieben Engel der Gegenwart, das sechste und das siebte Prinzip im Menschen; die spirituell-seelisch-körperlichen Sphären der siebenfältigen Kette, die Wurzelrassen usw. usw. Sie alle „hängen von den sieben Formen des Craniums ab“, bis hinauf zum Höchsten. Die „zweite Erde“ „wird nicht mitgezählt“, weil sie keine Erde ist, sondern das Chaos oder der Abgrund des Raums, in welchem das paradigmatische oder Modell-Universum in der Ideenbildung der Oberseele ruhte, welche es bebrütete. Der Ausdruck „Fluch“ ist hier sehr irreführend, denn er bedeutet lediglich Schicksal oder Bestimmung, oder jenes Verhängnis, welches sie in den objektiven Zustand stellte. Das zeigt sich in der Beschreibung dieser unter dem „Fluch“ stehenden „Erde“ als „ohne Form und wüst“, in deren unergründlichen Tiefen der „Atem“ der Elohim (der kollektiven Logoi) die erste Göttliche Ideenbildung der zukünftigen Dinge hervorbrachte oder abbildete. Dieser Vorgang wiederholt sich nach jedem Pralaya vor dem Beginn der neuen Manvantaras oder der Periode fühlenden, individuellen Daseins. „Dreizehn beruhen auf dreizehn Formen“, bezieht sich auf die dreizehn Zeiträume, verkörpert durch die dreizehn Manus mit Svayambhuva, dem vierzehnten (13 anstatt 14 stellt eine weitere Verschleierung dar): jene vierzehn Manus, die innerhalb der Frist eines Maha-Yuga regieren, eines „Tages“ Brahmâs. Diese (dreizehn-vierzehn) des objektiven Universums beruhen auf den dreizehn (vierzehn) paradigmatischen, idealen Formen. Die Bedeutung der „sechstausend Jahre“, welche „mit den ersten sechs Worten verbunden sind“, muss wiederum in der indischen Weisheit gesucht werden. Sie beziehen sich auf die ursprünglichen sechs (sieben) „Könige von Edom“, welche die Welten (oder Sphären) unserer Kette während der ersten Runde darstellen und auch auf die ursprünglichen Menschen dieser Runde. Sie sind die siebenfältige voradamische (oder vor der dritten, getrennten Rasse) erste Wurzelrasse. Da sie Schatten waren und ohne Sinne (sie hatten die Frucht vom Baum der Erkenntnis noch nicht gegessen), konnten sie die [SD # 376] Parguphim nicht sehen, oder „Angesicht konnte Angesicht nicht sehen“ (die ursprünglichen Menschen waren unbewusst“). „Daher starben die ursprünglichen (sieben) Könige“, d. h. sie wurden zerstört (vide „Siphrah Dzeniouta“). Wer sind nun diese Könige? Sie sind die „sieben Rishis, gewisse (sekundäre) Gottheiten, Sakra (Indra), Manu und die Söhne des Königs, die in einer Periode geschaffen werden und vergehen“, wie das Vishnu-Purana“ uns sagt (Buch I, Kap iii). Denn das siebte („Tausend“) (nicht das Tausendjährige Reich der exoterischen Christenheit, sondern das der Anthropogenesis) repräsentiert sowohl die „siebte Schöpfungsperiode“, die des körperlichen Menschen (Vishnu-Purana“), als auch das siebte Prinzip, makrokosmisch und mikrokosmisch, und ebenso das Pralaya nach der siebten Periode, die „Nacht“, welche dieselbe Dauer hat wie der „Tag“ Brahmâs. „Sie wurde innerhalb von zwölf Stunden gänzlich verwüstet, wie es geschrieben steht.“ Und in der dreizehnten (zweimal sechs und die Synthese) wird alles wiederhergestellt sein, „und die sechs werden fortdauern“.

So bemerkt der Verfasser der „Qabbalah“ ganz wahrheitsgemäß, dass „lange vor seiner (ibn Gabirols) Zeit, . . . viele Jahrhunderte vor der christlichen Ära, in Zentralasien eine ‘Weisheitsreligion’ existierte, die sich in der Folgezeit bruchstückhaft bei den Gelehrten der archaischen Ägypter, der alten Chinesen, Hindus etc. fanden . . .“ und . . . . . „Die Qabbalah kam höchstwahrscheinlich aus arischen Quellen über Zentralasien, Persien, Indien und Mesopotamien, denn aus Ur und von Haran kam Abraham und viele andere nach Palästina.“ (S. 221) Der Verfasser von „The Gnostics and Their Remains“, C. W. King, pflegte dieselbe feste Überzeugung.

Vamadeva Modelyar (Modely) beschreibt den Anbruch der „Nacht“ höchst poetisch. Obwohl schon in „Isis entschleiert“ mitgeteilt, ist sie doch eine Wieder­holung wert.

„Seltsame Geräusche werden vernommen, von überall ausgehend. . . . Das sind die Vorboten von Brahmâs Nacht; die Dämmerung erhebt sich am Horizont, und die Sonne vergeht hinter dem dreizehnten Grad des Makara (des Tierkreiszeichens) und wird das Zeichen des Minas (das Tierkreiszeichen Pisces oder die Fische) nicht mehr erreichen. Die Gurus der Pagoden, deren Aufgabe es ist, das Rasichakra (den Tierkreis) zu überwachen, können ihren Zirkel und ihre Instrumente jetzt zerbrechen, denn von nun an sind sie nutzlos.

Allmählich verblasst das Licht, die Wärme nimmt ab, es gibt immer mehr unbewohnte Orte auf der Erde. Die Luft wird dünner und dünner. Die Wasserquellen vertrocknen. Die großen Flüsse sehen ihre Wellen erschöpft. Der Ozean zeigt seinen sandigen Grund, und die Pflanzen sterben. Menschen und Tiere verlieren täglich an Größe. Leben und Bewegung verlieren ihre Kraft. Die Planeten können kaum mehr im Raum gravitieren; sie erlöschen einer nach dem anderen wie Lampen, die aufzufüllen die Hand des Chokras (Dieners) versäumte. Surya (die Sonne) flackert und erlöscht. Die Materie verfällt der Auflösung (dem Pralaya) und Brahmâ vereint sich wieder mit Dayus, dem ungeoffenbarten Gott, und da seine Aufgabe [SD # 377] erfüllt ist, fällt er in den Schlaf. Ein weiterer Tag ist vollbracht. Die Nacht bricht herein und dauert bis zur zukünftigen Morgendämmerung.

Und nun fügt er die Keime von allem, was existiert, wieder in das Goldene Ei seines Gedankens ein, wie uns der göttliche Manu sagt. Während Seiner friedlichen Ruhe stellen die mit den Prinzipien der Aktivität begabten belebten Wesen ihre Funktionen ein, und alles Fühlen (Manas) wird untätig. Wenn alle in die Höchste Seele absorbiert sind, schläft diese Seele aller Wesen in vollkommener Ruhe bis zu dem Tag, an dem sie wieder ihre Form annimmt und aufs Neue aus ihrer ursprünglichen Dunkelheit erwacht.“89

Wie das „Satya-Yuga“ in der Reihe der vier Zeitalter oder Yugas immer an der ersten Stelle steht, befindet sich das Kali-Yuga immer an der letzten. Das Kali-Yuga herrscht jetzt uneingeschränkt in Indien, und es scheint mit demselben Zeitalter im Westen zusammenzufallen. Auf jeden Fall ist es merkwürdig zu sehen, wie prophetisch der Verfasser des Vishnu-Puranas in fast allen Dingen war, als er Maitreya einige der dunklen Einflüsse und Sünden dieses Kali-Yugas vorhersagte. Denn als er sagte, dass die „Barbaren“ die Herren der Ufer des Indus von Chandrabhaga und Kaschmira sein werden, fügte er hinzu:

„Es wird zeitgenössische Monarchen geben, die über die Erde herrschen – Könige von grobem Geist, Jähzorn und immer der Falschheit und Bosheit ergeben. Sie werden Frauen, Kinder und Kühe töten. Sie werden das Eigentum ihrer Untertanen an sich reißen und den Frauen anderer nachstellen; sie werden über unbegrenzte Macht verfügen, ihre Lebensdauer wird kurz sein, ihre Begierden unersättlich. . . . Menschen verschiedener Länder, die sich mit ihnen vermischen, werden ihrem Beispiel folgen; und die Barbaren werden unter dem Schutz der Fürsten (in Indien) mächtig sein, während ehrlichere Stämme vernachlässigt werden und das Volk zugrunde gehen wird (oder wie der Kommentator sagt: ‘Die Mlechchhas werden in der Mitte stehen und die Arier am Ende.’)90 Wohlstand und Frömmigkeit werden abnehmen, bis die Welt gänzlich verkommen ist. Besitz allein wird den Rang verleihen; Reichtum wird die einzige Quelle der Ergebenheit sein; Leidenschaft das einzige Band der Vereinigung zwischen den Geschlechtern; Falschheit das einzige Mittel zum Erfolg im Rechtsstreit. Und die Frauen werden lediglich noch der Gegenstand sinnlicher Befriedigung sein. . . . . . Äußerlichkeiten werden die einzige Unterscheidung der verschiedenen Lebensordnungen darstellen; . . . . . ein reicher Mann als rein angesehen werden; der Lebensunterhalt allgemein mit Unredlichkeit (Anyaya) verdient werden; Schwäche die Ursache von Abhängigkeit sein, Drohung und Anmaßung die Gelehrsamkeit ersetzen; Freizügigkeit für Ergebenheit gehalten; gegenseitiges Einverständnis wird Ehe sein; schöne Kleider Würde. Wer der Stärkste ist, wird herrschen. Das Volk, unfähig, die schweren Lasten Khara Bhara (die Steuerlast) zu ertragen, wird seine Zuflucht in den Tälern suchen. . . . So wird im Kali-Zeitalter der Verfall beständig fortschreiten, bis [SD # 378] das Geschlecht der Menschen sich seiner Vernichtung (Pralaya) nähert. . . . Wenn sich das Ende des Kali-Zeitalters nähert, wird ein Teil des aus seiner eigenen spirituellen Natur (Kalki Avatara) existierenden göttlichen Wesens . . . auf die Erde herabsteigen . . . mit den acht übermenschlichen Fähigkeiten begabt. . . . Er wird die Recht­schaffenheit auf Erden wiederherstellen und die Gemüter der am Ende des Kali-Yugas Lebenden werden erweckt und deshalb so durchsichtig sein wie Kristall. Die so veränderten Menschen . . . werden die Samen menschlicher Wesen sein und eine Rasse hervorbringen, welche den Gesetzen des Krita-Zeitalters oder des Zeitalters der Reinheit folgen wird. So heißt es: ‘Wenn sich die Sonne und der Mond und Tishya, das Haus des Mondes, und der Planet Jupiter in einem Hause befinden, wird das Krita- (oder Satya-) Zeitalter wiederkehren’.

. . . . Zwei Personen, Devapi aus dem Geschlecht der Kuru und Maru (Moru) aus der Ikshvaku-Familie, leben während der gesamten vier Zeitalter, in Kalapa wohnend.91 Zu Beginn des Krita-Zeitalters werden sie hierher zurückkehren . . . Maru (Moru)92, der Sohn Schighras, lebt noch durch die Kraft des Yoga . . . . und wird der Wiederhersteller des Kshatriyageschlechts der Sonnendynastie sein.“93 (Vayu-Purana“, Bd. III, S. 187)

Einerlei ob letztere Prophezeiung richtig ist oder nicht, die Segnungen des Kali-Yugas sind gut beschrieben und passen wunderbar selbst auf das, was im Europa und anderen zivilisierten und christlichen Ländern auf der Höhe des 19. und dem Anbruch des 20. Jahrhunderts unserer großen Ära der Erleuchtung zu sehen und hören ist.

[SD # 379]
§
VIII
Der Lotus als universales Symbol

Es gibt keine alten Symbole ohne einen damit verbundenen tiefen und philosophischen Sinn; ihre Wichtigkeit und Bedeutsamkeit nimmt mit ihrem Alter zu. Ein solches ist der Lotus. Er ist die der Natur und ihren Göttern geweihte Blume und symbolisiert das abstrakte und das konkrete Universum, indem er als das Emblem für die produktiven Kräfte sowohl der spirituellen als auch der physischen Natur steht. Er wurde seit dem entferntesten Altertum von den arischen Hindus, den Ägyptern und nach ihnen den Buddhisten gleichermaßen als heilig erachtet. Er wurde in China und Japan verehrt und von den griechischen und lateinischen Kirchen als christliches Emblem angenommen, die aus ihm einen Sendboten machten, sowie die heutigen Christen, die ihn durch die Wasserlilie ersetzen.94 Er hatte und hat noch seine mystische Bedeutung, die bei allen Nationen der Welt übereinstimmt. Wir verweisen den Leser auf Sir William Jones.95 Bei den Hindus ist der Lotus das Emblem der produktiven Kraft der Natur durch die Wirkung von Feuer und Wasser (Geist und Materie). „Oh, du Ewiger! Ich sehe Brahmâ, den Schöpfer, in dir über dem Lotus thronend!“, lautet ein Vers der Bhagavadgita. Und Sir W. Jones zeigt, wie bereits in den Stanzen angemerkt, dass die Lotus-Samen schon bevor sie keimen vollkommen ausgebildete Blätter enthalten, die Miniaturformen dessen, zu dem sie eines Tages als vollendete Pflanzen werden. In Indien ist der Lotus das Symbol der fruchtbaren Erde und, was wichtiger ist, des Berges Meru. Jeder der vier Engel oder Genien der vier Viertel des Himmels (die Maharajas, siehe die Stanzen) steht auf einem Lotus. Der Lotus ist das zweifache Sinnbild des göttlichen und menschlichen Hermaphroditen, da er sozusagen zweigeschlechtlich ist.

Brahmâ wurde bei den Hindus aus dem Geist des Feuers (oder der Wärme) evolviert, der alles, was aus dem Wasser oder der ursprünglichen Erde geboren wird (aus seinem idealen Prototypen) zu konkreter Form anregt, befruchtet und entwickelt. Die aus Vishnus Nabel herauswachsende Lotusblume – des auf seiner Schlange der Unendlichkeit und den Wassern des Raumes ruhenden Gottes – ist das anschaulichste jemals erschaffene Symbol: Es steht für das sich aus der zentralen Sonne entwickelnde Universum, aus dem Punkt, dem immer verborgenen Keim. Lakshmi, welche den [SD # 380] weiblichen Aspekt Vishnus96 repräsentiert und die auch Padma, der Lotus, genannt wird, wird ebenfalls als auf einer Lotusblume schwimmend dargestellt, während der „Schöpfung“ und des „Butterns des Ozeans“ des Raumes, aus dem „Milchmeer“ hervorgehend wie Venus aus dem Schaume.

„ . . . Dann, auf einem Lotus sitzend
Erhebt der Schönheit Göttin, der unvergleichlichen Sri
Sich aus den Wellen . . .”

lautet der Gesang eines englischen Orientalisten und Dichters (Sir Monier Williams).

Die diesem Symbol zugrunde liegende Vorstellung ist wunderschön und weist überdies in allen religiösen Systemen auf eine übereinstimmende Herkunft hin. Einerlei ob in der Form des Lotus oder der Wasserlilie, es bedeutet ein und dieselbe philosophische Idee, nämlich die Emanation des Objektiven aus dem Subjektiven, die Göttliche Ideenbildung, wie sie aus dem Abstrakten zum Konkreten oder zur sichtbaren Form übergeht. Denn sobald die Dunkelheit – oder vielmehr das, was die „Dunkelheit“ für die Unwissenheit ist – in ihren eigenen Bereich ewigen Lichtes verschwunden ist und lediglich ihre göttliche, offenbarte Ideenbildung hinter sich zurückgelassen hat, haben die kreativen Logoi ihr Verständnis eröffnet, und sie erkennen in der idealen Welt (die bis dahin im Göttlichen Gedanken verborgen lag) die archetypischen Formen von allem und machen sich daran, die vergänglichen und transzendenten Formen nach diesen Mustern nachzubilden oder zu erbauen und zu gestalten.

Auf dieser Stufe der Aktivität ist der Demiurg97 noch nicht der Architekt. In der Dämmerung der Aktivität geboren, hat er zunächst den Plan zu erfüllen und muss die idealen Formen verwirklichen, welche im Schoß der ewigen Ideenbildung vergraben liegen, geradeso wie die zukünftigen Lotusblätter, die unbefleckten Blütenblätter, im Samen dieser Pflanze verborgen liegen. . . . .

Im die „Transformation in den Lotus“ genannten Kapitel lxxxi des Rituals („Totenbuch“) ruft Gott in Gestalt eines aus der Blüte auf­tauchenden Hauptes: „Ich bin der reine Lotus, der aus dem Strahlenden hervortritt. . . . . Ich überbringe die Botschaften des Horus. Ich bin der reine Lotus, der aus den Gefilden der Sonne kommt. . . . .“

Die Lotus-Idee kann sogar im elohistischen ersten Kapitel der Genesis zurückverfolgt werden, wie in Isis behauptet wird.

[SD # 381] In dieser Idee müssen wir den Ursprung und die Erklärung des Verses in der jüdischen Kosmogonie suchen, der lautet: „Und Gott sprach: Lasse die Erde hervorgehen . . . . fruchtbare Bäume, dass ein jeglicher nach seiner Art Früchte und seinen eigenen Samen in sich selbst trage.“ In allen ursprünglichen Religionen ist der schöpferische Gott der „Sohn des Vaters“, d. h. sein sichtbar gemachter Gedanke; und vor der christlichen Ära, von der Trimurti der Hindu bis hinab zu den drei kabbalistischen Häuptern der Schriften, wie sie von den Juden erklärt werden, war die dreieinige Gottheit aller Nationen vollständig bestimmt und mit ihren Allegorien belegt.

Das ist die kosmische und ideale Bedeutung dieses großen Symbols bei den östlichen Völkern. Aber im Rahmen seiner Anwendung auf die praktische, exoterische Anbetung, die auch ihre esoterische Symbologie hatte, wurde der Lotus mit der Zeit Träger und Behälter einer eher irdischen Vorstellung. Keine dogmatische Religion ist jemals dem in ihr enthaltenen sexuellen Element entkommen; und bis zum heutigen Tag beschmutzt dasselbe die moralische Schönheit der Grundidee. Das Folgende stammt aus demselben kabbalistischen Manuskript, das wir bereits zitiert haben:

„Auf dieselbe Bedeutung wies der in den Wassern des Nils wachsende Lotus hin. Die Art seines Wachstums macht ihn besonders geeignet dafür, als ein Symbol der Zeugungsaktivitäten zu dienen. Die Blüte des Lotus, welche als Ergebnis ihres Heranreifens den Samen für die Fortpflanzung trägt, steht mithilfe des langen, durch das Fruchtwasser, d. h. durch den Fluss Nil, führenden seilartigen Stengel, der Nabelschnur, mittels eines einer Plazenta ähnelnden Anhangs mit Mutter Erde oder mit dem Schoß der Isis in Verbindung. Nichts kann klarer sein als dieses Symbol. Und um es in seiner beabsichtigten Bedeutung vollkommen zu machen, ist mitunter ein auf der Blüte sitzendes oder aus ihr hervorkommendes Kind dargestellt.98 So werden Osiris und Isis, die Kinder des Kronos oder der endlosen Zeit, in diesem Bild in der Entwicklung ihrer Naturkräfte unter dem Namen Horus zu den Eltern des Menschen. . . (siehe § IX, „The Moon, Deus Lunus, Phoebe”).

Wir können nicht genug betonen, dass diese Zeugungsfunktion als Basis einer Symbolsprache und einer wissenschaftlichen Kunstsprache gewählt wurde. Ein Nachsinnen über diese Idee führt sofort dazu, die schöpferische Ursache zu betrachten. In den Werken der Natur lässt sich beobachten, dass sie einen wundervollen, lebendigen Mechanismus erschaffen hat, der von einer ihm hinzugefügten, lebendigen Seele gesteuert wird; die Entwicklung des Lebens und die Geschichte dieser Seele in Bezug auf ihr Woher, ihre Gegenwart und ihr Wohin übersteigen alle Anstrengungen des menschlichen Intellekts.99 Das Neugeborene ist ein immer wiederkehrendes Wunder, ein Beweis dafür, dass [SD # 382] in der Werkstatt der Gebärmutter eine intelligente, schöpferische Kraft die Zusammenfügung einer lebendigen Seele mit einer physischen Maschine bewirkt hat. Das erstaunlich Wunderbare dieser Tatsache verbindet eine heilige Weihe mit allem, was mit den Zeugungsorganen in Verbindung steht, als mit der Wohnung und dem Ort einer offensichtlich schöpferischen Intervention der Gottheit.“

Das ist eine korrekte Wiedergabe der zugrunde liegenden Ideen der alten Zeit, der rein pantheistischen, unpersönlichen und ehrfurchtsvollen Vorstellungen der archaischen Philosophen der prähistorischen Zeitalter. Sie ist es jedoch nicht, wenn man sie auf die sündige Menschheit anwendet, auf die groben, dem Persönlichen anhaftenden Ideen. Daher würde kein pantheistischer Philosoph die dem Obigen folgenden und den Anthropomorphismus der jüdischen Symbologie darstellenden Bemerkungen anders einstufen, als dass sie die Heiligkeit der wahren Religion gefährden und lediglich für unser materialistisches Zeitalter passen, welches das unmittelbare Ergebnis und Resultat dieses anthropomorphischen Charakters ist. Denn das ist der Grundton für den gesamten Geist und die Essenz des Alten Testaments, wie das Manuskript bei der Behandlung der Symbolik der biblischen Kunstsprache erklärt:

„Daher ist der Ort des Schoßes als der allerheiligste Platz anzusehen, als das Sanctum Sanctorum und der wahrhaftige Tempel des Lebendigen Gottes.100 Vom Mann wurde der Besitz der Frau immer als ein wesentlicher Teil seiner selbst betrachtet, um zwei zu einem zu machen und eifersüchtig als heilig behütet. Selbst der Teil des gewöhnlichen Hauses oder Heims, welcher der Wohnstätte der Frau geweiht war, wurde penetralia genannt, das Geheime oder Geheiligte, und folglich wurde die Metapher vom Allerheiligsten bei heiligen Bauwerken aus der Idee der Heiligkeit der Zeugungsorgane geschöpft. Diese Darstellung wird durch die Metapher auf die Spitze getrieben101, dass dieser Teil des Hauses in der Heiligen Schrift als „zwischen den Schenkeln des Hauses liegend“ beschrieben wird, und manchmal ist diese Idee durch die große, zwischen seitlich davon stehenden Strebepfeilern gesetzte Toröffnung der Kirchen konstruktiv ausgeführt.“

Bei den alten, ursprünglichen Ariern existierte niemals ein derartiger „auf die Spitze getriebener“ Gedanke. Das ist durch die Tatsache erwiesen, dass in der vedischen Epoche ihre Frauen nicht von den Männern abgesondert in der Penetralia oder „Zenanas“ untergebracht wurden. Ihre Abgeschlossenheit begann, als die Mohammedaner – nach dem christlichen Kirchentum die nächsten Erben der hebräischen Symbolik – das Land erobert hatten und den Hindus allmählich ihre Sitten und Bräuche aufzwangen. Die vor- und nach-vedische Frau war ebenso frei wie der Mann, und der religiösen Symbolik [SD # 383] der frühzeitlichen Arier wurden niemals unreine irdische Gedanken beigemengt.Die Idee und Anwendung ist rein semitisch. Das wird vom Verfasser der genannten außerordentlich gelehrten und kabbalistischen Offenbarung bestätigt, indem er am Schluss der oben zitierten Abschnitte hinzufügt:

Wenn mit diesen Organen als Symbolen der schöpferischen kosmischen Kräfte die Idee des Ursprungs der Maße sowie der Zeitperioden verbunden werden kann, dann sollte in der Tat bei der Konstruktion der Tempel als Wohnungen der Gottheit oder Jehovahs der zum Allerheiligsten oder zum heiligsten Platz bestimmte Teil seinen Namen von der anerkannten Heiligkeit der Zeugungsorgane herleiten, die sowohl als Symbole der Maße als auch der schöpferischen Ursache angesehen wurden. Bei den alten Weisen existierte kein Name, keine Vorstellung und kein Symbol einer Ersten Ursache.“ . . . .

Ganz gewiss nicht. Lieber ihm niemals einen Gedanken widmen und es für immer namenlos lassen, wie es die alten Pantheisten taten, als die Heiligkeit dieses Ideals der Ideale durch die Erniedrigung seiner Symbole in solch anthropomorphische Formen zu zerstören! Hier erkennt man erneut die ungeheure Kluft zwischen dem arischen und dem semitischen religiösen Denken: die beiden entgegengesetzten Pole – Aufrichtigkeit und Verheimlichung. Bei den Brahmanen, welche die natürlichen Fortpflanzungs­funktionen der Menschheit noch niemals mit der Eigenschaft der „Erbsünde“ ausstatteten, ist es eine religiöse Pflicht, einen Sohn zu haben. Ein Brahmane der alten Zeit zog sich, nachdem er seine Sendung als menschlicher Schöpfer erfüllt hatte, in den Dschungel zurück und verbrachte den Rest seiner Tage in religiöser Andacht. Er hatte seine Pflicht gegenüber der Natur als sterblicher Mensch und als ihr Mitarbeiter erfüllt und widmete von nun an alle seine Gedanken dem spirituellen und unsterblichen Teil in ihm, indem er das Irdische als bloße Täuschung, als einen dahinschwindenden Traum betrachtete – was er in der Tat ist. Bei dem Semiten verhielt sich das anders. Er erfand eine Versuchung des Fleisches in einem Garten Eden; zeigte, dass sein Gott (esoterisch der Versucher und der Beherrscher der Natur) eine Handlung für immer verfluchte, die dem logischen Programm dieser Natur innewohnte.102 All das exoterisch, wie in der Verhüllung und dem toten Buchstaben der Genesis und des Übrigen; esoterisch betrachtete er gleichzeitig die angebliche Sünde und den Fall als derartig heiligen Akt, dass er das Organ, den Verursacher der Erbsünde, zum geeignetsten und heiligsten Symbol für die Darstellung dieses Gottes erwählte, von dem doch gezeigt wurde, dass er seinen beginnenden Gebrauch als Ungehorsam und ewige Sünde brandmarkte!

Wer kann jemals die von Widersprüchen erfüllten Tiefen semitischen Denkens ergründen? Und dieses paradoxe Element minus seiner innersten Bedeutung ist jetzt gänzlich in die christliche Theologie und das christliche Dogma übergegangen!

Ob die esoterische Bedeutung des hebrä­ischen (Alten) Testaments den ersten Kirchenvätern allgemein bekannt war oder lediglich einigen wenigen, während die Übrigen in Bezug auf das Geheimnis unwissend blieben, darüber hat [SD # 384] die Nachwelt zu entscheiden. Eines ist auf jeden Fall gewiss. Da die Esoterik des Neuen Testaments mit der Esoterik der hebräischen mosaischen Bücher vollkommen übereinstimmt; und da gleichzeitig eine Anzahl rein ägyptischer Symbole und heidnischer Dogmen im Allgemeinen – zum Beispiel die Dreieinigkeit – von den synoptischen Evangelien und vom Hl. Johannes kopiert und eingebunden wurden, leuchtet es ein, dass den Verfassern des Neuen Testaments die Identität dieser Symbole bekannt war, wer immer sie gewesen sein mögen. Sie müssen auch vom Vorrang der ägyptischen Esoterik Kenntnis gehabt haben, da sie sich verschiedene solcher Symbole aneigneten, welche rein ägyptische Begriffe und Glaubenslehren darstellen – ihrer äußeren und inneren Bedeutung nach –, die im jüdischen Kanon nicht zu finden sind. Eines davon ist das Symbol der Wasserlilie in den Händen des Erzengels in den frühzeitlichen Darstellungen seiner Erscheinung vor der Jungfrau Maria; und diese symbolischen Bilder haben sich bis zum heutigen Tag in der Ikonografie der griechischen und römischen Kirche erhalten. Somit liefern Wasser, Feuer, das Kreuz sowie die Taube, das Lamm und andere heilige Tiere in all ihren Kombinationen esoterisch eine übereinstimmende Bedeutung und müssen als eine Verbesserung gegenüber dem reinen und einfachen Judentum angenommen worden sein.

Denn der Lotus und das Wasser gehören zu den ältesten Symbolen und sind in ihrem Ursprung rein arisch, obwohl sie während der Abzweigung der fünften Rasse zum Allgemeingut wurden. Wir wollen ein Beispiel geben. Buchstaben, und genauso gut Zahlen, waren allesamt mystisch, sowohl in ihren Verbindungen als auch einzeln genommen. Der heiligste von allen ist der Buchstabe M. Er ist zugleich weiblich und männlich oder androgyn und dafür vorgesehen, das Wasser, die große Tiefe, in seinem Ursprung zu symbolisieren. Er ist in allen Sprachen, den östlichen und den westlichen, ein mystischer Buchstabe und steht als Glyphe für die Wogen, solcherart: . In der arischen sowie in der semitischen Esoterik stand dieser Buchstabe immer für die Gewässer, z. B. bedeutet Makara – das zehnte Zeichen des Tierkreises – im Sanskrit Krokodil oder vielmehr ein Ungeheuer der Fluten, das immer mit Wasser assoziiert wurde. Der Buchstabe MA entspricht dem und korrespondiert mit der Zahl 5 – welche sich zusammensetzt aus einer Zweiheit, dem Symbol der beiden getrennten Geschlechter, und aus der Dreiheit, dem Symbol des dritten Lebens, dem Nachkommen der Zweiheit. Das wiederum wird häufig durch ein Pentagon symbolisiert, welches ein heiliges Zeichen ist, ein göttliches Monogramm. Maitreya ist der geheime Name des fünften Buddhas und der Kalki Avatara der Brahmanen – der letzte Messias, der am Höhepunkt des großen Zyklus erscheinen wird. Es ist auch der Anfangsbuchstabe der griechischen Metis oder der Göttlichen Weisheit; von Mimra, dem „Wort“ oder Logos; und von Mithras (dem Mihr), der Monade, dem Mysterium. Sie alle werden in und aus der großen Tiefe geboren. Sie sind die Söhne der Maya – der Mutter; in Ägypten Mut, in Griechenland Minerva (Göttliche Weisheit), Maria, oder Miriam, ­Myrrha usw., der Mutter des christlichen Logos, und der Maya, der Mutter Buddhas. Madhava und Madhavi sind die Titel des wichtigsten Gottes und der wichtigsten Göttin des Hindu-Pantheons. Schließlich ist Mandala [SD # 385] im Sanskrit „ein Kreis“ oder eine Scheibe (die zehn Abteilungen des Rigvedas). Generell beginnen die heiligsten Namen in Indien mit diesem Buchstaben – von Mahat, dem ersten geoffenbarten Intellekt, und Mandara, dem großen Berg, welchen die Götter beim Rühren des Ozeans benutzten, bis zur Mandakin, dem himmlischen Ganga (dem Ganges), dem Manu usw. usw.

Wird man das einen Zufall nennen? Dann ist es in der Tat ein seltsamer, wenn wir selbst bei Moses – der im Wasser des Nils gefunden wurde – denselben symbolischen Konsonant in seinem Namen finden. Und die Tochter des Pharao „nannte ihn beim Namen Moses . . . weil,“ sagte sie, „Ich zog ihn aus dem Wasser.“ (Exodus 2,10)103 Außerdem ist der diesen Buchstaben M betreffende hebräische heilige Name Gottes Meborah, der „Heilige“ oder der „Gesegnete“, und das Wasser der Flut heißt M’bul. Eine Erinnerung an die „drei Marien“ bei der Kreuzigung und ihren Zusammenhang mit Mare, dem Meer oder Wasser, mag dieses Beispiel abschließen. Das ist der Grund, warum im Juden- und Christentum der Messias immer im Zusammenhang steht mit dem Wasser, mit der Taufe und auch mit den Fischen (dem im Sanskrit Mina heißenden Tierkreiszeichen) und selbst mit dem Matsya- (Fisch)-Avatara, und mit dem Lotus – dem Symbol des Schoßes oder mit der Wasserlilie, welche dieselbe Bedeutung hat.

In den Relikten des alten Ägyptens finden sich um so häufiger Lotusblüten und Wasser in Verbindung mit den Sonnengöttern, je größer das Alter der ausgegrabenen Weihegegenstände mit ihren Symbolen und Emblemen ist. Der Gott Chnum – die Kraft der Feuchtigkeit – Wasser, über das Thales lehrte, dass es der Ursprung aller Dinge ist, sitzt auf einem Thron, der von einem Lotus umschlossen ist (saïtische Epoche, Serapeum). Der Gott Bes steht auf einem Lotus, bereit, seine Nachkommenschaft zu verschlingen (Ibid., Abydos). Thot, der Gott des Mysteriums und der Weisheit, der heilige Schreiber von Amenti, der die Sonnenscheibe als Kopfschmuck trägt, sitzt mit einem Stierhaupt (der heilige Widder von Mendes ist eine Form von Thot) und einem menschlichen Körper auf einem voll aufgeblühten Lotus (IV. Dynastie). Schließlich ruht die Göttin Hiquet in der Gestalt eines Frosches auf dem Lotus und zeigt so ihre Verbindung mit dem Wasser. Und aus der unpoetischen Gestalt dieses Symbols des Frosches, zweifellos das älteste Symbol ihrer ägyptischen Gottheiten, versuchten die Ägyptologen vergeblich, das Geheimnis und die Funktionen der Göttin zu enthüllen. Die Annahme dieses Symbols in der Kirche durch die ersten Christen zeigt, dass sie es besser kannten als unsere modernen Orientalisten. Die „Frosch- oder Krötengöttin“ war eine der bedeutendsten kosmischen Gottheiten in Verbindung mit der Schöpfung aufgrund ihrer amphibischen Natur und hauptsächlich wegen ihrer scheinbaren Wiederauferstehung nach langen Zeiten einsamen Lebens, während der sie in alten Mauern, in Felsen und dergleichen verehrt wurde. Zusammen mit Chnum hatte sie nicht nur Anteil an der Gestaltung der Welt, sondern sie wurde auch mit dem [SD # 386] Dogma der Auferstehung in Zusammenhang gebracht.104 Es muss eine sehr tiefe und heilige Bedeutung mit diesem Symbol verknüpft gewesen sein, da es die ersten ägyptischen Christen in ihre Kirchen aufnahmen, obwohl sie damit Gefahr liefen, einer widerwärtigen Form der Tierverehrung beschuldigt zu werden. Ein in eine Lotusblüte eingeschlossener Frosch oder eine Kröte, oder lediglich die Lotusblüte selbst, wurde für die Kirchenlampen als Form gewählt, auf welchen die folgenden Worte eingraviert waren: „Ich bin die Auferstehung – “ ᾽Εγώ εἰμι ἀνάστασις”.105 Diese Froschgöttinnen finden sich auch bei sämtlichen Mumien.

§ IX
Der Mond, Deus Lunus, Phoebe

Dieses archaische Symbol ist das poetischste und philosophischste aller Symbole. Die alten Griechen stellten es in den Vordergrund, und die modernen Poeten haben es bis zur Abgedroschenheit abgetragen. Die Königin der Nacht, welche in der Majestät ihres einzigartigen Lichts über den Himmel gleitet, alles in Dunkelheit wirft, selbst Hesperos, und ihren Silbermantel über die gesamte Sternenwelt ausbreitet, war schon immer ein Lieblingsthema aller Dichter der Christenheit, von Milton und Shakespeare herab bis zum letzten Dichterling. Aber die strahlende Lampe der Nacht mit ihrem Gefolge unzähliger Sterne regte nur die Fantasie der Profanen an. Bis vor Kurzem hatten Religion und Wissenschaft mit dem schönen Mythos nichts zu tun. Doch der kalte, keusche Mond, in den Worten Shelleys –

. . . . „Der Du all’ verschönst, was dein Lächeln trifft,
Wandernder Schrein der sanften, eis’gen Flamm’,
Immer gewandelt, doch immer derselb’,
Der nicht wärmt, jedoch erleuchtet.” . . . .

steht in engerer Beziehung zur Erde als alle anderen Gestirne. Die Sonne ist der Lebensspender für das ganze Planetensystem. Der Mond ist der Lebensspender für unseren Globus, und die frühen Rassen verstanden und wussten das, selbst in ihrer Kindheit. Er ist die Königin, und er ist der König. Er war König Soma, bevor er in Phoebe und die keusche Diana umgewandelt wurde. Vor allem war er durch die mosaischen und kabbalistischen Juden die Gottheit der Christen, wenn diese Tatsache der zivilisierten Welt auch lange unbekannt geblieben sein mag. Tatsächlich war er das immer, seitdem [SD # 387] der letzte initiierte Kirchenvater die Geheimnisse der heidnischen Tempel mit ins Grab genommen hatte. Für solche „Väter“ – wie Origenes oder Clemens von Alexandria – war der Mond Jehovahs lebendiges Symbol, der Lebens- und der Todesspender, der Daseinsspender – in unserer Welt. Denn wenn Artemis Luna am Himmel und bei den Griechen Diana auf der Erde war, die über die Geburt der Kinder und das Leben wachte, so war sie bei den Ägyptern Hekat (Hekate) in der Hölle, die Göttin des Todes, die Beherrscherin der Magie und der Zaubereien. Mehr als das: Als der personifizierte Mond, dessen Erscheinungen dreifältig sind, ist Diana-Hekate-Luna die Drei in Einem. Denn sie ist die Diva triformis, tergemina triceps – drei Häupter auf einem Hals106, wie Brahmâ-Vishnu-Shiva. Daher ist sie die Urform unserer Dreieinigkeit, die nicht immer ausschließlich männlich gewesen ist. Die Zahl sieben, die in der Bibel eine so hervorragende Rolle spielt und im siebten Tag (Sabbat) so geheiligt wird, kam aus dem Altertum zu den Juden und hatte ihren Ursprung in der vierfältigen Zahl 7, die in den 28 Tagen des Mondmonats enthalten ist, wobei jeder siebenfältige Teil davon durch ein Viertel des Mondes dargestellt wird.

Es ist in diesem Werk die Mühe wert, aus der Vogelschau einen Blick auf den Ursprung und die Entwicklung des Mondmythos und der Mondverehrung auf unserer Seite des Globus im historischen Altertum zu werfen. Ihren früheren Ursprung kann die exakte Wissenschaft nicht zurückverfolgen, die sämtliche Überlieferungen zurückweist; für die Theologie jedoch, welche unter der Führung der schlauen Päpste jedes Bruchstück der Literatur brandmarkte, das nicht die Imprimatur der römischen Kirche trug, ist ihre archaische Geschichte ein Buch mit sieben Siegeln. Ob die ägyptische oder die arisch-indische Religionsphilosophie die ältere ist – die Geheimlehre hält die Letztere für älter – tut in diesem Fall nicht viel zur Sache, da die Mond- und Sonnen-„Verehrung“ die ältesten Verehrungen der Welt darstellen. Beide haben überlebt und treten bis zum heutigen Tag auf der ganzen Welt auf, bei einigen offen, bei anderen – d. h. in der christlichen Symbologie – verborgen. Die Katze, ein lunares Symbol, war der Isis geweiht, die in einem Sinn der Mond selbst war, so wie Osiris die Sonne war. Die Katze findet sich oft am Kopf des Sistrums in der Hand der Göttin. Dieses Tier wurde in der Stadt Bubastis tief verehrt, die nach dem Tod jeder heiligen Katze in tiefe Trauer verfiel, weil in dieser Stadt der Mysterien Isis als der Mond besonders verehrt wurde. Die astronomische Symbolik im Zusammenhang damit wurde bereits in Teil I, „Symbolik“, gegeben, und niemand hat sie besser beschrieben als Gerald Massey in seinen „Lectures“ und in „The Natural Genesis“. Das Auge der Katze, heißt es, scheint den zu- und abnehmenden Mondphasen zu folgen, und ihre Augäpfel leuchten wie zwei Sterne in der Dunkelheit der Nacht. Daher stammt die mythologische Allegorie, die Diana sich in der Gestalt einer Katze im Mond verbergen lässt, als sie in der Gesellschaft anderer Gottheiten der Verfolgung durch Typhon [SD # 388] zu entkommen versuchte (siehe Ovids „Metamorphosen“). Der Mond war in Ägypten beides, das „Auge des Horus“ und das „Auge des Osiris“, der Sonne.

Dasselbe gilt für den Kynokephalen. Der hundsköpfige Affe war eine Glyphe, die symbolhaft abwechselnd Sonne und Mond darstellte, obwohl Kynokephalos eher ein hermetisches als ein religiöses Symbol ist. Denn er ist die Hieroglyphe Merkurs, des Planeten, und des Merkurs der alchemistischen Philosophen, die sagen: „Merkur muss sich immer in der Nähe von Isis befinden, als ihr Diener, denn ohne Merkur können weder Isis noch Osiris irgendetwas in dem Grossen Werk vollbringen.“ Sobald Kynokephalos zusammen mit dem Caduceus abgebildet wird, mit dem Halbmond, oder mit dem Lotus, ist er die Glyphe des „philosophischen“ Merkurs; ist er jedoch mit einem Schilfrohr oder einer Pergamentrolle zu sehen, steht er für Hermes, den Sekretär und Ratgeber der Isis, wie Hanuman, der dasselbe Amt für Rama ausfüllte.

Obwohl die regulären Sonnenverehrer, die Parsen, nicht zahlreich sind, ist nicht nur der Hauptteil der indischen Mythologie und Geschichte auf diesen beiden Kulten aufgebaut und mit ihnen verwoben, sondern auch die christliche Religion selbst. Von ihrem Ursprung an bis zum heutigen Tag hat dieser Kult die Theologien der römisch-katholischen und der protestantischen Kirchen gefärbt. Die Unterschiede zwischen den arisch-indischen und den arisch-europäischen Glaubensbekenntnissen sind in der Tat unbedeutend, wenn lediglich die grundlegenden Ideen der beiden in Betracht gezogen werden. Die Hindus nennen sich selbst mit Stolz vor allem Suryas und Chandravamshas (Nachkommen der solaren und lunaren Dynastien). Die Christen betrachten dies vorgeblich als Götzendienst, und doch hängen sie selbst einer Religion an, die gänzlich auf der Sonnen- und Mondverehrung beruht. Es ist nutzlos und eitel von den Protestanten, sich wegen ihres „Marienkults“ über die römischen Katholiken zu ereifern, der auf dem alten Kult der Mondgöttinnen beruht, solange sie selbst Jehovah verehren, der in der Hauptsache ein lunarer Gott ist, und wenn beide Kirchen in ihren Theologien den „Sonnen“-Christus und die lunare Dreieinigkeit angenommen haben.

Sehr wenig ist über die chaldäische Mondverehrung des babylonischen Gottes Sin bekannt, der von den Griechen „Deus Lunus“ genannt wurde. Dieses Wenige ist geeignet, den profanen Schüler in die Irre zu führen, dem es nicht gelingt, die esoterische Bedeutung der Symbole zu erfassen. Wie es den alten profanen Philosophen und Schriftstellern landläufig bekannt war (denn die Initiierten unter ihnen waren zum Stillschweigen verpflichtet), verehrten die Chaldäer den Mond unter seinen (und ihren) verschiedenen Namen, ebenso wie die Juden, die nach ihnen kamen.

In dem bereits erwähnten unveröffentlichten Manuskript über die Kunst­sprache, welches einen Schlüssel zur Bildung der alten (symbolischen) Sprache enthält, wird eine logische Begründung für die Existenzberechtigung dieser doppelten Verehrung vorgebracht. Es wurde von einem ausgesprochen gut unterrichteten und scharfsinnigen Gelehrten und Mystiker verfasst, der sie in der umfassenden Form einer Hypothese wiedergibt. Letztere wird jedoch in der Geschichte der religiösen [SD # 389] Entwicklung des menschlichen Denkens für jeden, der jemals auch nur einen schwachen Einblick in das Geheimnis der alten Symbologie erhalten hat, zwangsläufig zu einer erwiesenen Tatsache. Er sagt also:

„Eine der ersten Beschäftigungen der Menschen, die zu den tatsächlich notwendigen gehörte, dürfte die Wahrnehmung von Zeitperioden betreffen107, die dem gewölbten Himmelsbogen eingeschrieben sind, der sich über den ebenen Grund des Horizonts oder die Ebene des ruhenden Wassers erhebt. Diese beträfen Tag und Nacht, die Mondphasen, dessen siderische und synodische Umläufe sowie die Periode des Sonnenjahrs mit den wiederkehrenden Jahreszeiten, sowie die Anwendung solcher Perioden auf das natürliche Maß von Tag und Nacht oder dem in den lichten und den dunklen Anteil geteilten Tag. Es würde ebenso entdeckt werden, dass es im Zeitraum eines Sonnenjahres einen längsten und einen kürzesten Sonnentag gibt, sowie zwei Sonnentage mit gleich langen Tag- und Nachtzeiten; und im Jahreslauf könnten deren Punkte mit der größten Genauigkeit in den Sterngruppen des Himmels oder in den Konstellationen registriert werden, welche einer rückläufigen Bewegung unterworfen sind, was mit der Zeit eine Korrektur durch einen Einschub erforderlich machen würde, was auch bei der Beschreibung der Flut der Fall war, wo 150 Tage zur Korrektur eines 600 Jahre umfassenden Zeitraums eingefügt wurden, über dessen Landmarken immer mehr Konfusion herrschte. . . . Das könnte natürlich geschehen . . . . bei allen Rassen und zu allen Zeiten; und man muss davon ausgehen, dass solche Kenntnisse der menschlichen Rasse angeboren waren, vor der von uns als historische Periode bezeichneten Zeit. . . .“

Auf dieser Grundlage sucht der Verfasser nach einer natürlichen physischen Funktion, welche sich in der gesamten menschlichen Rasse manifestiert und mit den periodischen Manifestationen in Zusammenhang steht, so dass „sich die Verbindung zwischen den beiden Arten von Phänomenen . . . im volkstümlichen Gebrauch fixierte“. Er findet das in (a) den Erscheinungen der weiblichen Physiologie, die sich jeden Mondmonat mit 28 Tagen oder alle 4 Wochen mit je 7 Tagen wiederholen, sodass in 364 Tagen 13 Wiederholungen dieser Periode stattfinden, die dem solaren Wochenjahr von 52 Wochen mit je 7 Tagen entsprechen. (b) Die erste Bewegung des Fötus findet in einem Zeitraum von 126 Tagen oder 18 Wochen mit je 7 Tagen statt. (c) Der Zeitraum bis zur sogenannten „Lebensfähigkeit“ beträgt 210 Tage oder 30 Wochen mit je 7 Tagen. (d) Der Zeitraum bis zur Entbindung wird in 280 Tagen vollendet oder in 40 Wochen mit je 7 Tagen oder in 10 Mondmonaten mit je 28 Tagen oder in 9 Kalendermonaten mit je 31 Tagen, wobei das Maß für die Übergangsperiode von der Finsternis des Mutterschoßes zum Licht und zur Herrlichkeit des bewussten Daseins, dieses immerwährenden, unergründlichen Geheimnisses und Wunders, vom königlichen Bogen des Himmels abgenommen wurde . . . Die Wirkungsweisen der die Geburtsfunktion betreffenden beobachteten Zeitperioden würden daher auf natürliche Weise zur Grundlage astronomischer Berechnungen werden . . . Wir können annähernd bestätigen, . . . dass die Berechnungen bei allen Nationen auf diese Weise angestellt wurden, entweder unabhängig, intermediär oder indirekt durch Unterricht. Die Hebräer verfuhren auf diese Weise, denn bis heute berechnen sie den Kalender mithilfe der 354 oder 355 Tage des Mondjahrs, und wir besitzen ein besonderes Zeugnis dafür, dass das auch die Vorgehensweise der alten Ägypter war, was wie folgt zu beweisen ist:

[SD # 390] Die der Religionsphilosophie der Hebräer zugrundeliegende Idee war, dass Gott alle Dinge in sich enthalte108 und dass der Mensch sein Abbild sei, der Mensch einschließlich der Frau . . . Die Position, welche bei den Hebräern Mann und Frau einnahmen, hatten bei den Ägyptern Stier und Kuh inne, Osiris und Isis geweiht,109 die dementsprechend durch einen Mann mit einem Stierkopf und durch eine Frau mit einem Kuhhaupt dargestellt und als Symbole verehrt wurden. Bekanntlich war Osiris die Sonne und der Fluss Nil und das tropische Jahr von 365 Tagen, wobei diese Zahl dem Wert des Wortes Neilos entspricht und dem Stier, da er auch das Prinzip des Feuers und der Leben spendenden Kraft war, wohingegen Isis für den Mond stand, das Flussbett des Nils oder Mutter Erde wegen der Leben spendenden Kräfte, für die Wasser eine notwendige Voraussetzung war. Dann das Mondjahr von 354–364 Tagen, der Zeitmesser der Schwangerschaftsperiode, und die Kuh, die durch oder mit der Sichel des Neumonds gekennzeichnet war. . . .

Die Ägypter verwendeten die Kuh anstelle der Frauen der Hebräer; damit wurde nicht irgendein radikaler Bedeutungsunterschied beabsichtigt, sondern vielmehr eine Übereinstimmung der Lehre und lediglich der Ersatz eines Symbols von gemeinsamer Bedeutung, namentlich wurden die Dauer der Tragzeit der Kuh und der Schwangerschaft der Frau mit 280 Tagen oder zehn Mondmonaten zu je 4 Wochen für gleich lang angenommen. Und in dieser Zeitdauer bestand der wesentliche Wert dieses Tiersymbols, dessen Zeichen die zunehmende Mondsichel war110 . . . Diese Schwangerschafts- und Naturperioden sind auf der ganzen Welt Gegenstand der Symbolik. Sie wurden somit von den Hindus verwendet und finden sich höchst eindeutig dargelegt bei den alten Amerikanern auf den Richardson- und Gest-Tafeln im Palenque-Kreuz; und sie stellen offenbar auch die Grundlage für die Entwicklung der Kalenderformen der Maya von Yukatan, der Inder, der Assyrer und der alten Babylonier so gut wie der Ägypter und der alten Hebräer. Die natürlichen Symbole . . . wären entweder der Phallus oder der Phallus und die Yoni, . . . oder das Männliche und das Weibliche. In der Tat sind die im 27. Vers des ersten Kapitels der Genesis durch den verallgemeinernden Ausdruck mit männlich und weiblich übersetzten Worte . . . sacr` und n´cabrah oder wortwörtlich Phallus und Yoni111, während die Darstellung der phallischen Embleme kaum auf die genitalen Glieder des menschlichen Körpers verweisen könnten, wenn ihre Funktionen und die von ihnen hervorgebrachten Samenbläschen betrachtet würden; dann ergäbe sich ein Anhaltspunkt für eine Weise, Mondzeiten zu ermitteln und über die Mondzeiten dann Sonnenzeiten.“ . . .

Das ist der physiologische oder anthropologische Schlüssel zum Mond­symbol. Der das Geheimnis der Theogonie oder Evolution der manvantarischen Götter eröffnende Schlüssel ist komplizierter und enthält nichts Phallisches in sich. Alles dort ist mystisch und göttlich. Abgesehen davon, dass die Juden Jehovah unmittelbar mit dem Mond als einem Zeugungsgott in Verbindung brachten, zogen sie es vor, die höheren Hierarchien zu ignorieren und einige von ihnen (Tierkreiskonstellationen und planetarische Götter) zu ihren Patriarchen zu machen und so die [SD # 391] rein theosophische Idee zu euhemerisieren und auf das Niveau der sündigen Menschheit herabzuziehen (siehe Abschnitt „Das Allerheiligste“ in der „Symbolik“ des II. Bandes). Das Manuskript, aus dem das Obige herausgezogen wurde, erklärt sehr deutlich, welcher Hierarchie von Göttern Jehovah angehört und wer dieser jüdische Gott war; es zeigt in klarer Sprache das auf, worauf die Verfasserin immer bestanden hat – nämlich dass der Gott, mit dem sich die Christen belastet haben, nichts Besseres war als das lunare Symbol der Vermehrungs- und Zeugungsfähigkeit in der Natur. Sie ignorierten selbst den hebräischen Geheimgott der Kabbalisten aus den frühesten kabbalistischen und mystischen Konzepten, Ain Soph, eine so großartige Vorstellung wie die über Parabrahman. Aber die Kabbala Rosenroths kann niemals die wahren ursprünglichen Lehren Schimon ben Jochais wiedergeben, die so metaphysisch und philosophisch waren, wie sie nur sein konnten. Und wie viele Schüler der Kabbala gibt es, die mehr darüber wussten als ihre entstellten lateinischen Übersetzungen enthielten? Werfen wir einen Blick auf die Idee, welche die alten Juden dahin führte, für das ewig Unerkennbare einen Ersatz anzunehmen und die Christen dahingehend in die Irre zu führen, dass sie diesen Ersatz für die Wirklichkeit hielten.

Wenn diesen Organen (Phallus und Yoni) als Symbolen schöpferischer kosmischer Kräfte die Vorstellung von . . . . Zeitperioden zugeordnet werden kann, dann sollte in der Tat bei der Konstruktion der Tempel als Wohnungen der Gottheit oder Jehovahs der zum Allerheiligsten oder zum hochheiligsten Platz bestimmte Teil seinen Ehrentitel von der anerkannten Heiligkeit der Zeugungsorgane herleiten, die als Symbole sowohl für die Maße als auch für die schöpferische Ursache betrachtet wurden.“

Bei den alten Weisen existierte kein Name und keine Vorstellung und kein Symbol einer Ersten Ursache.112 Bei den Hebräern war die indirekte Vorstellung davon in einem negierenden Verständnis formuliert, nämlich Ain Soph oder Der-ohne-Grenzen. Aber das Symbol seiner ersten erfassbaren Manifestation war die Vorstellung eines Kreises mit seiner Durchmesserlinie . . . . (siehe Vorwort zu Band I, Teil I), um gleichzeitig eine geometrische, eine phallische und eine astronomische Vorstellung zu vermitteln . . . . denn die Eins hat ihren Ursprung in der Null oder dem Kreis, ohne den sie nicht sein könnte. Und aus der Eins oder ursprünglichen Eins entspringen die neun Ziffern und geometrisch alle Flächen. So ist in der Kabbala dieser Kreis mit seiner Durchmesserlinie das Bild der zehn Sephiroth oder Emanationen, welche Adam Kadmon oder den archetypischen Menschen zusammensetzen, den schöpferischen Ursprung aller Dinge. . . . . Diese Vorstellung, den Kreis und seinen Durchmesser miteinander zu verbinden, d. h. die für die Fortpflanzungsorgane stehende Zahl zehn und den allerheiligsten Ort, wurde mit der Königskammer oder dem Allerheiligsten der Großen Pyramide konstruktiv ausgeführt, im Tabernakel des Moses und im Allerheiligsten in Salomons Tempel. . . . . Es ist das Bild eines doppelten Schoßes, denn im Hebräischen ist der Buchstabe ה gleichzeitig die Zahl 5 und das Symbol des Schoßes, und zweimal 5 ist 10 oder die phallische Zahl.“

Dieser „doppelte Schoß“ zeigt auch die Dualität der Vorstellung, die von [SD # 392] der höchsten spirituellen bis zur tiefsten oder irdischen Ebene herabgeführt und von den Juden auf Letztere beschränkt wurde. Aus diesem Grund erlangte bei ihnen die Zahl 7 den herausragendsten Platz in ihrer exoterischen Religion, einem Kult äußerlicher Formen und leerer Rituale; wie zum Beispiel ihr Sabbat, der siebte Tag, der ihrer Gottheit, dem Mond, als Symbol des generativen Jehovah geweiht war. Bei anderen Nationen stand die Zahl sieben jedoch typischerweise für die theogonische Evolution, für Zyklen, kosmische Ebenen und für die sieben Kräfte und okkulten Mächte des Kosmos als einem schrankenlosen Ganzen, dessen erstes, oberes Dreieck für den endlichen Verstand des Menschen unerreichbar war – während also andere Nationen sich in ihrer gewaltsamen Begrenztheit des Kosmos in Zeit und Raum lediglich mit seiner siebenfältigen manifestierten Ebene beschäftigten, zentrierten die Juden diese Zahl einzig und allein auf den Mond und gründeten darauf alle ihre heiligen Berechnungen. Deshalb die Anmerkung des aufmerksamen Verfassers des eben angeführten Manuskripts in Bezug auf die Metrologie der Juden: „Wird 20.612 mit 4/3 multipliziert, ergibt das Produkt eine Basis zur Bestimmung der exakten Zeitdauer der mittleren Mondumlaufzeit, und wenn dieses Produkt erneut mit 4/3 multipliziert wird, stellt dieses weitere Produkt eine Basis zur exakten Bestimmung des mittleren solaren Jahres zur Verfügung, . . . diese Form . . . leistet sehr große Dienste bei der Bestimmung astronomischer Zeitperioden.“ Diese doppelte (männliche und weibliche) Zahl wird auch durch einige wohlbekannte Götterbilder symbolisiert, z. B. „Ardhana-Iswara, die Isis der Hindus, Eridanus oder Ardan oder den hebräischen Jordan oder den Ursprung des Abstiegs. Sie steht auf einem auf dem Wasser schwimmenden Lotusblatt. Aber die Bedeutung ist, dass es androgyn oder hermaphroditisch ist, dass Phallus und Yoni vereint sind, die Zahl 10, der hebräische Buchstabe Jod י, die Eingrenzung Jehovahs. Sie, oder vielmehr sie-er, markiert auf demselben 360 Grad umfassenden Kreis die Minuten.“

In seinem besten Aspekt ist „Jehovah“ Binah, „die obere vermittelnde Mutter, das große Meer oder der Heilige Geist“, und daher vielmehr ein Synonym für Maria, die Mutter Jesu, als für seinen Vater. Diese „Mutter, die das lateinische Mare ist“, das Meer, ist hier also auch Venus, die Stella del Mare oder der „Meeresstern“.

Die Vorfahren der geheimnisvollen Akkadier – die Chandra- oder Indovansas, die Mondkönige, deren Überlieferung sie lange vor unserer Zeit über Prayaga (Allahabad) regieren lässt – waren aus Indien gekommen und hatten die Verehrung ihrer Vorväter für das Soma und seinen Sohn Budha mitgebracht, welche später auch von den Chaldäern verehrt wurden. Eine solche Anbetung, weit entfernt von volkstümlicher Sternen- und Sonnenverehrung, stellt jedoch in keinem Sinn einen Götzendienst dar. Auf jeden Fall nicht mehr als die moderne römisch-katholische Symbolik, welche die Jungfrau Maria – die Magna Mater der Syrer und Griechen – mit dem Mond in Verbindung bringt.

Auf diese Verehrung sind die frömmsten der römischen Katholiken sehr stolz [SD # 393] und bekennen sich laut zu ihr. In einem Mémoire an die französische Akademie sagt der Marquis de Mirville:

„Es ist nur natürlich, als eine unbewusste Weissagung, dass Amun-Re der Gemahl seiner Mutter sein sollte, da die Magna Mater der Christen genau die Gattin des Sohnes ist, den sie empfängt. . . . Wir (Christen) können jetzt verstehen, warum Neith ihre Strahlen auf die Sonne wirft und doch der Mond bleibt, da die Jungfrau, welche die Himmelskönigin ist, wie es auch Neith war, sich selbst in ihren Glanz hüllt und ihrerseits die Christus-Sonne bekleidet.“ „Tu vestis solem et te sol vestit“ . . . wie die römischen Katholiken in ihrem Gottesdienst singen, und er fügt hinzu:

„Wir (Christen) verstehen auch, warum die berühmte Inschrift zu SaÏs lauten sollte, dass ‘noch niemals jemand meinen Schleier (peplum) gelüftet hat’, wenn wir in Betracht ziehen, dass dieser Satz, wörtlich übersetzt, die Zusammenfassung dessen ist, was in der Kirche am Tag der unbefleckten Empfängnis gesungen wird.“ („Archaeology of the Virgin Mother“, S. 117)

Sicherlich könnte nichts aufrichtiger sein als das! Es rechtfertigt vollständig, was Gerald Massey in seiner Vorlesung über „Luniolatry: Ancient and Modern“ sagte:

„Dem Mann im Mond (Osiris-Sut, Jehovah-Satan, Christus-Judas und andere lunare Zwillinge) wird oft schlechtes Benehmen unterstellt. . . . In Bezug auf die lunaren Phänomene stellte sich der Mond geschlechtlich als zweifältig und in Bezug auf den Charakter als dreifältig dar – als Mutter, Kind und erwachsener Mann. Auf diese Weise wurde das Kind des Monds der Gatte seiner eigenen Mutter! Das ließ sich überhaupt nicht vermeiden, wenn irgendeine Art von Fortpflanzung eine Rolle spielen sollte. Er wurde dazu gezwungen, sein eigener Vater zu sein! Diese Verwandtschaftsbeziehungen wurden von der späteren Soziologie zurückgewiesen und der ursprüngliche Mann im Mond zum Tabu erklärt. Und dennoch wurde genau das in seiner letzten, unverständlichsten Phase zur Hauptlehre des gröbsten Aberglaubens, den die Welt je gesehen hat, denn diese Mondphänomene und ihre menschlich dargestellten Wechselbeziehungen, bis hin zur Blutschande, sind exakt die Grundlage der christlichen Dreiheit in der Einheit. Durch die Unkenntnis der Symbolik wurde die einfache Darstellung der Frühzeit zum tiefsten religiösen Geheimnis der modernen Mondverehrung. Ohne sich des Beweises auch nur im Mindesten zu schämen, porträtiert die römische Kirche die in die Sonne gehüllte Jungfrau Maria mit dem sichelförmigen Mond zu ihren Füßen, das Mondkind in ihren Armen haltend – als Kind und Gatten des mütterlichen Mondes! Mutter, Kind und erwachsener Mann sind fundamental.

Auf diese Art kann bewiesen werden, dass unsere Christologie eine mumifizierte Mythologie und märchenhafte Sage ist, die uns sowohl im Alten wie auch im Neuen Testament als göttliche Offenbarung, als von der Stimme Gottes selbst verkündet angedreht wurde.“

Im „Zohar“ ist eine reizende Allegorie zu finden, die den wahren Charakter Jehovahs oder YHVH in der ursprünglichen Vorstellung der hebräischen Kabbalisten besser als alles andere enthüllt. Sie findet sich heute in der Philosophie der von Isaac Myer übersetzten Kabbala von ibn Gabirol. Unser Verfasser sagt: „In der von R. ‘Hiz’qee-yah geschriebenen Einleitung, die sehr alt ist und einen Teil unserer Brody-Ausgabe des „Zohar“ bildet (I, 5b ff.), findet sich ein Bericht über eine von Rabbi Eleazar, Sohn des Rabbi Schimon ben Jochai, zusammen mit Rabbi Abba unternommene Reise. Sie trafen einen Mann, der eine schwere Last trug und fragten ihn nach seinem Namen; er aber weigerte sich, ihn zu nennen und fuhr fort, ihnen die Thora [SD # 394] (das Gesetz) zu erklären. Sie fragten: ‘Wer veranlasste dich, solcherart zu wandeln und eine so schwere Last zu tragen?’ Er antwortete: ‘Der Buchstabe י, (Yod, das 10 entspricht und Kether symbolisiert und die Essenz und der Keim des Heiligen Namens ist הוהי YHVH).’ . . . . Sie sagten zu ihm. ‘Wenn du uns den Namen deines Vaters nennen willst, so werden wir den Staub deiner Füße küssen.’ Er erwiderte: ‘Was meinen Vater anbelangt, so hatte er seine Wohnung in der Großen See und war ein Fisch darin (wie Vishnu und Dagon oder Oannes), ‘welcher (zuerst) die Große See zerstörte . . . . . und er war groß und mächtig und „der Alte der Tage“, bis dass er alle anderen Fische in der (Großen) See verschlang.‘ . . . Rabbi Eleazar hörte zu und sprach zu ihm: ‘Du bist der Sohn der Heiligen Flamme, du bist der Sohn von Rab Ham-’nun-ah Sabah [der Alte: Fisch ist im Aramäischen oder Chaldäischen nun (noon)], du bist der Sohn des Lichts der Thora.“ (Dharma) usw. Dann erklärt der Verfasser, dass Binah, die weibliche Sephira, von den Kabbalisten die Große See genannt wird. Daher ist Binah, deren göttliche Namen Jehovah, Yah und Elohim lauten, ganz einfach die chaldäische Tiamat, die weibliche Kraft, die Thalatta des Berossos, welche dem Chaos vorsteht; später wurde sie von der christlichen Theologie zur Schlange und zum Teufel erklärt. Er-Sie (Yah-hovah) ist das Überirdische (He und Eva). Dieses Yah-hovah nun, oder Jehovah, ist identisch mit unserem Chaos – Vater, Mutter, Sohn – auf der materiellen Ebene und in der rein physischen Welt. Gleichzeitig Demon und Deus; Sonne und Mond, Gutes und Böses, Gott und Dämon.

Lunarer Magnetismus erzeugt Leben, erhält und zerstört es, sowohl psychisch als auch physisch. Und wenn er astronomisch einer der sieben Planeten der Alten Welt ist, so ist er in der Theogonie einer ihrer Regenten, bei den Christen jetzt ebenso wie bei den Heiden, indem die Ersteren unter dem Namen eines ihrer Erzengel auf ihn Bezug nehmen und die Letzteren unter dem eines ihrer Götter.

Daher ist die Bedeutung des „Märchens“ leicht zu verstehen, das Chwolson aus einer alten chaldäischen Handschrift ins Arabische übertrug, worin Qu-tamy vom Idol des Mondes unterrichtet wird (siehe Buch III). Seldenus verrät uns das Geheimnis, ebenso wie Maimonides („More Nevochim“, Buch III, Kap. xxx). Die Verehrer der Teraphim (der jüdischen Orakel) „erschufen Bildnisse und behaupteten, dass dadurch, dass das Licht der Hauptsterne (Planeten) dieselben durch und durch durchdringe, die engelhaften Tugenden (oder die Herrscher der Sterne und Planeten) mit ihnen verkehrten und sie viele höchst nützliche Dinge und Künste lehrten.“ Und Seldenus erklärt, dass die Teraphim nach der Stellung gewisser Planeten geschaffen und entworfen wurden, welche die Griechen στοιχεῖα nannten, sowie nach Himmelsgestalten, ἀλεξητῆροι oder Schutzgötter genannt. Jene, welche die στοιχεῖα absteckten, wurden στοιχειωματιχοὶ genannt oder die Wahrsager der στοιχεῖα („De Diis Syriis, Teraph“, II, Synt. S. 31) vide infra die Teraphim.

Derartige Sätze im „Nabatäischen Landbau“ [SD # 395] entsetzten jedoch die Wissenschaftler und veranlassten sie zu erklären, das Werk sei „entweder eine Apokryphe oder ein Märchen und der Beachtung eines Akademikers nicht würdig“. Wie gezeigt wurde, rissen gleichzeitig eifrige römische Katholiken und auch Protestanten diese Überlieferung in Stücke, bildlich gesprochen; die Ersteren, weil „sie die Anbetung von Dämonen beschreibe“, die Letzteren weil sie „gottlos“ sei. Wieder einmal haben alle Unrecht. Diese Überlieferung ist kein Märchen; und was die frommen Kirchenleute angeht, lässt sich diesselbe Anbetung in den Schriften nachweisen, wie sehr sie auch durch die Übersetzung entstellt sein mag. Sonnen- und Mondverehrung sowie die Verehrung der Sterne und Elemente lässt sich in der christlichen Theologie nachweisen und spielt darin ihre Rolle; das wird von den Papisten verteidigt, und die entschiedene Verleugnung durch die Protestanten kann deshalb lediglich auf eigenes Risiko und Rechnung erfolgen. Zwei Beispiele mögen gegeben werden.

Ammianus Marcellinus lehrt, dass die alten Weissagungen immer mit der Unterstützung der Geister der Elemente, „Spiritus elementorum, und im Griechischen πνεύματα τῶν στοιχείων“, vollbracht wurden (1, I, 21).

Nun findet sich aber, dass die Planeten, die Elemente und der Tierkreis nicht nur in Heliopolis mittels der als „Geheimnisse der Elemente“, elementorum arcana, bezeichneten zwölf Steine dargestellt wurden, sondern auch in Salomons Tempel, und nach Hinweisen unterschiedlicher Schriftsteller auch in verschiedenen alten italienischen Kirchen, selbst in Notre Dame de Paris, wo sie bis zum heutigen Tag zu sehen sind.

Kein Symbol – die Sonne eingeschlossen – war in seinen vielfältigen Bedeutungen komplizierter als das des Mondes. Das Geschlecht war natürlich dual. Bei einigen war es männlich, z. B. der hinduistische „König Soma“ und der chaldäische Sin; bei anderen Nationen war es weiblich, die schönen Göttinnen Diana-Luna, Ilithyia, Lucina. Auf Tauris wurden Artemis, einer Form der Mondgöttin, menschliche Schlachtopfer dargebracht; die Kreter nannten sie Diktynna und die Meder und Perser Anaïtis, wie eine Inschrift bei Koloé zeigt: ᾽Αρτέμιδι ᾽Ανάειτι. Aber wir haben es jetzt hauptsächlich mit der keuschesten und reinsten der jungfräulichen Göttinnen zu tun, mit Luna-Artemis, welcher Pamphos als Erster den Beinamen Καλλίστη gab und über die Hippolytos schrieb: Καλλίστα πολὺ παρθενῶν (siehe „Pausanias“, viii, 35, 8). Diese Artemis Lochia, die der Empfängnis und Geburt vorstehende Göttin („Iliad“, „Pausanias“ etc. etc.), ist in ihren Funktionen und als die dreifache Hekate, die orphische Gottheit, die Vorläuferin des Gottes der Rabbiner und der vorchristlichen Kabbalisten, und sie ist sein lunarer Typus. Die Göttin Τρίμορφος war das personifizierte Symbol der verschiedenen aufeinanderfolgenden Erscheinungen, welche in ihren drei Phasen durch den Mond repräsentiert wurden; und diese Auslegung war bereits den Stoikern zu eigen („Cornut.“, De Nat. D. 34, 1), während die Orphiker den Beinamen (Τρίμορφος) mit den drei Naturreichen erklärten, über die sie herrschte. Eifersüchtig, blutdürstig, rachsüchtig und anspruchsvoll ist Hekate-Luna ein würdiges Gegenbild zum „eifersüchtigen Gott“ der hebräischen Propheten.

[SD # 396] Das ganze Rätsel der Sonnen- und Mondverehrung, wie es jetzt in den Kirchen nachgewiesen wird, beruht in der Tat auf diesem weltalten Geheimnis der Monderscheinungen. Die für die moderne Wissenschaft verborgen liegenden, sich aber für die Erkenntnis der östlichen Adepten in voller Tätigkeit befindenden und untereinander in Wechselbeziehungen stehenden Kräfte der „Königin der Nacht“ erklären wohl die tausendundein Bilder, in welchen der Mond bei den Alten dargestellt wurde. Das zeigt auch, wie viel gelehrter die Alten in Bezug auf die Mondmysterien waren als heute unsere modernen Astronomen. Das ganze Pantheon der lunaren Götter und Göttinnen, Nephtys oder Neith, Proserpina, Melitta, Kybele, Isis, Astarte, Venus und Hekate auf der einen Seite, und Apolle, Dionysos, Adonis, Bacchus, Osiris, Atys, Tammuz etc. auf der anderen, zeigen allesamt dem Anschein ihrer Namen und Titel nach – „Söhne“ und „Gatten“ ihrer „Mütter“ – ihre Wesensgleichheit mit der christlichen Dreieinigkeit. In allen religiösen Systemen wurden die Funktionen der Götter als Vater, Sohn und Gatte in eine einzige verschmolzen, und die Göttinnen wurden als „Weib, Mutter und Schwester“ des männlichen Gottes identifiziert; die Ersteren fassten die menschlichen Attribute zusammen zur „Sonne, dem Lebensspender“, die Letzteren versenkten alle anderen Titel in die große, als Maïa, Maya, Maria etc. bekannte Synthese, welche einen Gattungsnamen darstellt. Durch eine aufgezwungene Ableitung erhielt Maïa bei den Griechen die Bedeutung von „Mutter“, von der Wurzel ma (Amme), und gab ihren Namen sogar dem Monat Mai, der allen diesen Göttinnen geweiht war, bevor das nur noch für Maria galt.113 Ihre ursprüngliche Bedeutung jedoch war Maya, Durga, von den Orientalisten als die „Unnahbare“ übersetzt, während die wirkliche Bedeutung die „Unerreichbare“ ist, im Sinn von Täuschung und Unwirklichkeit; als die Quelle und Ursache der Zauberwerke, die Personifizierung der Illusion.

In religiösen Bräuchen diente der Mond einem doppelten Zweck. Als weibliche Göttin personifiziert diente er exoterischen Zwecken. Als männlicher Gott in Allegorie und Symbol personifiziert wurde unser Satellit in der okkulten Philosophie als geschlechtslose Kraft betrachtet, die eingehend studiert werden musste, da man sich vor ihr zu fürchten hatte. Bei den initiierten Ariern, Chaldäern, Griechen und Römern repräsentierten sie die okkulten Kräfte des Monds: Soma, Sin, Artemis Soteira (der hermaphroditische Apollo, dessen Attribut die Leier ist, und die bärtige Diana mit Pfeil und Bogen), Deus Lunus und insbesondere Osiris-Lunus und Thot-Lunus114. Aber einerlei ob männlich oder weiblich, ob Thot oder Minerva, Soma oder Astoreth, ist der Mond das verborgene Geheimnis der Geheimnisse und mehr ein Symbol des Bösen als des Guten. Seine sieben Phasen (nach der ursprünglichen esoterischen Einteilung) werden in drei astronomische Erscheinungen und vier [SD # 397] rein psychische Phasen eingeteilt. Dass der Mond nicht immer verehrt wurde, zeigt sich in den Mysterien, in welchen der Tod des Mondgottes (die drei Phasen des allmählichen Abnehmens und schließlich Verschwindens) so allegorisiert wurden, dass der Mond den Genius des Bösen repräsentierte, der zeitweilig über den licht- und Leben spendenden Gott (die Sonne) triumphiert. Und die gesamte Geschicklichkeit und Gelehrsamkeit der alten Hierophanten der Magie war notwendig, um diesen Triumph in eine Niederlage zu verwandeln.

In der dritten Rasse unserer Runde, bei den Hermaphroditen, wurde in der ältesten aller Anbetungen der männliche Mond heilig, als nach dem sogenannten „Fall“ die Geschlechter getrennt worden waren. „Deus Lunus“ wurde dafür dann androgyn, abwechselnd männlich und weiblich; um den Atlantiern der vierten Wurzelrasse schließlich als duale Kraft für die Zauberei zu dienen. In der fünften Wurzelrasse (unserer eigenen) teilte die Mond- und Sonnenverehrung die Nationen in zwei getrennte, feindliche Lager. Sie führte zu Ereignissen, welche Äonen später im mahabharatischen Krieg beschrieben wurden, der für die Europäer der märchenhafte und für die Hindus und Okkultisten der historische Kampf zwischen den Suryavansas und Indovansas ist. Ihren Ursprung in dem doppelten Aspekt des Mondes als Verehrung des weiblichen und des männlichen Prinzips nehmend, mündete diese Verehrung in ausgeprägte Sonnen- und Mondkulte. Bei den semitischen Rassen galt die Sonne sehr lange als weiblich und der Mond als männlich – letztere Auffassung übernahmen sie aus atlantischen Überlieferungen. Vor dem Beginn der Schemesch-Verehrung hieß der Mond „Herr der Sonne“, Bel-Schemesch115. Die Unkenntnis der anfänglichen Gründe für eine solche Unterscheidung sowie der okkulten Prinzipien führte die Nationen zu einem anthropomorphischen Götzendienst. Aber die Religion aller alten Völker hat ursprünglich auf den okkulten Offenbarungen einer rein abstrakten Kraft oder eines solchen Prinzips beruht, das jetzt „Gott“ genannt wird. Die Einrichtung einer solchen Verehrung allein zeigt in ihren Einzelheiten und Gebräuchen, dass die mit der Entwicklung solcher subjektiven und objektiven Natursysteme beschäftigten Philosophen über tiefgehende Kenntnisse verfügten und mit vielen Tatsachen [SD # 398] wissenschaftlicher Natur vertraut waren. Denn abgesehen davon, dass sie rein okkult waren, beruhten die Gebräuche der Mondverehrung, wie soeben gezeigt worden ist, auf einer Kenntnis der Physiologie (einer ganz modernen Wissenschaft bei uns), der Psychologie, der heiligen Mathematik, Geometrie und Metrologie und ihrer korrekten Anwendung auf Symbole und Figuren, welche lediglich Glyphen darstellen, die beobachtete natürliche und wissenschaftliche Fakten aufzeichnen; kurz gesagt, auf einer höchst eingehenden und tiefen Kenntnis der Natur. Der lunare Magnetismus erzeugt Leben, bewahrt und zerstört es. Soma verkörpert die dreifache Kraft der Trimurti, obwohl es bis zum heutigen Tag für die Profanen unerkennbar bleibt. Die Allegorie, nach der Soma, der Mond, in einem anderen Manvantara von den Göttern durch das Rühren des Lebensozeans (des Raums) hervorgebracht wurde (d. h. an dem prägenetischen Tag unseres Planetensystems), und die weitere Allegorie mit der Angabe, dass die „Rishis die Erde molken, deren Kalb Soma war, der Mond“, haben eine tiefe, weltbeschreibende Bedeutung, denn weder ist es unsere Erde, die gemolken wurde, noch war der uns bekannte Mond das Kalb116. Hätten unsere weisen Wissenschaftler ebenso viel von den Geheimnissen der Natur gewusst wie die alten Arier, hätten sie sich sicherlich niemals eingebildet, dass der Mond aus der Erde herausgeschleudert worden sei. Noch einmal müssen wir uns die ältesten Permutationen in der Theogonie – den zu seinem eigenen Vater gewordenen Sohn und die Mutter, die vom Sohn gezeugt wird – ins Gedächtnis rufen und in Betracht ziehen, wenn wir die symbolische Sprache der Alten verstehen wollen. Andernfalls wird die Mythologie bei den Orientalisten immer nur als „die Krankheit, die in einem gewissen Stadium der menschlichen Kultur auftritt“ herumgeistern, wie Renouf in einem Vortrag von Hibbert würdevoll anmerkt.

Die Alten lehrten sozusagen die Selbst-Erzeugung der Götter: Die eine göttliche Essenz, nicht geoffenbart, erzeugt beständig ein ihrer Natur nach androgynes Zweit-Selbst, das manifestiert ist, und das gebiert auf unbefleckte Weise alles Makrokosmische und Mikrokosmische in diesem Universum. Das wurde einige Seiten weiter vorne mithilfe des Kreises und seines Durchmessers oder der heiligen 10 gezeigt.

Aber trotz des außerordentlichen Verlangens unserer Orientalisten, in der Natur ein homogenes Element zu entdecken, wollen sie es nicht sehen; in ihren Untersuchungen durch derartige Unwissenheit beengt, werden die Arianisten und Ägyptologen in ihren Spekulationen beständig von der Wahrheit abgelenkt. So ist de Rougé nicht dazu imstande, in dem von ihm übersetzten Text den Sinn dessen zu verstehen, was Amun-Re zu König Amenophis (der für Memnon gehalten wird) sagt: „Du bist mein Sohn, ich habe dich gezeugt.“ Und nachdem er [SD # 399] dieselbe Idee in vielen Texten und verschiedenen Formen wiederfindet, ist dieser sehr christliche Orientalist schließlich gezwungen auszurufen: „Damit diese Idee vom Verstand eines Hierogrammatikers angenommen werden konnte, muss es in ihrer Religion eine mehr oder weniger bestimmte Lehre gegeben haben, die eine göttliche und unbefleckte Inkarnation in einer menschlichen Form als eine mögliche Tatsache darstellte, die sich wirklich einmal ereignen könnte.“ Exakt. Wozu aber sollte man die Erklärung einer unmöglichen Prophezeiung aufbürden, wenn das ganze Geheimnis sich dadurch erklärt, dass die spätere Religion die frühere kopierte?

Diese Lehre war universal, und sie wurde auch nicht von irgendeinem Hierogrammatiker ausgedacht; denn die indischen Avataras beweisen das Gegenteil. Nachdem de Rougé soweit gekommen war, „sich klarer zu vergegenwärtigen“,117 was der „Göttliche Vater und Sohn“ bei den Ägyptern gewesen sei, versäumt er noch immer zu erklären und zu erkennen, welcher Art die Funktionen waren, die dem weiblichen Prinzip in dieser ursprünglichen Zeugung zugeschrieben wurden. Er findet sie nicht in der Göttin Neith von Saïs. Und doch zitiert er die Ansprache des Komturs an den Kambyses, als er diesen König in den saïtischen Tempel einführte: „Ich machte kund Seiner Majestät die Würde von Saïs, der Wohnstatt von Neith, der großen (weiblichen) Hervorbringerin, der Schöpferin der Sonne, die da ist die Erstgeborene und die nicht gezeugt wurde, sondern nur hervorgebracht“ und somit die Frucht einer unbefleckten Mutter.

Um wieviel großartiger, philosophischer und poetischer ist der tatsächliche Unterschied – für jeden, der imstande ist, ihn zu verstehen und zu würdigen – zwischen der unbefleckten Jungfrau der alten Heiden und jener der modernen päpstlichen Auffassung. Die ewig junge Mutter Natur – der Gegentypus ihrer Prototypen, der Sonne und des Mondes – erzeugt bei den Ersteren ihren „aus der Seele geborenen“ Sohn, das Universum, und bringt es hervor. Sonne und Mond befruchten als männlich-weibliche Gottheiten die Erde, die mikrokosmische Mutter, und Letztere empfängt und gebiert wiederum ihrerseits. Bei den Christen wird der „Erstgeborene“ (primogenitus) in der Tat erzeugt, d. h. gezeugt, „genitum, non factum“, und tatsächlich empfangen und geboren: „Virgo pariet“, erklärt die lateinische Kirche. So zieht sie das edle geistige Ideal der Jungfrau Maria auf die Erde herab, und indem sie sie „von der Erde, von Staub“ macht, erniedrigt sie das Ideal zur niedersten der anthropomorphischen Göttinnen des Gesindels.

Wahrhaftig, Neith, Isis, Diana etc. etc. waren jede „eine demiurgische Göttin, gleichzeitig sichtbar und unsichtbar, die ihren Platz im Himmel hatte und die Erzeugung der Arten unterstützte“ – mit einem Wort der Mond. Seine okkulten Aspekte und Kräfte sind zahllos. Und in einem dieser Aspekte wird der Mond bei [SD # 400] den Ägyptern zu Hathor, einem anderen Aspekt von Isis118, und diese beiden Göttinnen werden Horus säugend dargestellt. Siehe die Hathor in der ägyptischen Halle im Britischen Museum, wie sie vom Pharao Thutmosis verehrt wird, welcher zwischen ihr und dem Herrn der Himmel steht. Der Monolith stammt aus Karnac; und dieselbe Göttin hat an ihrem Thron folgende Aufschrift angebracht: „Die Göttliche Mutter und Herrin oder die Königin des Himmels“, auch der „Morgenstern“ und das „Licht des Meeres“ (Stella Matutina und Lux Maris). Alle Mondgöttinnen besaßen zwei Aspekte – einer war göttlich, der andere höllisch. Alle waren die jungfräulichen Mütter eines auf unbefleckte Weise geborenen Sohns – der Sonne. Raoul-Rochette zeigt die Mondgöttin der Athener – Pallas oder Kybele, Minerva oder wieder Diana – ihren kleinen Jungen auf ihrem Schoße haltend, bei ihren Festlichkeiten angerufen als Μονογενς
θεοῦ, „die eine Mutter Gottes“, auf einem Löwen sitzend und von zwölf Persönlichkeiten umgeben; in ihnen erkennt der Okkultist die zwölf großen Götter und der fromme christliche Orientalist die Apostel oder vielmehr die griechisch-heidnische Prophezeiung ihrer selbst.

Sie haben beide Recht, denn die unbefleckte Göttin der lateinischen Kirche ist eine getreue Kopie der älteren heidnischen Göttinnen; die Anzahl (zwölf) der Apostel entspricht jener der zwölf Stämme, und die Letzteren sind eine Personifizierung der zwölf großen Götter und der zwölf Zeichen des Zodiaks. Fast jede Einzelheit des christlichen Dogmas ist von den Heiden entlehnt. Semele, die Frau Jupiters und die Mutter von Bacchus, der Sonne, wird laut Nonnus nach ihrem Tod ebenfalls „emporgetragen“ oder in den Himmel erhoben, wo sie zwischen Mars und Venus herrscht, unter dem Namen der Königin der Welt oder des Universums, πανβασιλεία; „vor deren Namen“, wie bei den Namen Hathors, Hekates und anderer Höllengöttinnen, „alle Dämonen erzittern“.119

Σεμελῆν τρέμουσι δαίμονες.“ Diese griechische Inschrift auf einem kleinen Tempel, auf einem Stein reproduziert, der von jemandem gefunden wurde und den Montfaucon kopierte, wie uns de Mirville sagt (113 ff., „Archéologie de la Vièrge-Mère“), teilt uns die verblüffende Tatsache mit, dass die Magna Mater der Alten Welt ein unverschämtes, vom Teufel verübtes Plagiat der unbefleckten jungfräulichen Mutter seiner Kirche war. Ob so oder vice versa, ist nicht von Bedeutung. Von Interesse zu bemerken ist lediglich die vollkommene Übereinstimmung zwischen der archaischen Kopie und dem modernen Original.

Hätten wir ausreichend Raum, würden wir auf die unbegreifliche Kaltblütigkeit und Gleichgültigkeit hinweisen, die gewisse Anhänger der römisch-katholischen Kirche zur Schau stellten, als man ihnen die Enthüllungen der Vergangenheit vor Augen hielt. Auf die Bemerkung Maurys, dass „die Jungfrau von allen Heiligtümern der Ceres und [SD # 401] der Venus Besitz ergriff, und dass die heidnischen Riten, die zu Ehren dieser Göttinnen verkündet und praktiziert wurden, im großen Maßstab auf die Mutter Christi übertragen wurden“, antwortet der Anwalt Roms:

„Dass das eine Tatsache ist, und dass es genau so ist, wie es sein soll und ganz natürlich. Da das Dogma, die Liturgie und die Riten, die von der römisch-apostolischen Kirche im Jahre 1862 verkündet wurden, sich auf Monumenten eingraviert und auf Papyri und Zylinder aus der Zeit kurz nach der Sintflut aufgezeichnet finden, scheint es unmöglich, die Existenz eines ersten vorgeschichtlichen (römischen) Katholizismus zu leugnen, von welchem unser eigener lediglich die getreue Fortsetzung darstellt. . . . Während jedoch Ersterer der Gipfelpunkt, das summum dämonischer Unverschämtheiten und Goëtischer Nekromantie war . . . . ist Letzterer göttlich. Wenn in unserer (christlichen) Offenbarung (l’ Apocalypse) Maria, mit der Sonne bekleidet und mit dem Mond unter ihren Füßen, nichts weiter mit der demütigen Magd von Nazareth (sic) gemein hat, so kommt das daher, dass sie jetzt zur größten theologischen und kosmologischen Kraft in unserem Universum geworden ist.“ („Archaeol. de la Vièrge-Mère“, S. 119 und 116, und von Marquis de Mirville)

Wahrhaftig so, da Pindars „Hymnen an Minerva“ (XXXI), . . . „die zur rechten Hand ihres Vaters Jupiter sitzt und mächtiger ist als alle übrigen (Engel oder) Götter“ genauso für die Jungfrau gelten. Es ist der Hl. Bernhard, der nach dem Zitat von Cornelius a Lapide die Jungfrau Maria auf folgende Art angerufen haben soll:

„Der Sonnen-Christus lebt in dir und du lebst in ihm.“ (Predigt auf die Heilige Jungfrau) . . . .

Derselbe schlichte heilige Mann gesteht ferner zu, dass die Jungfrau der Mond ist. Als Lucina der Kirche, also bei der Geburt eines Kindes, werden die Verse Virgils auf sie angewendet: „Casta fave Lucina, tuus jam regnat Apollo“ – „Wie der Mond ist die Jungfrau die Königin des Himmels“, fügt der unschuldige Heilige hinzu. („Apok“, Kap. xii, Komm. von Cornelius a Lapide).

Das beantwortet die Frage. Nach Schriftstellern wie de Mirville erscheint die christliche Religion umso göttlicher und erweist sich umso klarer als die einzige wahrhaftig inspirierte, insbesondere in ihrer römisch-katholischen Form, je größer die Ähnlichkeit zwischen den heidnischen Vorstellungen und den christlichen Dogmen ist. Die ungläubigen Wissenschaftler und Akademiker, die meinen, in der römischen Kirche das genaue Gegenteil göttlicher Inspiration zu erkennen und die nicht an den satanischen Trick eines Plagiats durch Vorwegnahme glauben wollen, werden streng ins Gebet genommen. Aber da „glauben sie an nichts und lehnen selbst den ‘Nabathäischen Landbau’ als Romantik und als einen Haufen abergläubischen Unsinns ab“, klagt der Memoirenschreiber. „Ihrer verdrehten Ansicht nach sind Qu-tamys ‘Mondidol’ und die Statue der Madonna ein und dasselbe!“ Ein edler Marquis schrieb vor zwanzig Jahren sechs umfangreiche Bände oder, wie er sie nennt, „Mémoires an die Französische Akademie“, einzig und allein zu dem Zweck zu beweisen, dass der römische Katholizismus ein inspirierter und geoffenbarter Glaube ist. Zum Beweis dafür bringt er zahllose Tatsachen vor, die alle darauf abzielen zu zeigen, dass die gesamte Welt seit den Tagen [SD # 402] der Sintflut ohne Unterbrechung mithilfe des Teufels die Riten, Zeremonien und Dogmen der zukünftigen Heiligen Kirche, die erst Zeitalter später geboren werden sollte, systematisch plagiiert habe. Was dieser getreue Sohn Roms wohl gesagt hätte, wenn er seinen Religionsgenossen – Herrn Renouf, den ausgezeichneten Ägyptologen des Britischen Museums – in einer seiner gelehrten Vorlesungen hätte erklären hören, dass „weder die Hebräer noch die Griechen irgendeine ihrer Ideen aus Ägypten hatten?“120

Aber vielleicht ist es genau das, was Herr Renouf sagen wollte, nämlich dass die Ägypter, die Griechen und die Arier ihre Ideen aus der römischen Kirche entlehnten? Und wenn es so wäre, warum im Namen der Logik weisen die Papisten dann die weiteren Informationen zurück, welche ihnen die Okkultisten über die Mondverehrung geben könnten, wenn doch alles dazu tendiert zu beweisen, dass ihre Verehrung (der römisch-katholischen Kirche) so alt ist wie die Welt – des Sabäertums und der Astrolatrie?

Die frühzeitige christliche und spätere römisch-katholische Sternen­verehrung und die symbolische Verehrung von Sonne und Mond –, die mit jener der Gnostiker identisch ist, jedoch weniger philosophisch und unreiner als die „Sonnenverehrung“ der Zoroastrier – resultiert natürlich aus ihrer Abstammung und ihrem Ursprung. Die Übernahme solcher Symbole wie des Wassers, des Feuers, der Sonne, des Mondes und der Sterne und vielerlei anderer Dinge durch die römische Kirche stellt lediglich eine Fortsetzung der alten Verehrung der heidnischen Nationen durch die ersten Christen dar. So erhielt Odin seine Weisheit, seine Kraft und sein Wissen dadurch, dass er Mimir zu Füßen saß, des dreimalweisen Jötunn, der sein Leben an der Quelle der ursprünglichen Weisheit zubrachte und deren kristallklare Wasser sein Wissen jeden Tag mehrten. Mimir „gewann die höchste Erkenntnis aus der Quelle, weil die Welt aus dem Wasser geboren wurde. Daher war die ursprüngliche Weisheit in diesem geheimnisvollen Element zu finden.“ („Asgard and the Gods“, S. 86) Das Auge, das Odin opfern musste, um diese Erkenntnis zu erlangen, mag „die Sonne sein, die alle Dinge erleuchtet und durchdringt. Sein anderes Auge ist der Mond, dessen Widerschein aus der Tiefe blickt und der zum Schluss, wenn er untergeht, in den Ozean versinkt.“ (Ibid.) Aber darüber hinaus ist es noch etwas mehr als das. Von Loki, dem Feuergott, heißt es, er habe den Lichtbringer, dessen Widerschein er darin fand, sowohl im Wasser als auch im Mond verborgen; und diese Überzeugung, dass das Feuer im Wasser Zuflucht fände, beschränkte sich nicht nur auf die alten Skandinavier. Er wurde von allen Nationen geteilt und schließlich von den ersten Christen übernommen, die den Heiligen Geist in der Gestalt des Feuers symbolisierten, „gespaltene Zungen wie Feuer“ – der Atem von Vater-Sonne. Dieses „Feuer“ steigt auch hinab in das Wasser oder in die See: Mare, Maria. Die Taube war bei verschiedenen Nationen das Symbol der Seele, sie war der Venus geheiligt, der aus dem [SD # 403] Meeresschaum geborenen Göttin, und wurde später das Symbol der christlichen Anima Mundi oder des Heiligen Geistes.

Eines der okkultesten Kapitel des „Totenbuchs“ ist Kap. lxxx, und es trägt den Titel: „Die Verwandlung in den Gott, der Licht auf den Pfad der Finsternis wirft“, worin das „weibliche Licht des Schattens“ Thot bei seinem Rückzug in den Mond dient. Es heißt, dass sich Thot-Hermes darin verbirgt, weil er die Geheime Weisheit repräsentiert. Wenn er sich in die entgegengesetzte Hemisphäre zurückziehen soll, ist er der geoffenbarte Logos seiner hellen Seite, die verborgene Gottheit oder die „dunkle Weisheit“. Von seiner Macht sprechend, nennt sich der Mond selbst wiederholt: „das Licht, das in der Finsternis scheint,“ das „weibliche Licht“. So wurde er das akzeptierte Symbol aller jungfräulich-mütterlichen Göttinnen. Wie die verruchten „bösen“ Geister in längst vergangenen Zeiten gegen den Mond ankämpften, sollen sie noch heute kämpfen, ohne jedoch imstande zu sein, sich gegen die tatsächliche Königin des Himmels, Maria, den Mond, durchzusetzen. Daher stand der Mond auch in allen heidnischen Theogonien in enger Verbindung mit dem Drachen, seinem ewigen Feind; die Jungfrau oder Madonna steht auf dem in dieser Form symbolisierten mythischen Satan, der unter ihren Füßen liegt, zermalmt und kraftlos. Das wurde im alten Griechenland auch durch die beiden Schlangen symbolisiert, da das Haupt und der Schwanz des Drachen bis zum heutigen Tag in der östlichen Astronomie den aufsteigenden und absteigenden Knoten des Mondes repräsentierten. Herkules tötet die Schlangen am Tag seiner Geburt, und das Gleiche tut das Kind in den Armen seiner jungfräulichen Mutter. Wie Gerald Massey treffend in diesem Zusammenhang bemerkt: „All diese Symbole bildeten von Anfang an ihre eigenen Tatsachen ab und stellten nicht andere Fakten aus ganz anderen Ordnungen vor. Die Ikonografie (und auch die Dogmen) haben sich in Rom aus einer entfernten vorchristlichen Periode erhalten. Es gab weder Fälschung noch Interpolationen von Typen; nichts als einen Fortbestand der Symbolik mit einer Verdrehung ihrer Bedeutung.

§ X
Baum-, Schlangen- und KrokodilVerehrung

„Dem Gegenstand des Entsetzens oder der Anbetung, der Schlange, begegnen die Menschen mit unversöhnlichem Hass, oder sie werfen sich vor ihrem Genius zu Boden. Die Lüge erwählt sie, die Klugheit beansprucht sie, der Neid trägt sie in seinem Herzen und die Beredsamkeit auf ihrem Stabe. In der Hölle bewaffnet sie die Geißel der Furien, im Himmel macht die Ewigkeit sie zu ihrem Symbol.”
– de Chateaubriand

Die Ophiten behaupteten, zwischen Gott und Menschen existierten unterschiedliche Arten von Genien und dass deren relative Überlegenheit vom Maß des jedem Einzelnen gewährten [SD # 404] Lichts entschieden werde. Und sie beteuerten, dass man die Schlange beständig anrufen und ihr danken müsse für den außerordentlichen Dienst, den sie der Menschheit erwiesen habe, denn sie hätte Adam gelehrt, sein Wesen würde unermesslich erhöht durch die Erkenntnis und Weisheit, die er mit dem Genuss der Frucht des Baums der Erkenntnis von Gut und Böse erlangen könne. Das wurde exoterisch als Grund angegeben.

Man kann leicht sehen, wo die ursprüngliche Idee dieses doppelten, janusartigen guten und des bösen Charakters der Schlange herstammt. Dieses Symbol gehört zu den ältesten, weil die Reptilien den Vögeln vorausgingen und die Vögel den Säugetieren. Daher der Glaube oder vielmehr der Aberglaube der wilden Völker, die meinen, dass die Seelen ihrer Vorfahren in dieser Form leben und die verbreitete Verbindung der Schlange mit dem Baum. Die Legenden über die unterschiedlichen Dinge, die sie darstellt, sind zahllos; da aber die meisten von ihnen allegorisch sind, sind sie jetzt in die Reihe der auf Unwissenheit und finsterem Aberglauben beruhenden Fabeln übergegangen. Wenn beispielsweise Philostratos erzählt, dass die Eingeborenen Indiens und Arabiens Herz und Leber von Schlangen verspeisten, um die Sprachen aller Tiere zu erlernen, weil man der Schlange diese Fähigkeit zuschrieb, hatte er sicherlich niemals im Sinn, dass seine Worte buchstäblich verstanden würden (siehe „Vita Apollinii“, 1, xiv). Wie man im Verlauf unserer weiteren Ausführungen mehr als einmal finden wird, wurden die „Weisen“, die initiierten Adepten der alten Zeiten, als „Schlangen“ und „Drachen“ benannt. Es war ihre Weisheit und ihre Gelehrsamkeit, die von ihren Anhängern verschlungen oder assimiliert wurden, daher die Allegorie. Wenn vom skandinavischen Sigurd in einer Fabel erzählt wird, dass er das Herz des von ihm erschlagenen Drachens Fafnir geröstet habe und dadurch der weiseste der Menschen geworden sei, so hat das dieselbe Bedeutung. Sigurd war in den Runen und magischen Zaubern unterrichtet; er empfing das „Wort“ von einem Initiierten mit jenem Namen, oder von einem Zauberer, woraufhin Letzterer verstarb, wie es viele tun, nachdem sie „das Wort weitergegeben haben“. Epiphanius gibt ein Geheimnis der Gnostiker preis, als er versucht, ihre Ketzereien zu enthüllen: Die gnostischen Ophiten, sagt er, hatten einen Grund, die Schlange zu verehren, „nämlich weil sie die ersten Menschen die Mysterien lehrte“ („Adv. Haeres.“, 37). Wahrhaftig so; aber sie dachten nicht an Adam und Eva im Garten, als sie dieses Dogma lehrten, sondern lediglich an das oben Festgestellte. Die Nagas der hinduistischen und tibetanischen Adepten waren menschliche Nagas (Schlangen), keine Reptilien. Obendrein war die Schlange zu allen Zeiten das Sinnbild der aufeinanderfolgenden und periodischen Erneuerung, der Unsterblichkeit und der Zeit.

Die in „The Natural Genesis“ gegebenen zahlreichen und außerordentlich interessanten Deutungen, Interpretationen und Tatsachen über die Schlangen­verehrung sind sehr geistreich und wissenschaftlich korrekt. Aber sie sind sehr weit davon entfernt, der Gesamtheit der darin enthaltenen Bedeutungen gerecht zu werden. Sie enthüllen lediglich die astronomischen und physiologischen Mysterien, einschließlich einiger kosmischer Phänomene. Auf der niedrigsten Ebene der Materialität war die Schlange zweifellos [SD # 405] das „große Geheimnis in den Mysterien“ und wurde sehr wahrscheinlich wegen „ihrer Häutung und Selbsterneuerung als Sinnbild der weiblichen Geschlechtsreife betrachtet“. So verhielt es sich jedoch lediglich in Bezug auf die das irdische, tierische Leben betreffenden Geheimnisse, denn als das Symbol der „Neubekleidung und Wiedergeburt in den (universalen) Mysterien“ war ihre „letzte Phase121 – oder sollen wir besser sagen die Phasen ihres Anbeginns und ihres Gipfelpunktes – nicht von dieser Ebene. Sie entstanden in dem reinen Bereich idealen Lichts, und nachdem sie die Runde des gesamten Zyklus der Anpassungen und Symbolik vollendet hatten, kehrten die „Mysterien“ dorthin zurück, woher sie gekommen waren – in die Essenz immaterieller Ursächlichkeit. Sie gehörten der höchsten Gnosis an. Ihren Namen und Ruhm hätten sie sicherlich niemals einzig und allein deshalb erlangen können, weil sie in physiologische und insbesondere weibliche Funktionen eingedrungen waren!

Als Symbol hatte die Schlange ebenso viele Aspekte und okkulte Bedeutungen wie der Baum selbst, der „Baum des Lebens“, mit dem sie emblematisch und nahezu unauflöslich verbunden war. Einerlei, ob als metaphysisches oder als physisches Symbol betrachtet, wurden Baum und Schlange, zusammen oder jedes für sich alleine, im Altertum niemals so erniedrigt wie heute in unserem gegenwärtigen Zeitalter der Zerstörung der Idole, nicht um der Wahrheit willen, sondern um die eher gröbere Materie zu verherrlichen. Die Enthüllungen und Erklärungen in „Rivers of Life“ hätten die Verehrer von Baum und Schlange in den Tagen archaischer chaldäischer und ägyptischer Weisheit zutiefst erstaunt; und selbst die frühen Shivaisten wären entsetzt vor den Theorien und Anregungen des Verfassers des genannten Werkes (J. G. R. Forlong) zurückgeschreckt. „Payne Knights und Inmans Vorstellung, das Kreuz oder Tau sei lediglich ein Abbild der männlichen Organe in einer triadischen Form, ist von Grund auf falsch“, schreibt G. Massey, der beweist, was er sagt. Das aber ist eine Feststellung, die ebenso gut auf nahezu alle modernen Erklärungen alter Symbole angewendet werden könnte. „The Natural Genesis“, ein monumentales Forschungs- und Gedankenwerk, das Vollständigste, was jemals über diesen Gegenstand veröffentlicht worden ist, umfasst große Gebiete und erklärt viel mehr als alle Symbologen, die bisher darüber schrieben, und geht doch nicht über das „psycho-theistische“ Stadium alten Denkens hinaus. Payne Knight und Inman lagen jedoch nicht vollkommen falsch; ausgenommen darin, dass es ihnen überhaupt nicht gelang zu erkennen, dass ihre Interpretationen des „Baumes des Lebens“ als Kreuz und Phallus lediglich im niedersten und im spätesten Zustand der evolutionären Entwicklung zur Idee des Lebensspenders passten und sich ihm annäherten. Es war die letzte und gröbste körperliche Umwandlung der Natur im Tier, Insekt, Vogel und selbst in der Pflanze; denn der zweieinige kreative Magnetismus in der Form der Anziehung der Gegensätze oder der geschlechtlichen Polarisation wirkt sich bei der Erschaffung eines Reptils oder Vogels genauso aus wie bei der des Menschen. Überdies können die modernen Symbologen und Orientalisten – vom Ersten bis zum Letzten – [SD # 406] in ihrer Unkenntnis der wirklichen, durch den Okkultismus enthüllten Geheimnisse notwendigerweise lediglich dieses letzte Stadium sehen. Würde man ihnen sagen, dass die gegenwärtig der gesamten Daseinswelt dieser Erde zueigene Art der Fortpflanzung nur eine vorübergehende Phase darstellt, ein physisches Mittel, um die Bedingungen für die Phänomene des Lebens zur Verfügung zu stellen und sie selbst hervorzubringen, und dass sie sich mit dieser Wurzelrasse ändern und mit der nächsten verschwinden werden – so würden sie über einen derartig abergläubischen und unwissenschaftlichen Gedanken lachen. Die gelehrtesten Okkultisten behaupten aber genau das, weil sie es wissen. Die Gesamtheit aller lebenden Wesen, all jener, die ihre Spezies fortpflanzen, ist der lebendige Zeuge für die verschiedenen Arten der Fortpflanzung in der Evolution der tierischen und menschlichen Arten und Rassen; und ein Naturforscher sollte den Sinn dieser Wahrheit intuitiv erspüren, auch wenn er noch nicht dazu imstande ist, sie zu beweisen. Wie könnte er das auch mit den gegenwärtigen Denkgewohnheiten! Die Marksteine der archaischen Geschichte der Vergangenheit sind selten und rar, und die von den Wissenschaftlern aufgefundenen werden irrtümlich für Wegweiser unserer kleinen Ära gehalten. Selbst die sogenannte „universale“ (?) Geschichte umfasst lediglich ein winziges Feld des nahezu grenzenlosen Raums unerforschter Gebiete unserer letzten Wurzelrasse, der fünften. Daher wird jeder neue Wegweiser, jede neue Glyphe der altersgrauen Vorzeit, die entdeckt wird, dem alten Bestand des Wissens zugeordnet, um nach denselben Regeln vorgefasster Vorstellungen erklärt zu werden und ohne irgendwelche Rücksichtnahme auf den besonderen Gedankenzyklus, dem diese besondere Glyphe angehören mag. Wie kann die Wahrheit jemals ans Licht kommen, wenn diese Methode niemals geändert wird!

So waren Baum und Schlange im Anbeginn ihrer gemeinschaftlichen Existenz als Glyphen für das unsterbliche Dasein wahrhaft göttliche, bildliche Darstellungen. Der Baum war umgekehrt, seine Wurzeln entsprangen im Himmel und wuchsen aus der Wurzellosen Wurzel des Allseins. Sein Stamm wuchs und entwickelte sich und durchmaß dabei die Ebenen des Pleroma, und er trieb seine üppigen Zweige quer aus, zunächst auf der Ebene der noch kaum differenzierten Materie, und dann hinunter, bis sie die irdische Ebene berührten. Von Ashvattha, dem Baum des Lebens und Daseins, dessen Zerstörung allein zur Unsterblichkeit führt, heißt es deshalb in der Bhagavadgita, seine Wurzeln würden aufwärts und seine Zweige abwärts wachsen (Kap. xv) Die Wurzeln repräsentieren das Höchste Wesen oder die Erste Ursache, den Logos; man muss aber über jene Wurzeln noch hinausgehen, um sich mit Krishna zu vereinigen, der, wie Arjuna sagt (xi), „größer ist als Brahman und die Erste Ursache . . . das Unzerstörbare, das, was ist, das, was nicht ist, und das, was jenseits dieser beiden steht.“ Seine Zweige sind Hiranyagarbha (Brahmâ oder Brahman in seinen höchsten Manifestationen, sagen Sridhara und Madhusudana), die höchsten Dhyan Chohans oder Devas. Die Veden sind seine Blätter. Nur derjenige, der über die Wurzeln hinausgeht, wird niemals zurückkehren, d. h. er wird während dieses „Zeitalters“ Brahmâs nicht mehr reinkarnieren.

Als seine reinen Äste den irdischen Schlamm des Gartens von Eden unserer adamischen Rasse berührt hatten, wurde dieser Baum folglich durch die Berührung beschmutzt und verlor seine ursprüngliche Reinheit; und die Schlange der [SD # 407] Ewigkeit – der himmelsgeborene Logos – wurde endgültig erniedrigt. In den alten Zeiten – den göttlichen Dynastien auf der Erde – wurde das jetzt gefürchtete Reptil als der erste aus dem Abgrund des göttlichen Geheimnisses hervorscheinende Lichtstrahl angesehen. Man ließ es unterschiedliche Formen annehmen und passte zahlreiche natürliche Symbole daran an, während es die Äonen der Zeit durchmaß: als es aus der unendlichen Zeit selbst – Kala – in Raum und Zeit fiel, die sich aus der menschlichen Spekulation entwickelt hatten. Diese Formen waren kosmisch und astronomisch, theistisch und pantheistisch, abstrakt und konkret. Sie wurden der Reihe nach zum Polaren Drachen und zum Kreuz des Südens, zum Alpha Draconis der Pyramide und zum hinduistisch-buddhistischen Drachen, der die Sonne immer bedroht, sie jedoch während ihrer Verfinsterungen niemals verschlingt. Bis dahin blieb der Baum stets grün, denn er war mit den Wassern des Lebens benetzt; der große Drache blieb immer göttlich, solange er in den Bezirken des Sternengefildes gehalten wurde. Aber der Baum wuchs, und seine unteren Zweige berührten schließlich die höllischen Regionen – unsere Erde. Dann nagte die große Schlange Nidhöggr – welche die Leichname der Übeltäter in der „Halle des Elends“ (dem menschlichen Leben) verschlingt, sobald sie in „Hwergelmir“, dem brausenden Kessel (der menschlichen Leidenschaften) eingetaucht sind – am Weltenbaum. Die Würmer der Materialität bedeckten die einstmals gesunden und mächtigen Wurzeln und klettern jetzt höher und höher am Stamm empor; indessen umspannt die Midgard-Schlange, am Grund der Meere zusammengerollt, die Erde und macht sie durch ihren giftigen Atem kraftlos, sodass sie sich nicht mehr selbst verteidigen kann.

Die Drachen und Schlangen des Altertums sind allesamt siebenköpfig – „ein Haupt für jede Rasse, und jedes Haupt mit sieben Haaren darauf“, wie die Allegorie es ausdrückt. Wahrlich, von Ananta, der Schlange der Ewigkeit, die Vishnu durch das Manvantara trägt, von dem ursprünglichen Ur-Sesha, dessen sieben Köpfe in der puranischen Fantasie zu „eintausend Köpfen“ werden, bis hinab zur siebenköpfigen akkadischen Schlange. Diese versinnbildlicht die sieben Prinzipien in der gesamten Natur und im Menschen; das höchste oder mittlere Haupt ist das siebte. Philo spricht in seiner „Schöpfung der Welt „nicht vom mosaischen, jüdischen Sabbat, wenn er sagt, dass die Welt „nach der vollkommenen Natur der Zahl 6“ vollendet wurde. Denn „wenn diese Vernunft (Nous), die in Übereinstimmung mit der Zahl 7 heilig ist, in die Seele (vielmehr in den lebendigen Körper) eingetreten ist, ist die Zahl 6 damit eingesperrt und mit ihr alle sterblichen Dinge, welche diese Zahl ausmachen“. Und wiederum: „Die Zahl 7 ist der Festtag der ganzen Erde, der Geburtstag der Welt. Ich weiß nicht, ob irgendjemand imstande ist, die Zahl 7 in angemessenen Worten zu zelebrieren.“ . . . („Par.“, Seiten 30 und 419) Der Autor von „The Natural Genesis“ meint, dass „die Siebenzahl der im Großen Bären zu sehenden Sterne (die Septarshis) und der siebenköpfige Drache einen sichtbaren Ursprung für die symbolische Sieben der oben erwähnten Zeit lieferten. Die Göttin der sieben Sterne“, fügt er hinzu,

[SD # 408] „war als Kep die Mutter der Zeit; daher Kepti und Sebti für die beiden Zeiten und die Zahl sieben. So ist dies der Name des Sterns der Sieben. Sevekh (Kronos), der Sohn der Göttin, hat den Namen der Sieben oder des Siebten. Ebenso Sefekh Abu, der das Haus auf der Höhe erbaut, so wie die Weisheit (Sophia) das ihre auf sieben Pfeilern erbaute. . . Es gab sieben ursprüngliche Kronotypen, und so beruht der Anbeginn der Zeit im Himmel aufgrund der stellaren Kundgeber auf der Zahl und dem Namen der Sieben. Die sich jährlich drehenden sieben Sterne hielten gewissermaßen den Zeigefinger der rechten Hand ausgestreckt und beschrieben so am oberen und unteren Himmel einen Kreis.122 Die Zahl sieben legt naturgemäß eine Maßeinheit auf der Basis sieben nahe, was zu einem Siebener führen würde, wie man es nennen könnte, und zur Bezeichnung und Ausarbeitung des Kreises in sieben entsprechende Teile, welche den sieben großen Konstellationen zugeordnet wurden; und auf diese Weise wurde die himmlische Heptanomis Ägyptens am Himmel geformt. Als die himmlische Heptanomis aufgelöst und in vier Viertel geteilt wurde, multiplizierte man sie mit vier, und die achtundzwanzig Zeichen nahmen die Stelle der ursprünglichen sieben Konstellationen ein, und der lunare Zodiak von achtundzwanzig Tagen ist das aufgezeichnete Ergebnis davon.123 . . . In der chinesischen Anordnung sind die vier Siebenheiten vier Genien übergeben, die den vier Himmelsrichtungen vorstehen. . . .“ (Im chinesischen Buddhismus und der Esoterik werden die Genien durch vier Drachen dargestellt – die „Maharajas“ der Stanzen.) „Die sieben nördlichen Konstellationen ergeben den Schwarzen Krieger; die sieben östlichen (der Chinesische Herbst) bilden den Weißen Tiger; die sieben südlichen sind der Zinnoberrote Vogel, und die sieben westlichen (die Frühlingshaften) sind der Azurblaue Drache. Jeder dieser vier Geister steht seiner Heptanomis einer Mondwoche lang vor. Die Abstammung der ersten Heptanomis (Typhon mit den sieben Sternen) nahm jetzt einen lunaren Charakter an; . . . in dieser Phase finden wir, dass die Göttin Sefekh, deren Name die Zahl 7 bedeutet, das weibliche Wort ist, oder Logos an Stelle der Mutter der Zeit, welche das frühere Wort war, als Göttin der sieben Sterne“ („Typology of Time“, Band II, Seite 313, „Nat. Gen.“).

Der Verfasser zeigt, dass die Göttin des Großen Bären und die Mutter der Zeit in Ägypten seit den ältesten Zeiten das „lebendige Wort“ war, und dass „Sevekh-Kronos, dessen Typus Krokodil-Drache war, die vorplanetarische Form des Saturns, ihr Sohn und Gatte genannt wurde. Er war ihr Wort-Logos.“ (Seite 344, Band II)

Das Obige ist ganz klar, aber es war nicht die Kenntnis der Astronomie allein, welche die Alten zum Vorgang des Einteilens des Siebeners hinführte. Die ursprüngliche Ursache geht viel tiefer und wird an geeigneter Stelle erklärt werden.

Die obigen Ausführungen stellen keine Abschweifungen dar, sie werden vorgebracht, um Folgendes zu zeigen: (a) den Grund dafür, warum ein vollständig Initiierter „Drache“, „Schlange“ oder „Naga“ genannt wurde, und (b) dass unsere siebenfältige Einteilung von den Priestern der früheren Dynastien in Ägypten aus demselben Grund und auf derselben Grundlage benutzt wurde wie von uns. Das erfordert jedoch eine weitere Erklärung. Wie bereits festgestellt – was bei G. Massey als die vier Genien der vier Himmelsrichtungen und bei den Chinesen als Schwarzer Krieger und Weißer Tiger, [SD # 409] Zinnoberroter Vogel und Azurblauer Drache bezeichnet wird, heißt in den geheimen Büchern die „vier verborgenen Drachen der Weisheit“ und die „Himmlischen Nagas“. Nun wurde, wie gezeigt, der siebenköpfige oder siebenfältige Drachen-Logos sozusagen im Lauf der Zeit in vier heptanomische Teile oder 28 Abteilungen aufgespalten. Jede lunare Woche hat im lunaren Monat einen bestimmten okkulten Charakter; jeder der achtundzwanzig Tage hat seine besondere Eigenschaft; wie jede der zwölf Konstellationen, einerlei ob getrennt oder in Verbindung mit anderen Zeichen, einen okkulten Einfluss hat, entweder zum Guten oder zum Bösen. Das repräsentiert die Summe des Wissens, welches die Menschen auf dieser Erde erlangen können. Aber nur Wenige sind es, die das erreichen, und noch weniger sind die weisen Menschen, die bis zur Wurzel der Erkenntnis gelangen, welche durch den großen Wurzeldrachen symbolisiert wird, den spirituellen Logos dieser sichtbaren Zeichen. Aber jene, die dahin gelangen, erhalten den Namen der „Drachen“, und sie sind die „Arhats der vier Wahrheiten der 28 Fähigkeiten“ oder Attribute, und wurden schon immer so genannt.

Um echte Chaldäer oder Magier zu werden, so behaupteten die alexandrinischen Neuplatoniker, müsse man die Wissenschaft oder Erkenntnis der Perioden der sieben Rektoren der Welt beherrschen, in welchen sich alle Weisheit befindet. In Proklos’ Kommentaren zum „Timaios“, I, wird Iamblichos eine andere Lesart zugeschrieben, die jedoch den Sinn nicht ändert. Er sagt, dass „die Assyrer nicht nur die Aufzeichnungen von sieben und zwanzig Myriaden von Jahren aufbewahrten, wie Hipparchos von ihnen behauptet, sondern ebenso die gesamten Apokatastasen und Perioden der sieben Weltherrscher“. Die Legenden aller Nationen und Völker, sowohl der zivilisierten als auch der wilden, weisen auf den einst universalen Glauben an die große Weisheit und Schlauheit der Schlangen hin. Sie sind „Schmeichler“. Sie hypnotisieren den Vogel mit ihrem Auge, und selbst der Mensch kann sich ihrem faszinierenden Einfluss oftmals kaum entziehen; daher ist das Symbol höchst passend.

Das Krokodil ist der ägyptische Drache. Er war das doppelte Symbol von Himmel und Erde, von Sonne und Mond, und war infolge seiner amphibischen Natur Osiris und Isis geweiht. Nach Eusebius stellten die Ägypter die Sonne als Steuermann eines Schiffs dar, und dieses Schiff wurde von einem Krokodil fortgetragen, „um damit die Bewegung der Sonne in der Feuchte (im Raum) darzustellen“ („Prepar. Evang.“, 1, 3, K. 11). Das Krokodil war ferner das Symbol Ägyptens selbst, des unteren, welches das sumpfigere der beiden Länder ist. Die Alchemisten vertreten eine andere Interpretation. Sie sagen, dass das in einem Boot über den Ether des Raumes fahrende Symbol der Sonne die Bedeutung habe, dass die hermetische Materie das Prinzip oder die Basis von Gold sei oder wiederum der philosophischen Sonne; das Wasser, in welchem das Krokodil schwimmt, stellt eben dieses Wasser dar oder diese Materie in verflüssigter Form. Das Schiff selbst schließlich stellt das Fahrzeug der Natur dar, in dem die Sonne oder das sulfurische, feurige Prinzip als Steuermann wirkt: weil es die Sonne ist, [SD # 410] die durch ihre Einwirkung auf die Feuchtigkeit oder das Quecksilber das Werk leitet. Obiges ist nur für Alchemisten.

Die Schlange wurde erst während des Mittelalters zum Typus und Symbol des Übels oder des Teufels. Die ersten Christen – wie auch die ophitischen Gnostiker – hatten ihren dualen Logos: die gute und die böse Schlange, den Agathodaimon und den Kakodaimon. Das zeigt sich in den Schriften von Markus, Valentinus und vieler anderer, und insbesondere in der „Pistis Sophia“ – gewiss ein Dokument aus den frühesten Jahrhunderten des Christentums. Auf dem im Jahr 1852 nahe der Porta Pia entdeckten Marmorsarkophag eines Grabes findet sich die Darstellung einer Szene der Anbetung der Magier, „oder andernfalls“, bemerkt der verstorbene C. W. King in „The Gnostics“, „der Prototyp dieser Szene, die ‘Geburt der Neuen Sonne’“. Der Mosaikboden zeigte eine merkwürdige Zeichnung, die entweder (a) Isis darstellen mochte, wie sie den kleinen Harpokrates stillt, oder (b) die das Jesuskind nährende Madonna. In den die größeren umgebenden kleineren Sarkophagen wurden elf wie Schriftrollen aufgerollte Bleiplatten gefunden, von denen drei entziffert wurden. Deren Inhalt sollte als endgültiger Beweis einer viel erörterten Frage angesehen werden, denn sie zeigen, dass entweder die ersten Christen bis zum 6. Jahrhundert bona fide Heiden waren, oder dass das dogmatische Christentum insgesamt entlehnt war und alles in die christliche Kirche überging – Sonne, Baum, Schlange, Krokodil und alles Übrige.

„Auf der Ersten sieht man Anubia . . . eine Rolle vor sich haltend; zu seinen Füßen finden sich zwei weibliche Büsten; unter dem Ganzen umschlingen zwei Schlangen . . . einen Leichnam, der wie eine Mumie eingewickelt ist. Auf der zweiten Rolle . . . ist Anubis, der ein Kreuz vor sich hält, das „Zeichen des Lebens“. Unter seinen Füßen liegt ein in die zahlreichen Windungen einer riesigen Schlange eingerollter Leichnam, des Agathodaimons, der Wächterin der Verstorbenen. . . . . Auf der dritten Rolle . . . trägt Anubis auf seinem Arm . . . . . den Umriss . . eines vollständigen lateinischen Kreuzes . . . Zu Füßen des Gottes findet sich ein Rhomboid, das ägyptische ‘Weltenei’, auf welches eine in einen Kreis geschlungene Schlange zukriecht . . . . unter den Büsten befindet sich der Buchstabe ω, in einer Zeile siebenfach wiederholt, an einen der ‘Namen’ erinnernd . . . Sehr bemerkenswert ist auch die Zeile anscheinend palmyrischer Schriftzeichen auf den Beinen des ersten Anubis. Wenn wir davon ausgehen, dass diese Talismane nicht aus dem Isis-, sondern aus dem neueren ophitischen Glauben hervorgegangen sind, kann in Bezug auf die Gestalt der Schlange gesagt werden, dass sie gut und gerne jene „wahre und vollkommene Schlange“ bedeuten kann, welche die Seelen aller auf sie Vertrauenden aus dem Ägypten des Körpers und durch das Rote Meer des Todes in das Land der Verheißung führt, indem sie dieselben auf ihrem Weg vor den Schlangen der Wüste schützt, d. h. vor den Beherrschern der Sterne“ (Kings „Gnostics“, S. 367-8).

Und diese „wahre und vollkommene Schlange“ ist der siebenbuchstabige Gott, der jetzt für Jehovah gehalten wird, und für Jesus, der eins ist mit ihm. In der „Pistis Sophia“, einem Werk, das älter ist als die Offenbarung des heiligen Johannes und offenbar derselben Schule angehört, wird der Initiationskandidat von Christos zu diesem siebenvokaligen Gott geschickt. „Die (Schlange der) Sieben Donner sprach(en) [SD # 411] diese sieben Vokale“, aber „Versiegelt jene Dinge, welche die Sieben Donner sprachen und schreibt sie nicht auf“, sagt die Offenbarung. „Forschet ihr nach diesen Geheimnissen?“, fragt Jesus in der Pistis Sophia. „Kein Geheimnis ist herrlicher als sie (die sieben Vokale): denn sie werden eure Seelen in das Licht der Lichter bringen“ – d. h. in die wahre Weisheit. „Nichts ist deshalb vorzüglicher als die Geheimnisse nach welchen ihr forschet, ausgenommen nur das Geheimnis der sieben Vokale und ihrer Vierzig und Neun Kräfte und deren Zahlen.“

In Indien war es das Geheimnis der Sieben Feuer und ihrer neunundvierzig Feuer oder Aspekte oder „deren Teile“, genau dasselbe.

Diese sieben Vokale werden durch das Symbol der Swastika auf den Kronen der sieben Häupter der Schlange der Ewigkeit dargestellt, in Indien, bei den esoterischen Buddhisten, in Ägypten, in Chaldäa etc. etc., und bei den Initiierten aller anderen Länder. Dabei handelt es sich um die in den hermetischen Schriften geschilderten sieben Zonen des nach dem Tode erfolgenden Aufsteigens, wobei der „Sterbliche“ auf jeder von ihnen eine seiner „Seelen“ (oder Prinzipien) zurücklässt, bis er schließlich, auf der über all diesen Zonen liegenden Ebene angekommen, als die große formlose Schlange der absoluten Weisheit – oder Gottheit selbst – verbleibt. Die siebenköpfige Schlange hat in den arkanen Lehren mehr als eine Bedeutung. Sie ist der siebenköpfige Draco, dessen Häupter jeweils ein Stern des Kleinen Bären sind. Sie war jedoch auch, und zwar vorwiegend, die Schlange der Dunkelheit (d. h. unerfassbar und unbegreiflich), deren sieben Häupter die sieben Logoi waren, die Reflexionen des Einen und erstgeoffenbarten Lichtes – des universalen Logos.

§ XI
Demon est Deus Inversus

Dieser symbolische Satz in seinen vielfältigen Formen ist sicherlich höchst gefährlich und bilderstürmerisch, angesichts aller späteren dualistischen Religionen, oder vielmehr Theologien, insbesondere im Licht des Christentums. Doch ist es weder gerecht noch korrekt zu behaupten, das Christentum habe Satan ersonnen und hervorgebracht. Satan existierte schon immer – als „Widersacher“, als entgegengesetzte Kraft, die für das Gleichgewicht und die Harmonie der Dinge in der Natur notwendig ist – so wie der Schatten das strahlende Licht heller macht, die Nacht den Tag umso befreiender wirken und die Kälte uns die Annehmlichkeiten der Wärme umso mehr würdigen lässt. Homogenität ist eins und unteilbar. Wenn aber das homogene Eine und Absolute keine bloße Redensart ist, und wenn die Heterogenität mit ihrem doppelten Aspekt ihr Sprössling ist – ihr gegabelter Schatten oder Wiederschein –, dann muss selbst diese göttliche Homogenität in sich zugleich die Essenz von [SD # 412] Gut und Böse enthalten. Wenn „Gott“ absolut, unendlich und die universale Wurzel von allem und jedem in der Natur und ihrem Weltall ist, woher kommt dann das oder der Böse, wenn nicht aus demselben „goldenen Schoß“ des Absoluten? So sehen wir uns dazu gezwungen, entweder die Emanation des Guten und Bösen, des Agatho- und des Kakodaimon, als Sprösslinge ein und desselben Stamms vom Baum des Seins zu betrachten, oder uns mit der Absurdität zu bescheiden, an zwei ewige Absolute zu glauben!

Da wir den Ursprung der Idee bis zum ersten Anbeginn menschlichen Denkens zurückzuverfolgen haben, ist es nur billig, unterdessen selbst dem sprichwörtlichen Teufel sein Recht zukommen zu lassen. Das Altertum wusste nichts von einem getrennten, durch und durch und absolut schlechten „Gott des Bösen“. Die heidnische Denkweise stellt Gut und Böse als Zwillingsbrüder dar, von ein und derselben Mutter geboren – der Natur; sobald dieser Gedanke nicht mehr archaisch war, wurde auch die Weisheit zur Philosophie. Am Anfang waren die Symbole von Gut und Böse bloße Abstraktionen, Licht und Dunkelheit; später wurden ihre Urbilder aus den allernatürlichsten und immer wiederkehrenden periodischen Himmelserscheinungen gewählt – nämlich Tag und Nacht oder Sonne und Mond. Dann stellte man sie durch die Scharen der solaren und lunaren Gottheiten dar, und dem Drachen der Finsternis wurde der Drache des Lichts entgegengestellt (siehe Stanzen V und VII, Band I). Satans Schar ist ein Sohn Gottes, nicht weniger als die Schar der Benei Ha’Elohim, der Kinder Gottes, welche kamen, „um vor Johovah zu treten“, ihren Vater (siehe Hiob 2). „Die Söhne Gottes“ werden erst dann zu den „gefallenen Engeln“, nachdem sie wahrnehmen, dass die Töchter der Menschen schön waren (Genesis 6). In der indischen Philosophie gehören die Suras zu den ältesten und leuchtendsten Göttern, und sind erst dann zu den Asuras geworden, als sie von der brahmanischen Fantasie entthront wurden. Satan nahm niemals eine anthropomorphische, individualisierte Gestalt an, bevor die Schöpfung des „einen lebendigen persönlichen Gottes“ durch den Menschen vollbracht worden war; und dann auch lediglich als Folge absoluter Notwendigkeit. Eine Projektionsfläche wurde benötigt; ein Sündenbock, um die Grausamkeit, die Missgriffe und die nur allzu offenbare Ungerechtigkeit zu erklären, die jener verübte, für den unbedingte Vollkommenheit, Barmherzigkeit und Güte beansprucht wurden. Dies war die erste karmische Wirkung der Abschaffung eines philosophischen und logischen Pantheismus, um zur Stütze des trägen Menschen „einen gütigen Vater im Himmel“ aufzurichten, dessen tägliche und stündliche Handlungen als Natura Naturans, als der „anmutigen, aber steinkalten Mutter“, diese Annahme Lügen strafen. Dies führte zu den ursprünglichen Zwillingen Osiris-Typhon, Ormazd-Ahriman, und schließlich Kain-Abel sowie jeder und aller Gegensätze.

„Gott“ der Schöpfer, im Anfang mit der Natur gleichgesetzt, wurde schließlich zum Urheber derselben gemacht. Pascal erledigt das Problem sehr schlau, indem er sagt: „Die Natur hat Vollkommenheiten, um zu zeigen, dass sie ein Bildnis Gottes ist; und sie hat Mängel, um zu zeigen, dass sie lediglich sein Abbild ist.“

Je weiter man in die Dunkelheit der vorhistorischen [SD # 413] Zeitalter zurückgeht, desto philosophischer erscheint die prototypische Gestalt des späteren Satans. Der erste „Widersacher“ in individueller, menschlicher Form, dem man in der alten puranischen Literatur begegnet, ist einer ihrer größten Rishis und Yogis – Narada, mit dem Beinamen der „Streitmacher“.

Und Narada ist ein Brahmâputra, ein Sohn des männlichen Brahmâs. Doch später mehr von ihm. Wer der große „Täuscher“ wirklich ist, kann man erfahren, wenn man mit offenen Augen und vorurteilsfreiem Denken in allen alten Kosmogonien und Schriften nach ihm forscht.

Er ist der anthropomorphisierte Demiurg, der Schöpfer des Himmels und der Erde, wenn er von den kollektiven Scharen seiner Mitschöpfer getrennt wird, die er sozusagen repräsentiert und zusammenfasst. Heute ist er der theologische Gott. „Der Wunsch ist der Vater des Gedankens.“ Einst ein philosophisches Symbol, das der verdrehten menschlichen Fantasie überlassen wurde; später zu einem feindseligen, trügerischen, schlauen und eifersüchtigen Gott ausgestaltet.

Drachen und andere gefallene Engel sind an weiteren Stellen dieses Werkes beschrieben, darum werden ein paar Worte über den viel verleumdeten Satan genügen. Der Schüler tut gut daran sich zu erinnern, dass der Teufel bis zum heutigen Tag bei keinem Volk ein schlechteres Wesen ist als der entgegengesetzte Aspekt in der doppelten Natur des sogenannten Schöpfers, mit Ausnahme der christlichen Nationen. Dies ist nur natürlich. Man kann Gott nicht als Synthese des ganzen Weltalls, als allgegenwärtig, allwissend und unendlich aufstellen, und ihn dann vom Bösen trennen. Da viel mehr Böses in der Welt ist als Gutes, folgt daraus logisch begründet, dass entweder Gott das Böse in sich einschließen muss oder aber die unmittelbare Ursache desselben ist, oder im anderen Fall seine Ansprüche an die Absolutheit abzutreten hat. Die Alten verstanden dies so gut, dass ihre Philosophen, denen jetzt die Kabbalisten nachfolgen, das Böse zur Auskleidung Gottes oder des Guten erklärten: Demon est Deus Inversus ist ein sehr altes Sprichwort. In der Tat ist das Böse lediglich eine entgegenwirkende, blinde Kraft der Natur; es ist Reaktion, Opposition und Kontrast – böse für die einen, gut für die anderen. Es gibt kein malum in se; bloß den Schatten des Lichts, ohne welchen das Licht keine Existenz haben könnte, nicht einmal in unserer Wahrnehmung. Würde das Böse verschwinden, würde zugleich das Gute mit ihm von der Erde verschwinden. Bevor er zur Materie wurde, war der „alte Drache“ reiner Geist, er war passiv, bevor er aktiv wurde. In der syrisch-chaldäischen Magie sind Ophis und Ophiomorphos im Tierkreiszeichen des androgynen Jungfrau-Skorpion vereinigt. Vor ihrem Fall auf die Erde war die Schlange Ophis-Christos, und nach ihrem Fall wurde sie zu Ophiomorphos-Chrestos. Überall behandeln die Spekulationen der Kabbalisten das Böse als eine dem Guten entgegengesetzte Kraft, welche für das Gute aber gleichzeitig essenziell ist, da es ihm Lebenskraft und die Existenz schenkt, die es auf keine andere Weise haben könnte. Ohne den Tod wäre Leben nicht möglich (im mayavischen Sinn); keine Wiedererzeugung und Wiederherstellung ohne Zerstörung. Die Pflanzen würden in ewigem Sonnenlicht zu Grunde gehen, und ebenso der Mensch, der zum Roboter würde, ohne die Ausübung seines freien Willens und ohne sein Streben nach diesem Sonnenlicht, [SD # 414] das für ihn sein Wesen und seinen Wert verlöre, wenn er nichts anderes als das Licht hätte. Das Gute ist lediglich in dem uns ewig Verborgenen unendlich und ewig, und das ist der Grund, warum wir es für ewig halten. Auf den geoffenbarten Ebenen hält das eine dem anderen die Waage. Nur wenige Theisten und Anhänger eines persönlichen Gottes machen aus Satan nicht den Schatten Gottes; oder, beide miteinander verwechselnd, glauben nur wenige nicht, das Recht zu besitzen, ihren Abgott anbeten und seine Hilfe und seinen Schutz für die Verübung ihrer bösen und grausamen Taten erbitten zu dürfen und um Straflosigkeit anzurufen. „Führe uns nicht in Versuchung“, diese Worte werden täglich von Millionen christlicher Herzen an „unseren Vater im Himmel“ gerichtet, und nicht an den Teufel. Damit wiederholen sie genau die ihrem Heiland in den Mund gelegten Worte, und dabei widmen sie nicht einen Gedanken der Tatsache, dass ihrer Absicht kurzweg von Jakobus, dem „Bruder des Herrn“, widersprochen wird, der sagt: „Niemand sage, wenn er versucht wird: Ich werde von Gott versucht; denn Gott kann nicht versucht werden vom Bösen, und selbst versucht er niemand.“ (Jakobus 1,13) Warum nun behaupten, dass der Teufel uns versucht, wenn die Kirche uns aufgrund der Autorität Christi lehrt, dass Gott es ist, der dieses tut? Schlagt irgendein frommes Buch auf, in dem das Wort „Versuchung“ seinem theologischen Sinne nach erklärt wird, und ihr findet sofort zwei Definitionen: (1) jene Anfechtungen und Leiden, durch die Gott seine Anhänger prüft; (2) jene Mittel und Verlockungen, derer sich der Teufel bedient, um die Menschheit zu verführen und zu verlocken (Jakobus 1,2 und 12 und Matthäus 6,13). Wörtlich genommen widersprechen sich die Lehren von Christus und Jakobus, und welches Dogma kann die beiden in Übereinstimmung bringen, wenn die okkulte Auffassung verworfen wird?

Jener Philosoph wird weise sein, der zwischen den alternativen Verlockungen zu unterscheiden imstande sein wird, der fähig sein wird zu entscheiden, wo Gott verschwindet, um dem Teufel Platz zu machen! Wenn wir daher lesen, dass „der Teufel ein Lügner ist und der Vater der Lüge“, d. h. die inkarnierte Lüge, und man uns im selben Atemzug sagt, dass Satan – der Teufel – ein Sohn Gottes und der herrlichste seiner Erzengel war, so ziehen wir es vor, den Pantheismus und die heidnische Philosophie zu befragen, anstatt zu glauben, dass Vater und Sohn eine riesenhafte, personifizierte und ewige Lüge seien.

Sobald wir den Schlüssel zur Genesis in unseren Händen halten, enthüllt uns die wissenschaftliche und symbolische Kabbala das Geheimnis. Die große Schlange im Garten Eden und „Gott der Herr“ sind ein und dasselbe, und genauso sind Jehovah und Kain eins ­– jener Kain, der in der Theologie als „Mörder“ und Lügner vor Gott bezeichnet wird! Jehovah versucht den König von Israel das Volk zu zählen, und an einer anderen Stelle versucht ihn Satan, das Gleiche zu tun. Jehovah verwandelt sich in die feurigen Schlangen, um jene zu beißen, die ihm missfallen; und Jehovah beseelt die eherne Schlange, welche diese heilt.

Diese kurzen und scheinbar widersprüchlichen Stellen im Alten Testament (widersprüchlich deshalb, weil die beiden Kräfte getrennt werden, anstatt sie als die beiden Seiten ein und desselben Dings zu betrachten) sind der [SD # 415] durch Exoterik und Theologie bis zur Unkenntlichkeit entstellte Wiederhall der universalen und philosophischen Dogmen der Natur, wofür die ursprünglichen Weisen ein so gutes Verständnis hatten. Dieselbe Grundlegung finden wir in verschiedenen Personifikationen in den Puranas, nur viel ausführlicher und philosophisch bedeutsamer.

So wird Pulastya, ein „Sohn Gottes“, einer aus der ersten Nachkommenschaft, zum Vorfahren der Dämonen gemacht, der Rakshasas, Versucher und Verschlinger der Menschen. Pisacha, ein weiblicher Dämon, ist eine Tochter Dakshas, ebenfalls ein „Sohn Gottes“, und ein Gott und die Mutter aller Pisachas (Padma-Purana). Die in den Puranas sogenannten Dämonen sind ganz außerordentliche Teufel, wenn man vom Standpunkt europäischer und orthodoxer Anschauungen über diese Kreaturen urteilt, da sie allesamt – Danavas, Daityas, Pisachas und Rakshasas – als außerordentlich fromm dargestellt werden, welche die Vorschriften der Veden befolgen; einige von ihnen galten gar als große Yogis. Aber sie bekämpfen den Klerus und den Ritualismus, die Opfer und die Formen – genau so wie es die voll entwickelten Yogis Indiens bis zum heutigen Tage tun – und werden deshalb nicht weniger geachtet, obwohl es ihnen gestattet ist, weder Kaste noch Ritual zu beachten; daher werden alle diese puranischen Riesen und Titanen Teufel genannt. Die Missionare, immer darauf aus zu zeigen, dass die indischen Traditionen nichts Besseres sind als eine Reflexion der jüdischen Bibel, haben aus der angeblichen Identität des Pulastya mit Kain und aus der der Rakshasas mit den Kainiten, den „Verfluchten“, der Ursache von Noahs Sintflut, einen ganzen Roman gesponnen (siehe das Werk Abbè Gorresios, der Pulastyas Namen „etymologisch“ auf die Bedeutung „der Verworfene“ zurückführt und somit von Kain, wenn man will). Pulastya wohnt in Kedara, sagt er, was einen „aufgegrabenen Platz“, eine Mine bedeutet, und Kain wird in der Tradition und in der Bibel als der erste Metallbearbeiter und Minenarbeiter dargestellt!

Während es sehr wahrscheinlich ist, dass die Gibborim (die Riesen) der Bibel die Rakshasas der Inder sind, ist es noch sicherer, dass beide den Atlantiern und den untergegangenen Rassen angehören. Wie auch immer, kein Satan könnte im Verleumden seines Feindes ausdauernder und in seinem Hasse boshafter sein als es die christlichen Theologen ihm gegenüber sind, indem sie ihn als den Vater alles Bösen verfluchen. Man vergleiche ihre Beschimpfungen und ihre Meinungen über den Teufel mit den philosophischen Ansichten der puranischen Weisen und ihrem christusgleichen Sanftmut. Als Parasharas Vater von einem Rakshasa verschlungen worden war, bereitete Ersterer sich darauf vor, die gesamte Rasse der Rakshasas (mithilfe der Magie) zu vernichten; nachdem sein Großvater Vasishtha dem erzürnten Weisen nach seinem eigenen Eingeständnis bewiesen hatte, dass es zwar Böses und Karma, jedoch keine „bösen Geister“ gäbe, sprach er die folgenden bedeutsamen Worte: „Besänftige deinen Zorn“, sagt er. „Die Rakshasas sind nicht tadelnswert; deines Vaters Tod war das Werk Karmas. Zorn ist die Leidenschaft der Narren; ein weiser Mann wird nicht zornig. Von wem, kann gefragt werden, wird einer getötet? Jeder Mann erntet die Folgen seiner eigenen Taten. Zorn, mein Sohn, bedeutet die Zerstörung [SD # 416] all dessen, was der Mensch erlangt . . . und verhindert die Erlangung der Befreiung. Die Weisen scheuen die Wut. Sei nicht, mein Kind, ihrem Einfluss unterworfen. Vernichte nicht diese harmlosen Geister der Finsternis; lasse dein Opfer enden. Barmherzigkeit ist die Macht des Gerechten.“ (Vishnu-Purana“, Buch i, Kap. i) Somit ist jedes solches mit der Bitte um Hilfe an Gott gerichtete „Opfer“ oder Gebet nichts Besseres als ein Akt schwarzer Magie. Der Gegenstand von Parasharas Gebet war die Vernichtung der Geister der Finsternis als seine persönliche Rache. Er wird ein Heide genannt, und die Christen haben ihn als solchen in die ewige Hölle verdammt. Aber in welcher Hinsicht ist das Gebet der Herrscher und Generäle, die vor jeder Schlacht für die Vernichtung ihrer Feinde beten, irgendwie besser? Ein solches Gebet ist in jedem Fall schwarze Magie der übelsten Sorte, wie ein dämonischer „Mr. Hyde“ hinter einem scheinheiligen „Dr. Jekyll“ verborgen.

In der menschlichen Natur bedeutet das Böse lediglich die Polarität von Stoff und Geist, einen „Kampf ums Dasein“ zwischen den beiden in Raum und Zeit geoffenbarten Prinzipien, dessen Prinzipien per se eins sind, insofern als sie im Absoluten wurzeln. Im Kosmos muss das Gleichgewicht erhalten bleiben. Die Wirkungsweisen der beiden Gegensätze erzeugen Harmonie, wie bei den zentripetalen und zentrifugalen Kräften, die nicht ohne einander sein können – wechselseitig voneinander abhängig – „damit beide leben können“. Wird eine der beiden ausgesetzt, führt die Tätigkeit der anderen zur unmittelbaren Selbstzerstörung.

Nachdem die Satan genannte Personifikation in ihrem dreifachen Aspekt ausführlich analysiert worden ist – nach dem Alten Testament, der christlichen Theologie und der alten heidnischen Gedankenhaltung – werden jene, die mehr über den Gegenstand erfahren wollen, auf Band II von „Isis entschleiert,“ Kap. 10 und auf Teil II im zweiten Band des vorliegenden Werkes verwiesen. Dass der Gegenstand hier berührt und neue Erklärungen versucht werden, geschieht aus sehr gutem Grund. Bevor wir uns der Entwicklung des körperlichen und göttlichen Menschen zuwenden können, müssen wir zunächst die Idee der zyklischen Entwicklung beherrschen, uns mit den Philosophien und Glaubensweisen der vier unserer gegenwärtigen vorausgegangenen Rassen vertraut machen und lernen, welche Vorstellungen jene Titanen und Riesen hegten – Riesen fürwahr, sowohl an Verstand wie auch körperlich. Das gesamte Altertum war von jener Philosophie durchdrungen, welche die Involution des Geistes in die Materie, den fortschreitenden, abwärts gerichteten zyklischen Abstieg oder die tätige, selbstbewusste Evolution lehrte. Die alexandrinischen Gnostiker veröffentlichten eine ausreichende Menge der Geheimnisse der Initiation, und ihre Aufzeichnungen sind erfüllt vom „Herabgleiten der Äonen“ in ihrer doppelten Eigenschaft als engelhafte Wesen und Zeiträume: die einen die natürliche Entwicklung der anderen. Anderseits sind die orientalischen Überlieferungen auf beiden Seiten des „schwarzen Wassers“, der die beiden Osten trennenden Meere, gleichermaßen erfüllt von Allegorien über den Niedergang des Pleromas, der Götter und Devas. Jede Einzelne von ihnen versinnbildlichte und erklärte den Fall als das [SD # 417] Verlangen zu lernen und Wissen zu erlangen – zu wissen. Dies ist der natürliche Ablauf intellektueller Entwicklung; das Geistige wird in das Stoffliche und Körperliche verwandelt. Dasselbe Gesetz des Abstiegs in die Stofflichkeit und des Wiederaufstiegs in die Geistigkeit behauptete sich während der christlichen Ära, und der Umschwung hat in unserer eigenen, besonderen Unterrasse gerade eben erst begonnen.

Vor ungefähr zehn Jahrtausenden wurde im „Pymander“ eine auf dreifache Weise interpretierbare Allegorie aufgestellt, welche die Aufzeichnung astronomischer, anthropologischer und selbst alchemistischer Tatsachen beabsichtigte, namentlich die Allegorie von den sieben Rektoren, die die sieben Feuerkreise durchbrechen; sie wurde zu einer einzigen materiellen und anthropomorphischen Erklärung erniedrigt – zur Rebellion und dem Fall der Engel. Die vieldeutige, zutiefst philosophische Erzählung in seiner poetischen Form einer „Ehe zwischen Himmel und Erde“, über die Liebe der Natur für die göttliche Form und über den von seiner eigenen, im Spiegel der Natur reflektierten Schönheit hingerissenen „Himmlischen Menschen“, d. h. von dem zum Stoff hingezogenen Geist, stellt sich durch die theologische Behandlung heute wie folgt dar: „Die sieben Rektoren gehorchen Jehovah nicht, Selbstbewunderung erzeugt satanischen Stolz, worauf ihr Fall folgte, da Jehovah nicht gestattete, dass irgendjemandem Verehrung erwiesen wird, außer ihm selbst. Kurz gesagt, die schönen Planetenengel, die herrlichen zyklischen Äonen der Alten, wurden in ihrer orthodoxesten Form zu Samael zusammengefasst, dem Fürsten der Dämonen im Talmud, „der großen Schlange mit zwölf Schwingen, die in ihrem Fall das Sonnensystem oder die Titanen mit sich herabzieht“. Aber Schemal, das Alter Ego und der sabäische Typus Samaels bedeutete in seinem philosophischen und esoterischen Aspekt das „Jahr“ in seinem astrologisch bösen Bezug, in der Natur seine zwölf Monate oder Schwingen des unvermeidlichen Bösen. In der esoterischen Theogonie (siehe Chwolson, „Nabathean Agriculture“, Band II, S. 217) repräsen­tierten sowohl Schemal als auch Samael eine besondere Gottheit. Bei den Kabbalisten sind sie der „Geist der Erde“, der persönliche Gott, der dieselbe beherrscht, und daher de facto wesensgleich mit Jehovah. Denn die Talmudisten gestehen selbst zu, dass Samael der Gottesname einer der sieben Elohim ist. Die Kabbalisten zeigen zudem, dass die beiden, Schemal und Samael, eine symbolische Form des Saturn oder Kronos sind; die zwölf Schwingen stehen für die zwölf Monate, und das Symbol bedeutet in seiner Gesamtheit einen Rassenzyklus. Jehovah und Saturn sind auch glyphisch identisch.

Dies wiederum führt zu einer sehr merkwürdigen Schlussfolgerung aus einem römisch-katholischen Dogma. Viele berühmte, der römischen Kirche zugehörige Schriftsteller räumen ein, dass ein Unterschied besteht und gemacht werden sollte zwischen den Uranischen Titanen, den vorsintflutlichen Riesen (auch Titanen), und jenen nachsintflutlichen Riesen, in welchen sie (die römischen Katholiken) beharrlich die Nachkommen des mythischen Ham sehen wollen. Klarer ausgedrückt muss eine Unterscheidung gemacht werden zwischen den kosmischen, ursprünglichen entgegenwirkenden Kräften – die vom zyklischen Gesetz gelenkt waren –, den atlantischen menschlichen Riesen und den nachsintflutlichen großen Adepten, einerlei ob [SD # 418] der rechten oder der linken Hand. Gleichzeitig zeigen sie, dass Michael, „der Generalissimus der streitbaren himmlischen Schar, der Leibwächter Jehovahs“, wie es scheint (siehe de Mirville) selbst auch ein Titan ist, dessen Bezeichnung lediglich mit dem Adjektiv des „göttlichen“ versehen wurde. Da sie sich gegen Kronos (Saturn) aufgelehnt hatten, werden somit jene überall als „göttliche Titanen“ bezeichneten „Uraniden“ auch als Feinde Samaels dargestellt (ebenfalls einer der Elohim und gleichbedeutend mit Jehovah in seiner Gesamtheit); sie sind identisch mit Michael und seiner Schar. Kurz gesagt, die rôles sind vertauscht, alle Mitstreiter in Unordnung gebracht, und kein Schüler ist imstande klar zu unterscheiden, wer nun was sein könnte. Die esoterische Erklärung kann jedoch einige Ordnung in diese Verwirrung bringen, die infolge der unvorsichtigen Versuche der allzu getreuen Eiferer entstand, in jedem heidnischen Gott einen Teufel zu sehen; in dieser Verwirrung wird Jehovah zum Saturn und zu Michael mit seiner Schar, zu Satan und zu den rebellischen Engeln. Der wahre Sinn ist viel philosophischer, und die Legende vom ersten „Fall“ (der Engel) nimmt eine wissenschaftliche Färbung an, wenn sie richtig verstanden wird.

Kronos steht für die endlose (daher unbewegliche) Dauer, anfanglos, endlos, jenseits der geteilten Zeit und jenseits des Raumes. Von jenen „Engeln“, Genien, oder Devas, die geboren wurden, um in Zeit und Raum zu wirken, d. h. die sieben Kreise übergeistiger Ebenen zu durchbrechen und in die phänomenalen oder begrenzten überirdischen Regionen einzutreten, heißt es allegorisch, dass sie sich gegen Kronos auflehnten und den (damals) einen lebendigen und höchsten Gott bekämpften. Wenn Kronos seinerseits so dargestellt wird, dass er seinen Vater Uranus verstümmelt, so ist die Bedeutung der Verstümmelung sehr einfach. Die absolute Zeit wird zur endlichen und bedingten gemacht; dem Ganzen wird ein Teil geraubt und somit gezeigt, dass Saturn, der Vater der Götter, von einer ewigen Dauer in eine begrenzte Zeitperiode transformiert wurde. Kronos mäht mit seiner Sense selbst die längsten und (für uns) scheinbar endlosen Zyklen nieder, die nichtsdestoweniger in der Ewigkeit begrenzt sind, und vernichtet mit eben dieser Sense die mächtigsten Rebellen. Ja, nicht einer wird der Sense der Zeit entrinnen! Preise Gott oder die Götter oder verhöhne einen oder beide, und diese Sense wird nicht den millionsten Teil einer Sekunde in ihrem Auf- und Abschwung erzittern.

Die Titanen aus Hesiods Theogonie waren griechische Abbilder der indischen Suras und Asuras. Kürzlich hat man in einem alten, die griechische Mythe betreffenden Fragment entdeckt, dass diese hesiodischen Titanen, die Uraniden, die einst lediglich mit sechs beziffert wurden, sieben an der Zahl waren; der Siebte hieß Phoreg. Somit ist ihre Identität mit den sieben Rektoren vollständig bewiesen. Der Ursprung des „Krieges im Himmel“ und der Fall ist unserer Ansicht nach unvermeidlich auf Indien zurückzuführen, und vielleicht auf eine weit frühere Zeit als auf die der puranischen Berichte darüber. Denn der Tara Maya ist älter, und in fast allen Kosmogonien lassen sich drei Berichte finden, ein jeder über einen anderen Krieg.

[SD # 419] Der Erste ereignete sich in der Nacht der Zeit zwischen den Göttern und (A)-suras und dauerte den Zeitraum eines „göttlichen Jahres“.124 Bei dieser Gelegenheit wurden die Götter von den Daityas unter der Führung Hradas besiegt. Mithilfe einer List Vishnus, an den sich die besiegten Götter um Hilfe gewendet hatten, schlugen die Letzteren später jedoch die Asuras. Im Vishnu-Purana“ findet sich keine Pause zwischen den beiden Kämpfen. Nach der esoterischen Lehre jedoch ereignet sich vor der Bildung des Sonnensystems ein Krieg; ein weiterer bei der „Schöpfung“ des Menschen auf der Erde; und ein dritter „Krieg“ wird erwähnt, der am Ende der vierten Rasse zwischen den Adepten derselben und denen der fünften Rasse stattgefunden haben soll; d. h. zwischen den Initiierten der „Heiligen Insel“ und den atlantischen Schwarzmagiern. Wir fassen den ersten Streit ins Auge, wie er von Parashara überliefert wird, und versuchen, die beiden Berichte zu trennen, die absichtlich miteinander vermengt wurden. Es heißt darin, dass die Daityas und Asuras die Pflichten ihrer verschiedenen Kasten (Varnas) übernommen hatten und die in der heiligen Schrift vorgeschriebenen Pfade verfolgten, auch religiöse Buße übten – eine sonderbare Beschäftigung für Dämonen, wenn sie, wie behauptet wird, mit unseren Teufeln identisch sind – und es daher den Göttern unmöglich war, sie zu vernichten. Die von den Göttern an Vishnu gerichteten Gebete erscheinen merkwürdig, da diese Vorstellungen aufweisen, die einer anthropomorphischen Gottheit zugeordnet werden. Nachdem sie nach ihrer Niederlage „an die nördliche Küste des Milchmeeres (des atlantischen Ozeans) geflohen waren“,125 richteten die geschlagenen Götter viele demütige Bitten „an das Erste [SD # 420] der Wesen, an den göttlichen Vishnu“, und zwar unter anderen Folgende: „Gepriesen seiest Du, der du eins bist mit den Heiligen, dessen vollkommene Natur immer gesegnet ist. . . . Gepriesen seiest Du, der Du eins bist mit der Schlangenrasse, doppelzüngig, ungestüm, grausam, unersättlich im Genuss und überreich an Besitztümern. . . . Gepriesen seiest Du, . . . . oh Herr, der Du weder Farbe noch Ausdehnung hast, noch Größe (ghana), noch irgendwelche Dir zuschreibbaren Eigenschaften, und dessen Essenz (Rupa), das reinste des Reinen, nur von den heiligen Paramarshis (den größten Weisen oder Rishis) wahrgenommen werden kann. Wir beugen uns vor Dir in der Natur des unerschaffenen, unvergänglichen (Avyaya) Brahman, der Du in unseren Körpern bist und in allen anderen Körpern und in allen lebenden Geschöpfen und neben dem nichts existiert. Wir preisen jenen Vasudeva, den Herrn von allem, der ohne Makel ist, der Same aller Dinge, von der Auflösung ausgenommen, ungeboren, ewig; der seiner Wesenheit nach Paramapadatmavat (jenseits der Bedingungen des Geistes) ist und seiner Essenz und Substanz (Rupa) nach die Gesamtheit von diesem (Weltall).“ (Vishnu-Purana“, III, Kap. xvii)

Das Obige wird als eine Darstellung für die große Angriffsfläche zitiert, die die Puranas jedem europäischen Frömmler für gegnerische und falsche Kritik bieten, der eine fremde Religion lediglich aufgrund äußerer Anzeichen beurteilt. Wer auch immer gewohnt ist, das von ihm Gelesene einer gedankenvollen Prüfung zu unterziehen, wird auf den ersten Blick erkennen, wie widersinnig es ist, das als „Unerkennbares“ angenommene, das formlose und attributlose Absolute, wie die Vedantisten Brahman definieren, anzurufen als „eins mit der Schlangenrasse, doppelzüngig, grausam und unersättlich“ und auf diese Weise das Abstrakte mit dem Konkreten zu verbinden und damit dem, das von allen Beschränkungen frei und unbedingt ist, Eigenschaften zuzuordnen. Selbst Dr. Wilson hätte es besser wissen müssen, hat er doch so viele Jahre lang von Brahmanen und Pandits umgeben in Indien gelebt – und doch ließ sogar dieser Gelehrte sich keine Gelegenheit entgehen, die indischen Schriften in dieser Hinsicht zu kritisieren. So ruft er aus:126

„Die Puranas lehren ständig unvereinbare Doktrinen! Laut dieser Stelle ist das höchste Wesen nicht nur die untätige Ursache der Schöpfung, sondern erfüllt gleichzeitig die Aufgabe einer aktiven Vorsehung. Der Kommentator zitiert zur Unterstützung dieser Auffassung eine Stelle aus dem Veda: ‘Die Universalseele tritt in die Menschen ein und bestimmt ihr Verhalten.’ Wie auch immer, Widersprüche kommen in den Veden genauso häufig vor wie in den Puranas. . . . .“

Seltener jedenfalls – und das ist die nüchtere Wahrheit – als in der mosaischen Bibel. Aber in den Herzen unserer Orientalisten gibt es große Vorurteile, insbesondere in denen „ehrwürdiger“ Gelehrter. Die Universalseele ist nicht die untätige Ursache der Schöpfung oder (Para-) Brahman, sondern einfach das, was wir das sechste Prinzip des intellektuellen Kosmos auf der geoffenbarten Daseinsebene nennen. Sie ist Mahat, oder Mahabuddhi, die große Seele, die Trägerin des Geistes, die erste ursprüngliche Widerspiegelung der formlosen Ursache und dessen, was selbst jenseits des Geistes ist. [SD # 421] Soviel zu Professor Wilsons unangebrachtem Hieb gegen die Puranas. Was die offenbar widerspruchsvolle Anrufung Vishnus von Seiten der geschlagenen Götter betrifft, findet sich die Erklärung eben dort im Text des Vishnu-Puranas, wenn die Orientalisten sie nur beachten wollten.127 Es gibt einen Vishnu als Brahmâ und einen Vishnu in seinen beiden Aspekten, lehrt uns die Philosophie. Es gibt nur ein Brahman, „essenziell Prakriti und Geist“ etc.

Daher ist es nicht Vishnu – „die untätige Ursache der Schöpfung“ –, welcher die Aufgabe einer aktiven Vorsehung erfüllt, sondern die Universalseele, das, was É. Lévi das Astrallicht in seinem materiellen Aspekt nennt. In ihren dualen Aspekten von Geist und Materie ist diese „Seele“ der wahre anthropomorphische Gott der Theisten; denn dieser Gott ist eine Personifikation dieses universalen schöpferischen Agenten, wegen seines geoffenbarten Zustandes und seiner Differenziation in diese mayavische Welt ist er sowohl rein als auch unrein – Gott und Teufel fürwahr. Aber Dr. Wilson verfehlte zu sehen, weshalb Vishnu in diesem Charakter große Ähnlichkeit mit dem Herrgott von Israel hat, „insbesondere in seiner Strategie der Täuschung, Versuchung und List“.

Im Vishnu-Purana“ wird dies so klar gemacht, wie es nur geht. Denn es heißt dort: „Am Ende ihrer Gebete (stotra) erblickten die Götter die höchste Gottheit Hari (Vishnu) mit der Muschel, dem Diskus und der Keule bewaffnet, auf dem Garuda reitend.Nun ist „Garuda“ der manvantarische Zyklus, wie an der entsprechenden Stelle gezeigt werden wird. Vishnu ist daher die Gottheit in Raum und Zeit; speziell der Gott der Vaishnavas (solche Götter heißen in der Esoterischen Philosophie Stammes- oder Rassen-Götter); d. h. einer der vielen Dhyanis oder Götter oder Elohim, von denen gewöhnlich aus irgendeinem besonderen Grund eine Nation oder ein Stamm einen bestimmten auserwählt und auf diese Weise allmählich zu einem „Gott über allen Göttern“ (2 Chr 2,5) wurde, zum „höchsten Gott“, wie Jehovah, Osiris, Bel oder jeder beliebige der sieben Regenten.

„Den Baum erkennt man an seiner Frucht“ – die Natur eines Gottes an seinen Handlungen. Wir müssen Letztere entweder nach dem toten Buchstaben der Erzählungen beurteilen oder sie allegorisch verstehen. Wenn wir die beiden vergleichen – Vishnu als den Verteidiger und Besten der Götter; und Jehovah, den Verteidiger und Besten des „auserwählten“ Volks, was unzweifelhaft ironisch gemeint ist, da es ja die Juden selbst waren, die diesen „eifersüchtigen“ Gott auserwählten –, so werden wir finden, dass beide sich der Täuschung und List bedienen. Sie tun dies nach dem Grundsatz, dass „der Zweck die Mittel heiligt“, um über ihre [SD # 422] entsprechenden Gegner und Feinde – die Dämonen – die Oberhand zu gewinnen. Während (nach den Kabbalisten) Jehovah also im Garten Eden die Gestalt der versuchenden Schlange annimmt; Satan aussendet mit dem besonderen Auftrag, Hiob zu versuchen; den Pharao drangsaliert und ermüdet mit Sara, der Frau Abrahams und sein Herz gegen Moses „verhärtet“, damit ihm nicht die Gelegenheit dazu genommen wird, sein Opfer „mit großen Plagen“ zu schlagen (Genesis 12, Exodus) – nimmt Vishnu laut seinem Purana seine Zuflucht in einen Kniff, der eines jeden anständigen Gottes nicht minder unwürdig ist.

„Habe Mitleid mit uns, oh Herr, und schütze uns, die wir zu dir gekommen sind, um Hilfe gegen die Daityas (Dämonen)!“, beten die geschlagenen Götter. „Sie haben sich der drei Welten bemächtigt und die Opfer angeeignet, die unser Anteil sind, Sorge tragend, die Vorschriften des Veda nicht zu verletzen. Obwohl wir, ebenso gut wie sie, Teile von dir sind.128 . . . . da sie sich an die in der Heiligen Schrift vorgeschriebenen Pfade halten . . . . ist es uns nicht möglich, sie zu vernichten. Oh du, dessen Weisheit unermesslich ist (Ameyatman), unterrichte uns in irgendeinem Mittel, das uns in den Stand versetzt, die Feinde der Götter zu vertilgen!“

Als der mächtige Vishnu ihre Bitte hörte, entsendete er eine illusive Form (Mayamoha, den „Blender durch Illusion“) aus seinem Körper, gab sie den Göttern und sprach also: „Dieser Mayamoha wird die Daityas vollständig entzücken, so dass sie, vom Pfad der Veden abgelenkt, getötet werden können. . . . So geht nun hin und fürchtet euch nicht. Lasst euch diese trügerische Erscheinung voranschreiten. Sie soll euch an diesem Tag von großem Dienst sein, oh Götter!“

Hierauf ging diese große Täuschung Mayamoha hin zur Erde, erblickte die mit asketischen Büßungen beschäftigten Daityas, näherte sich ihnen in der Gestalt eines Digambara (eines nackten Bettelmönchs) mit geschorenem Haupt . . . und sprach mit sanfter Stimme also zu ihnen: „Oh, ihr Herren vom Stamme der Daityas, warum führet ihr diese Bußübungen aus?“ usw. usw. (Buch II, xviii)

Schließlich wurden die Daityas durch die arglistige Rede des Mayamoha verführt, wie Eva durch den Rat der Schlange verführt wurde. Sie wurden Abtrünnige der Veden. Dr. Muir übersetzt die Stelle wie folgt:

„Der große Betrüger, Illusionen errichtend, verführte zunächst andere Daityas mithilfe vielerlei Arten von Ketzerei. Nach sehr kurzer Zeit fielen diese Asuras (Daityas), von dem Betrüger (der Vishnu war) getäuscht, von dem ganzen, auf den Anordnungen des dreifachen Veda gegründeten Systems ab. Einige schmähten die Veden; andere das Opferzeremoniell; und andere die Brahmanen. Dies (riefen sie aus) ist eine Lehre, die einer Prüfung nicht Stand hält; das Schlachten (der Tiere beim Opfer) ist religiösem Verdienst nicht förderlich. Zu behaupten, Butter darzubringen und im Feuer zu verbrennen werde irgendwie zukünftigen Lohn bringen, ist kindisch. . . . Wenn ein beim Opfer geschlachtetes Tier tatsächlich in den Himmel erhoben wird, warum schlachtet der Opfernde dann nicht seinen eigenen Vater? . . . . Ihr großen Asuras, unfehlbare Aussprüche fallen nicht vom Himmel; ich und andere intelligente Personen wie ihr nehmen lediglich Behauptungen an, welche auf Vernunftschlüssen begründet sind! So wurden die Daityas auf mannigfache Art von dem großen Betrüger (der Urteilskraft) ins Wanken gebracht. . . . Als [SD # 423] sie den Pfad des Irrtums betreten hatten, sammelten die Götter all ihre Kräfte und zogen in die Schlacht. Hierauf folgte eine Schlacht der Götter mit den Asuras; und die Letzteren, die den rechten Pfad verlassen hatten, wurden von den Ersteren besiegt. In früherer Zeit schützte sie die Rüstung der Rechtschaffenheit, mit der sie angetan waren; aber nachdem die zerstört war, gingen auch sie selbst zu Grunde.“ („Journal of the Royal Asiat. Society“, Vol. xix, 302)

Was auch immer man über die Inder denken mag, nicht einmal ihre Feinde können sie für Narren halten. Ein Volk, dessen heilige Männer und Weise der Welt die größten und erhabensten jemals dem menschlichen Denken entsprungenen Philosophien hinterlassen haben, muss den Unterschied zwischen Recht und Unrecht gekannt haben. Selbst ein Unzivilisierter kann Weiß von Schwarz, Gut von Böse und Betrug von Aufrichtigkeit und Wahrhaftigkeit unterscheiden. Wer auch immer dieses Ereignis in der Biografie ihres Gottes erzählt hat, muss eingesehen haben, dass in diesem Fall Gott der Erzbetrüger war, und dass die Daityas, welche „die Vorschriften der Veden niemals übertraten“, sich auf der hellen Seite der Geschehnisse befanden und die wahren „Götter“ waren. Daher muss eine geheime, verborgene Bedeutung dieser Allegorie existieren, und das ist auch der Fall. Betrug und List wurden noch in keiner Gesellschaftsschicht irgendeiner Nation als göttliche Tugenden angesehen – ausgenommen vielleicht in der Klasse der klerikalen Theologen und im modernen Jesuitentum.

Das Vishnu-Purana“129 ging, wie alle anderen Werke dieser Art, in einer späteren Periode in die Hände der Tempel-Brahmanen über, und die alten Manuskripte wurden von Sektierern zweifellos noch einmal manipuliert. Es gab aber eine Zeit, in der die Puranas esoterische Werke waren, und das sind sie auch jetzt noch für die Initiierten, die sie mit dem Schlüssel lesen können, der sich in ihrem Besitz befindet.

Ob die brahmanischen Initiierten die volle Bedeutung dieser Allegorien jemals veröffentlichen werden, ist eine Frage, mit deren Beantwortung die Schreiberin sich nicht zu befassen hat. Zweck des Vorliegenden ist es zu zeigen, dass bei aller Verehrung der schöpferischen Kräfte in ihren vielfältigen Formen kein Philosoph die Allegorie als den wahren Geist auffassen konnte, noch dass das jemals geschehen sei, vielleicht mit Ausnahme einiger den gegenwärtigen „überlegenen und zivilisierten“ christlichen Rassen angehörenden Philosophen. Jehovah ist Vishnu in ethischer Hinsicht nicht im Geringsten überlegen, wie gezeigt wurde. Das ist der Grund, warum die Okkultisten und selbst einige Kabbalisten die Ursache niemals mit der Wirkung verwechseln und den Geist der Erde für Parabrahman oder Ain Soph halten werden, einerlei ob sie diese schöpferischen Kräfte als lebendige und bewusste Wesenheiten betrachten oder nicht – und es ist nicht einzusehen, warum sie nicht so verstanden werden sollten. Auf jeden Fall kennen sie die wahre Natur dessen, was die Griechen Vater-Äther, Jupiter-Titan usw. nannten, genau. Sie wissen, dass die Seele des Astrallichts göttlich ist und [SD # 424] sein Körper (die Lichtwellen auf den niederen Ebenen) teuflisch. Dieses Licht wird im „Zohar“ durch das „magische Haupt“ symbolisiert, durch das doppelte Gesicht auf der doppelten Pyramide; die schwarze Pyramide erhebt sich vor einem reinen, weißen Grund mit einem weißen Haupt und Gesicht in ihrem schwarzen Dreieck; die weiße Pyramide ist umgekehrt – der Widerschein der Ersteren auf den dunklen Wassern, welcher die dunkle Spiegelung des weißen Gesichts zeigt. . . . .

Das ist das „Astrallicht“, oder Demon Est Deus Inversus.

§ XII
Die Theogonie der schöpferischen Götter

Um die einer beliebigen alten Kosmologie zugrundeliegende Vorstellung vollständig verstehen zu können, ist das Studium und die vergleichende Analyse sämtlicher großen Religionen des Altertums notwendig; denn die Wurzelidee kann ausschließlich auf diese Weise verdeutlicht werden. Könnte sich die exakte Wissenschaft so hoch aufschwingen, die Tätigkeit der Natur bis zu ihren letzten und ursprünglichen Quellen zurückzuverfolgen, würde sie diese Idee als die Hierarchie der Kräfte bezeichnen. Es gab nur eine einzige ursprüngliche, transzendentale und philosophische Vorstellung. Aber als die Systeme in den fortschreitenden Zeitaltern mehr und mehr die Eigenarten der Völker widerzuspiegeln begannen und Letztere sich in verschiedene Gruppen getrennt niederließen, die sich alle in ihren eigenen nationalen oder stammesspezifischen Linien entwickelten, wurde die Grundidee allmählich von der menschlichen Fantasie überwuchert und dadurch verschleiert. Während in einigen Ländern den Kräften oder vielmehr den intelligenten Mächten der Natur göttliche Ehren zuteil wurden, auf die sie schwerlich Anspruch erheben konnten, erscheint in anderen – wie jetzt in Europa und den anderen zivilisierten Ländern – der bloße Gedanke, dass solche Kräfte mit Intelligenz begabt sein könnten, widersinnig und wird für unwissenschaftlich erklärt. Man fühlt sich daher erleichtert zu lesen, was in der Einleitung zu „Asgard and the Gods: The Tales and Traditions of Our Northern Ancestors“, herausgegeben von W. S. W. Anson, zu finden ist. Der Autor sagt auf Seite 3: „In Zentralasien und an den Ufern des Indus, im Land der Pyramiden und auf der griechischen und italienischen Halbinsel, und gerade auch im Norden, wohin die Kelten, Teutonen und Slawen wanderten, haben die religiösen Vorstellungen der Völker unterschiedliche Formen angenommen; und dennoch ist ihr gemeinsamer Ursprung noch erkennbar. Wir weisen auf diesen Zusammenhang zwischen den Erzählungen über die Götter hin, auf die in ihnen enthaltenen tiefsinnigen Gedanken und auf ihre Wichtigkeit, damit der Leser einsehen möge, dass sich vor ihm nicht eine magische Welt ausschweifender Einbildungskraft eröffnet, sondern dass . . . das Leben und die Natur selbst die Grundlage für das Dasein und Wirken dieser Gottheiten bildeten.“ Und obwohl kein Okkultist und kein Schüler der östlichen Esoterik mit der seltsamen Idee übereinstimmen könnte, [SD # 425] dass „die religiösen Vorstellungen der berühmtesten Nationen des Altertums mit dem Beginn der Zivilisation der germanischen Rassen im Zusammenhang stehen“, so werden sie doch sehr erfreut sein, Wahrheiten formuliert zu finden wie die Folgende: „Diese Feenmärchen sind nicht bloß sinnlose Geschichten, die für müßige Unterhaltung geschrieben sind; sie verkörpern vielmehr die tiefsinnige Religion unserer Vorväter . . .“

Ganz genau so. Nicht bloß ihre Religion, sondern desgleichen ihre Geschichte. Denn Mythos bedeutet im Griechischen μῦθος, mündliche Tradition, von Mund zu Mund von einer Generation an die nächste weitergegeben; und selbst in der modernen Etymologie steht das Wort für eine fabelartige Darlegung, die irgendeine bedeutende Wahrheit befördert; eine Erzählung über eine außerordentliche Persönlichkeit, deren Lebensbild infolge der Verehrung durch aufeinanderfolgende Geschlechter von reicher, volkstümlicher Fantasie überwuchert ist, welche aber dennoch nicht vollständig in das Reich der Fabel gehört. Gleich unseren Vorfahren, den ursprünglichen Ariern, glauben auch wir fest an die Persönlichkeit und Intelligenz nicht nur einer der die Phänomene hervorbringenden Naturkräfte.

Mit voranschreitender Zeit wurde die archaische Lehre immer trüber; die Völker verloren das höchste und Eine Prinzip aller Dinge mehr oder weniger aus den Augen und begannen, die abstrakten Attribute der „ursachenlosen Ursache“ auf die verursachten Wirkungen zu übertragen, die ihrerseits ursächlich wurden als die schöpferischen Kräfte des Weltalls; die großen Nationen handelten so aus Furcht, die Idee zu entweihen; die kleineren entweder, weil sie sie nicht zu erfassen vermochten oder weil es ihnen an philosophischer Vorstellungskraft mangelte, die für den Erhalt ihrer unbefleckten Reinheit notwendig ist. Mit Ausnahme der jetzt zu Europäern und Christen gewordenen späteren Arier weisen sämtliche Völker in ihren Kosmogonien diese Verehrung auf. Wie Thomas Taylor130 zeigt, der intuitivste aller Übersetzer der griechischen Fragmente, hat sich keine Nation jemals das Eine Prinzip als den unmittelbaren Schöpfer des sichtbaren Weltalls vorgestellt, denn kein geistig Normaler würde davon ausgehen, dass der Planer und Architekt des von ihm bewunderten Gebäudes es mit seinen eigenen Händen selbst erbaut hat. Nach Damaskios’ ( Περὶ ᾽αρχῶν ) Zeugnis bezeichneten sie das Eine Prinzip als die „Unbekannte Dunkelheit“. Die Babylonier übergingen es mit Stillschweigen: „An jenen Gott“, sagt Porphyrios in „Περὶ ἀποχῆς ἐμψυχῶν“, „der über allen Dingen ist, sollte man sich weder in äußerer Rede wenden noch in jener, die innerlich ist. . . . .“ Hesiod beginnt seine Theogonie mit den Worten: „Von allen Dingen wurde das Chaos als Erstes hervorgebracht“,131 und gestattet so den Schluss, dass über seine Ursache oder seinen Hervorbringer mit ehrfurchtsvollem Stillschweigen hinweggegangen werden muss. Homer erhebt sich in seinen Gedichten nicht höher als bis zur Nacht, welche er von Zeus verehren lässt. Nach allen alten Theologen und nach den Lehren von Pythagoras oder Platon ist Zeus oder der [SD # 426] unmittelbare Erbauer des Weltalls nicht der höchste Gott; nicht mehr, als Sir Christopher Wren in seinem körperlichen, menschlichen Aspekt das sich in ihm befindende Gemüt ist, welches die großen Kunstwerke erschuf. Homer schweigt deshalb nicht nur in Bezug auf das erste Prinzip, sondern ebenso auch in Bezug auf die dem ersten unmittelbar nachfolgenden beiden Prinzipien, Orpheus’ und Hesiods Äther und Chaos sowie Pythagoras’ und Platons Begrenztes und die Unendlichkeit.132 . . . . Proklos sagt über das höchste Prinzip, es sei . . . . „die Einheit der Einheiten und jenseits der ersten Adyta . . . . . unaussprechlicher als alles Schweigen und okkulter als jede Essenz . . . . . verborgen inmitten der fassbaren Götter.“ (Ibid.)

Thomas Taylor schrieb im Jahr 1797, dass „die Juden nicht weiter gekommen zu sein scheinen . . . . als bis zum unmittelbaren Baumeister des Weltalls“, da „Moses eine Finsternis über dem Antlitz der Tiefe einführt, ohne auch nur anzudeuten, dass es für ihre Existenz irgendeinen Grund geben musste“.133 Es ließe sich noch mehr hinzufügen. Die Juden haben in ihrer Bibel (ein rein esoterisches, symbolisches Werk) die metaphorische Gottheit niemals so tief erniedrigt wie die Christen, indem sie Jehovah als ihren einzigen lebendigen, aber persönlichen Gott annahmen.

Dieses Erste, oder vielmehr Eine Prinzip wurde der „Himmelskreis“ genannt und durch das Hierogramm eines Punktes innerhalb eines Kreises oder eines gleichseitigen Dreiecks symbolisiert, wobei der Punkt den Logos bedeutete. So wird im „Rigveda“, in welchem Brahmâ nicht einmal erwähnt ist, die Kosmogonie mit Hiranyagarbha, dem „Goldenen Ei“, und mit Prajapati (später Brahmâ) eingeleitet, aus denen sämtliche „Schöpfer“-Hierarchien anschließend hervorgehen. Die Monade oder der Punkt ist der Ursprung und die Einheit, aus welcher das gesamte Zahlensystem hervorgeht. Dieser Punkt ist die Erste Ursache, aber Jenes, aus welchem sie hervorgeht, oder vielmehr dessen Ausdruck sie ist, der Logos, wird stillschweigend übergangen. Das universale Symbol wiederum, der Punkt im Kreis, war noch nicht der Architekt, sondern die Ursache dieses Architekten, und Letzterer stand exakt in demselben Verhältnis zu ihm wie der Punkt selbst zum Kreisumfang steht, der nach Hermes Trismegistos nicht definiert werden kann. Porphyrios zeigt, dass Pythagoras’ Monade und Duade wesensgleich sind mit Platons Unendlichem und Endlichem im Philebos, oder was Platon ἄπειρον und πέρας nennt. Lediglich Letzteres (die Mutter) ist substanziell, Ersteres ist „die Ursache aller Einheit und das Maß aller Dinge“, (Vit. Pythag“, S. 47); die Duade (Mulaprakriti, der Schleier) wird somit als die Mutter des Logos und gleichzeitig als seine Tochterd. h. das Objekt seiner Wahrnehmung – dargestellt, die erschaffene [SD # 427] Erschafferin und die sekundäre Ursache davon. Bei Pythagoras kehrt die Monade in Schweigen und Dunkelheit zurück, sobald sie die Triade evolviert hat, von der die übrigen 7 der 10 (zehn) Zahlen ausgehen, welche die Grundlage des geoffenbarten Weltalls darstellen.

In der nordischen Kosmogonie findet sich dasselbe. „Im Anbeginn war ein großer Abgrund (Chaos), und es gab weder Tag noch Nacht; der Abgrund war Ginnungagap, die gähnende Kluft, ohne Anfang und ohne Ende. All-Vater, der Unerschaffene, der Unsichtbare, wohnte in der Tiefe des ‘Abgrunds’ (Raum) und wollte, und was gewollt war, trat ins Dasein.“ (Siehe „Asgard and the Gods“) Wie in der indischen Kosmogonie ist die Entwicklung des Weltalls in zwei Akte geteilt, die in Indien die Prakriti- und die Padma-Schöpfung heißen. Bevor die aus der „Wohnung des Glanzes“ hervorströmenden warmen Strahlen die großen Wasser des Raumes zum Leben erwecken, treten die Elemente der ersten Schöpfung hervor, und aus ihnen wird der Riese Ymir (auch Örgelmir) geschaffen – die aus dem Chaos differenzierte, ursprüngliche Materie (wörtlich siedender Lehm). Dann folgt die Kuh Audhumbla, die Ernährerin,134 die Buri (den Erzeuger) hervorbringt, der von Bestla, der Tochter der „Eisriesen“ (Söhne Ymirs), drei Söhne hatte, Odin, Willi und We oder „Geist“, „Wille“ und „Heiligkeit“ (vergleiche die Genesis der ursprünglichen Rassen in diesem Werk). Dies geschah, während noch überall im Raum die Finsternis herrschte, als die Asen, die schöpferischen Kräfte (Dhyan Chohans) noch nicht entwickelt waren und Yggdrasil, der Baum des Universums, der Zeit und des Lebens, noch nicht gewachsen war und Walhalla oder die Halle der Helden noch nicht existierte. Die skandinavischen Schöpfungslegenden über unsere Erde und Welt beginnen mit der Zeit und dem menschlichen Leben. Alles, was diesem vorangeht, ist für sie „Finsternis“, in welcher der All-Vater verweilt, die Ursache von allem. Wie der Herausgeber von „Asgard and the Gods“ bemerkt, enthalten diese Legenden zwar die Idee des All-Vaters, der ursprünglichen Ursache von allem, doch „wird er in dieser Dichtung kaum erwähnt“. Das geschah seiner Ansicht nach nicht deshalb, weil sich die Idee vor der Verkündigung des Evangeliums „nicht zu klaren Vorstellungen des Ewigen erheben konnte“, sondern wegen ihres tief esoterischen Charakters. Daher beginnen alle schöpferischen Götter oder persönlichen Gottheiten mit dem zweiten Stadium der kosmischen Entwicklung. Zeus wird in und aus Kronos geboren – der Zeit. So ist Brahmâ die Hervorbringung und Emanation von Kala, „Ewigkeit und Zeit“, da Kala einer von Vishnus Namen ist. Daher finden wir Odin als Vater der Götter und der Asen, entsprechend Brahmâ, welcher der Vater der Götter und der Asuras ist, daher auch der androgyne Charakter aller wichtigen schöpferischen Götter, von der zweiten Monade der Griechen herab bis zum Sephiroth Adam Kadmon, dem Brahmâ oder Prajapati-Vach der Veden, und Platons Androgynem, was lediglich eine weitere Version des indischen Symbols ist.

[SD # 428] Die beste metaphysische Definition der ursprünglichen Theogonie im Geist der Vedantisten ist in den „Notes on the Bhagavat Gita“ von T. Subba Row zu finden (siehe „The Theosophist“, Ausgabe Februar 1887). Der Vortragende sagt seinen Zuhörern über Parabrahman, das Unbekannte und Unerkennbare:

„ . . . . . Es ist nicht Ego, es ist nicht Nichtego, noch ist es Bewusstsein . . . . . es ist nicht einmal Atman“ . . . . . „aber, obwohl es selbst nicht Gegenstand der Erkenntnis ist, ist es doch dazu imstande, jegliche Art von Objekt und von Existenz, die selbst zum Gegenstand der Erkenntnis wird, zu tragen und hervorzurufen. Es ist die Eine Essenz, aus der ein Energiezentrum ins Dasein tritt . . . . .“, das er Logos nennt.

Dieser Logos ist das Shabda Brahman der Hindus, dem er nicht einmal den Namen Iswara (der „Herr“ Gott) zuordnen will, damit das Wort in den Vorstellungen der Menschen nicht Verwirrung stiftet. Er ist aber der Avalokitesvara der Buddhisten, das Verbum der Christen in seiner wirklichen, esoterischen Bedeutung, nicht in seiner theologischen Entstellung.

„Er ist“, sagt er, „der Gñatha oder das Ego im Kosmos, und jedes andere Ego . . . . . . ist bloß seine Reflexion und Offenbarung. . . . . . Während des Pralayas existiert er in einem latenten Zustand im Schoß Parabrahmans. . . .“ (Während des Manvantaras) „besitzt er sein eigenes Bewusstsein und seine eigene Individualität . . . . .“ (Er ist ein Energiezentrum, aber) . . . . . „es existieren nahezu unzählige derartige Energiezentren in Parabrahmans Schoß . . . . .“ „Man darf nicht glauben, der Logos sei der Schöpfer oder er sei lediglich ein einziges Energiezentrum . . . . . . ihre Zahl ist nahezu unendlich.“ „Dieses Ego“, fügt er hinzu, ,,ist das erste, das im Kosmos erscheint, und ist das Ende aller Entwicklung. Es ist das abstrakte Ego“ . . . . . „dies ist die erste Offenbarung (oder Aspekt) Parabrahmans.“ „Sobald er als ein bewusstes Wesen ins Dasein tritt . . . . . . erscheint ihm Parabrahman von seinem objektiven Standpunkt aus als Mulaprakriti.“ „Man möge dies wohl beachten“, bemerkt der Vortragende, „denn hierin liegt die Wurzel der Schwierigkeit, die von verschiedenen Schriftstellern über Vedantaphilosophie in Bezug auf Purusha und Prakriti empfunden wurde. Diese Mulaprakriti ist für ihn (den Logos) so materiell, wie sämtliche materiellen Gegenstände es für uns sind. Diese Mulaprakriti ist nicht mehr Parabrahman als das Bündel von Attributen eines Pfeilers der Pfeiler selbst ist; Parabrahman ist eine unbedingte und absolute Realität, und Mulaprakriti ist eine Art darüber geworfener Schleier. Parabrahman selbst kann nicht gesehen werden, wie es ist. Der Logos sieht es mit einem Schleier bedeckt, und dieser Schleier ist die gewaltige Ausdehnung der kosmischen Materie. . . .“ „Nachdem Parabrahman einerseits als das Ego und andererseits als Mulaprakriti erschienen ist, wirkt es durch den Logos als die eine Energie.“

Und der Vortragende erklärt mithilfe eines schönen Gleichnisses, was er unter diesem Wirken von Etwas, was Nichts ist, obwohl es das All ist, versteht. Er vergleicht den Logos mit der Sonne, die Licht und Wärme ausstrahlt, deren Energie jedoch, Licht und Wärme, in irgendeinem unbekannten Zustand im Raum existiert und dort lediglich als sichtbares Licht und Wärme verbreitet wird, während die Sonne nur der Vermittler davon ist. Dies ist die erste dreifältige Hypostase. Die vierfältige wird abgeschlossen durch das vom Logos ausgegossene Energie spendende Licht.

Die hebräischen Kabbalisten erklären das in einer Weise, die esoterisch mit den Erläuterungen [SD # 429] der Vedantisten übereinstimmt. Ain Soph, so lehren sie, könne nicht erfasst, nicht lokalisiert und auch nicht benannt werden, obwohl er die unverursachte Ursache von allem ist. Daher ist sein Name – Ain Soph – ein negativer Ausdruck, „der Unerforschbare, der Unerkennbare, und der Unbenennbare“. Daher machten sie aus ihm einen grenzenlosen Kreis, eine Sphäre, von welcher der menschliche Intellekt selbst mit äußerster Anstrengung lediglich das Gewölbe wahrnehmen konnte. Mit den Worten eines Mannes, der im kabbalistischen System vieles enträtselt hat, in Bezug auf eine seiner Bedeutungen gelang ihm dies sogar höchst gründlich, und zwar der numerischen und geometrischen Esoterik: „Schließt eure Augen und versucht, in eurem Denken im Bewusstsein eurer eigenen Wahrnehmung in allen Richtungen nach außen zu gehen, bis an die äußersten Grenzen. Ihr werdet finden, dass sich gleich lange Wahrnehmungslinien oder -strahlen gleichmäßig in alle Richtungen erstrecken, bis die äußerste Anstrengung der Wahrnehmung im Gewölbe einer Sphäre ihre Grenze finden wird. Die Begrenzung dieser Kugel wird notwendigerweise ein großer Kreis sein, und die direkten Gedankenstrahlen in jede und alle Richtungen müssen geradlinige Radien dieses Kreises sein. Menschlich gesprochen muss dies nun die weiteste, allumfassendste Idee des geoffenbarten Ain Soph sein, die sich von selbst als eine geometrische Figur formuliert, nämlich als ein Kreis mit seinen Elementen des gekrümmten Umfangs und geradlinigen Durchmessers, der sich in Radien teilt. Daher ist eine geometrische Figur das erste erkennbare Mittel für eine Verbindung zwischen dem Ain Soph und der Intelligenz des Menschen.“135

Dieser große Kreis (den die östliche Esoterik auf den Punkt innerhalb des grenzenlosen Kreises reduziert) ist der Avalokitesvara, der Logos oder das Verbum, von dem T. Subba Row spricht. Dieser Kreis oder geoffenbarte Gott ist uns aber genauso unbekannt wie das Eine, es sei denn durch sein geoffenbartes Weltall, obwohl leichter für unsere höchste Auffassung oder viel möglicher erscheinend. Dieser während des Pralayas im Schoß Parabrahmans schlafende Logos, vergleichbar unserem „während Sushupti, also des Schlafs, (in uns) latent liegenden Ego“; welcher also Parabrahman nicht anders zu erkennen vermag denn als Mulaprakriti – Letztere ein kosmischer Schleier, welcher „die gewaltige Ausdehnung kosmischer Materie“ ist – und somit bei der kosmischen Schöpfung lediglich ein Organ, durch welches die Energie und Weisheit Parabrahmans strahlt, dem Logos ebenso unbekannt wie uns selbst. Da uns ferner der Logos genauso unbekannt ist wie Parabrahman in Wirklichkeit dem Logos, haben sowohl die östliche Esoterik als auch die Kabbala die abstrakte Synthese in konkrete Bilder aufgelöst, um den Logos in den Bereich unseres Vorstellungsvermögens zu bringen; nämlich in die Widerspiegelungen oder vielfachen Aspekte dieses Logos oder Avalokitesvara, Brahmâ, Ormazd, Osiris, Adam Kadmon – mit welchem dieser Namen auch immer man sie bezeichnen will –, deren Aspekte oder manvantarische Emanationen die Dhyan Chohans, die Elohim, die Devas, die Amschaspands etc. etc. sind. Laut T. Subba Row erklären die Metaphysiker die Wurzel und den Keim der Letzteren zur ersten Manifestation Parabrahmans, „die höchste Dreiheit, die [SD # 430] zu verstehen wir in der Lage sind“, nämlich Mulaprakriti (der Schleier), der Logos sowie die bewusste Energie des Letzteren oder seine Kraft und sein Licht136; oder „Materie, Kraft und das Ego, oder die eine Wurzel des Selbst, von welcher jede andere Art von Selbst lediglich eine Offenbarung oder ein Widerschein ist“. Nur in diesem Licht (des Bewusstseins) intellektueller und körperlicher Wahrnehmung vermag der praktische Okkultismus dies mithilfe geometrischer Figuren sichtbar zu machen, welche bei genauem Studium nicht nur eine wissenschaftliche Erklärung des wirklichen, objektiven Daseins137 der „Sieben Söhne der göttlichen Sophia“ liefern werden, welche das Licht des Logos sind, sondern auch mithilfe anderer noch unentdeckter Schlüssel zeigen werden, dass diese „Sieben Söhne“ und ihre zahllosen Emanationen, die personifizierten Energiezentren, in Bezug auf die Menschheit eine unbedingte Notwendigkeit sind. Schaffe sie aus der Welt, und das Geheimnis des Seins und der Menschheit wird niemals enträtselt werden, ja man wird seiner Lösung nicht einmal nahe kommen.

Durch dieses Licht wurde alles erschaffen. Diese Wurzel des intellektuellen Selbst ist zugleich die Wurzel des körperlichen Selbst, denn dieses Licht ist in unserer geoffenbarten Welt die Permutation Mulaprakritis, welche in den Veden Aditi genannt wird. In seinem dritten Aspekt wird es zu Vach,138 der Tochter und Mutter des Logos, so wie Isis die Tochter und Mutter des Osiris ist, der Horus ist; und Mut die Tochter, Gattin und Mutter Amuns in der ägyptischen Mondglyphe. In der Kabbala ist Sephira gleichbedeutend mit Shekinah, und in einer anderen Zusammensetzung ist sie die Gattin, Tochter und Mutter des „Himmlischen Menschen“, Adam Kadmons. Sie ist sogar identisch mit ihm, ebenso wie Vach identisch ist mit Brahmâ und der weibliche Logos genannt wird. Im „Rigveda“ ist Vach „die mystische Sprache“, mit deren Hilfe dem Menschen okkultes Wissen und Weisheit vermittelt werden, und folglich heißt es, Vach „sei in die Rishis eingetreten“. Sie ist „von den Göttern erschaffen“; sie ist die göttliche Vach, die „Königin der Götter“, und sie ist – wie Sephira mit den Sephiroth – bei ihrem Schöpfungswerk mit den Prajapati verbunden. Obendrein wird sie die „Mutter der Veden“ genannt, „da Brahmâ die Veden mit ihrer Macht (als mystische Rede) offenbarte und er auch das Universum aufgrund ihrer Kraft hervorbrachte“ – d. h. durch Rede und Worte (dargestellt mit dem „Wort“) und Zahlen.139

Wenn Vach aber auch als Dakshas Tochter erwähnt wird – „des Gottes, der in allen Kalpas lebt“ –, so beweist das ihren mayavischen Charakter: [SD # 431] Während des Pralayas verschwindet sie, absorbiert in den Einen, alles verschlingenden Strahl.

Bei allen diesen Nachahmungen der weiblichen Naturkraft oder der Natur – der noumenalen und der phänomenalen – existieren jedoch zwei ausgeprägte Aspekte in der universalen Esoterik, in der östlichen wie in der westlichen. Der eine ist ihr rein metaphysischer Aspekt, wie er von dem gelehrten Redner in seinen „Notes on the Bhagavadgita“ beschrieben wird; der andere ist irdisch und körperlich und vom Standpunkt der praktischen menschlichen Vorstellung und des Okkultismus aus gleichzeitig göttlich. Sie alle sind Symbole und Personifikationen des Chaos, der „großen Tiefe“ oder der Ursprünglichen Wasser des Raums, des undurchdringlichen Schleiers zwischen dem Unerkennbaren und dem Logos der Schöpfung. „Indem er sich mithilfe seines Gemüts mit Vach verbindet, schuf Brahmâ (der Logos) die Ursprünglichen Wasser“. In der Kathaka-Upanishad ist das noch klarer ausgesprochen: „Prajapati war dieses Universum. Vach war nach ihm die Wichtigste. Er verband sich mit ihr . . . sie brachte diese Geschöpfe hervor und trat wieder in Prajapati ein.“140

Und hier können wir beiläufig auf einen der vielen ungerechten Verunglimpfungen hinweisen, wie sie von den frommen und guten Missionaren in Indien gegen die Landesreligion erhoben wurden. Diese Allegorie – aus der „Satapatha-Brahmana“ – dass Brahmâ als Vater der Menschen das Schöpfungswerk durch einen inzestuösen Umgang mit seiner eigenen Tochter Vach vollbrachte, auch Sandhya (Zwielicht) und Satarupa (die hundertfach Geformte) genannt, wird den Brahmanen unaufhörlich zur Verurteilung ihrer „verabscheuungswürdigen, falschen Religion“ ins Gesicht geschleudert. Abgesehen von der Tatsache, dass zweckdienlicherweise von den Europäern vergessen wird, dass der Patriarch Lot sich desselben Verbrechens in menschlicher Form als schuldig erwies, während Brahmâ oder vielmehr Prajapati den Inzest in Gestalt eines Hirsches mit seiner Tochter ausführte, welche die Gestalt einer Hirschkuh (Rohit) angenommen hatte, zeigt die esoterische Lesart des dritten Kapitels der Genesis (Kap. iii) dasselbe. Ferner hat die indische Allegorie ganz bestimmt eine kosmische und nicht eine physiologische Bedeutung, nachdem Vach eine Permutation von Aditi und Mulaprakriti (Chaos) ist, und Brahmâ eine Permutation von Narayana, des in die Natur eintretenden und sie befruchtenden Geistes Gottes; daher ist in dieser Idee überhaupt nichts Phallisches enthalten.

Wie bereits festgestellt, ist Aditi-Vach der weibliche Logos, oder das „Wort“, Verbum; und die Sephira der Kabbala ist dasselbe. Diese weiblichen Logoi sind in ihrem noumenalen Aspekt alle Korrelationen von Licht, Ton und Ether, und zeigen, wie gut unterrichtet die Alten sowohl in Bezug auf [SD # 432] die Wissenschaft der Physik (wie sie jetzt den Modernen bekannt ist) waren als auch in Bezug auf die Geburt dieser Wissenschaft in den spirituellen und astralen Sphären.

„Unsere alten Schriftsteller sagten, Vach sei von viererlei Art . . . . Para, Pasyanti, Madhyama, Vaikhari (eine Aussage, die im „Rigveda“ und in den Upanishaden zu finden ist) . . . . Vaikhari Vach ist, was wir aussprechen.“ Sie ist Ton, Sprache, das wiederum, was für einen unserer physischen Sinne erkennbar und gegenständlich wird und den Gesetzen unserer Wahrnehmung unterstellt werden kann. Daher: „Jede Art von Vaikhari Vach existiert in ihrer Madhyama-, . . . . Pasyanti- und schließlich in ihrer Para-Form. . . . . Dieser Pranava141 wird Vach genannt, weil diese vier Prinzipien des großen Kosmos diesen vier Formen der Vach entsprechen. . . . . Der ganze Kosmos in seiner objektiven Form ist Vaikhari Vach; das Licht des Logos ist die Madhyama-Form; der Logos selbst die Pasyanti-Form; unterdessen ist Parabrahman der Para-Aspekt (jenseits des Noumenon aller Noumena) dieser Vach.“ („Notes on the Bhagavadgita“)

Somit sind Vach, Shekinah und die „Sphärenmusik“ des Pythagoras ein und dasselbe, wenn wir unsere Beispiele den drei (scheinbar) einander unähnlichsten Religionsphilosophien der Welt entnehmen – der hinduistischen, der griechischen und der chaldäisch-hebräischen. Diese Nachahmungen und Allegorien können unter vier (Haupt-) und drei (Neben-) oder im Ganzen unter sieben Aspekten betrachtet werden, wie in der Esoterik. Die Para-Form ist das ewig subjektive und latente Licht sowie der Ton, welche im Schoß des Unerkennbaren ewig existieren; wenn sie in die Ideenbildung des Logos oder in dessen latentes Licht transferiert wird, heißt sie Pashyanti, und wenn sie zum Ausdruck dieses Lichts wird, ist sie Madhyama.

Nun gibt die Kabbala die Definition wie folgt: „Es gibt drei Arten von Licht, und diese (die vierte), welche die anderen durchdringt; (1) das klare und das durchdringende, das objektive Licht, (2) das reflektierte Licht und (3) das abstrakte Licht. Die zehn Sephiroth, die drei und die sieben, heißen in der Kabbala die 10 Worte, d-brim (Dabarim), die Zahlen und Emanationen des himmlischen Lichts, das beides ist – Adam Kadmon und Sephira oder (Brahmâ) Prajapati-Vach. Licht, Ton und Zahl sind die drei Schöpfungsfaktoren in der Kabbala. Parabrahman kann nicht erkannt werden, außer durch den leuchtenden Punkt (den Logos), der Parabrahman nicht kennt, sondern nur Mulaprakriti. Ebenso kannte Adam Kadmon nur Shekinah, obwohl er Ain Sophs Vehikel war. Und als Adam Kadmon ist er nach der esoterischen Interpretation die Zusammenfassung der Zahl Zehn, der Sephiroth (selbst eine Trinität oder die drei Attribute der [SD # 433] unerkennbaren Gottheit in Einem).142 „Als der Himmlische Mensch (oder Logos) zuerst die Form der Krone143 (Kether) annahm und sich mit Sephira identifizierte, bewirkte er, dass sieben strahlende Lichter aus ihr (der Krone) hervorgingen“, die in ihrer Gesamtheit zehn ergaben; genauso ließ Brahmâ-Prajapati, nachdem er von Vach getrennt wurde und dennoch mit ihr vereint blieb, aus dieser Krone die sieben Rishis hervorgehen, die sieben Manus oder Prajapatis. In der Exoterik wird man immer 10 und 7 finden, entweder Sephiroth oder Prajapati; in der esoterischen Darstellung aber immer 3 und 7, was ebenfalls 10 ergibt. Nur wenn sie in der manifestierten Sphäre in 3 und 7 geteilt sind, bilden sie das androgyne und das , oder die geoffenbarte und differenzierte Zahl X.

Das wird dem Schüler helfen zu verstehen, warum Pythagoras die Gottheit (den Logos) als den Mittelpunkt der Einheit und die „Quelle der Harmonie“ verehrte. Wir sagen, dass diese Gottheit der Logos war und nicht die in Einsamkeit und Stille verweilende Monade, weil Pythagoras lehrte, dass die Einheit nicht teilbar und deshalb keine Zahl ist. Und das ist auch der Grund, warum man von dem um Aufnahme in seine Schule ersuchenden Kandidaten verlangte, dass er als Vorstufe bereits die Wissenschaften der Arithmetik, Astronomie, Geometrie und Musik studiert hatte, die als die vier Abteilungen der Mathematik betrachtet wurden.144 Das erklärt wieder, warum die Pythagoreer behaupteten, dass die Lehre von den Zahlen – die wichtigste in der Esoterik – dem Menschen von den himmlischen Gottheiten enthüllt worden sei; dass die Welt von Ton und Harmonie aus dem Chaos hervorgerufen und nach den Grundsätzen der musikalischen Proportion aufgebaut worden sei; und ferner, dass die Bewegungen der die Geschicke der Sterblichen lenkenden sieben Planeten harmonisch erfolgen – „entsprechend der musikalischen Intervalle, welche verschiedene Klänge von so vollkommenem Zusammenklang ergeben, dass sie die süßeste Melodie hervorbringen, die für uns nur wegen der Erhabenheit des Klangs unhörbar ist, den zu vernehmen unsere Ohren nicht fähig sind“ („Censorinus“).

In der pythagoreischen Theogonie waren die Hierarchien der himmlischen Schar und der Götter beziffert und durch Zahlen ausgedrückt. Pythagoras hatte die Geheimwissenschaft in Indien studiert. Daher finden wir seine Schüler sagen: „Die Monade (das geoffenbarte Eine) ist die Grundlage aller Dinge. Aus der Monade und der unbestimmten Duade (dem Chaos) entsprangen die [SD # 434] Zahlen; aus den Zahlen die Punkte; aus den Punkten die Linien; aus den Linien die Flächen; aus den Flächen die Körper; aus diesen die festen Körper, die aus vier Elementen bestehen: Feuer, Wasser, Luft, Erde; aus den umgewandelten und vollständig veränderten Elementen (sich mit ihnen in Wechselbeziehung befindend) besteht die Welt.“ (Diogenes Laertios in der Vit. Pythag“.)

Und das mag, wenn es auch noch nicht das ganze Geheimnis enthüllt, auf jeden Fall den Zipfel des Schleiers jener wunderbaren Allegorien heben, der über Vach geworfen wurde, die geheimnisvollste aller brahmanischen Göttinnen, welche „die melodische Kuh genannt wird, von der Nahrung und Wasser gemolken werden kann“ (die Erde mit all ihren mystischen Kräften), und wiederum sie, „die uns Nahrung und Unterhalt gibt“ (die physische Erde). Isis ist ebenfalls die mystische Natur und auch die Erde; und ihre Kuhhörner identifizieren sie mit Vach. Nachdem Letztere in ihrer höchsten Form als Para erkannt wurde, wird sie am niederen oder materiellen Ende der Schöpfung – Vaikhari. Daher ist sie die mystische, wenn auch physische Natur mit allen ihren magischen Seiten und Eigenschaften.

Als Göttin der Sprache und des Tons und als eine Permutation der Aditi, ist sie in einem Sinn das Chaos. Auf jeden Fall ist sie die „Mutter der Götter“, und die wirkliche, geoffenbarte Theogonie muss von Brahmâ (Iswara oder dem Logos) und Vach sowie von Adam Kadmon und Sephira ausgehen. Darüber hinaus ist alles Dunkelheit und abstrakte Spekulation. Mit den Dhyan Chohans oder den Göttern befinden sich die Seher, die Propheten und die Adepten im Allgemeinen auf festem Grund. Einerlei ob Aditi oder die göttliche Sophia der griechischen Gnostiker, ist sie die Mutter der Sieben Söhne: der „Engel des Angesichts“, der „Tiefe“ oder des „Großen Grünen“ aus dem „Totenbuch“. Das Buch Dzyan (der durch Meditation erlangten Erkenntnis) sagt:

„Die große Mutter lag mit , der und dem , der zweiten und dem 145 in ihrem Schoß, bereit sie hervorzubringen, die mutigen Söhne der (oder der 4.320.000, dem Zyklus), deren zwei Vorläufer der und der • (Punkt) sind.“

Zu Beginn eines jeden 4.320.000 Jahre dauernden Zyklus steigen die sieben (oder wie einige Nationen sagten, die acht) großen Götter herab, um die neue Ordnung der Dinge zu begründen und den neuen Zyklus anzustoßen. Dieser achte Gott war der vereinigende Kreis oder Logos, im exoterischen Dogma von seiner Schar getrennt und unterschieden, gerade so, wie die drei göttlichen Hypostasen der alten Griechen jetzt in den Kirchen für drei verschiedene personae gehalten werden. Wie der Kommentar sagt: „Die Mächtigen erfüllen ihre großen Werke und hinterlassen ewige Denkmale zum Gedenken an ihren Besuch, jedesmal wenn sie in unseren mayavischen Schleier (unsere Atmosphäre) eindringen“, sagt ein [SD # 435] Kommentar.146 So wird uns gelehrt, dass die großen Pyramiden unter ihrer direkten Aufsicht erbaut wurden „als Dhruva (der damalige Polarstern) seine untere Kulmination durchlief und die Krittikas (die Plejaden) über sein Haupt blickten (sich auf demselben Meridian befanden, aber darüber standen), um das Werk der Riesen zu überwachen“. Da die ersten Pyramiden am Anfang eines siderischen Jahres unter Dhruva (Alpha Polaris) erbaut wurden, muss das vor über 31.000 Jahren (31.105) geschehen sein. Bunsen hatte Recht, als er für Ägypten ein Alter von über 21.000 Jahren einräumte, aber dieses Zugeständnis umfasst in dieser Frage kaum die volle Wahrheit und den gesamten Sachverhalt. „Die von den ägyptischen Priestern und anderen über die Zeitrechnung in Ägypten erzählten Geschichten stellen in den Augen derer, die den Fesseln der Bibel entronnen sind, schon immer weniger Lügen dar“, schreibt der Verfasser von „The Natural Genesis“. „Kürzlich wurden in Sakkara Inschriften gefunden, welche zwei Sothis-Zyklen erwähnen . . . die damals, jetzt vor etwa 6.000 Jahren, aufgezeichnet wurden. Als Herodot in Ägypten war, hatten die Ägypter somit – wie jetzt bekannt ist – mindestens fünf verschiedene Sothis-Zyklen zu je 1.461 Jahren aufgezeichnet. Die Priester informierten den griechischen Fragesteller, dass die Zeit bei ihnen schon derartig lange so berechnet wurde, dass die Sonne bereits zweimal dort aufgegangen sei, wo sie damals unterging, und zweimal untergegangen, wo sie damals aufging. Das . . . kann als Tatsache in der Natur ausschließlich mit dem Ablauf zweier Präzessionszyklen oder mit einem Zeitraum von 51.736 Jahren erklärt werden.“ (Band II, S. 318. Siehe aber auch in unserem Band II, „Chronologie der Brahmanen“.)

Mar Isaak (siehe Kirchers „Oedipus Aegyptiacus“, Bd. ii, S. 425) zeigt, dass die alten Syrer ihre Welt der „Herrscher“ und „aktiven Götter“ ebenso definierten wie die Chaldäer. Die unterste Welt war die Sublunare – unsere eigene – von „Engeln“ der ersten oder niedrigsten Stufe bewacht; als nächste folgte dem Rang nach Merkur, beherrscht von den „Erzengeln“; dann kam Venus, deren Götter die Fürstentümer waren; die vierte war die der Sonne, die Domäne und die Region der höchsten und mächtigsten Götter unseres Systems, der Sonnengötter aller Nationen; die fünfte war Mars, von den „Tugenden“ beherrscht; die sechste – die von Bel oder Jupiter – wurde von den Herrschern regiert; die siebte – die Welt des Saturn – von den Thronen. Diese sind die Welten der Form. Darüber kommen die vier höheren, was wieder sieben ergibt, nachdem die drei höchsten „nicht angesprochen werden können und unaussprechlich“ sind. Die achte, aus 1.122 Sternen zusammengesetzt, ist die Domäne der Cherubim; die neunte, die aufgrund ihrer Entfernung den wandernden und zahllosen Sternen angehört, hat die Seraphim; in Bezug auf die zehnte sagt Kircher, indem er Mar Isaak zitiert, dass sie zusammengesetzt ist „aus unsichtbaren Sternen, die, wie sie sagten, für Wolken gehalten werden könnten – so groß ist ihre Zahl in dem Bereich, den wir Via Straminis nennen, die [SD # 436] Milchstraße“; und er beeilt sich zu erklären, dass „es sich dabei um Luzifers Sterne handelt, die bei seinem schrecklichen Schiffbruch mit ihm zusammen in den Abgrund gerissen wurden“. Was nach und jenseits der zehn Welten (unserer Vierheit) kommt (oder die Arupa-Welt), konnten die Syrer nicht sagen. „Alles, was sie wussten war, dass hier der weite und unbegreifliche Ozean des Unendlichen beginnt, die Wohnstatt der wahren Gottheit, ohne Grenzen und ohne Ende.“

Champollion weist denselben Glauben bei den Ägyptern nach, Hermes spricht vom Vater-Mutter und Sohn, deren Geist (kollektiv das Göttliche Fiat) das Universum formt, und sagt dann: „Es wurden auch sieben Vermittler (Medien) geformt, um die materiellen (oder manifestierten) Welten in ihren jeweiligen Kreisen einzuschließen, und die Wirkung dieser Vermittler wurde Schicksal genannt.“ Weiter zählt er sieben und zehn und zwölf Klassen auf, aber es würde zu lange dauern, sie hier im Einzelnen anzuführen.

Da das „Rigvidhana“ zusammen mit dem „Brahmanda-Purana“ und sämtlichen derartigen Werken von Dr. Weber und anderen zu modernen Kompilationen erklärt werden, „die wahrscheinlich erst der puranischen Zeit angehören“, ist es nutzlos, den Leser auf ihre mystischen Erklärungen zu verweisen, ob sie nun die magische Wirkungsweise der Mantren des „Rigveda“ beschreiben oder die zukünftigen Kalpas; man könnte ebenso gut einfach aus archaischen Büchern zitieren, welche den Orientalisten völlig unbekannt sind. Diese Werke erklären das, was die Gelehrten so in Verlegenheit versetzt, nämlich dass die Saptarishis, Brahmâs „aus der Seele geborene Söhne“, im Satapatha-Brahmana unter einer Reihe von Namen aufgeführt werden; im Mahabharata unter einer weiteren Reihe; und dass das Vayu-Purana anstelle von sieben sogar neun Rishis nennt, indem es der Liste noch die Namen des Bhrigu und Daksha hinzufügt. Dasselbe geschieht aber in allen exoterischen Schriften. Die Geheimlehre gibt eine lange Genealogie von Rishis, trennt sie aber in viele Klassen. Wie die Götter der Ägypter in sieben und selbst in zwölf Klassen eingeteilt wurden, geschieht das auch mit den indischen Rishis und ihren Hierarchien. Die ersten drei Gruppen sind die göttliche, die kosmische und die sublunare. Darauf folgen die solaren Götter unseres Systems, die planetarischen, die submundanen und die rein menschlichen – die Heroen und die Manushi.

Gegenwärtig jedoch haben wir es lediglich mit den präkosmischen, himmlischen Göttern, den Prajapatis oder den „sieben Baumeistern“ zu tun. Diese Gruppe findet sich unverkennbar in jeder Kosmogonie. Infolge des Verlusts der archaischen Dokumente Ägyptens müssen wir uns an die alten Hymnen und Grabinschriften wenden, um die von der Geheimlehre vorgebrachten Behauptungen teilweise und indirekt bestätigt zu finden. Denn nach Herrn Maspero sind „die zum Studium der Geschichte der religiösen Entwicklung Ägyptens vorliegenden Materialien und historischen Daten weder komplett noch häufig verständlich“. Auf jeden Fall zeigt einer dieser Hymnen, dass Osiris, wie auch Brahmâ-Prajapati, Adam Kadmon, Ormazd und so viele andere Logoi, das Haupt und die Synthese der [SD # 437] Gruppe von „Schöpfern“ und Baumeistern war. Bevor Osiris der „Eine“ und der höchste Gott Ägyptens wurde, wurde er in Abydos als das Haupt oder der Leiter der Himmlischen Schar der Baumeister verehrt, die der höheren der drei Ordnungen angehören. Der auf der Votivstele eines Grabmals in Abydos (3. Register) eingravierte Hymnus ruft Osiris wie folgt an: „Gegrüßt seist Du, oh Osiris, älterer Sohn von Seb; der Du von der Göttin Nut (dem Urwasser) hervorgebracht wurdest und als größter über den sechs Göttern stehst, der Du deines Vaters Ra großer Liebling bist! Vater der Väter, König der Dauer, Meister in der Ewigkeit . . . der Du, sobald sie aus dem Schoß Deiner Mutter hervorgingen, alle Kronen sammeltest und die Uräus (-Schlange oder Naja)147 auf Dein Haupt setztest; vielgestaltiger Gott, dessen Name unbekannt ist, und der Du viele Namen hast in den Städten und Provinzen. . .“ Aus dem Urwasser hervortretend, mit der Uräus gekrönt, dem Schlangen­emblem des kosmischen Feuers, und selbst der siebte über den sechs ursprünglichen Göttern, hervorgegangen aus Vater-Mutter, Nu und Nut (dem Himmel) – wer anders könnte Osiris sein als der Haupt-Prajapati, der Haupt-Sephiroth, der Haupt-Amschaspand-Ormazd! Letzterer solarer und kosmischer Gott hatte zu Beginn der religiösen Entwicklung dieselbe Stellung inne wie der Erzengel, „dessen Name geheim war“, so viel ist sicher. Dieser Erzengel war Michael, der Repräsentant des verborgenen jüdischen Gottes auf der Erde; kurz gesagt, es ist sein „Antlitz“, von dem gesagt wird, dass es den Juden vorangeschritten sei wie eine „Feuersäule“. Burnouf sagt: „Die sieben Amschaspands, die ganz sicher unsere Erzengel sind, bezeichnen auch die Personifikationen der göttlichen Tugenden.“ („Comment sur le Yaçna“, S. 174) Und diese Erzengel sind daher ebenso „sicher“ die Saptarishis der Hindus, obwohl es nahezu unmöglich erscheint, einem jeden davon sein heidnisches Vorbild und Gegenüber zuzuordnen, da sie alle „in den Städten und Provinzen so viele Namen“ haben, wie dies auch auf Osiris zutrifft. Einige der wichtigsten werden jedoch in ihrer Reihenfolge genannt.

Eines ist somit unabstreitbar bewiesen. Je tiefer man ihre Hierarchien studiert und ihre Wesensgleichheit feststellt, desto mehr Beweise erlangt man auch dafür, dass sämtliche vergangenen und gegenwärtigen persönlichen Götter, soweit sie uns seit den frühesten Tagen der Geschichte bekannt sind, dem dritten Stadium der kosmischen Manifestation angehören. In allen Religionen finden wir die verborgene Gottheit als die Grundlage; dann den Strahl daraus, der in die ursprüngliche kosmische Materie fällt (als erste Manifestation); dann das androgyne Ergebnis, die personifizierte, duale, männliche und weibliche abstrakte Kraft (als zweites Stadium); diese trennt sich schließlich im dritten in sieben Kräfte, von allen alten Religionen die schöpferischen Kräfte und von [SD # 438] den Christen die „Tugenden Gottes“ genannt. Die spätere Erklärung und die metaphysischen abstrakten Kennzeichnungen haben die römische und die griechische Kirche nie daran gehindert, diese „Tugenden“ unter den Personifikationen und unterschiedlichen Namen der sieben Erzengel zu verehren. Im Buch der „Drushim“ (S. 59, erste Abhandlung) im Talmud wird eine Unterscheidung zwischen diesen Gruppen gemacht, welche der korrekten kabbalistischen Erklärung entspricht. Sie lautet wie folgt:

„Es existieren drei Gruppen (oder Ordnungen) von Sephiroth. 1. Die als „göttliche Attribute“ (abstrakt) bezeichneten Sephiroth. 2. Die physischen oder siderischen Sephiroth (persönlichen) – die eine Gruppe besteht aus sieben, die andere aus zehn. 3. Die metaphysischen Sephiroth oder die Umschreibung Jehovahs, welche die ersten drei Sephiroth sind (Kether, Chochmah und Binah) und der Rest sind die (persönlichen) sieben Geister der Gegenwart“ (und der Planeten).

Dieselbe Einteilung muss auf die primäre, sekundäre und tertiäre Evolution der Götter einer jeden Theogonie angewendet werden, möchte man ihren Sinn esoterisch übersetzen. Wir dürfen die rein metaphysischen Personifikationen der abstrakten Attribute der Gottheit nicht mit ihrem Widerschein verwechseln – den siderischen Göttern. Dieser Widerschein ist jedoch in Wirklichkeit der objektive Ausdruck der Abstraktion: lebendige Wesenheiten und die nach diesem göttlichen Vorbild geformten Modelle. Ferner sind die drei metaphysischen Sephiroth oder „die Umschreibung Jehovahsnicht Jehovah; mit seinen weiteren Titeln Adonai, Elohim, Sabbaoth und den zahlreichen ihm verschwenderisch erteilten Namen ist Letzterer selbst die Umschreibung von Schaddai, י ַּך ַׁש, dem Allmächtigen. Der Name ist eine umständliche Ausdrucksweise, tatsächlich ein allzu üppiges Sprachbild der jüdischen Rhetorik und wurde von den Okkultisten schon immer beanstandet. Für die jüdischen Kabbalisten und selbst für die christlichen Alchemisten und Rosenkreuzer war Jehovah jedoch eine zweckdienliche Projektionsfläche, durch das Zusammenfalten ihrer vielen Flächen vereint und als Stellvertreter akzeptiert: Jeder Name eines individuellen Sephiroth war dabei so gut wie alle anderen für jene, die sich im Besitz des Geheimnisses befanden. Das Tetragrammaton, der Unaussprechliche und die siderische „Gesamtsumme“ wurden zu keinem anderen Zweck erfunden als die Profanen irrezuführen und Leben und Zeugung zu symbolisieren.148 Der wirklich geheime und unaussprechliche Name – „das Wort, das kein Wort ist“ – muss in den sieben Namen der ersten sieben Emanationen oder der „Söhne des Feuers“ gesucht werden, [SD # 439] in den geheimen Schriften aller großen Nationen und selbst im „Zohar“, der kabbalistischen Lehre der kleinsten von ihnen allen, nämlich der jüdischen. Dieses in allen Sprachen aus sieben Buchstaben zusammengesetzte Wort findet sich in den architektonischen Überresten aller großen Gebäude weltweit verkörpert; von den zyklopischen Überresten auf der Osterinsel (einem Teil eines Kontinentes, der eher vor 4.000.000149 als vor 20.000 Jahren vor unserer Zeit unter dem Meer begraben wurde) bis herab zu den ältesten ägyptischen Pyramiden.

Wir werden uns mit diesem Gegenstand eingehender zu beschäftigen haben und praktische Erläuterungen bringen müssen, um die im Text gemachten Behauptungen zu beweisen.

Für den Augenblick genügt es, mit einigen Beispielen die Wahrheit des am Beginn dieser Monografie Behaupteten zu belegen, nämlich dass keine Kosmogonie der ganzen Welt jemals der Einen Höchsten Ursache, dem universalen vergöttlichenden Prinzip, die unmittelbare Schöpfung unserer Erde oder des Menschen oder von irgendetwas mit diesen verbundenen zugeschrieben hat – mit einer einzigen Ausnahme: der christlichen. Diese Behauptung gilt ebenso für die hebräische und die chaldäische Kabbala wie für die Genesis, wäre Letztere jemals vollkommen verstanden, und – was noch wichtiger ist – korrekt übersetzt worden.150 Überall findet sich entweder ein Logos – ein „Licht, das [SD # 440] in der Finsternis scheinet“, fürwahr – oder der Erbauer der Welten steht esoterisch im Plural. Die römische Kirche, paradox wie immer, wendet den Beinamen des Schöpfers auf Jehovah allein an, übernimmt aber eine ganze Kyriel von Namen für die wirkenden Kräfte des Letzteren, Namen, die das Geheimnis verraten. Denn, wenn die genannten Kräfte nicht mit der sogenannten „Schöpfung“ zu tun hätten, warum nennt man sie dann im Plural Elohim (Alhim); „göttliche Arbeiter“ und Energien (᾽Ενεργεία), weißglühende himmlische Steine (lapides igniti coelorum); und insbesondere „Weltunterstützer“ (Κοσμοκράτορες), Direktoren oder Gebieter der Welt (Rectores mundi), „Räder“ der Welt (Rotae), Ophanim, Flammen und Mächte, „Söhne Gottes“ (B´ne Elohim), „wachsame Räte“ usw. usw.

Es wurde oft vorausgesetzt (und zwar wie üblich zu Unrecht), dass China, nahezu so alt wie Indien, keine Kosmogonie hätte. „Sie war Konfuzius unbekannt, und die Buddhisten erweiterten ihre Kosmogonie, ohne einen persönlichen Gott einzuführen“,151 lautet die Beschwerde. Das Yi-King, „die echte Essenz alten Denkens und das vereinte Werk der allerverehrtesten Weisen, unterlässt es, eine bestimmte Kosmogonie kundzugeben“. Nichts­destoweniger existiert eine solche, und zwar eine ganz bestimmte. Nur ließ Konfuzius kein zukünftiges Leben gelten,152 und die chinesischen Buddhisten wiesen die Idee eines einzigen Schöpfers zurück und nahmen stattdessen eine Ursache und ihre zahllosen Wirkungen an, und daher werden sie von jenen missverstanden, die an einen persönlichen Gott glauben. Das „Große Extreme“ als der Anfang „der Veränderungen“ (Transmigrationen) ist die kürzeste und vielleicht bedeutsamste aller Kosmogonien für jene, welche die Tugend um ihrer selbst willen lieben und versuchen, das Gute selbstlos zu tun, ohne beständig nach Belohnung und Nutzen auszuschauen – wie die Konfuzianer. Das „Große Extreme“ des Konfuzius erzeugt „zwei Gestalten“. Diese „zwei“ erzeugen ihrerseits die „vier Bilder“; diese wiederum „die acht Symbole“. Es wird beklagt, dass wir sie nach Gutdünken betrachten können, obwohl die Konfuzianer in ihnen „Himmel, Erde und den Menschen im Kleinen“ . . . sehen. Ohne Zweifel, und so ist es in Bezug auf viele Symbole, insbesondere auf die der jüngsten Religionen. Wer aber etwas von okkulten Zahlen versteht, erkennt in diesen „Gestalten“ das allerdings rohe Symbol der harmonisch fortschreitenden Evolution des Kosmos und seiner Wesen, der himmlischen wie der irdischen. Und niemand, der die numerische Evolution der ursprünglichen Kosmogonie des Pythagoras studiert hat (eines Zeitgenossen von Konfuzius) wird jemals verfehlen, in seiner aus der Einen und alleinigen Monade hervorgehenden Triade, Tetraktis und [SD # 441] Dekade dieselbe Idee zu erkennen. Konfuzius wird von seinem christlichen Biografen ausgelacht, weil er von einer „Weissagung schwatzt“, vor und nach dieser Stelle und durch folgendes Zitat repräsentiert: „Die acht Symbole bestimmen gutes und schlechtes Schicksal, und diese führen zu großen Taten. Es gibt keine nachahmbaren Bilder, die größer sind als Himmel und Erde. Es gibt keine größeren Veränderungen als die vier Jahreszeiten (gemeint sind Norden, Süden, Osten und Westen et seq.). Es gibt keine aufgehängten Bilder, die heller wären als Sonne und Mond. Im Vorbereiten der Dinge zum Gebrauch ist niemand größer als der Weise. Im Bestimmen von Glück und Unglück ist nichts größer als die Weissagungshalme und die Schildkröte.“153

Daher werden die „Weissagungshalme“ und die „Schildkröte“, die „symbolischen Linienreihen“ und der große Weise, der sie dabei beobachtet, wie sie eins und zwei werden, und zwei werden zu vier, und die vier zu acht, und die anderen Liniengruppen „drei und sechs“, geringschätzig verlacht, nur weil seine weisen Symbole missverstanden werden.

So werden der Verfasser und seine Kollegen ohne Zweifel auch die in unserem Text angeführten Stanzen verspotten, denn sie repräsentieren exakt dieselbe Idee. Die alte archaische Karte der Kosmogonie ist voll von Linien im konfuzianischen Stil, von konzentrischen Kreisen und Punkten. Und doch repräsentieren sie alle die abstraktesten und philosophischsten Vorstellungen von der Kosmogonie unseres Universums. Auf jeden Fall können sie die Anforderungen und wissenschaftlichen Zwecke unseres Zeitalters vielleicht besser beantworten als die kosmogonischen Aufsätze des Hl. Augustin und „Beda, des Ehrwürdigen“, obwohl diese mehr als ein Jahrtausend später veröffentlich wurden als die konfuzianischen.

Konfuzius, einer der größten Weisen der alten Welt, glaubte an alte Magie, und übte sie selbst aus, „wenn wir die Behauptungen des Kin-yu als erwiesen annehmen“ . . . . und „er rühmte sie im Yi-King bis in den Himmel“, sagt uns sein hochwürdiger Kritiker. Nichtsdestoweniger lehrten bereits zu seiner Zeit, d. h. 600 v. Chr., Konfuzius und seine Schule die Kugelform der Erde und sogar das heliozentrische System; hingegen wurden ungefähr dreimal 600 Jahre nach dem chinesischen Philosophen von Roms Päpsten „Häretiker“ wegen derselben Behauptungen bedroht und sogar verbrannt. Man lacht über ihn, weil er von der „heiligen Schildkröte“ spricht. Keine vorurteilsfreie Person könnte irgendeinen großen Unterschied sehen zwischen einer Schildkröte und einem Lamm als Kandidaten für Heiligkeit, da beide lediglich Symbole sind und nicht mehr. Der Ochse, der Adler154 und der Löwe und gelegentlich [SD # 442] die Taube sind die „heiligen Tiere“ der westlichen Bibel. Die ersten drei finden sich rund um die Evangelisten gruppiert. Das vierte (ein menschliches Antlitz) ist ein Seraph, d. h. eine feurige Schlange, wahrscheinlich der gnostische Agathodaimon.155 Wie bereits erklärt, beziehen sich die „heiligen Tiere“ und die Flammen oder „Funken“ innerhalb der „heiligen Vier“ auf die Vorbilder all dessen, was sich im Universum im Göttlichen Gedanken findet, in der Wurzel, die der vollkommene Würfel ist oder das Fundament des Kosmos, kollektiv und individuell. Sie haben alle eine okkulte Beziehung zu ursprünglichen kosmischen Formen und ihrer ersten Verdichtung, ihrem Wirken und ihrer Evolution.

In den frühesten exoterischen Kosmogonien der Hindus erschafft noch nicht einmal der Demiurg. Denn in einem der Puranas heißt es: „Der große Baumeister der Welt gibt den ersten Anstoß zur rotierenden Bewegung unseres Planetensystems, indem er alle Planeten und Körper der Reihe nach überschreitet.“ Diese Handlung ist es, welche „die Rotation eines jeden Globus um seine eigene Achse und aller um die Sonne bewirkt“. Im Anschluss an diese Handlung „übernehmen die Brahmandika, die solaren und lunaren Pitris (die Dhyan Chohans) bis ans Ende des Kalpas die Aufsicht über ihre jeweiligen Globen (Erden und Planeten)“. Die Rishis sind die Schöpfer; den meisten von ihnen wird die Urheberschaft für die Mantren oder Hymnen des Rigvedas zugeschrieben. Manchmal sind es sieben, manchmal zehn, wenn sie zu Prajapati werden, dem „Herrn der Wesen“. Dann werden sie wieder die sieben und die vierzehn Manus, als Repräsentanten der sieben und vierzehn Zyklen des Daseins (der „Tage Brahmâs“); und entsprechen so den sieben Äonen, wenn sie am Ende des ersten Stadiums der Evolution in die sieben stellaren Rishis, die Saptarishis, verwandelt werden; indessen erscheinen ihre menschlichen Doppelgänger als Heroen, Könige und Weise auf dieser Erde.

[SD # 443] Nachdem somit die Geheimlehre des Ostens den Grundton geliefert und angeschlagen hat – der unter seinem allegorischen Gewand ebenso wissenschaftlich wie philosophisch und poetisch ist, wie man sehen kann – folgte jede Nation ihrer eigenen Führung. Wir müssen zunächst einmal die Wurzelidee aus den exoterischen Religionen ausgraben, bevor wir uns den esoterischen Wahrheiten zuwenden, wenn wir vermeiden wollen, dass Letztere zurückgewiesen werden. Überdies können sämtliche Symbole jeder nationalen Religion esoterisch interpretiert werden, und der Beweis dafür, dass es bei seiner Transliteration in die entsprechenden Zahlen und geometrischen Formen richtig gelesen wurde, kann aus der außerordentlichen Übereinstimmung aller Glyphen und Symbole gewonnen werden, wie sehr sie sich auch voneinander unterscheiden mögen. Denn im Ursprung waren all diese Symbole identisch. Betrachten wir beispielsweise die Anfangssätze verschiedener Kosmogonien: In jedem Fall haben wir einen Kreis, ein Ei oder ein Haupt. Immer ist Finsternis mit diesem ersten Symbol verbunden und umgibt es, wie bereits an dem hinduistischen, dem ägyptischen, dem chaldäisch-hebräischen und selbst dem skandinavischen System gezeigt – daher die schwarzen Raben, schwarzen Tauben, schwarzen Wasser und selbst die schwarzen Flammen; die siebte Zunge Agnis, des Feuergottes, wird „Kali“ genannt, „die Schwarze“, weil sie eine schwarz flackernde Flamme war. Zwei schwarze Tauben flogen von Ägypten aus und, sich auf den Eichen von Dodona niederlassend, gaben den griechischen Göttern ihre Namen. Noah sendet nach der Sintflut einen schwarzen Raben aus, ein Symbol für das kosmische Pralaya, nach dessen Ende die eigentliche Schöpfung oder Evolution unserer Erde und Menschheit begann. Odins schwarze Raben flatterten um die Göttin Saga und „raunten ihr von der Vergangenheit und der Zukunft“. Was ist nun die wirkliche Bedeutung all dieser schwarzen Vögel? Sie besteht darin, dass sie alle mit der ursprünglichen Weisheit im Zusammenhang stehen, die aus der vorkosmischen Quelle von allem hervorströmt, symbolisiert durch das Haupt, den Kreis oder das Ei; und sie haben alle eine übereinstimmende Bedeutung und beziehen sich auf den ursprünglichen archetypischen Menschen (Adam Kadmon), den schöpferischen Ursprung aller Dinge, der zusammengesetzt ist aus der Schar der kosmischen Kräfte – der schöpferischen Dhyan Chohans, jenseits derer alles Dunkelheit ist.

Befragen wir die Weisheit der Kabbala – so verschleiert und verzerrt sie heute auch ist – damit sie uns in ihrer Zahlensprache die Bedeutung des Wortes „Rabe“ zumindest annähernd erklärt. Das ist sein Zahlenwert, wie er in „Source of Measures“ gegeben wird.

„Der Ausdruck Rabe wird nur einmal erwähnt und als eth-horebv בדעה־תא = 678 oder 113 × 6 genommen, während die Taube fünfmal erwähnt wird. Ihr Wert ist 71 und 71 × 5 = 355. Sechs gekreuzte Durchmesser, oder der Rabe, würden den Umfang eines Kreises von 355 in 12 Teile oder Felder unterteilen; und 355 für jede Einheit durch 6 unterteilt würde 213-0 entsprechen oder dem Haupt („Anbeginn“) des ersten Verses der Genesis. Dieses Ergebnis auf dieselbe Weise geteilt oder unterteilt durch 2, oder die 355 durch 12, würde 213-2 geben oder das Wort B’rash, שאר־ב, oder das erste Wort der Genenis mit seinem Präpositionalpräfix, und astronomisch dieselbe konkretisierte allgemeine Form bedeuten, [SD # 444] wie die hier beabsichtigte.“ Nun ist die geheime Lesart des ersten Verses der Genesis wie folgt: „Im Anbeginn (B’rash) oder Haupt entwickelten die Götter Himmel und Erde“ – und so ist es einfach, die esoterische Bedeutung des Rabens zu verstehen, sobald ermittelt wurde, dass die Flut (oder Sintflut Noahs) dieselbe Bedeutung hat. Was immer die vielen anderen Bedeutungen dieser emblematischen Allegorie sein mögen, ihre Hauptbedeutung ist die eines neuen Zyklus und einer neuen Runde (unserer vierten Runde).156 Der „Rabe“ oder eth-horebv ergibt denselben numerischen Wert wie das „Haupt“, und er kehrte nicht zur Arche zurück, während die Taube zurückkehrte und einen Ölzweig mitbrachte. Als Noah, der neue Mensch der neuen Rasse (dessen Urbild Vaivasvatamanu ist), Anstalten machte, die Arche, den Schoß (oder Argha) der irdischen Natur zu verlassen, ist er das Symbol des rein geistigen, geschlechtslosen und androgynen Menschen der ersten drei Rassen, die für immer von der Erde verschwanden. Numerisch sind in der Kabbala Jehovah, Adam und Noah ein und derselbe: Im besten Fall ist es also die Gottheit, die auf den Ararat (später auf den Sinai) herabsteigt, um durch den fortan natürlichen Prozess ihr Ebenbild im Menschen zu inkarnieren: den Schoß der Mutter, dessen Symbole in der Genesis die Arche sind, der Berg (Sinai) usw. Die jüdische Allegorie ist auf einmal viel astronomischer und rein physiologischer als anthropomorphisch.

Und das macht die Kluft zwischen den beiden Systemen aus (dem arischen und dem semitischen), obwohl beide auf derselben Grundlage aufgebaut sind. Wie von einem Interpreten der Kabbala gezeigt wird: „Die der Philosophie der Hebräer zugrunde liegende Idee war die, dass Gott alle Dinge in sich selbst enthalte und dass der Mensch sein Ebenbild sei; der Mensch einschließlich der Frau (als Androgyne)“; und dass „in den Begriffen Mann und Frau Geometrie und Zahlen (und auf die Astronomie anwendbare Maße) enthalten sind; und die scheinbare Unstimmigkeit dieses Modus durch die Darlegung des Zusammenhangs zwischen Mann und Frau beseitigt wurde, mithilfe eines besonderen Systems von Zahlen, Maßen und der Geometrie, durch die Zeitperioden der Schwangerschaft, welche das Bindeglied zwischen den verwendeten Ausdrücken und den gezeigten Tatsachen bildeten und den angewendeten Modus vervollkommneten“. Da die erste Ursache gänzlich unerkennbar ist, wird behauptet, dass „das Symbol ihrer ersten begreifbaren Offenbarung die Vorstellung eines Kreises mit seiner Durchmesserlinie war, welche zugleich die Idee der Geometrie, des Phallizismus und der Astronomie transportieren konnte“; und dass dieses Symbol schließlich nur noch in der „Bedeutung der menschlichen Zeugungsorgane“ verwendet wurde.157 Daher wird der gesamte Zyklus von Ereignissen [SD # 445] von Adam und den Patriarchen bis herunter zu Noah zu phallischen und astronomischen Zwecken angewendet, welche sich gegenseitig regulieren, wie z. B. die lunaren Perioden. Daher beginnt auch ihre Genesis mit dem Verlassen der Arche und dem Ende der Flut – mit der vierten Rasse. Bei den arischen Völkern ist das anders.

Die östliche Esoterik hat die eine unendliche Gottheit, die alle Dinge in sich enthält, niemals für solche Zwecke erniedrigt; und das zeigt sich in der Abwesenheit Brahmâs im „Rigveda“ und in der bescheidenen Stellung, die Rudra und Vishnu darin einnehmen, die Zeitalter später zu den mächtigen und großen Göttern, den „Unendlichen“ der exoterischen Glaubensbekenntnisse wurden. Aber selbst sie, „Schöpfer“, die sie alle drei sein mögen, sind nicht die unmittelbaren Schöpfer und „Vorväter der Menschen“. Die Letzteren nehmen nach dieser Darstellung eine noch niedrigere Stufe ein und werden Prajapatis, die Pitris (unsere Mondvorfahren) usw. usw. genannt, aber niemals der „eine unendliche Gott“. Die Esoterische Philosophie zeigt lediglich den physischen Menschen als nach dem Ebenbild der Gottheit erschaffen; Letztere sind jedoch lediglich „niedere Götter“. Nur allein das Höhere Selbst, das wirkliche Ego, ist göttlich und Gott.

§ XIII
Die sieben Schöpfungen

„Da war weder Tag noch Nacht, noch Himmel noch Erde, noch Finsternis noch Licht, noch irgendetwas anderes außer dem Einen allein, dem Verstand unbegreifbar, oder Jenes, das Brahman ist und Pums (Geist) und Pradhana (rohe Materie).“ (Veda: „Vishnu Purana Commentary“); oder buchstäblich: „Ein Pradhanika-Brahman-Geist: Jenes war.“ Der „Pradhanika-Brahman-Geist“ ist Mulaprakriti und Parabrahman.

Im Vishnu-Purana“ sagt Parashara zu Maitreya, seinem Schüler: „Ich habe dir, hervorragender Muni, somit sechs Schöpfungen erklärt. . . . die Schöpfung der Arvakshrotas-Wesen war die siebte und die des Menschen.“ Dann fährt er fort und spricht von zwei weiteren, sehr geheimnisvollen Schöpfungen, die von den Kommentatoren unterschiedlich erklärt werden.

Origenes kommentiert von seinem Widersacher Celsus verfasste und von den umsichtigen Kirchenvätern allesamt vernichtete Bücher; er antwortet dabei offenbar auf die Einwände seines Gegners und enthüllt zugleich sein System. Dieses war offensichtlich siebenfältig. Seine Theogonie jedoch, die Genesis der Sterne oder Planeten, des Tons und der Farbe wurden alle mit Spottschriften bedacht, und nicht mehr. Celsus, wie ihr seht, „spricht in seinem Bedürfnis, sein Wissen zur Schau zu stellen“, von einer Schöpfungsleiter mit sieben Toren und [SD # 446] einem achten an ihrer Spitze – das ewig verschlossen bleibt. Die Mysterien des persischen Mithras werden erklärt und „obendrein musikalische Begründungen hinzugefügt.“ . . . . Und zu diesen wiederum bemüht er sich „eine weitere Erklärung hinzuzufügen, die ebenso mit musikalischen Überlegungen zusammenhängt“,158 d. h. mit den sieben Tönen der Tonleiter, den sieben Geistern der Sterne usw. usw.

Valentinus lässt sich weitläufig über die Macht der großen Sieben aus, die berufen waren, dieses Universum hervorzubringen, nachdem Ar(r)hetos oder der Unaussprechliche, dessen Name aus sieben Buchstaben zusammengesetzt ist, die erste Siebenheit repräsentierte. Dieser Name (Ar(r)hetos) deutet auf die siebenfältige Natur des Einen hin (des Logos). „Die Göttin Rhea“, sagt Proklos im „Timaios“ (S. 121), „ist eine Monade, eine Duade und eine Heptade“, indem sie alle Titanen in sich einschließt, „sieben an der Zahl“.

Die sieben Schöpfungen finden sich in fast allen Puranas. Ihnen allen geht voran, was Wilson als „das ungetrennte Prinzip“ übersetzt, der absolute Geist, frei von jeglicher Beziehung zu Sinnesgegenständen. Diese Schöpfungen sind: (1) Mahattattva, die Universalseele, unendlicher Intellekt oder das Göttliche Gemüt; (2) Bhuta oder Bhutasarga, die elementale Schöpfung, die erste Differenzierung der universalen, undifferenzierten Substanz; (3) Indriya oder Aindriyaka, die organische Evolution. „Diese Drei waren die Prakriti-Schöpfungen, die Entwicklungen der undifferenzierten Natur, welche dem undifferenzierten Prinzip vorausgingen“; (4) Mukhya, die grundlegende Schöpfung der wahrnehmbaren Dinge, war die Schöpfung unbelebter Körper;159 (5) Tairyagyonya oder Tiryakshrotas war die der Tiere; (6) Urdhvashrotas oder die der Gottheiten (?);160 (7) Arvakshrotas war die des Menschen. (Siehe „Vishnu-Purana“)

Das ist die in den exoterischen Texten gegebene Reihenfolge. Nach der esoterischen Lehre gibt es sieben primäre und sieben sekundäre „Schöpfungen“; Erstere sind die sich aus der einen ursachlosen Kraft selbst evolvierenden Kräfte; Letztere zeigen das sich aus den bereits differenzierten göttlichen Elementen hervorgehende manifestierte Universum.

Esoterisch so gut wie exoterisch stehen sämtliche oben aufgezählten Schöpfungen für die (7) Evolutionsperioden, ob sie auf ein „Zeitalter“ oder einen „Tag“ Brahmâs folgen. Das ist die Lehre der okkulten Philosophie par excellence, die jedoch „in Bezug auf die primäre ‘Schöpfung’“ niemals den Begriff der „Schöpfung“ gebraucht, ja nicht einmal den der Evolution, sondern alle derartigen KräfteAspekte der Ursachlosen Kraft“ nennt. In der Bibel [SD # 447] werden die sieben Perioden zu sechs Schöpfungstagen und dem siebten, dem Ruhetag, zusammengeschrumpft, und die Abendländer hängen am Buchstaben. Wenn in der hinduistischen Philosophie der wirkende Schöpfer die Welt der Götter, die Keime aller undifferenzierten Elemente und die Ansätze der künftigen Sinne hervorgebracht hat (kurz gesagt die Welt der Noumena), verbleibt das Universum einen „Tag Brahmâs“ lang oder für einen Zeitraum von 4.320.000.000 Jahren unverändert. Das ist die auf die sechs Perioden aktiver Evolution folgende siebte, passive Periode oder der „Sabbat-Tag“ der östlichen Philosophie. Im Satapatha-Brahmana strahlt das „Brahman“ (Neutrum), die absolute Ursache aller Ursachen, die Götter aus. Nachdem es (durch seine ihm innewohnende Natur) die Götter ausgestrahlt hat, wird das Werk unterbrochen. Im ersten Buch Manus heißt es: „Am Ausgang einer jeden Nacht (Pralaya) erwacht Brahmâ, der geschlafen hatte, und bewirkt, dass sich der Geist durch die bloße Energie der Bewegung aus sich selbst heraus emaniert, der in seiner Essenz ist und doch nicht ist.“

Im Sefer Jezirah, dem kabbalistischen Buch der Schöpfung, hat der Verfasser offensichtlich die Worte Manus wiederholt. Dem Buch zur Folge existierte die Göttliche Substanz allein seit Ewigkeit, grenzenlos und absolut; und hat den Geist aus sich selbst heraus ausgesendet. „Eins ist der Geist des lebendigen Gottes, gepriesen sei sein Name, der lebt in Ewigkeit! Stimme, Geist und Wort, das ist der Heilige Geist.“ (Sefer Jezirah, Kap. 1, Mischna ix) Und das ist die kabbalistische, abstrakte Dreieinigkeit, die von den Kirchenvätern so ungezwungen anthropomorphisiert wurde. Aus dieser dreifachen Eins emanierte der gesamte Kosmos. Zuerst emanierte aus der Eins die Zahl Zwei oder die Luft, das schöpferische Element; dann ging die Zahl Drei, das Wasser, aus der Luft hervor; Ether oder Feuer vervollständigt die mystische Vier, den Arba-il (Ibid.). In der östlichen Lehre ist Feuer das erste Element – Ether, welcher das Ganze synthetisiert (da er sie alle enthält).

Im Vishnu-Purana“ werden alle sieben Perioden angegeben, und die fortschreitende Evolution der „Geistseele“ und der sieben Formen der Materie (oder der Prinzipien) wird gezeigt. Es ist unmöglich, sie in diesem Werk aufzuzählen. Der Leser wird gebeten, eines der Puranas genau durchzusehen.

„R. Yehudah begann, so steht geschrieben: ‘Die Elohim sagten: Es sei eine Ausdehnung inmitten der Wasser. . . . . Zu der Zeit als der Heilige . . . die Welt erschuf, erschuf Er (erschufen sie) 7 Himmel oben. Er erschuf 7 Erden unten, 7 Meere, 7 Tage, 7 Flüsse, 7 Wochen, 7 Jahre, 7 Zeiten und 7.000 Jahre, die die Welt gewesen war. . . . . das Siebte des ganzen Millenniums. So sind hier sieben Erden unten, sie sind alle bewohnt, ausgenommen jene, die oben sind, und jene . . . . unten. Und . . . . zwischen den Erden ist jeweils ein Himmel (Firmament) ausgebreitet. . . . . Und in jenen (diesen Erden) gibt es Geschöpfe, die alle unterschiedlich aussehen . . . . aber wenn ihr einwendet und sagt, dass alle Kinder der Welt von Adam abstammen, so [SD # 448] ist dem nicht so. . . . . Und die niederen Erden, woher kommen sie? Sie kommen von der Erdkette und von dem Himmel darunter.“ etc. etc.161

Irenäus bezeugt uns ebenfalls (und zwar sehr unfreiwillig), dass die Gnostiker dasselbe System lehrten, während sie die wahre esoterische Bedeutung sehr sorgfältig verschleierten. Dieser „Schleier“ ist jedoch identisch mit dem des Vishnu-Puranas und anderen. So schreibt Irenäus über die Markosianer: „Sie behaupten, dass zuallererst die vier Elemente Feuer, Wasser, Erde und Luft nach dem Abbild der ursprünglichen oberen Tetrade hervorgebracht wurden, und dass sich ein genaues Ebenbild der Achtheit ergibt, wenn wir ihre Wirkungen hinzufügen, nämlich Wärme, Kälte, Trockenheit und Feuchtigkeit.“ („Adv. Haer.“, Bd. i Kap. xvii)

Nur sind dieses „Ebenbild“ und die Achtheit selbst Blenden, gerade so wie bei den sieben Schöpfungen des Vishnu-Puranas, denen noch zwei weitere hinzugefügt werden, von welchen die achte mit dem Namen Anugraha „zugleich die Eigenschaften der Güte und der Dunkelheit besitzt“, eher eine Sankhya-Idee als eine puranische. Denn Irenäus wiederholt (Bd. i, xxx 6), dass „sie (die Gnostiker) eine ähnliche achte Schöpfung hatten, die gut und böse, göttlich und menschlich war. Sie behaupten, dass der Mensch am achten Tag geformt wurde. Manchmal behaupten sie, dass er am sechsten Tag erschaffen wurde, und ein anderes Mal am achten; außer sie wären möglicherweise der Ansicht, dass sein irdischer Teil am sechsten Tag gebildet wurde und sein leiblicher Teil (?) am achten; diese beiden wurden von ihnen unterschieden.“

Allerdings wurden sie „unterschieden“, aber nicht so, wie Irenäus es darstellt. Die Gnostiker kannten eine obere und eine untere Siebenheit im Himmel, und eine dritte, irdische Siebenheit auf der materiellen Ebene. Iao, der geheime Gott und Herrscher des Mondes, wie auf Origenes Karte dargestellt, war das Oberhaupt dieser oberen „sieben Himmel162, und deshalb identisch mit dem Oberhaupt der lunaren Pitris; diese Bezeichnung gaben sie den lunaren Dhyan Chohans. „Sie versichern, dass diese sieben Himmel intelligent sind, und sprechen von ihnen als von Engeln“, schreibt derselbe Irenäus; und fügt hinzu, dass sie Iao aus diesem Grund Hebdomas nannten, während seine Mutter „Ogdoas“ hieß, weil sie, wie er erklärt, „die Zahl der ersterzeugten und ursprünglichen Achtheit des Pleromas bewahrt“ (ebenda, Bd. 1, v. 2).

Diese „ersterzeugte Achtheit“ war (a) in der Theogonie der zweite Logos, (der geoffenbarte), weil er aus dem siebenfältigen ersten Logos geboren wurde, daher ist er Achter auf dieser manifestierten Ebene; und (b) in der Sternenverehrung war er die Sonne, Marttanda – der achte Sohn Aditis, den sie verstößt, während sie ihre sieben Söhne bewahrt, die Planeten. Denn die Alten haben die Sonne niemals als einen Planeten angesehen, sondern als einen Zentral- und Fixstern. Dieser ist nun also die zweite Siebenheit, aus der Siebenstrahligen geboren: Agni, die Sonne [SD # 449] und was nicht noch alles, nicht aber die sieben Planeten, welche Suryas Brüder sind, nicht aber seine Söhne. Diese astralen Götter – der Sohn Sophia Achamoths und die Tochter Sophias (Weisheit), deren Region das Pleroma ist – waren Ildabaoths163 (von Ialda, „Kind“, und Baoth, „das Ei“) Söhne. Bei den Gnostikern war Ildabaoth das Oberhaupt der astralen Götter. Er erschafft folgende sechs Sternengeister aus sich selbst heraus: Jove (Johovah), Zebaoth, Adonai, Eloëus, Orëus, Astaphäus164und sie bilden die zweite oder geringere Siebenheit. Was die dritte anbelangt, so ist sie aus den sieben ursprünglichen Menschen zusammengesetzt, den Schatten der lunaren Götter, die aus der ersten Hebdomas projiziert worden waren. Wie wir sehen, weicht die gnostische Lehre hier lediglich geringfügig von der esoterischen ab, die Gnostiker verhüllten sie lediglich. Was die Beschuldigung von Irenäus anbelangt, dem die wahren Lehren der „Häretiker“ offenbar nicht bekannt waren, und zwar über die Erschaffung des Menschen am sechsten Tag und, was sich auf die Geheimnisse des inneren Menschen bezieht, über seine Erschaffung am achten Tag: Das wird dem Leser erst dann verständlich werden, wenn er Band II gelesen und die Anthropogenesis der esoterischen Lehre wohl verstanden haben wird.

Ildabaoth ist eine Kopie Manus, der sich brüstet: „Oh, Bester der zweimalgeborenen Menschen! Wisse, dass ich (Manu) er bin, der Schöpfer dieser ganzen Welt, den jener männliche Viraj . . . spontan aus sich selbst hervorbrachte.“ (I, 33) Zuerst erschafft er die zehn Herren des Daseins, die Prajapatis, die, wie uns Vers 36 sagt . . . „sieben weitere Manus hervorbringen“ („The Ordinances of Manu“). Ildabaoth brüstet sich desgleichen: „Ich bin der Vater und Gott, und über mir gibt es niemanden“, ruft er aus. Wofür ihn seine Mutter gelassen mit den Worten zum Schweigen bringt: „Lüge nicht, Ildabaoth, denn der Vater von allen, der erste Mensch (Anthropos) steht über dir und ebenso Anthropos, der Sohn des Anthropos.“ („Irenäus“, Bd. I, Kap. xxx, 6) Das ist ein guter Beweis dafür, dass man drei Logoi hatte (abgesehen von den sieben, die aus dem ersten geboren waren), von welchen einer der Sonnenlogos ist. Und wer wiederum war jener „Anthropos“ selbst, der so viel höher stand als Ildabaoth? Die gnostischen Aufzeichnungen allein können dieses Rätsel lösen. In der Pistis Sophia wird der viervokalige Name Ieov gewöhnlich von dem Beiwort „der Ursprüngliche oder der Erste Mensch“ begleitet. Das wiederum zeigt, dass die Gnosis lediglich einen Widerhall unserer archaischen Lehre darstellt. Die Parabrahman, Brahman und Manu (der erste denkende Mensch) entsprechenden Namen sind aus ein-, drei- und siebenvokaligen Tönen gebildet. Markus, dessen Philosophie der pythagoreischen sicherlich ähnlicher war als sonst irgendetwas, spricht von einer ihm zuteil gewordenen Offenbarung, in der jeder der sieben Himmel einen Vokal ertönen ließ, als sie die sieben Namen der sieben (engelhaften) Hierarchien aussprachen.

Wenn der Geist jedes kleinste Atom der sieben Prinzipien des Kosmos durchdrungen hat, dann beginnt nach der oben erwähnten Ruheperiode die zweite Schöpfung.

[SD # 450] „Die Schöpfer (Elohim) entwerfen in der zweiten ‘Stunde’ die Gestalt des Menschen“, sagt Rabbi Schimon („Das Nuctemeron der Hebräer“). „Es gibt zwölf Stunden am Tag“, sagt die Mischna, „und in diesen Stunden wird die Schöpfung vollbracht“. Die „zwölf Stunden des Tages“ sind wieder die verkleinerte Kopie, das schwache, jedoch getreue Echo der ursprünglichen Weisheit. Wie die 12.000 göttlichen Jahre der Götter, sind sie eine zyklische Maske. Jeder „Tag Brahmâs“ besteht aus 14 Manus, welche die hebräischen Kabbalisten zu 12 „Stunden“ entstellten, hierin den Chaldäern folgend.165 Das „Nuctemeron“ des Apollonios von Tyana ist dasselbe. „Das Zwölfeck liegt im vollkommenen Würfel verborgen“, sagen die Kabbalisten. Die mystische Bedeutung davon ist, dass die zwölf großen Umwandlungen des Geistes in die Materie (die 12.000 göttlichen Jahre) während der vier großen Zeitalter oder dem ersten Maha-Yuga stattfinden. Mit der metaphysischen und übermenschlichen Natur beginnend, endet es mit der physischen und der rein menschlichen Natur des Kosmos und des Menschen. Die östliche Philosophie vermag die Zahl der Jahre der Sterblichen anzugeben, welche für den Ablauf der spirituellen und physischen Evolution des Sichtbaren und des Unsichtbaren notwendig sind, sollte das der westlichen Wissenschaft nicht gelingen.

Die primäre Schöpfung wird die Schöpfung des Lichts (Geistes) genannt; und die sekundäre die der Dunkelheit (Materie).166 Beide finden sich in Gen 1,2-3, und auch am Beginn von Kap. 2. Die erste ist die Emanation der selbst-geborenen Götter (Elohim); die zweite die der physischen Natur.

Darum heißt es im „Zohar“: „Oh, Gefährten, Gefährten, bei seiner Emanation war der Mensch Mann und Frau zugleich; sowohl auf der Seite des Vaters als auf der Seite der Mutter. Und das ist der Sinn der Worte: Und die Elohim sprachen: ‘Es werde Licht, und es ward Licht!’ . . . Und dies ist der ‘zweifache Mensch’! “ Das Licht unserer Ebene ist in den höheren Sphären jedoch Finsternis.

„Mann und Frau auf der Seite des Vaters“ (Geistes) bezieht sich auf die primäre Schöpfung, und auf der Seite der Mutter (Materie) auf die sekundäre. Der zweifältige Mensch ist Adam Kadmon, das männliche und weibliche abstrakte Urbild und die differenzierten Elohim. Der Mensch geht aus den Dhyan Chohans hervor, und er ist ein „Gefallener Engel“, ein Gott in der Verbannung, wie gezeigt werden wird.

In Indien werden diese Schöpfungen wie folgt beschrieben:

(I) Die Mahat-Tattva Schöpfung, so genannt, weil sie die ursprüngliche Selbstevolution dessen beschreibt, was zu Mahat werden sollte, zum „bewussten und intelligenten göttlichen Gemüt“; esoterisch zum „Geist der Universalseele“. . . . „Würdigster der Asketen, durch ihre Kraft (die Kraft jener Ursache) kommt jede hervorgebrachte Ursache entsprechend ihrer eigenen Natur.“ (Vishnu-Purana“) „Da die Fähigkeiten aller Wesen [SD # 451] nur durch die Erkenntnis von Jenem (Brahman) verstanden werden, das über der Denkfähigkeit, jeglicher schöpferischen Tätigkeit und dergleichen liegt, sind solche Kräfte auf Brahman zu beziehen.“ Jenes geht somit der Manifestation voraus. „Das Erste war Mahat“, sagt das Linga-Purana; denn das Eine (Jenes) ist weder Erstes noch Letztes, sondern alles. Exoterisch ist diese Manifestation jedoch das Werk des „Höchsten“ (vielmehr die natürliche Wirkung der ewigen Ursache); oder wie der Kommentator sagt, es könnte damit gemeint sein, dass Brahmâ damals erschaffen (?) wurde, indem er mit Mahat identifiziert wurde, der aktiven Intelligenz oder dem ausübenden Willen des Allerhöchsten. Die Esoterische Philosophie bezeichnet es als „das wirkende Gesetz“.

Das richtige Verständnis dieses Lehrsatzes der Brahmanas und Puranas ist, wie wir glauben, der Zankapfel zwischen den drei vedantischen Sekten: den Advaitas, den Dvaitas und den Visishtadvaitas. Die erste schließt richtig, dass Parabrahman, welches als das absolute All in keinerlei Beziehung zur manifestierten Welt steht, da das Unendliche keinerlei Bezug zum Endlichen hat, weder wollen oder erschaffen kann, dass daher Brahmâ, Mahat, Iswara oder jeder andere Name, unter welchem die schöpferische Kraft bekannt ist, schöpferische Götter und alles Übrige, einfach trügerische Aspekte Parabrahmans in der Vorstellung der Nachsinnenden sind. Die anderen Sekten identifizieren die unpersönliche Ursache indessen mit dem Schöpfer oder Iswara.

Für die Vaishnavas ist Mahat (oder Maha-Buddhi) das Göttliche Gemüt in aktiver Tätigkeit, oder, wie Anaxagoras sich ausdrückt, „ein schaltender und waltender Verstand, der die Ursache aller Dinge war“ – Νοῦς ὅ διακοσμῶντε και πάντων ἄιτιος.

Mit einem Blick erkannte Wilson den suggestiven Zusammenhang zwischen Mahat und dem phönizischen Mot oder Mut, der bei den Ägyptern weiblich war – die Göttin Mout, die „Mutter“ – „die gleich Mahat“, wie er sagt, „das erste Erzeugnis der Vermischung (?) von Geist und Materie war und das erste Rudiment der Schöpfung“. „Ex connexione autem eius spiritus prodiit Mot . . . . . Aus dessen Samen alle lebenden Dinge erschaffen wurden“ – wiederholt Brücker (I, 240) – und gibt ihm eine noch materialistischere und anthropomorphischere Färbung.

Nichtsdestoweniger ist der esoterische Sinn der Lehre schon auf den ersten Blick in jedem exoterischen Satz jener alten Sanskrittexte zu erkennen, die von der ursprünglichen Schöpfung handeln. „Die höchste Seele, die alles durchdringende (Sarvaga) Substanz der Welt, war eingetreten (war hereingezogen worden) in Materie (Prakriti) und Geist (Purusha) und versetzte die wandelbaren und die unwandelbaren Prinzipien in Bewegung, da die Zeit der Schöpfung (das Manvantara) gekommen war.“167 . . .

[SD # 452] Die Geheimlehre lehrt, dass die Dhyan Chohans das kollektive Aggregat der göttlichen Intelligenz oder des ursprünglichen Gemüts sind, und dass die ersten Manus – die sieben „aus der Seele geborenen“ spirituellen Intelligenzen – mit den Ersteren identisch sind. Daher ist „Kwan-Shi-Yin“ – „der Goldene Drachen, in dem die Sieben sind“ der Stanze III – der ursprüngliche Logos oder Brahmâ, die erste manifestierte schöpferische Kraft. Und die dhyanischen Energien sind die Manus oder Manu-Svayambhuva gemeinsam. Der unmittelbare Zusammenhang zwischen den „Manus“ und „Mahat“ ist übrigens leicht zu erkennen. Manu entstammt der Wurzel man, „denken“, und das Denken entspringt aus dem Gemüt. In der Kosmogonie ist es die Periode vor der Nebelbildung.

(II) „Die zweite Schöpfung“, „Bhuta“, war die der rudimentären Prinzipien (Tanmatras), daher heißt sie die elementare Schöpfung (Bhutasarga).168 Sie ist die Periode des ersten Atems der Differenzierung der präkosmischen Elemente oder Materie. Bhutadi bedeutet buchstäblich den „Ursprung der Elemente“ und kommt vor Bhuta-Sarga – der „Schöpfung“ oder Differenzierung jener Elemente im ursprünglichen „Akasha“ (dem Chaos oder der Leere).169 Im Vishnu-Purana“ heißt es von ihm, dass er zum dreifachen Aspekt Ahamkaras gehört und seinem dreifachen Aspekt entsprechend vor sich geht. Ahamkara wird mit Ichbezogenheit übersetzt, steht aber vielmehr für den nicht übersetzbaren Ausdruck der „Ich-bin-heit“, das, was zuerst aus „Mahat“ oder dem göttlichen Gemüt hervorgeht; es ist der erste schattenhafte Umriss der Selbstbezogenheit, denn der „reine“ Ahamkara wird „leidenschaftlich“ und schließlich „rudimentär“ [SD # 453] (ursprünglich). Er ist „der Ursprung des bewussten sowie allen unbewussten Daseins“, obwohl die esoterische Schule die Idee zurückweist, dass irgendetwas „unbewusst“ sein könnte – es sei denn auf dieser (unserer) Ebene der Täuschung und Unwissenheit. In diesem Stadium der zweiten Schöpfung erscheint die zweite Hierarchie der Manus, die Dhyan Chohans oder Devas, welche der Ursprung der Form (Rupa) sind: die Chitrasikhandina (die mit einem Strahlenkranz Verzierten) oder die Rikshas – jene Rishis, welche die belebenden Seelen der sieben Sterne (des Großen Bären) wurden.170 In astronomischer und kosmogonischer Sprache bezieht sich diese Schöpfung auf die Periode des Feuernebels, auf das erste Stadium des kosmischen Lebens nach dem Zustand des Chaos,171 wenn die Atome aus Laya hervorgehen.

(III) Die dritte Schöpfung (Indrya) war die modifizierte Form von Ahamkara, der Idee des „Ichs“ (von „Aham“, „Ich“), die organische Schöpfung oder die Schöpfung der Sinne (Aindriyaka) genannt. „Diese drei waren die Prakrita-Schöpfung, die (getrennten) Entwicklungen der ungetrennten Natur, welcher das ungetrennte Prinzip vorausging.“ Das Wort „vorausging“ sollte hier ersetzt werden und es somit besser heißen „begann durch“, nämlich Buddhi; denn Letzteres ist weder eine getrennte noch eine ungetrennte Größe, sondern hat Anteil an der Natur von beiden, im Menschen wie auch im Kosmos. Eine Einheit – eine menschliche Monade auf der Ebene der Illusion – wird Buddhi, einmal erlöst von den drei Formen Ahamkaras und von ihrem irdischen Manas befreit, tatsächlich zu einer stetigen Größe sowohl in Bezug auf Dauer als auch auf Ausdehnung, denn sie ist ewig und unsterblich. Weiter vorne wurde festgestellt, dass die dritte Schöpfung, „überreich an Güte, Urdhvashrotas genannt wird“; und eine oder zwei Seiten später wird die Urdhvashrotas-Schöpfung als „die sechste Schöpfung . . . die der Gottheiten“ (S. 75) erwähnt. Das zeigt klar, dass frühere so gut wie spätere Manvantaras absichtlich durcheinander gebracht wurden, um den [SD # 454] Profanen an der Entdeckung der Wahrheit zu hindern. Das wird von den Orientalisten als „Inkongruenz“ und „Widersprüche“ bezeichnet.172

Diese „Schöpfung“ der Unsterblichen, „Deva-Sarga“, ist die letzte der ersten Reihe und hat eine universale Bedeutung; sie bezieht sich nämlich auf die Evolution im Allgemeinen und nicht speziell auf unser Manvantara; Letzteres beginnt jedoch immer wieder mit dem Gleichen, und das zeigt, dass es sich auf verschiedene, getrennte Kalpas bezieht. Denn es heißt: „Am Schluss des vergangenen (Padma-) Kalpas erwachte der göttliche Brahmâ aus seinem nächtlichen Schlaf und sah das Universum leer.“ Dann wird gezeigt, wie Brahmâ im zweiten Stadium der Evolution die „sieben Schöpfungen“ erneut durchläuft, indem er die ersten drei auf der objektiven Ebene wiederholt.

(IV) Die Mukhya oder die Erste, da mit ihr die Reihe der vier Schöpfungen beginnt. Weder der Ausdruck „unbelebte“ Körper noch die unbeweglichen Dinge der Wilsonschen Übersetzung geben eine richtige Vorstellung der verwendeten Sanskritbegriffe. Die Esoterische Philosophie steht nicht allein mit ihrer Ablehnung der Vorstellung, irgendein Atom könnte anorganisch sein, denn auch der orthodoxe Hinduismus lehnt diese Vorstellung ab. Darüber hinaus sagt Wilson (in seinen gesammelten Werken, iii, S. 381) selbst: „Alle hinduistischen Systeme betrachten die Körper der Pflanzen als mit Leben ausgestattet. . . . “ Charachara oder die Synonyme Sthavara und Jangama werden daher nur ungenau wiedergegeben mit „belebte und unbelebte“, „fühlende Wesen“ und „unbewusste“ oder „bewusste und unbewusste Wesen“ usw. usw., „bewegliche und feststehende“ wäre besser, „da man davon ausging, dass Bäume im Besitz einer Seele seien“. Mukhya ist die „Schöpfung“ oder organische Evolution des Pflanzenreichs. In dieser sekundären Periode werden die drei Stufen der elementaren oder rudimentären Reiche dieser Welt evolviert, in umgekehrter Reihenfolge der drei prakritischen Schöpfungen in der primären Periode von Brahmâs Aktivität. Da gemäß der Worte des „Vishnu-Puranas“ in jener Periode „die erste Schöpfung Mahat (Intellekt) betraf, die zweite Tanmatras (rudimentäre Prinzipien) und die dritte die Schöpfung der Sinne (Aindriyaka) war“, stehen in dieser die elementalen Kräfte in folgender Reihenfolge: (1) Die entstehenden (intellektuellen und physischen) Kraftzentren; (2) die rudimentären Prinzipien – die Nervenkraft, sozusagen; und (3) die entstehende Wahrnehmung, der Mahat der niederen Reiche, welche insbesondere in der dritten Ordnung der Elementale entwickelt wurde; auf diese folgt das [SD # 455] objektive Mineralreich, in welchem die Wahrnehmung vollständig latent ist, um sich zuerst wieder in den Pflanzen zu entwickeln. Die Mukhya-„Schöpfung“ ist also der Mittelpunkt zwischen den drei niederen und den drei höheren Reichen, welche die sieben esoterischen Reiche des Kosmos und der Erde repräsentieren.

(V) Die Tiryakshrotas- (oder Tairyagyonya-) Schöpfung,173 die der „(heiligen) Tiere“, korrespondiert lediglich auf der Erde mit der Schöpfung der stummen Tiere. Unter „Tieren“ wird in der primären Schöpfung der Keim des erwachenden Bewusstseins oder der Wahrnehmung verstanden, welcher bei einigen sensitiven Pflanzen der Erde schwach und bei den protistischen Moneren174 stärker ausgeprägt beobachtet werden kann. Auf unserem Globus geht während der ersten Runde die Tier-„Schöpfung“ der des Menschen voraus, während die Säugetiere in unserer vierten Runde aus dem Menschen evolvieren – auf der physischen Ebene; in Runde I wurden die Tieratome in eine Kohäsion mit der menschlichen physischen Form gezogen; wohingegen in Runde IV das Gegenteil geschieht, entsprechend den während des Lebens entwickelten magnetischen Bedingungen. Und das ist Metempsychose (siehe „Mineral Monad“ in „Five Years of Theosophy“, S. 276). Dieses fünfte Stadium der Evolution, exoterisch „Schöpfung“ genannt, lässt sich in der primären Periode als die spirituelle und kosmische und in der sekundären als die materielle und irdische Entwicklung betrachten. Es ist Archebiosis oder Lebensursprung – „Ursprung“ natürlich insofern, als die Manifestation des Lebens alle sieben Ebenen betrifft. In dieser Evolutionsperiode differenziert sich die absolut ewige, universale Bewegung oder Schwingung, das, was in der esoterischen Sprache der „Große Atem“ genannt wird, in das ursprüngliche, erste manifestierte Atom. Dieses okkulte Axiom findet mit dem Fortschreiten der Wissenschaften der Chemie und Physik immer mehr und mehr seine Bestätigung in der wissenschaftlichen Welt. Die wissenschaftliche Hypothese, dass selbst die einfachsten Elemente der Materie ihrer Natur nach identisch sind und sich voneinander nur infolge der verschiedenartigen Verteilungen der Atome in dem Molekül oder Substanzkörnchen unterscheiden oder infolge der verschiedenen Arten ihrer atomaren Schwingungen, gewinnt jeden Tag an Boden.

Wie daher die Differenzierung des ursprünglichen Lebenskeims der Evolution der Dhyan Chohans der dritten Gruppe oder Hierarchie des Daseins in der ursprünglichen Schöpfung vorausgehen muss, ehe jene „Götter“ Rupa werden können (verkörpert in ihrer ersten etherischen Form), muss aus [SD # 456] demselben Grund die Tierschöpfung dem göttlichen Menschen auf der Erde vorausgehen. Und das ist der Grund, warum wir in den Puranas lesen, dass „die fünfte, die Tairyagyonya-Schöpfung, die der Tiere war“, und weiter –

(VI) Die Urdhvashrotas-Schöpfung oder die der Gottheiten (Vishnu-Purana“, Buch I, Kap. i). Diese (Gottheiten) sind jedoch lediglich Prototypen der ersten Rasse, die Väter ihrer „aus dem Gemüt geborenen“ Nachkommen mit weichen Knochen.175 Sie waren es, die anschließend die „Schweißgeborenen“ entwickelten – ein Ausdruck, der in Band II erklärt werden wird. Schließlich folgt die sechste „Schöpfung“, und die „Schöpfung“ wird im Allgemeinen beendet durch –

(VII) Die Evolution der „Arvakshrotas-Wesen, welche die siebte darstellte, die des Menschen“ (Vishnu-Purana“, Buch I).

Die erwähnte „achte Schöpfung“ ist gar keine Schöpfung; sie ist lediglich eine weitere Blende, denn sie bezieht sich auf einen rein geistigen Prozess: die Erkenntnis der ihrerseits eine Wirkung darstellenden „neunten“ Schöpfung, welche sich in der sekundären Schöpfung offenbart von dem, was in der primären (Prakrita) Schöpfung eine „Schöpfung“ war.176 Die Achte sodann, Anugraha genannt (die Pratyayasarga- oder intellektuelle Schöpfung der Sankhyas, erklärt in „Karika“, V. 46, S. 146), ist „die Schöpfung, von der wir eine Wahrnehmung besitzen“ – in ihrem esoterischen Aspekt, und „der wir intellektuelle Zustimmung erteilen (Anugraha), im Gegensatz zur organischen Schöpfung“. Sie ist die korrekte Auffassung unserer Beziehungen zu der gesamten Reihe von „Göttern“, und insbesondere jener, die wir mit den Kumaras unterhalten – der sogenannten „neunten Schöpfung“, die in Wirklichkeit ein Aspekt oder eine Reflexion der sechsten Schöpfung unseres Manvantaras (dem Vaivasvata) ist. „Es gibt eine neunte, die Kumara- Schöpfung, die zugleich primär und sekundär ist“, sagt das Vishnu-Purana“, der älteste dieser Texte.177 „Die Kumaras“, erläutert ein esoterischer Text, [SD # 457] „sind die Dhyanis, die unmittelbar aus dem höchsten Prinzip stammen und die in der Vaivasvata-Manu-Periode für die Weiterentwicklung der Menschheit erneut erscheinen werden“.178 Der Kommentator des Vishnu-Puranas bestätigt das, indem er anmerkt, dass „diese Weisen so lange leben wie Brahmâ; und sie werden von ihm nur im ersten Kalpa erschaffen, auch wenn ihre Erschaffung allgemein und im Widerspruch dazu dem (sekundären) Varaha- oder Padma-Kalpa zugeordnet wird“. So sind die Kumaras exoterisch „die Schöpfung Rudras oder Nilalohitas, einer Form Shivas, durch Brahmâ und gewisser anderer aus dem Gemüt geborener Söhne Brahmâs“. In der esoterischen Lehre jedoch sind sie die Vorfahren des wahren spirituellen Selbst im physischen Menschen – die höheren Prajapati, während die Pitris oder niederen Prajapati nicht mehr als die Väter des Modells oder Typus seiner physischen Form sind, „nach ihrem Bilde“ erschaffen. Vier (und gelegentlich fünf) werden in den exoterischen Texten offen erwähnt, während drei der Kumaras geheim sind179 (vgl., was über „Die gefallenen Engel“ in Band II gesagt wird).

Die vier exoterischen sind Sanat-Kumara, Sananda, Sanaka und Sanatana; und die esoterischen drei sind Sana, Kapila und Sanat-Sujata. Auf diese Klasse von Dhyan Chohans wird aufs Neue besonders aufmerksam gemacht, weil hierin das in Band I angedeutete Geheimnis der Erzeugung und Vererbung liegt (siehe die vier Ordnungen engelhafter Wesen, Kommentar zur Stanze VII). Band II erklärt ihre Stellung in der göttlichen Hierarchie. Prüfen wir unterdessen, was die exoterischen Texte über sie sagen.

Sie sagen wenig; und demjenigen, der zwischen den Zeilen zu lesen versäumt – gar nichts. „Wir müssen hier unsere Zuflucht zu anderen Puranas nehmen, um diesen Ausdruck aufzuklären“, bemerkt Wilson, der auch nicht einen einzigen Augenblick daran zweifelt, dass er sich hier in der Gegenwart der „Engel der Finsternis“, des mythischen „großen Feindes“ seiner Kirche, befindet. Daher sinnt er nach nichts weiter als aufzuklären, dass diese (Gottheiten) mit ihrer Weigerung, Nachkommenschaft zu zeugen180 (und damit mit ihrer Rebellion gegen Brahmâ), wie der Name [SD # 458] des ersten impliziert, immer Knaben bleiben werden, Kumaras: d. h. immer rein und unschuldig, und entsprechend heißt ihre Schöpfung auch „Kumara“-Schöpfung (Buch I, Kap. V, Vishnu-Purana“). Die Puranas mögen jedoch ein wenig mehr Licht vertragen. „Da er immer ist, wie er geboren wurde, wird er hier ein Jüngling genannt; und daher ist sein Name als Sanat-Kumara wohlbekannt („Linga-Purana, Vorspann, LXX, S. 174). Im Shiva-Purana werden die Kumaras immer als Yogins beschrieben. Das Kurma-Purana sagt, nachdem es sie aufgezählt hat: „Diese fünf, oh Brahmanen, waren Yogins, die vollständige Befreiung von Leidenschaften erlangten.“ Es sind ihrer fünf, weil zwei der Kumaras fielen.

Unter allen sieben großen Abteilungen der Dhyan Chohans oder Devas finden sich keine, mit der die Menschheit mehr zu tun hätte als mit den Kumaras. Unklug sind die christlichen Theologen, die sie zu gefallenen Engeln erniedrigten und sie jetzt „Satan“ und Dämonen nennen. Denn unter diesen Bewohnern des Himmels, die sich weigern zu erschaffen, muss dem Erzengel Michael – dem größten Schutzheiligen der westlichen und östlichen Kirchen, unter seinem doppelten Namen des Hl. Michael und seiner vermutlichen irdischen Kopie, dem Hl. Georg, der den Drachen besiegt – einer der hervorragendsten Plätze eingeräumt werden (siehe Band II, „Die heiligen Drachen und ihre Bezwinger“).

Die Kumaras, die „aus dem Gemüt geborenen Söhne“ Brahmâ-Rudras (oder Shivas), mystisch181 betrachtet [SD # 459] des brüllenden und schreckenerregenden Zerstörers der menschlichen Leidenschaften und der physischen Sinne, die der Entwicklung der höheren spirituellen Wahrnehmungskräfte und dem Wachstum des inneren, ewigen Menschen immer im Wege stehen, sind die Nachkommen Shivas, des Mahayogi, des großen Schutzherrn aller Yogis und Mystiker Indiens. Sie selbst also, welche die „jungfräulichen Asketen“ sind, weigern sich, das materielle Wesen Mensch zu erschaffen. Sie können gut und gerne direkt mit dem christlichen Erzengel Michael in Verbindung gebracht werden, mit dem „jungfräulichen Bekämpfer“ des Drachens Apophis, dem jede zu lose mit ihrem unsterblichen Geist verbundene Seele zum Opfer fällt, mit dem Engel also, der sich – den Kumaras gleich – weigerte, zu erschaffen, wie die Gnostiker zeigten (siehe Band II, „Die heiligen Drachen und ihre Bezwinger“) . . . Hat dieser Schutzengel der Juden nicht die Aufsicht über den Saturn (Shiva oder Rudra) und den Sabbat, den Tag des Saturns? Wurde er nicht dargestellt, als sei er von derselben Wesenheit wie sein Vater (Saturn) und der „Sohn der Zeit“ genannt, des Kronos oder Kala (Zeit), einer Form Brahmâs (Vishnu und Shiva)? Und ist nicht der „alte Zeitgott“ der Griechen mit seiner Sense und seinem Stundenglas identisch mit dem „Alten der Tage“ der Kabbalisten; wobei dieser „Alte“ eins ist mit dem indischen „Alten der Tage“, mit Brahmâ (in seiner dreieinigen Form), auch „Sanat“ genannt, der Alte? Jeder Kumara besitzt das Präfix Sanat und Sana; und Sanaischara ist Saturn, der Planet (Sani und Sarra), der König Saturn, dessen Sekretär in Ägypten Thot-Hermes der Erste war. Sie werden somit sowohl mit dem Planeten als auch mit dem Gott (Shiva) identifiziert, die ihrerseits als die Prototypen des Saturns nachgewiesen sind. Letzterer ist wieder derselbe wie Bel, Baal, Shiva und Jehovah Sabbaoth, Der Engel, dessen Angesicht Michael ist ( ל ֶא ַב י מ, „ der Gott gleich ist “). Er ist der Patron und Schutzengel der Juden, wie Daniel uns sagt (Vers 12); und bevor die Kumaras von jenen, die nicht einmal über ihren eigenen Namen etwas wussten, zu Dämonen und gefallenen Engeln herabgewürdigt wurden, hatten die griechischen Ophiten, die okkult veranlagten Vorgänger und Vorläufer der römisch-katholischen Kirche, nach ihrer Abspaltung und Trennung von der griechischen Urkirche Michael mit ihrem Ophiomorphos identifiziert, dem rebellischen und opponierenden Geist. Das bedeutet nichts weiter als den umgekehrten Aspekt (symbolisch genommen) von Ophis – der Göttlichen Weisheit oder des Christos. Im Talmud ist Mikael (Michael) der „Prinz des Wassers“ und das Haupt der sieben Geister, und zwar aus demselben Grund, warum sein Prototyp (neben vielen anderen) Sanat-Sujata – [SD # 460] das Haupt der Kumaras – Ambhamsi genannt wird, „Gewässer“, nach dem Kommentar zum Vishnu-Purana“. Warum? Weil die „Wasser“ ein anderer Name sind für die „Große Tiefe“, die ursprünglichen Wasser des Raumes oder das Chaos. Sie haben auch die Bedeutung von „Mutter“, Amba, also Aditi und Akasha, die Himmlische Jungfräuliche Mutter des sichtbaren Universums. Weiter heißen die „Wasser der Flut“ auch „der Große Drache“ oder Ophis, Ophio-Morphos.

In der den Stanzen des II. Bandes beigegebenen „Symbolik“ werden die Rudras in ihrem siebenfältigen Charakter von „Feuergeistern“ betrachtet werden. Dort werden wir das Kreuz (3 + 4) unter seinen ursprünglichen und späteren Formen betrachten und uns zum Zweck des Vergleichs der pythagoreischen Zahlen sowie der hebräischen Metrologie bedienen. Die ungeheure Bedeutung der Zahl sieben als der Wurzelzahl der Natur wird dadurch offensichtlich werden. Wir werden sie vom Standpunkt der Veden und der chaldäischen Schriften aus untersuchen, wie sie in Ägypten Jahrtausende v. Chr. verfügbar waren und wie sie in den gnostischen Aufzeichnungen behandelt wird; wir werden zeigen, wie ihre Bedeutung als Grundzahl in der Naturwissenschaft Anerkennung gefunden hat; und wir werden zu beweisen versuchen, dass die der Zahl sieben während des gesamten Altertums zugeschriebene Bedeutung nicht die Folge fantastischer Einbildung ungebildeter Priester war, sondern einer tiefgehenden Kenntnis des Naturgesetzes entsprang.

§ XIV
Die vier Elemente

Metaphysisch und esoterisch betrachtet gibt es in der Natur nur Ein Element, und an dessen Wurzel ist die Gottheit; die sogenannten sieben Elemente, von denen sich bereits fünf manifestiert haben und ihre Existenz behaupten, sind das Gewand, der Schleier dieser Gottheit; direkt aus dessen Essenz kommt der Mensch hervor, ob physisch, psychisch, mental oder spirituell betrachtet. Im späteren Altertum wurden gewöhnlich nur vier Elemente erwähnt, lediglich in der Philosophie wurden fünf Elemente zugestanden. Denn der Hauptteil des Ethers ist noch nicht vollständig manifestiert, und sein Noumenon ist noch „der Allmächtige Vater – Äther, die Synthese der Restlichen“. Aber was sind diese „Elemente“, deren zusammengesetzte Massen, wie Chemie und Physik jüngst entdeckten, zahllose Unterelemente enthalten, deren gesamter Anzahl die bislang vermuteten sechzig oder siebzig nicht mehr gerecht werden (siehe Anhänge, §§ XI und XII, Zitate aus Crookes Vorlesungen)? Auf jeden Fall wollen wir ihre Entwicklung vom historischen Anbeginn verfolgen.

Die vier Elemente wurden von Platon vollständig charakterisiert, indem er sagte, sie seien das, „was die zusammengesetzten Körper zusammensetzt und zersetzt“. [SD # 461] Somit war die Anbetung des Kosmos niemals, nicht einmal in ihren schlechtesten Aspekten, dieser Fetischismus, der die passive, äußere Form und Materie irgendeines Gegenstands anbetet oder sie verehrt, sondern sie trachtete immer nach dem darin enthaltenen Noumenon. Feuer, Luft, Wasser und Erde waren lediglich das sichtbare Gewand, die Symbole der beseelenden, unsichtbaren Seelen oder Geister – der kosmischen Götter, welche die Unwissenden anbeteten und denen von den Weiseren einfache, aber ehrfurchtsvolle Anerkennung entgegengebracht wurde. Ihrerseits wurden die phänomenalen Unterteilungen der noumenalen Elemente von sogenannten Elementalen beseelt, von den „Naturgeistern“ niederer Grade.

In der Theogonie des Mochus finden wir zuerst den Ether und dann die Luft; die beiden Prinzipien, aus denen Ulom, der fassbare (νοήτος) Gott (das sichtbare materielle Universum), geboren wird.182

In den orphischen Hymnen evolviert Eros-Phanes aus dem geistigen Ei, das die ätherischen Winde befruchtet, wobei der Wind der „Geist Gottes“ ist, von dem es heißt, dass er sich im Äther bewege, „über dem Chaos brütend“ – die Göttliche „Idee“. In der hinduistischen Katha-Upanishad steht Purusha, der Göttliche Geist, bereits vor der ursprünglichen Materie, aus ihrer Vereinigung entspringt die große Seele der Welt, „Maha = Atman, Brahman, der Geist des Lebens“;183 diese letzteren Bezeichnungen sind wiederum identisch mit der Universalseele oder Anima Mundi, dem Astrallicht der Theurgen und Kabbalisten, und dabei ihrer letzten und niedersten Abteilung.

Die στοιχεῖα (Elemente) Platons und Aristoteles’ waren somit die mit den vier großen Abteilungen unserer kosmischen Welt verknüpften unkörperlichen Prinzipien, und Creuzer definiert diese ursprünglichen Glaubensvorstellungen zu Recht . . . „als eine Art von Magie, ein psychisches Heidentum und eine Vergöttlichung von Kräften; eine Vergeistigung, welche die Gläubigen mit diesen Kräften in eine enge Gemeinschaft zu bringen vermochte“ (Band IX, S. 850). So eng tatsächlich, dass die Hierarchien dieser Potenzen oder Kräfte in eine siebenstufige Skala klassifiziert wurden, vom Wägbaren bis zum Unwägbaren. Sie sind siebenfältig – nicht als Kunstgriff, um ihr Verständnis zu erleichtern –, sondern in ihrer tatsächlichen kosmischen Abstufung, von ihrer chemischen (oder physikalischen) bis zu ihrer rein spirituellen Zusammensetzung. Götter – für die unwissenden Massen – unabhängige und höchste Götter; Dämonen für die Fanatiker, die bei aller Intellektualität, die sie oft haben, nicht imstande sind, den Geist des philosophischen Satzes E pluribus unum zu erfassen. Für den hermetischen Philosophen sind die Kräfte verhältnismäßig „blind“ oder „intelligent“, abhängig von dem jeweiligen Prinzip in ihnen, mit welchem er sich beschäftigt. Es dauerte lange Jahrtausende, bis sie sich schließlich in unserer Moderne zu den einfachen chemischen Elementen degradiert fanden.

Auf jeden Fall sollten gute Christen, insbesondere die Bibel-Protestanten, [SD # 462] den vier Elementen eine tiefere Ehrfurcht erweisen, wenn sie eine solche auch gegenüber Moses zeigen wollen. Denn die Bibel offenbart das den Elementen vom hebräischen Gesetzgeber zugemessene Ansehen und ihre mystische Bedeutung auf jeder Seite des Pentateuchs. Das Zelt, welches das Allerheiligste enthielt, war ein kosmisches Symbol, das in einer seiner Bedeutungen den Elementen, den vier Kardinalpunkten und dem Ether geweiht war. Josephus zeigt, dass es in Weiß ausgeführt war, in der Farbe des Ethers. Und das erklärt auch, warum in den ägyptischen und hebräischen Tempeln – dem Bericht Clemens von Alexandria zufolge – ein riesiger, von fünf Pfeilern getragener Vorhang das Sanctum sanctorum (in christlichen Kirchen heute durch den Altar repräsentiert), in das allein die Priester eintreten durften, von dem den Profanen zugänglichen Teil trennte. Mit seinen vier Farben symbolisierte dieser Vorhang die vier Hauptelemente und kennzeichnete das Wissen um das Göttliche, das zu erlangen den Menschen seine fünf Sinne mithilfe der vier Elemente befähigen können (siehe „Stromata“, I, V. § 6).

In Corys „Ancient Fragments“ bringt eines der „chaldäischen Orakel“ Ideen über die Elemente und den Ether in einer von zwei hervorragenden Wissenschaftlern unserer Tage verfassten Sprache zum Ausdruck, die der Sprache des Unsichtbaren Universums ähnelt.

Es erklärt, dass „alle Dinge vom Ether kamen und dass alle wieder zu ihm zurückkehren werden, dass die Bilder aller Dinge ihm unauslöschlich eingeprägt sind; und dass er ferner der Speicher der Keime sowie der Überbleibsel aller sichtbaren Formen und sogar aller Ideen ist. Es hat den Anschein, als ob dieser Fall auf seltsame Weise unsere Behauptung bestätigt, dass sich für jedwede in unseren Tagen gemachte Entdeckung erweisen wird, dass sie schon vor vielen tausend Jahren von unseren ‘einfältigen Vorfahren’ vorweggenommen wurde.“ – („Isis entschleiert“)

Woher kamen die vier Elemente und die Malachim der Hebräer? Durch einen theologischen Taschenspielertrick der Rabbiner und späteren Kirchenväter hat man sie mit Jehovah verschmelzen lassen, ihr Ursprung ist jedoch identisch mit dem der kosmischen Götter aller anderen Nationen. Ihre Symbole – ob ihr Geburtsort an den Ufern des Oxus zu suchen ist, im brennenden Sand Oberägyptens oder in den unheimlichen und eisigen Urwäldern, welche die Abhänge und Gipfel der heiligen, schneebedeckten Berge von Thessalien bedecken oder aber in den Pampas Amerikas – ihre Symbole sind, wir wiederholen es, wenn man sie bis zu ihrer Quelle zurückverfolgt, immer ein und dieselben. Einerlei ob ägyptisch oder pelasgisch, arisch oder semitisch, der Genius Loci, der Ortsgott, umfasste in seiner Einheit die gesamte Natur; die vier Elemente speziell jedoch keineswegs mehr als jegliche ihrer Schöpfungen wie z. B. Bäume, Flüsse, Berge oder Sterne. Der Genius Loci – ein sehr später, nachträglicher Einfall der letzten Unterrassen der fünften Wurzelrasse, als der ursprüngliche und erhabene Sinn nahezu verlorengegangen war – war mit seinen angesammelten Titeln immer der Stellvertreter aller seiner Kollegen. Er war der Gott des Feuers, durch den Donner symbolisiert, wie Jupiter oder Agni; er war der Gott des Wassers, durch den fluvialen Stier oder durch einen beliebigen heiligen Fluss oder eine solche Quelle symbolisiert, als Varuna, Neptun etc.; er war der Gott der Luft, sich im Orkan oder Unwetter als Vayu und Indra offenbarend, und der Gott oder Geist [SD # 463] der Erde, der in Erdbeben erschien, wie Pluto, Yama und so viele andere.

Das waren die kosmischen Götter, die immer alle in einen zusammengefasst wurden, wie man sie in jeder Kosmogonie oder Mythologie finden kann. So hatten die Griechen ihren dodonäischen Jupiter, der die vier Elemente und die vier Kardinalpunkte in sich mit einschloss und daher im alten Rom unter dem pantheistischen Titel Jupiter Mundus bekannt war und heute im modernen Rom zum Deus Mundus, zu dem einen Weltengott geworden ist, der alle anderen verschlang – einer willkürlichen Entscheidung seiner besonderen Diener zufolge gemäß der neuesten Theologie.

Als Götter von Feuer, Luft und Wasser waren sie himmlische Götter; als Götter der niederen Region waren sie höllische Götter, wobei letzteres Adjektiv lediglich auf die Erde zutraf. Sie waren unter ihrem jeweiligen Namen „Geister der Erde“, als Yama, Pluto, Osiris oder „Herr des niederen Reiches“ etc. etc., und ihr tellurischer Charakter beweist das hinreichend.184 Die Alten kannten keinen schlechteren Aufenthalt nach dem Tod als Kama-Loka, den Limbus dieser Erde. Wenn man argumentiert, dass der dodoäische Jupiter mit Aidoneus, dem König der unterirdischen Welt, identifiziert wurde, und mit Dis, oder mit dem römischen Pluto und dem Dionysos Chthonius, dem Unterirdischen, wo nach Creuzer (I, vi, Kap. 1) Orakel erteilt wurden, wird es den Okkultisten ein Vergnügen sein zu beweisen, dass sowohl Aidoneus als auch Dionysos die Basis von Adonai sind oder von „Jurbo-Adonai“, wie Jehovah im Codex Nazaräus genannt wird. „Du sollst nicht anbeten die Sonne, die genannt wird Adonai und auch Kadosh und El-El („Cod. Naz.“, I, S. 47; siehe auch Psalm, lxxxix, 18) und „Bacchus, der Herr“. Der Baal-Adonis der Sods oder die Mysterien der vorbabylonischen Juden wurden durch die Massora zu Adonai, zum später vokalisierten Jehovah. Daher haben die römischen Katholiken Recht. All diese Jupiter gehören derselben Familie an; aber Jehovah muss mit eingeschlossen werden, um sie zu vervollständigen. Jupiter-Aerios oder Pan, Jupiter-Amun und Jupiter-Bel-Moloch korrelieren alle und sind eins mit Jurbo-Adonai, weil sie alle eine einzige kosmische Natur sind. Es ist diese Natur und Kraft, welche das spezifisch irdische Symbol und das physische und materielle Gewebe des Letzteren erschafft, womit der Beweis erbracht ist, dass die Energie, die sich durch ihn manifestiert, extrinsisch ist.

Die ursprüngliche Religion war etwas Besseres als eine simple Vorbeschäftigung mit physischen Phänomenen, wie von Schelling behauptet; und Prinzipien von größerer Erhabenheit als sie uns modernen Sadduzäern bekannt sind, „lagen unter dem durchsichtigen Schleier solcher reinen Naturgottheiten wie Donner, [SD # 464] Wind und Regen verborgen“. Die Alten kannten und wussten die körperlichen und spirituellen Elemente in den Kräften der Natur zu unterscheiden.

Der vierfältige Jupiter wie der viergesichtige Brahmâ – der Gott der Luft, des Blitzes, der Erde und des Meeres – der Herr und Meister der vier Elemente kann als Repräsentant der großen kosmischen Götter aller Nationen gelten. Während er die Macht über das Feuer dem Hephaistos-Vulkan übertrug, die Macht über das Meer dem Poseidon-Neptun und die Macht über die Erde dem Pluto-Aidoneus, umfasste der luftartige Jupiter sie alle; denn von Anbeginn an hatte der Äther die Vormachtstellung über alle Elemente und war deren Synthese.

Die Überlieferung weist auf eine Grotte hin, eine riesige Höhle in den Wüsten Zentralasiens, in welche das Licht durch vier scheinbar natürliche Öffnungen oder Klüfte einströmt, die kreuzweise nach den vier Kardinalpunkten des Ortes ausgerichtet sind. Von Mittag bis eine Stunde vor Sonnenuntergang strömt das Licht ein, in vier verschiedenen Farben, wie behauptet wird – rot, blau, orange-gold und weiß – infolge irgendwelcher entweder natürlicher oder künstlich hergestellter Verhältnisse der Vegetation und des Bodens. Das Licht läuft im Zentrum rund um einen Pfeiler aus weißem Marmor zusammen, auf dem sich eine Kugel befindet, die unsere Erde darstellt. Die Höhle heißt die „Zarathustra-Grotte“.

Als die phänomenalen Manifestationen der vier Elemente von der vierten Rasse, den Atlantiern, in die Künste und Wissenschaften einbezogen wurden, nahmen sie einen wissenschaftlichen Charakter an. Letztere Manifestationen wurden von jenen, die an die kosmischen Götter glaubten, zu Recht der intelligenten Einwirkung eben dieser Götter zugeschrieben. Die Magie der alten Priester bestand in jenen Tagen in der Anrufung ihrer Götter in deren eigener Sprache. „Die Sprache der Menschen auf der Erde kann die Herren nicht erreichen. Jeder muss in der Sprache seines jeweiligen Elements angerufen werden.“ – ein bedeutungsschwangerer Satz. Ein Zitat aus „Das Buch der Regeln“ fügt zur weiteren Erklärung dieser Elementen-Sprache hinzu: „Sie besteht aus Tönen, nicht aus Worten; aus Tönen, Zahlen und Ziffern. Jener, der die drei zu verbinden weiß, wird die Reaktion der überwachenden Kraft hervorrufen (des Gott-Regenten des speziellen, benötigten Elements).“

Somit dient diese „Sprache“ der Beschwörung oder den Mantren, wie sie in Indien heißen, denn der Ton ist der kräftigste und wirksamste magische Agent und der erste der Schlüssel, der das Tor der Kommunikation zwischen Sterblichen und Unsterblichen öffnet. Wer an die Worte und Lehren des Hl. Paulus glaubt, hat kein Recht, sich aus den Letzteren nur jene Sätze heraus zu picken, welche ihm genehm sind, und die anderen zurückzuweisen; und der Hl. Paulus lehrt ganz unleugbar die Existenz kosmischer Götter und ihre Gegenwart in unserer Mitte. Das Heidentum predigte eine doppelte und gleichzeitige Evolution: eine „Schöpfung“ – „spiritualem ac mundanam“, wie die römische Kirche es bereits Zeitalter vor ihrem Erscheinen nannte. Die exoterische Ausdrucksweise hat sich in Bezug auf göttliche Hierarchien seit den unbeschwerten Tagen des Heidentums oder „Götzendienstes“ kaum verändert. Lediglich die Namen veränderten sich, [SD # 465] und zwar gleichzeitig mit Ansprüchen, die heute zu falschen Vorstellungen geworden sind. Denn wenn z. B. Platon dem höchsten Prinzip – „Vater-Äther“ oder Jupiter – die Worte in den Mund legt: „Die Götter der Götter, deren Erschaffer (opifex) ich bin, so wie ich der Vater aller ihrer Werke (operumque parens) bin“, so verstand er, wie wir vermuten, den Sinn dieses Satzes ebenso vollständig wie der Hl. Paulus, indem er sagte: „Denn wenn es anders solche gibt, die Götter genannt werden, sei es im Himmel oder auf Erden (wie es ja viele Götter und viele Herren gibt)“, . . . . etc. (1 Kor 8,5).185 Beide kannten den Sinn und die Bedeutung dessen, was sie in solch vorsichtigen Worten vorbrachten.

Sir W. R. Grove, F. R. S., bemerkt im Rahmen einer Besprechung der Wechselwirkungen der Kräfte: „Wenn die Alten Zeugen eines Naturphänomens wurden, auf das die gewöhnlichen Analogien nicht anwendbar waren und das durch keine ihnen bekannte mechanische Einwirkung erklärt werden konnte, schrieben sie es einer Seele, einer spirituellen oder übernatürlichen Kraft zu. . . . Luft und Gase wurden zunächst für spirituell gehalten, später jedoch wurden sie mit einem eher materiellen Charakter bekleidet; und zur Bezeichnung der Seele und von Gasen wurden dieselben Worte verwendet, πνεῦμα, Geist etc. Das Wort Gas, von Geist, ein Gespenst oder eine Seele, gibt uns ein Beispiel für die allmähliche Umwandlung einer spirituellen in eine physische Vorstellung. . . . . .“ (S. 89) Der große Mann der Wissenschaft betrachtet das (in seiner Vorrede zur fünften Auflage von „Correlation of Physical Forces“) als die einzige Aufgabe der exakten Wissenschaft, die nicht berufen sei, sich mit den Ursachen zu befassen. „Ursache und Wirkung“, erklärt er, „sind daher in ihrer abstrakten Beziehung zu diesen Kräften lediglich zweckmäßige Worte. Die letztlich erzeugende Kraft all dieser Kräfte ist uns gänzlich unbekannt und wird es wahrscheinlich für immer bleiben; wir können lediglich die Regeln ihrer Wirkungen ermitteln; ihre Ursache müssen wir bescheiden einem allgegenwärtigen Einfluss zuschreiben und uns damit begnügen, ihre Wirkungen zu studieren und ihre gegenseitigen Beziehungen durch des Experiment zu erschließen (S. xiv).

Wenn dieser Grundsatz einmal akzeptiert und das System in den oben zitierten Worten mehr oder weniger eingeräumt wird, nämlich die Geistigkeit der „letztendlich erzeugenden Kraft“, erschiene es mehr als unlogisch sich zu weigern, diese den materiellen Elementen wie Feuer, Luft, Wasser oder Erde oder vielmehr ihren Zusammensetzungen [SD # 466] innewohnende Qualität anzuerkennen. Die Alten waren mit diesen Kräften, deren wahre Natur sie zum Nutzen (oder zum Schaden) der ungebildeten Masse unter verschiedenen Allegorien verbargen, so vertraut, dass sie den vielgestaltigen Gegenstand niemals aus den Augen verloren, während sie sie umkehrten. Sie ersannen einen dichten Schleier, den sie über den unter diesem Symbol verborgen liegenden Wahrheitskern warfen, aber sie strebten immer danach, das Symbol als Aufzeichnung für zukünftige Generationen aufzubewahren, ausreichend transparent, um den Weisen späterer Zeiten zu gestatten, die Wahrheit hinter der fabelartigen Form der Glyphe oder der Allegorie zu erkennen. Diese alten Weisen wurden des Aberglaubens und der Leichtgläubigkeit beschuldigt; und noch dazu ausgerechnet von eben jenen Nationen, welche bis zum heutigen Tag den anthropomorphischen „Jehovah“ der Juden als ihren einen, lebendigen und unendlichen Gott akzeptieren, obwohl sie doch in allen modernen Künsten und Wissenschaften gelehrt und in ihrer Generation gebildet und weise sind.

Was galt denn als dieser angebliche „Aberglaube“? Hesiod glaubte zum Beispiel, dass „die Winde die Söhne des Riesen Typhon waren“, die von Aiolos nach Belieben gebunden und entfesselt wurden, und die polytheistischen Griechen folgten Hesiod in dessen Überzeugung. Warum sollten sie das auch nicht tun? Hingen doch die monotheistischen Juden demselben Glauben an und versahen lediglich die Dramatis personae mit anderen Namen, und die Christen hängen bis zum heutigen Tag demselben Glauben an. Die hesiodischen Aiolos, Boreas etc. etc. wurden von dem „auserwählten Volk“ Israels Kedem, Tzaphon, Darom und Ruach-Hayum genannt. Was ist da der fundamentale Unterschied? Während die Hellenen gelehrt wurden, dass Aiolos die Winde band und losband, glaubten die Juden ebenso inbrünstig über ihren Gott, den Herrn: „Rauch stieg auf von seiner Nase, und Feuer fraß aus seinem Munde; . . . Und er fuhr auf einem Cherub und flog daher, und er erschien auf den Fittichen des Windes.“ (2 Sam 22,9 und 11) Die Formulierungen der beiden Nationen sind entweder beide Redensarten oder beide Aberglauben. Wir denken, dass sie keines von beidem sind, sondern dass sie lediglich einer starken Empfindung der Einheit mit der Natur und einer Wahrnehmungsfähigkeit für das hinter jeder natürlichen Erscheinung stehende Geheimnisvolle und Intelligente entspringen, welche die Modernen nicht mehr besitzen. Auch war es nicht „abergläubisch“ von den griechischen Heiden, auf das delphische Orakel zu hören, als dieses Orakel ihnen beim Herannahen von Xerxes Flotte den Rat gab, „den Winden zu opfern“, wenn dasselbe bei den Israeliten als göttliche Verehrung angesehen werden muss, die ebenso oft dem Wind und Feuer opferten, insbesondere dem letzteren Element. Behaupten die Israeliten nicht, ihr „Gott ist ein verzehrendes Feuer“ (Deut 4,24), der generell als Feuer und „von Feuer umgeben“ erschien, und suchte nicht Elias ihn (den Herrn) in dem „großen, starken Wind und in dem Erdbeben“? Wiederholen das nicht die Christen nach ihnen? Opfern sie nicht obendrein bis zum heutigen Tag demselben „Gott des Windes und des Wassers“? Das tun sie; denn für Regen, trockenes Wetter, günstige Winde und die Beruhigung der Seestürme existieren bis zu dieser Stunde in den Gebetbüchern der drei christlichen Kirchen besondere Gebete; und hunderte verschiedener Sekten der protestantischen Religion [SD # 467] bringen ihrem Gott diese Gebete bei jedem drohenden Unheil dar. Die Tatsache, dass Jehovah sie auch nicht besser erhört als wahrscheinlich ehemals Jupiter Pluvius, ändert nichts an der Tatsache, dass diese Gebete an jene Kraft oder Kräfte gerichtet sind, welche die Elemente beherrschen sollen, und auch nicht daran, dass diese Kräfte im Heiden- und Christentum identisch sind; oder müssen wir etwa glauben, dass solche Gebete nur dann einen krassen Götzendienst und unsinnigen „Aberglauben“ darstellen, wenn sich ein Heide damit an sein Idol wendet, und dass sich nämlicher Aberglaube ganz plötzlich in rühmenswerte Frömmigkeit und Religion verwandelt, sobald der Name des himmlischen Adressaten geändert wird? Aber der Baum wird an seiner Frucht erkannt. Und da die Frucht des Baums des Christentums nicht besser ist als die des Baums des Heidentums, warum sollte dann Erstere mehr Ehrfurcht einflößen als Letztere?

Wenn uns daher von Chevalier Drach, einem jüdischen Konvertiten, und vom Marquis de Mirville, einem römisch-katholischen Fanatiker aus dem französischen Adel, gesagt wird, dass im Hebräischen der Blitz gleichbedeutend mit Wut sei und immer von einem bösen Geist beherrscht würde, und ferner dass Jupiter Fulgur oder Fulgurans von den Christen auch Elicius genannt und als die Seele des Blitzes als sein Dämon gebrandmarkt wird,186 so müssen wir entweder unter denselben Umständen dieselbe Erklärung und dieselben Definitionen auf den „Herrn, den Gott Israels“ anwenden, oder wir müssen auf unser Recht verzichten, die Götter und Glaubensvorstellungen anderer Nationen zu schmähen.

Die vorangegangenen Behauptungen sind, nachdem sie tatsächlich von zwei eifrigen und gelehrten römischen Katholiken stammen, um das Mindeste zu sagen, angesichts der Bibel und ihrer Propheten gefährlich. In der Tat, wenn Jupiter, der „Hauptdämon der heidnischen Griechen“, seine todbringenden Donnerkeile und Blitze gegen jene schleuderte, die seinen Zorn erregten, so tat der Herr, Gott Abrahams und Jakobs desgleichen, denn wir lesen in 2 Samuel: „Es donnerte Johovah vom Himmel her, und der Höchste ließ seine Stimme erschallen. Und er schoss Pfeile (Donnerkeile) und zerstreute sie (Sauls Heerscharen), er schleuderte seinen Blitz, und jagte sie dahin.“ (Kap. 23,14-15)

Den Athenern wird zum Vorwurf gemacht, dass sie Boreas opferten; und dieser „Dämon“ wird beschuldigt, 400 Schiffe der persischen Flotte an den Felsen des Berges Pilio zum Versinken gebracht und vernichtet zu haben und derartig wild geworden zu sein, „dass die gesamten Magier des Xerxes ihm durch Darbringung von Gegenopfern an die Thetis kaum entgegenwirken konnten“ (Herodot, „Polym.“, cxc). Glücklicherweise findet sich in den Berichten über die christlichen Kriege kein authentisches Beispiel, dass eine ähnliche Katastrophe gleichen Ausmaßes eine christliche Flotte betroffen hätte, infolge von „Gebeten“ eines Feindes – nämlich einer anderen christlichen Nation. Aber das ist nicht deren Schuld, denn eine jede betet Jehovah ebenso leidenschaftlich um die Vernichtung der anderen an wie die Athener zum Boreas beteten. Beide nahmen con amore Zuflucht zu einem hübschen kleinen Stückchen schwarzer Magie. Da eine solche Zurückhaltung an göttlicher Einmischung schwerlich einem Mangel an Gebeten um gegenseitige Vernichtung zuzuschreiben ist, [SD # 468] die an den gemeinsamen Allmächtigen Gott gesendet werden, wo sollen wir dann die Scheidelinie zwischen Heiden und Christen ziehen? Und wer kann daran zweifeln, dass nicht das ganze protestantische England jubeln und dem Herrn danken würde, wenn in einem zukünftigen Krieg 400 Schiffe der feindlichen Flotte infolge solcher heiliger Gebete vernichtet würden? Wir fragen also nochmals, welchen Unterschied es zwischen einem Jupiter, einem Boreas und einem Jehovah gibt? Nicht mehr als das: Das Verbrechen des nächsten Blutsverwandten – sagen wir des eigenen „Vaters“ – wird immer entschuldigt und oft verherrlicht, während das Verbrechen des Elter unseres Nachbarn immer freudig mit dem Henkertod bestraft wird. Das Verbrechen aber ist dasselbe.

Insoweit scheinen die „Segnungen des Christentums“ bezüglich der Moral der bekehrten Heiden keinen merklichen Fortschritt bewirkt zu haben.

Das Obige stellt keine Verteidigung der heidnischen Götter dar, noch ist es ein Angriff auf die christliche Gottheit, noch bedeutet es Glauben an den einen oder anderen. Die Schreiberin ist ganz unparteiisch und lehnt jedes Zeugnis zugunsten der beiden ab, da sie weder irgendeinen solchen „persönlichen“ und anthropomorphischen Gott anbetet noch an ihn glaubt und ihn auch nicht fürchtet. Die Parallelen wurden lediglich vorgebracht als eine weitere denkwürdige Vorführung des unlogischen und blinden Fanatismus der zivilisierten Theologen. Denn bisweilen existiert kein sehr großer Unterschied zwischen den beiden Glaubensrichtungen und überhaupt keiner in ihren jeweiligen Wirkungen auf die Moral oder spirituelle Natur. Das „Licht Christi“ scheint heute auf ebenso scheußliche Merkmale des tierischen Menschen wie das „Licht Luzifers“ in der alten Zeit.

„Diese unglücklichen Heiden betrachten in ihrem Aberglauben sogar die Elemente als etwas mit Verstand Begabtes! . . . . Sie glauben noch immer an ihren Götzen Vayu – den Gott oder vielmehr den Dämon des Windes und der Luft . . . sie bauen fest auf die Wirksamkeit ihrer Gebete und auf die Macht ihrer Brahmanen über die Winde und Stürme. . . . .“ (der Missionar Lavoissier von Cochin in „Journal des Colonies“). Als Antwort darauf können wir Lukas 8,24 zitieren: „Er (Jesus) aber stand auf, bedrohte den Wind und das Wogen des Wassers; und es hörte auf, und es ward eine Stille.“ Und hier ist ein weiteres Zitat aus einen Gebetbuch: . . . „Oh Jungfrau des Meeres, Heilige Mutter und Herrin der Gewässer, besänftige deine Wogen . . .“ etc. etc. (Gebet der Matrosen aus Neapel und aus der Provence – eine wörtliche Kopie des Gebets der phönizischen Seeleute an ihre jungfräuliche Göttin Astarte). Die sich aus den vorgebrachten Ähnlichkeiten und aus der Anprangerung des Missionars ergebende logische und unabweisbare Schlussfolgerung ist Folgende: Die Befehle der Brahmanen an ihre Elementargötter bleiben nicht „wirkungslos“, wodurch die Macht der Brahmanen der von Jesus gleichgesetzt wird. Obendrein erweist sich Astarte als keine Spur ärmer an Macht als die „Jungfrau des Meeres“ der christlichen Matrosen. Es reicht nicht aus, schnell einen Stock zu finden, wenn man einen Hund schlagen will; die Schuld des Hundes muss erwiesen werden. Boreas und Astarte mögen in der theologischen Fantasie Teufel sein, [SD # 469] aber, wie soeben bemerkt, der Baum muss nach seiner Frucht beurteilt werden. Und sobald nachgewiesen ist, dass die Christen ebenso unmoralisch und verkommen sind wie es die Heiden jemals waren, welchen Nutzen hat die Menschheit dann aus ihrem Austausch von Göttern und Idolen gezogen?

Was Gott und die christlichen Heiligen zu tun berechtigt sind, wird bei einfachen Sterblichen zum Verbrechen, wenn sie erfolgreich sind. Zauberei und Beschwörungen werden heute als Fabeln abgetan; doch wurden von den Institutiones Iustiniani bis herab zu den englischen und amerikanischen Gesetzen gegen die Hexerei – die zwar veraltet, aber dennoch bis zum heutigen Tag nicht aufgehoben sind – solche Beschwörungen, ja selbst der bloße Verdacht der Hexerei, als schwere Verbrechen bestraft. Warum eine Chimäre bestrafen? Und wir lesen noch von Kaiser Konstantin, dass er den Philosophen Sopatros zum Tode verurteilte, weil dieser die Winde entfesselte und dadurch verhinderte, dass mit Korn beladene Schiffe zur Beendigung einer Hungersnot rechtzeitig eintrafen. Pausanias wird wegen seiner Behauptung verlacht, dass er mit seinen eigenen Augen Menschen gesehen habe, die „durch einfache Gebete und Anrufungen“ ein starkes Hagelwetter zur Auflösung brachten. Das hindert aber unsere modernen christlichen Schriftsteller nicht, bei Gewittern und Gefahr Gebete anzuraten und an deren Wirksamkeit zu glauben. Hoppo und Stadlein – zwei Magier und Zauberer – wurden vor kaum einem Jahrhundert zum Tode verurteilt, weil sie die Feldfrüchte verhext und mittels magischer Künste eine Ernte von einem auf einen anderen Acker übertragen hatten, wenn wir dem bekannten Schriftsteller Sprenger Glauben schenken dürfen, der dafür Zeugnis ablegt: „Qui fruges excantassent segetem pellicentes incantando.“

Zum Schluss wollen wir den Leser daran erinnern, dass man ohne die geringste Spur eines Aberglaubens an die doppelte Natur eines jeden Objektes auf der Erde glauben kann – an eine spirituelle und eine materielle, an eine sichtbare und eine unsichtbare Natur, und dass die Wissenschaft dies praktisch dadurch beweist, dass sie ihre eigene Beweisführung ableugnet. Denn wenn Sir William Grove sagt, dass die Elektrizität, mit der wir hantieren, nur das Resultat gewöhnlicher Materie ist, die durch irgendetwas Unsichtbares, durch die „ultimative, erzeugende Energie“ einer jeden Kraft, von „einem allgegenwärtigen Einfluss“ berührt wird, dann ist es nur natürlich, dieselbe Überzeugung zu gewinnen wie die Alten, nämlich dass jedes Element seiner Natur nach dual ist. „Das etherische Feuer ist die Emanation des eigentlichen Kabiren. Das Luftige ist lediglich die Vereinigung (Wechselwirkung) des Ersteren mit dem irdischen Feuer, und seine Lenkung und Anwendung wird auf unserer irdischen Ebene einem Kabiren niederen Rangs überlassen“ – wahrscheinlich einem Elemental, wie ein Okkultist es nennen würde. Und genau das kann von jedem kosmischen Element behauptet werden.

Niemand wird leugnen, dass das menschliche Wesen von unterschiedlichen Kräften beherrscht wird: von magnetischen, sympathischen, antipathischen, nervösen, dynamischen, okkulten, mechanischen und mentalen – von allen Arten von Kräften; und weiter dass die physischen Kräfte ihrem Wesen nach alle biologisch sind; und in Anbetracht dessen, dass sie sich mit den sogenannten intellektuellen und moralischen Kräften vermischen und oftmals völlig in ihnen aufgehen ­– indem die ersten sozusagen die Träger, die Upadhi, der zweiten werden. Wer auch immer die Seele im Menschen zugesteht, würde niemals zögern [SD # 470] zu sagen, dass die Gegenwart dieser Kräfte und ihre Vermischung das eigentliche Wesen unseres Daseins darstellen; dass sie tatsächlich das Ego im Menschen bilden. Diese Potenzen haben ihre physiologischen, physischen, mechanischen und ebenso gut nervösen, ekstatischen, hellhörenden und hellsehenden Phänomene, welche heute selbst von der Wissenschaft als vollkommen natürlich angesehen und anerkannt werden. Warum sollte der Mensch die einzige Ausnahme in der Natur sein, und warum können nicht sogar diese Elemente ihre Träger, ihre „Vahana“, in dem haben, was wir die physischen Kräfte nennen? Und warum, vor allem, sollten solche Glaubensvorstellungen mitsamt den Religionen des Altertums als „Aberglauben“ bezeichnet werden?

§ XV
Über Kwan-Shi-Yin und Kwan-Yin

Ähnlich wie Avalokitesvara durchlief auch Kwan-Shi-Yin verschiedene Transformationen, aber es ist ein Irrtum zu behaupten, er sei eine moderne Erfindung der nördlichen Buddhisten, denn unter einer anderen Bezeichnung war er seit den frühesten Zeiten bekannt. Die Geheimlehre lehrt: „Er, der bei der Erneuerung als Erster erscheint, wird vor dem Wieder-Einziehen (Pralaya) als Letzter kommen.“ So sind die Logoi aller Nationen, vom vedischen Vishvakarman der Mysterien bis zum Heiland der gegenwärtigen zivilisierten Nationen, das „Wort“, das „im Anbeginn“ (oder beim Wiedererwachen der Energie spendenden Kräfte der Natur) bei dem Einen Absoluten war. Geboren aus Feuer und Wasser, bevor diese zu getrennten Elementen wurden, war Es der „Schöpfer“ (Bildner oder Gestalter) aller Dinge; „Ohne ihn wurde nichts Erschaffenes gemacht“; „in ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen“; das schließlich, wie es schon immer war, das Alpha und Omega der manifestierten Natur genannt werden kann. „Der große Drache der Weisheit ist aus Feuer und Wasser geboren, und alles wird mit ihm wieder in Feuer und Wasser aufgenommen werden.“ („Fa-Hwa-King“) Da es von diesem Bodhisattva heißt, dass er „jede ihm beliebige Form annimmt“, vom Anbeginn eines Manvantaras bis zu dessen Ende, so sind die beiden doch eins, auch wenn sein eigener Geburtstag (oder Gedenktag) nach dem Kin-Kwang-Ming-King („Leuchtendes Sutra des Goldenen Lichts“) am neunzehnten Tag im zweiten Monat gefeiert wird und der des „Maitreya Buddha“ im ersten Monat am ersten Tag. Er wird als Maitreya Buddha erscheinen, als Letzter der Avataras und Buddhas der siebten Rasse. Dieser Glaube und diese Erwartung sind im ganzen Osten allgemein verbreitet. Nur kann im Kali-Yuga, unserem gegenwärtigen, fürchterlich materialistischen Zeitalter der Finsternis, dem „Schwarzen Zeitalter“, der Menschheit niemals ein neuer Heiland erscheinen. Das Kali-Yuga ist [SD # 471] lediglich in den mystischen Schriften einiger französischer Pseudo-Okkultisten „l´Age d`Or“ (!) (siehe „La Mission des Juifs“).

Daher beruhte das Ritual in der exoterischen Verehrung dieser Gottheit auf Magie. Alle Mantras wurden besonderen, von den Priestern geheim gehaltenen Büchern entnommen, und jedem Einzelnen wird eine magische Wirkung zugeschrieben; rezitiert oder abgelesen, rufen die gesungenen Texte eine geheime Ursache hervor, welche unmittelbare Folgen hat. Kwan-Shi-Yin ist Avalokitesvara, und beide sind Formen des siebten universalen Prinzips; ihrem höchsten metaphysischen Charakter nach ist diese Gottheit indes die Gesamtheit aller Planetengeister oder Dhyan Chohans. Er ist der „Selbst-Manifestierte“; der „Sohn des Vaters“, kurz gesagt. Mit sieben Drachen gekrönt, erscheint über seiner Statue die Inschrift Pu-Tsi-K´iun-ling, „der universale Erlöser aller lebenden Wesen“.

Natürlich lautet der in dem archaischen Buch der Stanzen erwähnte Name ganz anders, aber Kwan-Yin ist eine vollkommen gleichwertige Bezeichnung. In einem Tempel von Potala, der heiligen Insel der Buddhisten Chinas, ist Kwan-Shi-Yin auf einem schwarzen Wasservogel (Kala-Hansa) schwimmend dargestellt, wie er das Lebenselixier über die Häupter der Sterblichen ausgießt, das sich dabei fließend in einen der bedeutendsten Dhyani-Buddhas verwandelt – in den Regenten eines Sterns, welcher der „Stern der Erlösung“ genannt wird. In seiner dritten Transformation ist Kwan-Yin der beseelende Geist oder Genius des Wassers. In China wird der Dalai-Lama für eine Inkarnation Kwan-Shi-Yins gehalten, der in seiner dritten Erscheinung auf der Erde ein Bodhisattva war, während der Penchen Lama eine Inkarnation des Amitabha-Buddha oder Gautamas ist.

Es mag en passant erwähnt werden, dass ein Schriftsteller in der Tat unter einer krankhaften Vorstellungskraft leiden muss, wenn er in allem Phallusdienste entdeckt, wie es die Autoren von „The Symbols of the Yin-king”, „China Review“ (McClatchie) und „Phallicism“ (H. Jennings) tun. Ersterer entdeckt „in der Darstellung zweier einleuchtender Symbole die alten phallischen Götter – Khan oder Yang, der das Membrum virile ist, und Khw-an oder Yin, die pudendum muliebre oder Yoni“ (siehePhallicism“, S. 273). Eine solche Darstellung erscheint umso seltsamer, als Kwan-Shi-Yin (Avalokitesvara) und Kwan-Yin die Götter der Keuschheit sind, abgesehen davon, dass sie jetzt als die Schutzgottheiten der buddhistischen Asketen dienen, der tibetischen Yogis; und ihrer esoterischen Bedeutung nach sind sie nicht einmal das, was die Darstellung von T. W. Rhys Davids „Buddhism“ (S. 202) impliziert: „Der Name Avalokitesvara . . . bedeutet ‘der Herr, der von oben herabblickt’.“ Kwan-Shi-Yin ist auch nicht der „in der Kirche gegenwärtige Geist der Buddhas“, sondern er bedeutet wortwörtlich „der Herr, der gesehen wird“, und in einem Sinn „das göttliche Selbst, das vom Selbst wahrgenommen wird“ (vom menschlichen) – d. h. der Atman oder das siebte Prinzip, das in das Universale eingetaucht ist und wahrgenommen wird oder Gegenstand der Wahrnehmung von Buddhi ist, dem sechsten Prinzip oder der Göttlichen Seele im Menschen. In einem noch höheren Sinn ist Avalokitesvara = Kwan-Shi-Yin, wenn er als das siebte Universale Prinzip bezeichnet wird, der Logos, [SD # 472] wahrgenommen von der Universalen Buddhi – oder der Seele als zusammengesetztes Aggregat der Dhyani-Buddhas. Und er ist nicht der „in der Kirche gegenwärtige Geist Buddhas“, sondern der allgegenwärtige, im Tempel des Kosmos oder der Natur manifestierte Universale Geist. Diese orientalistische Etymologie von Kwan und Yin steht auf gleicher Stufe mit der von „Yogini“, erklärt uns Hargrave Jennings, was „ein Sanskritwort ist, das in den Dialekten als Jogi oder Zogee (!) ausgesprochen wird, ein Äquivalent ist für Sena und exakt das Gleiche wie Duti oder Dutica (doo-ty-car) – d. h. eine heilige Prostituierte des Tempels, die als Yoni oder Shakti verehrt wird“ (S. 60). „Die Bücher über Moral“ in Indien „weisen eine getreue Ehefrau an, die Gesellschaft von Yoginis oder Frauen, die von den Anhängern höchst freizügiger Darstellungen als Shakti angebetet worden sind, zu meiden . . .“. Danach sollte uns nichts mehr überraschen. Und deshalb ist es nicht witzig, wenn wir eine weitere groteske Sinnwidrigkeit über „Budh“ zitiert finden, was einen Namen bedeuten soll, „der nicht nur die Sonne als den Ursprung der Erschaffung kennzeichnet, sondern auch das männliche Glied“ (The Round Towers of Ireland, zitiert von Hargrave Jennings in „Phallicism“, S. 246). Max Müller sagt in einer Abhandlung über „Falsche Analogien“: „Der gelehrteste Sinologe seiner Zeit, Abel-Rémusat“ behauptet, „dass die drei Silben I Hi Wei (im vierzehnten Kapitel des Tao-te King) Je-ho-vah bedeuten sollen“ („Introduction to the Science of Religion“, S. 332); und weiter, dass Pater Amyot „sich sicher ist, dass die drei Personen der Dreieinigkeit zu finden seien“ – im selben Werk. Und wenn Abel-Rémusat, warum nicht Hargrave Jennings? Jeder Gelehrte wird erkennen, wie absurd es ist, jemals in Budh, „dem Erleuchteten“ oder „dem Erwachten“, ein „phallisches Symbol“ zu sehen.

Kwan-Shi-Yin ist also „der Sohn, der mit seinem Vater identisch“ ist, mystisch, oder der Logos – das Wort. Er wird in Stanze III der „Flammende Drache der Weisheit“ genannt, denn alle Logoi sämtlicher alten religiösen Systeme stehen mit Schlangen in Zusammenhang und werden durch sie symbolisiert. Im alten Ägypten wurde der Gott Nahbkoon, „der die Doppel vereint“, als Schlange mit menschlichen Beinen dargestellt, mit oder ohne Arme. Er war das Astrallicht, das durch seine duale physiologische und spirituelle Kraft den göttlichen Menschen mit seiner rein göttlichen Monade wiedervereint, dem Prototyp „im Himmel“ oder in der Natur. Er war das Symbol der Wiederauferstehung der Natur, und bei den Ophiten das Symbol des Christus, und als eherne Schlange, die jeden heilte, der sie ansah, das Symbol Jehovahs. Diese Schlange war auch bei den Templern ein Symbol Christi (siehe den Templergrad in der Freimaurerei). Das Symbol des Chnoubis (auch Khoum) oder der Weltseele, sagt Champollion („Pantheon“, Text 3), „wird unter anderen auch in Form einer riesigen Schlange auf menschlichen Beinen dargestellt. Dieses Reptil, welches das Symbol des guten Genius und des wahrhaftigen Agathodaimons ist, ist manchmal bärtig.“ Dieses heilige Tier ist somit identisch mit der Schlange der Ophiten und findet sich auf einer großen Anzahl gravierter Steine, der sogenannten gnostischen oder basilidianischen Gemmen. Diese Schlange erscheint mit verschiedenen Häuptern (menschlichen und tierischen), aber immer [SD # 473] findet man ihre Gemmen mit den Namen χνουβις (Chnoubis) beschriftet. Dieses Symbol ist identisch mit einem anderen, welches laut Iamblichos und Champollion der „erste der himmlischen Götter“ genannt wurde; der Gott Hermes oder der Merkur der Griechen, welchem der Gott Hermes Trismegistos die Erfindung der Magie und die erste Einweihung der Menschen in diese zuschreibt; und Merkur ist Budh, die Weisheit, Erleuchtung oder „Wiedererweckung“ in die Göttliche Wissenschaft.

Um zum Schluss zu kommen: Kwan-Shi-Yin und Kwan-Yin sind die beiden Aspekte (männlich und weiblich) desselben Prinzips in Kosmos, Natur und Mensch, des Prinzips der Göttlichen Weisheit und der Intelligenz. Sie sind das „Christos-Sophia“ der mystischen Gnostiker – der Logos und seine Shakti. In ihrem Wunsch, einigen Geheimnissen Ausdruck zu verleihen, die von den Profanen niemals vollständig verstanden werden konnten, wählten die Alten die (für uns) oftmals lächerlich wirkenden Bilder Kwan-Yins, um den Menschen an seinen Ursprung und an seine innere Natur zu erinnern, da sie erkannt hatten, dass im menschlichen Gedächtnis ohne ein äußeres Symbol nichts aufbewahrt werden kann. Dem Unparteiischen müssen jedoch die in Krinolinen gekleideten Madonnen und die Christusse in weißen Glacéhandschuhen noch viel unsinniger erscheinen als Kwan-Shi-Yin und Kwan-Yin in ihren Drachengewändern. Das Subjektive kann kaum durch das Objektive ausgedrückt werden. Da die symbolische Formel versucht, das zu charakterisieren, was über der wissenschaftlichen Spekulation steht und genauso häufig unseren Intellekt weitaus übersteigt, muss sie deshalb notwendigerweise auf die eine oder andere Art über diesen Intellekt hinausgehen, andernfalls wird sie aus der menschlichen Erinnerung verschwinden.

Fußnoten

1 Was die Göttliche Offenbarung betrifft, stimmen wir überein. Aber nicht in Bezug auf die „menschliche Geschichte“. . . . Denn „Geschichte“ findet sich in den meisten ­Alle­gorien und „Mythen“ Indiens, und sie stehen für Ereignisse, reale, tatsächliche Ereignisse.

2 Wenn die „falschen Theologien“ verschwinden, dann werden wahre, vorgeschichtliche Wirklichkeiten gefunden werden, die insbesondere in der Mythologie der Arier – der alten Hindus und sogar in jener der vorhomerischen Hellenen enthalten sind.

3 So wird ein Japaner, der kein Wort Chinesisch versteht, wenn er einen Chinesen trifft, der die Sprache des Ersteren niemals gehört hat, sich mit ihm schriftlich austauschen, und sie werden einander vollkommen verstehen – weil ihre Schrift symbolisch ist.

4 Wie wir in „Isis“ (Band II, Seite 438-9) gesagt haben: „Bis zum gegenwärtigen Augenblick bleiben, trotz aller Kontroversen und Untersuchungen, Geschichte und Wissenschaft in Bezug auf den Ursprung der Juden so sehr im Dunkeln wie eh und je. Sie können genauso gut die vertriebenen Chandalas des alten Indiens sein, die von Vina-Svata, Veda-Vyasa und Manu erwähnten ‘Ziegelmaurer’ wie auch die Phönizier Herodots, die Hyksos des Josephus oder die Nachkommen der Pali-Schäfer oder eine Mischung von all diesen. Die Bibel nennt die Tyrier ein verwandtes Volk und beansprucht die Herrschaft über sie. . . . Doch was immer sie gewesen sein mögen, sie wurden nicht lange nach den Tagen des Moses zu einem Mischvolk, denn die Bibel zeigt sie uns nicht nur mit den Kanaanitern in freier Mischehe, sondern auch mit jeder anderen Nation oder Rasse, mit der sie in Berührung kamen.“

5 Diese Ansprüche werden aber einer nach dem anderen eingeräumt, da ein Wissen­schaftler nach dem anderen gezwungen ist, die von der Geheimlehre ausgegebenen Tat­sachen anzuerkennen – obwohl er selten, wenn überhaupt, erkennen wird, dass man seine eigenen Behauptungen vorweggenommen hat. So hegte Piazzi Smith in den glorreichen Tagen seiner Autorität über die Pyramide von Gizeh die Theorie, dass der Porphyrsarkophag in der Königskammer „die Maßeinheit für die beiden erleuchtetsten Nationen der Erde – England und Amerika – sei“, und dabei nichts Besseres war als ein „Kornsilo“. Dem wurde in der damals gerade veröffentlichten Isis Unveiled“ von uns heftig widersprochen. Da erhob sich die New Yorker Presse empört (vor allem die Zeitungen „Sun“ und World“) gegen unsere Vermutung, eine solche Berühmtheit unter den Gelehrten zu korrigieren oder Fehler bei ihm zu finden. Auf Seite 519, Band I, hatten wir gesagt, dass Herodot, das Thema dieser Pyramide behandelnd, „hätte hinzufügen können, dass sie äußerlich das schöpferische Prinzip der Natur symbolisierte und auch die Prinzipien der Geometrie, Mathematik, Astrologie und Astronomie illustrierte. Innerlich war sie ein majestätisches Heiligtum, in dessen düsterer Abgeschiedenheit die Mysterien vollzogen wurden und dessen Mauern oft Zeugen der Initiationsszenen von Mitgliedern der königlichen Familie gewesen waren. Der Porphyrsarkophag, den Professor Piazzi Smyth, königlicher Astronom von Schottland, zu einem Kornsilo degradiert, war das Taufbecken, aus dem der Neophyt „wiedergeboren“ emporstieg und zum Adepten wurde.“

Unsere Behauptung wurde damals verlacht. Wir wurden beschuldigt, unsere Ideen vom „Wahnsinnigen“ Shaws zu haben, einem englischen Schriftsteller, der behauptete, der Sarkophag sei für die Feier der Mysterien des Osiris benützt worden (obwohl wir niemals von diesem Schriftsteller gehört hatten!). Und jetzt, sechs oder sieben Jahre später, schreibt Staniland Wake auf Seite 93 seines Werkes über „The Origin and Significance of the Great Pyramid“ Folgendes:

„Die sogenannte Königskammer, von der ein enthusiastischer Pyramidenbesucher sagt: ‘Die geglätteten Mauern, die feinen Stoffe, die großartigen Proportionen und der erhabene Platz sprechen beredt von zukünftigen Herrlichkeiten.’ Diese Königskammer war, wenn nicht die Kammer der Vollkommenheiten von Cheops Grab, so wahrscheinlich doch der Ort, zu dem der Initiand zugelassen wurde, nachdem er den engen, aufwärts führenden Durchgang und die große Galerie mit ihrem niedrigen Abschluss hinter sich gebracht hatte, wodurch er allmählich für das letzte Stadium der heiligen mysterien vorbereitet wurde.“ Wäre Staniland Wake ein Theosoph gewesen, so hätte er hinzufügen können, dass der enge, aufwärts führende Durchgang, der zur Königskammer führte, tatsächlich ein „enges Tor“ hatte, dasselbe „schmale Tor“, das „zum Leben führt“ oder zu der neuen spirituellen Wiedergeburt, auf die Jesus in Matthäus 7,13 et seq. anspielt; und dass es dieses Tor im Tempel der Initiation ist, an welches der Schreiber, der die angeblich von einem Initiierten gesprochenen Worte aufzeichnete, gedacht hat.

6 Alles, was wir in Isis“ gesagt haben, ist jetzt in „The Key to the Hebrew-Egyptian Mystery in the Source of Measures“ durch derartige Auslegung der Bibel mithilfe der numerischen und geometrischen Schlüssel bestätigt worden.

7 In seinem Assyrian Antiquities“ sagt George Smith auf S. 224: „Im Palast des Sanherib zu Kuyunjik fand ich ein weiteres Fragment der merkwürdigen Geschichte Sargons. . . . veröffentlicht in meiner Übersetzung in „Transactions of the Society of Biblical Archaeology“, Band I, Teil I, Seite 46.“ Die Hauptstadt Sargons, des babylonischen Moses, „war die große Stadt von Agadi, von den Semiten Akkad genannt – in der Genesis als die Hauptstadt des Nimrod erwähnt“ (Gen 10,10). . . . „Akkad lag nahe der Stadt Sippar am Euphrat und nördlich von Babylon.“ (Siehe „Isis“, Band II, S. 442-3) Eine andere seltsame Übereinstimmung findet sich in der Tatsache, dass der oben erwähnte Name der benachbarten Stadt Sippar mit dem Namen von Moses’ Ehefrau übereinstimmt – Zippora (Exodus 2). Natürlich ist die Geschichte eine geschickte Einschiebung von Esra, dem das nicht unbekannt gewesen sein konnte. Diese merkwürdige Geschichte findet sich auf Bruchstücken von Tafeln aus Kuyunjik und lautet folgendermaßen:

1. Sargon, der mächtige König, der König von Akkad bin ich.

2. Meine Mutter war eine Prinzessin, meinen Vater kannte ich nicht; ein Bruder meines Vaters herrschte über das Land.

3. In der Stadt Azupiran, die am Ufer des Flusses Euphrat liegt.

4. Meine Mutter, die Prinzessin, empfing mich; in Nöten gebar sie mich.

5. Sie legte mich in einen Binsenkorb, mit Erdharz versiegelte sie meinen Ausgang.

6. Sie setzte mich aus im Fluss, der mich nicht ertränkte.

7. Der Fluss trug mich, zu Akki brachte er mich, dem Wasserträger.

8. Akki, der Wasserträger, zog mich aus tief empfundener Güte heraus etc. etc.

Und jetzt Exodus (2): „Und als sie (die Mutter Mose’) ihn nicht länger verbergen konnte, nahm sie für ihn ein Kästlein von Schilfrohr und verpichte es mit Erdharz und mit Pech und legte das Kind darein, und legte es in das Schilf am Ufer des Stromes.“

„Die Geschichte“, sagt G. Smith, „hat sich vermutlich um 1.600 v. Chr. ereignet, bedeutend früher als das für Moses angenommene Zeitalter. Da wir wissen, dass der Ruhm Sargons bis nach Ägypten reichte, ist es ziemlich wahrscheinlich, dass dieser Bericht einen Zusammenhang mit den in Exodus ii erzählten Ereignissen hat, denn jede einmal ausgeführte Handlung hat die Neigung, sich zu wiederholen.“ Nachdem aber Professor Sayce jetzt den Mut hatte, die Zeiten der chaldäischen und assyrischen Könige um weitere zweitausend Jahre zurück zu verschieben, muss Sargon dem Moses um mindestens 2.000 Jahre vorausgegangen sein (siehe Professor Sayces Vorlesungen über diesen Gegenstand). Das Zugeständnis ist bedeutsam, aber den Zahlen fehlen eine oder zwei Nullen.

8 Zur Erinnerung daran, dass die Esoterische Religion von Moses mehrere Male vernichtet und durch die Anbetung Jehovahs ersetzt wurde, wie sie von David wieder eingeführt worden war – von Hesekiel, um nur einen zu nennen – siehe S. 436-42, Band II, in „Isis Unveiled“. Sicherlich gab es einige sehr gute Gründe dafür, warum die Sadduzäer, die fast alle Hohepriester Judäas stellten, sich an die Gesetze von Moses hielten und die angeblichen „Bücher des Moses“, den Pentateuch der Synagoge und den Talmud, verwarfen.

9 Noch einmal erinnere man sich an den im Raum gekreuzigten Hindu Wittoba; an die Bedeutung des „heiligen Zeichens“, der Swastika, an Platons gekreuzigten Menschen im Raum etc. etc.

10 „Source of Measures“.

11 Siehe ferner die Beschreibung der alten arischen Initiation: Vishvakarman, der die ihrer Strahlen beraubten Sonne, „Vikartana“, auf einer kreuzförmigen Latte kreuzigt.

12 Einige der Verfechter dieser Hypothese müssen ihren Verstand verloren haben, möchte man annehmen. Denn was soll man angesichts dieser aus dem toten Buchstaben der Bibel abgeleiteten Absurditäten denken, wenn diese immer noch verfochten werden, öffentlich und so heftig wie eh und je, und wenn man die Theologen behaupten hört, dass – obwohl „die Heilige Schrift es sorgfältig unterlässt (?), zur wissenschaftlichen Erkenntnis irgendwelche unmittelbaren Beiträge zu leisten –, sie niemals über irgendeine Aussage gestolpert sei, die nicht dem Licht der vorwärtsdrängenden Wissenschaft standhält“ ! ! ! – („Primeval Man Unveiled“, S. 14)

13 „Primeval Man Unveiled: Or, the Anthropology of the Bible“, Autor (unbekannt), von „The Stars and the Angels“, 1871, S. 195.

14 Insbesondere angesichts des Beweises, den die autorisierte Bibel in Genesis 4,16-7 selbst liefert, nach der Kain in das Land Nod geht und dort eine Frau heiratet.

15 Wenn er beispielsweise die „Erste Ursache“ – das Unerkennbare – eine „Kraft“ nennt, „welche sich durch Erscheinungen manifestiert“, und „eine unendliche, ewige Energie“ (?), macht das deutlich, dass er lediglich den physischen Aspekt des Mysteriums des Seins erfasst hat – lediglich die Energien der kosmischen Substanz. Den gleich-ewigen Aspekt der Einen Wirklichkeit – die kosmische Ideenbildung – lässt er gänzlich außer Betracht (und was ihr Noumenon anbelangt, so scheint es im Verstand des großen Denkers nicht zu existieren). Ohne Zweifel ist diese einseitige Art, das Problem zu lösen, hauptsächlich der verderblichen westlichen Gewohnheit zuzuschreiben, das Bewusstsein unterzuordnen oder es als ein „Nebenprodukt“ der Molekularbewegung anzusehen.

16 Die Bezeichnung Protyl verdanken wir dem bekannten Chemiker Crookes, der die Vor-Materie so benannte, wenn man die ursprünglichen und rein homogenen Substanzen so nennen darf, die von der Wissenschaft in der endgültigen Zusammensetzung des Atoms vermutet wird, wenn sie auch noch nicht tatsächlich gefunden wurde. Aber die beginnende Trennung der Urmaterie in Atome und Moleküle entsteht infolge der Entwicklung der sieben Protyle. Die letzte von ihnen wird von Crookes gesucht, nachdem er vor Kurzem die Möglichkeit ihrer Existenz auf unserer Ebene entdeckte.

17 Die kosmische Ideenbildung, die sich in einem Prinzip oder Upadhi (Basis) konzentriert, hat das Bewusstsein des individuellen Egos zur Folge. Ihre Manifestation variiert mit dem Grad des Upadhi. Beispielsweise quillt sie durch jenen als Manas bekannten Upadhi als Verstandesbewusstsein empor; dies erfolgt durch das feine, differenzierte Gewebe (den sechsten Zustand der Materie) der Buddhi, die als Grundlage auf der von Manas gesammelten Erfahrung ruht – als ein Strom spiritueller Intuition.

18 Denn so hat die Kirche den Brief an die Epheser 6,12 interpretiert: „Denn unser Kampf ist nicht wider Fleisch und Blut, sondern wider die Fürstentümer, wider die Gewalten, wider die Weltbeherrscher dieser Finsternis, wider die geistlichen Mächte der Bosheit in den himmlischen Örtern.“ Ferner erwähnt der Hl. Paulus die spirituellen Bosheiten („wickedness“ in englischen Texten), die in der Luft verbreitet sind „Spiritualia nequitiae in coelestibus“. Die lateinischen Texte geben diesen „Bosheiten“, den unschuldigen „Elementalen“, unterschiedliche Namen. Aber die Kirche hat diesmal Recht, wenn auch Unrecht darin, sie alle Teufel zu nennen. Das Astrallicht oder der niedrige Ether ist voll von bewussten, halbbewussten und unbewussten Wesenheiten; nur hat die Kirche weniger Macht über sie als über unsichtbare Mikroben oder Moskitos.

19 Effatum XVI, „Oracles of Zoroaster“.

20 „Georgica“, Band II.

21 Die ideale Spitze des pythagoreischen Dreiecks, siehe Kapitel „Kreuz und Kreis“ und die „Frühesten Symbole des Kreuzes“ in Band II.

22 Siehe A. Coke Burnells Übersetzung, herausgegeben von Dr. Ed. W. Hopkins.

23 Ahamkara, als universales Selbstbewusstsein, hat ebenso wie Manas einen dreifachen Aspekt. Denn diese Vorstellung vom „Ich“ oder dem eigenen Ego ist entweder Sattva, „reine Ruhe“, oder erscheint als Rajas, „tätig“, oder bleibt Tamas, „stagnierend“, in Dunkelheit. Es gehört zu Himmel und Erde und nimmt die Eigenschaften beider an.

24 Siehe „Das Allerheiligste“.

25 Das Wort „Ewigkeit“, mit dem christliche Theologen den Ausdruck „für immer und ewig“ interpretieren, existiert in der hebräischen Sprache nicht, weder als Wort noch als Begriff. Oulam, sagt Le Clerc, bezeichnet lediglich einen Zeitraum, dessen Anfang oder Ende unbekannt ist. Es bedeutet nicht „unendliche Dauer“, und der Ausdruck für immer, im Alten Testament, bezeichnet lediglich eine „lange Zeit“. Ebenso wenig wird das Wort „Ewigkeit“ im christlichen Sinn in den Puranas gebraucht, denn im Vishnu-Purana“ wird klar festgestellt, dass mit Ewigkeit und Unsterblichkeit bloße „Existenz bis an das Ende des Kalpa“ gemeint ist (Buch II, Kap. viii).

26 Die orphische Theogonie ist ihrem Geiste nach rein orientalisch und indisch. Die aufeinanderfolgenden Veränderungen, die sie erfahren hat, haben sie jetzt weit von dem Geist der alten Kosmogonie entfernt, wie man schon durch einen Vergleich derselben mit Hesiods Theogonie sehen kann. Und doch bricht der wahrhaft arische, hinduistische Geist sowohl in Hesiods als auch in der orphischen Theogonie überall hervor (siehe das bemerkenswerte Werk Cosmogonies Aryennes“ von Jakob Darmesteter in seinen Essais Orientaux“). Somit entspricht die griechische Vorstellung vom Chaos jener der geheimen Weisheitsreligion. Bei Hesiod ist daher das Chaos unendlich, grenzenlos, endlos und seine Dauer ist anfanglos, es stellt eine Abstraktion und gleichzeitig eine sichtbare Gegenwart dar. Raum, erfüllt von Dunkelheit, welche ursprüngliche Materie in ihrem vorkosmischen Zustand ist. Denn in seinem etymologischen Sinn ist Chaos nach Aristoteles der Raum, und in unserer Philosophie ist der Raum die immer unsichtbare und unerkennbare Gottheit.

27 Den manifestierten Geist; absoluter, göttlicher Geist ist eins mit absoluter göttlicher Substanz. Parabrahman und Mulaprakriti sind eins in der Essenz. Daher sind auch kosmische Ideenbildung und kosmische Substanz in ihrem ursprünglichen Charakter eins.

28 „Sefer Jezirah“, Kap. 1, Mishna ix.

29 Ebenda. Abram wird von Arba abgeleitet.

30 „Zohar“, I, 2a.

31 „Sefer Jezirah“, Mischna ix, 10. Überall in der Apostelgeschichte nennt Paulus die unsichtbaren kosmischen Wesen die „Elemente“ (siehe griechische Texte). Aber heute sind die Elemente zu Atomen erniedrigt und auf sie beschränkt, von denen bisher nichts bekannt ist und die, wie der Ether selbst, lediglich „Kinder der Notwendigkeit“ sind, wie wir bereits in „Isis“ sagten. „Die armen ursprünglichen Elemente wurden schon lange verbannt, und unsere ehrgeizigen Physiker wetteifern darum, wer zu der eben flügge gewordenen Brut der sechzig oder mehr elementaren Substanzen die nächste hinzufügen wird.“ Unterdessen wütet in der modernen Chemie ein Kampf um die Begriffe. Es wird uns das Recht abgestritten, diese Substanzen „chemische Elemente“ zu nennen, denn sie seien keine „ursprünglichen Prinzipien selbstexistenter Essenzen, aus welchen das Universum gebildet wurde“, wie Platon sagt. Solche Vorstellungen in Verbindung mit dem Begriff Element reichten der „alten griechischen Philosophie“ vollkommen aus, die moderne Wissenschaft lehnt sie jedoch ab; denn – wie Prof. William Crookes sagt: „Das sind unglückliche Begriffe“, und die experimentelle Wissenschaft will mit „keiner Art von Essenzen etwas zu tun haben, außer mit jenen, die sie sehen, riechen oder schmecken kann. Die anderen überlässt sie den Metaphysikern. . . .“ Auch dafür müssen wir immerhin dankbar sein!

32 Als wir über diesen Gegenstand in Isis Unveiled“ schrieben, sagten wir: „Das Chaos der Alten, das zoroastrische heilige Feuer oder der Atash-Behram der Parsen; das Hermesfeuer, das Elmsfeuer der alten Germanen; Kybeles Blitz; Apollos brennende Fackel; die Flamme auf Pans Altar; das unauslöschliche Feuer im Akropolis-Tempel und in dem der Vesta; die Feuerflamme auf Plutos Helm; die glänzenden Funken auf den Mützen der Dioskuren, auf dem Gorgonenhaupt, dem Helm der Pallas und dem Merkur-Stab; der ägyptische Ptah-Ra; der griechische Zeus-Kataibates (der Herabsteigende) von Pausanias; die pfingstlichen Feuerzungen; Moses’ brennender Busch; die Feuersäule des Exodus und Abrams „brennende Lampe“; das ewige Feuer des „bodenlosen Abgrundes“; die Dämpfe des delphischen Orakels; das siderische Licht der Rosenkreuzer; das Akasha der indischen Adepten, Éliphas Lévis Astrallicht; die Nervenaura und das Fluidum der Magnetisten; Reichenbachs Od; Thurys Psychod und ektenische Kraft, Sergeant Cox’ psychische Kraft und der atmosphärische Magnetismus gewisser Naturforscher; der Galvanismus; und schließlich die Elektrizität – dies alles sind lediglich unterschiedliche Namen für viele verschiedene Manifestationen oder Wirkungen ein und derselben geheimnisvollen, alles durchdringenden Ursache, des griechischen Archaeus.“ Wir fügen jetzt hinzu – er ist alles dieses und noch viel mehr.

33 Platon, „Timaios“.

34 „Suidas“ v. Tyrrhenia.

35 Der Leser wird verstehen, dass unter „Jahren“ „Zeitalter“ verstanden werden, nicht bloße Perioden von je dreizehn lunaren Monaten.

36 Siehe die griechische Übersetzung von Philon Byblis.

37 Cory, „Ancient Fragments“.

38 Mithras wurde bei den Persern als der theos ek petras – Felsengott – betrachtet.

39 Bordj wird ein Feuerberg genannt – ein Vulkan; daher enthält er Feuer, Felsen, Erde und Wasser; die männlichen oder aktiven und die weiblichen oder passiven Elemente. Der Mythos ist bedeutsam.

40 „New Aspects of Life“ von Henry Pratt, M. D.

41 Damaskios nennt es in „Die Theogonien“ Dis, den „Lenker aller Dinge“. Cory, „Ancient Fragments“, S. 314.

42 Bei den Griechen waren die „Flussgötter“ allesamt Söhne des ursprünglichen Ozeans (des Chaos in seinem männlichen Aspekt), die einzelnen Vorfahren der hellenischen Rassen. Für sie war der Ozean der Vater der Götter; und in diesem Zusammenhang hatten sie also die Anschauung des Thales vorweggenommen, wie Aristoteles richtig bemerkt („Metaph.“, I, 3).

43 Der „Geist“ oder die verborgene Stimme der Mantras, die tätige Manifestation der verborgenen Kraft oder okkulter Macht.

44 Orthografie des „Archaic Dictionary“.

45 Wir meinen nicht die aktuelle und anerkannte Bibel, sondern die wirkliche, jüdische Schrift, die jetzt kabbalistisch erklärt wird.

46 Er ist aus dem einfachen Grund „unbeschreiblich“, weil er nichtexistierend ist. Er war noch niemals ein Name oder überhaupt irgendein Wort, sondern eine Idee, die nicht zum Ausdruck gebracht werden konnte. Im ersten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung wurde ein Stellvertreter für ihn erschaffen.

47 Moses’ kosmisches Tabernakel, das er in der Wüste errichtete, war quadratisch, um die vier Kardinalpunkte und die vier Elemente darzustellen, wie Josephus seinen Lesern erzählt („Antiq.“, I, Kap. viii, xxii). Die Idee stammte von den Pyramiden in Ägypten ab, und in Tyrus, wo die Pyramiden zu Pfeilern wurden, haben die Genien oder Engel ihre Wohnungen in den vier jeweiligen Punkten (siehe § xiv, „Die vier Elemente“).

48 Plutarch, „Isis und Osiris“, 1, vi.

49 „Spirit History of Man“, S. 88.

50 Movers „Phoinizer“, S. 268.

51 Cory, „Fragments“, S. 240.

52 Geradeso, wie Mulaprakriti nur Iswara bekannt ist oder dem Logos, wie er jetzt von T. Subba Row aus Madras genannt wird (siehe seine Bhagavadgita-Vorlesungen).

53 Iswara oder der Logos kann Parabrahman nicht sehen, sondern lediglich Mulaprakriti, sagt der Redner in den vier Vorlesungen über die Bhagavadgita (siehe Theosophist, Feb. 1887).

54 Die „sieben Engel des Angesichts“ bei den Christen.

55 Wir verwenden diesen Ausdruck, weil er verbreitet und durch den Gebrauch sanktioniert und dem Leser deshalb verständlicher ist.

56 Wie Le Clerc zeigt, bedeutete bei den alten Juden das Wort Oulom nur eine Zeit, deren Anfang und Ende nicht bekannt war. Das Wort „Ewigkeit“ existierte genau genommen in der hebräischen Sprache nicht in der Bedeutung, die beispielsweise die Vedantisten Parabrahman geben.

57 Im indischen Pantheon ist der zweigeschlechtliche Logos Brahmâ, der Schöpfer, dessen sieben „aus dem Gemüt geborenen“ Söhne die ursprünglichen Rishis sind – die „Bauleute“.

58 Rabbi Schimon sagt: „Ah, Gefährten, Gefährten, als eine Emanation war der Mensch zugleich Mann und Frau, sowohl auf der Seite des ‘Vaters’ als auf der Seite der ‘Mutter’. Und das ist der Sinn der Worte: ‘Und Elohim sprachen; Es werde Licht, und es ward Licht’; . . . und das ist der zweifältige Mensch.“ („Auszüge aus dem Sohar“, S. 72) Licht stand in der Genesis also für den androgynen Strahl oder den „Himmlischen Menschen“.

59 Die sieben Schwäne, von denen man glaubt, dass sie vom Himmel kommend auf dem See Mansarovara landen, sind in der Fantasie des Volks die sieben Rishis des großen Bären, und sie nehmen diese Form an, um den Ort zu besuchen, an dem die Veden geschrieben wurden.

60 Siehe Max Müllers „Our Figures“.

61 Ein Kabbalist wäre vielmehr geneigt, etwas anderes zu glauben; entsprechend der Ableitung des arabischen cifron vom indischen Synyan, Null, wurden das jüdische, kabbalistische Sephiroth (Sephrim) von dem Wort cipher entlehnt, nicht im Sinne von Leerheit, sondern umgekehrt – in dem Sinne der Schöpfung nach Zahlen und Stufen in ihrer Evolution. Und es gibt 10 oder Sephiroth.

62 Siehe Max Müllers „Our Figures“.

63 Siehe Kings „Gnostics and their Remains“, Tafel xiii.

64 „De vita Pythag“.

65 608 v. Chr.

66 Die Stadt wurde 332 v. Chr. erbaut.

67 „Metaph“, vii, F.

68 Und das nur darum, weil die eherne Schlange auf einen Pfahl gesetzt wurde! Sie hatte im Gegenteil eine Beziehung zu Mico, dem ägyptischen Ei, das vom heiligen Tau gestützt aufrecht steht, weil Ei und Schlange in der alten Verehrung und Symbologie Ägyptens nicht trennbar sind und weil sowohl die eherne als auch die „feurigen“ Schlangen Seraphim waren, die „brennenden feurigen“ Boten oder die Schlangengötter, die Nagas Indiens. Ohne das Ei war es ein rein phallisches Symbol, aber in Verbindung damit bezog es sich auf die kosmische Schöpfung.

69 „Erz war ein Metall, das die niedere Welt symbolisierte . . . . die des Schoßes, wo Leben gegeben werden sollte . . . Das Wort für Schlange war im Hebräischen Nachasch, dasselbe Wort bedeutet aber auch Erz.“ Es heißt in den „Numeri“ (xxi), dass sich die Juden über die Wüste beklagten, in der kein Wasser war“ (v. 5); worauf „der Herr feurige Schlangen sandte“ sie zu beißen, und dann, um Moses einen Gefallen zu tun, gab er ihm als Heilmittel die eherne Schlange auf einem Pfahl, damit sie sie anblickten; woraufhin „ein jeder, wenn er die eherne Schlange ansah . . . . lebte“ (?). Hierauf versammelte der „Herr“ das Volk am Brunnen von Beer, gab ihm Wasser (14-16), und das dankbare Israel sang das Lied „Springe empor, oh Brunnen“ (v. 17). Wenn der christliche Leser nach einem Studium der Symbologie zu einem Verständnis der innersten Bedeutung dieser drei Symbole gelangt – Wasser, Erz, die Schlange, und noch einiger anderer, in dem ihnen in der Heiligen Bibel verliehenen Sinn, so wird er kaum geneigt sein, den heiligen Namen seines Erlösers mit den Geschehnissen um die „eherne Schlange“ in Verbindung zu bringen. Die Seraphim סיפרש (die feurigen, beflügelten Schlangen) sind ohne Zweifel mit der Idee der „Schlange der Ewigkeit – Gott“ verbunden und können nicht davon getrennt werden, wie es in Kenealys „Apocalypse“ erklärt ist. Aber das Wort Cherubim bedeutete in einem Sinn auch Schlange, obwohl seine unmittelbare Bedeutung anders lautet, denn die Cherubim und die persischen geflügelten „Greife“ γρύφες – die Wächter des Goldenen Bergs – sind ein und dasselbe, und ihr zusammengesetzter Name zeigt ihren Charakter, denn er besteht aus רכ (kr), Kreis und בוא „aub“ oder ob, Schlange, und bedeutet daher eine „Schlange in einem Kreis“. Und das bestätigt den phallischen Charakter der ehernen Schlange und rechtfertigt, dass Hiskia sie in Stücke schlug (siehe 2 Könige 18,1, 4). Verbum satis sapienti.

70 Letztere Bezeichnungen sind alle identisch mit Anima Mundi oder der „Universalseele“, dem Astrallicht der Kabbalisten und Okkultisten oder dem „Ei der Dunkelheit“.

71 Weber, „Akad. Vorlesung“, S. 189.

72 Isis wird fast immer mit einem Lotus in der einen sowie einem Kreis und einem Kreuz (Crux Ansata) in der anderen Hand dargestellt. Das Ei war ihr geweiht.

73 Die Chinesen scheinen demnach Sir William Thomsons Theorie vorweggenommen zu haben, dass der erste Lebenskeim von einem vorbeiziehenden Kometen auf die Erde herabgefallen sei. Frage: Warum sollte das als wissenschaftlich erachtet werden und die chinesische Idee als eine abergläubische, verrückte Theorie?

74 Horus – der „Ältere“ oder Haroiri, ist ein alter Aspekt des Sonnengotts, ein Zeitgenosse von Re und Schu; Haroiri wird oft mit Horus (Horsusi) verwechselt, dem Sohn von Osiris und Isis. Sehr häufig stellten die Ägypter die aufsteigende Sonne in der Form des älteren Horus dar, der sich von einem aufgeblühten Lotus erhebt, dem Universum, und dann befindet sich über dem Sperberkopf dieses Gottes immer die Sonnenscheibe. Haroiri ist Chnum.

75 Amun oder Mon, der „Verborgene“, der höchste Geist.

76 Seine triadischen Göttinnen sind Sati und Anukis.

77 Ptah war ursprünglich der Gott des Todes, der Zerstörung, gleich Shiva. Er ist nur deshalb ein Sonnen-Gott, weil das Sonnenfeuer sowohl tötet als auch belebt. Er war der Nationalgott von Memphis, der strahlende und „schöngesichtige Gott“ (siehe Sakkara Bronzen, saïtische Epoche).

78 Das Brahmanda-Purana enthält das Geheimnis von Brahmâs Goldenem Ei vollständig; und wahrscheinlich ist es eben deshalb den Orientalisten nicht zugänglich, die behaupten, dass dieses Purana, ebenso wie das Skanda-Prana, „nicht länger als zusammenhängendes Ganzes beschaffbar ist“, sondern „aus einer Vielzahl von Khandas und Mahatmyas besteht, die angeblich daraus abgeleitet wurden“. Das „Brahmanda-Purana“ wird beschrieben als „jenes, das in 12.200 Versen die Herrlichkeit von Brahmâs Ei verkündete und in dem ein Bericht über die zukünftigen Kalpas enthalten ist, wie er von Brahmâ geoffenbart wurde.“ Ganz richtig, und vielleicht noch viel mehr.

79 In den buddhistischen esoterischen Überlieferungen findet sich ein merkwürdiges Informations­bruchstück. Die exoterische oder allegorische Biografie Gautama Buddhas lässt diesen großen Weisen an einer durch Schweinefleisch und Reis bewirkten Verdauungsstörung sterben, in der Tat ein sehr prosaisches Ende, das sehr wenig Feierliches an sich hat. Es erklärt sich als eine allegorische Bezugnahme darauf, dass Brahmâ im „Eber“ oder Varaha-Kalpa geboren wurde und dass er die Gestalt dieses Tieres annahm, um die Erde aus den „Wassern des Raums“ emporzuheben. Da nun die Brahmanen unmittelbar von Brahmâ abstammen und sozusagen mit ihm identifiziert werden, und da sie die Todfeinde des Buddhas und des Buddhismus sind, haben wir diese merkwürdige allegorische Andeutung und Gedankenverbindung. Der Brahmanismus (des Eber- oder Varaha-Kalpas) hat Buddhas Religion in Indien ermordet und von der Oberfläche vertilgt; daher heißt es von dem mit seiner Philosophie identifizierten Buddha, dass er an den Folgen des Genusses des Fleisches eines wilden Schweins verstorben sei. Die bloße Vorstellung, er sei an einer von Fleisch ausgelösten Verdauungsstörung gestorben, ist ein absurder Widerspruch und hat mehr als einen Orientalisten verwirrt, denn Buddha hatte strengsten Vegetarismus und die tiefste Achtung vor dem tierischen Leben eingeführt und verweigerte selbst den Verzehr von Eiern, da sie latentes, zukünftiges Leben in sich tragen. Die gegenwärtige Erklärung enthüllt die Allegorie jedoch und macht alles Übrige klar. Der Varaha jedoch ist kein einfacher Eber, sondern scheint ursprünglich irgendein vorsintflutliches Sumpftier bedeutet zu haben, „das es liebte, sich im Wasser zu ergötzen.“ (Vayu-Purana“)

80 Nach Oberst Wilford ereignete sich der Schluss des „Großen Krieges“ 1370 v. Chr, (siehe „A. R.“, Bd. 9, S. 116); nach Bentley 575 v. Chr. ! ! Wir können vielleicht darauf hoffen, dass noch vor dem Ende dieses Jahrhunderts der mahabharatische Epos als mit den Kriegen des großen Napoleons übereinstimmend erklärt werden.

81 Im Vedanta und Nyaya wird „nimitta“ (wovon sich „Naimittika“ ableitet) als die eigentliche Ursache übersetzt, wenn es zu Upadana, der physischen oder materiellen Ursache, in Antithese gesetzt wird. Im Sankhya ist Pradhana eine Brahmâ untergeordnete Ursache, oder vielmehr ist Brahmâ selbst eine über Pradhana stehende Ursache. Daher ist „Zugehörige“ eine falsche Übersetzung und sollte, wie einige Gelehrte gezeigt haben, mit „idealer“ Ursache wiedergegeben werden; selbst reale Ursache wäre besser gewesen.

82 Der Haupt-Kumara oder jungfräuliche Gott (ein Dhyan Chohan), der sich weigert zu schaffen. Ein Prototyp des Hl. Michaels, der sich ebenfalls weigert, das zu tun.

83 Siehe die Schlusszeilen des Kapitels „Chaos, Theos, Kosmos“.

84 Dieser Ausblick würde schwerlich der christlichen Theologie entsprechen, die für ihre Anhänger eine ewige, immerwährende Hölle vorzieht.

85 Der Ausdruck „Elemente“ muss hier nicht nur im Sinn sichtbarer und körperlicher Elemente verstanden werden, sondern auch als das, was der Hl. Paulus Elemente nennt – als die spirituellen intelligenten Kräfte – Engel und Dämonen in ihren manvantarischen Formen.

86 Wenn die Orientalisten diese Beschreibung in ihrer esoterischen Bedeutung richtig verstehen, wird sich finden, dass diese kosmische Wechselbeziehung der Weltelemente die Wechselbeziehung der physikalischen Kräfte besser erklären könnte als die gegenwärtig bekannten. Auf jeden Fall werden Theosophen bemerken, dass Prakriti sieben Formen oder Prinzipien hat, „von Mahat bis zur Erde gezählt“. Die „Wasser“ bedeuten hier die mystische „Mutter“; den Mutterschoß der abstrakten Natur, in welchem das manifestierte Universum empfangen wird. Die sieben „Zonen“ beziehen sich auf die sieben Abteilungen dieses Universums oder auf die Noumena der Kräfte, welche es ins Dasein bringen. Das ist alles allegorisch.

87 Da hier der Maha, das große oder sogenannte endgültige Pralaya beschrieben wird, wird jedes Ding in sein ursprüngliches eines Element reabsorbiert. Die „Götter selbst, Brahmâ und die Übrigen“ sterben, wie es heißt, und verschwinden während dieser langen Nacht.

88 Die „Baumeister“ der Stanzen.

89 Siehe Jacolliots „Les fils de Dieu“; l‘Inde des Brahmes, S. 230.

90 Wenn das nicht prophetisch ist, was dann?

91 Das Matsya-Purana gibt Katapa an.

92 Max Müller übersetzt den Namen mit Morya, von der Moryadynastie, welcher Chandragupta angehörte (siehe Sanskrit-Literatur). Im „Matsya-Purana“, Kap. cclxxii, ist von der Dynastie der zehn Moryas (oder Mauryas) die Rede. In demselben Kapitel cclxxii heißt es, dass die Moryas eines Tages über Indien herrschen werden, nachdem sie in vielen tausend Jahren das Kshatriyageschlecht wiederhergestellt haben werden. Nur dieses Reich wird rein spirituell und „nicht von dieser Welt“ sein. Es wird das Königreich des nächsten Avataras sein. Colonel Tod glaubt, dass der Name Morya (oder Maurya) eine Entstellung des Namens des Rajputenstamms Mori darstellt, und der Kommentar zum Mahavansa meint, dass einige Fürsten ihren Namen Maurya von ihrer Stadt namens Mori angenommen haben, oder Morya-Nagara, wie er von Professor Max Müller angegeben wird, was nach der Urschrift des Mahavansa richtiger ist. Die „Sanskrit-Enzyklopädie Vachaspattya“ versetzt, wie unser Bruder Devan Badhadur R. Ragoonath Rao aus Madras mitteilt, Katapa (Kalapa) auf die Nordseite der Himalayas und somit nach Tibet. Das Gleiche wird in Kapitel xii (Skandha) des „Bhagavat“, Bd. III, S. 325, zum Ausdruck gebracht.

93 Das Vayu-Purana erklärt, dass Moru die Kshatriyas im neunzehnten folgenden Yuga wiederherstellen wird (siehe „Five Years of Theosophy“, S. 483, „The Moryas and Koothoomi“).

94 In der christlichen Religion sieht man auf jedem Verkündigungsmotiv den der Jungfrau Maria erscheinenden Erzengel Gabriel, und in seiner Hand hält er einen Strauß Wasserlilien. Dieser Strauß, der Feuer und Wasser versinnbildlicht oder die Idee der Schöpfung und der Zeugung, symbolisiert genau dieselbe Idee wie der Lotus in der Hand des Bodhisattvas, welcher Maha-Maya, der Mutter Gautamas ankündigt, dass sie Buddha, den Heiland der Welt, gebären wird. Deshalb also wurden auch Osiris und Horus von den Ägyptern beständig in Verbindung mit der Lotusblume dargestellt, da beide Sonnengötter oder Feuer waren (wie der Heilige Geist noch jetzt durch „feurige Zungen“ dargestellt wird) (Apostelgeschichte).

95 Siehe Sir William Jones „Dissertations Relating to Asia“.

96 Lakshmi ist Venus-Aphrodite, und wie Letztere ging sie mit einer Lotusblume in ihrer Hand aus dem Schaum des Ozeans hervor. Im Ramayana wird sie Padma genannt.

97 In der Esoterischen Philosophie ist der Demiurg oder Logos, als Schöpfer betrachtet, lediglich ein abstrakter Ausdruck, eine Idee, ähnlich dem Wort „Heer“. Wie Letzteres der alles umfassende Begriff für eine Gesamtheit von aktiven Kräften oder wirkenden Einheiten ist – Soldaten –, ist der Demiurg die qualitative Zusammensetzung einer Vielheit von Schöpfern oder Baumeistern. Burnouf, der große Orientalist, erfasste den Gedanken vollkommen richtig, indem er sagte, dass Brahmâ die Erde nicht erschafft, nicht mehr als das übrige Universum. „Nachdem er sich aus der Seele der Welt selbst evolviert hat, kondensiert er mit der gesamten Natur und emaniert sie aus sich selbst heraus, sobald er erst einmal von der ersten Ursache getrennt ist. Er steht nicht über ihr, sondern ist mit ihr vermengt. Brahmâ und das Universum bilden ein Wesen, von welchem jedes einzelne Teilchen vom Wesen her Brahmâ selbst ist, der aus sich selbst hervorging.“

98 In den indischen Puranas werden Vishnu, der erste, und Brahmâ, der zweite Logos oder der ideale und der praktische Schöpfer dementsprechend dargestellt, der eine als den Lotus offenbarend, der andere als aus ihm hervorgehend.

99 Jedoch nicht die „Anstrengungen“ der geübten psychischen Fähigkeiten eines Initiierten der östlichen Metaphysik und der Mysterien der schöpferischen Natur. Die Profanen vergangener Zeiten waren es, die das reine Ideal der kosmischen Schöpfung zu einem Emblem lediglich menschlicher Fortpflanzung und geschlechtlicher Funktionen erniedrigten: Es ist die Aufgabe der esoterischen Lehren sowie der zukünftigen Initiierten, die ursprüngliche Vorstellung zu rehabilitieren und aufs Neue zu adeln, welche durch ihre rohe und plumpe Anwendung auf exoterische Dogmen und Personifikationen seitens theologischer und kirchlicher Frömmler bedauernswert entweiht wurde. Die schweigende Verehrung der abstrakten oder noumenalen Natur, also der einzigen göttlichen Manifestation, ist die eine veredelnde Religion der Menschheit.

100 Sicherlich konnten die Worte des alten Initiierten der ursprünglichen Mysterien des Christentums „Wisset ihr nicht, daß ihr Gottes Tempel seid“ (1 Korinther 3,16) nicht in diesem Sinn auf die Menschen angewendet werden. Diese Auffassung konnte und war unabstreitbar in den Köpfen der hebräischen Kompilatoren des Alten Testaments. Und hier befindet sich der Abgrund, der zwischen der Symbolik des Neuen Testaments und dem jüdischen Kanon liegt. Diese Kluft wäre geblieben und immer weiter gewachsen, hätte nicht das Christentum eine Brücke über sie geschlagen, insbesondere und am grellsten die lateinische Kirche. Das moderne Papsttum hat die Kluft inzwischen mit seinem Dogma von den beiden unbefleckten Empfängnissen und durch den anthropomorphen und zugleich der Mutter ihres Gottes verliehenen abgöttischen Charakter vollkommen überbrückt.

101 Sie wurde ausschließlich in der hebräischen Bibel und bei deren unterwürfiger Plagiatorin, der christlichen Theologie, derartig auf die Spitze getrieben.

102 Dieselbe Idee wird in den Vorkommnissen in Ägypten exoterisch ausgeführt. Gott der Herr versucht den Pharao schwer und „straft ihn mit großen Plagen“, damit der König nicht der Strafe entgehe und so keinen Vorwand für einen weiteren Triumph seines „auserwählten Volkes“ liefere.

103 Selbst die sieben Töchter des midianischen Priesters, die kamen, um Wasser zu schöpfen, und denen Moses half, ihre Herde zu tränken, für welchen Dienst der Midianit Moses seine Tochter Zipporah (Sipparah = die schimmernde Woge) zur Frau gab (Exodus 2). All das hat dieselbe geheime Bedeutung.

104 Bei den Ägyptern bedeutete das die Auferstehung durch Wiedergeburt nach 3.000 Jahren der Reinigung, sei es in Devachan oder in den „Gefilden der Wonne“.

105 Solche „Froschgöttinnen“ sind in Boulak zu sehen, im Museum in Kairo. Für die Behauptung betreffs der Kirchenlampen und Inschriften muss der gelehrte ehemalige Direktor des Boulak-Museums, Gaston Maspero, verantwortlich gemacht werden (siehe seinen „Guide du Visiteur au Musée de Boulaq“, S. 146).

106 In der Bildhauerei von Alkamenes die Göttin Τρίμορφος.

107 Die alte Mythologie schließt die alte Astronomie ebenso gut in sich ein wie die Astrologie. Die Planeten waren die Zeiger, die auf dem Ziffernblatt unseres Sonnensystems die Stunden gewisser periodischer Ereignisse angaben. So war Merkur, der Bote, dazu bestimmt, den Takt der täglichen Sonnen- und Mondphänomene zu halten, und stand im Übrigen in Beziehung mit dem Gott und der Göttin des Lichts.

108 Die verzerrte und verkümmerte vedantische Vorstellung von Parabrahman, welches das gesamte Universum in sich selbst enthält, da es dieses grenzenlose Universum ist und nichts außerhalb von ihm selbst existiert.

109 Dasselbe findet sich bis zum heutigen Tag in Indien, der Stier Shivas und die Kuh, welche verschiedene Shakti repräsentieren, Göttinnen.

110 Daher die Verehrung des Mondes bei den Hebräern.

111Männlich und weiblich schuf er sie.“

112 Weil sie zu heilig war. In den Veden wird sie als Tat bezeichnet: Sie ist die „Ewige Ursache“ und kann daher nicht als eine „Erste Ursache“ bezeichnet werden, ein Ausdruck der impliziert, zu einem gewissen Zeitpunkt sei keinerlei Ursache vorhanden gewesen.

113 Die römischen Katholiken verdanken die Idee, den Monat Mai der Jungfrau zu weihen, dem heidnischen Plutarch, der zeigt, dass „der Mai der Maïa (Maiva) oder Vesta geweiht ist“ („Aulus-Gellius“, Wort Maïa) – unserer Mutter Erde, unserer personifizierten Amme und Ernährerin.

114 Thot-Lunus ist der „Budha-Soma“ Indiens oder „Merkur und der Mond“.

115 Während der in den mosaischen Büchern fehlenden Periode – von der Verbannung aus dem Paradies bis zur allegorischen Flut – verehrten die Juden zusammen mit den übrigen Semiten Dayanisi י ס י נ ז י ד, „den Beherrscher der Menschen“, den „Richter“, oder die Sonne. Obwohl der jüdische Kanon und das Christentum die Sonne in der Bibel zu „Gott dem Herrn“ und Jehovah machten, ist doch Letztere voll von indiskreten Spuren der androgynen Gottheit Jehovah, der Sonne, und Astoreth, der Mond in seinem weiblichen Aspekt, und ganz frei von dem ihm gegenwärtig verliehenen sinnbildlichen Element. Gott ist ein „verzehrendes Feuer“, er erscheint in und ist umgeben von Feuer. Es geschah nicht nur in seiner Vision, dass Hesekiel (viii, 16) sah wie die Juden sich „… bückten … hin vor der Sonne“. Der Baal der Israeliten (der Schemesch der Moabiten und der Moloch der Ammoniten) war mit dem „Sonnen-Jehovah“ identisch, und er ist bis heute der „König der Himmlischen Schar“, der Sonne, ebenso wie Astoreth die „Königin des Himmels“ war – oder der Mond. Die „Sonne der Gerechtigkeit“ ist erst jetzt zu einem metaphorischen Ausdruck geworden.

116 Um ihr Leben zu retten, flieht die Erde in der Allegorie vor dem sie verfolgenden Prithu. Sie nimmt die Gestalt einer Kuh an und läuft, vor Entsetzen zitternd, davon und verbirgt sich sogar in den Regionen Brahmâs. Daher ist es nicht unsere Erde. Das Kalb wiederum hat in jedem Purana einen anderen Namen. In einem ist es Manu Svayambhuva, in einem anderen Indra, in einem dritten der Himavat (Himalaya) selbst, wobei Meru der Melker war. Das ist eine tiefere Allegorie als allgemein angenommen.

117 Seine klare Vergegenwärtigung dieser Angelegenheit lautet, dass die Ägypter Jehovah (!) und seinen Fleisch gewordenen Erlöser (die gute Schlange) etc. etc. prophezeiten; und selbst Typhon mit dem bösen Drachen des Gartens Eden zu identifizieren, und derlei gilt dann als ernsthafte und seriöse Wissenschaft.

118 Hathor ist die infernale Isis, die Göttin insbesondere des Westens oder der Unterwelt.

119 Das ist von de Mirville, der die Ähnlichkeit stolz verkündet, und er müsste es wissen.

120 Erwähnt in G. Masseys Vortrag.

121 „The Natural Genesis“ von Gerald Massey, Band 1, S. 340.

122 Aus demselben Grund wird die Einteilung der sieben Prinzipien im Menschen genauso gerechnet, weil sie in der höheren und der niederen menschlichen Natur denselben Kreis beschreiben.

123 So ist die siebenfältige Einteilung die älteste und ging der vierfältigen Einteilung voran. Sie ist die Wurzel der archaischen Systematik.

124 Ein „Tag Brahmâs“ dauert 4.320.000.000 Jahre – multipliziere dies mit 365! Die Asuras hier (Nichtgötter, oder Dämonen) sind immer noch Suras, Götter, die in der Hierarchie höher stehen als solche sekundären Götter, die in den Veden noch nicht einmal erwähnt werden. Die Dauer des Krieges zeigt seine Bedeutung, und sie zeigt auch, dass sie lediglich die personifizierten kosmischen Mächte darstellen. Es ist offenbar zu sektiererischen Zwecken und aus odium theologicum geschehen, dass die von Vishnu angenommene täuschende Form Mayamoha in späteren Neuanordnungen der alten Texte Buddha und den Daityas zugeschrieben wurde, wie im Vishnu-Purana“, wenn es sich dabei nicht um ein Fantasiegebilde von Wilson selbst handelt. Wilson glaubte auch, in der Bhagavadgita eine Anspielung auf den Buddhismus gefunden zu haben, wobei er, wie K. T. Telang bewiesen hat, lediglich die Buddhisten und die älteren Charvaka-Materialisten miteinander verwechselte. Diese Version taucht in den anderen Puranas nirgendwo auf, sollte die von Professor Wilson aufgestellte Behauptung auch auf das Vishnu-Purana“ zutreffen; bei dessen Übersetzung, insbesondere der von Buch iii, Kap. xviii, hat der hochwürdige Orientalist willkürlich Buddha eingeführt und lässt ihn die Daityas den Buddhismus lehren, und das hat zu einem anderen „großen Krieg“ geführt, und zwar zwischen ihm und Oberst Vans Kennedy. Letzterer beschuldigte ihn öffentlich, vorsätzlich puranische Texte entstellt zu haben. „Ich behaupte“, schrieb der Oberst im Jahr 1840 in Bombay, „dass die Puranas nicht das enthalten, was nach der Behauptung Professor Wilsons in ihnen enthalten sein soll; . . . bis entsprechende Zitate vorgebracht werden, möge es mir erlaubt sein, meine früheren Schlussfolgerungen zu wiederholen, dass Professor Wilsons Behauptung, die jetzt vorhandenen Puranas seien zwischen dem achten und siebzehnten Jahrhundert (n. Chr.!) zusammengestellte Kompilationen, lediglich auf willkürlichen Annahmen und unbegründeten Thesen beruht, und dass seine diesbezügliche Beweisführung nichtig, trügerisch, widersprüchlich oder nicht wahrscheinlich ist.“ (SieheThe Vishnu-Purana“, übersetzt von Wilson, herausgegeben von Fitzedward Hall, Band V, Anhang)

125 Diese Aussage bezieht sich auf den dritten Krieg, da die irdischen Kontinente, Meere und Flüsse in Zusammenhang mit ihm erwähnt werden.

126 Buch I, Kap. xvii, die Geschichte Prahladas erzählend – des Sohnes Hiranyakashipus, des puranischen Satans, des großen Feindes Vishnus und des Königs der drei Welten – in dessen Herz Vishnu eintrat.

127 Diese Unkenntnis wird im Lobgesang der Yogins für Brahmâ, „den Erhalter der Erde“ (Buch I, Kap. iv des Vishnu Puranas“), wahrhaftig und schön zum Ausdruck gebracht, indem sie sagen: „Jene, die Hingabe nicht übten, begreifen die Natur der Welt nicht. Die Unwissenden, die nicht wahrnehmen, dass dieses Universum von der Natur der Weisheit ist und es lediglich als ein Objekt der Wahrnehmung ansehen, sind in dem Ozean der geistigen Unwissenheit verloren. Aber jene, welche die wahre Weisheit kennen und deren Denken rein ist, erblicken diese ganze Welt als eins mit der göttlichen Erkenntnis, als eins mit dir, oh Gott! Sei gnädig, oh universaler Geist!“

128 „Es begab sich aber des Tages, da die Söhne Gottes vor den Herrn traten, dass Satan kam mit seinen Brüdern und auch vor den Herrn trat.“ (Hiob 2, Abyss., äthiopischer Text)

129 Wilsons Meinung, dass das Vishnu-Purana“ ein Produkt unserer Ära und in seiner gegenwärtigen Form nicht älter sei als aus der Zeit zwischen dem 8. und 17. (!!) Jahrhundert, ist zu widersinnig, als dass sie Beachtung verdienen würde.

130 Siehe „Magazine“, April 1797.

131 Ητοι μεν πρώτιστα χάος γένετ᾽ ; γένετο wurde im Altertum die Bedeutung beigelegt von „wurde erzeugt“ und nicht einfach von „war“ (siehe Taylors „Introd. to the Parmenides of Plato“, S. 259-60).

132 Diese Verwechselung des „Begrenzten“ mit dem „Unbegrenzten“ überschüttet Kapila in seinen Disputen mit den brahmanischen Yogis mit Sarkasmus, die behaupten, in ihren mystischen Visionen das „Höchste Eine“ zu sehen.

133 Siehe T. Taylors Artikel in seinem „The Monthly Magazine“, zitiert in The Platonist“, Ausgabe Februar 1887, von T. M. Johnson, Mitglied der Theosophischen Gesellschaft, Osceola, Missouri.

134 Vach – die „melodische Kuh, die Nahrung und Wasser spendet“ und uns „Nahrung und leibliches Wohl“ gewährt, wie im „Rigveda“ beschrieben.

135 The Masonic Review“, Juni 1886.

136 In der Bhagavadgita Daiviprakriti genannt.

137 Objektiv – in der Welt der Maya, natürlich; doch ebenso real, wie wir es selbst sind.

138 „Genauer gesagt, sollte diese Daiviprakriti im Verlauf der kosmischen Manifestation anstatt die Mutter des Logos zu sein als seine Tochter bezeichnet werden.“ („Notes on the Bhagavadgita“, S. 305, Theosophist)

139 Die weisen Männer, welche die Methode fanden, das Unfassbare eine fassliche Form annehmen zu lassen – wie William Stanley Jevons in der Moderne –, konnten das nur dadurch bewerkstelligen, dass sie auf Zahlen und geometrische Formen zurückgriffen.

140 Das verbindet Vach und Sephira mit der Göttin Kwan-Yin, der „barmherzigen Mutter“, selbst im exoterischen Buddhismus mit der göttlichen Stimme der Seele und mit dem weiblichen Aspekt Kwan-Shai-Yins, des Logos, des Verbums der Schöpfung, und zugleich mit der Stimme, welche nach dem esoterischen Buddhismus hörbar zum Initiierten spricht. Bath Kol, die Filia Vocis, bei den Hebräern die Tochter der Göttlichen Stimme, die vom Gnadenthron hinter dem Tempelvorhang antwortet, ist – ein Resultat.

141 Wie Om ist Pranava ein mystisches Wort, das während der Meditation von den Yogis ausgesprochen wird; von den laut der exoterischen Kommentatoren Vyahritis genannten Worten oder „Om, Bhur, Bhuva, Swaha“ (Om, Erde, Firmament, Himmel) ist Pranava vielleicht das heiligste. Sie werden mit unterdrücktem Atem ausgesprochen. Siehe „Manu“, II, S. 76-81 und „Mitakshara commenting on the Yajnavalkya-Smriti“, i. 23. Die esoterische Erklärung geht jedoch noch ein gutes Stück tiefer.

142 Diese Trinität wird durch die „drei Schritte Vishnus“ dargestellt; was bedeutet: (nachdem Vishnu in der Exoterik als das Unendliche betrachtet wird) – Mulaprakriti und Purusha (der Logos und Prakriti) gingen aus Parabrahman hervor: die vier Formen (mit ihr selbst als Synthese) von Vach. Und in der Kabbala sind Ain Soph, Shekinah, Adam Kadmon und Sephira, die vier – oder drei verschiedenen Emanationen – doch eine.

143 „Chaldäisches Buch der Zahlen“. In der heutigen Kabbala ersetzt der Name Jehovah den Adam Kadmons.

144 Justin der Märtyrer sagt uns, dass er wegen seiner Unkenntnis dieser vier Wissenschaften von den Pythagoreern als Kandidat für die Zulassung an ihrer Schule zurückgewiesen worden sei.

145 31.415 oder π, die Synthese oder die im Logos vereinte Schar, oder der im römischen Katholizismus als „Engel des Angesichts“ bezeichnete Punkt, sowie im Hebräischen ל ֶא ַכ י ִם, „der (gleich wie oder derselbe) wie Gott ist “ – die manifestierte Repräsentation.

146 Sie erscheinen am Beginn eines jeden Zyklus, sowie auch an dem eines jeden siderischen Jahres (von 25.868 Jahren). Daher erhielten die Kabeira oder Kabirim ihren Namen in Chaldäa, und es bedeutet die Maße des Himmels, von Kob – Maß von, und Urim – die Himmel.

147 Dieses ägyptische Wort Naja erinnert sehr an den indischen Naga, den Schlangengott. Brahmâ, Shiva und Vishnu sind alle gekrönt mit Nagas und stehen mit ihnen in Verbindung – ein Zeichen für ihren zyklischen und kosmischen Charakter.

148 Der Übersetzer von Avicebrons „Qabbalah“ (Isaac Myer, LL.B., aus Philadelphia) sagt über diese „Gesamtsumme“: „Kethers Buchstabe ist י (Yod), Binahs ה (Heh), zusammen YaH, der weibliche Name; der dritte Buchstabe, der von Chochmah, ist ו (Vau), was zusammen ו ה י YHV ergibt von ה ו ה י YHVH, das Tetragrammaton, und tatsächlich das vollständige Symbol seiner Wirksamkeit. Das letzte ה (Heh) dieses Unaussprechlichen Namens wird immer angewendet auf die sechs niederen und auf die letzte, zusammen die sieben verbleibenden Sephiroth.“ . . . Somit ist das Tetragrammaton lediglich in seiner abstrakten Synthese heilig. Als eine die niederen sieben Sephiroth enthaltende Vierheit ist es phallisch.

149 Diese Behauptung wird natürlich für unsinnig und absurd gehalten und verlacht werden. Wenn man aber an den endgültigen Untergang von Atlantis vor 850.000 Jahren glaubt, wie es im „Esoterischen Buddhismus“ gelehrt wurde (das erste, allmähliche Versinken begann im Eozän), muss man auch die Behauptung über das sogenannte Lemurien annehmen, den Kontinent der dritten Wurzelrasse, der zunächst durch Verbrennung nahezu vollkommen zerstört wurde und dann untertauchte. Der Kommentar lehrt: „Da die erste Erde durch die neunundvierzig Feuer gereinigt war, konnte ihre Bevölkerung, aus Feuer und Wasser geboren, nicht sterben . . . etc.; die zweite Erde (mit ihrer Rasse) verschwand, wie Dunst in der Luft verschwindet . . . ; die dritte Erde hatte alles, was sich auf ihr befand, nach der Trennung erschöpft und versank in der unteren Tiefe (dem Ozean). Das geschah vor zweimal zweiundachtzig zyklischen Jahren.“ Nun entspricht ein zyklisches Jahr dem, was wir ein Siderisches Jahr nennen und beruht auf dem Vorrücken der Tag- und Nachtgleichen oder jeweils 25.868 Jahre, und dies entspricht also insgesamt 4.242.352 Jahren. Weitere Einzelheiten wird man in Band II finden. Unterdessen: Diese Lehre ist verkörpert in den „Königen von Edom“.

150 Dieselbe Zurückhaltung findet sich im Talmud und in jedem nationalen Religions­system, einerlei ob es monotheistisch oder exoterisch polytheistisch ist. Aus dem herrlichen religiösen Gedicht des Kabbalisten Rabbi Salomon iben Gabirol „Kether Malchuth“ wählen wir einige Definitionen, die in den Kippûr-Gebeten gegeben sind. . . . „Du bist Eins, der Anbeginn aller Zahlen und die Grundlage aller Gefüge. Du bist Eins, und im Geheimnis Deiner Einheit sind selbst die weisesten der Menschen verloren, weil sie es nicht kennen. Du bist Eins, und Deine Einheit wird niemals vermindert, niemals erweitert, und kann nicht verändert werden. Du bist Eins, aber nicht als ein Element der Rechenkunst; denn Deine Einheit erlaubt keine Vervielfältigung, Wechsel oder Form. Du existierst, aber der Verstand und die Vision der Sterblichen kann Deine Existenz nicht erreichen, noch für Dich das Wo, das Wie und das Warum bestimmen. Du existierst, aber in Dir selbst allein, denn kein anderer könnte mit Dir existieren. Du existierst vor jeder Zeit und ohne Ort. Du existierst, und Deine Existenz ist so tiefgründig und verborgen, dass niemand eindringen und Dein Geheimnis entdecken kann. Du bist lebendig, doch in keiner Zeit, die bestimmt oder gewusst werden könnte. Du lebst, jedoch nicht durch einen Geist oder eine Seele, denn Du bist Du selbst, die Seele aller Seelen“ etc. etc. Da besteht ein Abstand zwischen dieser kabbalistischen Gottheit und dem biblischen Jehovah, dem boshaften und rachsüchtigen Gott Abrahams, Isaacs und Jacobs, welcher den Ersteren versuchte und mit dem Letzteren rang. Jeder Vedantist würde ein solches Parabrahman zurückweisen.

151 Rev. Joseph Edkins „On Cosmogony“ S. 320. Und sehr weise haben sie gehandelt.

152 Wenn er es zurückwies, so geschah das aufgrund dessen, was er als die Veränderungen bezeichnet – mit anderen Worten die Wiedergeburten – des Menschen und der beständigen Verwandlungen. Er sprach der Persönlichkeit des Menschen die Unsterblichkeit ab – so wie wir es auch tun – nicht jedoch dem Menschen selbst.

153 Er mag von den Protestanten verlacht werden, aber die römischen Katholiken haben kein Recht, über ihn zu spotten, ohne sich einer Gotteslästerung und eines Sakrilegs schuldig zu machen. Denn es sind mehr als 200 Jahre her, seit Konfuzius von den römischen Katholiken in China als Heiliger kanonisiert wurde, die dadurch aus den Reihen der unwissenden Konfuzianer viele Konvertiten gewannen.

154 In der Bibel gibt es durchaus nicht gerade wenige für heilig erachtete Tiere, wie z. B. den Ziegenbock, den Asasel oder Gott des Sieges. Wie Aben Ezra sagt: „Wenn du fähig bist, das Geheimnis des Asasel zu verstehen, wirst du das Geheimnis Seines (Gottes) Namens lernen, denn er hat ähnliche Gefährten in den Heiligen Schriften. Ich werde dir durch Anspielung einen Teil des Geheimnisses sagen; wenn du dreiunddreißig Jahre alt bist, wirst du mich verstehen.“ So verhält es sich mit dem Geheimnis der Schildkröte. In seiner Freude über die Poesie der biblischen Metaphern bringt ein frommer französischer Schriftsteller die „weißglühenden Steine“, die „heiligen Tiere“ usw. mit dem Namen Jehovahs in Verbindung, und aus der Bible de Vence“ (Bd. XIX. S. 318) zitierend sagt er: „In der Tat sind sie alle Elohim, wie ihr Gott; denn diese Engel nehmen durch eine heilige Usurpation den hochheiligen Namen Jehovahs an, immer wenn sie denselben repräsentieren.“ (Pneumatologie“, Bd. II, S. 294) Niemand hat jemals daran gezweifelt, dass der Name angenommen werden musste, sobald die Malachim (Sendboten) in der Gestalt des Unendlichen, Einen Unerkennbaren, herabstiegen, um mit den Menschen zu essen und zu trinken. Wenn aber die Elohim (und selbst noch niedrigere Wesen) verehrt wurden und noch verehrt werden, sobald sie den Gottesnamen annehmen, warum sollten dieselben Elohim dann Teufel genannt werden, sobald sie unter dem Namen anderer Götter erscheinen?

155 Die Auswahl ist merkwürdig und zeigt, wie paradox die ersten Christen in ihrer Wahl waren. Denn warum sollten sie diese Symbole des ägyptischen Heidentums gewählt haben, nachdem der Adler im Neuen Testament lediglich ein einziges Mal erwähnt wird, als Jesus ihn als einen Aasfresser bezeichnet (Mat 24,28) und er im Alten Testament als unrein bezeichnet wird; und der Löwe mit Satan zum Vergleich gebracht wird, da beide nach Menschen brüllen, um sie zu verschlingen; und die Ochsen aus dem Tempel ausgetrieben werden? Andererseits wird die Schlange, die als Vorbild für die Weisheit eingeführt wird und der gefolgt werden sollte, jetzt als das Symbol des Teufels betrachtet. Von der esoterischen Perle der Religion Christi, die zur christlichen Theologie erniedrigt wurde, kann man in der Tat sagen, dass sie für ihre Geburt und Entwicklung eine sonderbare und unpassende Hülle wählte.

156 Bryant hat Recht, wenn er sagt: „Als Noah nach einem Jahr und einem Tag der Arche entstieg (die Geburt eines neuen Zyklus), das sind 364+1=365 Tage, wurde er von Neptun zu seiner Geburt aus den Wassern der Flut beglückwünscht, indem dieser ihm ein glückliches neues Jahr wünschte – das behauptet das druidische Bardentum über Noah.“ Das „Jahr“ oder esoterisch der Zyklus war nach der Trennung der Geschlechter die neue, von der Frau geborene Menschenrasse, was die zweite Bedeutung der Allegorie ist. Ihre erste Bedeutung ist der Beginn der vierten Runde oder der neuen Schöpfung.

157 Unveröffentlichtes Manuskript. (Siehe jedoch „Source of Measures“)

158 Origenes´ Contra Celsum“, Band vi, Kap. xxii.

159 Der Text sagt: „Und die vierte Schöpfung ist hier die primäre, denn unbewegliche Dinge sind ausdrücklich als primär bekannt.“ (Siehe Fitzedward Halls Korrekturen)

160 Wie könnten „Gottheiten“ nach den Tieren erschaffen worden sein? Esoterisch bedeutet der Ausdruck „Tiere“ die Keime allen tierischen Lebens, einschließlich des Menschen. Der Mensch wird Opfertier genannt, und zwar ein Tier, das als einziges Wesen der animalischen Schöpfung den Göttern opfert. Außerdem werden unter „heiligen Tieren“ in den heiligen Texten oftmals die zwölf Tierkreiszeichen verstanden, wie bereits bemerkt.

161 „Qabbalah“, S. 415-16, von Isaac Myer, Philadelphia.

162 Obere lediglich in Bezug auf die Geister oder „Himmel“ der Erde.

163 Siehe „Isis entschleiert“, Bd. II. S. 183.

164 Siehe auch Kings Gnostics“. Andere Sekten betrachten Jehovah als Ildaboath selbst, King identifiziert ihn mit Saturn.

165 An anderer Stelle wird die Wesensgleichheit jedoch offenbar. Siehe oben das Zitat aus ibn Gabirol und seine 7 Himmel, 7 Erden usw.

166 Dieselbe darf nicht verwechselt werden mit der vorkosmischen Dunkelheit“, dem Göttlichen All.

167 Der Nous der Griechen, der (spirituelles oder göttliches) Gemüt ist, oder Mens, „Mahat“, wirkt auf die Materie in derselben Weise ein. Er „tritt ein“ in sie und versetzt sie in Bewegung:

„Spiritus intus alit, totamque infusa per artus
Mens agitat molem, et magno se corpore miscet.“

Auch in der phönizischen Kosmogonie „veranlasst der Geist durch die Vermischung mit seinen eigenen Prinzipien die Schöpfung; (Brücker, I, 240); die Orphische Triade enthält eine übereinstimmende Lehre, denn nach ihr sind Phanes (oder Eros), Chaos, welches die rohe, undifferenzierte kosmische Materie enthält, und Chronos (die Zeit) die drei zusammenwirkenden Prinzipien, welche von dem Unerkennbaren und verborgenen Punkt ausstrahlen und das Werk der„Schöpfung“ verursachen. Und sie sind im Hinduismus Purusha (Phanes), Pradhana (Chaos) und Kala (Chronos) oder die Zeit. Der gute Professor Wilson ist kein Freund dieser Idee, wie überhaupt keiner auch noch so liberaler christlicher Geistlicher. Er bemerkt, „wie jetzt erklärt, dass die Mischung (des höchsten Geistes oder der höchsten Seele) nicht mechanisch erfolgt; sie ist ein Einfluss oder eine Wirkung, die auf die zwischenstehenden Vermittler ausgeübt wird, welche die Wirkungen hervorbringen“. Den im Vishnu-Purana“ zu findenden Satz: „Wie ein Duft das Gemüt nur durch seine Nähe beeinflusst und nicht durch irgendeine unmittelbare Einwirkung auf das Gemüt selbst, beeinflusste das Höchste die Elemente der Schöpfung“, erklärt der hochwürdige und gelehrte Sanskritist mit folgenden Worten für richtig . . . : „Wie angenehme Düfte das Gemüt nicht durch tatsächliche Berührung entzücken, sondern durch den Eindruck, den sie auf den Geruchsinn ausüben, welcher ihn dem Gemüt mitteilt.“ Er fügt hinzu: „Der Eintritt des Höchsten in den Geist wie auch in die Materie ist weniger verständlich als die an anderer Stelle gegebene Auffassung davon, nämlich dass der Geist, der mit dem Höchsten identifiziert wird, in Prakriti oder Materie allein hinein gegossen wird“. Er zieht den Vers aus dem Padma-Purana vor: „Er, welcher der Mann (Geist) Prakritis genannt wird . . . derselbe göttliche Vishnu trat in Prakriti ein.“ Diese „Betrachtungsweise“ entspricht sicher mehr dem plastischen Charakter gewisser die Patriarchen betreffenden Verse in der Bibel wie Lot (Gen 29,34-38) und selbst Adam (4; 5,1) und andere von noch anthropomorphischerer Natur. Aber gerade diese führte die Menschheit zum Phallizismus, die christliche Religion ist davon vom ersten Kapitel der Genesis an bis zur Offenbarung durchtränkt.

168 Alle diese Sätze sind zitiert aus dem Vishnu-Purana“, Band I, Kap. II.

169 Vishnu ist sowohl Bhutesha, der „Herr der Elemente und aller Dinge“, als auch Vishvarupa, „universale Substanz oder Seele“.

170 Wegen der Art ihrer Stellung vergleiche man die von Trithemius (Agrippas Meister, 16. Jahrh.) verfasste Abhandlung „Betreffend die sieben sekundären oder Spirituellen Intelligenzen, die nach Gott das Universum in Bewegung versetzen“, die außerdem geheime Zyklen und verschiedene Prophezeiungen, gewisse Tatsachen und Glaubensvorstellungen über die Genien oder die Elohim, bekanntgeben, welche die siebenfältigen Stadien des Weltgeschehens beherrschen und leiten.

171 Von Anfang an sahen sich die Orientalisten in Bezug auf die Möglichkeit irgendeiner Ordnung in den puranischen Schöpfungen mit großen Schwierigkeiten konfrontiert. Wilson verwechselt sehr oft Brahman mit Brahmâ, wofür er von seinen Nachfolgern kritisiert wird. Fitzedward Hall zieht die Original Sanskrit-Texte dem von Wilson verwendeten Text für die Übersetzung des Vishnu-Purana“ vor. „Hätte sich Professor Wilson der günstigen Bedingungen erfreuen können, wie sie dem Schüler der indischen Philosophie heute zu Gebote stehen, so hätte er sich zweifellos anders ausgedrückt“, sagt der Herausgeber seines Werkes. Das erinnert einen an die von einem der Bewunderer Thomas Taylors jenen Gelehrten gegebene Antwort, die dessen Übersetzungen Platons kritisierten. Er sagte: „Taylor mag weniger Griechisch verstanden haben als seine Kritiker, aber Platon verstand er weitaus besser als sie.“ Unsere gegenwärtigen Orientalisten entstellen den mystischen Sinn der Sanskrittexte viel mehr als es Wilson jemals tat, obwohl der Letztere sich unbestreitbar sehr groben Fehlern schuldig machte.

172 „Die drei mit Intelligenz beginnenden Schöpfungen sind elementar, aber die sechs Schöpfungen, welche aus der mit dem Intellekt beginnenden Reihe hervorgehen, sind das Werk Brahmâs (Vayu-Purana). Hier bedeuten die „Schöpfungen“ überall Stadien der Evolution. Mahat, der „Intellekt“ oder das Gemüt (welches Manas entspricht, wobei Ersteres sich auf die kosmische und Letzteres sich auf die menschliche Ebene bezieht) steht hier ebenfalls niedriger als Buddhi oder die übergöttliche Intelligenz. Wenn wir daher im Linga-Purana lesen, dass „die erste Schöpfung Mahat hervorbrachte, da sich der Intellekt als Erstes manifestierte“, müssen wir diese (besondere) Schöpfung auf die erste Entwicklung unseres Systems oder sogar lediglich unsere Erde beziehen, da keine der vorausgehenden in den Puranas besprochen wird, sondern es lediglich hin und wieder Andeutungen darauf gibt.

173 Professor Wilson übersetzt das so, als stünden die Tiere in der Stufenleiter der „Schöpfung“ über den Gottheiten oder Engeln, obwohl die Wahrheit in Bezug auf die Götter im weiteren Verlauf sehr klar festgestellt wird. Diese „Schöpfung“, sagt der Text, ist sowohl primär (Prakrita) als auch sekundär (Vaikrita). Sie ist Letztere in Bezug auf den Ursprung der Götter aus Brahmâ (dem persönlichen, anthropomorphischen Schöpfer unseres materiellen Universums); insofern sie den Rudra betrifft, das unmittelbare Erzeugnis des ersten Prinzips, ist sie die Erstere (primäre). Die Bezeichnung Rudra ist nicht nur einer der Titel Shivas, sondern sie umfasst die Vermittler der Schöpfung, Engel und Menschen, wie im weiteren Verlauf gezeigt werden wird.

174 Weder Pflanze noch Tier, sondern ein Lebewesen zwischen den beiden.

175 „Erschaffene Wesen“ – erklärt das Vishnu-Purana“ – „stehen, wenn sie auch (in ihren individuellen Formen) in den Perioden der Auflösung zerstört werden, dennoch unter dem Einfluss der guten oder schlechten Handlungen früherer Existenzen und sind daher von deren Folgen nicht freigestellt. Und wenn Brahmâ die Welt von Neuem hervorbringt, sind sie die Nachkommenschaft seines Willens. . . .“ „Indem er sein Gemüt in sich selbst sammelt (Yoga-willig), erschafft Brahmâ die vier Ordnungen der Wesen, Götter genannt, Dämonen, Vorfahren und Menschen“ . . . „Vorfahren“ bedeutet hier die Prototypen und Entwickler der ersten Wurzelrasse der Menschen. Die Vorfahren sind die Pitris, und sie sind in sieben Klassen eingeteilt. In der exoterischen Mythologie wird über sie gesagt, dass sie aus Brahmâs Seite geboren wurden, wie Eva aus Adams Rippe.

176 „Diese Vorstellungen“, bemerkt Dr. Wilson, „die Geburt Rudras und der Heiligen, scheinen von den Saivas entlehnt und dem Vaishnava-System ungeschickt aufgepfropft worden zu sein.“ Mann hätte die esoterische Bedeutung zurate ziehen sollen, bevor man eine solche Hypothese aufzustellen wagte.

177 Parashara, der vedische Rishi, der das Vishnu-Purana“ von Pulastya empfing und es Maitreya lehrte, wird von den Orientalisten in verschiedenen Epochen verortet. Wie im Hindu Classical Dictionary“ richtig vermerkt ist: „Die Vermutungen über sein Zeitalter gehen weit auseinander, von 575 v. Chr. bis 1.391 v. Chr., ihnen ist nicht zu trauen.“ Ganz richtig, und doch sind sie nicht weniger vertrauenswürdig als irgendein anders Datum, das von den auf dem Gebiet willkürlicher Einbildung so berühmten Sanskritisten aufgestellt wird.

178 Sie mögen in der Tat eine „spezielle“ oder außerordentliche Schöpfung bezeichnen, da sie es sind, die dadurch, dass sie sich in den vernunftlosen, menschlichen Gehäusen der zwei ersten Wurzelrassen und eines großen Teils der dritten Wurzelrasse inkarnieren, sozusagen eine neue Rasse erschaffen, nämlich die der denkenden, selbstbewussten und göttlichen Menschen.

179 „Die vier Kumaras (sind) die aus der Seele geborenen Söhne Brahmâs. Einige unterscheiden sieben“ (H. Class. Dict.“). Alle diese sieben Vaidhatra, das Patronymikon der Kumaras, die „Söhne des Erschaffers“, werden in Iswara Krishnas „Sankhya Karika“ mit dem beigefügten Kommentar Gaudapadacharyas (Shankaracharyas Paraguru) erwähnt und beschrieben. Er erörtert die Natur der Kumaras, vermeidet es aber, alle sieben Kumaras beim Namen zu nennen und bezeichnet sie stattdessen als „die sieben Söhne Brahmâs“, was sie auch sind, da sie in Rudra von Brahmâ erschaffen wurden. Die Liste der Namen lautet wie folgt: Sanaka, Sanandana, Sanatana, Kapila, Ribhu, and Panchasikha. Aber auch das sind alles wieder nur Pseudonyme.

180 Einige Übersetzungen der Orientalisten sind derartig unzuverlässig, dass es in der französischen Übersetzung des Harivamsha heißt: „Die sieben Prajapati, Rudra, Skanda (sein Sohn) und Sanat-Kumara gingen daran, Wesen zu erschaffen.“ Währenddessen lautet das Original, wie Wilson zeigt: „Diese sieben . . . zeugten Nachkommenschaft. Und ebenso tat Rudra, aber Skanda und Sanat-Kumara hielten ihre Kraft zurück und enthielten sich der Schöpfung.“ Die „vier Ordnungen der Wesen“ werden manchmal als „Ambhamsi“ erwähnt, was Wilson mit „buchstäblich Gewässer“ übersetzt und für „einen mystischen Ausdruck“ hält. Es ist auch ohne Zweifel ein solcher, aber es ist ihm offenbar nicht gelungen, die wirkliche esoterische Bedeutung zu erfassen. „Gewässer“ und „Wasser“ stehen als Symbol für Akasha, den „ursprünglichen Ozean des Raums“, auf dem sich Narayana, der selbstgeborene Geist, bewegt, auf dem ruhend, was seine Nachkommenschaft ist (siehe Manu). „Wasser ist der Körper Naras, so hörten wir den Namen des Wassers erklärt. Weil Brahmâ auf dem Wasser ruht, wird er Narayana genannt“. (Linga-, Vayu- und Markandeya-Puranas) „. . . Als Reiner erschuf Purusha die Wasser rein. . . .“ Gleichzeitig ist Wasser das dritte Prinzip im materiellen Kosmos und das dritte im Bereich des Spirituellen: Geist des Feuers, Flamme, Akasha, Ether, Wasser, Luft und Erde sind die kosmischen, siderischen, psychischen, spirituellen und mystischen Prinzipien, überaus okkulte, auf jeder Ebene des Daseins. „Götter, Dämonen, Pitris und Menschen“ sind die vier Ordnungen von Wesen, auf die der Ausdruck Ambhamsi angewendet wird (in den Veden ist es ein Synonym für Götter), da sie alle das Erzeugnis der Wasser (im mystischen Sinn) des akasischen Ozeans und des dritten Prinzips der Natur sind. Pitris und Menschen auf der Erde sind die Transformationen (oder Wiedergeburten) von Göttern und Dämonen (Geistern) auf einer höheren Ebene. Wasser ist in einem anderen Sinn das weibliche Prinzip. Venus-Aphrodite ist die personifizierte See und die Mutter des Liebesgottes, die Erzeugerin aller Götter in demselben Maße wie die christliche Jungfrau Maria das Mare ist (die See), die Mutter des westlichen Gottes der Liebe, Gnade und Barmherzigkeit. Wenn der Schüler der Esoterischen Philosophie tief über den Gegenstand nachdenkt, wird er sicherlich die ganze Bedeutsamkeit des Ausdrucks Ambhamsi in allen seinen vielfachen Beziehungen zu der Jungfrau im Himmel, zur Virgo Coelestis der Alchemisten, und selbst zu den „Wassern der Gnade“ der modernen Baptisten herausfinden.

181 Shiva-Rudra ist der Zerstörer, so wie Vishnu der Erhalter ist; und beide regenerieren sowohl die spirituelle wie auch die physische Natur. Um als Pflanze leben zu können, muss der Same sterben. Damit der Mensch als bewusste Wesenheit in der Ewigkeit leben kann, müssen seine Leidenschaften und Sinne sterben, bevor sein Körper stirbt. „Zu leben bedeutet zu sterben, und zu sterben bedeutet zu leben“, wurde im Westen kaum verstanden. Shiva, der Zerstörer, ist der Schöpfer und der Heiland des spirituellen Menschen, da er der gute Gärtner der Natur ist. Er jätet die Pflanzen, die menschlichen und die kosmischen, und tötet die Leidenschaften des physischen Menschen, um die Wahrnehmungskräfte des spirituellen Menschen zum Leben zu erwecken.

182 Movers, „Die Phönizier“, S. 282.

183 Weber, „Akad. Vorles.“, Seiten 213, 214 usw.

184 Das biblische Gehinnom war ein Tal nahe Jerusalem, in welchem die monotheistischen Juden ihre Kinder dem Moloch opferten, wenn man den Worten des Propheten Jeremias Glauben schenken kann. Im Skandinavischen war Hel oder Hela eine kalte Region – wiederum Kama-Loka – und die ägyptische Amenti war ein Ort der Läuterung (siehe „Isis entschleiert“, Bd. II, S. 11).

185 Wir können von den Protestanten kaum dafür in die Pflicht genommen werden, dass wir den Vers aus den Korinthern auf die von uns gewählte Weise erklären; denn auch wenn die Übersetzung in der englischen Bibel zweideutig ausfallen mag, gilt das noch lange nicht für den ursprünglichen Text, und die römisch-katholische Kirche akzeptiert die Worte des Apostels in ihrem wahren Sinn. Als Beweis prüfe man die Kommentare zu den Episteln des Heiligen Paulus vom Hl. Johannes Chrysostomus, welcher „vom Apostel unmittelbar inspiriert“ war und „in seinem Diktat schrieb“, wie uns der Marquis de Mirville versichert, dessen Werke von Rom gebilligt werden. Und der Hl. Johannes Chrysostomus sagt zur Erläuterung dieses besonderen Verses: „Und wenn es auch jene gibt (tatsächlich), die man Götter nennt . . . . – denn es scheint wirklich mehrere Götter zu geben –, so hört doch daneben und trotz alledem das Gott-Prinzip und der höchste Gott nicht auf, dem Wesen nach eins und unteilbar zu bleiben.“ . . . So sprachen auch die alten Initiierten in dem Wissen, dass die Anbetung der niedrigeren Götter niemals das „Gott-Prinzip“ berührt (siehe de Mirville, „Des Esprits“, ii, 322).

186 „Des Esprits“, Cosmolatrie, S. 415.


[SD # 475]

BAND I, TEIL III

ANHÄNGE

 

Wissenschaft
und Geheimlehre

im Vergleich

 

„Das Wissen dieser Unterwelt –
Sag, Freund, was ist’s, falsch oder wahr?
Das Falsche, das Mensch wissen will?
Das Wahre, das schon wusst’ er gar?”

 

 

[SD # 476]

[SD # 477]

 

 

 

 

I
Gründe für diese Anhänge

Nachdem einige westliche Theosophen viele der in den vorangegangenen sieben Stanzen und Kommentaren enthaltenen Lehren studiert und kritisch untersucht haben, wurden gewisse der okkulten Lehren vom gewöhnlichen Standpunkt moderner wissenschaftlicher Erkenntnis aus als unzureichend empfunden. Unüberwindliche Schwierigkeiten schienen sich ihrer Aufnahme in den Weg zu stellen und hinsichtlich der wissenschaftlichen Kritik eine nochmalige Prüfung zu erfordern. Einige Freunde waren versucht, die Notwendigkeit einer so häufigen Infragestellung der Behauptungen moderner Wissenschaft zu bedauern. „Stellt man sich den Lehren ihrer bedeutendsten Vertreter entgegen“, so erschien es ihnen – und ich gebe hier lediglich ihre Argumente wieder – „macht das die okkulten Lehren in den Augen der westlichen Welt von vornherein unannehmbar“.

Für die mit ihren Freunden darin nicht übereinstimmende Schreiberin ist es daher wünschenswert, ein für allemal die Position klarzulegen, die sie weiterhin zu vertreten beabsichtigt. Solange die Wissenschaft das bleibt, was sie den Worten Prof. Huxleys nach ist, nämlich „organisierter gesunder Menschenverstand“; solange ihre Schlussfolgerungen auf exakten Prämissen beruhen – und ihre Verallgemeinerungen auf einer rein induktiven Grundlage – wird jeder Theosoph und Okkultist ihre Beiträge zum Gebiet des kosmologischen Gesetzes voller Achtung und mit der gebührenden Bewunderung willkommen heißen. Ein Widerstreit zwischen den Lehren der okkulten und der sogenannten exakten Wissenschaft ist dort unmöglich, wo die Schlussfolgerungen der Letzteren auf dem Sockel unanfechtbarer Tatsachen errichtet sind. Nur wenn ihre leidenschaftlicheren Vertreter die Grenzen der beobachteten Erscheinungen überschreiten, um in die Geheimnisse des Seins einzudringen, und versuchen, dem Geist die Errichtung des Kosmos und seiner lebendigen Kräfte zu entreißen und all das der blinden Materie zuzuschreiben, beanspruchen die Okkultisten das Recht für sich, ihre Theorien anzufechten und infrage zu stellen. Infolge der Natur der Dinge kann die Wissenschaft das Geheimnis des uns umgebenden Universums nicht entschleiern. Die Wissenschaft kann, das ist wahr, anhand von Phänomenen sammeln, ordnen und generalisieren; sich auf anerkannte metaphysische Daten stützend, erklärt jedoch der Okkultist, dass der die innersten Geheimnisse der Natur ergründen wollende kühne Forscher die engen Grenzen der Sinne überschreiten, sein Bewusstsein in den Bereich der Noumena und in die Sphäre der ursprünglichen Ursachen versetzen muss. Um das zu bewirken, muss er Fähigkeiten entwickeln, die – [SD # 478] bis auf seltene und außergewöhnliche Fälle – in der Konstitution der Abkömmlinge unserer gegenwärtigen fünften Wurzelrasse in Europa und Amerika vollständig untätig sind. Auf keine andere denkbare Art kann er die Tatsachen sammeln, auf die er seine Spekulationen aufzubauen hat. Ist das nach den Grundsätzen der induktiven Logik und der Metaphysik nicht gleichermaßen einleuchtend?

Andererseits wird die Schreiberin, was immer sie tun mag, nicht dazu imstande sein, Wahrheit und Wissenschaft gleichermaßen gerecht zu werden. Dem Leser eine systematische und lückenlose Darstellung der archaischen Stanzen zu bieten, ist unmöglich. Eine Lücke von 43 Versen oder Shlokas muss unausgefüllt bleiben zwischen dem (bereits gegebenen) 7. und dem 51., der im zweiten Band behandelt wird, wenn auch die Verse im Letzteren ab 1 neu durchnummeriert wurden, und zwar des bequemeren Lesens und Zitierens halber. Das Erscheinen des Menschen auf der Erde beansprucht allein schon ebenso viele Stanzen wie seine ursprüngliche Evolution aus den menschlichen Dhyan Chohans; der Zustand des Globus zu jener Zeit usw. usw. Eine große Anzahl von Namen chemischer Substanzen und anderer Verbindungen, die sich heute nicht mehr miteinander verbinden und den späteren Sprösslingen unserer fünften Rasse daher unbekannt sind, nehmen beachtlichen Raum ein. Da sie einfach nicht übersetzbar sind und auf jeden Fall unerklärbar bleiben würden, wurden sie zusammen mit denen weggelassen, die nicht veröffentlicht werden können. Nichtsdestoweniger wird selbst das wenige, was mitgeteilt wird, jeden Anhänger und Verfechter der dogmatischen materialistischen Wissenschaft aus der Ruhe bringen, der es liest.

Bevor wir also mit weiteren Stanzen fortfahren, schlagen wir vor, die bereits gegebenen zu verteidigen. Dass sie mit der modernen Wissenschaft nicht vollständig übereinstimmen oder sich mit ihr im Einklang befinden – das ist uns allen bekannt. Doch auch wenn sie mit den Ansichten der modernen Wissenschaft genauso gut übereingestimmt hätten wie eine Vorlesung von Sir. W. Thomson, wären sie abgelehnt worden. Denn sie lehren einen Glauben an bewusste Kräfte und spirituelle Wesenheiten; an irdische, halbintelligente und hochintellektuelle Kräfte auf anderen Ebenen;1 und an Wesen, die um uns herum in Sphären wohnen, welche weder mit dem Teleskop noch mit dem Mikroskop wahrnehmbar sind. Daher rührt die Notwendigkeit, die Ansichten der materialistischen Wissenschaft zu überprüfen, ihre Ansichten über die „Elemente“ mit den Überzeugungen der Alten zu vergleichen und die physikalischen Kräfte, wie sie in den modernen Vorstellungen existieren, zu analysieren, bevor die Okkultisten einräumen, im Unrecht zu sein. Wir werden die Konstitution der Sonne und der Planeten berühren und die okkulten Charakteristika dessen, was Devas und Genien genannt wird und die Wissenschaft jetzt als Kraft oder „Bewegungsarten“ bezeichnet, und wir werden sehen, ob die esoterischen Vorstellungen zu verteidigen sind oder nicht (siehe unten, „Götter, Monaden und Atome“). Trotz entgegengesetzter Bemühungen wird ein vorurteilsfreier Verstand entdecken, [SD # 479] dass in Newtons „materiellem oder immateriellem Agens“ (aus seinem dritten Brief an Bentley), dem die Schwerkraft verursachenden Agens, und in seinem persönlichen, wirkenden Gott die metaphysischen Devas und Genien genauso zu finden sind wie in Keplers die Planeten leitenden Angelus Rector und in der Species immateriata, von welchen diesem Astronomen zufolge die Himmelskörper ihre Bahnen entlang getragen werden.

Im zweiten Band werden wir uns gefährlichen Themen offen nähern müssen. Wir müssen der Wissenschaft mutig gegenübertreten und ungeachtet allen Widerstands seitens der materialistischen Bildung, des Idealismus, Hylo-Idealismus, Positivismus und der alles leugnenden modernen Psychologie erklären, dass der wahre Okkultist an die „Herren des Lichts“ glaubt; dass er an eine Sonne glaubt, die weit davon entfernt ist, lediglich eine sich nach physikalischen Gesetzen bewegende „Tageslampe“ zu sein oder bloß eine jener Sonnen, die nach Richter – „. . . . Sonnenblumen eines höheren Lichts sind“, sondern die vielmehr, wie Milliarden anderer Sonnen auch, die Wohnung oder der Träger eines Gottes und einer Schar von Göttern ist.

In dieser Frage werden sich die Okkultisten natürlich geschlagen geben müssen. Der Prima-facie-Aspekt des Streits wird dazu führen, dass sie als Ignoranten abgestempelt und mit mehr als einem der üblichen Beiworte belegt werden, die eine oberflächlich urteilende, mit den großen, der Natur zugrunde liegenden Wahrheiten selbst nicht vertraute Masse jenen zuteil werden lässt, denen sie mittelalterlichen Aberglauben unterstellt. So sei es. Um ihr Vorhaben ausführen zu können, ergeben sie sich im Voraus jeglicher Kritik und beanspruchen lediglich das Recht für sich zu zeigen, dass die Physiker in Bezug auf ihre Spekulationen untereinander ebenso aneinander geraten wie mit den Lehren des Okkultismus.

Die Sonne ist Materie, und die Sonne ist Geist. Unsere Vorfahren – die „Heiden“ – und auch ihre modernen Nachfolger, die Parsen – waren und sind in ihrer Generation weise genug, in ihr das Symbol der Gottheit zu sehen und gleichzeitig den strahlenden Gott des spirituellen und irdischen Lichts in ihr zu fühlen, welcher durch das physische Symbol verborgen wird. Ein derartiger Glaube wird heute nur von dem üppig wuchernden Materialismus als Aberglauben abgetan, der Gottheit, Geist und Seele leugnet und keine Intelligenz außerhalb des menschlichen Denkens gelten lässt. Wenn aber – wie es Laurence Oliphant ausdrückt – zu viel von der „Kirchlichkeit“ ausgebrüteter falscher Aberglauben „einen Menschen zum Toren werden lässt“, so macht ihn zu viel Skeptizismus verrückt. Wir ziehen den Vorwurf der Torheit, zu viel zu glauben, dem Wahnsinn vor, der alles leugnet, wie das auch der Materialismus und der Idealismus tun. Somit sind die Okkultisten vollständig vorbereitet, vom Materialismus nach Gebühr behandelt zu werden und der abfälligen Kritik entgegenzutreten, mit der dieses Werk überschüttet werden wird, nicht dafür, dass es geschrieben wurde, sondern weil sie an das glauben, was es enthält.

Die Entdeckungen, Hypothesen und unvermeidlichen Einwände, welche die wissenschaftlichen Kritiker vorbringen werden, sind daher vorhersehbar und müssen entsprechend behandelt werden. Es muss auch gezeigt werden, wie weit [SD # 480] die okkulten Lehren von der realen Wissenschaft abweichen und ob die alten oder die modernen Theorien in Bezug auf Logik und Philosophie korrekter sind. Die Einheit des Kosmos und die gegenseitigen Beziehungen aller seiner Teile waren den Alten bekannt, bevor sie den modernen Astronomen und Philosophen klar wurden. Und wenn sich selbst die äußeren und sichtbaren Teile des Universums und ihre Wechselbeziehungen in der Physik in keiner anderen als der von den Anhängern der mechanistischen Theorie des Universums gebrauchten Sprache erklären lassen, folgt daraus, dass kein die Existenz der Seele des Kosmos (die in die metaphysische Philosophie gehört) leugnender Materialist das Recht hat, in dieses metaphysische Gebiet vorzudringen. Dass die Wissenschaft der Physik es dennoch versucht und auch tatsächlich tut, ist lediglich ein weiterer Beweis dafür, dass „Macht vor Recht geht“ und nicht mehr.

Ein weiterer guter Grund für diese Anhänge ist Folgender. Da im gegenwärtigen Zeitalter nur ein bestimmter Teil der Geheimlehren herausgegeben werden kann, wären die ohne irgendwelche Erklärungen oder Kommentare veröffentlichten Lehren nicht einmal von Theosophen jemals verstanden worden. Aus diesem Grund müssen sie den Spekulationen der modernen Wissenschaft gegenübergestellt werden. Modernen Hypothesen müssen archaische Axiome zur Seite gestellt werden und der Vergleich dem scharfsinnigen Leser überlassen bleiben.

In Bezug auf die Frage nach den „sieben Regenten“ – wie Hermes die „sieben Bildner“ nennt, jene die Prozesse der Natur leitenden Geister, deren beseelte Atome in ihrer eigenen Welt die Schatten der entsprechenden Urwesen in den astralen Regionen sind – wird dieses Werk selbstverständlich jeden Materialisten zum Gegner haben, genauso wie die Wissenschaftler. Aber diese Opposition kann höchstens zeitweilig bestehen. Die Menschen haben alles verlacht und jede unpopuläre Idee erst erkundet, um sie dann am Ende anzunehmen. Materialismus und Skeptizismus sind das Übel, das so lange in der Welt bleiben muss, wie der Mensch seine gegenwärtige, grobe Form nicht zugunsten jener aufgegeben hat, welche er während der ersten und zweiten Rasse dieser Runde hatte. So lange Skeptizismus und unsere gegenwärtige natürliche Unwissenheit nicht von Intuition und einer natürlichen Spiritualität aufgewogen werden, wird jedes von derlei Empfindungen beherrschte Wesen in sich selbst nichts Besseres sehen als ein Bündel von Fleisch, Knochen und Muskeln mit einem leeren Dachboden darinnen, welcher dazu dient, seine Empfindungen und Gefühle aufzunehmen. Sir Humphry Davy war ein großer Wissenschaftler, mit Physik so vertraut wie jeder andere Theoretiker unserer Tage auch, und doch verachtete er den Materialismus. Er sagt: „Ich hörte mit Widerwillen in den Seziersälen den Plan der Physiologen, von der allmählichen Absonderung der Materie und wie sie mit Reizempfindlichkeit ausgestattet wird, zum Empfindungsvermögen heranreift und dabei vermöge ihrer eigenen, innewohnenden Kräfte die nötigen Organe erlangt, um sich schließlich zu intellektueller Existenz zu erheben.“ Nichtsdestotrotz sind nicht die Physiologen am meisten dafür zu tadeln, dass sie nur von dem sprechen, was sie mittels ihrer physischen Sinne sehen und nach deren Zeugnis beurteilen können. Astronomen [SD # 481] und Physiker sind unserer Meinung nach in ihren materialistischen Ansichten viel unlogischer als selbst die Physiologen, und das soll bewiesen werden. Miltons –

. . . . . . . . . . . . „ Licht
Etherisch, Erstes aller Dinge, reine Quintessenz”,

verkam bei den Materialisten zu –

. . . . . . erster Freudenbringer, Licht,
Von allen stofflichen Wesen das Erste und Beste.

Für die Okkultisten ist es beides, Geist und Materie. Hinter dem „Bewegungsmodus“, der jetzt als „Eigenschaft der Materie“ und nichts anderes betrachtet wird, sehen sie das strahlende Noumenon. Es ist der „Geist des Lichts“, der Erstgeborene des ewigen, reinen Elements, dessen Energie (oder Ausstrahlung) in der Sonne, dem großen Lebensspender der physischen Welt, aufgespeichert ist, so wie die verborgene geheimnisvolle, spirituelle Sonne die Licht- und Lebensspenderin der spirituellen und psychischen Reiche ist. Bacon hat als einer der Ersten den Grundton des Materialismus angeschlagen, nicht nur durch seine induktive Methode (erneuert aus dem schlecht verdauten Aristoteles), sondern durch die allgemeine Haupttendenz seiner Schriften. Er kehrt die Reihenfolge der mentalen Evolution um, indem er sagt: „Die erste Schöpfung Gottes war das Licht der Sinne; die letzte war das Licht der Vernunft; und sein Sabbatwerk ist seither immer die Erleuchtung des Geistes.“ Es ist genau umgekehrt. Das Licht des Geistes ist der ewige Sabbat des Mystikers oder Okkultisten, und er schenkt dem Licht der bloßen Sinne nur wenig Beachtung. Die Bedeutung des allegorischen Satzes „Fiat Lux“ ist – esoterisch wiedergegeben – „Es werden die ‘Söhne des Lichts’“ oder die Noumena aller Erscheinungen. So erklären die römischen Katholiken die Stelle richtig, solange sie sie auf Engel beziehen, und falsch, sobald sie Kräfte meinen, die von einem anthropomorphen Gott erschaffen wurden, den sie mit dem ewig donnernden und strafenden Jehovah personifizieren.

Diese Wesen sind die „Söhne des Lichts“, da sie selbsterzeugt in diesem unendlichen Ozean des Lichts sind und aus ihm emanieren, diesem Ozean, dessen einer Pol reiner Geist ist, verloren in der Absolutheit des Nichtseins, und dessen anderer Pol die Materie ist, in welche er sich verdichtet, indem er bei seinem Abstieg in die Manifestation zu einem immer und immer gröber werdenden Typus kristallisiert. Obwohl die Materie in einem Sinn lediglich der illusive Bodensatz dieses Lichts ist, dessen Glieder die schöpferischen Kräfte sind, trägt sie doch die uneingeschränkte Gegenwart der Seele des Lichts in sich, des Prinzips, das keiner – nicht einmal die „Söhne des Lichts“, die aus seiner Absoluten Dunkelheit evolvierten – jemals kennen wird. Diese Idee wird gleichsam schön wie wahr von Milton zum Ausdruck gebracht, der das heilige Licht preist, das da ist –

„ . . . . . Himmels erstes Kind,
Oder des Ewigen mitewiger Strahl !
. . . . . denn Gott ist Licht,
Und unzugangbar wohnt’ er ewiglich
Im Lichte; wohnet ewig da in dir,
Du Ausfluss-Glanz vom unerschaff’nen Glanze.”

[SD # 482]

II
Die modernen Physiker spielen Blindekuh

Und nun stellt der Okkultismus der Wissenschaft folgende Frage: „Ist Licht ein Körper oder nicht?“ Was immer die Antwort sein mag, ist der Okkultismus bereit zu zeigen, dass die angesehensten Physiker bis zum heutigen Tag von diesem Gegenstand keine wirkliche Kenntnis besitzen. Um zu wissen, was Licht ist, und ob es eine wirkliche Substanz oder lediglich eine Schwingung eines „ätherischen Mediums“ ist, muss die Wissenschaft erst lernen, was Materie, Atom, Äther und Kraft tatsächlich sind. Nun, die Wahrheit ist, dass sie von all diesem nichts weiß und dass sie ihre Unwissenheit eingesteht. Sie konnte nicht einmal darin übereingekommen, was sie glauben soll, da Dutzende von unterschiedlichen und sehr bedeutenden Gelehrten ausgehende Hypothesen über denselben Gegenstand in Widerspruch zueinander stehen und sich oftmals selbst widersprechen. So können ihre gelehrten Spekulationen mit dem äußersten Wohlwollen in einem sekundären Sinn als „Arbeitshypothesen“ angenommen werden, wie Stallo es formuliert. Aber da sie untereinander von Grund auf unvereinbar sind, müssen sie sich schließlich wechselseitig zerstören. So erklärt der Verfasser von „The Concepts and Theories of Modern Physics“:

„Man darf nicht vergessen, dass die verschiedenen Disziplinen der Wissenschaft nur willkürliche Einteilungen der allgemeinen Wissenschaft sind. In diesen verschiedenen Abteilungen können unterschiedliche Aspekte desselben physikalischen Objekts betrachtet werden. Der Physiker kann seine molekularen Beziehungen studieren, während der Chemiker seine atomare Struktur bestimmt. Wenn sich aber beide mit demselben Element oder Agens beschäftigen, kann dieses nicht gegensätzliche physikalische und chemische Eigenschaften aufweisen. Wenn Physiker und Chemiker gleichermaßen von der Existenz letztendlicher, an Masse und Gewicht gänzlich unveränderlicher Atome ausgehen, kann das Atom nicht für physikalische Zwecke die Form eines Würfels oder eines abgeplatteten Sphäroids besitzen und für chemische die Form einer Kugel. Eine Gruppe unveränderlicher Atome kann nicht ein Aggregat räumlicher, vollständig träger und undurchdringlicher Massen in einem Schmelztiegel oder in einer Retorte sein, und als ein Teil eines Magneten oder einer Clamondschen Batterie ein System bloßer Kraftzentren. Der universale Ether kann nicht dem Chemiker zuliebe weich und beweglich sein und zur Befriedigung des Physikers starr-elastisch. Er kann nicht kontinuierlich sein auf Sir William Thomsons Befehl, und auf Anregung von Cauchy oder Fresnel diskontinuierlich.2

Der angesehene Physiker G.-A. Hirn kann ebenfalls insofern angeführt werden, als er im 43. Band der „Mémoires de l´Académie Royale de Belgique“ dasselbe sagt. Nach der französischen Quelle heißt es dort: „Wenn man die Gewissheit betrachtet, mit der heutzutage Lehren behauptet werden, welche die Phänomene insgesamt und universal ausschließlich den Bewegungen des Atoms zuschreiben, hat man das Recht zu erwarten, dass man ebenfalls Einigkeit über die beschriebenen Eigenschaften dieses einzigartigen Wesens findet, die Grundlage alles Existierenden. Nun findet man schon bei der ersten Untersuchung der vorgeschlagenen speziellen Systeme die merkwürdigsten Täuschungen; man bemerkt, dass das Atom des Chemikers, das Atom des Physikers, das des Metaphysikers und das des Mathematikers . . . . bis auf den Namen absolut nichts miteinander gemein haben! Das unvermeidliche Ergebnis ist die bestehende [SD # 483] Unterteilung unserer Wissenschaften, von denen jede in ihrem eigenen kleinen Fach ein Atom konstruiert, das den Anforderungen der von ihnen untersuchten Phänomene genügt, ohne sich auch nur im Mindesten um die dem benachbarten Fach angehörenden Phänomene zu kümmern. Der Metaphysiker verbannt die Prinzipien der Anziehung und Abstoßung als Träume; der die Gesetze der Elastizität und der Ausbreitung des Lichts untersuchende Mathematiker räumt sie stillschweigend ein, ohne sie aber auch nur zu erwähnen. . . . Der Chemiker kann die Anordnung der Atome in den oft komplexen Molekülen nicht erklären, ohne ihnen spezifische, unterschiedliche Merkmale zuzuordnen; für den Physiker und für den Metaphysiker, die Partisanen der modernen Lehren, ist das Atom hingegen immer und überall das Gleiche. Was sage ich da? Nicht einmal in ein und derselben Wissenschaft besteht bezüglich der Eigenschaften des Atoms Übereinstimmung. Ein jeder konstruiert sich ein Atom, das seiner eigenen Fantasie entspricht, um irgendeine besondere Erscheinung zu erklären, mit der er vorzugsweise beschäftigt ist.“3

Das Obige ist das fotographisch getreue Bild der modernen Wissenschaft und Physik. Die „Vorbedingung dieses unaufhörlichen Spiels der ‘wissenschaftlichen Einbildung’“, wie sie sich häufig in Professor Tyndalls beredten Vorträgen findet, ist in der Tat voller Leben, wie Stallo gezeigt hat, und lässt im Sinne widerspruchsvoller Vielfalt jegliche okkultistischen „Fantasien“ weit hinter sich zurück. Wie auch immer es sein mag, wenn physikalische Theorien zugegebenermaßen „rein formale, erklärende, didaktische Hilfsmittel“ sind und wenn „Atomismus lediglich ein symbolisches, grafisches System darstellt“,4 darf man den Okkultisten kaum für allzu anspruchsvoll halten, wenn er neben diesen Hilfsmitteln und „symbolischen Systemen“ der modernen Wissenschaft die Symbole und Hilfsmittel der archaischen Lehren aufstellt.

III
„An Lumen sit corpus, nec non?“

Ganz entschieden ist das Licht kein Körper, wird uns gesagt. Die Naturwissenschaften sagen, das Licht sei eine Kraft, eine Schwingung, eine Wellenbewegung des Ethers. Es ist die Eigenschaft oder Qualität der Materie oder selbst eine ihrer Beschaffenheiten – aber niemals ein Körper!

Ganz genau. Diese Entdeckung, die Erkenntnis – was immer auch ihr Wert sein möge –, dass Licht oder Wärmestoff keine Bewegung materieller Teilchen darstellt, verdankt die Wissenschaft hauptsächlich, wenn nicht ausschließlich, Sir W. Grove. Er zeigte 1842 in einer Vorlesung an der London Institution zum ersten Mal, dass [SD # 484] „Licht, Wärme etc. etc.5 als Neigungen der Materie selbst und nicht als die eines bestimmten etherischen, ‘unwägbaren’ Fluidums (jetzt ein Zustand der Materie) zu betrachten sind, welches die Materie durchdringt“ (Siehe „The Correlation of the Physical Forces“, Einleitung). Doch waren vielleicht für einige Physiker – wie Ørsted, ein ganz hervorragender Gelehrter – Kraft und Kräfte stillschweigend „Geist (und daher Geister) der Natur“. Verschiedene eher mystisch veranlagte Wissenschaftler lehrten, dass Licht, Wärme, Magnetismus, Elektrizität und Schwerkraft usw. nicht die letzten Ursachen der sichtbaren Phänomene, einschließlich der planetarischen Bewegungen seien, sondern ihrerseits die sekundären Wirkungen anderer Ursachen, um die sich die Wissenschaft unserer Tage wenig kümmert, an die aber der Okkultismus glaubt, denn die Okkultisten haben in allen Zeitaltern Beweise für die Berechtigung ihrer Behauptungen gegeben. Und in welchem Zeitalter gab es keine Okkultisten und keine Adepten?

Sir Isaac Newton hielt an der pythagoreischen Korpuskulartheorie fest und war auch geneigt, deren Schlussfolgerungen zu unterstützen; was den Comte de Maistre einstmals hoffen ließ, Newton werde schließlich die Wissenschaft zur Anerkennung der Tatsache zurückführen, dass die Kräfte und die Himmelskörper von Intelligenzen angetrieben und geleitet seien („Soirées“, Bd. II). Aber de Maistre hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Die innersten Gedanken und Ideen Newtons wurden verdreht, und von seiner großen mathematischen Gelehrsamkeit wurde lediglich die physische Hülle berücksichtigt. Wenn der arme Isaac vorausgesehen hätte, zu welchem Zwecken seine Nachfolger und Anhänger seine „Schwerkraft“6 gebrauchen würden, hätte dieser fromme und religiöse Mann sicherlich seinen Apfel ruhig verzehrt und nicht ein Wort über irgendwelche mechanischen Ideen verloren, die mit dessen Fall in Verbindung gebracht werden könnten.

Große Verachtung wird der Metaphysik im Allgemeinen und der onto [SD # 485] logischen Metaphysik im Besonderen entgegengebracht. Aber sobald die Okkultisten kühn genug sind, ihre wenigen Häupter zu erheben, sehen wir, dass die materialistische Naturwissenschaft mit Metaphysik durchsetzt ist7 und dass ihre grundlegendsten Prinzipien zwar untrennbar mit dem Transzendentalismus verwoben, aber nichtsdestoweniger verdreht und in dem Gewirr einander widersprechender Theorien und Hypothesen häufig negiert werden, um die moderne Wissenschaft als von solchen „Träumen“ befreit darzustellen. Eine sehr gute Bestätigung dieser Anklage liegt in der Tatsache, dass die Wissenschaft sich unausweichlich dazu gezwungen sieht, den „hypothetischen“ Ether anzunehmen und ihn auf der materialistischen Grundlage der atomar-mechanischen Gesetze zu erklären. Dieses Bestreben hat geradewegs zu den verhängnisvollsten Widersprüchen und zu wesentlicher Nichtübereinstimmung zwischen der angenommenen Natur des Ethers und seinem physikalischen Verhalten geführt. Ein zweiter Beweis findet sich in den vielen widersprüchlichen Behauptungen über das Atom – das metaphysischste aller Schöpfungsobjekte.

Nun, was weiß die moderne Naturwissenschaft vom Äther, dessen erste Vorstellung unleugbar auf die alten Philosophen zurückgeht, da die Griechen sie von den Ariern entlehnt hatten und der Ursprung des modernen Äthers sich im Akasha findet, dessen Entstellung er ist? Diese Entstellung [SD # 486] wird als Modifikation und Verfeinerung der Idee von Lukrez dargestellt. Untersuchen wir daher die moderne Vorstellung anhand verschiedener wissenschaftlicher Bücher, welche die Einlassungen der Physiker selbst enthalten.

Die Existenz des Ethers wird in der physikalischen Astronomie, in der gewöhnlichen Physik und in der Chemie angenommen. Von den Astronomen wurde dieser Ether ursprünglich als ein Fluidum von außerordentlicher Feinheit und Beweglichkeit betrachtet, welches den Bewegungen der Himmelskörper keinen messbaren Widerstand entgegenbringt, und die Frage nach seiner Kontinuität oder Diskontinuität wurde nicht ernstlich aufgeworfen. „Seine Hauptfunktion in der modernen Astronomie war die, als Grundlage für hydrodynamische Gravitationstheorien zu dienen. In der Physik trat dieses Fluidum vor einiger Zeit in verschiedenen Rôles in Zusammenhang mit den ‘Unwägbarkeiten’ auf – die von Sir W. Grove so grausam ausgelöscht wurden. Dabei gingen einige Physiker so weit, den Ether des Raums mit diesen „Unwägbarkeiten“ zu identifizieren. Dann kamen ihre kinetischen Theorien; und seit der Zeit der dynamischen Wärmetheorie wurde der Ether in der Optik als die Grundlage für Lichtwellen gewählt. Zunächst mussten die Physiker, um Streuung und Polarisation des Lichts zu erklären, wieder einmal auf ihre „wissenschaftliche Vorstellungskraft“ zurückgreifen, und von da an begabten sie den Ether (a) mit atomarer oder molekularer Struktur, und (b) mit einer enormen Elastizität, „so dass sein Widerstand gegen Deformation den der starrsten elastischen Körper weit übertraf“ (Stallo). Das erforderte die Theorie von der essenziellen Diskontinuität der Materie, somit auch des Ethers. Nach erfolgter Annahme dieser Diskontinuität zum Zweck der Erklärung der Streuung und Polarisation wurden theoretische Unmöglichkeiten in Bezug auf eben diese Streuung entdeckt. Cauchys „wissenschaftliche Vorstellungskraft“ sah in den Atomen „materielle, dimensionslose Punkte“, und um die gewaltigsten Hindernisse für die Wellentheorie (nämlich einige wohlbekannte im Widerspruch stehende mechanische Theoreme) zu umgehen, schlug er vor davon auszugehen, dass das etherische Ausbreitungsmedium aus voneinander durch merkliche Zwischenräume getrennten Teilchen bestehen und nicht kontinuierlich sein solle. Fresnel erwies den Polarisationsphänomenen denselben Dienst. E. B. Hunt verwarf die Theorien von beiden („Silliman’s Journal“, Bd. vii, S. 364 ff.). Es gibt jetzt Wissenschaftler, die sie für „grundlegend falsch“ halten, während andere – die „Atom-Mechaniker“ – sich mit verzweifelter Zähigkeit an ihnen festklammern. Die Annahme einer atomaren oder molekularen Konstitution des Ethers ist obendrein durch die Thermodynamik widerlegt, denn Clerk Maxwell hat gezeigt, dass ein solches Medium lediglich ein Gas wäre.8 Die Hypothese „endlicher Intervalle“ hat sich somit für die Ergänzung der Wellentheorie als erfolglos erwiesen. Außerdem zeigen sich in den Sonnenfinsternissen keinerlei derartige Farbveränderungen, wie sie Cauchy vermutet (auf der Grundlage der Annahme, dass sich die farbigen Strahlen mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten ausbreiten). [SD # 487] Die Astronomie hat mehr als ein Phänomen nachgewiesen, das in absolutem Widerspruch zu dieser Lehre steht.

Während somit in einem Fachbereich der Physik zur Erklärung einer speziellen Reihe von Phänomenen eine atomistisch-molekulare Konstitution des Ethers angenommen wird, untergräbt laut einem anderen Fachbereich eine solche Konstitution eine ganze Anzahl wohl erforschter Tatsachen, und Hirns Anklagen sind somit gerechtfertigt (vide supra). Die Chemie hält es für nicht möglich, dem Ether eine hohe Elastizität zuzugestehen, ohne ihn anderer Eigenschaften zu berauben, von welchen der Aufbau ihrer modernen Theorien abhängt. Das Ende davon war letztendlich eine Umgestaltung des Ethers. Die Anforderungen der atomistisch-mechanischen Theorie führten hervorragende Mathematiker und Physiker zu dem Versuch, die traditionellen Atome der Materie durch besondere Formen einer Wirbelbewegung zu ersetzen, welche in einem „universalen, homogenen, nicht verdichtbaren und kontinuierlichen materiellen Medium“ oder Äther vor sich gehen (siehe Stallo).

Die gegenwärtige Schreiberin, die keine große wissenschaftliche Bildung, sondern lediglich eine leidliche Bekanntschaft mit den modernen Theorien und eine bessere mit den okkulten Wissenschaften für sich in Anspruch nimmt, sammelt im ureigenen Arsenal der modernen Wissenschaft Munition gegen die Verleumder der esoterischen Lehre. Die offenkundigen Widersprüche, die sich gegenseitig zerstörenden Hypothesen weltberühmter Wissenschaftler, ihre wechselseitigen Anschuldigungen, Denunziationen und Dispute zeigen klar, dass die okkulten Theorien, ob sie angenommen werden oder nicht, ebenso viel Anspruch auf Gehör haben wie jede beliebige sogenannte gelehrte und akademische Hypothese. So ist es belanglos, ob die Anhänger der Royal Society sich entscheiden, den Ether als kontinuierliches oder diskontinuierliches Fluidum anzunehmen, und für den gegenwärtigen Zweck ist es gleichgültig. Mit Sicherheit weist all das lediglich auf eines hin: Die offizielle Wissenschaft weiß bis zum heutigen Tag nichts über die Konstitution des Ethers. Möge die Wissenschaft ihn Materie nennen, wenn es ihr gefällt; nur ist er weder als Akasha noch als der heilige Äther der Griechen in irgendeinem der modernen Physik vertrauten Zustand der Materie zu finden. Er ist auf einer ganz anderen Ebene der Wahrnehmung und des Seins Materie, und er kann weder durch wissenschaftliche Apparate analysiert noch von der „wissenschaftlichen Vorstellungskraft“ erfasst oder auch nur wahrgenommen werden, wenn nicht ihre Anhänger die okkulten Wissenschaften studieren. Das Folgende beweist diese Behauptung.

Stallo hat in Bezug auf die entscheidenden Probleme der modernen Physik klar gezeigt (gleichermaßen de Quatrefages und verschiedene andere in Bezug auf die entscheidenden Probleme der Anthropologie, Biologie etc. etc.), dass die meisten hervorragenden und gelehrten Materialisten in ihren Bemühungen, ihre individuellen Hypothesen und Systeme zu stützen, sehr häufig die größten Irrtümer äußern. Nehmen wir den folgenden Fall. Die meisten von ihnen weisen actio in distans (eines der fundamentalen Prinzipien in der Frage des Äthers oder Akashas im Okkultismus) zurück, wobei, wie Stallo mit Recht bemerkt, keine physikalische Wirkung existiert, [SD # 488] „die sich bei genauer Untersuchung nicht in actio in distans auflösen würde“. Und das beweist er.

Nun sind metaphysische Beweisführungen nach Professor Lodge („Nature“, Bd. xxvii, S. 304) „unbewusste Appelle an die Erfahrung“. Und er fügt hinzu, dass solche Erfahrungen, wenn sie nicht vorstellbar sind, auch nicht existieren etc. Mit seinen eigenen Worten: „Wenn ein hoch entwickelter Intellekt oder mehrere solcher Intellekte eine Lehre über einen verhältnismäßig einfachen und grundlegenden Gegenstand für absolut nicht vorstellbar halten, so ist dies ein Beweis dafür, . . . dass der nicht vorstellbare Zustand der Dinge gar nicht existiert etc.“

Und hierauf deutet der Professor gegen Ende seines Vortrages an, dass die Erklärung der Kohäsion sowie der Gravitation „in Sir William Thomsons Wirbelatomtheorie gesucht werden müsse“ (Stallo).

Es ist unnötig nachzufragen, ob diese Wirbelatomtheorie auch den aus einem vorbeiziehenden Meteor oder Kometen (Sir W. Thomsons Hypothese) auf die Erde herabsinkenden ersten Lebenskeim erklären kann. Aber Lodge könnte an die weise Kritik an seiner Vorlesung in den besagten „The Concepts and Theories of Modern Physics“ erinnert werden. Indem die oben zitierte Erklärung des Londoner Professors erwähnt wird, fragt der Autor, „ob . . . die Elemente der Wirbelatomtheorie bekannte oder vielleicht auch lediglich mögliche Erfahrungstatsachen enthält? Wenn Letzteres zutrifft dürfte klar sein, dass diese Theorie derselben Kritik verfällt, welche angeblich die Annahme einer actio in distans hinfällig macht“ (S. xxiii-xxiv). Dann zeigt der fähige Kritiker klar, was der Ether nicht ist und niemals sein kann, trotz aller wissenschaftlichen Behauptungen des Gegenteils. Und so öffnet er, wenn auch unbewusst, das Eingangstor zu unserer okkulten Lehre weit. Denn, wie er sagt:

„Das Medium, in dem die Wirbelbewegungen entstehen, ist nach Professor Lodges eigener, ausdrücklicher Feststellung („Nature“, Bd. xxvii, S. 305) ‘ein vollkommen homogener, nicht komprimierbarer, kontinuierlicher Körper, und kann nicht in einfache Elemente oder Atome aufgelöst werden. Es ist in der Tat kontinuierlich und nicht molekular.’ Und, nachdem er diesen Satz aufgestellt hat, fügt Professor Lodge hinzu: ‘Es gibt keinen anderen Körper, von dem wir Vergleichbares behaupten könnten, und daher müssen die Eigenschaften des Äthers sich von jenen der gewöhnlichen Materie stark unterscheiden.’ Es scheint somit, als beruhe die gesamte uns als Ersatz für die ‘metaphysische Theorie’ der actio in distans angebotene Wirbelatomtheorie auf der Hypothese der Existenz eines materiellen Mediums, das unserem Erfahrungshorizont gänzlich unbekannt ist und Eigenschaften besitzt, die sich von jenen der Materie ein wenig unterscheiden.9 Anstatt die behauptete Rückführung einer unbekannten Erfahrungstatsache auf eine bekannte Tatsache zu sein, [SD # 489] ist diese Theorie somit das gerade Gegenteil davon, nämlich die Rückführung einer uns vollkommen bekannten Tatsache auf eine nicht nur unbekannte, sondern uns vollständig fremde, unbeobachtete und unbeobachtbare. Ferner ist die angebliche Wirbelbewegung von oder vielmehr in dem angenommenen etherischen Medium . . . unmöglich, weil ‘Bewegung in einem vollkommen homogenen, nicht komprimierbaren und daher kontinuierlichen Fluidum keine wahrnehmbare Bewegung ist’ . . . . Wohin uns die Wirbelatomtheorie auch immer führen wird – ganz bestimmt und offensichtlich nicht in das Reich der Physik oder in die Domäne der Vera Causa.10 Und ich kann hinzufügen, dass die hier besprochene Theorie sämtliche Eigenschaften eines unbegreifbaren metaphysischen Phantoms aufweist, und zwar insofern als das hypothetische, undifferenzierte11 und undifferenzierbare Medium offenbar unwillkürlich eine Vergegenständlichung des alten ontologischen Begriffs von reinem Sein darstellt.“

In der Tat ein „Phantom“, das nur durch den Okkultismus begreifbar gemacht werden kann. Von derartiger wissenschaftlicher Metaphysik bis hin zum Okkultismus ist es kaum mehr als ein Schritt. Jene Physiker, die an der Ansicht festhalten, dass die atomare Konstitution der Materie mit ihre Durchdringbarkeit vereinbar ist, brauchen nicht weit von ihrem Weg abzuweichen, um sich in den Stand zu versetzen, die jetzt von den gelehrten Physikern und Materialisten so verlachten größten Phänomene des Okkultismus zu erklären. Cauchys „materielle, dimensionslose Punkte“ sind die Leibnizschen Monaden und gleichzeitig die Materialien, aus welchen sich die „Götter“ und andere unsichtbare Kräfte mit Körpern bekleiden (siehe weiter unten „Götter, Monaden und Atome“). Die Auflösung und Wiederherstellung der dimensionslosen „materiellen“ Teilchen als ein Hauptfaktor phänomenaler Manifestationen sind als eindeutige Option sehr naheliegend, zumindest für die wenigen wissenschaftlichen Gemüter, welche Cauchys Ansichten akzeptieren. Der französische Theoretiker bestreitet die als Undurchdringbarkeit bezeichnete Eigenschaft der Materie mit dem Argument, dass er die Atome lediglich als „materielle Punkte“ betrachte, „welche Anziehungen und Abstoßungen aufeinander ausüben, die mit den sie voneinander trennenden Abständen variieren“, und erklärt: „Daraus folgt, dass wir ganz plötzlich beobachten könnten, wie sich die härtesten Körper gegenseitig durchdringen, die kleinsten Materieteilchen ungeheure Räume einnehmen oder die größten Massen sich auf die kleinsten Volumina zusammenziehen und das ganze Universum sich sozusagen in einem einzelnen Punkt konzentriert, wenn es dem Urheber der Natur12 gefiele, die Gesetze einfach abzuändern, nach welchen sich die Atome gegenseitig anziehen und abstoßen.“ („Sept Leçons de Physique Gènèrale“, S. 38 ff., Ed. Moigno)

Und dieser „Punkt“, auf unserer Wahrnehmungs- und Materieebene unsichtbar, ist für das Auge des Adepten deutlich erkennbar, er kann ihm folgen und seine Gegenwart auf anderen Ebenen beobachten.

[SD # 490]

IV
Ist Gravitation ein Gesetz?

Die Korpuskulartheorie wurde ganz ungezwungen beiseite gelegt; die Gravitation jedoch – der Grundsatz, dass sich alle Körper gegenseitig mit einer zu ihren Massen proportionalen Kraft anziehen, die sich umgekehrt proportional zum Quadrat des Abstands zwischen den betreffenden Körpern verhält – erhält sich bis zum heutigen Tag und herrscht nach wie vor zuoberst in den angeblich etherischen Wellen des Raums. Als Hypothese drohte sie wegen ihrer Unzulänglichkeit unterzugehen, sämtliche ihr dargebotenen Tatsachen zu umfassen; als physikalisches Gesetz ist sie die Königin der ehemaligen und einst allmächtig gewesenen „Unwägbarkeiten“. „Es ist fast eine Gotteslästerung, . . . . eine Beleidigung des großartigen Andenkens an Newton . . . .“, lautet der Ausruf eines amerikanischen Kritikers der „Isis entschleiert“. Gut, was ist schließlich dieser unsichtbare und unberührbare Gott, an den wir blindlings glauben sollen? Die Astronomen, die in der Gravitation eine bequeme Lösung vieler Dinge und eine universale Kraft sehen, welche ihnen die Berechnung der planetarischen Bewegungen erlaubt, kümmern sich wenig um die Ursachen der Anziehung. Sie nennen die Gravitation ein Gesetz, eine Ursache in sich selbst. Wir nennen die unter diesem Namen tätigen Kräfte Wirkungen und obendrein noch sehr sekundäre Wirkungen. Eines Tages wird man herausfinden, dass die wissenschaftliche Hypothese letzten Endes überhaupt keine Antwort darstellt; und dann wird sie der Korpuskulartheorie des Lichts nachfolgen und viele wissenschaftliche Äonen lang im Archiv aller zerplatzten Spekulationen zur Ruhe gelegt werden. Hat nicht Newton selbst gravierende Zweifel über die Natur der Kraft und über die Körperlichkeit der „Agenten“, wie sie damals genannt wurden, zum Ausdruck gebracht? Ebenso Cuvier, ein weiteres in der Nacht der Forschung scheinendes wissenschaftliches Licht. In der „Rèvolutions du Globe“ warnt er seine Leser vor der zweifelhaften Natur der sogenannten Kräfte mit den Worten: „Es ist nicht so sicher, dass diese Agenten nicht am Ende spirituelle Kräfte (des agents spirituels) sind.“ Am Anfang seiner „Principia“ gab sich Sir Isaac Newton die größte Mühe, seiner Schule einzuprägen, dass er das Wort „Anziehung“ in Bezug auf die gegenseitige Einwirkung der Körper nicht im physikalischen Sinn gebrauche. Für ihn war sie, wie er sagte, ein rein mathematischer Begriff, der keine Betrachtung der wirklichen und ursprünglichen physischen Ursache in sich mit einschließt. In einem Abschnitt seiner „Principia“ (Defin. 8, Bd. I, Prop. 69, „Scholium“) sagt er uns in aller Deutlichkeit, dass Anziehungen in physikalischer Betrachtung vielmehr Impulse darstellen. In sectio XI (Einleitung) bringt er die Ansicht zum Ausdruck, dass „irgendein feiner Geist existiert, von dessen Kraft und Wirkung sämtliche Bewegungen der Materie bestimmt werden“ (siehe „Mod. Mater.“, von Rev. W. F. Wilkinson); und in seinem dritten Brief an Bentley sagt er: „Es ist nicht vorstellbar, dass unbelebte, grobe Materie ohne Vermittlung von etwas anderem, das nicht materiell ist, ohne gegenseitige Berührung auf andere Materie einwirken und sie beeinflussen soll, wie sie es tun müsste, wäre ihr die Gravitation [SD # 491] im Sinne Epikurs wesentlich und würde ihr innewohnen. . . . Der Gedanke, dass die Schwere eine Eigenschaft der Materie sei, ihr innewohne und ihr Wesen sei, sodass ein Körper durch ein Vakuum auf einen anderen in der Ferne einwirken könne, ohne die Vermittlung von irgendetwas anderem, welches seine Wirkung von dem einen auf das andere übertragen könnte, ist für mich eine so große Absurdität, dass ich glaube, dass kein Mensch, der philosophisch zu denken in der Lage ist, jemals darauf verfallen könnte. Die Gravitation muss durch ein Agens verursacht werden, welches beständig entsprechend bestimmter Gesetze wirkt; ob dieses Agens jedoch materiell oder immateriell ist, habe ich der Betrachtung meiner Leser überlassen.“

Darüber entsetzten sich sogar Newtons Zeitgenossen – über die scheinbare Wiederkehr okkulter Ursachen in das Reich der Physik. Leibniz nannte sein Anziehungsprinzip „eine unkörperliche und unerklärbare Kraft“. Die Annahme einer Anziehungskraft und einer vollkommenen Leere wurden von Bernoulli als „aufrührerisch“ bezeichnet, da das Prinzip der actio in distans damals auch keine bessere Aufnahme fand als heute. Andererseits glaubte Euler, dass die Wirkung der Gravitation entweder einem Geist oder einem feinen Medium zuzuschreiben sei. Und doch kannte Newton den Ether der Alten, wenn er ihn auch nicht akzeptierte. Den zwischen den Himmelskörpern liegenden Raum betrachtete er als Vakuum. Daher glaubte er, so wie wir, an einen „feinen Geist“ und Geister, welche die sogenannte Anziehung leiten. Die oben angeführten Worte des großen Mannes hatten traurige Ergebnisse zur Folge. Für den reinen Materialismus ist die „Absurdität“ heute zum Glaubenssatz geworden, indem dieser wiederholt: „Keine Materie ohne Kraft, keine Kraft ohne Materie; Kraft und Materie sind untrennbar, ewig und unzerstörbar (richtig); es kann keine unabhängige Kraft geben, da alle Kraft eine inhärente und notwendige Eigenschaft der Materie ist (falsch); folglich existiert keine immaterielle schöpferische Macht.“ Oh armer Sir Isaac!

Wenn die Okkultisten alle anderen hervorragenden, in ihrer Ansicht mit Leibniz und Euler übereinstimmenden Wissenschaftler beiseite lassen und lediglich Sir Isaac Newton und Cuvier als Autoritäten und zu ihrer Unterstützung anführen, wie oben zitiert, brauchen sie von der modernen Wissenschaft nur wenig zu befürchten und können ihren Glauben laut und stolz verkünden. Aber das Schwanken und die Zweifel der beiden zuvor zitierten Autoritäten und vieler anderer dazu, die wir nennen könnten, hat die wissenschaftliche Spekulation nicht im Mindesten daran gehindert, in den Gefilden der groben Materie nach wie vor Hirngespinsten anzuhängen. Zuerst ging es um Materie und eine davon verschiedene, unwägbare Flüssigkeit; dann kam das von Grove so sehr kritisierte unwägbare Fluidum; dann der Äther, der zuerst nicht kontinuierlich war und dann kontinuierlich wurde; worauf dann die „mechanischen“ Kräfte folgten. Diese haben sich jetzt als „Bewegungsarten“ sesshaft gemacht, und der Äther wurde geheimnisvoller und problematischer denn je. Nicht nur ein Wissenschaftler wendet sich gegen derartige rohe, materialistische Anschauungen. Aber andererseits hat sich seit den Tagen Platons, der seine Leser wiederholt auffordert, die unkörperlichen Elemente nicht mit [SD # 492] ihren Prinzipien zu verwechseln – den transzendentalen oder spirituellen Elementen; seit den Tagen der großen Alchemisten, die wie Paracelsus einen großen Unterschied zwischen einem Phänomen und seiner Ursache oder dem Noumenon machten; bis hin zu Grove, welcher zwar „keinen Grund sieht, die allgemein verbreitete Materie jener Funktionen zu entkleiden, die aller Materie gemein sind“, und dennoch den Begriff Kräfte verwendet, wo seine Kritiker, „die mit diesem Begriff nicht die Vorstellung einer spezifischen Tätigkeit verbinden“, Kraft sagen – seit jenen Tagen hat sich bis heute nichts als ausreichend erwiesen, der Flut des rohen Materialismus einen Damm entgegenzusetzen. Gravitation ist die einzige Ursache, der wirkende Gott, und Materie ist ihr Prophet, sagten die Wissenschaftler vor nur wenigen Jahren.

Seit damals änderten sie ihre Ansichten mehrfach. Aber verstehen die Wissenschaftler den innersten Gedanken Newtons, einer der spirituellsten und religiösesten Männer seiner Zeit, heute irgendwie besser als damals? Das ist sicherlich zu bezweifeln. Newton wird zugeschrieben, den Elementalwirbeln von Descartes (nebenbei bemerkt der wiederauferstandenen Idee des Anaxagoras) den Todesstoß versetzt zu haben, obwohl die letzten modernen „Wirbelatome“ des Sir W. Thomson sich in Wirklichkeit von den Ersteren nicht groß unterscheiden. Nichtsdestoweniger war Newton der Erste, der ernsthaft protestierte, als sein Schüler Forbes im Vorwort zum Hauptwerk seines Meisters schrieb, dass „die Anziehung die Ursache des Systems sei“. Was in dem Geist des großen Mathematikers das schattenhafte, aber fest verwurzelte Bild Gottes als des Noumenon von allem annahm,13 wurde von den alten (und modernen) Philosophen und Okkultisten philosophischer als „Götter“ oder als die schöpferischen, bildenden Kräfte bezeichnet. Die Ausdrucksweisen mögen unterschiedlich gewesen sein, und die Ideen wurden mehr oder weniger philosophisch vom gesamten geweihten und profanen Altertum verkündet; der Grundgedanke aber war derselbe.14 Für Pythagoras waren die Kräfte geistige Wesenheiten, Götter, [SD # 493] die Herrscher des Sternenhimmels, unabhängig von den Planeten und der Materie, wie wir sie auf der Erde sehen und kennen. Nach Platons Darstellung werden die Planeten von einem inneren Rektor bewegt, der eins ist mit seiner Wohnstatt wie „ein Bootsmann mit seinem Schiff“. Was Aristoteles anbelangt, so nannte er diese Lenker „immaterielle Substanzen“;15 hingegen lehnte er als jemand, der niemals initiiert worden war, die Götter als Wesenheiten ab (siehe „Vossius“, Vol. ii. S. 528). Aber das hinderte ihn nicht daran, die Tatsache anzuerkennen, dass die Sterne und Planeten „keine unbelebten Massen sind, sondern tatsächlich tätige und lebende Körper . . . . . . .“ So als ob die „Sternengeister der göttliche Teil ihrer Erscheinungen wären, τὰ θειότερα τῶν φανερῶν“ („De Caelo“, I. 9).

Wenn wir uns in moderneren und wissenschaftlicheren Zeiten nach einer Bestätigung umsehen, finden wir Tycho Brahe, der in den Sternen eine dreifache Kraft erkennt, eine göttliche, eine spirituelle und eine vitale. Indem Kepler den pythagoreischen Satz „die Sonne, der Wächter des Jupiters“ mit den Versen Davids zusammenfügt – „Er stellte seinen Thron in die Sonne“ und „Der Herr ist die Sonne“ etc. – sagt er, er verstehe vollkommen, warum die Pythagoreer glauben konnten, dass sämtliche im Raum verstreuten Globen rationale Intelligenzen seien, facultates ratiocinativae, die um die Sonne kreisen, „in welcher ein reiner Feuergeist wohnt; die Quelle der allgemeinen Harmonie“ („De Motibus planetarum harmonicis“, S. 248).

Wenn ein Okkultist von Fohat spricht – der Energie spendenden und lenkenden Intelligenz im universalen, elektrischen oder lebendigen Fluidum – wird er verlacht. Außerdem wird, wie jetzt gezeigt wird, bis zum heutigen Tag weder die Natur der Elektrizität verstanden noch die des Lebens oder selbst die des Lichts. Der Okkultist sieht in der Manifestation jeder Naturkraft die Wirkung ihrer Qualität oder der speziellen Charakteristik ihres Noumenons; dieses Noumenon ist eine bestimmte und intelligente Individualität auf der anderen Seite des manifestierten, mechanischen Universums. Nun leugnet der Okkultist nicht – im Gegenteil, er wird die Anschauung unterstützen – dass Licht, Wärme, Elektrizität etc. Neigungen (nicht Eigenschaften oder Qualitäten) der Materie sind. Um es klarer zu sagen: Materie ist die Bedingung – die notwendige Grundlage oder Trägerin, eine conditio sine qua non – für die Manifestation dieser Kräfte oder Agenten auf dieser Ebene.

Um auf den entscheidenden Punkt zu kommen, müssen die Okkultisten vor allem Zeugnisse des Schwerkraftgesetzes prüfen, der „Gravitation, der Königin [SD # 494] und Herrscherin der Materie“ in jeglicher Form. Um das wirksam auszuführen, muss man sich die Hypothese in ihrer frühesten Erscheinung in Erinnerung rufen. Zunächst einmal: War es Newton, der sie als Erster entdeckte? Das „Athenäum“ vom 26. Januar 1867 enthält eine merkwürdige Mitteilung über diesen Gegenstand. Es sagt: „Es lässt sich der positive Beweis erbringen, dass Newton all seine Kenntnisse über die Gravitation und ihre Gesetze von Böhme empfing, für den Gravitation oder Anziehung die erste Eigenschaft der Natur ist.“ . . . Denn bei ihm „zeigt uns sein (Böhmes) System das Innere der Dinge, während die moderne Physik sich damit begnügt, das Äußere zu betrachten“. Dann wiederum, dass „die Wissenschaft der Elektrizität, die damals noch nicht existierte, als er (Böhme) schrieb, dort (in seinen Schriften) vorweggenommen wird. Böhme beschreibt nicht nur alle jetzt bekannten Erscheinungen dieser Kraft, sondern er gibt uns sogar den Ursprung, die Erzeugung und die Geburt der Elektrizität selbst etc.“

So verdankt Newton, dessen profunder Verstand spielend zwischen den Zeilen las und das spirituelle Denken des großen Sehers in seiner mystischen Ausdrucksweise ergründete, seine große Entdeckung Jakob Böhme, dem Zögling der Genien (Nirmanakyas), die über ihn wachten und ihn leiteten, und über welchen der Verfasser des fraglichen Aufsatzes sehr wahr anmerkte, dass „jegliche neue wissenschaftliche Entdeckung seine tiefe und intuitive Einsicht in die geheimsten Arbeitsweisen der Natur beweisen wird“. Nachdem er die Schwerkraft entdeckt hatte, musste Newton sozusagen jedes physische Hindernis für ihre freie Wirkung im Raum ausmerzen, um die Auswirkung der Anziehung im Raum möglich zu machen; unter anderem den Ether, obwohl er mehr als eine bloße Ahnung von seiner Existenz hatte. Er verteidigte die Korpuskulartheorie und schuf ein absolutes Vakuum zwischen den Himmelskörpern. . . . Was immer seine Mutmaßungen und inneren Überzeugungen bezüglich des Ethers gewesen sein mögen; wie vielen Freunden er sich auch anvertraut haben mag – wie im Fall seiner Korrespondenz mit Bentley – seine Lehren zeigten niemals, dass er einem solchen Glauben anhing. Wenn er davon „überzeugt war, dass die Kraft der Anziehung der Materie sich nicht durch ein Vakuum hindurch auswirken könne“,16 wie kommt es dann, dass noch im Jahre 1860 französische Astronomen (Lecouturier z. B.) „die verheerenden Auswirkungen der von dem großen Mann aufgestellten Theorie vom Vakuum bekämpften?“17 Professor Winchell schreibt: „Diese Stellen (aus dem Brief an Bentley) zeigen, welche Ansichten er in Bezug auf die Natur des interplanetarischen Kommunikationsmediums hatte. Obwohl er erklärte, dass die Himmel ‘von wahrnehmbarer Materie frei sind’, nahm er doch anderswo an: ‘Vielleicht [SD # 495] irgendwelche sehr verdünnten Dämpfe, Ausströmungen und Ausdünstungen, die sich aus den Atmosphären der Erde, der Planeten und Kometen bilden, und von einem so außerordentlich verdünnten etherischen Medium, wie wir es anderswo beschrieben haben.’“ (Newton, „Optics“, iii., Frage 28, 1704; zitiert inWorld-Life“)

Das zeigt nur, das selbst so große Männer wie Newton nicht immer den Mut haben, sich zu ihren Überzeugungen zu bekennen. Dr. T. S. Hunt „wies auf einige lange Zeit unbeachtet gebliebene Stellen in Newtons Werken hin, aus denen hervorgeht, dass sich die Vorstellung von einem solchen universalen, interkosmischen Medium allmählich in seinem Denken verwurzelte“ (ebenda). Aber dieser Hinweis auf die erwähnten Stellen wurde nicht vor dem 28. November 1881 veröffentlicht, als Dr. Hunt seine Vorlesung über „Himmlische Chemie zu Newtons Zeiten“ hielt. „Bis dahin herrschte allgemein und selbst unter den Wissenschaftlern die Ansicht vor, dass Newton eine Leere gepredigt habe, obwohl er die Korpuskulartheorie befürwortete“, wie Lecouturier sagt. Die Stellen sind zweifelsohne deshalb „lange unbeachtet geblieben“, weil sie den vorgefassten Lieblingstheorien dieser Tage widersprachen und mit ihnen kollidierten, bis schließlich die Wellentheorie gebieterisch die Anwesenheit eines „etherischen Mediums“ zu ihrer Erklärung verlangte. Das ist das ganze Geheimnis.

Jedenfalls datiert die ungeheure Geringschätzung, welche der alten Physik heute von der modernen entgegen­gebracht wird, von dieser Newtonschen Theorie einer universalen Leere – welche er selbst lehrte, wenn er auch nicht an sie glaubte. Die alten Weisen hatten behauptet, dass „die Natur das Vakuum verabscheue“, und die größten Mathematiker der Welt (jedenfalls der westlichen Rassen) waren auf den veralteten „Irrtum“ gestoßen und hatten ihn aufgezeigt. Trotz aller Undankbarkeit muss die moderne Wissenschaft nun die archaische Erkenntnis anerkennen und des Weiteren auch noch zu diesem späten Zeitpunkt den Charakter und die Beobachtungsgabe Newtons bestätigen, nachdem sie es eineinhalb Jahrhunderte vernachlässigte, so wichtigen Aussagen ihre Aufmerksamkeit zu widmen – vielleicht weil es weiser war, keinerlei Aufmerksamkeit auf sie zu lenken. Besser spät, als gar nicht.

Und nun wird Vater Äther mit offenen Armen wieder willkommen geheißen; und mit der Gravitation vermählt; mit ihr in Wohl und Wehe verbunden, bis zu dem Tag, an dem sie, oder auch beide, durch irgendetwas anderes ersetzt werden. Vor dreihundert Jahren gab es überall ausgefüllten Raum, dann wurde alles zu einem einzigen, tristen leeren Raum; noch später rollten auf dem von der Wissenschaft aufgetrockneten himmlischen Ozean erneut seine etherischen Wogen. Recede ut procedes muss das Motto der exakten Wissenschaft werden – „exakt“ besonders darin, sich alle Schaltjahre einmal für nicht exakt zu halten.

Aber wir wollen mit den großen Männern nicht streiten. Um das eigentliche Rückgrat und Mark ihrer Korrelationen und „neuesten“ Entdeckungen zu finden, mussten sie sich an die ältesten „Götter des Pythagoras und des alten Kanadas“ wenden, und das mag in den Okkultisten wohl gute Hoffnungen für ihre kleineren Götter erwecken. Denn wir glauben an Lecouturiers Prophezeiung über die Gravitation. Wir wissen, dass der Tag naht, an dem von den Wissenschaftlern selbst eine absolute Reform der gegenwärtigen Methoden der Wissenschaft verlangt werden wird – wie es von Sir W. Grove, F.R.S., schon vorgebracht wurde. Bis zu diesem Tag ist nichts zu machen. Denn würde die Gravitation [SD # 496] morgen entthront, hätten die Wissenschaftler übermorgen irgendeinen neuen mechanischen Bewegungsmodus entdeckt.18 Beschwerlich und steil ist der Pfad der wahren Wissenschaft, und ihre Tage sind erfüllt von Qualen des Geistes. Aber angesichts der von ihr zur Erklärung physikalischer Phänomene vorgebrachten „tausend“ widersprüchlichen Hypothesen, existierte niemals je eine bessere Hypothese als die der „Bewegung“ – wie paradox auch immer der Materialismus sie interpretieren mag. Wie auf den ersten Seiten dieses 1. Bandes zu finden ist, haben die Okkultisten bestimmt nichts gegen Bewegung,19 den Großen Atem von Herbert Spencers „Unerkennbarem“. Aber in dem Glauben, dass alles auf der Erde der Schatten von etwas im Raum ist, glauben sie an kleinere „Atem“, die während der manvantarischen Perioden in alle Richtungen wehen, lebendig, intelligent und von allem unabhängig, mit Ausnahme des Gesetzes. Diese wird die Wissenschaft zurückweisen. Aber was auch immer die Anziehung, alias Gravitation, ersetzen wird, das Ergebnis wird das Gleiche sein. Die Wissenschaft wird der Lösung ihrer Schwierigkeiten genauso fern sein, solange sie nicht zu einer gewissen Übereinkunft mit dem Okkultismus und sogar mit der Alchemie kommen wird – eine Annahme, die zwar als Frechheit betrachtet werden wird, aber nichtsdestoweniger eine Tatsache bleibt. Wie Faye sagt: „Etwas fehlt den Geologen, um die Geologie des Mondes studieren zu können: Sie sind keine Astronomen. Wahrhaftig, auch den Astronomen fehlt etwas, um dieses Studium erfolgreich durchführen zu können: Sie sind keine Geologen.“ Noch pointierter hätte er hinzufügen können: „Und was ihnen beiden fehlt, ist die Intuition des Mystikers.“

Erinnern wir uns an Sir William Groves weise „Schlussbemerkungen“ über die letzte Struktur der Materie oder über die Einzelheiten der molekularen Einwirkungen, die der Mensch seiner Ansicht nach niemals kennen wird.

„Durch den Versuch, die Materie hypothetisch zu zerlegen und die Gestalt, Größe und Anzahl der Atome sowie ihre Wärme-, Ether- oder Elektrizitätshüllen zu erörtern, wurde bereits großer Schaden angerichtet. . . . . Ob Elektrizität, Licht und Magnetismus etc. als einfache Bewegungsarten der gewöhnlichen Materie angesehen werden dürfen oder nicht – sicher ist, dass alle vergangenen Theorien die Wirkungen dieser Kräfte in Bewegung auflösten und dass alle gegenwärtigen Theorien dasselbe tun. Ob es nun an unserer Vertrautheit mit der Bewegung liegt, dass wir andere Eigenschaften auf sie zurückführen, weil das sprachlich so am einfachsten auszudrücken und am besten zu [SD # 497] erklären ist, oder ob die Bewegung in Wirklichkeit die einzige Art ist, wie unsere Gemüter sich im Gegensatz zu unseren Sinnen materielle Agenten vorzustellen fähig sind – sicher ist, dass seit der Zeit, in welcher die mystischen Vorstellungen über spirituelle oder übernatürliche Kräfte zur Erklärung physikalischer Phänomene herangezogen wurden, sämtliche zu ihrer Erklärung erdachten Hypothesen Letztere in Bewegung auflösten.“

Und dann stellt der gelehrte Herr einen rein okkulten Lehrsatz auf:

„Der von mir in diesen Blättern nicht selten gebrauchte Begriff der beständigen Bewegung ist selbst unklar. Sollten die hier vorgebrachten Lehren wohl begründet sein, ist alle Bewegung in einem gewissen Sinn beständig. In Massen, deren Bewegung durch gegenseitiges Aufeinanderprallen angehalten wird, wird Wärme oder Teilchenbewegung erzeugt; und so dauert die Bewegung fort, sodass, wenn wir es wagen könnten, diesen Gedanken auf das Universum zu erweitern, wir annehmen müssten, dass die gleiche Menge von Bewegung die gleiche Menge von Materie in Ewigkeit beeinflusst.“20

Wenn wir somit annehmen, dass die Theorie der Anziehung oder Gravitation aufgegeben werden soll, um aus der Sonne einen ungeheuren Magneten zu machen – eine bereits von einigen Physikern vertretene Theorie – einen Magneten, der genauso auf die Planeten einwirkt, wie es gegenwärtig für die Anziehung angenommen wird, wohin oder wie weit über ihren gegenwärtigen Standpunkt hinaus könnte das die Astronomen wohl führen? Nicht einen einzigen Zoll weiter. Schon vor nahezu 300 Jahren kam Kepler auf diese „merkwürdige Hypothese“. Er konnte die Theorie von der Anziehung und Abstoßung im Universum nicht entdecken, weil sie bereits seit den Tagen des Empedokles bekannt war, er bezeichnete die beiden einander entgegengesetzten Kräfte mit „Liebe“ und „Hass“ – was denselben Gedanken zum Ausdruck bringt. Aber Kepler hatte für den kosmischen Magnetismus eine ziemlich gute Beschreibung. Dass in der Natur ein solcher Magnetismus existiert, ist ebenso sicher wie die Tatsache, dass die Gravitation nicht existiert. Zumindest auf gar keinen Fall in der Art, wie sie von der Wissenschaft gelehrt wird, die niemals die verschiedenen Arten in Erwägung zog, auf welche die im Okkultismus mit Anziehung und Abstoßung bezeichnete duale Kraft innerhalb unseres Sonnensystems, der Erdatmosphäre und darüber hinaus des Kosmos zu wirken vermag.21

Das wurde von Newton selbst bewiesen, denn in unserem [SD # 498] Sonnensystem existieren viele Phänomene, die er nach eigenem Bekunden mithilfe des Schwerkraftgesetzes nicht zu erklären vermochte. „Dazu gehörten die Gleichartigkeit der planetarischen Bewegungsrichtungen, die nahezu kreisförmige Form der Bahnen und ihre merkwürdige Übereinstimmung in der Lage der Bahnebenen.“ (Prof. Winchell) Und wenn auch nur eine einzige Ausnahme existiert, kann das Gravitationsgesetz nicht mit Recht als universales Gesetz bezeichnet werden. „Diese Regulierung“, so sagt man uns, „verkündete Newton in seinem allgemeinen Scholium als ‘das Werk eines intelligenten und allmächtigen Wesens’.“ Intelligent mag dieses „Wesen“ sein, was aber „allmächtig“ anbelangt, kann die Behauptung aus gutem Grund angezweifelt werden. Das wäre ein armer „Gott“, der sich mit kleineren Details beschäftigen und das Wichtigste sekundären Kräften überlassen wollte! Die Armseligkeit der Argumentation und Logik wird nur von Laplace übertroffen, der bei dem ganz richtigen Versuch, Newtons „allmächtiges Wesen“ durch die Bewegung zu ersetzen, in Unkenntnis der wahren Natur jener ewigen Bewegung in ihr ein blindes physikalisches Gesetz sah. „Könnte diese Regelung nicht eine Wirkung der Gesetze der Bewegung sein?“, fragt er, dabei wie alle unsere modernen Wissenschaftler vergessend, dass dieses Gesetz und diese Bewegung einen Teufelskreis darstellen, so lange beider Natur unerklärt bleibt. Seine berühmte Antwort an Napoleon – „Gott ist eine unnötige Hypothese geworden“ – könnte lediglich von einem Anhänger der Philosophie der Vedantisten korrekt gegeben werden. Sie wird zum reinen Trugschluss, wenn wir die Vermittlung aktiver, intelligenter und mächtiger (aber niemals „allmächtiger“) Wesen ausschließen, die man „Götter“ nennt.

Aber wir möchten die Kritiker der mittelalterlichen Astronomen fragen, warum Kepler deshalb als höchst unwissenschaftlich gerügt werden sollte, weil er genau dieselbe Lösung vorschlägt wie Newton – sich nur als ernsthafter, konsistenter und sogar als logischer erweisend? Wo mag der Unterschied liegen zwischen Newtons „allmächtigem Wesen“ und Keplers Rektoren, seinen siderischen und kosmischen Kräften oder Engeln? Kepler wird ferner kritisiert für seine „seltsamen Hypothesen, die sich einer innerhalb des Sonnensystems vorhandenen Wirbelbewegung bedienten“, wegen seiner Theorien im Allgemeinen und weil er Empedokles’ Idee von der Anziehung und Abstoßung und insbesondere den „solaren Magnetismus“ begünstigte. Aber verschiedene moderne Wissenschaftler, wie gezeigt werden wird – Hunt (wenn Metcalfe auszuschließen ist), Dr. Richardson etc. – favorisieren dieselbe Idee ganz entschieden. Teilweise wird er jedoch mit der Begründung entschuldigt, dass „zu Keplers Zeit noch keine sich grundsätzlich vom Magnetismus unterscheidende Wechselwirkung zwischen Materiemassen klar erkannt worden war“ (World-Life“). Ist sie heutzutage klar erkannt? Beansprucht Prof. Winchell für die Wissenschaft irgendeine ernsthafte Erkenntnis über die Natur der Elektrizität oder des Magnetismus – ausgenommen den Umstand, dass beide die Wirkungen irgendeiner Folge zu sein scheinen, die aus irgendeiner unbestimmten Ursache hervorgeht?

Die Ideen Keplers sind rein okkult, insofern ihre theologischen Tendenzen ausgesondert werden. Er sah Folgendes:

[SD # 499] (I) Die Sonne ist ein großer Magnet.22 Dasselbe glauben auch einige hervorragende moderne Wissenschaftler und die Okkultisten.

(II) Die Substanz der Sonne ist immateriell23 (sieheIsis entschleiert, Bd. I, S. 270-271).

(III) Für den beständigen Antrieb und die konstante Erneuerung der Sonnenenergie und für die planetare Bewegung sah er die ununterbrochene Aufsicht eines Geistes oder von Geistern vor. Das ganze Altertum glaubte an diese Idee. Die Okkultisten gebrauchen nicht das Wort Geist, sondern sprechen von schöpferischen Kräften, welche sie mit Intelligenz ausstatten. Aber wir können sie auch Geister nennen.

Diese Theorie wurde vielmehr wegen des „Geistes“ geächtet, welchem sie Raum ließ, als wegen anderer Gründe. Herschel, der Ältere, hing ihr ebenfalls an, und ebenso verschiedene moderne Wissenschaftler. Nichtsdestoweniger erklärt Professor Winchell, dass „weder in alter noch in neuerer Zeit eine abstrusere und den Anforderungen der physikalischen Grundsätze weniger entsprechende Hypothese jemals angeboten wurde“ (World-Life“, S. 554).

Dasselbe wurde einstmals vom universalen Ether gesagt, und jetzt wird er nicht nur gezwungenermaßen akzeptiert, sondern auch als die einzig mögliche Theorie zur Erklärung gewisser Geheimnisse befürwortet.

Als Grove seine Ideen zum ersten Mal um 1840 in London verkündete, wurden sie als so unwissenschaftlich wie die obigen bezeichnet; nichtsdestoweniger sind seine Ansichten über die Wechselbeziehungen der Kräfte heute allgemein akzeptiert. Allem Anschein nach wäre für die erfolgreiche Bekämpfung einiger der gegenwärtig vorherrschenden Vorstellungen über die Gravitation und andere ähnliche „Lösungen“ kosmischer Geheimnisse jemand erforderlich, der mit der Wissenschaft besser vertraut ist als die Schreiberin. Aber wir rufen uns einige von anerkannten Wissenschaftlern stammende Einwände ins Gedächtnis; d. h. Einwände von hervorragenden Astronomen und Physikern, welche die Rotations- und Gravitationstheorien zurückwiesen. So liest man in der „French Encyclopaedia“, dass „die Wissenschaft im Angesicht aller ihrer Vertreter darin übereinstimmt, dass es unmöglich ist, den physikalischen Ursprung der Rotationsbewegung des Sonnensystems zu erklären“.

Wenn die Frage gestellt wird: „Was ist die Ursache der Rotation?“, so antwortet man uns: „Es ist die Zentrifugalkraft.“ „Und diese Kraft, wodurch wird sie hervorgebracht?“ „Durch die Kraft der Rotation“, ist die gewichtige Antwort (Godefroy, „Cosmogonie de la Révélation“).24 Es ist vielleicht angeraten, diese Theorien alle beide zu untersuchen, da sie unmittelbar oder mittelbar miteinander in Zusammenhang stehen.

[SD # 500]
V
die rotationstheorien der wissenschaft

Zieht man in Betracht, dass „die Endursache zu einer Chimäre erklärt und die Erste Große Ursache in der Sphäre des Unbekannten in Gewahrsam genommen wurde“, wie ein hochwürdiger Herr mit Recht beklagt, ist die Anzahl der vorgebrachten Hypothesen, einem ganzen Nebelfleck gleich, höchst bemerkenswert. Der profane Schüler ist verwirrt und weiß nicht, an welche der Theorien der exakten Wissenschaften er glauben muss. Hier haben wir einige Hypothesen, für jeden Geschmack und jede Verstandeskraft. Sie sind alle einer Anzahl von wissenschaftlichen Büchern entnommen.

Vorherrschende Hypothesen zur Erklärung des Ursprungs der Rotation

Die Rotation entstand entweder:

(a) Durch den Zusammenstoß von Nebelmassen, die ziellos den Raum durchwandern; oder aber „in Fällen, in welchen kein tatsächlicher Stoß stattfindet“, durch deren gegenseitige Anziehung.

(b) „Durch die Tangentialeinflüsse von Strömen der Nebelmaterie (im Fall eines amorphen Nebels), die von höheren in niedere Schichten hinabsinken25 oder einfach durch die Wirkung der zentralen Schwerkraft der Massen.26

„Es ist ein Fundamentalprinzip der Physik, dass in einer solchen Masse durch die Wirkung ihrer eigenen Teile keine Rotation erzeugt werden kann. Ebenso könnte man versuchen, den Kurs eines Dampfers durch Zerren an der Deckreling zu ändern“, bemerkt hierzu Prof. Winchell in World-Life“.

Hypothesen über die Entstehung

der Sieben Planeten und von Kometen

(a) Wir verdanken die Geburt der Planeten 1. einer Explosion der Sonne – einer Entbindung aus ihrer Zentralmasse;27 oder 2. einer Art von Zerreißen der Nebelringe.

(b) „Die Kometen sind Fremdlinge in unserem Planetensystem.“ (La Place) „Die Kometen entstanden unbestreitbar in unserem Sonnensystem.“ (Faye)

(c) „Die Fixsterne sind unbeweglich“, sagt eine Autorität. . . . „Alle Sterne bewegen sich tatsächlich“, antwortet eine weitere Autorität. . . „Zweifellos bewegt sich jeder Stern.“ (Wolf)

(d) „Seit mehr als 350.000.000 Jahren wurde die langsame und majestätische Bewegung der Sonnen um ihre Achsen auch nicht einen Augenblick lang unterbrochen.“ („Panorama des Mondes“, Lecouturier)

[SD # 501] (e) Und „die Sonne hat Alkyone in den Plejaden zum Mittelpunkt ihrer Bahn und benötigt 180.000.000 Jahre, um einen einzigen Umlauf zu vollenden.“ (Mädler) Und auch:

(f) „Die Sonne existiert seit nicht mehr als 15.000.000 Jahren und wird nicht länger als weitere 10.000.000 Jahre Wärme aussenden.“ (Sir William Thomsons Vorlesung “The latent dynamical theory regarding the probable origin, total amount of heat, and duration of the Sun”, 1887)

Vor wenigen Jahren teilte dieser hervorragende Gelehrte der Welt mit, dass die von der Erde für die Abkühlung benötigte Zeit, vom Beginn einer Krustenbildung an bis zu ihrem gegenwärtigen Zustand, nicht mehr als 80.000.000 Jahre betragen könne.28 (Thomson und Tait, „Natural Philosophy“) Würde die Dauer des verkrusteten Zustands der Welt lediglich 40.000.000 Jahre oder die Hälfte der bereits als möglich zugestandenen Dauer betragen und die Sonne nicht älter als 15.000.000 Jahre sein, müssen wir das dann so verstehen, dass die Erde einstens von der Sonne unabhängig existierte?

Da das Alter der Sonne, der Planeten und der Erde, wie es in vielen wissenschaftlichen Hypothesen der Astronomen und Physiker aufgestellt wird, an anderer Stelle (siehe weiter unten) gegeben wird, haben wir genug gesagt, um die Meinungsverschiedenheiten zwischen den Dienern der modernen Wissenschaft aufzuzeigen. Ob wir nun die von Sir W. Thomson vorgeschlagenen fünfzehn Millionen oder Huxleys tausend Millionen Jahre für die Entwicklung der Rotation unseres Sonnensystems annehmen, ergibt sich doch immer eines daraus; indem wir annehmen, dass die Himmelskörper ihre Rotation selbst erzeugen, wobei sie aus träger Materie zusammengesetzt sind und dennoch Jahrmillionen lang von ihrer eigenen, inneren Bewegung angetrieben werden, dann läuft diese wissenschaftliche Lehre auf Folgendes hinaus:

(a) Eine offenbare Leugnung des physikalischen Grundgesetzes, das besagt, dass „ein bewegter Körper beständig zur Trägheit tendiert, (d. h. zum Verharren in demselben Zustand der Bewegung oder Ruhe), so lange er nicht von einer stärker wirkenden Kraft zu weiterer Tätigkeit angetrieben wird“.

(b) Einen ursprünglichen Impuls, welcher in einer unveränderlichen Bewegung durch einen Widerstand bietenden Ether mündet, von dem Newton erklärte, dass er mit einer solchen Bewegung unvereinbar sei.

(c) Universale Gravitation, die, so wird uns gelehrt, immer in einem geradlinigen Abstieg auf einen Mittelpunkt zustrebt – als alleinige Ursache der Rotation des gesamten Sonnensystems, welches eine ewige, doppelte Umlaufbewegung ausführt, nämlich ein jeder Körper um seine eigene Achse und in seiner Bahn. Eine weitere, seltenere Version ist:

(d) Ein Magnet in der Sonne; oder dass der erwähnte Umlauf einer magnetischen Kraft zuzuschreiben sei, die gerade so wie die Gravitation geradlinig wirkt – und sich im umgekehrten Verhältnis mit dem Quadrat des Abstandes ändert (Coulombsches Gesetz).

(e) Das Ganze geschieht gemäß unveränderlichen und beständigen Gesetzen, die sich aber nichtsdestoweniger häufig als veränderlich erweisen, wie bei verschiedenen wohlbekannten Launen [SD # 502] der Planeten und anderer Körper, sowie auch wenn sich die Kometen der Sonne nähern oder wieder von ihr entfernen.

(f) Eine motorische Kraft, immer proportional zu der Masse, auf welche sie wirkt, die aber gleichzeitig unabhängig von der spezifischen Natur dieser Masse ist, zu der sie sich proportional verhält; was auf die Position Lecouturiers hinausläuft, der sagt: „Ohne diese Kraft, die von der genannten Masse unabhängig und von einer ganz anderen Natur ist als diese Masse, würde die Letztere, einerlei ob sie so groß ist wie Saturn oder so klein wie Ceres, immer mit derselben Geschwindigkeit fallen.“ („Musée des Sciences“, 15. August 1857) Eine Masse obendrein, die ihr Gewicht von dem Körper herleitet, auf dem sie lastet.

Weder die Vorstellung von Laplace von einem solaren, atmosphärischen Fluidum, das sich über die Bahnen der Planeten hinaus erstrecken soll, noch Lecouturiers Elektrizität, noch Foucaults Wärme („Panorama des Mondes“, S. 55), noch dieses oder jenes können also jemals auch nur einer der zahlreichen Hypothesen über den Ursprung und den Fortbestand der Rotation dazu verhelfen, diesem Hamsterrad zu entkommen, nicht mehr als die Gravitationstheorie selbst. Dieses Geheimnis ist das Prokrustesbett der Naturwissenschaft. Wenn die Materie passiv ist, wie jetzt gelehrt wird, kann auch von der einfachsten Bewegung nicht behauptet werden, dass sie eine wesentliche Eigenschaft der Materie sei – da sie ja lediglich als eine träge Masse betrachtet wird. Wie kann nun eine so komplizierte Bewegung, zusammengesetzt und vielfältig, harmonisch und im Gleichgewicht, Millionen und Abermillionen von Jahren ewig andauernd, lediglich der ihr innewohnenden Kraft zugeschrieben werden, wenn diese Kraft nicht eine Intelligenz ist? Ein physischer Wille ist etwas Neues – eine Vorstellung, die die Alten in der Tat niemals in Erwägung gezogen hätten!29

„Wir sprechen vom Gewicht der Himmelskörper“, sagt ein Astronom, „aber nachdem anerkannt ist, dass das Gewicht proportional zur Entfernung von Zentrum abnimmt, so leuchtet es ein, dass bei einem gewissen Abstand dieses Gewicht zwangsweise auf Null reduziert sein muss. Gäbe es irgendeine Anziehung, so würde sich ein Gleichgewicht einstellen . . . . Und nachdem die moderne Schule im universalen Raum weder ein Unten noch ein Oben anerkennt, ist nicht klar, was die Erde zum Fallen veranlassen sollte, auch wenn es weder Gravitation noch Anziehung gäbe.“ („Cosmographie de Ptolémée“)

Mich dünkt, Graf de Maistre hatte Recht damit, die Frage auf seine eigene, theologische Art zu lösen. Er durchschlägt den Gordischen Knoten mit den Worten: „Die [SD # 503] Planeten rotieren, weil sie in Rotation versetzt wurden . . . . . und das moderne physikalische System des Universums ist eine physikalische Unmöglichkeit.“ (Soirées) Behauptete denn Sir John Herschel mit seiner Aussage nicht dasselbe, dass ein Wille nötig sei, um eine kreisförmige Bewegung zu erhalten, und ein anderer Wille, um sie zu hemmen? („Discours“, 154 f.) Das zeigt und erklärt, wie solch ein in seiner Bewegung verzögerter Planet schlau genug sein kann, seine Zeit so exakt zu berechnen, dass er zur festbestimmten Minute eintreffen wird. Wenn es denn der Wissenschaft teilweise mit großem Einfallsreichtum gelingt, einige dieser Stillstände, rückläufigen Bewegungen, Schleifenbildungen außerhalb der Umlaufbahn etc. etc. als Erscheinungen zu erklären, welche durch die Ungleichartigkeit der jeweiligen Umlaufbewegungen auf den Planetenbahnen entstehen, so wissen wir doch, dass nach Herschel noch andere, und zwar „sehr reale und beträchtliche Abweichungen existieren, welche nur durch die gegenseitige und unregelmäßige Einwirkung jener Planeten und durch den störenden Einfluss der Sonne erklärt werden können“.

Wir verstehen jedoch, dass außer jenen kleinen, nebensächlichen Störungen auch dauerhafte existieren, „säkulare“ Störungen genannt – wegen der außerordentlichen Langsamkeit, mit der die Unregelmäßigkeit zunimmt und die Verhältnisse der elliptischen Bewegung beeinflusst – und dass diese Störungen korrigiert werden können. Von Newton, der fand, dass diese Welt sehr oft einer Reparatur bedürfe, bis herab zu Reynaud sagen alle dasselbe. In seinem „Terre et Ciel“ (S. 28) sagt Letzterer:

„ . . . . . Die von den Planeten beschriebenen Bahnen sind sehr weit davon entfernt, unveränderlich zu sein. Sie sind im Gegenteil einer fortwährenden Veränderung ihrer Lage und Form unterworfen“ – was beweist, dass die Gravitation und die peripatetischen Gesetze ebenso nachlässig sind wie schnell darin, ihre Missgriffe auszubessern. Die Anklage, so wie sie liegt, scheint zu lauten: ‘Sie (die Bahnen) werden abwechselnd weiter und enger, ihre große Achse verlängert und verkürzt sich oder schwankt gleichzeitig von rechts nach links rund um die Sonne, während die Ebene selbst, in welcher sie sich befinden, sich periodisch hebt und senkt, indem sie mit einer Art Tremor um sich selbst wanken.’ . . .“

Worauf de Mirville, der – so wie wir – an intelligente „Arbeiter“ glaubt, die unsichtbar das Sonnensystem lenken, sehr witzig bemerkt:30 . . . . . „Voilà certes, eine Reise, die sehr wenig von mechanischer Genauigkeit an sich hat; man könnte sie höchstens mit der Fahrt eines Dampfers vergleichen, welcher auf den Wogen hin und her gerissen, gestoßen, abgebremst und beschleunigt wird, wobei jedes einzelne dieser Hindernisse seine Ankunft im Unbestimmten verzögern könnte, wäre da nicht die Intelligenz des Steuermanns und der Ingenieure, um verlorene Zeit einzuholen und Schäden auszubessern. . . . .“

Das Gravitationsgesetz scheint jedoch zu einem überholten Gesetz des Sternen­himmels zu verkommen. Auf jeden Fall scheinen die als Kometen bezeichneten langhaarigen, siderischen Radikale die Majestät dieses Gesetzes nicht besonders zu respektieren [SD # 504] und ihm ganz unverschämt zu trotzen. Nichtsdestoweniger, und obwohl sie in fast jeder Hinsicht „Phänomene aufweisen, die noch nicht vollständig erklärt sind“, gehorchen die Kometen und Meteore nach Ansicht der Anhänger der modernen Wissenschaft doch denselben Gesetzen und bestehen aus derselben Materie „wie Sonnen, Sterne und Nebelflecke“ und sogar wie die „Erde und ihre Bewohner“ (Laings „Modern Science and Modern Thought“).

Man könnte sagen, sie vertrauen auf diese Ansicht oder könnte es sogar als blinden Glauben bezeichnen. Aber die exakte Wissenschaft darf nicht in Frage gestellt werden, und wer eine von ihren Schülern ausgedachte Hypothese ablehnt – z. B. die Gravitation – würde dafür als unwissender Narr angesehen; doch wird uns von dem soeben zitierten Autor eine seltsame Geschichte aus den Annalen der Wissenschaft erzählt. „Der Schweif des Kometen von 1811 hatte eine Länge von 120 Millionen Meilen und an seinem breitesten Teil einen Durchmesser von 25 Millionen Meilen, während der Durchmesser des Kerns ungefähr 127.000 Meilen betrug, mehr als das Zehnfache des Erddurchmessers.“ Er sagt uns: „Wenn ein in der Nähe der Erde vorbeiziehender Körper dieser Größe weder ihre Bewegung beeinflusst noch die Länge des Jahres auch nur um eine einzige Sekunde verändert, muss seine Substanz tatsächlich unfassbar dünn sein. . . .“ In der Tat, so muss es sein.

„ . . . . . Die außerordentlich niedrige Dichte der Masse eines Kometen wird auch durch die Erscheinung des Schweifs bewiesen, der bei der Annäherung des Kometen an die Sonne manchmal in wenigen Stunden bis zur Länge von 90 Millionen Meilen ausgeworfen wird. Und das Bemerkenswerte ist, dass dieser Schweif der Schwerkraft entgegengesetzt von einer abstoßenden Kraft heraus geschleudert wird, welche wahrscheinlich elektrischer Natur ist, so dass er immer von der Sonne wegzeigt (! ! !). Und doch, so gering die Dichte der Kometenmaterie auch sein muss, UNTERLIEGT ER DEM ALLGEMEINEN GESETZ DER SCHWERKRAFT (!?), und einerlei ob der Komet sich in einer innerhalb der äußeren Planeten liegenden Bahn bewegt oder in die Tiefen des Raumes hinausschießt und erst nach Jahrhunderten zurückkehrt, sein Weg wird in jedem Moment von derselben Kraft beherrscht, die auch einen Apfel auf die Erde fallen lässt.“ (Ebenda, S. 17)

Die Wissenschaft ist wie Cäsars Frau, und es darf ihr nicht misstraut werden – soviel ist klar. Aber nichtsdestoweniger kann sie ehrfurchtsvoll kritisiert werden. Auf jeden Fall darf man sie daran erinnern, das „der Apfel“ eine gefährliche Frucht ist, zum zweiten Mal in der Geschichte der Menschheit kann er zur Ursache des FALLS werden – diesmal der „exakten“ Wissenschaft. Einem Kometen, dessen Schweif im direkten Angesicht der Sonne dem Gesetz der Schwerkraft trotzt, kann schwerlich unterstellt werden, dass er diesem Gesetz Folge leistet.

In Fragen der Wissenschaft eine blutige Anfängerin, hat die gegenwärtige Schreiberin in einer Reihe zwischen 1865 und 1866 verfasster wissenschaftlicher Werke über die Astronomie und die Nebulartheorie innerhalb weniger Stunden nicht weniger als neununddreißig einander widersprechende Hypothesen gezählt, die als Erklärungen der selbsterzeugten ursprünglichen Rotationsbewegung der Himmelskörper dargeboten werden. Die Schreiberin ist weder Astronomin noch Mathematikerin, noch überhaupt eine Wissenschaftlerin; aber sie war verpflichtet, diese Irrtümer zur Verteidigung des Okkultismus im Allgemeinen zu untersuchen, und was noch [SD # 505] wichtiger ist, zur Stützung der astro- und kosmologischen okkulten Lehren. Die Okkultisten wurden mit schrecklichen Strafen dafür bedroht, dass sie wissenschaftliche Wahrheiten infrage stellen. Aber heute fühlen sie sich ermutigt; die Wissenschaft ist in ihren „unüberwindbaren“ Stellungen viel unsicherer als sie erwarten durften, und viele ihrer Bollwerke sind auf Treibsand errichtet.

Solchermaßen waren selbst diese schwachen und unwissenschaftlichen Untersuchungen von Nutzen, und sicherlich waren sie sehr lehrreich. Wir haben tatsächlich viele Dinge daraus gelernt, indem wir mit besonderer Aufmerksamkeit insbesondere jene astronomischen Daten studierten, die mit größter Wahrscheinlichkeit mit unseren heterodoxen und „abergläubischen“ Ansichten kollidieren könnten.

So fanden wir beispielsweise im Zusammenhang mit der Gravitation sowie Achsen- und Bahnbewegungen heraus, dass eine in einem frühen Stadium überwundene Synchronbewegung dazu ausreicht, eine bis ans Ende des Manvantaras dauernde Rotationsbewegung zu verursachen. Angesichts all der zuvor erwähnten, auf jeden Fall sehr komplizierten Kombinationen von Möglichkeiten bezüglich des Beginns der Rotation konnten wir auch einige der Ursachen identifizieren, die sie verursacht haben könnten, und einige weitere, die sie verursacht haben sollten oder müssten, was aber aus dem einen oder anderen Grund so nicht eingetreten ist. Unter anderem wird uns mitgeteilt, dass das Einsetzen der Rotation in einer sich in glühender Fusion befindlichen Masse genauso leicht angeregt werden kann wie in einer durch gletscherartige Opazität gekennzeichneten („Himmel und Erde“). Dass die Gravitation ferner ein Gesetz ist, das zwar von nichts überwunden werden kann, aber dennoch gelegentlich von den allergewöhnlichsten himmlischen und irdischen Körpern überwunden wird – von den Schweifen der frechen Kometen, zum Beispiel. Dass wir ferner das Universum der heiligen schöpferischen Dreieinigkeit namens träge Materie, unvernünftige Kraft und blinder Zufall verdanken. Von der wirklichen Wesenheit und Natur auch nur einer dieser drei weiß die Wissenschaft nichts, aber das ist eine unwichtige Nebensache. Ergo, sagt man uns, wenn sich eine Masse kosmischer oder nebularer Materie – deren Natur gänzlich unbekannt ist (genau so ist es) und die sich entweder in einem Fusionszustand (Laplace) befinden mag oder in Finsternis und Kälte (Thomson), denn „der Einfluss der Hitze ist selbst eine reine Hypothese“ (Faye) – wenn sich also diese Masse dazu entschließt, ihre mechanische Energie in Form einer Rotation aufzuweisen, so handelt sie eben auf diese Weise. Sie (die Masse) entflammt sich entweder spontan oder sie bleibt träge, dunkel und kalt. Beide Zustände sind gleichermaßen dazu geeignet, sie ohne irgendeine adäquate Ursache Millionen von Jahren lang durch den Raum wirbeln zu lassen. Ihre Bewegungen können rückläufig oder regulär sein, denn für beide Bewegungsarten werden ungefähr einhundert unterschiedliche Gründe angeführt in ungefähr ebenso vielen Hypothesen. Auf jeden Fall fügt sie sich in den Irrgarten der Sterne ein, deren Ursprung ebenso wunderbar und selbsterzeugt ist – denn „die Nebulartheorie beabsichtigt nicht, den Ursprung der Dinge zu entdecken, sondern lediglich ein Stadium der Geschichte der Materie“ (Winchell: „World-Life“) – diese aus träger Materie zusammengesetzten Millionen von Sonnen, Planeten und Satelliten werden sich in höchst eindrucksvoller und majestätischer Symmetrie rund um das Firmament drehen, [SD # 506] trotz ihrer Trägheit einzig „von ihrer eigenen, inneren Bewegung“ angetrieben und geleitet.

Sollen wir uns danach noch wundern, wenn gelehrte Mystiker, fromme römische Katholiken und selbst so gelehrte Astronomen wie es Chaubard und Godefroy31 waren, die Kabbala und die alten Systeme der modernen, trostlosen und widersprüchlichen Darstellung des Universums vorzogen? Der „Zohar“ unterscheidet jedenfalls zwischen „den Hajaschar (den ‘Lichtkräften’), den Hachoser (‘reflektierten Lichtern’) und der einfachen phänomenalen Äußerlichkeit ihrer spirituellen Typen“ (siehe „Kabbala Denudata“, II, 67).

Die Frage der „Gravitation“ kann jetzt verlassen werden, um weitere Hypothesen zu untersuchen. Dass die Naturwissenschaft nichts über „Kräfte“ weiß, ist klar. Wir können jedoch die Beweisführung schließen, indem wir noch einen weiteren Wissenschaftler zu Hilfe rufen – Professor Jaumes, Mitglied der medizinischen Akademie in Montpellier. Von den Kräften sprechend, sagt dieser gelehrte Mann:

„Eine Ursache ist das, was in der Entstehungsgeschichte der Phänomene, bei jedem Auftreten sowie in jeder Veränderung wesentlich wirksam ist. Ich sagte, dass Tätigkeit (oder Kraft) unsichtbar sei. . . . Sie als physisch und als den Eigenschaften der Materie innewohnend anzunehmen, wäre eine grundlose Hypothese. . . Sämtliche Ursachen auf Gott zurückzuführen, . . . hieße sich selbst mit einer Hypothese in Verlegenheit zu bringen, die vielen Wahrheiten feindlich gegenübersteht. Aber von einer Vielfältigkeit der von der Gottheit ausgehenden Kräfte zu sprechen und ihnen selbst zugehörige, innere Kräfte zuzusprechen, ist nicht unvernünftig. . . . und ich bin geneigt, von Zwischenagenten, sogenannten Kräften oder sekundären Agenten hervorgebrachte Phänomene einzuräumen. Die Unterscheidung der Kräfte ist die Grundlage der Einteilung der Wissenschaften; so viele wirkliche und getrennte Kräfte, so viele Mutterwissenschaften. . . . Nein: Kräfte sind keine Spekulationen und Abstraktionen, sondern Wirklichkeiten, und zwar die einzigen tätigen Wirklichkeiten, und ihre Eigenschaften lassen sich mithilfe unmittelbarer Beobachtung und Schlussfolgerung bestimmen.“ („Étude sur la Distinction des Forces”, veröffentlicht in den „Mémoires, Académie des Sciences et Lettres de Montpellier“, Bd. II, Heft I, 1854)

VI
Die Masken der Wissenschaft
Physik oder Metaphysik?

Wenn auf der Erde so etwas wie Fortschritt existiert, muss die Wissenschaft eines Tages nolens volens so ungeheuerliche Vorstellungen wie ihre physikalischen, sich selbst leitenden – seelen- und geistlosen – Gesetze aufgeben und sodann den Geheimlehren zuwenden. [SD # 507] Das hat sie auch schon getan, wie sehr sich die Titelblätter und revidierten Ausgaben des wissenschaftlichen Katechismus auch verändert haben mögen. Es ist inzwischen mehr als ein halbes Jahrhundert vergangen, seit sich beim Vergleich modernen und alten Denkens herausstellte, dass, wie stark sich unsere Philosophie auch immer von der unserer Vorfahren zu unterscheiden scheint, sie dennoch lediglich aus Hinzufügungen und Weglassungen besteht, die von der alten Philosophie genommen wurden und Tropfen für Tropfen durch den Filter der Vorläufer übertragen wurde.

Diese Tatsache war Faraday und anderen hervorragenden Wissenschaftlern wohl bekannt. Atome, Ether, die Evolution selbst – alles gelangt aus alten Vorstellungen in die moderne Wissenschaft, alles beruht auf den Begriffen der archaischen Nationen. „Vorstellungen“ für den Profanen in allegorischer Gestalt; klare Wahrheiten, den Auserwählten in den Initiationen gelehrt und teilweise von griechischen Schriftstellern preisgegeben, sodass sie bis zu uns herunter gelangten. Das heißt nicht, der Okkultismus hätte jemals dieselben Ansichten über Materie, Atome und Ether gehabt wie sie in der Exoterik der klassischen griechischen Schriftsteller zu finden sind. Wenn wir Tyndall Glauben schenken dürfen, war jedoch selbst Faraday ein Aristoteliker, und er war eher Agnostiker als Materialist. In seinem Werk „Faraday und seine Entdeckungen“ (S. 123) zeigt uns der Verfasser, wie der große Physiker „alte Überlegungen von Aristoteles“ nutzt, die „in einigen seiner Werke kurz und klar zu finden sind“. Faraday, Boškovic und alle anderen jedoch, die in den Atomen und Molekülen „Kraftzentren“ sehen und in der korrespondierenden Kraft des Elements eine Entität an sich, mögen der Wahrheit vielleicht viel näher sein als andere, die diese Sichtweise verunglimpfen und damit auch gleich die „alte pythagoreische Korpuskulartheorie“ anprangern (welche, nebenbei bemerkt, die Nachwelt niemals so erreicht hat wie der große Philosoph sie tatsächlich lehrte) – und das aufgrund ihrer „Selbsttäuschung, dass die in der Vorstellung existierenden materiellen Elemente als getrennte und wirkliche Entitäten begriffen werden können“.

Nach der Überzeugung der Okkultisten ist der größte und verderblichste jemals von der Wissenschaft begangene Irrtum die Vorstellung, dass so etwas wie anorganische oder tote Materie in der Natur existieren könnte. Gibt es irgendetwas Totes oder Anorganisches, das einer Umwandlung oder Veränderung fähig sein könnte? Dies fragt der Okkultismus. Und gibt es irgendetwas unter der Sonne, das unveränderlich oder unwandelbar bleibt?

Dieser Irrtum ist nirgends besser illustriert als in dem wissenschaftlichen Werk eines deutschen Gelehrten, Professor Philipp Spiller („Der Weltäther als kosmische Kraft“). In dieser kosmologischen Abhandlung versucht der Verfasser zu beweisen, dass „kein materieller Bestandteil eines Körpers, kein Atom, für sich ursprünglich mit Kraft begabt ist, sondern dass jedes solche Atom absolut tot ist32 und jeglicher Fähigkeit zur Fernwirkung entbehrt“ (S. 4).

[SD # 508] Diese Feststellung hindert Spiller jedoch nicht daran, einen okkulten Lehr-und Grundsatz zu verkünden. Er behauptet die unabhängige Substanzialität der Kraft und zeigt sie als einen „unkörperlichen Stoff“ oder Substanz. Nun entspricht die Substanz in der Metaphysik nicht der Materie, aber der Diskussion zuliebe soll zugestanden werden, dass der Begriff lediglich falsch angewendet wurde. Das ist aber eine Folge der Armut der europäischen Sprachen und insbesondere der wissenschaftlichen Bezeichnungen. Denn dieser „Stoff“ wird von Spiller mit dem Äther identifiziert und in Verbindung gebracht. In der Ausdrucksweise der okkulten Sprache könnte mit größerer Richtigkeit behauptet werden, diese „Kraft-Substanz“ sei der immer aktive, phänomenale positive Äther – Prakriti; wohingegen der allgegenwärtige, alles durchdringende Ether das Noumenon des Ersteren ist, die Grundlage von allem oder Akasha. Nichtsdestoweniger fällt Stallo über Spiller her, ebenso wie über die Materialisten. Er wird der „vollständigen Missachtung der fundamentalen Wechselbeziehung zwischen Kraft und Materie“ angeklagt (wobei die Wissenschaft weder vom einen noch vom anderen etwas Sicheres weiß). Denn dieser „hypostasierte Halbbegriff“ ist, nach der Ansicht aller anderen Physiker, nicht nur unwägbar, sondern ermangelt auch sämtlichen kohäsiven, chemischen, thermischen, elektrischen und magnetischen Kräften – deren Quelle und Ursache dem Okkultismus zufolge der Äther ist.

Trotz all seiner Irrtümer zeigt daher Spiller mehr Intuition als alle anderen modernen Wissenschaftler, vielleicht mit Ausnahme von Dr. Richardson, dem Theoretiker der „Nervenkraft“ oder des Nervenethers sowie der „Sonnen- und der Erdkraft“.33 Denn der Äther ist in der Esoterik die wahre Quintessenz aller möglichen Energie, und ganz bestimmt sind sämtliche Manifestationen der Energie in der materiellen, psychischen und spirituellen Welt diesem universalen Agenten (welcher aus vielen Agenten besteht) zuzuschreiben.

Was sind Elektrizität und Licht tatsächlich? Woher soll die Wissenschaft wissen, dass die eine ein Fluidum ist und das andere ein „Bewegungsmodus“? Warum wird nicht deutlich gemacht, warum sie voneinander unterschieden werden sollten, obwohl beide als Kraft-Wechselwirkungen betrachtet werden? Die Elektrizität ist ein immaterielles und nicht molekulares Fluidum, wird uns gesagt (obwohl Helmholtz anders darüber denkt), und der Beweis dafür ist, dass wir sie in Flaschen abfüllen, ansammeln und lagern können. Dann muss sie ganz einfach Materie sein und nicht ein besonderes „Fluidum“. Auch ist sie kein bloßer „Bewegungsmodus“, denn Bewegung könnte schwerlich in einer Leidener Flasche aufbewahrt werden. Was das Licht anbelangt, so handelt es sich dabei um einen noch außerordentlicheren „Bewegungsmodus“, denn, „so wundersam es auch anmuten mag, das Licht kann (auch) tatsächlich für den Gebrauch aufbewahrt werden“, wie von Professor Grove vor nahezu einem halben Jahrhundert demonstriert wurde.

„Man nehme einen Stich, der einige Tage lang im Dunkeln gelagert wurde, setze ihn dem vollen Sonnenlicht aus – d. h. man beleuchte ihn 15 Minuten lang, lege ihn [SD # 509] an einem dunklen Ort auf lichtempfindliches Papier, und nach Ablauf von 24 Stunden wird er ein Abbild seiner selbst auf dem lichtempfindlichen Papier zurückgelassen haben, wobei die weißen Stellen schwarz herauskommen. . . . Es scheint dabei keine Grenzen für die Reproduktion von Stichen zu geben etc. etc. . . . .“

Was bleibt auf dem Papier fixiert, wird diesem sozusagen angeheftet? Es ist sicherlich eine Kraft, die das Ding fixiert hat, aber was ist dieses Ding, dessen Rückstand auf dem Papier zurückbleibt?

Unsere gelehrten Herren werden sich sicherlich mit irgendwelchen wissenschaftlich-technischen Fachausdrücken behelfen. Aber was ist das, was aufgefangen wird, sodass eine gewisse Menge davon auf Glas, Papier oder Holz festgehalten wird? Ist es „Bewegung“ oder ist es „Kraft“? Oder wird uns erklärt werden, dass das, was zurückbleibt, lediglich die Wirkung der Kraft oder der Bewegung ist? Was ist dann diese Kraft? Kraft oder Energie ist eine Qualität. Aber eine jede Qualität muss irgendetwas oder irgend jemandem zugehören. In der Physik wird Kraft definiert als „das, was eine beliebige zwischen Körpern bestehende physikalische Beziehung mechanischer, thermischer, chemischer, elektrischer etc. Art verändert oder zu verändern strebt“. Aber diese „Kraft“ oder diese „Bewegung“ ist nicht, was auf dem Papier zurückbleibt, wenn sie zu wirken aufgehört haben; und doch ist etwas für unsere physischen Sinne nicht Wahrnehmbares zurück geblieben, um seinerseits wieder zu einer Ursache zu werden und Wirkungen hervorzubringen. Was ist das? Es handelt sich nicht um Materie, wie sie von der Wissenschaft definiert wird – d. h. Materie in irgendeinem ihrer bekannten Zustände. Ein Alchemist würde sagen, es sei eine spirituelle Absonderung – und würde verlacht werden. Wenn jedoch der Physiker behauptet, gespeicherte Elektrizität sei eine Flüssigkeit oder das auf dem Papier festgehaltene Licht sei immer noch Sonnenlicht – dann ist das Wissenschaft.34 Ein erfahrener Okkultist, welcher die ganze Reihe der Nidanas untersucht hat, die Ursachen und Wirkungen, welche schließlich ihre letzte Wirkung auf diese unsere Ebene der Manifestation projizieren; welcher die Materie bis zu ihrem Noumenon zurückverfolgt hat, wird zu der Überzeugung gelangt sein, dass die Erklärung des Physikers wahrscheinlich Ärger verursachen wird oder die Auswirkungen davon – nämlich den von ihm provozierten Aufschrei – also eine Aussonderung oder ein Fluidum, und der Mensch als Ursache davon – ist dessen materieller Leiter. Aber, wie Grove prophetisch bemerkte, der Tag rückt rasch näher, an dem zugestanden werden wird, dass die uns bekannten „Kräfte“ lediglich die phänomenalen Manifestationen uns vollkommen unbekannter Wirklichkeiten sind – die den Alten wiederum bekannt waren und – von ihnen verehrt wurden.

Er machte eine noch viel bedeutsamere Bemerkung, die der Leitspruch der Wissenschaft hätte werden sollen, wozu es aber nicht kam. Sir W. Grove sagte, „die Wissenschaft sollte weder Verlangen noch Vorurteile kennen. Wahrheit sollte ihr einziges Ziel sein“.

Unterdessen sind in unseren Tagen die Naturwissenschaftler selbstherrlicher und bigotter als selbst der Klerus. Denn sie dienen, wenn sie sie nicht tatsächlich anbeten, [SD # 510] der „Kraft-Materie“, welche ihr unbekannter Gott ist. Und wie unbekannt derselbe ist, kann aus den vielen Eingeständnissen der hervorragendsten Physiker und Biologen geschlossen werden, mit Faraday an ihrer Spitze. Nicht nur, sagte er, konnte er sich nie anmaßen, auszusprechen, ob Kraft eine Eigenschaft oder Funktion der Materie war, sondern er wusste auch nicht, was mit dem Wort Materie gemeint war.

Es gab eine Zeit, fügte er hinzu, in der er glaubte, er verstehe etwas von der Materie. Aber je länger er lebte und je sorgfältiger er sie studierte, desto mehr war er von seiner gänzlichen Unwissenheit über die Natur der Materie überzeugt35 (siehe Bakewells „Electric Science“).

Die Okkultisten werden oft missverstanden, weil sie in Ermangelung besserer Begrifflichkeiten gewisse Aspekte des Wesens der Kraft mit dem Beiwort Substanz versehen. Nun ist die Vielseitigkeit des „Substanz“begriffs auf den verschiedenen Ebenen der Wahrnehmung und des Daseins Legion. Der östliche Okkultismus kennt für jede davon eine besondere Bezeichnung; die Wissenschaft jedoch hält – England gleich, welches in der Erinnerung eines geistreichen Franzosen mit sechsunddreißig Religionen, aber lediglich einer einzigen Fischsoße gesegnet ist – für alle nur einen einzigen Namen bereit, nämlich „Substanz“. Obendrein scheinen sich weder die orthodoxen Physiker noch deren Kritiker ihrer Prämissen besonders sicher zu sein, und sie neigen dazu, Ursachen und Wirkungen durcheinander zu bringen. Es ist zum Beispiel unrichtig mit Stallo zu behaupten, dass „Materie als bloße, räumliche Gegenwart auch nicht besser erfasst oder gedacht werden kann denn als Anhäufung von Kräften“, oder dass „Kraft nichts ist ohne Masse, und Masse nichts ist ohne Kraft“ – denn das eine ist das Noumenon und das andere ist das Phänomen. Nochmals: Schelling konnte seinen Ausspruch niemals auf das Gebiet der transzendentalen Metaphysik angewandt haben, dass „es eine reine Irreführung der Fantasie sei zu glauben, dass irgendetwas zurückbleibt, über das wir nichts wissen, wenn wir einen Gegenstand aller seiner ihm zugehörigen Eigenschaften entledigen“.36 Es ist wahr, dass reine Kraft in der Welt der Physik nichts ist; aber in der Domäne des Geistes ist sie Alles. So sagt Stallo: „Wenn wir eine Masse, auf die eine gegebene, wenn auch noch so kleine Kraft einwirkt, immer weiter in Richtung ihrer Grenze von Null verkleinern – oder mathematisch ausgedrückt, sie unendlich klein werden lassen – dann wird die Geschwindigkeit der resultierenden Bewegung unendlich groß und das ‘Ding’ . . . wird in einem beliebigen gegebenen Augenblick weder hier noch da sein, sondern überall – so dass keine [SD # 511] wirkliche Gegenwart existiert. Es ist daher unmöglich, die Materie als eine Synthese von Kräften zu konstruieren“ (S. 161).

Das mag in der phänomenalen Welt stimmen, insoweit die illusive Reflexion der einen Wirklichkeit der übersinnlichen Welt den verkümmerten Vorstellungen eines Materialisten wahr erscheinen kann. Es ist absolut unzutreffend, wenn das Argument auf Dinge in den überweltlichen Sphären angewendet wird – so bezeichnet von den Kabbalisten. Nach Newton ist die sogenannte Massenträgheit eine „Kraft“ („Princ. Def.“, iii), und für den Schüler der esoterischen Wissenschaften ist sie die größte der okkulten Kräfte. Nur gedanklich, und lediglich auf dieser illusiven Ebene, kann ein Körper getrennt von seinen Beziehungen zu anderen Körpern betrachtet werden – welche gemäß den physikalischen und mechanischen Wissenschaften seine Attribute hervorbringen. Tatsächlich kann er niemals derartig isoliert werden: Selbst der Tod kann ihn niemals von seiner Beziehung zu den universalen Kräften lösen, deren Synthese die eine Kraft oder das Leben ist. Wenn Stallo aber Recht hat, was kann dann Dr. James Croll damit meinen, wenn er bei der Besprechung von „On the Transformation of Gravity“, („Phil. Mag.“, [V] Bd. II, S. 252) die von Faraday, Waterston und anderen verteidigten Ansichten vorbringt? Denn er sagt sehr deutlich, dass die Schwerkraft –

„ . . . eine Kraft ist, welche den Raum außerhalb von Körpern durchdringt, und dass die Kraft bei gegenseitiger Annäherung der Körper nicht größer wird, wie allgemein angenommen, sondern dass die Körper lediglich an eine Stelle gelangen, an welcher die Kraft mit größerer Intensität vorhanden ist. . . . .“

Niemand wird leugnen, dass eine außerhalb der Körper und im offenen Raum – sei dieser nun Ether oder Vakuum – existierende Kraft (einerlei ob Schwerkraft, Elektrizität oder irgendeine andere Kraft) etwas sein muss und kein bloßes Nichts sein kann, wenn man sich diese Kraft von einer Masse getrennt vorstellt. Andererseits könnte sie wohl kaum an einem Ort mit stärkerer und an einem anderen Ort mit schwächerer „Intensität“ bestehen. G.-A. Hirn kommt in seiner „Théorie Mécanique de la Chaleur“ zum selben Schluss. Er versucht zu beweisen, „dass das Atom der Chemiker nicht nur deshalb eine Entität ist, weil darüber eine reine Übereinkunft erzielt wurde oder weil es einfach als Erklärungshilfe dient, sondern dass es tatsächlich existiert, dass sein Volumen unveränderlich ist und dass es folglich nicht elastisch ist (! !). Die Kraft ist daher nicht im Atom; sie befindet sich im die Atome voneinander trennenden Raum.

Die oben angeführten, von zwei in ihren jeweiligen Heimatländern hoch angesehenen Wissenschaftlern zum Ausdruck gebrachten Ansichten zeigen, dass es nicht im Mindesten unwissenschaftlich ist, von der Substanzialität der sogenannten Kräfte zu sprechen. Zukünftig wird diese Kraft spezifisch als Substanz irgendeiner Art bezeichnet werden, es kann nichts anderes sein; und vielleicht wird eines Tages die Wissenschaft als Erste den verspotteten Namen Phlogiston wieder aufnehmen. Wie auch immer der dieser Kraft verliehene Name zukünftig lauten wird, mag die Behauptung, die Kraft wohne nicht in den Atomen, sondern lediglich in dem „zwischen ihnen liegenden Raum“, der Wissenschaft genügen, nichtsdestoweniger ist sie aber nicht wahr. Für den Verstand eines Okkultisten ist das, als würde man behaupten, [SD # 512] das Wasser wohne nicht in den Tropfen, aus denen der Ozean zusammengesetzt ist, sondern nur in dem Raum zwischen diesen Tropfen!

Der Einwand, dass zwei verschiedene Schulen der Physik existieren, von welchen eine „die Kraft als eine unabhängige, substanzielle Entität annimmt, die weder eine Eigenschaft der Materie ist noch mit ihr in einer wesentlichen Beziehung steht“,37 ist schwerlich dazu angetan, dem Profanen zu einem klaren Verständnis zu verhelfen. Im Gegenteil, es muss damit gerechnet werden, dass die Fragestellung noch größere Verwirrung stiften wird als jemals zuvor. Denn Kraft ist also weder das eine noch das andere. Indem die Wissenschaft sie als eine „unabhängige, substanzielle Entität“ betrachtet, reicht die Theorie dem Okkultismus kameradschaftlich die rechte Hand, während die sonderbare, widersprüchliche Vorstellung, sie „stehe mit der Materie in keiner anderen Beziehung als zu ihrer Macht, auf sie einzuwirken“,38 die Wissenschaft der Physik zu den absurdesten, widersprüchlichsten Hypothesen führt. Einerlei ob „Kraft“ oder „Bewegung“ (der Okkultismus sieht zwischen den beiden keinerlei Unterschied und versucht niemals, diese Begriffe voneinander zu trennen), sie kann für die Anhänger der atomistisch-mechanischen Theorie nicht auf die eine Art und für jene der rivalisierenden Schule auf eine andere Art wirken. Noch können die Atome im einen Fall genau gleiche Größe und gleiches Gewicht aufweisen und sich im anderen Fall in ihrem Gewicht voneinander unterscheiden (Avogadrosches Gesetz). Mit den Worten desselben fähigen Kritikers:

. . . „Während somit die absolute Gleichartigkeit der ursprünglichen Massen­einheiten ein wesentlicher Bestandteil der eigentlichen Grundlagen der mechanischen Theorie ist, basiert die gesamte moderne chemische Wissenschaft auf einem Prinzip, das dieser Theorie direkt widerspricht; kürzlich wurde über dieses Prinzip gesagt, es ‘nehme in der Chemie denselben Platz ein wie das Gravitationsgesetz in der Astronomie’.39 Dieses Prinzip ist bekannt als das Avogadrosche oder Ampèresche Gesetz.“40

Das zeigt, dass sich entweder die moderne Chemie oder die moderne Physik in ihrem jeweiligen Grundprinzip vollständig irrt. Wenn die Annahme unterschiedlicher spezifischer Atomgewichte auf der Basis der Atomtheorie in der Physik für sinnlos gehalten wird, und die Chemie gleichwohl auf ihrer entgegengesetzten Grundlage (in Bezug auf die Frage der Bildung und Umbildung chemischer Verbindungen) einen „unfehlbaren experimentellen Beweis“ findet, [SD # 513] dann ist offensichtlich, dass die atomistisch-mechanische Theorie nicht zu halten ist. Die Erklärung der Letzteren, dass „die Gewichtsdifferenzen lediglich aus unterschiedlichen Dichten resultieren, und unterschiedliche Dichten aus unterschiedlichen Abständen zwischen den in einem gegebenen Raum enthaltenen Teilchen“, sind nicht wirklich stichhaltig. Bevor ein Physiker zu seiner Verteidigung behaupten kann, dass „sich im Atom keine Vielzahl von Teilchen und kein leerer Raum befindet und daher Dichte- und Gewichtsunterschiede bei Atomen nicht möglich sind“, muss er zunächst einmal wissen, was ein Atom tatsächlich ist, und gerade das kann er nicht wissen. Er muss es mit mindestens einem seiner körperlichen Sinne beobachten können – und das schafft er nicht. Aus dem einfachen Grund, weil überhaupt niemand jemals ein „Atom“ gesehen, gerochen, gehört, gefühlt oder geschmeckt hat. Das Atom gehört gänzlich dem Bereich der Metaphysik an. Es ist eine vergegenständlichte Abstraktion – zumindest für die Wissenschaft der Physik – und hat, streng genommen, mit der Physik nichts zu tun, da es niemals der Prüfung durch die Retorte oder Waage unterzogen werden kann. Die mechanische Vorstellung wird daher zu einem Wirrwarr widersprüchlichster Theorien und Dilemmata in den Gemütern vieler Wissenschaftler, die darin genauso wenig übereinstimmen wie über andere Gegenstände; ihre Entwicklung wird von den diesen Streit verfolgenden östlichen Okkultisten mit größter Bestürzung betrachtet.

Wir wollen in der Frage der Schwerkraft zu einem Schluss kommen. Wie kann die Wissenschaft sich anmaßen, irgendetwas Sicheres darüber zu wissen? Wie kann sie ihre Stellung und ihre Hypothesen gegen jene der Okkultisten behaupten, die in der Schwerkraft nur Sympathie und Antipathie oder Anziehung und Abstoßung sehen, auf unserer irdischen Ebene verursacht durch physikalische Polarität und außerhalb ihres Einflusses durch geistige Ursachen? Wie können sie nicht mit den Okkultisten übereinstimmen, solange sie nicht selbst untereinander übereinstimmen? Tatsächlich hört man von der Erhaltung der Energie und im selben Atemzug von der vollkommenen Härte und Unelastizität der Atome; von der Identität der kinetischen Gastheorie mit der sogenannten „potenziellen Energie“; und gleichzeitig davon, dass die elementaren Masseneinheiten absolut hart und unelastisch sind! Ein Okkultist öffnet ein wissenschaftliches Werk und liest Folgendes:

„Der physikalische Atomismus leitet alle qualitativen Eigenschaften der Materie aus den Formen der Atombewegung ab. Die Atome selbst bleiben als Elemente gänzlich eigenschaftslos.“ (Wundt, „Die Theorie der Materie“, S. 381)

Und ferner:

„Die Chemie muss in ihrer letzten Form Atom-Mechanik sein.“ (Naumann, „Grundriss der Thermochemie“ S. 150)

Und einen Augenblick später wird ihm gesagt:

„Die Gase bestehen aus Atomen, die sich wie feste, vollkommen elastische Sphären verhalten.“ (Krönig, Clausius, Maxwell etc., „Philosophical Magazine“, 4. Serie, Bd. xix, S. 19)

Schließlich findet sich zur Krönung des Ganzen die Erklärung von Sir W. Thomson:

„Die moderne Theorie von der Erhaltung der [SD # 514] Energie verbietet uns, Nichtelastizität oder etwas Geringeres als die vollkommene Elastizität der letztendlichen Moleküle sowohl der überirdischen als auch der irdischen Materie vorauszusetzen.“ (! ! !) („Philosophical Magazine“, S. 321, a.a.O.)

Aber was sagen die wahren Wissenschaftler zu all dem? Unter „wahren Wissenschaftlern“ verstehen wir jene, die sich viel zu sehr um die Wahrheit bemühen und zu wenig um persönliche Eitelkeiten, etwas zu dogmatisieren, so wie es die meisten tun. Da gibt es einige – vielleicht mehr, als es wagen dürften, ihre geheimen Schlussfolgerungen öffentlich mitzuteilen, aus Furcht vor dem Aufschrei: „Steinigt ihn zu Tode!“ – Männer, deren Intuition sie den Abgrund überbrücken ließ zwischen dem irdischen Aspekt der Materie und der subjektiven, d. h. transzendentalen, objektiven Substanz, welche für uns auf unserer Ebene der Illusion liegt; und deren Intuition sie dahin führte, die Existenz dieser Substanz zu verkünden. Es muss daran erinnert werden, dass Materie für den Okkultisten die Gesamtheit des auf sämtlichen Ebenen möglicher Wahrnehmung vorkommenden Daseins im Kosmos ist. Wir sind uns nur zu wohl bewusst, dass die orthodoxen Theorien des Schalls, der Wärme und des Lichts in Widerspruch zu den okkulten Theorien stehen. Aber für die Wissenschaftler oder ihre Verteidiger reicht es nicht aus zu behaupten, sie würden die dynamische Kraft von Licht und Wärme nicht abstreiten; und als Beweis dafür die Tatsache anführen, dass Crookes Radiometer keine der Anschauungen erschüttert hat. Wenn sie die letzte Natur dieser Kräfte ergründen wollen, müssen sie erst einmal ihre substanzielle Natur zugestehen, wie übersinnlich diese Natur auch sein mag. Auch streiten die Okkultisten nicht die Richtigkeit der Schwingungstheorie ab.41 Sie beschränken ihren Gültigkeitsbereich lediglich auf unsere Erde – und erklären, dass sie für andere Ebenen als unsere eigene unzulänglich sind, da sie als „Meister“ der okkulten Wissenschaften die Ursachen der etherischen Schwingungen wahrnehmen können. Würde es sich bei alledem nur um Erdichtungen der Alchemisten oder Träume der Mystiker handeln, müssten solche Männer wie Paracelsus, Philalethes, van Helmont und so viele andere für schlimmer erachtet werden als Fantasten: Sie würden zu Betrügern und vorsätzlichen Täuschern.

Die Okkultisten werden kritisiert, weil sie die Ursache von Licht, Wärme, Schall, Kohäsion, Magnetismus etc. etc. als Substanz bezeichnen.42 Clerk Maxwell stellte fest, dass starkes Sonnenlicht mit etwa 3¼ lbs pro Quadratmeile auf die Erde drückt. Man sagt ihnen, das resultiere aus „der Energie von Myriaden von Etherwellen“; und wenn sie es eine „Substanz“ nennen, die auf diese Fläche trifft, wird ihre Erklärung als unwissenschaftlich bezeichnet.

Es gibt keine Rechtfertigung für diese Beschuldigung. Auf keinerlei Weise – wie bereits [SD # 515] mehr als einmal festgestellt worden ist – bestreiten die Okkultisten die Darlegungen der Wissenschaft, insofern sie eine Erklärung der unmittelbaren, objektiv wirkenden Kräfte bieten. Die Wissenschaft irrt lediglich in der Annahme, dass sie bereits alles, was jenseits der Schwelle der Sinne liegt, entdeckt hätte, nur weil sie in den schwingenden Wellen die naheliegende Ursache dieser Phänomene erkannt hat. Sie verzeichnet ausschließlich eine Reihenfolge von Phänomenen auf der Wirkungsebene, illusorische Projektionen aus einer Region, in welche der Okkultismus schon lange eingedrungen ist. Und der behauptet, dass diese etherischen Vibrationen nicht durch die Schwingungen von Molekülen bekannter Körper – der Materie unseres irdischen, gegenständlichen Bewusstseins – erregt werden, wie die Wissenschaft uns versichert, sondern dass wir in einer in übersinnlichen Zuständen existierenden MATERIE nach den letzten Ursachen des Lichts, der Wärme etc. etc. suchen müssen – in Zuständen jedoch, welche dem spirituellen Auge des Menschen ebenso vollständig gegenständlich erscheinen wie ein Pferd oder ein Baum einem gewöhnlichen Sterblichen. Licht und Wärme sind das Gespenst oder der Schatten der bewegten Materie. Unter dem Sushumnastrahl43 – dem ersten der sieben mystischen Strahlen der Sonne – können solche Zustände von den Sehern oder Adepten in den Stunden der Trance wahrgenommen werden.

Die hiermit vorgebrachte okkulte Lehre behauptet die Wirklichkeit der übersubstanziellen und übersinnlichen Wesenheit Akashas (nicht des Ethers, der lediglich ein Aspekt des Letzteren ist), dessen Wesen sich nicht aus seinen entlegeneren Erscheinungsformen erschließen lässt – aus seiner lediglich phänomenalen Phalanx von Wirkungen auf dieser irdischen Ebene. Die Wissenschaft belehrt uns im Gegenteil, dass Wärme niemals als Materie in irgendeinem denkbaren Zustand betrachtet werden kann.44 Es wird uns auch gesagt, dass die beiden großen, der Fluidtheorie (?) der Wärme entgegenstehenden Hindernisse zweifellos Folgende sind:

[SD # 516] (1) Die Erzeugung der Wärme durch Reibung – im Sinne einer Erregung von Molekularbewegung.

(2) Die Umwandlung von Wärme in mechanische Bewegung.

Die Antwort darauf lautet: Es gibt Flüssigkeiten unterschiedlicher Arten. Elektrizität wird als Fluidum bezeichnet, und bis vor Kurzem galt das auch für die Wärme, allerdings unter der Voraussetzung, dass die Wärme eine unwägbare Substanz sei. So verhielt es sich in der höchsten und autokratischen Herrschaft der Materie. Als Letztere entthront und die Bewegung zum einzigen uneingeschränkten Herrscher des Universums ausgerufen war, wurde die Wärme zu einem „Bewegungsmodus“. Wir brauchen nicht zu verzweifeln: Morgen schon kann sie wieder zu etwas anderem werden. Wie das Universum selbst, so ist auch die Wissenschaft immer im Werden und kann niemals sagen: „Ich bin, die ich bin.“ Andererseits besitzt die okkulte Wissenschaft unveränderliche Überlieferungen aus prähistorischen Zeiten. Sie kann in Einzelheiten irren; aber in Fragen der universalen Gesetze kann sie sich niemals eines Irrtums schuldig machen, und zwar einfach deshalb, weil diese von der Philosophie mit Recht als die „göttliche“ bezeichnete Wissenschaft auf höheren Ebenen geboren und von Wesen zur Erde herab gebracht wurde, die weiser waren als der Mensch selbst in der siebten Rasse seiner siebten Runde sein wird. Und diese Wissenschaft behauptet, dass die Kräfte nicht das sind, was die moderne Bildung aus ihnen machen möchte, z. B. stellt der Magnetismus keinen „Bewegungsmodus“ dar. Und zumindest in diesem besonderen Fall wird die exakte, „moderne Wissenschaft“ sicherlich eines Tages noch zu Schaden kommen. Nichts mag auf den ersten Blick lächerlicher erscheinen, nichts unglaublich widersinniger, als beispielsweise zu behaupten: „Der hinduistische initiierte Yogi weiß in Wirklichkeit zehnmal mehr als der größte europäische Physiker über die letztendliche Natur und Konstitution des Lichts – sowohl des Sonnen- wie des Mondlichts.“ Warum aber glaubt man von dem Sushumna-Strahl, dass er es sei, der den Mond mit seinem geborgten Licht versorgt? Warum ist er „der Strahl, der von dem initiierten Yogi geschätzt wird?“ Warum wird der Mond von diesen Yogis als die Gottheit des Gemüts betrachtet? Wir sagen, weil das Licht, oder vielmehr seine gesamten okkulten Eigenschaften, jede Kombination und Korrelation seinerseits mit anderen mentalen, psychischen und spirituellen Kräften, den alten Adepten vollständig bekannt waren.

Auch wenn die okkulte Wissenschaft in ihrem Wissen über die ultimative Zusammensetzung der Materie, oder in der sogenannten ultimativen Analyse im Gegensatz zur proximalen Analyse der Chemie, weniger gut über das Verhalten zusammengesetzter Elemente in verschiedenen physikalischen Wechselbeziehungen informiert sein mag: Sie steht in ihrer Kenntnis der letztendlich okkulten Zustände der Materie und der wahren Natur der Materie dennoch unermesslich höher als alle Physiker und Chemiker unserer modernen Zeit zusammengenommen.

Wenn wir nun offen und in voller Aufrichtigkeit die Wahrheit aussprechen, nämlich, dass die alten Initiierten eine viel umfassendere Kenntnis der Physik hatten – als eine Wissenschaft der Natur – als unsere Akademien der Wissenschaft alle zusammen, so wird diese Behauptung als Unverschämtheit und Absurdität hingestellt werden; denn die Naturwissenschaften stehen in dem Ansehen, in unserem Zeitalter auf den Gipfel der Vollkommenheit erhoben worden zu sein. Daher die spöttische Rückfrage: „Sind [SD # 517] die Okkultisten in der Lage, zwei Punkte zu erfüllen, und zwar (a) die Erzeugung von Wärme durch Reibung – Erregung von Molekularbewegung, und (b) die Umwandlung von Wärme in mechanische Kraft, wenn sie an der alten, „verworfenen“ Theorie festhalten, dass die Wärme eine Substanz oder ein Fluidum ist?“

Um diese Frage zu beantworten, muss zunächst einmal beachtet werden, dass die okkulten Wissenschaften weder die Elektrizität noch irgendeine andere Kraft, von der angenommen wird, dass sie von ihr verursacht sei, als Materie in irgendeinem der Naturwissenschaft bekannten Zustand ansehen. Um es klarer auszudrücken: Keine dieser sogenannten „Kräfte“ ist ein fester Körper oder ein Gas oder eine Flüssigkeit. Wenn es nicht pedantisch erschiene, würde ein Okkultist sogar dagegen Einwände erheben, dass die Elektrizität als Fluidum bezeichnet wird – da sie eine Wirkung ist und nicht eine Ursache. Ihr Noumenon jedoch, würde er sagen, ist eine bewusste Ursache. Dasselbe gilt für „Kraft“ und das „Atom“. Sehen wir, was ein hervorragender Akademiker über diese beiden Abstraktionen zu sagen hat, nämlich der Chemiker Butlerov.

Was ist Kraft?“ fragt dieser große Wissenschaftler. „Was ist sie von einem streng wissenschaftlichen Standpunkt aus betrachtet, unter Berücksichtigung des Energieerhaltungssatzes?“ Unsere Auffassungen über die eine oder andere Bewegungsart nehmen die Vorstellungen über die Kraft wieder auf.“ Kraft ist auf diese Weise lediglich der Übergang von einem in den nächsten Bewegungszustand: von Elektrizität in Wärme und Licht, von Wärme in Schall oder eine beliebige mechanische Funktion und so fort.45 Als der Mensch auf der Erde zum ersten Mal ein elektrisches Fluidum hervorbrachte, muss das durch Reibung geschehen sein; somit bringt Wärme es durch eine Störung ihres Laya-Zustands46 hervor, wie es wohl bekannt ist, und Elektrizität existiert per se nicht anders auf der Erde als Wärme oder Licht oder jede beliebige andere Kraft. Sie alle sind Korrelationen, wie die Wissenschaft sagt. „Wenn ein gegebenes Quantum Wärme unter Zuhilfenahme einer Dampfmaschine in mechanische Arbeit umgewandelt wird, sprechen wir von Dampfkraft. Wenn ein fallender Körper auf seinem Wege auf ein Hindernis stößt und dadurch Wärme und Schall erzeugt – so nennen wir das Kollisionskraft. Wenn die Elektrizität Wasser zersetzt oder einen Platindraht erhitzt, so sprechen wir von der Kraft des elektrischen Fluidums. Wenn die Sonnenstrahlen auf die Kugel des Thermometers auftreffen und sich das Quecksilber darin ausdehnt, sprechen wir von der thermischen Energie der Sonne. Kurzum, endet ein Zustand einer bestimmten Bewegungsmenge, dann beginnt ein anderer, dem vorangegangenen gleichwertiger Bewegungszustand, und das Ergebnis einer solchen Umwandlung oder Wechselbeziehung ist – Kraft. Wo eine solche Umwandlung oder der Übergang von einem in einen anderen Bewegungszustand vollständig fehlt, tritt auf keinen Fall eine Kraft auf. Gestehen wir uns für einen Moment einen absolut homogenen Zustand des Universums ein, und unsere Vorstellung von der Kraft löst sich in Nichts auf.

[SD # 518] Daraus wird ersichtlich, dass die vom Materialismus als Ursache der uns umgebenden Vielfalt betrachtete Kraft in der nüchternen Wirklichkeit lediglich eine Wirkung, eine Folge dieser Vielfalt ist. Von einem derartigen Gesichtspunkt aus gesehen, ist die Kraft nicht die Ursache der Bewegung, sondern eine Wirkung, während die Ursachen der Kraft oder der Kräfte nicht die Substanz oder Materie ist, sondern die Bewegung selbst. Die Materie muss somit beiseite gelassen werden und mit ihr das überflüssig gewordene Grundprinzip des Materialismus, da die auf einen Bewegungszustand reduzierte Kraft keine Vorstellung der Substanz vermitteln kann. Wenn Kraft die Folge von Bewegung ist, wird es unverständlich, warum diese Bewegung ein Zeugnis für die Materie ablegen soll und nicht für den Geist oder eine geistige Wesenheit. Es ist wahr, ohne etwas sich Bewegendes kann sich unsere Vernunft keine Bewegung vorstellen (und unsere Vernunft hat Recht); doch die Natur oder esse dieses sich bewegenden Etwas bleibt der Wissenschaft vollständig unbekannt; und die Spiritualisten schreiben die Bewegung in einem solchen Fall mit dem gleichen Recht einem „Geist“ zu, wie sie ein Materialist der schöpferischen und allmächtigen Materie zuschreibt. Ein Materialist hat dabei keine besonderen Privilegien, noch kann er Anspruch darauf erheben. Der Energieerhaltungssatz hat sich, wie man sieht, in diesem Fall mit seinen Ansprüchen und Behauptungen als unzulässig erwiesen. Das „große Dogma“ – keine Kraft ohne Materie und keine Materie ohne Kraft – fällt zu Boden und verliert seine erhabene Bedeutung vollständig, mit welcher es der Materialismus einzusetzen versuchte. Die Vorstellung von der Kraft ergibt noch keine Vorstellung von der Materie und zwingt uns in keiner Weise, in ihr „den Ursprung alle Ursprünge“ zu sehen.“ („Scientific Letters“, Professor Butlerov)

Man versichert uns, dass die wirkliche Wissenschaft nicht materialistisch ist; und unsere eigene Überzeugung sagt uns, dass sie es nicht sein kann, wenn ihre Gelehrsamkeit wahrhaftig ist. Das hat einen guten Grund, der auch von einigen Physikern und Chemikern selbst genau angegeben wird. Die Naturwissenschaften können nicht Hand in Hand mit dem Materialismus gehen. Um ihrer Berufung zu entsprechen, müssen die Wissenschaftler die bloße Möglichkeit der mit der Atomtheorie in Zusammenhang stehenden materialistischen Lehren zurückweisen; und wir sind der Ansicht, dass Lange, Butlerov, du Bois-Reymond – der Letztere möglicherweise unbewusst – und verschiedene andere das nachgewiesen haben. Obendrein wird das durch die Tatsache bewiesen, dass Kanada aus Indien, Leukipp, Demokrit und nach ihnen Epikur – die ersten Atomisten Europas – an Götter oder übersinnliche Wesenheiten glaubten und gleichzeitig die Proportionstheorie verbreiteten. Ihre Vorstellungen von der Materie unterschieden sich also von den gegenwärtig vorherrschenden. Es sei uns erlaubt, unsere Behauptung durch eine kurze Übersicht der alten und modernen Auffassungen der Philosophie von Atomen zu verdeutlichen und damit zu beweisen, dass die Atomtheorie den Materialismus vernichtet.

Vom Standpunkt des Materialismus aus betrachtet, der den Ursprung von allem auf die Materie reduziert, besteht das Universum in seiner Gesamtheit aus Atomen und aus Leere. Auch wenn wir den heute mittels Teleskop und Mikroskop vollständig erwiesenen Lehrsatz der Alten beiseite lassen, dass die Natur das [SD # 519] Vakuum verabscheut – was ist denn ein Atom? „Es ist, antwortet uns die Wissenschaft“, schreibt Professor Butlerov, „die letzte Unterteilung der Substanz, das unteilbare Partikel der Materie. Die Teilbarkeit des Atoms zuzugestehen läuft auf ein Zugeständnis der unendlichen Teilbarkeit der Substanz hinaus, was gleichbedeutend damit wäre, die Substanz auf nihil, ein Nichts zu reduzieren. Schon aus einer Empfindung bloßen Selbsterhalts kann der Materialismus die unendliche Teilbarkeit nicht zugestehen; sonst hätte er seinem Grundprinzip für immer Lebewohl zu sagen und würde damit sein eigenes Todesurteil unterzeichnen.“ Büchner erklärt zum Beispiel wie ein echter, dogmatischer Materialist: „Unendliche Teilbarkeit anzunehmen ist widersinnig und bedeutet, an der Existenz der Materie selbst zu zweifeln.“ Das Atom ist somit unteilbar, sagt der Materialismus? Sehr gut.

„Man sehe nun, zu welch sonderbarem Widerspruch dieses Grundprinzip die Materialisten verleitet“, schreibt Butlerov. „Das Atom ist unteilbar, und gleichzeitig sehen wir, dass es elastisch ist. Ein Versuch, es seiner Elastizität zu berauben, ist undenkbar; das würde eine Absurdität bedeuten. Absolut nicht-elastische Atome könnten niemals auch nur ein einziges der zahlreichen Phänomene aufweisen, welche ihren Wechselwirkungen zugeschrieben werden. Ohne Elastizität könnten die Atome ihre Energie nicht offenbaren, und die Substanz der Materialisten bliebe jeglicher Kraft beraubt. Wenn also das Universum aus Atomen zusammengesetzt ist, müssen diese Atome elastisch sein. Und hier stoßen wir auf ein unüberwindliches Hindernis. Denn welche Bedingungen sind zur Offenbarung der Elastizität erforderlich? Ein auf ein Hindernis auftreffender elastischer Ball wird abgeplattet und komprimiert. Bestünde er nicht aus Teilchen, die zum Zeitpunkt des Aufpralls ihre relativen Positionen vorübergehend variieren können, wäre das nicht möglich. Das kann von der Elastizität allgemein gesagt werden; ohne Lageveränderung der den elastischen Körper zusammensetzenden Teilchen ist Elastizität nicht möglich. Das bedeutet, dass der elastische Körper veränderlich ist und aus Teilchen besteht, oder mit anderen Worten, dass Elastizität nur jenen Körpern eigen sein kann, die teilbar sind. Und das Atom ist elastisch.“

Das genügt, um den Irrsinn aufzuzeigen, Unteilbarkeit und Elastizität gleichzeitig zu postulieren. Das Atom ist elastisch, folglich ist das Atom teilbar und muss aus Teilchen oder Subatomen bestehen. Und diese Subatome? Sie sind entweder nicht-elastisch und haben in diesem Fall keine Bedeutung für die Dynamik, oder sie sind ebenfalls elastisch; und in diesem Fall sind sie ebenfalls der Teilbarkeit unterworfen. Und so weiter, ad infinitum. Die unendliche Teilbarkeit der Atome löst die Materie aber in einfache Kraftzentren auf, d. h. sie schließt die Möglichkeit aus, sich die Materie als objektive Substanz vorzustellen.

Dieser Teufelskreis ist für den Materialismus verhängnisvoll. Er findet sich in seinen eigenen Netzen gefangen, und es gibt keinen Ausweg aus diesem Dilemma. Wenn er fordert, dass das Atom unteilbar ist, wird ihm die Mechanik die verfängliche Frage vorlegen: „Wie bewegt sich das Universum in diesem Fall, und in welcher Wechselwirkung stehen die Kräfte untereinander? Eine aus gänzlich nicht-elastischen Atomen aufgebaute Welt ist wie eine Lokomotive ohne Dampf. Sie ist zu ewiger Bewegungslosigkeit verurteilt.“47

[SD # 520] Nimmt man die Erklärungen und Lehren des Okkultismus an und ersetzt die blinde Massenträgheit der Physik durch die hinter dem Schleier der Materie stehenden intelligenten, aktiven Kräfte, werden Bewegung und Massenträgheit diesen Kräften dienstbar. Die gesamte Wissenschaft des Okkultismus ist auf der Lehre der illusiven Natur der Materie und der unendlichen Teilbarkeit des Atoms errichtet. Sie eröffnet der vom Göttlichen Atem ihrer Seele in jedem möglichen Verdünnungszustand beseelten Substanz grenzenlose Horizonte, von welchen noch nicht einmal die am spirituellsten veranlagten Chemiker und Physiker träumen.

Die oben angeführten Anschauungen wurden von einem Akademiker formuliert, dem größten Chemiker Russlands, einer selbst in Europa anerkannten Autorität – vom verstorbenen Professor Butlerov. Es ist wahr, er verteidigte spiritistische Phänomene, die sogenannten Materialisationen, an die er glaubte, wie das auch die Professoren Zöllner und Hare taten und von denen A. Russel Wallace, W. Crookes und viele weitere Mitglieder der Royal Society bis heute offen oder insgeheim überzeugt sind. Seine Schlussfolgerungen in Bezug auf die Natur der hinter den physischen Phänomenen des Lichts, der Wärme, der Elektrizität etc. wirkenden Wesenheit ist bei alledem nicht weniger wissenschaftlich und autoritativ und passt bewundernswert auf den vorliegenden Fall. Die Wissenschaft hat kein Recht, den Okkultisten ihre Behauptung einer tieferen Erkenntnis der sogenannten Kräfte abzustreiten; welche, wie sie sagen, lediglich Auswirkungen von Ursachen sind, von Kräften erschaffen, die substanziell, doch übersinnlich und jenseits jeglicher Art von Materie sind, mit der sie (die Wissenschaftler) bislang bekannt wurden. Die Wissenschaft kann allerhöchstens den agnostischen Standpunkt anerkennen und beibehalten. Dann kann sie sagen: „Euer Argument verfügt über keine bessere Beweislage als unseres. Aber wir räumen ein, dass wir tatsächlich nichts wissen, weder über Kraft oder Materie noch über das, was der sogenannten Korrelation der Kräfte zugrunde liegt. Daher kann nur die Zeit den Beweis erbringen, wer Recht hat und wer nicht. Warten wir geduldig, und demonstrieren wir unterdessen gegenseitige Höflichkeit, anstatt uns gegenseitig zu verspotten.“

Das erfordert jedoch eine schrankenlose Wahrheitsliebe und Aufgabe dieser – wenn auch falschen – Aura der Unfehlbarkeit, welche die Wissenschaftler bei den zwar gebildeten, jedoch unwissenden und leichtfertigen Scharen von Laien erlangt haben. Die Vereinigung der beiden Wissenschaften, der archaischen und der modernen, setzt vor allem die Abkehr von den materialistischen Pfaden voraus. Sie erfordert eine Art religiöser Mystik und sogar das Studium der alten Magie, was unsere Akademiker niemals beginnen werden. Es ist leicht zu erklären, warum das notwendig ist. In den alten, alchemistischen Werken wird die wirkliche Bedeutung der darin erwähnten Substanzen und Elemente hinter den lächerlichsten Gleichnissen verborgen, genauso wie die physischen, psychischen und spirituellen Naturen der Elemente (beispielsweise des Feuers) in den Veden und namentlich in den Puranas unter Allegorien verborgen sind, welche nur den Eingeweihten verständlich sind. Ohne eine ihnen innewohnende Bedeutung wären tatsächlich all diese langen Legenden und Allegorien über die Heiligkeit der drei Feuerarten und der neunundvierzig ursprünglichen Feuer[SD # 521] personifiziert durch die Söhne von Dakshas Töchtern und ihre Gatten, die Rishis, „die mit dem ersten Sohn Brahmâs und seinen drei Nachkommen die neunundvierzig Feuer begründen“ – in der Tat nichts als dummes Geschwätz. Aber dem ist nicht so. Jedes Feuer hat in den physischen und spirituellen Welten eine bestimmte Funktion und Bedeutung. In seiner essenziellen Natur verfügt es ferner über eine korrespondierende Beziehung zu jeweils einer der menschlichen psychischen Fähigkeiten, neben seiner genau festgelegten chemischen und physikalischen Potenz in der Berührung mit irdischer, differenzierter Materie. Eine Spekulation über das Feuer per se vermag die Wissenschaft nicht zu bieten; wohl aber der Okkultismus und die alte religiöse Wissenschaft. Das zeigt sich sogar in der mageren und absichtlich verhüllten Ausdrucksweise der Puranas, in denen (wie im Vayu-Purana) viele der Eigenschaften der personifizierten Feuer erklärt werden; so ist Pavaka das elektrische oder Vaidyuta-Feuer; Pavamana das durch Reibung erzeugte Feuer (oder Nirmathya); und Suchi ist das Sonnenfeuer (oder Saura)48 – und diese drei sind Söhne Abhimanins, Agnis (des Feuers), des ältesten Sohnes von Brahmâ und Svaha. Pavaka wird ferner zum Vater Kavyavahanas gemacht, des Feuers der Pitris: Suchi zu Havyavahanas – des Feuers der Götter; und Pavamana zu Saharakshas, des Feuers der Asuras. Nun, all das zeigt, dass die Verfasser der Puranas mit den „Kräften“ der Wissenschaft und ihren Wechselbeziehungen vollkommen vertraut waren; darüberhinaus waren sie auch mit den verschiedenen Eigenschaften der Letzteren in ihren Auswirkungen auf die von der Naturwissenschaft abgestrittenen und ihr gegenwärtig unbekannten psychischen und physischen Phänomene vertraut. So ist es nur allzu natürlich, wenn ein Orientalist liest – insbesondere wenn er materialistische Neigungen hat –, dass all das lediglich in den Anrufungen und Zeremonien verwendete Bezeichnungen des Feuers sind, dann nennt er das „tantrischen Aberglauben und Mystifikation“; und fortan gibt er sich mehr Mühe, Fehler in der Orthografie zu vermeiden, als der diesen Personifikationen zugehörigen geheimen Bedeutung Beachtung zu schenken oder in den physikalischen Wechselbeziehungen der Kräfte nach ihrer Erklärung zu suchen, soweit sie bekannt sind. Tatsächlich wird den alten Ariern so wenig Kenntnis zugetraut, dass selbst so auffällige Stellen wie die in Buch I, Kap. II des Vishnu-Puranas keine Beachtung finden. Gleichwohl, was kann dieser Satz bedeuten? „Damals existierten Ether, Luft, Licht, Wasser und Erde, jedes für sich mit den Eigenschaften von Ton und anderen Qualitäten vereinigt, nach ihren Qualitäten unterscheidbar, . . . . da sie aber über viele und unterschiedliche Energien verfügten und nicht verbunden waren, konnten sie ohne die Verbindung keine lebendigen Wesen erschaffen, da sie sich nicht miteinander vermischt hatten. . . . Nach der Vermischung . . . nahmen sie durch ihre gegenseitige Verbindung den Charakter einer einzigen Masse vollständiger Einheit an; und vom Geiste geführt . . .“ etc. Das bedeutet natürlich, dass die Verfasser mit Korrelationen vollkommen vertraut waren und wohl unterrichtet über den Ursprung des Kosmos aus dem „ungeteilten Prinzip“ – Avyaktanugrahena, gemeinschaftlich angewendet [SD # 522] auf Parabrahman und Mulaprakriti, und nicht auf „Avyakta, entweder Erste Ursache oder erste Materie“, wie Wilson es wiedergibt. Die alten Initiierten kannten keine „wundersame Schöpfung“, sondern sie lehrten die Evolution der Atome (auf unserer physischen Ebene) sowie ihre erste Differenzierung aus Laya zum Protyl, wie Crookes die Materie oder ursprüngliche Substanz jenseits der Nulllinie bedeutsam nannte, auf welche wir Mulaprakriti, das „Wurzelprinzip“ des Weltenstoffes und von allem in der Welt, einordnen.

Das kann leicht gezeigt werden. Nehmen wir zum Beispiel den neu veröffentlichten Katechismus der Visishtadvaita-Vedantisten, ein orthodoxes und exoterisches System, aber bereits im 11. Jahrhundert vollständig artikuliert und gelehrt (sein Begründer, Ramanujacharya, wurde 1.017 n. Chr. geboren) – zu einer Zeit, da die europäische „Wissenschaft“ noch an die quadratische und flache Erde des Kosmas Indikopleustes aus dem 6. Jahrhundert glaubte. Der Katechismus lehrt, dass sich Prakriti (die Natur) vor dem Beginn der Evolution in einem Zustand von Laya oder absoluter Homogenität befand, da „Materie in zwei Zuständen existiert, in dem latenten und undifferenzierten Zustand von Sukshma oder im differenzierten Zustand von Sthula“. Dann wurde sie Anu, atomisch. Er spricht von Shudda-Sattva – „einer Substanz, die nicht den Eigenschaften der Materie unterworfen ist, von der sie sich stark unterscheidet“; und fügt hinzu, dass die Körper der Götter, der Bewohner des Vaikuntha-Loka (Vishnus Himmel), aus dieser Substanz geformt sind. Jedes Teilchen oder Atom Prakritis enthält danach Jiva (göttliches Leben) und ist der Sarira (der Körper) des Jivas, den es enthält, während jeder Jiva seinerseits wiederum der Sarira des höchsten Geistes ist, da „Parabrahman jeden Jiva durchdringt, genauso wie jedes Materieteilchen“. Dualistisch und anthropomorphisch, wie die Philosophie des Visishtadvaita im Vergleich mit der Philosophie der Advaita – der Nichtdualisten – erscheinen mag, steht sie doch in Bezug auf Logik und Philosophie wesentlich höher als die einerseits vom Christentum und andererseits von seinem großen Gegner, der modernen Wissenschaft, angenommene Kosmogonie. Die Advaita-Vedantisten, Anhänger eines der größten jemals auf der Erde erschienenen Köpfe, werden Atheisten genannt, weil sie alles als eine Illusion betrachten – mit Ausnahme Parabrahmans, dem Zweitlosen oder der absoluten Wirklichkeit. Doch gingen die weisesten Initiierten aus ihren Reihen hervor, und ebenso die größten Yogis. Die Upanishaden zeigen, dass sie ganz bestimmt nicht nur mit der die Auswirkungen der Reibung verursachenden Substanz vertraut waren und ihre Vorväter nicht nur mit der Umwandlung von Wärme in mechanische Kraft, sondern dass sie die Noumena sowohl aller spirituellen als auch aller kosmischen Phänomene kannten.

Wahrhaftig, der an den Universitäten und Hochschulen Indiens mit den höchsten Auszeichnungen seine Abschlussprüfung bestehende junge Brahmane; der als Magister Artium und Legum Bakkalaureus ins Leben hinaustritt, mit einer ganzen Reihe aller möglichen Abkürzungen von Alpha bis Omega hinter seinem Namen und einer Verachtung für seine nationalen Götter ausgestattet, die sich zu den bei seiner naturwissenschaftlichen Ausbildung erlangten Auszeichnungen proportional verhält; wahrhaftig, er bräuchte lediglich gewisse Stellen in seinen Puranas im Licht dieser Naturwissenschaft zu lesen und dabei die Korrelation der [SD # 523] physikalischen Kräfte zu berücksichtigen, wollte er erfahren, um wie viel mehr seine Vorfahren wussten als er jemals wissen wird – es sei denn, er würde Okkultist werden. Er möge sich der Allegorie Pururavas und des himmlischen Gandharva49 zuwenden, welcher Ersteren mit einem mit dem himmlischen Feuer gefüllten Gefäß versah. Die ursprüngliche Art, mithilfe von Reibung Feuer zu entfachen, wird in den Veden wissenschaftlich erklärt. Die Erklärung ist über alle Maßen bedeutungsvoll für denjenigen, der zwischen den Zeilen liest. Die Tretagni (heiligen drei Feuer), durch Reibung entfacht mithilfe von Stäben aus dem Holz des Ashvattha-Baums (des Bodhi-Baums der Weisheit und Erkenntnis) – Stäbe, deren „Länge sich aus einer Anzahl von Fingerbreiten bestimmt, welche der Anzahl der im Gayatri enthaltenen Silben entspricht“, müssen eine geheime Bedeutung besitzen, sonst wären die Verfasser der Veden und der Puranas keine heiligen Schriftsteller gewesen, sondern Täuscher. Die hinduistischen Okkultisten liefern einen Beweis für solch eine Bedeutung. Sie allein sind imstande, der Wissenschaft zu vergegenwärtigen, warum und wieso „das Feuer, das ursprünglich Eins war, in unserem gegenwärtigen Manvantara dreifach (treta) gemacht wurde vom Sohn der Ila (Vach), der nach der Sintflut erscheinenden uranfänglichen Frau, der Frau und Tochter Manu Vaivasvatas. Die Allegorie ist bedeutsam, in welchem Purana man sie auch lesen und studieren mag.

VII
Angriff eines Wissenschaftlers auf
die wissenschaftliche Theorie der Kraft

Wir wollen jetzt die weisen Worte verschiedener (englischer) Wissenschaftler zu unseren Gunsten zitieren. „Um des Prinzips willen“ von wenigen geächtet, werden sie von vielen stillschweigend gebilligt. Alle Okkultisten und auch einige profane Leser werden bestätigen, dass einer dieser Wissenschaftler nahezu okkulte und manchmal sogar identische Lehren predigt, was in vielen Fällen einer öffentlichen Anerkennung unseres „Fohats und seiner sieben Söhne“ gleichkommt – [SD # 524] dem okkulten Gandharva der Veden.

Wenn die profanen Leser Band V der „Popular Science Review“ (S. 329-334) aufschlagen, werden sie einen von Dr. B. W. Richardson, F.R.S., verfassten Artikel über „Sun Force and Earth Force“ mit folgendem Wortlaut finden:

„Die Theorie, dass der Ursprung aller Verschiedenheiten der Kraft die bloße Bewegung sei, wird momentan wieder zur vorherrschenden Ansicht, und es käme fast einer Ketzerei gleich, zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Debatte wieder zu eröffnen, die nach allgemeiner Übereinkunft einige Zeit lang praktisch als abgeschlossen galt; aber ich nehme das Risiko auf mich und werde deshalb die konkreten Ansichten des unsterblichen Ketzers, dessen Namen ich den Lesern bereits zugeflüstert habe (Samuel Metcalfe), in Bezug auf die Sonnenkraft darlegen. Er geht von dem Satz aus, über welchen unter fast allen Physikern Einigkeit herrscht, nämlich dass in der Natur zwei ausführende Organe existieren – die wägbare, sichtbare und fühlbare Materie und etwas, das unwägbar, unsichtbar und lediglich durch seinen Einfluss auf die Materie wahrnehmbar ist; darauf aufbauend behauptet Metcalfe, dass dieses unwägbare und aktive Agens, das er „Wärmestoff“ nennt, nicht eine bloße Form der Bewegung ist, keine inmitten der Teilchen der wägbaren Materie existierende Schwingung, sondern selbst eine materielle Substanz, die von der Sonne durch den Raum ausfließt50 und die Leere zwischen den Teilchen der festen Körper ausfüllt und die Empfindung jener Eigenschaft vermittelt, die Wärme genannt wird. Auf folgenden Grundlagen plädiert er für die Natur des Wärmestoffs oder der Sonnenkraft:

(i) Er kann anderen Körpern hinzugefügt und von ihnen weggenommen und mit mathematischer Genauigkeit gemessen werden.

(ii) Er vergrößert das Volumen der Körper, bei seiner Wegnahme werden sie wieder kleiner.

(iii) Er verändert die Formen, Eigenschaften und Zustände aller anderen Körper.

(iv) Als Strahlung durchdringt er das vollkommenste erzeugbare Vakuum51 und übt inner­halb dieses Vakuums dieselbe Wirkung auf das Thermometer aus wie in der Atmosphäre.

(v) Er übt mechanische und chemische Kräfte aus, denen nichts widerstehen kann, wie z. B. in Vulkanen, bei der Explosion von Schießpulver und anderen explosiven Verbindungen.

(vi) Er wirkt fühlbar auf das Nervensystem ein, indem er heftigen Schmerz und, im Fall des Übermaßes, die Zerstörung der Gewebe bewirkt.

Wäre der Wärmestoff eine bloße Eigenschaft oder Qualität, könnte er das Volumen anderer Körper nicht vergrößern, argumentiert Metcalfe gegen die Schwingungstheorie. Um das zu erreichen, muss er selbst ein Volumen haben, er muss einen Raum einnehmen, und daher muss er ein materielles Agens sein. Wäre der Wärmestoff lediglich die Wirkung einer Schwingungsbewegung zwischen den Teilchen der wägbaren Materie, könnte er nicht ohne gleichzeitigen Übergang der schwingenden Teilchen aus heißen Körpern ausstrahlen; die Tatsache sticht jedoch heraus, nämlich dass die Wärme aus der materiellen, wägbaren Substanz ausstrahlen kann, ohne [SD # 525] dass diese Substanz Gewicht verliert. . . . Auf der Grundlage dieser Auffassung über die materielle Natur des Wärmestoffs oder der Sonnenkraft und auch des in seinem Denken fest verhafteten Eindrucks, dass ‘in der Natur alles aus zwei Arten von Materie besteht, von denen die eine im Wesentlichen aktiv und etherisch ist und die andere passiv und bewegungslos’,52 stellte Metcalfe die Hypothese auf, dass die Sonnenkraft oder der Wärmestoff ein selbst tätiges Prinzip ist. Er behauptet, der Wärmestoff stoße seine eigenen Teilchen ab; und ziehe die Teilchen jeder wägbaren Materie an; die Anziehungskraft zu den Teilchen der wägbaren Materie sei umgekehrt proportional zum Quadrat des Abstands. Er wirke somit mittels der wägbaren Materie. Im ausschließlich mit Wärmestoff oder Sonnenkraft angefüllten Weltraum wäre (ohne wägbare Materie) auch der Wärmestoff inaktiv und bildete einen grenzenlosen Ozean machtlosen oder ruhenden Ethers, da dann nichts vorhanden wäre, auf das er einwirken könne. Dagegen habe die wägbare Materie, wie inaktiv sie auch immer aus sich selbst heraus sein möge, ‘gewisse Eigenschaften, mittels derer sie die Wirkungen des Wärmestoffs verändert und beeinflusst. Und beide werden von unveränderlichen Gesetzen beherrscht, die ihren Ursprung in den gegenseitigen Beziehungen und den spezifischen Eigenschaften der beiden haben.’

Und er stellt ein Gesetz auf, das er für absolut hält, und das folgendermaßen formuliert ist:

‘Durch die Anziehung des Wärmestoffs auf die wägbare Materie vereint dieser alle Dinge und hält sie zusammen. Durch seine sich selbst abstoßende Energie trennt er alle Dinge und dehnt sie aus.’ “

Das ist natürlich eine nahezu okkulte Erklärung der Kohäsion. Dr. Richard­son fährt fort:

„Wie ich bereits gesagt habe, beruht die moderne Lehre tendenziell auf der Hypothese, . . . dass Wärme Bewegung sei, oder vielleicht besser ausgedrückt, eine spezifische Kraft oder Form der Bewegung.53

Aber so populär diese Hypothese auch sein mag, ist sie nicht dazu geeignet, einfachere Anschauungen über die materielle Natur der Sonnenkraft und ihren Einfluss bei der Veränderung von Materiezuständen auszuschließen. Wir wissen noch nicht genug, um dogmatisch zu sein.54

. . . Die Hypothese Metcalfes über die Sonnen- und die Erdkraft ist jedoch nicht nur sehr einfach, sondern auch äußerst faszinierend. . . . Da gibt es zwei Elemente im Universum, von denen eines die wägbare Materie ist . . . Das zweite Element ist der alles durchdringende Ether, das Sonnenfeuer. Er hat kein Gewicht, keine Substanz, Form oder Farbe; er ist unendlich teilbare Materie, und seine Teilchen stoßen sich gegenseitig ab; seine Verdünnung [SD # 526] ist so groß, dass wir neben dem Wort Ether55 kein weiteres besitzen, ihn zu beschreiben. Er durchdringt und erfüllt den Raum, aber für sich allein ist er ebenfalls ruhend – tot.56 Wir bringen die beiden Elemente zusammen, die träge Materie und den sich selbst abstoßenden Ether (?), und dadurch wird die tote (?), wägbare Materie belebt.“ [Wägbare Materie mag träge sein, aber niemals tot – das ist okkultes Gesetz – H.P.B.] . . . „Der Ether durchdringt die Teilchen der wägbaren Substanz [das zweite Prinzip des Ethers – H.P.B.], und dabei verbindet er sich mit den wägbaren Teilchen und hält sie massenhaft zusammen, er ist ihr Bindeglied; sie sind im Ether aufgelöst.

Diese Verteilung der festen, wägbaren Materie durch den Ether erstreckt sich nach der uns vorliegenden Theorie über alles, was in diesem Augenblick existiert. Der Ether durchdringt alles. Der menschliche Körper selbst ist mit dem Ether [sprich Astrallicht – H.P.B.] aufgeladen; seine kleinsten Teilchen werden von ihm zusammengehalten; die Pflanze steht unter denselben Bedingungen; gleichsam die massivste Erde, Fels, Diamant, Kristall und Metall. In ihrer Fähigkeit, die Sonnenkraft aufzunehmen, unterscheiden sich die verschiedenen Arten wägbarer Materie jedoch voneinander, und daraus ergeben sich die verschiedenartigen wechselnden Zustände der Materie, der feste, der flüssige und der gasförmige; feste Körper haben im Vergleich zu den flüssigen mehr Wärmestoff angezogen, daraus entsteht ihre feste Kohäsion; wird geschmolzenes Zink auf eine Platte festen Zinks gegossen, verfestigt sich das geschmolzene Zink, weil Wärmestoff vom Flüssigen in das Feste drückt, und bei diesem Ausgleich werden die zunächst lockeren und flüssigen Teilchen enger aneinander gerückt. . . . Bei den oben genannten Erscheinungen verweilend und sie durch die bereits zuvor erläuterte Einheitlichkeit des aktiven Prinzips erklärend, fasst Metcalfe seine Schlussfolgerungen in einem Kommentar zur Dichte der verschiedenen Körper in sehr klaren Worten zusammen. ‘Härte und Weichheit (sagt er), Festigkeit und Flüssigkeit stellen nicht grundlegende Zustände der Körper dar, sondern hängen vom jeweiligen Verhältnis der die Körper zusammensetzenden etherischen und wägbaren Materie ab. Das elastischste Gas kann durch Entnahme von Wärmestoff in seine flüssige Form reduziert und wiederum in einen festen Körper umgewandelt werden, dessen Teilchen sich mit einer Kraft anziehen, die proportional ist zur Größe ihrer Anziehung auf den Wärmestoff. Andererseits wird durch die Zuführung einer ausreichenden Menge desselben Prinzips zu den dichtesten Metallen deren Anziehung auf den Wärmestoff vermindert, wenn sie in den gasförmigen Zustand ausgedehnt werden und ihre Kohäsion zerstört wird.’ “

Nachdem er so die heterodoxen Anschauungen des großen „Ketzers“ – welche lediglich hier oder da eine kleine Veränderung der Begriffe benötigen – ausführlich zitiert hat, fasst derselbe angesehene Wissenschaftler – unabstreitbar ein ursprünglicher und freisinniger Denker – diese Anschauungen weiter zusammen und fährt fort wie folgt.

[SD # 527] „Ich will nicht zu ausführlich bei der von dieser Theorie implizierten Einheit von Sonnenkraft und Erde verweilen. Aber wir können aus ihr oder auch aus der Hypothese der bloßen Bewegung als Kraft und der Wirksamkeit ohne Substanz als nächstmögliche Annäherung an die Wahrheit über diesen höchst komplexen und tiefsinnigsten aller Gegenstände folgende Schlussfolgerung ziehen, soviel sei noch hinzugefügt:

(a) Der interstellare, interplanetarische, intermaterielle und der interorganische Raum ist kein Vakuum, sondern mit einem feinen Fluidum oder Gas ausgefüllt, das wir in Ermangelung eines besseren Begriffs57 noch immer so nennen können wie die Alten, Aith-ur – Sonnenfeuer, Äther. Dieses seiner Zusammensetzung nach unveränderliche, unzerstörbare und unsichtbare58 Fluidum durchdringt alles und jede [wägbare – H.P.B.] Materie.59 Der Kiesel im fließenden Bach, der sich darüber ausbreitende Baum, der das betrachtende Mensch – sie alle sind in unterschiedlichem Maß mit Ether aufgeladen; der Kiesel weniger als der Baum, der Baum weniger als der Mensch. Alles auf dem Planeten ist auf dieselbe Art aufgeladen! Eine Welt ist aus etherischem Fluidum aufgebaut und bewegt sich durch ein Meer davon.

(b) Der Ether, was immer seine Natur ist, stammt aus der Sonne und von den Sonnen;60 die Sonnen sind seine Erzeuger, seine Speicher, seine Verteiler.61

(c) Ohne den Ether könnte es keine Bewegung geben; ohne ihn könnten Teilchen wägbarer Materie nicht übereinander gleiten; ohne ihn könnte es keinen Impuls geben, der die Teilchen zur Tätigkeit anregt.

(d) Der Ether bestimmt den Aufbau der Körper. Ohne Ether wäre der Zustand der Substanz unveränderlich; das Wasser z. B. könnte nur als eine Substanz mit einer all unsere Vorstellungen übersteigenden Dichte und Unlöslichkeit existieren. Es könnte niemals auch nur Eis sein, niemals flüssig oder dampfförmig, ausgenommen mithilfe des Ethers.

(e) Der Ether verbindet Sonne mit Planet, Planet mit Planet, Mensch mit Planet, Mensch mit Mensch. Ohne Ether könnte es keine Kommunikation im Universum geben, kein Licht, keine Wärme, kein Bewegungsphänomen.“

So finden wir, dass der Ether und die elastischen Atome in der vermeintlich mechanischen Vorstellung des Universums der Geist und die Seele des Kosmos sind, und dass die Theorie – auf welche Art und in welcher Verhüllung auch immer sie aufgestellt wurde – den [SD # 528] Wissenschaftlern immer ein noch weiterhin offenes Thema zurücklässt, um jenseits der vom modernen Materialismus gezogenen Grenze spekulieren zu können – oder nennen wir es lieber Agnostizismus, um genauer zu sein,62 wie die Mehrheit diesen Begriff verwendet. Atome, Ether oder beides, die moderne Spekulation kann nicht aus dem Kreis des alten Denkens heraustreten; und Letzteres war durchaus mit dem archaischen Okkultismus getränkt. Wellen- oder Korpuskulartheorie – es ist alles einerlei. Es sind Spekulationen aufgrund von Aspekten der Phänomene, nicht aufgrund der Erkenntnis der essenziellen Natur der Ursache und der Ursachen. Wenn die moderne Wissenschaft ihren Zuhörern die neuen Errungenschaften von Bunsen und Kirchhoff erklärt hat, wenn sie die sieben Farben gezeigt hat, den „Ur“strahl, der auf einem Schirm in einer bestimmten Reihenfolge zerlegt wird, und sie die verschiedenen Wellenlängen des Lichts angegeben hat, was hat sie dann damit bewiesen? Sie hat ihren Ruf der Exaktheit in mathematischer Vollendung gerechtfertigt, indem sie selbst die Länge von Lichtwellen vermessen hat, welche „zwischen ungefähr siebenhundertsechzig Millionstel Millimeter am roten Ende des Spektrums bis ungefähr dreihundertdreiundneunzig Millionstel Millimeter am violetten Ende variieren“. Aber wenn die Genauigkeit der Berechnung in Bezug auf die Wirkung auf eine Lichtwelle dadurch bestätigt wird, muss die Wissenschaft gezwungenermaßen zugeben, dass die Kraft (welche die vermutete Ursache darstellt), wie man glaubt, „unfassbar kleine Schwingungen“ in irgendeinem Medium hervorbringt – das „allgemein als identisch mit dem etherischen Medium betrachtet63 wird – und dass dieses Medium selbst gerade mal – ein hypothetisches Agens ist!“

Auguste Comtes Pessimismus bezüglich der Unmöglichkeit, eines Tages die chemische Zusammensetzung der Sonne zu kennen, wurde dreißig Jahre später von Kirchoff nicht widerlegt, wie behauptet. Das Spektroskop hat uns zu der Erkenntnis verholfen, dass die dem modernen Chemiker vertrauten Elemente aller Wahrscheinlichkeit nach in den äußeren Gewändern der Sonne vorkommen müssen – nicht aber in der Sonne selbst; die Physiker jedoch verwechselten diese „Gewänder“, den kosmischen Schleier der Sonne, mit der Sonne selbst und erklärten, dass ihr Leuchten einer Verbrennung und Flamme zuzuschreiben sei. Und indem sie das Lebensprinzip dieses Gestirns für eine rein materielle Sache hielten, nannten sie es „Chromosphäre“.64 Wir haben bisher nur Hypothesen und Theorien, jedoch kein Gesetz – in keiner Weise.

[SD # 529]
VIII
Leben, Kraft oder Gravitation

Die Zeit der unwägbaren Fluide ist vorüber; über „mechanische Kräfte“ wird weniger gesprochen; die Wissenschaft hat für dieses letzte Viertel eines Jahrhunderts ein neues Gesicht angenommen; die Gravitation aber ist geblieben und verdankt ihr Leben neuen Verknüpfungen, nachdem die alten sie nahezu umbrachten. Sie mag wissenschaftlichen Hypothesen sehr wohl genügen, aber die Frage ist, ob sie ebenso gut der Wahrheit entspricht und eine Naturtatsache darstellt. Anziehung allein reicht nicht einmal dazu aus, die planetarischen Bewegungen zu erklären; wie kann sie sich dann herausnehmen, die Rotationsbewegung in den Unendlichkeiten des Raums zu erklären? Anziehung allein wird niemals alle Lücken füllen, wenn nicht für jeden Himmelskörper ein spezieller Impuls angenommen und die Rotation eines jeden Planeten und seiner Satelliten nicht einer zusätzlich zur Anziehung wirkenden Ursache zugeschrieben wird. Und selbst dann, sagt ein Astronom („Philosophie naturelle“, Art. 142), müsste die Wissenschaft diese Ursache nennen.

Der Okkultismus hat sie seit Ewigkeiten benannt, und dasselbe taten alle alten Philosophen; doch nun wird jeder derartige Glaube als veralteter Aberglaube bezeichnet. Der „außerkosmische“ Gott hat jede Möglichkeit abgetötet, an innerkosmische, intelligente Kräfte zu glauben. Doch wer oder was ist der ursprüngliche Anschieber dieser Bewegung? „Wenn wir die einzige und spezielle, anschiebende Ursache kennengelernt haben, werden wir in der Lage sein, sie mit der anziehenden Ursache zu verbinden“, sagt Francœur („Astronomie“, S. 342). Und wiederum: „Anziehung zwischen den Himmelskörpern ist bloße Abstoßung: die Sonne ist es, die sie unaufhörlich vorantreibt; denn andernfalls würde ihre Bewegung aufhören.“

Wenn diese Theorie von der Sonnenkraft als erste Ursache allen Lebens auf der Erde und aller Bewegungen am Himmel und die weit kühnere Theorie von Herschel über gewisse in der Sonne existierende Organismen auch nur als vorläufige Hypothese angenommen werden, bedeutet das eine Rechtfertigung unserer Lehren, und es wird sich zeigen, dass die esoterische Allegorie der modernen Wissenschaft wahrscheinlich Millionen von Jahren voraus war, denn diese Dinge wurden bereits von den archaischen Lehren übermittelt. Marttanda (die Sonne) bewacht und bedroht seine sieben Brüder, die Planeten – ohne die zentrale Stellung aufzugeben, in die ihn seine Mutter Aditi verbannte. „Er verfolgt sie, indem er sich langsam um sich selbst dreht, . . . er folgt ihnen aus der Ferne und bewegt sich in derselben Richtung wie sie, auf dem ihre Häuser umlaufenden Pfad“ – oder der Umlaufbahn (siehe Kommentar zu Stanze IV, Bd. I). Die Sonnenfluida oder -emanationen sind es, die alle Bewegung vermitteln und alles im Sonnensystem zum Leben erwecken. Es ist Anziehung und Abstoßung, aber nicht wie sie von der modernen Physik und dem Gesetz der Gravitation entsprechend verstanden werden, sondern in Harmonie mit den Gesetzen der manvantarischen Bewegung, [SD # 530] wie sie seit der ersten Sandhya bestimmt waren, der Morgendämmerung des Wiederaufbaus und höheren Erneuerung des Systems. Diese Gesetze sind unveränderlich; die Bewegung aller Körper jedoch, verschiedenartig und sich mit jedem kleineren Kalpa ändernd, wird von den Bewegern reguliert, den Intelligenzen innerhalb der kosmischen Seele. Haben wir gar so sehr Unrecht, all das zu glauben? Wohlan, hier ist ein moderner und großer Mann der Wissenschaft, der bei der Besprechung der Lebenselektrizität eine Sprache benutzt, die viel mehr mit dem Okkultismus verwandt ist als mit dem modernen materialistischen Denken. Wir verweisen den skeptischen Leser auf einen Artikel über „Die Quelle der Wärme in der Sonne“, von Robert Hunt, F.R.S. (in „Popular Science Review“, Bd. IV, S. 148), der bei der Besprechung der leuchtenden Hülle der Sonne und „ihres eigentümlich geronnenen Aussehens“ sagt:

„Arago machte den Vorschlag, diese Hülle Photosphäre zu nennen, eine Bezeichnung, die jetzt allgemein angenommen wird. Von dem älteren Herschel wurde die Oberfläche dieser Photosphäre mit Perlmutt verglichen. . . . . An einem ruhigen Sonnentag ähnelt sie dem Ozean, dessen Oberfläche sich unter einer sanften Brise kräuselt. . . . Nasmyth entdeckte einen noch merkwürdigeren Zustand als jemals zuvor vermutet wurde. . . . Eigentümlich linsenförmige Objekte . . . ‘Weidenblättern’ gleich . . . . unterschiedlicher Größe . . . . ohne regelmäßige Anord­nung . . . sich einander in allen Richtungen kreuzend . . . . . und sich unregel­mäßig untereinander bewegend . . . . . . . Man sieht sie sich einander annähern und voneinander entfernen, und manchmal in neuen Winkeln zueinander stehen, so dass die Erscheinung . . . . . mit einem dichten Fischschwarm verglichen wurde, dem sie tatsächlich der Gestalt nach ähneln . . . Die Größe dieser Objekte vermitteln eine großartige Vorstellung von dem riesenhaften Maßstab, in welchem sämtliche physikalischen (?) Vorgänge der Sonne geschehen. Sie können nicht unter 1.000 Meilen lang und zwei- bis dreihundert Meilen breit sein. In Bezug auf diese blatt- oder linsenförmigen Objekte ist die wahrscheinlich richtigste Mutmaßung, dass die Photosphäre65 ein ungeheurer Ozean gasförmiger Materie (aus was für einer Art von „Materie“?) . . . in einem Zustand intensiver (scheinbarer) Weißglut ist, und dass sie perspektivische Projektionen hervorschießender Flammenmeere sind. . . .“

Die durch die Teleskope sichtbaren Sonnen„flammen“ sind Reflexionen, sagt der Okkultismus. Siehe auch, was die Okkultisten in Band I dazu zu sagen haben.

Was immer sie (jene Flammenmeere) sein mögen, es ist klar, dass sie die unmittelbare Quelle der Wärme und des Lichts der Sonne sind. Wir haben hier eine umgebende Hülle lichterzeugender Materie,66 die mit mächtiger Energie schwingt, und indem sie ihre Bewegung dem etherischen Medium im stellaren Raum mitteilt, bringt sie in weit entfernten Welten Wärme und Licht hervor. Wir haben gesagt, dass diese Formen mit gewissen Organismen verglichen worden sind, und Herschel sagt: ‘Obwohl es zu viel wäre, diese Strukturen als am Leben teilhabend zu betrachten (warum nicht?),67 wissen wir doch nicht, ob Lebenskraft Wärme, Licht und Elektrizität entwickeln kann.’ . . . Wäre es möglich, dass in diesem schönen Gedanken Wahrheit liegt? Kann das Pulsieren der vitalen Materie [SD # 531] in der Zentralsonne unseres Systems die Quelle allen auf der Erde wimmelnden Lebens sein, das sich auch zweifellos über alle anderen Planeten ausbreitet, deren gewaltiger Diener die Sonne ist?“ . . .

Der Okkultismus bejaht diese Frage; und die Wissenschaft wird eines Tages finden, dass es sich so verhält.

Auf S. 156 schreibt Hunt ferner:

Wenn wir aber das Leben – die Lebenskraft – als eine Kraft betrachten, die weit über dem Licht, der Wärme oder der Elektrizität steht und tatsächlich in der Lage ist, sie alle zu steuern“ (das ist absolut okkult) . . . . „dann neigen wir sicherlich mit Genugtuung der Überlegung zu, dass die Photosphäre der ursprüngliche Sitz der Lebenskraft sei, und betrachten die Hypothese, welche die Sonnenenergien dem Leben zuschreiben, mit einem poetischen Wohlgefallen.

Damit haben wir eine wichtige wissenschaftliche Bekräftigung einer unserer Grundlehren – nämlich, (a) die Sonne speichert Lebenskraft, welche das Noumenon der Elektrizität ist; und (b) ihre geheimnisvollen, niemals zu ergründenden Tiefen emittieren die den Raum sowie die Organismen sämtlicher Lebewesen auf der Erde durchdringenden Lebensströme. Das unterstützt auch die Aussage eines weiteren angesehenen Physikers, der dieses (unser Lebensfluidum) „Nervenether“ nennt. Mit der Änderung lediglich einiger weniger Sätze würde der in der Folge auszugsweise zitierte Aufsatz zu einer quasi-okkulten Abhandlung über die Lebenskraft. Wieder ist es Dr. B. W. Richardson, F.R.S., der seine Auffassungen über den „Nervenether“ in der „Popular Science Review“, Bd. X, S. 380-3 äußert, so wie er es auch über „Sonnenkraft“ und „Erdkraft“ getan hat:

„Die diese Theorie veranschaulichende Idee besagt, dass zwischen den Molekülen des festen oder flüssigen Stoffs, aus denen die Nervenorganismen und tatsächlich sämtliche organischen Bestandteile eines Körpers zusammengesetzt sind, ein verfeinertes, fast unmerkliches dampf- oder gasförmiges Medium existiert, welches die Moleküle in einem Zustand gegenseitiger Beweglichkeit hält und die Anordnung und Neugestaltung der Form ermöglicht; ein Medium, von welchem und durch welches alle Bewegung übertragen wird; von welchem und durch welches das eine Organ oder der eine Teil des Körpers mit den anderen in Verbindung gehalten wird, durch das die äußere Welt mit dem lebenden Menschen verkehrt. Ein Medium, welches durch seine Gegenwart die Lebenserscheinungen ermöglicht und bei vollständiger Abwesenheit den Körper tatsächlich tot hinterlässt. . . . . .“

Und dann fällt das gesamte Sonnensystem in Pralaya – hätte der Verfasser hinzufügen können. Aber lesen wir weiter:

. . . „Ich gebrauche das Wort Ether in seiner allgemeinen Bedeutung einer sehr leichten, dampf- oder gasförmigen Materie; kurz, ich gebrauche es im Sinne der Astronomen, die vom Ether des Raumes sprechen, worunter sie ein feines, jedoch materielles Medium verstehen . . . . Wenn ich von einem Nervenether spreche, so will ich damit nicht sagen, dass der Ether lediglich in Nervenstrukturen vorkommt: Tatsächlich bin ich der Ansicht, dass er ein besonderer Teil der Nervenorganisation ist; da Nerven aber in sämtlichen bewegungs- und empfindungsfähigen Strukturen auftreten, tritt der Nervenether in alle diese Teile ein. Und weil der Nervenether meiner Ansicht nach ein unmittelbares Erzeugnis des Blutes ist, müssen wir ihn als einen Teil der Atmosphäre des Blutes betrachten. . . . [SD # 532] Der Beweis zugunsten der Existenz eines elastischen, den Nervenstoff durchdringenden und durch einfachen Druck beeinflussbaren Mediums ist überwältigend. . . . Ohne jeden Zweifel existiert in den Strukturen der Nerven ein wahrhaftiges Nervenfluidum, wie es unsere Vorgänger lehrten.68 Die genaue chemische (?)69 Zusammensetzung dieses Fluidums ist noch nicht gut bekannt; seine physikalischen Eigenschaften wurden noch kaum erforscht. Ob es sich strömend bewegt, wissen wir nicht; ob es zirkuliert, wissen wir nicht; ob es in den Zentren erzeugt wird und von da aus in die Nerven übergeht oder ob es überall dort erzeugt wird, wo Blut in einen Nerv eintritt, wissen wir nicht. Daher kennen wir auch die genauen Zwecke dieses Fluidums nicht. Jedoch drängt sich mir der Gedanke auf, dass die eigentliche Nervenstoff-Flüssigkeit an sich nicht ausreicht, um als das zarte Medium zu dienen, welches das äußere mit dem inneren Universum von Mensch und Tier verbindet. Ich meine – und das ist die Änderung, die ich für die ältere Theorie vorschlage – dass während des Lebens eine andere Form von Materie anwesend sein muss, eine Materie, die in einem dampf- oder gasförmigen Zustand existiert. Sie durchdringt den gesamten Nervenorganismus, umgibt jedes Molekül des Nervensystems als umhüllende Atmosphäre70 und ist das Medium für alle Bewegungen, die an die und von den Nervenzentren mitgeteilt werden. . . . Sobald dem Verstand angemessen dargelegt wird, dass während des Lebens im tierischen Körper eine fein verteilte Form von Materie anwesend ist, ein alle Teile erfüllender Dunst –, der an einigen Stellen sogar aufgespeichert wird; eine durch die Chemie des Lebens beständig erneuerte Materie; die ebenso leicht ausgeschieden wird wie der Atem, nachdem sie ihren Zweck erfüllt hat – wird eine neue Flut von Licht auf die Intelligenz einströmen.“ . . . .

Ganz bestimmt wird eine neue Flut von Licht auf die Weisheit des alten und mittelalterlichen Okkultismus und seiner Jünger geworfen werden. Denn bereits im sechzehnten Jahrhundert, vor mehr als dreihundert Jahren, formulierte Paracelsus dasselbe wie folgt:

„Die Gesamtheit des Mikrokosmos ist im Liquor Vitae potenziell enthalten, einem Nervenfluidum . . . welches Natur, Qualität, Charakter und Essenz der Wesen enthält.“ . . . („De Generatione Hominis“) . . . Der Archaeus oder Liquor Vitae ist eine Essenz, die in allen Teilen des menschlichen Körpers gleichmäßig verteilt ist. . . . Der Spiritus Vitae nimmt seinen Ursprung aus dem Spiritus Mundi. Da er eine Ausstrahlung des Letzteren ist, enthält er die Elemente sämtlicher kosmischer Einflüsse und ist daher die Ursache, mit deren Hilfe die Wirkung der Sterne (der kosmischen Kräfte) auf den unsichtbaren Körper des Menschen (seinen vitalen Linga Sarira) erklärt werden kann („De Viribus Membrorum“. Siehe „Theophrastus Paracelsus von Hohenheim“ von Dr. Franz Hartmann, M. D., F.T.S.)

Hätte Dr. Richardson sämtliche geheimwissenschaftlichen Werke von Paracelsus studiert, hätte er sich nicht so häufig zu dem Eingeständnis gezwungen gesehen, dass „wir das nicht wissen“ . . . . „uns das nicht bekannt ist“ . . . . etc. etc. Noch hätte er jemals den folgenden, die besten Teile seiner unabhängigen Wiederentdeckung widerrufenden Satz formuliert (S. 384):

[SD # 533] „Es ließe sich mit Nachdruck sagen, dieser Gedankengang enthalte nicht mehr als die Theorie von der Existenz des Ethers . . . . von dem angenommen wird, er durchdringe den Raum. . . . . Es ließe sich sagen, dieser universale Ether durchdringe den gesamten Organismus des tierischen Körpers, sowohl von außen als auch als Teil einer jeden Organisation. Wäre sie wahr (! !), käme diese Anschauung einem physikalisch entdeckten Pantheismus gleich. Sie ist aber nicht wahr, da sie die Individualität jedes einzelnen Sinnes zerstören würde. . . . .“

Das sehen wir nicht so, und wir wissen, dass es so nicht ist. Der Pantheismus kann „physikalisch wiederentdeckt“ werden. Das ganze Altertum kannte, sah und fühlte ihn. Der Pantheismus offenbart sich in der ganzen Weite des Sternenhimmels, in dem Atmen der Meere und Ozeane und im Erzittern des Lebens im kleinsten Grashalm. Die Philosophie verwirft den einzigen endlichen und unvollkommenen Gott im Universum, wie die anthropomorphe Gottheit der Monotheisten von ihren Anhängern dargestellt wird. Kraft ihres Namens einer Philo-Theo-Sophia weist sie die groteske Idee von sich, dass die unendliche, absolute Gottheit in irgendeiner unmittelbaren oder mittelbaren Beziehung zu den endlichen, illusiven Entwicklungen der Materie stehen sollte oder vielmehr könnte, und kann sich folglich auch kein außerhalb dieser Gottheit existierendes Universum vorstellen und auch nicht, dass diese Gottheit auch nur im kleinsten Stäubchen belebter oder unbelebter Substanz nicht gegenwärtig wäre.71 Warum entweder der Ether des Raums oder der „Nervenether“ die „Individualität eines jeden Sinnes zerstören“ sollte, erscheint unbegreiflich für alle, die mit der wahren Natur dieses „Nervenethers“ unter seinem Sanskrit- oder vielmehr esoterischen und kabbalistischen Namen vertraut sind. Dr. Richardson stimmt wie folgt zu:

„Würden wir das Kommunikationsmedium zwischen uns und der Außenwelt nicht individuell erzeugen, würde es also von außen erzeugt und wäre damit lediglich einer einzigen Schwingungsart angepasst, bräuchten wir weniger Sinne als wir besitzen: denn, nehmen wir nur zwei Beispiele – der Lichtether ist dem Schall nicht angepasst, und doch hören und sehen wir; Luft indessen, das Medium der Schallausbreitung, ist nicht das Medium des Lichts, und doch sehen und hören wir.“

Das ist nicht so. Die Meinung, der „Pantheismus sei nicht wahr, weil er die Individualität eines jeden individuellen Sinnes zerstören würde“, zeigt, dass sämtliche Schlussfolgerungen des gelehrten Doktors auf den modernen physikalischen Theorien beruhen, obwohl er diese gerne reformieren würde. Er wird aber erkennen müssen, dass das unmöglich ist, so lange er nicht zulassen wird, dass anstelle der stufenweise verkümmernden physischen Sinne spirituelle Sinne existieren. „Wir sehen und hören“ in Übereinstimmung (natürlich nach Dr. Richardsons Ansicht) mit den von genau derselben materialistischen [SD # 534] Wissenschaft gelieferten Erklärungen der Phänomene des Sehens und Hörens; eben diese Wissenschaft stellt das Postulat auf, wir könnten auf andere Art weder hören noch sehen. Die Okkultisten und Mystiker wissen es besser. Die vedischen Arier waren mit den Geheimnissen von Ton und Farbe ebenso vertraut wie unsere Physiologen es auf der physischen Ebene sind, aber sie hatten die Geheimnisse dieser beiden auch auf für den Materialisten unzugänglichen Ebenen bemeistert. Sie kannten eine doppelte Reihe von Sinnen; spirituelle und materielle. In einem Menschen, der sich eines oder mehrerer seiner Sinne beraubt sieht, entwickeln sich die übrig bleibenden umso stärker: So werden z. B. beim Blinden der Tast-, der Hörsinn etc. sein verlorenes Sehen zurückgewinnen, und der Taube wird imstande sein, mittels seines Sehvermögens zu hören, indem er die Worte von Lippen und Mund des Sprechenden liest. Das sind jedoch noch der Welt der Materie angehörende Fälle. Die auf einer höheren Bewusstseinsebene wirkenden spirituellen Sinne werden von der Physiologie a priori verworfen, weil sie die heilige Wissenschaft nicht kennt. Sie beschränkt die Wirkung des Ethers auf Schwingungen, und indem sie ihn von der Luft trennt – obwohl die Luft ganz einfach differenzierter und zusammengesetzter Ether ist – lässt sie ihn Funktionen annehmen, die ihn zu den speziellen physiologischen Theorien passend machen sollen. Aber in den Lehren der Upanishaden, wenn sie richtig verstanden werden, liegt mehr wahre Wissenschaft als die Orientalisten zuzugestehen bereit sind, die sie überhaupt nicht verstehen. Sowohl mentale als auch physische Wechselbeziehungen der sieben Sinne (sieben auf der physischen und sieben auf der mentalen Ebene) werden in den Veden deutlich erklärt und bestimmt, insbesondere in der Anugita genannten Upanishad: „Das Unzerstörbare und das Zerstörbare, das ist die doppelte Manifestation des Selbst. Von diesen ist das Unzerstörbare das Existierende (die wahre Essenz oder Natur des Selbst, die zugrundeliegenden Prinzipien). Die Manifestation als Individuum (oder Wesen) wird das Zerstörbare genannt.“ So spricht der Asket in der Anugita; und weiter: „Wer zweimalgeboren (initiiert) ist weiß, dass so die Lehre der Alten lautet. . . . . Raum ist das erste Wesen. . . . . Nun hat der Raum (Akasha oder das Noumenon des Ethers) eine Qualität . . . und diese ist einzig der Ton . . . und die Qualitäten des Tons sind Shadga, Rishabha, Gandhara, Madhyama, Panchame, und über diese fünf hinaus (noch) Nishada und Dhaivata“ (die indische Tonleiter). Diese sieben Noten der Tonleiter sind die Prinzipien des Tones (siehe Kap. xxxv der „Anugita“). Die Eigenschaften eines jeden Elementes wie auch eines jeden Sinnes sind siebenfältig, und sie auf der Grundlage ihrer Manifestation auf der materiellen oder objektiven Ebene (die gleichermaßen in sich selbst wieder siebenfältig ist) zu beurteilen und über sie zu dogmatisieren, ist vollkommen willkürlich. Denn nur von dem Selbst, das sich von diesen (sieben) Ursachen der Täuschung befreit, können wir die Erkenntnis (die Geheime Weisheit) über die Eigenschaften der Sinnesgegenstände auf ihrer doppelten Manifestationsebene – der sichtbaren und der unsichtbaren – erlangen. Daher heißt es:

„Lege dieses wundervolle Mysterium dar . . . . . Höre auch die vollstän­dige Zuordnung der Ursachen. Die Nase und die Zunge und das Auge und die [SD # 535] Haut und das Ohr als das fünfte (Sinneswerkzeug), das Gemüt und das Verstehen,72 diese sieben (Sinne) sollten als die Ursachen der (Erkenntnis ihrer) Eigenschaften verstanden werden. Geruch und Geschmack und Farbe, Ton und Tasten als das fünfte, das Objekt der mentalen Tätigkeit und das Objekt des Verstehens (des höchsten spirituellen Sinnes oder der höchsten spirituellen Wahrnehmungskraft), diese sieben sind die Ursachen des Handelns. Jener, der riecht, jener, der isst, jener, der sieht, jener, der spricht, und jener, der als fünftes hört, jener, der denkt und jener, der versteht, diese sieben sollten als die Ursachen der Mittler erkannt werden.73 Diese (Mittler) werden von Eigenschaften (Sattva, Rajas, Tamas) beherrscht und erfreuen sich gleichzeitig ihrer eigenen Eigenschaften, der angenehmen und der unangenehmen.“ (Anugita)

Dann hören wir in der „Bhagavadgita“ (Kap. vii) die Gottheit (oder Krishna) sagen:

„ . . . . Nur wenige kennen mich wirklich. Erde, Wasser, Feuer, Luft Raum (oder Akasha, Äther), Denken, Verstehen und Egoismus (oder die Wahrnehmung all der zuvor Benannten auf der Ebene der Illusion), . . . Das ist eine niedere Form meiner Natur. Wisse (es gibt) eine weitere (Form meiner) Natur, und höher als diese, die belebt ist, oh du mit den mächtigen Armen! Und durch sie wird dieses Universum aufrecht erhalten. . . . All das ist mir eingeflochten, aufgereiht wie Perlen auf einem Faden („Mundakopanishad“, S. 298). . . . Ich bin der Geschmack des [SD # 536] Wassers, oh Sohn der Kunti! Ich bin das Licht der Sonne und des Mondes. Ich bin . . . Klang (‘d. h. die allen diesen und den anderen Eigenschaften der verschiedenen erwähnten Dinge zugrundeliegende okkulte Wesenheit’, d. Übers.) im Raum . . . der wohlriechende Geruch der Erde, der Glanz des Feuers . . . etc. etc.“

Wahrlich also, bevor man beginnt, auch nur oberflächlich nach den Geheimnissen der Natur zu suchen und sie zu prüfen, sollte man okkulte Philosophie studieren, denn nur derjenige, „der die Wahrheit in Bezug auf die Eigenschaften der Natur kennt, der die Schöpfung aller Wesenheiten versteht, . . . ist befreit“ vom Irrtum. Der „Lehrer“ sagt: „Wer den großen Baum genau versteht, dessen Nichtwahrgenommenes (die okkulte Natur, die Wurzel von allem) der aus dem Samen (Parabrahman) hervorkommende Spross ist, dessen Stamm aus dem Verstehen (Mahat oder der universalen, intelligenten Seele) besteht, dessen Äste der große Egoismus74 sind, in dessen Höhlungen sich die Sprossen finden, die Sinne also, dessen Blütenstauden die großen (okkulten oder unsichtbaren) Elemente sind,75 die groben Elemente (die grobe, objektive Materie) sind die kleineren Zweige, die immer Blätter, immer Blüten tragen, . . . . der ewig ist und dessen Same das Brahman ist (die Gottheit); und wer ihn mit dem vortrefflichen Schwert – Erkenntnis (Geheime Weisheit) – fällt, erlangt Unsterblichkeit und streift ab Geburt und Tod.“

Das ist der Baum des Lebens, der Ashvattha-Baum, nach dessen Fällung allein der Mensch, Sklave von Leben und Tod, befreit werden kann.

Aber die Wissenschaftler kennen das von den Adepten und Asketen geschwungene „Schwert der Erkenntnis“ nicht, noch werden sie davon hören. Daher die einseitigen Bemerkungen der liberalsten unter ihnen, deren Grundlage und Ursprung die übertriebene Bedeutung ist, die den willkürlichen Einteilungen und Klassifikationen der Naturwissenschaft zugemessen wird. Der Okkultismus beachtet sie sehr wenig, und die Natur noch weniger. Sämtliche physikalischen Phänomene gehen aus dem ursprünglichen Äther hervor – Akasha, so wie auch der seiner Natur nach duale Akasha aus dem undifferenzierten, sogenannten Chaos hervorgeht; Letzterer ist hauptsächlich ein Aspekt Mulaprakritis, der Wurzelmaterie und der ersten abstrakten Idee, welche von Parabrahman gebildet werden kann. Die moderne Wissenschaft mag ihren hypothetisch vorgestellten Ether auf so viele Arten einteilen wie es ihr beliebt; der wirkliche Äther des Raums wird durchaus derselbe bleiben wie überall. Wie alles Übrige in der Natur auch, hat er seine sieben Prinzipien, und gäbe es keinen Ether, würde es keinen Klang geben, da er das schwingende Schallbrett der Natur in allen ihren sieben Differenzierungen ist. Das war das erste Geheimnis, das die Initiierten des Altertums erlernten. Unsere heutigen, normalen körperlichen Sinne waren (von unserem gegenwärtigen Gesichtspunkt aus betrachtet) in den Tagen langsamer und fortschreitend abwärts gerichteter Evolution und des Falls in die Materie abnormal. Alles, was in unseren modernen Zeiten als phänomenal betrachtet wird und für die [SD # 537] Physiologen, die jetzt gezwungenermaßen daran glauben müssen, so rätselhaft ist wie Gedankenübertragung, Hellsehen, Hellhören etc.; kurz alles, was heute als „wundersam und abnormal“ bezeichnet wird, all das und noch viel mehr gehörte in anderen Zeiten zu den gewöhnlichen Sinnen und Fähigkeiten der gesamten Menschheit. Wie auch immer, wir kreisen vor und zurück; d. h. nachdem wir bis zum Ende der vierten Rasse an Spiritualität verloren haben, was wir an physischer Entwicklung gewannen, werden wir jetzt ebenso stufenweise und unmerklich im Physischen all das verlieren, was wir in der spirituellen Wiederentwicklung erneut erlangen. Dieser Vorgang setzt sich fort bis zu dem Punkt, welcher die sechste Wurzelrasse auf eine parallele Linie mit der Spiritualität der zweiten, längst ausgestorbenen Menschheit bringen wird.

Aber das wird gegenwärtig kaum verstanden. Wir müssen zu Dr. Richardsons hoffnungsvoller, wenn auch nicht ganz richtiger Hypothese vom „Nervenether“ zurückkehren. Unter der irreführenden Übersetzung des Wortes „Raum“ (Akasha) wurde er im alten indischen System als der „Erstgeborene“ des Einen aufgeführt, der nur eine Eigenschaft besitzt, den Klang (der siebenfältig ist). In der esoterischen Sprache ist dieser „Eine“ die „Vater“-Gottheit, und der „Ton“ ist gleichbedeutend mit dem Logos (Verbum oder Sohn). Ob bewusst oder auf andere Art, er muss das Letztere sein. Und Dr. Richardson wählt, indes er eine okkulte Lehre predigt – die niedrigste Form der siebenfältigen Natur dieses „Klangs“ und spekuliert darüber, indem er hinzufügt:

„Die von mir vorgelegte Theorie besagt, dass der Nervenether ein animalisches Produkt ist. Er mag sich bei den verschiedenen Tierklassen von seinen physikalischen Eigenschaften her unterscheiden, um so den besonderen Bedürfnissen des jeweiligen Tiers angepasst zu sein, aber im Wesentlichen spielt er in allen Tieren dieselbe Rolle und wird in allen auf dieselbe Art erzeugt. . . .“

Darin liegt der Kern des Irrtums, der zu allen daraus entspringenden irrigen Ansichten führt. Dieser „Nervenether“ ist das niedrigste Prinzip der Ursprünglichen Essenz, welche das Leben ist. Er ist die in der gesamten Natur verbreitete animalische Vitalität und wirkt entsprechend der für seine Tätigkeit vorherrschenden Bedingungen. Er ist kein „animalisches Produkt“, vielmehr sind das lebendige Tier, die lebendige Blume oder die Pflanze seine Produkte. Die tierischen Gewebe absorbieren ihn lediglich entsprechend ihrem mehr oder weniger krankhaften oder gesunden Zustand – wie es physische Materialien und Strukturen (in ihrem vorgeburtlichen Zustand – nota bene) gleichermaßen tun – und werden von dem Augenblick der Geburt der Wesenheit an von ihm reguliert, angereichert und ernährt. Im Sushumna-Sonnenstrahl, der den Mond erleuchtet und ernährt, steigt er in größerem Umfang in die Vegetation hinab, und durch die Strahlen des Letzteren ergießt er sein Licht auf Mensch und Tier und durchdringt sie, mehr während ihres Schlafs und ihrer Ruhe, als wenn sie sich in voller Aktivität befinden. Daher irrt Dr. Richardson erneut, wenn er behauptet:

„Meiner Vorstellung über den Nervenether zufolge ist er nicht in sich selbst aktiv, und er ist auch nicht ein Exzitans tierischer Bewegung im Sinne einer Kraft; aber für die Herstellung der Bedingungen, welche Bewegung ermöglichen, ist er essenziell.“ (Das genaue Gegenteil ist der Fall.) . . . . „Er ist der Träger aller Schwingungen, von Wärme, Licht, Ton, elektrischer Aktivität und mechanischer [SD # 538] Reibung.76 In den Lebenszuständen hält er das gesamte Nervensystem in vollkommener Spannung (wahr). Durch körperliche Bewegung wird er verbraucht (vielmehr erzeugt) . . . und wenn der Bedarf an Nervenether nicht ausreichend gedeckt werden kann, wird der Mangel durch einen Nervenzusammenbruch oder Erschöpfung angedeutet.77 Er reichert sich im Schlaf in den Nervenzentren an, indem er sie sozusagen auf ihren richtigen Ton einstimmt und dadurch die Muskeln zum Erwachen und zu neuem Leben ruft. . . .“

Genau richtig; das ist ziemlich korrekt und verständlich. Daher: „Der von ihm vollständig erneuerte Körper besitzt Bewegungsfähigkeit, eine vollständige Form, Leben. Der des Ethers beraubte Körper zeigt Trägheit, die Beschaffenheit einer im Tod geschrumpften Gestalt, die augenscheinliche Gewissheit, dass etwas Physisches verloren gegangen ist, was im Körper zu Lebzeiten gegenwärtig war.

Die moderne Wissenschaft bestreitet die Existenz eines „Lebensprinzips“. Dieser Auszug ist ein klarer Beweis dafür, dass sie einen großen Fehler macht. Aber dieses „physische Etwas“, das wir Lebensfluidum nennen – Paracelsus’ Liquor Vitae – hat den Körper nicht verlassen, wie Dr. Richardson glaubt. Infolge des allzu maroden Zustands der Gewebe findet er keinen Halt mehr an ihm und geht einfach vom Zustand der Aktivität in die Passivität über und wird latent. Sobald Rigor Mortis vollständig eingetreten ist, wird der „Liquor Vitae“ zu neuerlicher Tätigkeit erwachen und seine chemische Arbeit an den Atomen beginnen. Brahmâ-Vishnu – der Schöpfer und Erhalter des Lebens – wird sich in Shiva, den Zerstörer, verwandelt haben.

Schließlich schreibt er auf S. 387:

„Der Nervenether kann vergiftet sein; er kann, glaube ich, von außen stammende Gase oder Dämpfe mittels einfacher Diffusion in sich aufgenommen haben; aus dem Inneren kann er Produkte aus verschluckten und in sich aufgenommenen Substanzen ableiten oder aus vom Körper selbst in der Krankheit erzeugten Zersetzungsgasen.“

Und nach demselben okkulten Grundsatz hätte der gelehrte Herr hinzufügen können, dass „der ‘Nervenether’ einer Person von dem einer anderen vergiftet werden kann oder von deren aurischen Emanationen. Aber schauen wir einmal, was Paracelsus über diesen ‘Nervenether’ gesagt hat:

„Der Archaeus ist magnetischer Natur und zieht andere derselben Ebene angehörige sympathische oder unsympathische Kräfte an oder stößt sie ab. Je geringer die Widerstandskraft einer Person gegen astrale Einflüsse ist, desto stärker wird sie solchen Einflüssen unterworfen sein. Die Lebenskraft ist nicht im Menschen eingeschlossen, sondern strahlt einer leuchtenden Sphäre (Aura) gleich (in ihm) und rund um ihn herum, und sie kann aus der Ferne zur Wirkung veranlasst werden. . . . Sie kann die Essenz des Lebens (das Blut) vergiften und Krankheiten verursachen, oder sie kann sie [SD # 539] nach einer Verunreinigung wieder reinigen und die Gesundheit wiederherstellen.“ (Paragranum; „Theophrastus Paracelsus von Hohenheim“, von Dr. F. Hartmann.)

Dass die beiden, Archaeus und „Nervenether“, identisch sind, zeigt ein englischer Gelehrter mit der Aussage, dass die Spannung des Äthers generell zu groß oder zu klein sein kann; dass das der Fall sein kann „infolge lokaler Veränderungen der von ihm mobilisierten Nervenmaterie.“ . . . „Unter starker Erregung kann er vibrieren wie in einem Gewitter und jeden unter der Kontrolle des Gehirns oder Rückenmarks stehenden Muskel in unkontrollierte Bewegung versetzen – in unbewusste Zuckungen.“

Man nennt das Nervenerregung, aber außer den Okkultisten kennt niemand den Grund dieser Nervenunruhe oder erklärt ihre essenziellen Ursachen. Das „Lebensprinzip“ kann ebenso gut töten, wenn es in zu großem Überfluss oder nicht ausreichend davon vorhanden ist. Aber dieses Prinzip ist auf der manifestierten (oder unserer) Ebene lediglich die Wirkung und das Ergebnis der intelligenten Tätigkeit der „Schar“ – oder kollektiv des Prinzips – des sich manifestierenden Lebens und Lichts. Es ist dem stets unsichtbaren, ewigen und Absoluten Einen Leben untergeordnet und emaniert aus ihm in einer ab- und wieder aufsteigenden Stufenfolge hierarchischer Grade – einer wahren siebenfältigen Leiter, an deren oberem Ende der Klang (oder der Logos) und an deren unterem Ende die Vidyadharas78 (die niederen Pitris) stehen.

[SD # 540] Natürlich haben die Okkultisten vollständige Kenntnis von der Tatsache, dass die „Täuschung“ der Anhänger der Lebenskraft, über die Vogt und Huxley so spotten, nichtsdestoweniger noch immer in wirklich hervorragenden wissenschaftlichen Kreisen begünstigt wird und sind daher glücklich im dem Gefühl, nicht allein zu stehen. So schreibt Professor de Quatrefages:

„Es ist wirklich wahr, dass wir nicht wissen, was Leben ist; wir wissen aber auch nicht besser, was die Kraft ist, welche die Sterne in Bewegung versetzt. . . . . Lebendige Wesen sind schwer und daher der Gravitation unterworfen; sie sind der Sitz zahlreicher und verschiedenartiger für ihre Existenz unerlässlicher physikalisch-chemischer Phänomene, die auf die Wirkung der Etherdynamik (Elektrizität, Wärme etc.) zurückgeführt werden müssen. Aber diese Phänomene offenbaren sich hier unter dem Einfluss einer anderen Kraft. . . . . Das Leben verhält sich den unbelebten Kräften gegenüber nicht antagonistisch, sondern es verwaltet und regiert mit seinen Gesetzen ihre Tätigkeit.“79

IX
Die Solartheorie

Eine kurze, den okkulten Lehren gegenübergestellte Analyse der zusammengesetzten und einfachen Ele­mente der Wissenschaft. Inwieweit diese Theorie in ihrer allgemein angenommenen Form wissenschaftlich ist.

In seiner Erwiderung auf Dr. Gulls Angriff auf die (in der okkulten Philosophie mit den Elementen der Alten untrennbar verbundene) Theorie der Lebenskraft bemerkt Professor Beale, der große Physiologe, mit wenigen ebenso bedeutsamen wie schönen Worten:

„Es liegt ein Geheimnis im Leben – eines, das noch niemals ergründet wurde; umso eingehender die Phänomene des Lebens erforscht und betrachtet werden, desto tiefer erscheint es. In lebendigen Zentren, die weitaus zentraler sind als die mit der stärksten Vergrößerung erkennbaren Zentren, in Zentren lebendiger Materie – unerreichbar zwar für das Auge, doch unsere Erkenntnisfähigkeit vermag sich ihnen zuzuwenden – gehen Veränderungen einer Natur vor sich, von welchen uns selbst die fortschrittlichsten Physiker und Chemiker keine Vorstellung zu vermitteln vermögen; es gibt auch nicht den geringsten Grund zu glauben, die Natur dieser Veränderungen sei jemals mittels physikalischer Forschung ermittelbar, da sie ganz bestimmt gänzlich andersartig ist als alles, worauf sämtliche uns bekannten Phänomene zurückgeführt werden können.“

Der Okkultismus verortet dieses „Mysterium“ oder den Ursprung der Lebensessenz in demselben Zentrum, in welchem sich auch der Kern der Prima Materia unseres Sonnensystems befindet (da beide ein und dasselbe sind).

[SD # 541] „Die Sonne ist das Herz der solaren Welt (des Sonnensystems), und ihr Gehirn ist hinter der (sichtbaren) Sonne verborgen. Von dort strahlt Empfindung aus in jedes Nervenzentrum des großen Körpers, und die Wogen der Lebensessenz strömen in jede Arterie und Vene. . . . Die Planeten sind seine Glieder und Pulse. . . .“ (Kommentar).

Dass die Sonne eine brennender Globus sei, bestreitet die okkulte Philosophie und definiert sie lediglich als eine Welt, als eine glühende Sphäre, hinter der die wirkliche Sonne verborgen ist, während die sichtbare lediglich ihre Reflexion, ihre Hülle, darstellt; das wurde bereits an anderer Stelle erläutert (in „The Theosophist“). Die von Sir John Herschel irrtümlich für „Sonnenbewohner“ gehaltenen Nasmythschen Solaren Weidenblätter sind Speicher der solaren Lebensenergie, „der Lebenselektrizität, die das gesamte System ernährt. . . . In abscondito ist die Sonne somit die Vorratskammer unseres kleinen Kosmos, die ihr Lebensfluidum selbst erzeugt und immer ebenso viel empfängt wie sie ausgibt“, und die sichtbare Sonne stellt lediglich ein in den tatsächlichen Sonnenpalast und in ihre Residenz geschnittenen Fensterausschnitt dar, welcher jedoch das innere Wirken getreulich widerspiegelt.

So zirkuliert das Lebensfluidum während der manvantarischen Sonnenperiode oder Lebenszeit in einem gleichmäßigen Kreislauf durch unser System, dessen Herz die Sonne ist – dem Blutkreislauf im menschlichen Körper entsprechend; beim Rückfluss des Lebensfluidums zieht sich die Sonne jedes Mal so rhythmisch zusammen wie das menschliche Herz. Anstatt die Runde sekundenschnell zu durchlaufen, braucht das Blut der Sonne für die Vollendung eines Kreislaufs allerdings zehn Sonnenjahre, und ein weiteres Jahr um ihre Herzohren und Ventrikel zu passieren, bevor es die Lungen wäscht und von da aus in die großen Arterien und Venen des Systems zurückkehrt.

Nachdem die Astronomie den feststehenden, aus der Kontraktion des Sonnenherzens resultierenden elfjährigen Zyklus des Anstiegs der Häufigkeit der Sonnenflecken kennt,80 wird die Wissenschaft das nicht abstreiten. Das Universum (in diesem Fall unsere Welt) atmet gerade so wie der Mensch und wie jedes lebendige Geschöpf, wie jede Pflanze und jedes Mineral auf der Erde; und wie selbst unser Globus alle vierundzwanzig Stunden atmet. Die dunklen Flecken sind nicht die Folge der „von den Dämpfen bewirkten Absorption, die vom Grund der Sonne aufsteigen und zwischen den Beobachter und die Photosphäre treten“, wie Pater Secchi es erklärt haben wollte („Le Soleil“, II, S. 184), noch werden die Flecken „aus der Materie (erhitzte, gasartige Materie) selbst gebildet, deren Einbrechen sich auf die Sonnenscheibe überträgt“ (Ibid.). Es ähnelt dem regelmäßigen und gesunden Pulsieren des Herzens, während das Lebensfluidum durch seine hohlen Muskeln hindurchströmt. Könnte das menschliche Herz leuchtend und das lebende und pulsierende Organ mit einer Projektion auf eine Leinwand sichtbar gemacht werden, wie sie [SD # 542] die Astronomen in ihren Vorlesungen benutzen, um beispielsweise den Mond zu zeigen – könnte darin jedermann die Phänomene der Sonnenflecken sich im Sekundentakt wiederholen sehen – auf Grund seiner Kontraktionen und des Ausströmens des Blutes.

In einem Werk über Geologie ist vom Traum der Wissenschaft zu lesen, „eines Tages herauszufinden, dass alle anerkannten chemischen Elemente lediglich Modifikationen eines einzigen Elementes der Materie darstellen („World-Life“, S. 48).

Die okkulte Philosophie lehrte das seit dem Anbeginn der menschlichen Rede und der Sprachen, fügte jedoch auf der Grundlage des unveränderlichen Analogie­gesetzes – „wie oben, so unten“ – ihren Grundsätzen einen weiteren hinzu, nämlich dass weder Geist noch Materie tatsächlich existieren, sondern lediglich zahllose Aspekte des Einen ewig verborgenen Seins (oder Sat). Das homogene ursprüngliche Element ist lediglich auf der irdischen Bewusstseins- und Empfindungsebene einfach und einzig, da die Materie im Grunde genommen nichts weiter ist als unsere eigenen, aufeinanderfolgenden Bewusstseinszustände und der Geist eine Idee psychischer Intuition. Das von unserer derzeitigen irdischen Wissenschaft als letzter, nicht mehr zerlegbarer Bestandteil einer Art Materie definierte einfache Element würde schon auf der nächst höheren Ebene, also in einer Welt höherer spiritueller Wahrnehmung, tatsächlich als etwas höchst Komplexes beurteilt. Es würde sich ergeben, dass unser reinstes Wasser neben seinen beiden anerkannten einfachen Bestandteilen Sauerstoff und Wasserstoff noch viele weitere Komponenten enthält, von denen unsere gegenwärtige irdische Chemie nicht zu träumen wagt. Sowohl im Reich der Materie als auch im Reich des Geistes existiert auf der Ebene reiner Subjektivität der Schatten dessen, was auf der Ebene der Objektivität wahrgenommen wird. Das Teilchen vollkommen homogener Substanz, das Sarkode der Haeckelschen Monere, wird jetzt als die Urzeugung der irdischen Existenz betrachtet (Huxleys „Protoplasma“);81 und der Bathybius Haeckelii muss auf seine prä-terrestrische Urzeugung zurückgeführt werden. Diese wird von den Astronomen erst in ihrem dritten Entwicklungsstadium wahrgenommen und in der sogenannten „zweiten Schöpfung“. Die Schüler der Esoterischen Philosophie verstehen jedoch die geheime Bedeutung folgender Stanze: „Brahmâ ist im Wesentlichen ein Aspekt Prakritis, sowohl evolvierter als auch nicht evolvierter . . . . Geist, oh Zweimalgeborener (Initiierter), ist der leitende Aspekt Brahmâs. Der nächste ist ein zweifältiger Aspekt – von Prakriti und Purusha, sowohl evolviert als auch nicht evolviert; und der letzte ist Zeit! Einer der Namen Brahmâs (im Unterschied zu Brahman, Neutrum) ist Anu und bedeutet „Atom“: Aniyamsam aniyasam, „das Atomarste des Atomaren“, der „unveränderliche und unver­gängliche (achyuta) Purushottama“.

Wie groß ihre Anzahl auch immer sein mag, sind also die uns bekannten Elemente, wie sie gegenwärtig verstanden und definiert werden, sicherlich nicht [SD # 543] die ursprünglichen Elemente, und sie können sie auch nicht sein. Diese wurden aus „den Flocken der kalten, strahlenden Mutter“ und „dem Feuersamen des heißen Vaters“ geformt, die „eins sind“, oder, um es in der klareren Sprache der modernen Wissenschaft auszudrücken, ihr Ursprung lag in den Tiefen des ursprünglichen Feuernebels – den weißglühenden Schwaden der unauflösbaren Nebel; denn auflösbare Nebel stellen, wie Professor Newcomb zeigt (auf S. 444 in seiner „Popular Astronomy“), keine reguläre Nebelklasse dar.

Seiner Ansicht nach gehören mehr als die Hälfte der fälschlicherweise den Nebeln zugerechneten Objekte zu den von ihm als „Sternenhaufen“ bezeichneten. Die heute bekannten Elemente erlangten ihre Beständigkeit in dieser vierten Runde und fünften Rasse. Sie genießen eine kurze Ruheperiode, bevor sie wieder in ihrer aufwärtsgerichteten spirituellen Evolution vorangetrieben werden; wo dann das „lebendige Orkusfeuer“ die Unauflösbarsten dissoziieren und sie wieder in das ursprüngliche Eine zerstreuen wird.

Der Okkultist geht unterdessen weiter, wie mit den Kommentaren zu den sieben Stanzen gezeigt wurde. Daher kann er kaum auf irgendeine Hilfe oder Anerkennung seitens der Wissenschaft hoffen, die sowohl sein „Aniyamsam aniyasam“ (das absolut spirituelle Atom) als auch seine Manasaputras – die „aus dem Denken geborenen Menschen“ – ablehnen wird. Indem er das „einzige materielle Element“ in ein absolutes, unauflösbares Element auflöst – Geist oder „Wurzelmaterie“, und es damit auf einmal aus den Bereichen und Gebieten der physikalischen Philosophie heraus versetzt –, stimmt er natürlich kaum mit den orthodoxen Wissenschaftlern überein. Er behauptet, dass Geist und Materie zwei Facetten der unerkennbaren Einheit sind, deren einander anscheinend widersprechende Aspekte abhängen (a) von den unterschiedlichen Differenzierungsgraden der Materie und (b) von den vom Menschen selbst erlangten Bewusstseinsgraden. Das ist jedoch Metaphysik und hat mit der Physik wenig zu tun – wie groß diese physikalische Philo­sophie auch innerhalb ihrer eigenen irdischen Begrenzungen heute sein mag.

Gesteht die Wissenschaft erst einmal die Möglichkeit der Existenz eines aus lediglich „einer einzigen Substanz“82 aufgebauten Universums mit zahllosen Formen, Zuständen und Aspekten zu, wenn auch nicht dessen tatsächliche Existenz, so muss sie nichtsdestoweniger [SD # 544] noch weiter gehen. Wenn sie nicht auch die Möglichkeit des Einen Elements oder des einen Lebens der Okkultisten einräumt, wird sie diese „einzige Substanz“, insbesondere wenn sie nur auf die solaren Nebel beschränkt wird, wie den Sarg Mohammeds mitten in der Luft aufhängen müssen, wenn auch ohne den diesen Sarg in der Schwebe haltenden Magneten. Wenn wir zum Glück für die spekulativen Physiker auch nicht in der Lage sind genauer festzustellen, was die Nebulartheorie wirklich impliziert, sind wir doch dank Professor Winchell und verschiedenen nicht mit ihm übereinstimmenden Astronomen in die Lage versetzt worden, zu lernen, was sie nicht impliziert.83 (vide supra)

Unglücklicherweise ist es von diesem Punkt bis zur Lösung auch nur des einfachsten der Probleme, welche die Gelehrten bei ihrer Suche nach der Wahrheit quälten und noch immer quälen, aber noch weit. Wenn wir herausfinden wollen, wo und warum die moderne Wissenschaft sündigt, müssen wir unsere Untersuchungen vorantreiben und dabei von ihren frühesten Hypothesen ausgehen. Vielleicht wird man finden, dass Stallo am Ende doch Recht hat und sämtliche von den hervorragendsten Gelehrten begangenen Fehler, ihre Widersprüche und Irrtümer lediglich ihrer Fehlhaltung zuzuschreiben sind. Trotzdem sind sie materialistisch eingestellt und wollen so bleiben. Und doch sind „die allgemeinen Grundsätze der atomistisch-mechanischen Theorie – der Grundlage der modernen Physik – substanziell identisch mit den Hauptlehren der ontologischen Metaphysik“. So „werden die grundlegenden Irrtümer der Ontologie gleichermaßen mit dem Fortschreiten der Naturwissenschaft offenbar“ (Int. S. VI., „The Concepts and Theories of Modern Physics“). Die Wissenschaft ist von metaphysischen Begriffen durchsetzt, die Wissenschaftler wollen diese Vorhaltung jedoch nicht einräumen und bemühen sich mit aller Macht, den vollständig unkörperlichen und spirituellen Naturgesetzen unserer Ebene atomistisch-mechanische Masken aufzusetzen – indem sie sich weigern, deren Wesenhaftigkeit selbst auf anderen Ebenen zuzugestehen, deren bloße Existenz sie a priori ablehnen.

Warum die mit ihren materialistischen Ansichten vermählt zu sein scheinenden Wissen­schaftler seit den Tagen Newtons immer bemüht waren, den Tatsachen und der Wahrheit falsche Masken aufzusetzen, lässt sich leicht zeigen. Ihre Aufgabe wird jedoch jedes Jahr schwieriger; und mit demselben Tempo nähert sich die Chemie dem Gebiet des Okkulten in der Natur immer weiter an, mehr als alle anderen Wissenschaften. Sie macht sich gerade die von den okkulten Wissenschaften [SD # 545] seit Zeitaltern gelehrten Wahrheiten zu eigen, welche doch bislang bitter verspottet wurden. „Die Materie ist ewig“, sagt die esoterische Lehre. Die Materie, wie sie sich die Okkultisten in ihrem Laya- oder Null-Zustand vorstellen, ist aber nicht die Materie der modernen Wissenschaft, auch nicht in deren am weitesten verdünnten, gasförmigen Zustand. Crookes „strahlende Materie“ würde im Bereich des Anbeginns als Materie der gröbsten Art erscheinen, da Materie zu reinem Geist wird, bevor sie auch nur zu ihrem ersten Differenzierungspunkt zurückkehrt. Fügt nun aber ein Adept oder Alchemist hinzu, dass die Materie zwar ewig ist, weil sie Pradhana ist, die Atome aber dennoch in jedem neuen Manvantara oder der Wiederherstellung des Universums geboren werden, so ist diese Behauptung weit weniger widersprüchlich als ein Materialist vermuten würde, der nicht glaubt, dass es jenseits des Atoms noch etwas geben könnte. Zwischen der manifestierten und der unmanifestierten Materie, zwischen Pradhana, der anfang- und endlosen Ursache, und Prakriti, oder der manifestierten Wirkung, besteht ein Unterschied. Der Shloka sagt:

„Das, was die nicht evolvierte Ursache ist, wird von den hervorragendsten Weisen ausdrücklich Pradhana genannt, die ursprüngliche Grundlage, welche subtile Prakriti ist, d. h. was ewig ist und was gleichzeitig ist und nicht ist, ein bloßer Prozess.84

Was in der modernen Ausdrucksweise als Geist und Materie bezeichnet wird, ist in der Ewigkeit als die immerwährende Ursache eins und weder Geist noch Materie, sondern Es – im Sanskrit wiedergegeben durch Tat („Jenes“) –, alles was ist, war oder je sein wird, was immer sich das Vorstellungsvermögen des Menschen auszudenken vermag. Selbst der exoterische Pantheismus des Hinduismus vermittelt das besser als es eine monotheistische Philosophie jemals geschafft hat, beginnt doch seine in einzigartiger Sprache verfasste Kosmogonie mit den wohlbekannten Worten:

„Nicht Tag noch Nacht gab es, weder Himmel noch Erde, weder Finsternis noch Licht. Und es gab auch nichts anderes, was die Sinne und die mentalen Fähigkeiten wahrnehmen konnten. Zu der Zeit gab es einen Brahmâ, essenziell Prakriti (Natur) und Geist. Denn die beiden Aspekte Vishnus, die sich von seinem höchsten, essenziellen Aspekt unterscheiden, sind Prakriti und Geist, und Brahman. Wenn diese beiden seiner Aspekte nicht länger fortbestehen, sondern aufgelöst werden, wird jener Aspekt, aus welchem Form und das Übrige erneut hervorgeht, d. h. die Schöpfung, Zeit genannt, oh Zweimalgeborener.“

Dasjenige, das aufgelöst wird, oder der illusive duale Aspekt von Tat, dessen Essenz das ewig Eine ist, nennen wir ewige Materie oder Substanz (siehe in Teil II „Ursprüngliche Substanz und Göttlicher Gedanke“), formlos, geschlechtslos, nicht wahrnehmbar, nicht einmal für unseren sechsten Sinn oder den Geist85, weshalb wir uns weigern, in ihm das zu sehen, was die Monotheisten einen persönlichen, anthropomorphen Gott nennen.

Was denkt die moderne, exakte Wissenschaft über diese beiden Vorschläge – „dass die Materie ewig“ und „das Atom periodisch und vergänglich ist“? Der materialistische Physiker wird sie höhnisch kritisieren und verlachen. Der [SD # 546] liberale und fortschrittliche Wissenschaftler jedoch, der echte und ernsthafte wissenschaftliche Wahrheitssucher – wie z. B. der ausgezeichnete Chemiker Crookes, wird bestätigen, dass beide Aussagen möglich seien. Seine Vorlesung vor der chemischen Abteilung der British Association anlässlich deren Zusammenkunft in Birmingham im Jahr 1887 versetzte alle Evolutionisten, die sie verfolgt oder gelesen hatten, derartig in Erstaunen, dass schon bald darauf im März 1888 eine weitere folgte. Erneut legte der Präsident der chemischen Gesellschaft der wissenschaftlichen Welt und der Öffentlichkeit die Früchte einiger neuen Entdeckungen auf dem Gebiet der Atome vor. Und diese Entdeckungen unterstützen die okkulten Lehren in jeder Beziehung. Die von ihm in seiner zweiten Vorlesung aufgestellten Behauptungen übertreffen überraschenderweise sogar noch die der ersten (später zitiert) und verdienen mit Recht die Aufmerksamkeit eines jeden Okkultisten, Theosophen und Metaphysikers. Mit dem in seinem „Elemente und Meta-Elemente“ betitelten Vortrag Gesagten rechtfertigt er Stallos Vorwürfe und Voraussicht mit der Furchtlosigkeit eines wissenschaftlichen Denkens, das die Wissenschaft um der Wahrheit willen liebt und sich nicht um irgendwelche Folgen für den eigenen Ruhm und das eigene Ansehen schert. Wir zitieren ihn persönlich:

„Gestatten Sie mir jetzt, meine Herren, Ihre Aufmerksamkeit einen Moment lang auf einen die Grundprinzipien der Chemie betreffenden Gegenstand zu lenken, der uns dahin führen könnte, die Möglichkeit der Existenz von Substanzen einzuräumen, die weder Zusammensetzungen noch Mischungen sind und trotzdem im strengsten Sinn des Wortes auch keine Elemente – ich nehme mir die Freiheit, diese Substanzen „Meta-Elemente“ zu nennen. Um meine Auffassung zu erläutern, muss ich auf unsere Vorstellung eines Elementes zurückgreifen. Was ist das Merkmal eines Elementes? Wo haben wir die Trennungslinie zwischen eigenständiger Existenz und Identität zu ziehen? Niemand bezweifelt, dass Sauerstoff, Natrium, Chlor und Schwefel eigenständige Elemente sind; und wenn wir zu solchen Gruppen kommen wie Chlor, Brom und Jod etc. spüren wir noch immer keinen Zweifel, obwohl, wenn Abstufungen in der „Elementhaftigkeit“ zulässig sind – und darauf werden wir schließlich kommen müssen –, man sehr wohl sagen könnte, dass das Chlor dem Brom viel näher steht als dem Sauerstoff, Natrium oder Schwefel. Ferner stehen Nickel und Kobalt einander nahe, sehr nahe, obwohl niemand ihren Anspruch, als unterschiedliche Elemente zu gelten, in Frage stellen wird. Dennoch kann ich nicht umhin die Frage aufzuwerfen, was die meisten Chemiker wohl denken würden, hätten die jeweiligen Lösungen dieser Substanzen und ihrer Zusammensetzungen identische Farben und nicht, grob gesagt, komplementäre. Wäre ihre verschiedenartige Natur selbst heute erkannt worden? Wenn wir weitergehen und zu den sogenannten seltenen Erden kommen, ist der Boden unter unseren Füßen noch unsicherer. Vielleicht werden wir Scandium, Yttrium und anderen von der gleichen Art den Rang von Elementen zugestehen; aber was sollen wir bei Praseodym und Neodym sagen, zwischen denen chemisch kein ausgeprägter Unterschied besteht, könnte man sagen, dass deren Anspruch auf getrennte Individualität sich lediglich auf minimale Unterschiede in der Basizität und Kristallisationskraft bezieht, obgleich ihre physikalischen Unterschiede sehr stark ausgeprägt sind, wie Spektralbeobachtungen zeigen? Selbst bei diesen Substanzen können wir uns vorstellen, dass die Mehrzahl der Chemiker milde urteilen und diese beiden Körper in den Zauberkreis einlassen würden. Ob sie dabei imstande wären, sich auf irgendeinen allgemeinen Grundsatz zu berufen, ist eine offene Frage. Lassen wir aber diese Kandidaten zu, [SD # 547] wie könnten wir dann die Reihe der elementaren Substanzen oder Meta-Elemente ausschließen, die uns Krüss und Nilson bekannt machten, ohne ungerecht zu sein? Hier sind die spektralen Unterschiede gut ausgeprägt, derweil meine eigenen Untersuchungen des Didyms zwischen einigen dieser zweifelhaften Substanzen auch zumindest in der Basizität einen geringen Unterschied zeigen. In dieselbe Kategorie müssen die zahlreichen verschiedenen Substanzen einbezogen werden, in die Yttrium, Erbium, Samarium und andere „Elemente“ – so werden sie gewöhnlich bezeichnet – wahrscheinlich aufgeteilt wurden und werden. Wo müssen wir nun die Grenze ziehen? Die verschiedenen Gruppierungen gehen so unmerklich ineinander über, dass es unmöglich ist, eine endgültige Grenze zwischen irgendwelchen benachbarten Substanzen zu ziehen und festzulegen, dass die Substanz auf dieser Seite der Linie ein Element ist und die auf der anderen Seite nicht, sondern lediglich etwas, das einem Element ähnelt oder nahe kommt. Wo immer eine anscheinend begründete Linie gezogen werden mag, ist es zweifellos einfach, die meisten Substanzen sofort der richtigen Seite zuzuordnen, da es bei sämtlichen Klassifikationen erst schwierig wird, wenn man sich der Grenzlinie nähert. Geringe chemische Unterschiede werden natürlich zugestanden, und bis zu einem gewissen Punkt auch wohlausgeprägte physikalische Unterschiede. Was sollen wir jedoch sagen, wenn der einzige chemische Unterschied in der fast unmerklichen Neigung der einen Substanz, eines Paars oder einer Gruppe darin besteht, sich früher als der andere niederzuschlagen? Nochmals, es gibt Fälle, wo die chemischen Differenzen nahezu verschwindend gering sind, obwohl gut ausgeprägte physikalische Unterschiede bestehen bleiben. Hier straucheln wir über ein neues Problem: Was ist in solchen unklaren Fällen chemisch, und was ist physikalisch? Sind wir nicht berechtigt, die minimale Neigung eines eben entstehenden amorphen Niederschlages, sich schneller abzusetzen als ein anderer, als „physikalischen Unterschied“ zu bezeichnen? Und können wir nicht farbige Reaktionen, die von der Menge irgendeiner besonderen vorhandenen Säure abhängen und sich in Abhängigkeit von der Sättigung der Lösung oder des verwendeten Lösemittels voneinander unterscheiden, „chemische Unterschiede“ nennen? Ich verstehe nicht, wie wir einer Substanz, die sich von einer anderen farblich oder in den Spektralreaktionen ausgeprägt unterscheidet, den elementaren Charakter absprechen können, während wir ihn einer anderen Substanz zugestehen, deren einziger Anspruch darauf sich aus einem sehr winzigen Unterschied der Grundkräfte ergibt. Wenn wir das Tor erst einmal so weit geöffnet haben werden, dass wir geringe spektrale Unterschiede zulassen, müssen wir untersuchen, wie groß der Unterschied sein muss, um den Kandidaten zum Eintritt zu berechtigen. Ich werde einige dieser zweifelhaften Kandidaten aus meiner eigenen Erfahrung beispielhaft anführen.

Und dann stellt der große Chemiker Beispiele des höchst außerordentlichen Verhaltens verschiedener Moleküle und Erden vor, die einander scheinbar gleichen, bei sehr genauer Untersuchung jedoch Unterschiede aufweisen. Trotzdem diese Unterschiede sehr geringfügig sind, beweisen sie doch, dass es sich dabei in keinem Fall um einfache Substanzen handelt und dass die 60 oder 70 von der Chemie angenommenen Elemente nicht alles abdecken. Ihr Name ist offensichtlich Legion, aber da die sogenannte „Periodentheorie“ einer unbegrenzten Vermehrung der Elemente im Wege steht, sieht sich Crookes gezwungen, Mittel zu finden, um die neue Entdeckung mit der alten Theorie in Einklang zu bringen. „Diese Theorie,“ sagt er,

„wurde auf so vielfältige Weise bestätigt, dass wir nicht einfach eine nicht mit ihr übereinstimmende beliebige Erklärung für die Phänomene annehmen können. Aber wenn wir uns die Elemente von einer ungeheuren Anzahl von Substanzen verstärkt denken, deren Eigenschaften sich nur unwesentlich voneinander unterscheiden, und die, wenn ich es so ausdrücken darf, [SD # 548] nebulare Anhäufungen bilden, wo wir früher getrennte Sterne sahen oder zu sehen glaubten, so kann die periodische Anordnung nicht länger als endgültig aufgefasst werden. Nicht länger, wenn wir an unserer gebräuchlichen Vorstellung von einem Element festhalten. Lassen Sie uns daher diese Vorstellung modifizieren. Verstehen Sie anstatt „Element“ „Elementgruppe“ – wobei solche Elementgruppen in der periodischen Reihe den Platz der bisherigen Elemente einnehmen – und das Problem ist gelöst. Um ein Element zu definieren, verwenden wir nicht einen äußeren Grenzstein, sondern einen inneren Typus. Sagen wir z. B., die kleinste wägbare Menge von Yttrium ist eine Anhäufung elementarer Atome, die einander nahezu grenzenlos ähnlicher sind als den Atomen jedes beliebigen anderen benachbarten Elements. Es folgt daraus nicht notwendigerweise, dass die Atome untereinander alle absolut gleich sind. Das Atomgewicht, das wir dem Yttrium zugeschrieben haben, stellt daher nur einen Mittelwert dar, um welchen sich die tatsächlichen Atomgewichte der individuellen Atome des „Elements“ innerhalb gewisser Grenzen scharen. Sollte meine Mutmaßung haltbar sein, würden wir finden, dass die Atome innerhalb enger Grenzen auf beiden Seiten des Mittelwertes variieren, wenn wir sie voneinander isolieren könnten. Der bloße Prozess der Fraktionierung impliziert die Existenz solcher Unterschiede in gewissen Substanzen.“

Tatsachen und die Wahrheit haben der „exakten“ Wissenschaft also wieder einmal die Hand geführt und sie dazu gezwungen, ihr Verständnis der Elemente zu erweitern und zu modifizieren und damit die Vielfalt nicht mehr zu verschleiern und auf eine einzige Substanz zu reduzieren – gerade wie bei den siebenfältigen Elohim und ihren Scharen, die von den materialistischen Theologen in einen einzigen Johovah verwandelt wurden. Man ersetze die chemischen Begriffe „Molekül“, „Atom“, „Teilchen“ etc. durch „Scharen“, „Monaden“, „Devas“ etc., und man möchte glauben, die Entstehung der Götter sei beschrieben worden, die ursprüngliche Evolution der manvantarischen intelligenten Kräfte. Doch der gelehrte Vortragende fügt seinen anschaulichen Bemerkungen noch etwas viel Bedeutungsvolleres hinzu, sei es bewusst oder unbewusst, wer weiß das? Denn er sagt Folgendes:

„Bis vor Kurzem galten solche Substanzen als Elemente. Sie besaßen bestimmte chemische und physikalische Eigenschaften. Ihr Atomgewicht war anerkannt. Nehmen wir eine reine, verdünnte Lösung einer solchen Substanz, Yttrium zum Beispiel, und geben starkes Ammoniak im Überschuss hinzu, erhalten wir einen vollkommen homogen erscheinenden Niederschlag. Fügen wir stattdessen nur so viel stark verdünnten Ammoniak hinzu, dass er lediglich für die Ausfällung der Hälfte der vorhandenen Base ausreicht, erhalten wir keinen unmittelbaren Niederschlag. Schütteln wir das Ganze gründlich durch, um eine gleichmäßige Durchmischung der Lösung mit dem Ammoniak sicherzustellen, und lassen den Behälter danach eine Stunde lang staubfrei ruhen, werden wir die Flüssigkeit immer noch klar und hell vorfinden, ohne jegliche Spur einer Trübung. Nach drei bis vier Stunden wird sich jedoch eine Opaleszens bemerkbar machen, am nächsten Morgen wird dann ein Niederschlag vorhanden sein. Wir wollen uns nunmehr fragen, was dieses Phänomen zu bedeuten hat. Die Menge des hinzugefügten Fällungsmittels reichte lediglich für die Hälfte des vorhandenen Yttriums aus, also muss mehrere Stunden lang ein selektionsartiger Prozess abgelaufen sein. Der Niederschlag wurde offensichtlich nicht zufällig bewirkt, sondern es wurden jene Moleküle der Base zerlegt, die zufällig mit einem entsprechenden Ammoniakmolekül in Berührung kamen, denn wir hatten ja für eine gleichmäßige Durchmischung der Flüssigkeiten Sorge getragen, sodass die Wahrscheinlichkeit für die Zerlegung für alle Moleküle des ursprünglichen Salzes [SD # 549] gleich groß war. Wenn wir ferner die Zeit bis zum Erscheinen eines Niederschlags in Betracht ziehen, kommen wir nicht umhin daraus zu schließen, dass der während der ersten paar Stunden abgelaufene Prozess selektiven Charakters ist. Die Frage ist nicht, warum ein Niederschlag entsteht, sondern vielmehr, was die einzelnen Atome dazu bestimmt oder anleitet, auszufallen oder in Lösung zu bleiben. Welche Kraft ist es, die aus der Vielzahl der vorhandenen Atome jedes einzelne anleitet, den richtigen Weg einzuschlagen? Wir können uns eine leitende Kraft ausmalen, welche Atom für Atom Revue passieren lässt und das eine zum Ausfällen bestimmt und das andere dazu, in Lösung zu bleiben, bis alles abgestimmt ist.

Die Kursivierungen im obigen Text haben wir hinzugefügt. Mit Recht mag sich jeder Wissenschaftler fragen: „Welche Kraft ist es, die jedes einzelne Atom anleitet?“, und warum sollte sie einen selektiven Charakter haben? Theisten würden die Frage mit „Gott“ beantworten und damit philosophisch nichts lösen. Die Antwort des Okkultismus stützt sich auf eigene, pantheistische Grundlagen und belehrt den Leser in einem der folgenden Abschnitte über „Götter, Monaden, Atome“. Der gelehrte Vortragende erkennt darin das, was ihn in erster Linie interessiert: einen Wegweiser, und die Spuren eines Pfades, der zur Entdeckung und zum vollständigen Nachweis eines homogenen Elementes in der Natur führen kann. Er merkt an:

„Damit eine solche Selektion durchführbar ist, müssen in einem Auswahlkriterium minimale Unterschiede existieren, und diese Unterschiede gibt es nahezu mit Gewissheit in der Basizität. Sie sind jedoch so gering, dass sie mit den bisher bekannten Tests nicht nachweisbar sind, die sich jedoch bis zu einem gewissen Punkt verbessern und weiterentwickeln ließen, sodass sie die Unterschiede nachweisen könnten.“

Der Okkultismus braucht keine wissenschaftlichen Beweise, er weiß von der Existenz des Einen Ewigen Elementes, aus dessen erster Differenzierung periodisch die Wurzeln des Lebensbaumes entspringen, und von seiner Anwesenheit in der Natur. Er sagt: Die Alte Weisheit hat das Problem schon vor Zeitaltern gelöst. Jawohl, du ernster und du spottender Leser, die Wissenschaft nähert sich langsam aber sicher unserem Bereich des Okkulten. Sie wird durch ihre eigenen Entdeckungen gezwungen, sich unsere Ausdrucksweise und Symbole nolens volens anzueignen. Die Macht der Tatsachen zwingt eben die chemische Wissenschaft dazu, selbst unsere Darstellung der Evolution der Götter und Atome anzunehmen, die so bedeutsam und unbestreitbar versinnbildlicht wird durch den Schlangenstab Merkurs, des Gottes der Weisheit, und durch die allegorische Sprache der archaischen Weisen. So sagt ein Kommentar der esoterischen Lehre:

. . . Der Stamm Ashvatthas (des Baums des Lebens und Seins, der Stab des Caduceus) erwächst an jedem Anbeginn (eines jeden neuen Manvantaras) aus den beiden dunklen Schwingen des Schwanes (Hansa) des Lebens und sinkt aus ihnen herab. Die beiden Schlangen, die ewig lebende und ihr Trugbild (Geist und Materie), deren zwei Häupter aus dem einen zwischen den Schwingen heranwachsen, gleiten den Stamm entlang herab, in enger Umwindung verschlungen. Die beiden Schwänze vereinigen sich auf der Erde (dem manifestierten Universum) zu einem, und das ist die große Täuschung, oh Lanu!“

[SD # 550] Jeder weiß, was der bereits von den Griechen veränderte Caduceus ist. Das ursprüngliche Symbol – mit dem dreifachen Schlangenhaupt – wurde in einen Stab mit einem Knauf verwandelt, und die beiden unteren Häupter wurden getrennt, was die ursprüngliche Bedeutung etwas entstellte. Doch genügt die Darstellung für unseren Zweck vollkommen, dieser von zwei Schlangen umwundene Layastab. Aus sehr gutem Grund besangen alle alten Poeten die wahrhaft wunderbaren Kräfte des magischen Schlangenstabes für jene, welche die geheime Bedeutung verstanden.

Was sagt nun aber der gelehrte Präsident der Chemischen Gesellschaft von Großbritannien in eben dieser Vorlesung, was einen Bezug zu unseren oben erwähnten Lehren oder eine Bedeutung für sie hat? Sehr wenig, lediglich das Folgende – und nicht mehr:

„In der bereits erwähnten Ansprache in Birmingham ersuchte ich mein Publikum, sich die Einwirkung zweier Kräfte auf das ursprüngliche Protyl auszumalen – die eine die Zeit, von einer sich verringernden Temperatur begleitet; wie ein mächtiges Pendel hin und her schwingend die andere, periodischen Zyklen von Ebbe und Flut unterworfen, von Ruhe und Aktivität, eng verbunden mit der unwägbaren Materie, Essenz oder Quelle der Energie, die wir Elektrizität nennen. Nun erfüllt ein Gleichnis wie dieses seinen Zweck, wenn es die besondere Tatsache, die es hervorheben soll, im Gemüt verankert, aber man darf nicht unbedingt erwarten, dass es mit sämtlichen Tatsachen konform ist. Neben der mit der periodischen Ebbe und Flut der Elektrizität, positiv oder negativ, absinkenden Temperatur, die notwendig ist, um den neugeborenen Elementen ihre besondere Atomizität zu geben, muss offenbar noch ein dritter Faktor in Betracht gezogen werden. Die Natur wirkt nicht auf einer flachen Ebene; sie braucht für ihre kosmogenetischen Operationen den Raum, und wenn wir den Raum als dritten Faktor einführen, so scheint alles klar zu sein. Anstelle eines Pendels, das zwar bis zu einem gewissen Grad gut als Illustration dienen kann, gleichwohl als Tatsache eine Unmöglichkeit darstellt, wollen wir einen befriedigenderen Weg suchen, um das zu zeigen, was nach meiner Vorstellung stattgefunden haben könnte. Stellen wir uns eine Zickzacklinie vor, jedoch nicht auf eine Ebene gezeichnet, sondern in den dreidimensionalen Raum projiziert. Um allen involvierten Bedingungen am besten gerecht zu werden – welchen Körper könnten wir dafür auswählen? Nähmen wir an, die in den Raum projizierte Zickzacklinie des Professors Emerson Reynolds stelle eine Spirale dar, könnten damit viele der Tatsachen gut erklärt werden. Da jedoch die Kurve in Bezug auf die Elektrizität und die chemische Energie in jedem Zyklus zweimal einen neutralen Punkt durchlaufen muss, erweist sich die Spirale als doch nicht geeignet und wir müssen eine andere Wahl treffen. Die Form einer Acht (8) oder Lemniskate lässt sich ebenso gut zu einer Zickzacklinie verkürzen wie zur Spirale und entspricht allen Vorgaben des Problems.“

Eine Lemniskate für die absteigende Entwicklung vom Geist in die Materie; [SD # 551] möglicherweise eine weitere Spiralform bei der Rückentwicklung, dem aufwärts gerichteten Pfad von der Materie in den Geist und die notwendige stufenweise und endgültige Resorption in den Layazustand, in das, was die Wissenschaft auf ihre Weise „in Bezug auf die Elektrizität den neutralen Punkt“ etc.nennt oder den Nullpunkt. Das entspricht den okkulten Tatsachen und Behauptungen. Sie können der Wissenschaft mit der größten Sicherheit und im vollen Vertrauen überlassen werden, um eines Tages ihre Rechtfertigung zu finden. Hören wir jedoch mehr über diesen ursprünglichen Entstehungstypus des symbolischen Merkurstabes.

„Eine derartige Form resultiert aus drei sehr einfachen, gleichzeitigen Bewegungen. Zuerst aus einer einfachen Vor- und Rückwärtsschwingung (nehmen wir an ostwestlich), zweitens aus einer einfachen Schwingung im rechten Winkel zur vorhergehenden (nehmen wir an nordsüdlich) mit der halben Periodendauer – d. h. doppelt so schnell; und drittens aus einer im rechten Winkel zu diesen beiden ablaufenden Bewegung (nehmen wir an abwärts gerichtet), im einfachsten Fall mit einer gleichförmigen Geschwindigkeit. Projizieren wir diese Form in den Raum, finden wir bei ihrer Untersuchung, dass die Bildungspunkte von Chlor, Brom und Jod auf den Kurven eng untereinander liegen. Dasselbe wird bei Schwefel, Selen und Tellur der Fall sein; ferner bei Phosphor, Arsen und Antimon und auf dieselbe Weise mit anderen Reihen analoger Substanzen. Man mag fragen, ob dieses Schema erklärt, wie und warum die Elemente in dieser Reihenfolge erscheinen. Stellen wir uns eine zyklische Übertragung in den Raum vor, wobei jede Evolution die Entstehung einer Gruppe von Elementen bezeugt, die gemäß meiner vorigen Darstellung während einer vollständigen Schwingung des Pendels hervorgebracht wird. Nehmen wir weiter an, dass ein solcher Zyklus bereits vollendet wurde und dass das Zentrum der unbekannten schöpferischen Kraft auf seiner gewaltigen Reise durch den Raum auf seinen Pfaden bereits die Uratome ausgestreut hat – die Samen, wenn ich so sagen darf – die sich jetzt zu den Gruppen vereinigen und entwickeln sollen, die heute als Lithium, Beryllium, Bor, Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff, Fluor, Natrium, Magnesium, Aluminium, Silizium, Phosphor, Schwefel und Chlor bekannt sind. Welche Form hätte nun dieser Pfad aller Wahrscheinlichkeit nach? Wäre er strickt auf dieselbe Temperatur- und Zeitebene beschränkt, würde als Nächstes erneut die Elementengruppe des Lithiums erscheinen und der ursprüngliche Zyklus sich endlos wiederholen und immer wieder dieselben 14 Elemente hervorbringen. Die Bedingungen sind jedoch nicht exakt gleich geblieben. Raum und Elektrizität sind noch wie anfänglich, die Temperatur hat sich jedoch verändert. Und so werden die Lithium-Atome nicht durch ihnen in jeder Beziehung gleichende Atome ergänzt, vielmehr bilden die ins Dasein tretenden Atomgruppen zum Beginn des zweiten Zyklus nicht das Lithium, sondern seinen geradlinigen Nachkommen, das Kalium. Nehmen wir daher an, dass die Vis Generatrix der Form einer Lemniskate folgend zyklisch hin und her wandert, wie oben vorgeschlagen, während gleichzeitig die Temperatur abnimmt und die Zeit fortschreitet – Veränderungen, die ich durch das Herabsteigen darzustellen versucht habe – wird eine jede Windung der Lemniskatenspur dieselbe Senkrechte an immer tiefer und tiefer liegenden Punkten durchschneiden. In den Raum projiziert, zeigt die Kurve eine Mittellinie, die sich elektrisch neutral verhält, dasselbe gilt für die chemischen Eigenschaften – die positive Elektrizität liegt im Norden, die negative im Süden. Die vorherrschenden Wertigkeiten werden von dem Abstand nach Osten oder Westen bestimmt, von der Mittellinie an gerechnet, sodass monoatomische Elemente eine Entfernungseinheit von derselben entfernt stehen, diatomische zwei Entfernungseinheiten, und so fort. Für jede folgende Windung gilt dasselbe Gesetz.“

Die überzeugende wissenschaftliche Meinung des großen englischen Chemikers wirkt wie ein Beweis der Forderungen der okkulten Wissenschaft und der indischen Philosophie, [SD # 552] dass mit dem Anbeginn des Pralayas die beiden Aspekte der unerkennbaren Gottheit, des „Schwanes in der Dunkelheit“ – Prakriti und Purusha, Natur oder Materie in allen ihren Formen und Geist – nicht länger bestehen, sondern (absolut) aufgelöst werden, indem er seine Beweisführung mit dem Satz krönt: „Wir haben jetzt die Bildung der chemischen Elemente aus Knoten und Hohlräumen in einer ursprünglichen formlosen Flüssigkeit verfolgt. Wir haben die Möglichkeit, oder vielmehr die Wahrscheinlichkeit nachgewiesen, dass die Atome nicht ewig existieren, sondern dass sie die Eigenschaften des Verfalls und des Todes mit allen anderen erschaffenen Wesen teilen.“

Der Okkultist sagt dazu Amen, da wissenschaftliche „Möglichkeit“ und „Wahrscheinlichkeit“ für ihn über alle Notwendigkeit eines weiteren Beweises oder irgendeines äußerlichen physischen Augenscheins erhabene Tatsachen sind. Nichtsdestoweniger wiederholt er mit genauso großer Bestimmtheit wie immer: „Materie ist ewig, und (ihr Aspekt) wird nur periodisch atomistisch.“ Das ist ebenso sicher wie der von den Astronomen und Physikern nahezu einstimmig angenommene Lehrsatz, dass der Verschleiß des Körpers des Universums stetig voranschreitet und schließlich zum Erlöschen der Sonnenfeuer und zur Zerstörung des Universums führen wird – von den Wissenschaftlern jedoch wird er als völlig falsch angesehen. Periodische Auflösungen des manifestierten Universums gibt es seit Zeit und Ewigkeit, und es wird sie immer geben, genauso wie (a) ein partielles Pralaya nach jedem „Tag Brahmâs“; und (b) ein universelles Pralaya – das Maha-Pralaya – ausschließlich am Ende von Brahmâs Zeitalter. Die von der exakten Wissenschaft angegebenen Ursachen für derartige Auflösungen haben jedoch mit den wahren Ursachen nichts zu tun. Wie dem auch sei, der Okkultismus wurde erneut von der Wissenschaft gerechtfertigt, denn Crookes sagte:

„Auf Basis von in chemischen Laboratorien gewonnenen Argumenten haben wir gezeigt, dass innerhalb von Materie, die jeder Überprüfung ihrer Elementen­zugehörigkeit entspricht, geringe Spuren von Verschiedenheit bestehen, die eine Selektion zulassen könnten. Wir haben gesehen, dass die althergebrachte Unterscheidung zwischen Elementen und Verbindungen nicht länger mit der Entwicklung der chemischen Wissenschaft Schritt hält, sondern dahingehend abgeändert werden muss, dass sie die stattliche Reihe von Zwischensubstanzen – „Metaelemente“ – einschließt. Wir haben gezeigt, wie den Einwendungen Clerk Maxwells, bei all ihrem Gewicht, begegnet werden kann; und schließlich haben wir Belege erbracht für die Ansicht, dass die Urmaterie durch die Wirkung einer schöpferischen Kraft gebildet wurde, die in zeitlichen Abständen mit unterschiedlichen Mengen ursprünglicher Energieformen ausgerüstete Atome auswarf. Wenn wir es wagen dürfen, irgendwelche Vermutungen über die Quelle der in einem chemischen Atom enthaltenen Energie anstellen zu dürfen, können wir, so glaube ich, voraussetzen, dass die Wärmestrahlung, die sich von der wägbaren Materie des Universums durch den Ether nach außen fortpflanzt, durch einen uns bis jetzt noch unbekannten natürlichen Prozess an den Grenzen des Universums in die ursprüngliche – die wesentliche – Bewegung der chemischen Atome umgewandelt werden. Im Augenblick ihres Entstehens gravitieren sie nach innen und stellen dem Universum auf diese Weise die Energie, die sonst durch seine strahlende Wärme verloren ging, wieder zur Verfügung. Wenn diese Vermutung wohlbegründet ist, wird Sir William Thomsons schreckenerregende Prognose von der endgültigen Zerstörung des Universums infolge der Zerstreuung seiner Energie hinfällig. [SD # 553] Solcherart, meine Herren, scheint es mir, kann die Frage nach den Elementen provisorisch behandelt werden. Unsere noch unzulängliche Kenntnis in Bezug auf die ersten Geheimnisse vertieft sich gewiss stetig, wenn auch langsam.“

Durch einen merkwürdigen Zufall scheint selbst unsere „Sieben­fältig­keitslehre“ die Wissenschaft unter Druck zu setzen. Wenn wir recht verstehen, spricht die Chemie von vierzehn Gruppierungen ursprünglicher Atome – Lithium, Beryllium, Bor, Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff, Fluor, Natrium, Magnesium, Aluminium, Silizium, Phosphor, Schwefel und Chlor. Als Crookes die „vorherrschenden Wertigkeiten“ erwähnt, zählt er sieben Gruppen auf, denn er sagt:

„Der mächtige Brennpunkt schöpferischer Kraft bringt in seinem Umlauf in den aufeinanderfolgenden Zyklen in einem Bereich des Raumes Samen aus von Lithium, Kalium, Rubidium und Caesium; in einem anderen Bereich von Chlor, Brom und Jod; in einem dritten von Natrium, Kupfer, Silber und Gold; in einem vierten von Schwefel, Selen und Tellur; in einem fünften von Berylium, Kalzium, Strontium und Barium; in einem sechsten von Magnesium, Zink, Kadmium und Quecksilber; und in einem siebten von Phosphor, Arsen, Antimon und Wismut“ – das sind auf der einen Seite sieben Gruppen. Und zeigt danach „in weiteren Bereichen die anderen Elemente – nämlich Aluminium, Gallium, Indium und Thallium; Silizium, Germanium und Zinn; Kohlenstoff, Titan und Zirkon.“

Er ergänzt: „Unterdessen findet sich nahe der neutralen Achse ein natürlicher Platz für die drei von Professor Mendelejew in eine Art Heim für Unheilbare verwiesenen Elementgruppen – seine achte Familie.“ Es mag von Interesse sein, diese „sieben der achten Familie der ‘Unheilbaren’ mit den Allegorien betreffs der sieben ursprünglichen Söhne der „Mutter, des unendlichen Raumes“, oder Aditi, und des achten, von ihr verstoßenen Sohnes zu vergleichen. Manche seltsamen Übereinstimmungen mögen so gefunden werden zwischen „diesen Zwischengliedern, . . . den sogenannten ‘Metaelementen oder Elementoiden und jenen, welche die okkulte Wissenschaft ihre Noumena’ nennt, die intelligenten Gemüter oder Beherrscher dieser Gruppen von Monaden oder Atomen. Aber das würde uns zu weit führen. Seien wir zufrieden mit der Bestätigung der Tatsache, dass „diese Abweichung von der absoluten Homogenität den Zustand dieser von uns als Elemente bezeichneten Moleküle oder Anhäufungen von Materie kennzeichnen soll, und dass das vielleicht deutlicher wird, wenn wir in der Vorstellung zu dem ersten Aufdämmern unseres materiellen Universums zurückgehen und, von Angesicht zu Angesicht mit dem Großen Geheimnis, die Vorgänge der elementaren Evolution zu betrachten versuchen.“ Um sich den Profanen verständlicher zu machen, übernimmt schließlich die Wissenschaft in Person ihrer höchsten Vertreter die Ausdrucksweise solcher alten Adepten wie Roger Bacon, und kehrt zum „Protyl“ zurück. Alles das ist als „Zeichen der Zeit“ hoffnungsvoll und bedeutsam.

In der Tat sind diese „Zeichen“ zahlreich vorhanden und mehren sich jeden Tag; kein anderes ist jedoch wichtiger als das soeben angeführte. Denn jetzt ist der Abgrund zwischen den okkulten „abergläubischen und unwissenschaftlichen“ Lehren und denen der „exakten“ Wissenschaft vollständig überbrückt, und zumindest einer der wenigen hervorragenden Chemiker dieser Tage befindet sich im Bereich der unendlichen Möglichkeiten des Okkultismus. Jeder neue [SD # 554] Schritt, den er machen wird, wird ihn näher und näher an das geheimnisvolle Zentrum bringen, von dem die unzähligen Pfade ausgehen, die den Geist in die Materie hinabführen und die Götter und die lebendigen Monaden in den Menschen und in fühlende Natur umformen.

Aber wir haben im folgenden Kapitel über diesen Gegenstand noch etwas mehr zu sagen.

X
DIE KOMMENDE KRAFT
Ihre Möglichkeiten und Unmöglichkeiten

Sollen wir sagen, dass Kraft „sich bewegende Materie“ oder „Materie in Bewegung“ und eine Manifestation von Energie ist; oder dass Materie und Kraft die phänomenalen, differenzierten Aspekte der einen ursprünglichen, undifferenzierten kosmischen Substanz sind?

Diese Frage stellen wir in Bezug auf die von Fohat und seinen „sieben Brüdern oder Söhnen“ handelnde Stanze, mit anderen Worten von der Ursache und den Wirkungen kosmischer Elektrizität, da die Brüder oder Söhne in der okkulten Ausdrucksweise die sieben ursprünglichen Kräfte der Elektrizität sind. Selbst ihre rein phänomenalen und daher gröbsten Wirkungen auf der kosmischen und insbesondere auf der irdischen Ebene sind lediglich den Physikern erkennbar. Neben anderen Dingen schließen sie Ton, Licht, Farbe etc. etc. mit ein. Nun, was sagt uns die Naturwissenschaft über diese „Kräfte“? Ton, behauptet sie, ist eine Empfindung, die durch das Auftreffen von Molekülen aus der Atmosphäre auf das Tympanum hervorgerufen wird, die feine Schwingungen im Gehörapparat auslösen und sich auf diese Weise dem Gehirn mitteilen. Licht ist die Empfindung, die durch das Auftreffen unfassbar kleiner Schwingungen des Ethers auf die Retina des Auges verursacht wird.

Das sagen wir auch. Aber das sind lediglich die in unserer Atmosphäre und deren unmittelbarer Umgebung hervorgebrachten Wirkungen, tatsächlich fällt das alles in den Bereich unseres irdischen Bewusstseins. Jupiter Pluvius sandte sein Zeichen mit Regentropfen, Wasser, das, so nimmt man an, aus zwei „Elementen“ zusammengesetzt ist, welche die Chemie trennt und neu verbindet. Die zusammengesetzten Moleküle hat sie in ihrer Gewalt, aber die Atome entziehen sich noch ihrem Griff. Der Okkultismus betrachtet alle diese Kräfte und Manifestationen als eine Leiter, deren untere Sprossen der exoterischen Physik angehören; ihre höheren Sprossen werden auf eine lebendige, intelligente, unsichtbare Kraft zurückgeführt, welche die normalerweise unbeteiligte, in Ausnahmefällen jedoch bewusste Ursache der sinnesgeborenen Phänomene ist, die als dieses oder jenes Naturgesetz bezeichnet werden.

[SD # 555] Wir behaupten und bleiben dabei, dass der Ton zum einen eine ungeheure okkulte Kraft ist; die von einer Million von Niagarafällen erzeugte Elektrizität könnte noch nicht einmal seinem geringsten Wirkungsvermögen die Waage halten, wenn er von okkultem Wissen geleitet wird – derartig überwältigend ist diese Kraft. Ton vermag auf eine Weise erzeugt werden, welche die Cheops-Pyramide in die Luft hebt oder einen sterbenden Menschen selbst bei seinem letzten Atemzug wiederbeleben und mit neuer Kraft und Stärke erfüllen würde.

Denn der Ton erzeugt, oder vielmehr zieht er die einen belebenden Einfluss erzeugenden Elemente zusammen, dessen Herstellung für die Chemie unerreichbar ist, aber innerhalb des Bereichs der Alchemie liegt. Er vermag selbst einen Menschen oder ein Tier wiederzubeleben, dessen astraler „Vitalkörper“ noch nicht durch das Zerreißen des magnetischen oder odischen Fadens unwiderruflich vom physischen Körper getrennt ist. Als jemand, der mithilfe dieser Kraft drei Mal vom Tode errettet wurde, sollte der Verfasserin eine gewisse persönliche Kenntnis davon zugetraut werden.

Und wenn das alles zu unwissenschaftlich erscheint, dass es keine Beachtung verdient, möge die Wissenschaft erklären, welche der ihr bekannten mechanischen und physikalischen Gesetze den kürzlich hervorgebrachten Phänomenen des sogenannten „Keely Motors“ zuzuschreiben seien. Was wirkt als der gewaltige Erzeuger der unsichtbaren, aber ungeheuer starken Kraft, einer Kraft, die nicht nur imstande ist, eine Maschine mit 25 PS anzutreiben, sondern auch dazu verwendet wurde, die Maschine selbst emporzuheben? Und doch wird das lediglich dadurch zustande gebracht, dass ein Geigenbogen über eine Stimmgabel gestrichen wird, wie wiederholt gezeigt wurde. Denn die von John Worrell Keely aus Philadelphia, einem (in Amerika und jetzt auch in Europa) wohlbekannten Mann, entdeckte etherische Kraft ist keine Halluzination. Trotzdem es ihm misslang, sie nutzbar zu machen, was einige Okkultisten von Anfang an vorhergesagt und behauptet hatten, waren die von diesem Entdecker in den letzten paar Jahren vorgeführten Phänomene wunderbar, geradezu wundersam, nicht im Sinne des Übernatürlichen86, sondern des Übermenschlichen. Wäre Keely ein Erfolg gestattet worden, hätte er eine ganze Armee genauso gut wie den toten Ochsen mit Leichtigkeit innerhalb von wenigen Sekunden in Atome auflösen können.

Der Leser wird nun gebeten, dieser neu entdeckten Kraft ernsthafte Aufmerksamkeit zu schenken, die der Entdecker als „interetherische Kraft und Kräfte“ bezeichnete.

Nach der bescheidenen Ansicht der Okkultisten sowie nach der seiner unmittelbaren Freunde stand und steht [SD # 556] John Ernst Worrell Keely aus Philadelphia noch immer an der Schwelle eines der größten Geheimnisse des Universums; und zwar hauptsächlich des Geheimnisses, auf dem das gesamte Mysterium der physischen Kräfte aufgebaut ist sowie der esoterischen Bedeutung der Symbolik des „Welteneies“. Die okkulte Philosophie, die den manifestierten und den unmanifestierten Kosmos als Einheit betrachtet, symbolisiert den idealen Begriff des Ersteren durch das „Goldene Ei“ mit seinen beiden Polen. Der positive Pol wirkt in der manifestierten Welt der Materie, während der negative sich in die unerkennbare Absolutheit des Sat – der „Sein-heit87 verliert. Wir können nicht sagen, ob das mit Keelys Philosophie übereinstimmt, noch ist es tatsächlich von großem Belang. Nichtsdestoweniger ähneln seine Ideen über die ethero-materielle Konstruktion des Universums seltsamerweise unseren eigenen und sind in dieser Beziehung nahezu identisch. Folgendes finden wir ihn in seinem gekonnten Pamphlet sagen, das von einer vermögenden amerikanischen Dame von Rang zusammengestellt wurde, deren unermüdliche Anstrengungen im Bestreben nach Wahrheit nicht hoch genug geschätzt werden können: „Keely sagt zur Erklärung der Wirkungsweise seiner Maschine: ‘Das Mittel zur Einführung eines neutralen Zentrums hat sich bislang im Konzept keiner einzigen bisher konstruierten Maschine befunden. Wäre das der Fall gewesen, hätten die Schwierigkeiten der Suche nach dem Perpetuum mobile ein Ende gehabt, und dieses Problem wäre zur gesicherten und funktionierenden Tatsache geworden. Mit einer solchen Einheit wäre lediglich ein Startimpuls von ein paar Pfund notwendig, und sie würde jahrhundertelang laufen. In der Konstruktion meiner Vibrationsmaschine strebte ich nicht nach einer immerwährenden Bewegung; aber es ist ein Kreislauf entstanden, der tatsächlich ein neutrales Zentrum besitzt, welches sich durch meinen vibrierenden Ether anregen lässt und unter der Einwirkung der besagten Substanz tatsächlich eine Maschine darstellt, die virtuell von der Masse (oder dem Globus) unabhängig88 ist, und es ist die wundervolle Geschwindigkeit des Vibrationskreislaufs, die sie dazu befähigt. Trotzdem muss sie, bei all ihrer Vollkommenheit, mit dem vibrierenden Ether gespeist werden, um sie zu einem unabhängigen Motor zu machen . . . .

Jede Struktur erfordert ein Fundament, dessen Stärke dem Gewicht der Masse entsprechen muss, das es zu tragen hat, die Fundamente des Universums jedoch ruhen auf einem leeren Punkt, der viel kleiner ist als ein Molekül; tatsächlich, um die Wahrheit korrekt auszusprechen, auf einem interetherischen Punkt, der, um ihn zu begreifen, einen unendlichen Verstand erfordert. Hinabzublicken in die Tiefen eines etherischen Zentrums gleicht dem Versuch, im weiten Raum des himmlischen Ethers das Ende zu finden, mit diesem Unterschied: Das eine ist das positive, das andere hingegen ist das negative Feld . . . .’“

[SD # 557] Wie leicht einzusehen ist, ist das exakt die östliche Lehre. Sein interetherischer Punkt ist der Laya-Punkt der Okkultisten. Dieser erfordert jedoch nicht „einen unendlichen Verstand, um ihn zu verstehen“, sondern lediglich eine spezifische Intuition und Fähigkeit, ihn in seinem Schlupfwinkel in dieser materiellen Welt zu erspähen. Natürlich kann ein Laya-Zentrum nicht produziert werden, wohl aber ein interetherisches Vakuum – wie durch das Hervorbringen von Glockentönen im Raum bewiesen wurde. Keely spricht nichtsdestoweniger als unbewusster Okkultist, wenn er in seiner Theorie der planetarischen Aufhängung bemerkt:

Was das planetarische Volumen anbelangt, so möchten wir vom wissenschaftlichen Standpunkt aus fragen, wie die ungeheure Verschiedenheit in den Volumina der Planeten bestehen kann, ohne das harmonische Zusammenwirken, das sie immer charakterisiert hat, in Unordnung zu bringen? Ich kann diese Frage nur mithilfe einer progressiven Analyse beantworten, von den rotierenden etherischen Zentren ausgehend, die vom Schöpfer89 mit ihrer Anziehungs- und Akkumulationskraft verankert wurden. Wenn Sie fragen, was für eine Kraft das ist, die einem jeden etherischen Atom seine unfassbare Rotationsgeschwindigkeit verleiht (oder den einleitenden Impuls dazu), so muss ich antworten, dass kein endlicher Verstand jemals dazu imstande sein wird, ihr Wesen zu erfassen. Die Philosophie der Akkumulation ist der einzige Beweis dafür, dass eine solche Kraft verliehen wurde. Wenn wir so sagen dürfen, präsentiert der Raum eines solchen Atoms der anziehenden oder magnetischen, der selektiven oder antreibenden Kraft exakt dieselbe empfängliche und antagonistische Kraft, die selbst einen Planeten der mächtigsten Größenordnung auszeichnet; während der fortdauernden Akkumulation bleibt infolgedessen das vollkommene Gleichgewicht erhalten. Ist dieses winzige Zentrum einmal festgesetzt, wäre die für die Verschiebung aus seiner Position erforderliche Kraft zwangsläufig ebenso groß wie die für die Verschiebung des größten Planeten notwendige. Wenn dieses atomare neutrale Zentrum verschoben wird, muss der Planet ihm folgen. Vom Anbeginn jeglicher Akkumulation an trägt das neutrale Zentrum die gesamte Last und bleibt dabei unverändert, für immer ausbalanciert im ewigen Raum.“

Keely illustriert seine Idee „eines neutralen Zentrums“ auf folgende Art:

„Wir wollen uns vorstellen, dass nach der Akkumulation eines Planeten beliebigen Durchmessers, sagen wir ungefähr 20.000 Meilen, denn die Größe hat mit dem Problem nichts zu tun, die gesamte Masse mit Ausnahme einer 5.000 Meilen starken Kruste entfernt worden sei, sodass ein leerer Zwischenraum zwischen dieser Kruste und einem Zentrum von der Größe einer gewöhnlichen Billardkugel übrig sei. Um diese kleine, zentrale Masse zu bewegen, wäre dann eine ebenso große Kraft erforderlich, wie für die Verschiebung der 5. 000 Meilen starken Kruste. Weiter würde diese kleine, zentrale Masse das Gewicht der Kruste immerfort tragen und sie in gleichmäßigem Abstand halten. Keine noch so große entgegenwirkende Kraft könnte die beiden in Kontakt bringen. Die Vorstellungskraft taumelt bei der Betrachtung der ungeheuren, auf diesem Zentralpunkt ruhenden Last, wo das Gewicht endet. . . . Das ist es, was wir unter einem neutralen Zentrum verstehen.“

Und das ist es, was Okkultisten unter einem „Laya-Zentrum“ verstehen.

Das Obige wird von vielen als „unwissenschaftlich“ erklärt. Aber das geschieht mit allem, was von der Naturwissenschaft nicht sanktioniert ist und sich nicht in ihren streng orthodoxen Grenzen hält. Wenn die vom Erfinder selbst gegebene Erklärung nicht akzeptiert wird – und seine Erklärungen sind, wie gesehen, [SD # 558] vom spirituellen und okkulten Standpunkt aus ziemlich orthodox, wenn nicht auch vom Standpunkt der materialistischen, spekulativen (sogenannten exakten) Wissenschaft aus, und deshalb sind sie in diesem besonderen Fall auch die unseren – was kann die Wissenschaft auf bereits augenscheinliche Tatsachen erwidern, die niemand mehr leugnen kann? Die okkulte Philosophie gibt einige ihrer wichtigsten vitalen Geheimnisse preis. Sie lässt sie wie kostbare Perlen fallen, eine nach der anderen, weit und breit verstreut, und auch nur, wenn sie durch die Flutwelle der Evolution dazu gezwungen wird, welche die Menschheit langsam, still, aber stetig, dem Heraufdämmern der sechsten Rasse der Menschheit entgegenträgt. Denn sobald sie einmal nicht mehr dem sicheren Schutz ihrer gesetzmäßigen Erben und Bewacher unterliegen, sind diese Geheimnisse nicht mehr okkult: Sie werden zum Allgemeingut und müssen Gefahr laufen, in die Hände der Selbstsüchtigen – der Kains der menschlichen Rasse – häufiger zum Fluch als zum Segen zu geraten. So oft solche Individuen wie der Entdecker der Etherischen Kraft, John Worrell Keely – Menschen mit besonderen psychischen und intellektuellen Fähigkeiten90 – geboren werden, werden sie nichtsdestoweniger ganz allgemein und viel häufiger unterstützt, als dass man sie sich ohne Hilfe ihren Weg vorantasten ließe; überließe man sie beim Herumsuchen lediglich sich selbst, fielen sie sehr bald dem Martyrium zum Opfer oder skrupellosen Spekulanten. Aber man hilft ihnen lediglich unter der Bedingung, dass sie nicht bewusst oder unbewusst zu einer neuen Gefahr für ihr Zeitalter werden, zu einer Gefahr für die Armen, die heute in einem täglichen Holocaust den Reichen von den weniger Reichen dargebracht werden.91 Das macht eine kurze Abschweifung und Erklärung notwendig.

Vor ungefähr zwölf Jahren, während der Weltausstellung in Philadelphia, wiederholte die Schreiberin einem Theosophen, einem der frühesten Bewunderer Keelys, in Beantwortung seiner ernsten Fragen das, was sie selbst im Hauptsitz der Theosophischen Gesellschaft gehört hatte, eine Mitteilung, an der sie niemals zweifeln könnte.

Es wurde erklärt, dass der Erfinder des „Selbst-Motors“ das sei, was in der Ausdrucksweise der Kabbalisten ein „geborener Magier“ genannt wird; dass er sich nicht des vollen Umfangs seiner Kräfte bewusst sei und das auch so bliebe und er lediglich den Teil der Kräfte ausarbeiten werde, den er in seiner eigenen Natur gefunden und bestätigt habe – erstens, weil er sie einer falschen Quelle zuschreibe und ihnen daher niemals den vollen Schwung verleihen könne; und [SD # 559] zweitens, weil es außerhalb seiner Macht läge, das auf andere zu übertragen, was eine seiner eigenen, besonderen Natur innewohnende Fähigkeit sei. Somit konnte niemals das ganze Geheimnis jemand anderem für praktische Zwecke oder praktischen Nutzen dauerhaft weitergegeben werden.92

Mit solchen Fähigkeiten geborene Individuen sind nicht sehr selten. Dass man nicht häufiger von ihnen hört, ist eine Folge der Tatsache, dass sie fast ausnahmslos in vollständiger Unkenntnis ihrer ungewöhnlichen Kräfte leben und sterben. J. E. W. Keely besitzt Kräfte, die eben deshalb „ungewöhnlich“ genannt werden, weil sie in unserer heutigen Zeit ebensowenig bekannt sind wie es der Blutkreislauf vor Harveys Zeit war. Das Blut existierte, und es verhält sich immer noch so, wie im ersten von der Frau geborenen Menschen; auf dieselbe Weise existierte und existiert im Menschen das Prinzip, welches die etherische Vibrationskraft zu beherrschen und zu leiten vermag. Auf jeden Fall existiert es in all jenen Sterblichen, deren inneres Selbst infolge ihrer unmittelbaren Abstammung mit jener Gruppe Dhyan Chohans zusammenhängt, welche die „Erstgeborenen des Ethers“ genannt werden. Die Menschheit teilt sich, psychisch betrachtet, in mehrere Gruppen auf, und jede dieser Gruppen steht mit einer der dhyanischen Gruppen in Verbindung, die zuerst den psychischen Menschen bildeten (siehe Paragraphen 1, 2, 3, 4 und 5 in den Kommentaren zu Stanze VII). Keely, in dieser Hinsicht sehr reich ausgestattet und darüber hinaus neben seiner psychischen Veranlagung intellektuell ein mechanisches Genie, mag so die wunderbarsten Erfolge erzielen. Er hat bereits einige erzielt – mehr als jeder andere, nicht in die letzten Mysterien initiierte Sterbliche in diesem Zeitalter bis zum heutigen Tag. Was er getan hat – wie seine Freunde richtig über ihn bemerken – reicht bestimmt vollkommen aus, um „mit dem Hammer der Wissenschaft die Götzen der Wissenschaft zu zertrümmern“ – die auf tönernen Füßen stehenden Götzen der Materie. Die Schreiberin würde auch keinen Augenblick daran denken, Clara Jessup Bloomfield-Moore zu widersprechen, wenn diese in ihrer Abhandlung über „Psychische Kraft und etherische Kraft“ behauptet, dass Keely als Philosoph „groß genug ist an Seele, weise genug an Verstand und erhaben genug an Mut, um alle Schwierigkeiten zu überwinden und schließlich vor der Welt als der größte Entdecker und Erfinder der Welt dazustehen.“

Und weiter schreibt sie: „Sollte Keely nicht mehr tun, als die Gelehrten aus den trostlosen Gebieten, in denen sie herumtappen, in das offene Feld der Elementarkraft zu führen, wo Schwerkraft und Kohäsion in ihren Schlupfwinkeln aufgestöbert und nützlich verwendet werden; wo, aus demselben Ursprung, unendliche Kraft in mannigfachen Formen entspringt, so wird er unsterblichen Ruhm erlangen. Sollte er zur Vernichtung des Materialismus den Beweis führen, dass das Universum von einem geheimnisvollen Prinzip belebt ist, dem die Materie, wie vollkommen sie auch organisiert sein mag, vollständig dienstbar ist, wird er ein größerer spiritueller Wohltäter unserer Rasse sein als die moderne Welt in irgendeinem Menschen bislang gefunden hat. Sollte er in der Lage sein, bei der Behandlung von Krankheiten die groben, materiellen Stoffe, die mehr Menschen ins Grab gebracht haben als Krieg, Pest und Hunger zusammengenommen, [SD # 560] durch die feineren Kräfte der Natur zu ersetzen, so wird er den Dank der Menschheit verdienen und empfangen. Dies alles und noch mehr wird er tun, wenn er und diejenigen, die seinen Fortschritt Tag für Tag durch Jahre hindurch verfolgt haben, nicht allzu hoffnungsvoll in ihren Erwartungen sind.“

In der T. P. S.-Serie („Theosophical Publishing Society“, Nr. 9) schreibend, bringt dieselbe Dame in ihrem Pamphlet „Keelys Geheimnisse“ folgendes Zitat aus einem von der Schreiberin des vorliegenden Buches stammenden Artikel vor, den sie vor einigen Jahren im „Theosophist“ veröffentlichte:

„Der Verfasser von Nr. 5 des von der Theosophical Publication Society herausgegebenen Pamphlets Was ist Materie und was ist Kraft?’ sagt darin: ‘Die Wissenschaftler haben gerade einen ‘vierten Zustand der Materie’ entdeckt, während die Okkultisten seit Jahren über den sechsten hinaus vorgedrungen sind und daher auf die Existenz des siebten, des letzten, nicht schließen, sondern von demselben wissen.’ Dieses Wissen schließt in sich die Kenntnis eines der Geheimnisse von Keelys sogenanntem ‘zusammengesetzten Geheimnis’ ein. Es ist bereits vielen bekannt, dass dieses Geheimnis die ‘Augmentation der Energie’ einschließt, die Isolierung des Ethers und die Anwendung der dynasphärischen Kraft in der Mechanik.“

Gerade weil Keelys Entdeckung zur Kenntnis eines der okkultesten Geheimnisse führen würde, eines Geheimnisses, das niemals in die Hände der Massen fallen darf, erscheint es den Okkultisten sicher, dass er scheitern wird, seine Entdeckung bis zu ihrem logischen Ende voranzutreiben. Doch davon gleich mehr. Selbst innerhalb ihrer Schranken mag sich diese Entdeckung als höchst nützlich erweisen, denn:

„Schritt für Schritt, mit geduldiger Ausdauer, die die Welt eines Tages ehren wird, stellt dieser geniale Mann seine Untersuchungen an, und die ungeheuren Schwierigkeiten überwindend, die sich immer wieder auf seinem Pfad (für alle, außer für ihn selbst) zu unüberwindlichen Hindernissen für den weiteren Fortschritt vor ihm auftürmten: aber noch niemals hat der Zeigefinger der Welt so auf eine Stunde gezeigt, in der sich alles auf die Ankunft der neuen Kraft vorbereitet, auf welche die Menschheit wartet. Die Natur, immer widerwillig, ihre Geheimnisse preiszugeben, lauscht den von ihrer Meisterin, der Notwendigkeit, an sie gestellten Forderungen. Die Kohleminen der Welt können dem zunehmenden Abbau, dem sie ausgesetzt sind, nicht mehr lange standhalten. Der Dampf hat die äußersten Grenzen seiner Macht erreicht und entspricht nicht mehr den Anforderungen des Zeitalters. Er weiß, dass seine Tage gezählt sind. Mit angehaltenem Atem hält die Elektrizität an sich, angewiesen auf das Herannahen ihrer Schwesterkollegin. Die Luftschiffe liegen vor Anker und warten auf die Kraft, welche die Flugnavigation zu etwas mehr als zu einem bloßen Traum machen wird. Ebenso leicht wie die Menschen sich mithilfe des Telefons von ihren Wohnungen aus mit ihren Büros in Verbindung setzen können, werden die Bewohner getrennter Kontinente über den Ozean hinweg miteinander sprechen können. Die Vorstellungskraft kapituliert bei dem Versuch, die großartigen Wirkungen dieser wunderbaren Entdeckung vorherzusehen, sobald sie erst auf Kunst und Mechanik angewendet wird. Indem sie den Thron einnimmt, von dem sie den Dampf abzudanken zwingen wird, wird die dynasphärische Kraft die Welt mit einer im Interesse der Zivilisation so gewaltigen Macht regieren, dass kein endlicher Verstand die Wirkungen mutmaßen kann. Laurence Oliphant sagt in seiner Vorrede zur ‘Wissenschaftlichen Religion’: ‘Eine neue moralische Zukunft dämmert für die menschliche Rasse herauf – eine solche in der Tat, wie dieselbe sie sehr benötigt.’ Auf keine andere Art könnte [SD # 561] die neue moralische Zukunft so weitreichend, so universell eingeleitet werden wie durch die Nutzbarmachung der dynasphärischen Kraft für wohltätige Zwecke im Leben. . . . .“

Die Okkultisten sind bereit, all dieses der beredten Schriftstellerin zuzugestehen. Die molekulare Vibration ist unleugbar „Keelys rechtmäßiges Forschungsgebiet“, und die von ihm gemachten Entdeckungen werden sich als wunderbar erweisen – aber nur in seinen eigenen Händen und durch ihn selbst. Die Welt wird insofern nur das erhalten, was ihr mit Sicherheit anvertraut werden kann. Dass diese Behauptung wahr ist, ist dem Entdecker bis jetzt vielleicht selbst noch nicht ganz aufgedämmert, denn er schreibt, unbedingt sicher zu sein, dass er seine Versprechungen umfassend erfüllen und das Gewonnene der Welt übergeben werde; es muss ihm aber dämmern, und zwar in nicht allzu ferner Zeit. Und was er in Bezug auf sein Werk sagt, ist ein guter Beweis dafür:

„Bei der Betrachtung der Wirkung meiner Maschine muss der Besucher, um auch nur annähernd eine Vorstellung von ihrem Modus Operandi zu bekommen, jeden Gedanken an Maschinen beiseite legen, die nach dem Prinzip von Verdichten und Ausströmen mittels der Ausdehnung von Dampf oder irgendeinem vergleichbaren Gas betrieben wird, das auf ein Widerlager drückt, z. B. den Kolben einer Dampfmaschine. Meine Maschine hat weder Kolben noch Exzenter, noch wird auch nur der winzigste Druck in ihr aufgebaut, so groß und geräumig sie auch sein mag.

Mein System basiert in jedem Teil und in jeder Einzelheit sowohl in Bezug auf die Entwicklung meiner Kraft als auch auf jeden Zweig ihrer Nutzbarmachung auf der sympathischen Vibration und ist auf ihr aufgebaut. Auf keine andere Art könnte meine Kraft erweckt und entwickelt werden, und ebenso unmöglich wäre es, meine Maschine nach irgendeinem anderen Prinzip zu betreiben . . . . . . Dieses ist, wie auch immer, das wahre System; und in Zukunft werden alle meine Verfahren in diesem Sinn durchgeführt werden – d. h. mithilfe eines Drahtes wird meine Kraft erzeugt werden, meine Motoren laufen, meine Kanone funktionieren.

Erst nach Jahren unablässiger Arbeit, und nach der Ausführung nahezu unzähliger Experimente, die nicht nur den Bau einer großen Anzahl höchst sonderbarer mechanischer Konstruktionen miteinschlossen, und durch die sorgfältigste Untersuchung und das Studium der phänomenalen Eigenschaften der Substanz des ‘Ethers’ per se wurde es bewerkstelligt, dass ich mich von komplizierten Mechanismen freimachen konnte und, wie ich behaupte, die Kontrolle über die subtile und fremdartige Kraft erringen konnte, mit der ich mich beschäftige.

Die von uns unterstrichenen Stellen haben eine unmittelbare Beziehung zur okkulten Seite der Anwendung der Vibrationskraft, oder zu dem, was Keely „sympathische Vibration“ nennt. Der „Draht“ ist bereits eine Stufe tiefer oder unterhalb der rein etherischen Ebene in Richtung der irdischen. Der Entdecker hat Wunder bewirkt – das Wort „Wunder“ ist nicht zu stark gewählt – solange er mithilfe der interetherischen Kraft allein wirkte, mit dem fünften und sechsten Prinzip Akashas. Von einem sechs Fuß langen „Generator“ kam er herab bis zu einem, der „nicht größer ist als eine altmodische Silberuhr“; und das an sich stellt schon ein von einem mechanischen (aber nicht einem spirituellen) Genie erschaffenes Wunder dar. Aber wie von seiner großen Gönnerin und Verteidigerin, Clara Jessup Bloomfield-Moore, richtig bemerkt wurde: „Die zwei Kraftformen, mit denen er experimentiert hat, und die Phänomene, welche dieselben begleiten, sind einander geradezu entgegengesetzt.“ Die eine wurde von ihm und [SD # 562] durch ihn selbst erzeugt und ausgeübt. Niemand, der wiederholt haben sollte, was er vollbrachte, hätte dieselben Resultate bewirken können. Es war „Keelys Ether“, der tatsächlich wirkte, während der Ether von „Schmidt oder Braun“ für immer ergebnislos geblieben wären. Denn die Schwierigkeit für Keely bestand bislang darin, eine Maschine zu konstruieren, welche die „Kraft“ entwickeln und regulieren würde, ohne dass irgendeine „Willenskraft“ oder ein bewusster oder unbewusster persönlicher Einfluss eines Arbeiters dazwischentreten müsste. In diesem Punkt war er nicht erfolgreich, sobald andere in Betracht kamen, denn niemand anderer als er selbst konnte seine „Maschinen“ in Betrieb setzen. Vom okkulten Standpunkt aus war das eine viel weiter fortgeschrittene Errungenschaft als der „Erfolg“, den er sich von seinem „Draht“ versprach. Den über die fünfte und sechste Ebene der Ether- (oder Astral-)kraft erlangten Ergebnissen wird niemals die Erlaubnis zuteil werden, Handel und Verkehr zu dienen. Dass Keelys Organismus bei der Erzeugung seiner wunderbaren Resultate unmittelbar beteiligt ist, geht aus folgender Mitteilung von jemandem hervor, der den großen Erfinder genau kennt.

Einstmals stellten die Aktionäre der „Keely Motor Co.“ einen Mann in seine Werkstatt mit dem ausdrücklichen Auftrag, sein Geheimnis herauszufinden. Nach sechs Monaten aufmerksamer Überwachung sagte er eines Tages zu J. W. Keely: „Jetzt weiß ich, wie es gemacht wird.“ Sie hatten miteinander eine Maschine aufgestellt, und Keely bediente den Absperrhahn, der die Kraft an- und abstellte. „Nun, versuchen Sie es“, war die Antwort. Der Mann drehte den Hahn, und nichts geschah. „Machen Sie es mir noch einmal vor“, forderte der Mann Keely auf. Letzterer willigte ein, und die Maschine arbeitete sofort. Wieder versuchte es der andere, aber ohne Erfolg. Dann legte Keely seine Hand auf seine Schulter und sagte ihm, er solle es noch einmal versuchen. Das tat er, und das Ergebnis war, dass die Stromproduktion augenblicklich begann. Dieser Sachverhalt beantwortet die Frage, wenn er denn wahr ist.

Man sagt uns, dass Keely die Elektrizität „als eine gewisse Form atomarer Schwingung“ definiert. Darin hat er vollkommen Recht; aber das ist Elektrizität auf der irdischen Ebene und durch irdische Wechselbeziehungen. Er schätzt:

Modulare Schwingungen 100.000.000 pro Sekunde
Intermolekular „    „ 300.000.000     „    „
Atomisch „    „ 900.000.000     „    „
Interatomisch „    „ 2.700.000.000     „    „
Ätherisch „    „ 8.100.000.000     „    „
Interätherisch „    „ 24.300.000.000     „    „

Das beweist unseren Standpunkt. Es gibt keine Schwingungen, die berechnet oder auch nur ihrer annähernden Schwingungszahl nach geschätzt werden könnten jenseits des „Bereichs des vierten Sohnes von Fohat“, um eine okkulte Redewendung zu gebrauchen, oder jener Bewegung, die der Bildung von Crookes strahlender Materie entspricht, die vor einigen Jahren leichthin als der „vierte Zustand der Materie“ – auf dieser unserer Ebene – bezeichnet wurde.

[SD # 563] Wenn die Frage gestellt wird, warum es Keely nicht erlaubt wurde, eine gewisse Grenze zu überschreiten, so fällt die Antwort leicht. Was er unbewusst entdeckt hatte, war die den Atlantiern bekannte und von ihnen Mash-Mak genannte furchtbare siderische Kraft. Diese Kraft wurde von den arischen Rishis in ihrer Ashtar-Vidya mit einem Namen bezeichnet, den wir nicht veröffentlichen mögen. Sie ist das Vril von Edward George Bulwer-Lyttons „zukünftiger Rasse“ und der zukünftigen Rassen unserer Menschheit. Der Name Vril mag eine Erdichtung sein; die Kraft selbst ist eine Tatsache, die in Indien ebensowenig angezweifelt wird wie die Existenz der Rishis, da sie in allen geheimen Büchern erwähnt wird.

Würde man diese Vibrationskraft gemäß den in der Ashtar-Vidya zu findenden Anleitungen von einem an einem Luftschiff befestigten Agni Ratha aus auf eine Armee abfeuern, könnte sie 100.000 Männer und Elefanten ebenso leicht in Asche verwandeln wie eine tote Ratte. Sie wird im Vishnu-Purana“, im Ramayana und in anderen Werken in der Fabel vom weisen Kapila allegorisiert, dessen „Blick die 60.000 Söhne des Königs Sagara in einen Berg Asche verwandelte“, was in den esoterischen Werken erklärt und als das Kapilaksha oder „Kapilas Auge“ bezeichnet wird.

Sollte unser Zeitalter diese satanische Kraft hinzufügen dürfen zu seinem Vorrat an anarchistischem Spielzeug, bekannt als Melinit, Dynamit-Uhrwerke, Explosiv-Orangen, „Blumenkörbe“ und weitere ähnlich un­schul­dige Bezeichnungen? Sollte nun dieses zerstörerische Mittel, das Europa innerhalb weniger Tage in seinen ursprünglichen, chaotischen Zustand zurückversetzen würde, ohne dass ein Mensch übrig bliebe, der die Geschichte erzählen könnte, wäre es erst in die Hände eines modernen Attila geraten, z. B. eines blutrünstigen Anarchisten – sollte nun diese Kraft das gemeinsame Eigentum aller Menschen werden?

Was Keely bis jetzt geleistet hat, ist absolut großartig und wunderbar; es liegt genügend Arbeit vor ihm, um mit der Vorführung seines neuen Systems „den Stolz jener Gelehrten zu demütigen, die Materialisten sind, indem er die hinter der Welt der Materie liegenden Geheimnisse enthüllt“, ohne sie nolens volens allen zu enthüllen. Denn bestimmt würden Psychiater und Spiritualisten – von denen es eine große Zahl in den europäischen Heeren gibt – als Erste persönlich die Früchte der Offenbarung solcher Geheimnisse erleben müssen. Tausende von ihnen würden sich blitzschnell in blauem Ether finden (und möglicherweise mit den Einwohnerschaften ganzer Länder zu ihrer Gesellschaft), wenn eine solche Kraft auch nur vollständig entdeckt, geschweige denn öffentlich bekannt wäre. Die Entdeckung in ihrer Vollständigkeit ist um einige tausend – oder sollen wir sagen hunderttausend – Jahre verfrüht. Sie wird zu ihrer Zeit am vorgesehenen Ort erscheinen, wenn die große Flut von Hungertod, Elend und unterbezahlter Arbeit wieder abebbt – was der Fall sein wird, wenn die gerechten Forderungen der Menge endlich glücklicherweise berücksichtigt sein werden; wenn das Proletariat nurmehr als Name existiert und der jammervolle Schrei nach Brot, der die Welt ungehört durchdringt, verstummt ist. Das mag durch die Verbreitung von Bildung, [SD # 564] durch neu erschlossene Arbeit und Auswanderung mit besseren Aussichten als bisher, und auf einem neuen Kontinent, der auftauchen könnte, beschleunigt werden. Erst dann wird „Keelys Motor und Kraft“ in dem Sinne gebraucht werden, wie er und seine Freunde es ursprünglich wollten, da sie eher für die Armen als für die Reichen benötigt werden.

Unterdessen wird die von ihm entdeckte Kraft durch Drähte wirken, und das wird, wenn er Erfolg hat, vollauf genügen, ihn in der gegenwärtigen Generation zum größten Entdecker seiner Zeit zu machen.

Was Keely über Ton und Farbe sagt, ist vom okkulten Standpunkt aus ebenfalls richtig. Man höre ihn sprechen, als ob er der Zögling der „offenbarenden Götter“ wäre und sein ganzes Leben lang in die Tiefen von Vater-Mutter Äther geblickt hätte.

Die Feinheit der Atmosphäre mit den etherischen Strömen vergleichend, wie er sie mithilfe seiner Erfindung zur Zerlegung der Luftmoleküle durch Vibration erhält, sagt Keely:

. . . „Sie verhalten sich wie Platin gegenüber gasförmigem Wasserstoff. Die molekulare Zerlegung der Luft führt uns lediglich zur ersten Unterteilung; intermolekulare zur zweiten; atomare zur dritten, interatomare zur vierten; etherische zur fünften; interetherische zur sechsten Unterteilung oder zur positiven Assoziation mit dem leuchtenden Ether.93 In meiner einleitenden Beweisführung habe ich behauptet, dies sei die schwingende Hülle aller Atome. In meiner Definition eines Atoms beschränke ich mich nicht auf die sechste Unterteilung, in welcher dieser leuchtende Ether in seiner groben Form entwickelt wird, soweit meine Untersuchungen das beweisen.94 Ich glaube, dass diese Idee von den heutigen Physikern als wilde Einbildung der Fantasie bezeichnet werden wird. Vielleicht wird mit der Zeit ein Licht auf diese Theorie fallen, das der wissenschaftlichen Forschung ihre Einfachheit klar machen wird. Gegenwärtig kann ich sie nur mit einem Planeten im dunklen Raum vergleichen, den das Licht der Sonne der Wissenschaft noch nicht erreicht hat. . .

Ich nehme an, dass sowohl Ton als auch Geruch wirkliche, von einem Körper ausgestrahlte Substanzen von unbekannter und wunderbarer Feinheit sind; von Erschütterungen induziert, stößt der Körper reine Materieteilchen aus, interatomare Teilchen, und ihre Geschwindigkeit beträgt 1.120 Fuß/Sekunde, im Vakuum 20.000 Fuß/Sekunde. Die auf diese Weise verstreute Substanz bildet einen wesentlichen Bestandteil der erschütterten Masse. Dieser Erschütterung beständig ausgesetzt, würde diese Masse im Verlauf eines gewissen Zeitraums von der Atmosphäre vollständig absorbiert, oder richtiger gesagt, sie würde durch die Atmosphäre in einen höheren Feinheitsgrad übergehen, welcher dem Zustand der Unterteilung entspricht, der die Freisetzung aus ihrem Ursprungskörper bewirkt. . . .

Der Klang auf etherische Akkorde gestimmter Stimmgabeln durchdringt, während sie ihre (zusammengesetzten) Laute verbreiten, sämtliche in den Bereich ihres atomischen Bombardements gelangenden Substanzen durch und durch. Das Anschlagen einer Glocke im Vakuum befreit diese Atome mit derselben Geschwindigkeit und dem Volumen wie bei einer in der freien Luft; und wenn die Erregung der Glocke beständig ein paar Millionen von Jahrhunderten aufrecht erhalten werden würde, würde sie [SD # 565] gänzlich in ihr ursprüngliches Element zurückkehren; wäre die Kammer hermetisch verschlossen und ausreichend stark, würde der die Glocke umgebende leere Raum durch die abgesonderte zarte Substanz unter einem Druck von vielen tausend Pfund pro Quadratzoll gebracht. Meiner Ansicht nach wird der Ton richtig definiert als eine Störung des atomaren Gleichgewichts, welche die atomaren Teilchen tatsächlich zerbricht; die auf diese Weise befreite Substanz muss sicherlich eine bestimmte Art eines etherischen Stroms darstellen. Ist es unter diesen Umständen unvernünftig zu vermuten, dass, wenn dieser Strom aufrecht erhalten und der Körper so seines Elements beraubt würde, er mit der Zeit vollständig verschwinden würde? Alle Körper sind ursprünglich aus diesem höchst feinen Ether geformt, die tierischen, die pflanzlichen und die mineralischen, und sie werden lediglich in ihren hoch gasförmigen Zustand zurückgeführt, wenn sie in den Zustand eines differenzialen Gleichgewichts gebracht werden. . . .

Was den Geruch anbelangt, können wir eine bessere Vorstellung von seiner außerordentlichen und erstaunlichen Verdünnung bekommen, wenn wir in Betracht ziehen, welch großen Bereich der Atmosphäre der Geruch eines einzigen Körnchens Moschus auf lange Jahre durchdringen kann; wird dieses Körnchen nach dieser langen Zeit gewogen, wird es keine merkbare Gewichtsverminderung aufweisen. Das mit dem Ausströmen riechbarer Teilchen verbundene große Paradoxon ist, dass sie in einem Glasgefäß unter Verschluss gehalten werden können! Hier haben wir eine Substanz von viel höherer Feinheit als der des Glases, das sie einschließt, und trotzdem kann sie nicht entweichen. Es ist wie ein Sieb, dessen Maschen weit genug sind, Murmeln durchzulassen und das doch feinen Sand zurückhält, der nicht durchkommt; in der Tat ein molekulares Gefäß, das eine atomare Substanz enthält. Dieses Problem wird jene verwirren, die innehalten, um es zu verstehen. Aber so unendlich verdünnt der Geruch auch sein mag, ist er doch sehr grob im Verhältnis zu der Substanz jener Unterabteilung, die einen magnetischen Strom (einen Strom der Sympathie, wenn man ihn so nennen mag) beherrscht. Diese Unterabteilung kommt dem Ton sehr nahe, steht aber über dem Ton. Die Wirkung eines magnetischen Stroms kongruiert in hohem Maß mit dem empfangenden und aussendenden Teil des menschlichen Gehirns, das die empfangene Menge jederzeit in verkleinertem Maßstab wieder abgibt. Das illustriert in großartiger Weise die Herrschaft des Geistes über die Materie, der das Physische allmählich bis zur vollkommenen Auflösung verringert. Im selben Verhältnis verliert der Magnet allmählich seine Kraft und wird inaktiv. Könnten die zwischen Geist und Materie existierenden Verhältnisse einander gleichgesetzt und beibehalten werden, würden wir in unserem körperlichen Zustand ewig weiterleben, da keine physische Verminderung mehr stattfinden würde. Diese physische Verminderung führt jedoch, an ihrem Endpunkt, zum Ursprung einer weitaus höheren Entwicklung – nämlich zur Befreiung des reinen Ethers von dem groben molekularen; was nach meinem Dafürhalten sehr zu wünschen ist.“ (Aus Clara Jessup Bloomfield-Moores Zeitschrift „The New Philosophy“)

Es könnte angemerkt werden, dass bis auf einige kleine Abweichungen kein Adept oder Alchemist das Obenstehende im Licht der modernen Wissenschaft hätte besser erklären können, wie sehr Letztere auch gegen diese neuartigen Anschauungen protestieren mögen. In all seinen Grundprinzipien, wenn nicht auch in all seinen Einzelheiten, ist das reiner und einfacher Okkultismus, und obendrein ist es ebensowohl moderne Naturphilosophie.

Diese „neue Kraft“, oder wie auch immer die Wissenschaft die jedenfalls unbestreitbaren Wirkungen nennen mag, die von mehr als einem Naturforscher und Physiker zugestanden werden, der Keelys Laboratorium besucht hat und persönlich Zeuge ihrer furchtbaren Wirkungen wurde – was ist sie? Ist sie ein „Bewegungsmodus“, auch „in Vacuo“, da keine Materie anwesend ist, die sie erzeugen könnte, mit Ausnahme des Tons, eines weiteren „Bewegungsmodus“, zweifellos, eine Empfindung, die [SD # 566] wie die Farbe durch Schwingungen verursacht wird? Wir sind tief überzeugt davon, dass diese Schwingungen die naheliegende – die unmittelbare – Ursache solcher Empfindungen sind, mit ebenso fester Überzeugung lehnen wir die einseitige wissenschaftliche Theorie ab, dass mit Ausnahme der etherischen oder atmosphärischen Schwingungen kein weiterer Faktor als außerhalb von uns befindlich betrachtet werden dürfte.95

Wenn diese Phänomene auftreten, wird sozusagen eine transzendentale Reihe von Ursachen in Bewegung gesetzt, die nur von den spirituellen Fähigkeiten eines Adepten verstanden und auf ihre Quelle und Natur zurückverfolgt werden können, da sie sich außerhalb des schmalen Bereichs unseres Wahrnehmungsvermögens befinden. Sie sind, wie Asklepios es dem König auseinandersetzte, „unkörperliche Körperlichkeiten“ – wie sie „im Spiegel erscheinen“, und „abstrakte Formen“, die wir in unseren Träumen und Visionen sehen, hören und riechen. Was haben die „Bewegungsformen“, Licht und Ether, mit diesen zu tun? Und doch sehen, hören, riechen und berühren wir sie, ergo sind sie in unseren Träumen für uns ebenso Wirklichkeiten wie alles andere auf dieser Ebene der Maya.

XI
ÜBER ELEMENTE UND ATOME
Vom Standpunkt der Wissenschaft und des Okkultismus betrachtet

 

Wenn ein Okkultist von „Elementen“ spricht und von menschlichen Wesen in solchen geologischen Zeitaltern, deren Dauer nach Ansicht eines der besten [SD # 567] englischen Geologen96 sich ebenso unmöglich zu bestimmen erwiesen hat wie die Natur der Materie, so weiß er, wovon er spricht. Wenn er vom „Menschen“ und den Elementen spricht, meint er mitnichten den „Menschen“ in seiner gegenwärtigen physiologischen und anthropologischen Form, noch die elementaren Atome, jene derzeitig in den wissenschaftlichen Gemütern existierenden hypothetischen Vorstellungen, die tatsächlich existierenden Abstraktionen der Materie in ihrem hoch verdünnten Zustand; noch meint er wiederum die zusammengesetzten Elemente des Altertums. Im Okkultismus bedeutet das Wort Element in jedem Fall „Rudiment“. Wenn wir vom „elementalen Menschen“ sprechen, so meinen wir entweder den vorläufigen, ersten Entwurf des Menschen in seinem unvollendeten und unentwickelten Zustand, also jene Form, die gegenwärtig während seiner Lebenszeit im körperlichen Menschen verborgen liegt und nur gelegentlich und unter gewissen Bedingungen Gestalt annimmt, oder die Form, die den materiellen Körper eine Zeitlang überlebt und besser unter dem Namen „Elementar“97 bekannt ist. Was den Begriff „Element“ anbelangt, so bedeutet er im metaphysischen Zusammenhang im Unterschied zum sterblichen den beginnenden göttlichen Menschen; und im physikalischen Zusammenhang anfängliche Materie in ihrem ersten, undifferenzierten oder Layazustand, welcher dem ewigen und normalen Zustand der Substanz entspricht, die sich lediglich periodisch differenziert und sich in dieser Differenzierung tatsächlich in einem abnormalen Zustand befindet – mit anderen Worten, sie ist lediglich eine vergängliche Sinnestäuschung.

Was die sogenannten „elementalen Atome“ anbelangt, so beziehen sich die Okkultisten darauf analog der Bedeutung des von den Hindus verwendeten Begriffs Anu, das „Atom“, den sie Brahmâ zuweisen. Jedes elementale Atom, und mehr als ein Chemiker hat auf der Suche danach den von Alchemisten angegebenen Weg eingeschlagen, ist nach ihrer festen Überzeugung (wenn nicht nach ihrer Erkenntnis) eine Seele; nicht notwendigerweise eine entkörperte Seele, sondern ein Jiva, wie die Inder es nennen, ein Zentrum potenzieller Vitalität mit darin enthaltener latenter Intelligenz, und, im Fall von zusammengesetzten Seelen, eine intelligente, aktive Existenz, von der höchsten bis zur niedrigsten Ordnung, eine aus stärkeren oder schwächeren Differenzierungen zusammengesetzte Form. Es bedarf eines Metaphysikers – und zwar eines östlichen Metaphysikers –, um den Sinn unserer Worte zu verstehen. Alle diese Atom-Seelen sind Differenzierungen des Einen und stehen in derselben Beziehung zu ihm wie die Göttliche Seele – Buddhi – zu ihrem beseelenden und untrennbaren Geist oder Atman.

Während sie ihre Atomtheorie von den Alten ableiten, vergaßen die modernen Physiker einen Punkt, und zwar den allerwichtigsten der Lehre; daher haben sie nur die Schalen erlangt und werden niemals imstande sein, zum Kern durchzudringen. Indem sie die physischen Atome übernahmen, vernachlässigten sie die bedeutsame Tatsache, dass all diese Philosophen, [SD # 568] von Anaxagoras bis herunter zu Epikur, dem Römer Lucretius und schließlich selbst bis Galileo, mehr oder weniger an beseelte Atome dachten und nicht an die unsichtbaren Stäubchen sogenannter „grober“ Materie. Aus ihrer Sicht wurde die Rotationsbewegung von größeren (sprich göttlicheren und reineren) Atomen hervorgebracht, die andere Atome abwärts trieben; die leichteren wurden gleichzeitig aufwärts gedrängt. Esoterisch bedeutet das den ewigen, zyklischen Bogen der differenzierten Elemente, auf- und abwärts durch interzyklische Phasen der Existenz, bis ein jedes seinen Startpunkt oder Geburtsort wieder erreicht. Die Idee war sowohl metaphysisch als auch physisch; die geheime Auslegung umfasste „Götter“ oder Seelen in der Gestalt von Atomen als die Ursache all der Wirkungen, die auf der Erde von den Absonderungen dieser göttlichen Körper hervorgebracht wurden.98 Keiner der alten Philosophen, nicht einmal die jüdische Kabbalisten, hat jemals Geist von Materie getrennt oder vice versa. Alles nahm seinen Ursprung in dem Einen, und, aus dem Einen hervorgegangen, muss es schließlich zu dem Einen zurückkehren. „Licht wird zu Wärme und verdichtet sich zu feurigen Teilchen; welche durch Entzündung zu kalten, harten Teilchen werden, rund und glatt. Und das nennt man Seele, eingekerkert in ihr Gewand aus Materie.“99 Atome und Seelen waren in der Sprache der Initiierten gleichbedeutend. Die Lehre der „wirbelnden Seelen“, den Gilgulim, an die so viele gelehrte Juden glaubten (siehe Mackenzies „Royal Masonic Cyclopaedia“), hatte esoterisch keine andere Bedeutung. Die gelehrten jüdischen Initiierten verstanden unter dem „gelobten Land“ niemals nur Palästina, sondern sie meinten dasselbe Nirvana wie der gelehrte Buddhist oder Brahmane – den Schoß des Ewigen Einen, symbolisiert durch jenen von Abraham und durch Palästina als seinen irdischen Platzhalter.100 Die Wanderung des Seelen-Atoms „durch die sieben planetarischen Kammern“ hatte dieselbe metaphysische und auch physische Bedeutung. Letztere Bedeutung hatte es, wenn es darum ging, dass es sich in Ether auflöse (siehe „Isis Unveiled“, Bd. I, S. 296-7). Selbst Epikur, der Musteratheist und Materialist, wusste so viel über die alte Weisheit und glaubte so sehr daran, dass er lehrte, die [SD # 569] Seele (gänzlich verschieden vom unsterblichen Geist, wenn die Erstere latent in ihm verborgen liegt, so wie das in jedem Atomteilchen der Fall ist) sei aus einer feinen, zarten, aus den glattesten, rundesten und feinsten Atomen gebildeten Essenz zusammengesetzt.

Und das zeigt, dass die alten Initiierten, denen sich das gesamte profane Altertum mehr oder weniger eng anschloss, unter dem Begriff „Atom“ eine Seele, einen Genius oder Engel, den Erstgeborenen der ewig verborgenen Ursache aller Ursachen verstanden; und in diesem Sinn werden ihre Lehren verständlich. Sie behaupteten, ebenso wie ihre Nachfolger, dass Götter und Genien, Engel oder „Dämonen“ nicht außerhalb oder unabhängig vom universalen Plenum existieren, sondern innerhalb desselben. Während der Lebenszyklen ist ausschließlich dieses Plenum unendlich. Sie gestanden vieles zu, was die moderne Wissenschaft heutzutage lehrt und lehrten selbst viel darüber – nämlich die Existenz eines ursprünglichen „Weltenstoffes oder einer kosmischen Substanz“, aus der Welten gebildet werden, ewig und immer homogen, ausgenommen während ihrer periodischen Existenz, in der sie sich differenziert, allgemein durch den unendlichen Raum ausbreitet und stufenweise die Himmelskörper aus sich selbst bildet. Sie lehrten das Kreisen der Himmel, die Rotation der Erde, das heliozentrische System und die Atomwirbel – Atome – wobei diese in Wirklichkeit Seelen und Intelligenzen sind. Diese „Atomisten“ waren spirituelle, höchst transzendentale und philosophische Pantheisten. Sie hätten sich diesen ungeheuerlichen, entgegengesetzten Nachkommen niemals vorgestellt oder träumen lassen, den Alptraum unserer modernen zivilisierten Rasse, nämlich unbeseelten Stoff, sich selbst leitende Atome auf der einen Seite und einen extra-kosmischen Gott auf der anderen.

Es mag von Nutzen sein, zu zeigen, was in den Lehren der alten Initiierten die Monade war und was ihr Ursprung.

Sobald die moderne, exakte Wissenschaft ihrem Teenageralter zu entwachsen begann, erfasste sie das große und für sie bis dahin esoterische Axiom, dass sich aus dem Nichts nichts manifestieren könne – einerlei ob im spirituellen, psychischen oder physischen Daseinsbereich. Im manifestierten Universum existieren keine Ursachen ohne entsprechende Wirkungen, weder im Raum noch in der Zeit; noch kann es eine Wirkung ohne die ihr vorausgehende Ursache geben, welche selbst ihre eigene Existenz wiederum einer noch höheren verdankt – indes die endgültige und absolute Ursache dem Menschen immer eine unbegreifbare Ursachlose Ursache bleiben muss. Aber auch diese ist noch keine Lösung und muss, wenn überhaupt, von den höchsten philosophischen und metaphysischen Standpunkten aus betrachtet werden, andernfalls hätte man das Problem besser unberührt gelassen. Sie ist eine Abstraktion, an deren Rand die menschliche Vernunft – so geübt sie auch in metaphysischen Spitzfindigkeiten sein mag – erzittert und zusammenzubrechen droht. Das kann jedem Europäer, der es unternehmen möchte, das Rätsel des Daseins mithilfe der Glaubensartikel des wahren Vedantisten zu lösen, bewiesen werden. Er lese und studiere die erhabenen Lehren über das Thema der Seele und des Geistes von [SD # 570] Shankaracharya (Viveka Chudamani“)101, und der Leser wird verstehen, was gesagt wurde.

Während dem Christen gelehrt wird, dass die menschliche Seele ein Atem Gottes sei – von ihm zu immerwährendem Dasein erschaffen, d. h. mit einem Anfang, aber ohne Ende (und daher niemals als ewig zu bezeichnen) – sagt die okkulte Lehre: „Nichts wird erschaffen, es wird nur umgewandelt. Nichts kann sich in diesem Universum manifestieren – von einem Globus abwärts bis zu einem verschwimmenden, flüchtigen Gedanken – was nicht schon vorher im Universum gewesen ist. Alles auf der subjektiven Ebene ist ein ewiges Ist; so wie alles auf der objektiven Ebene ein immer Werden ist – weil alles vergänglich ist.“

Die Monade – ein wirklich „unteilbares Ding“, wie sie von Good definiert wurde, der ihr nicht dieselbe Bedeutung zumaß, wie wir es jetzt tun – ist hier wiedergegeben als Atman in Verbindung mit Buddhi und dem höheren Manas. Diese Dreiheit ist eins und ewig, wobei das Letztere am Ende allen bedingten und illusiven Lebens in den Ersteren absorbiert wird. Die Monade kann somit lediglich vom Anfangszustand des manifestierten Universums an durch den Verlauf ihrer Pilgerschaft und in ihren Wechseln vergänglicher Träger verfolgt werden. Im Pralaya, oder der zwischen zwei Manvantaras liegenden Periode, verliert sie ihren Namen, so wie sie ihn verliert, wenn das wirkliche eine Selbst des Menschen in Brahm übergeht, im Fall eines hohen Samadhi (des Turiya-Zustands) oder im endgültigen Nirvana; in den Worten Shankaras, „wenn der Schüler, nachdem er dieses ursprüngliche Bewusstsein erlangt hat, die unbedingte Wonne erlangt, deren Natur Wahrheit und die ohne Form und Tätigkeit ist, und seinen von Atman angenommenen illusiven Körper einem Schauspieler gleich wie ein Gewand ablegt (das er trug)“. Denn Buddhi (die Amandamaya-Hülle) ist lediglich ein Spiegel, der die unbedingte Wonne reflektiert. Und außerdem ist diese Widerspiegelung selbst noch nicht frei von Unwissenheit, und sie ist nicht der Höchste Geist, da sie Bedingungen unterworfen, eine spirituelle Modifikation von Prakriti und eine Wirkung ist; Atman allein ist das eine wirkliche und ewige Substrat von allem – die Essenz und die absolute Erkenntnis – der Kshetragna.102 In der Esoterischen Philosophie wird es als der „Eine Zeuge“ bezeichnet, [SD # 571] und während es in Devachan ruht, wird es als die „drei Zeugen Karmas“ bezeichnet.

Atman (unser siebtes Prinzip) ist identisch mit dem Universalen Geist, und der Mensch ist seinem Wesen nach eins ist mit ihm – was ist dann eigentlich die Monade? Sie ist jener homogene Funke, der in Millionen von Strahlen aus den ursprünglichen „Sieben“ ausstrahlt – über diese Sieben später mehr. Sie ist der aus dem unerschaffenen Strahl emanierende Funke – ein Geheimnis. Im esoterischen und selbst im exoterischen Buddhismus des Nordens sendet Adi-Buddha (Chogi Dangpoi Sangye), das Eine Unbekannte, anfangs- und endlos, das wesensgleich ist mit Parabrahman und Ain Soph, einen hellen Strahl aus seiner Finsternis aus.

Das ist der Logos (der Erste) oder Vajradhara, der Höchste Buddha, (auch tibet. Dorjechang genannt). Als der Herr aller Geheimnisse kann er sich nicht manifestieren, sendet jedoch sein Herz in die Welt der Manifestation – das „Diamantherz“, Vajrasattva (Dorjesempa). Dieses ist der zweite Logos der Schöpfung, aus dem die sieben (in der exoterischen Maske die fünf) Dhyani-Buddhas emanieren, Aupapaduka genannt, die „Elterlosen“. Diese Buddhas sind die ursprünglichen Monaden aus der Welt des körperlosen Seins, aus der Arupawelt, in der die Intelligenzen (lediglich auf dieser Ebene) im exoterischen System weder Gestalt noch Namen besitzen, wohingegen sie in der Esoterischen Philosophie ihre sieben bestimmten Namen haben. Diese Dhyani-Buddhas emanieren oder erschaffen in Dhyana aus sich selbst heraus himmlische Selbste – die übermenschlichen Bodhisattvas. Indem sie sich am Beginn eines jeden menschlichen Zyklus auf der Erde als sterbliche Menschen inkarnieren, werden sie infolge ihres persönlichen Verdienstes gelegentlich inmitten der Söhne der Menschheit zu Bodhisattvas, worauf sie als Manushi (menschliche) Buddhas wiedererscheinen können. Die Aupapaduka (oder Dhyani-Buddhas) sind somit identisch mit den brahmanischen Manasaputras, den „aus dem Gemüt geborenen Söhnen“ – entweder Brahmâs oder einer der beiden anderen trimurtischen Hypostasen, daher also auch identisch mit den Rishis und Prajapatis. Esoterisch interpretiert, findet sich deshalb eine ganz klar dieselbe Idee und dasselbe System aufweisende Stelle in der Anugita, wenn sie auch eine andere Bildsprache nutzt. Dort heißt es: „Welche Wesen auch immer es in dieser Welt geben mag, seien sie beweglich oder unbeweglich, sie werden (im Pralaya) als Erste aufgelöst; und als Nächstes kommen die von den Elementen hervorgebrachten Entwicklungen (aus denen das sichtbare Universum gebildet ist); und auf diese Entwicklungen (evolvierte Wesenheiten) folgen all die Elemente. Das ist die aufsteigende Gliederung der Wesenheiten. Götter, Menschen, Gandharven, Pisachas, Asuras, Rakshasas – sie alle wurden von Svabhava (Prakriti, oder plastische Natur) erschaffen, nicht durch Handlungen, noch durch eine Ursache“ – d. h. nicht durch eine physische Ursache.

„Diese Brahmanas (die Rishi Prajapati?), die Schöpfer der Welt, werden immer und immer wieder hier (auf der Erde) geboren. Und was immer von ihnen hervorgebracht wird, [SD # 572] wird zur gegebenen Zeit in eben jene fünf großen Elemente (die fünf oder vielmehr sieben Dhyani-Buddhas, auch die „Elemente“ der Menschheit genannt) aufgelöst wie Wogen im Ozean. Diese großen Elemente stehen in jeder Hinsicht jenseits der die Welt zusammensetzenden Elemente (der groben Elemente). Und der, der selbst von diesen fünf Elementen (den Tanmatras103) befreit ist, geht zum höchsten Ziel.“ „Prajapati (Brahmâ), der Herr, erschuf all das nur mit dem Gemüt“, d. h. durch Dhyana oder abstrakte Meditation und mystische Kräfte wie die Dhyani-Buddhas (vide supra). Diese „Brahmanas“ sind also offenbar identisch mit den (irdischen) Bodhisattvas der himmlischen Dhyani-Buddhas. Als ursprüngliche und intelligente „Elemente“ werden beide zu Schöpfern oder Hervorbringern der Monaden, deren Bestimmung es ist, in diesem Zyklus menschlich zu werden; danach entwickeln sie sich selbst oder dehnen sich sozusagen in ihre eigenen Selbste als Bodhisattvas oder Brahmanas im Himmel und auf der Erde aus, um schließlich einfache Menschen zu werden – „die Schöpfer der Welt werden immer und immer wieder hier auf der Erde geboren“ – wahrhaftig. In dem nördlichen buddhistischen System oder der volkstümlichen exoterischen Religion wird gelehrt, dass jeder Buddha, während er auf der Erde das gute Gesetz predigt, sich gleichzeitig in drei Welten manifestiert: als Dhyani-Buddha in der formlosen Welt, als Bodhisattva in der Welt der Formen und als Mensch in der Welt der Begierde, der niedersten der Welten (unsere Welt). Esoterisch lautet die Lehre anders: Die göttliche, rein adi-buddhische Monade manifestiert sich als die universale Buddhi (die Maha-Buddhi oder der Mahat der Hindu-Philosophien), die spirituelle allwissende und allmächtige Wurzel der göttlichen Intelligenz, die höchste Anima Mundi oder der Logos. Diese steigt herab „wie eine sich vom ewigen Feuer ausbreitende Flamme, unbeweglich, ohne zu- oder abzunehmen, immer gleich bis zum Ende“ des Daseinskreislaufs und wird auf der irdischen Ebene zum universalen Leben. Aus dieser Ebene des bewussten Lebens schießen, sieben feurigen Zungen gleich, die Söhne des Lichts hervor (die Logoi des Lebens); dann die Dhyani-Buddhas der Kontemplation: die konkreten Formen ihrer formlosen Väter – die Sieben Söhne des Lichts, noch immer sie selbst, auf welche der brahmanische mystische Ausspruch angewendet werden kann: „Du bist ‘Jenes’ – Brahm“. Aus diesen Dhyani-Buddhas emanieren ihre Chhayas (Schatten), die Bodhisattvas der himmlischen Reiche, die Urtypen der überirdischen Bodhisattvas und der irdischen Buddhas und schließlich der Menschen. Die „Sieben Söhne des Lichts“ werden auch „Sterne“ genannt.

Der Stern, unter dem ein Mensch geboren wird, so sagt die okkulte Lehre, wird während des gesamten Kreislaufs seiner Inkarnationen in einem Manvantara immer sein Stern bleiben. Das ist aber nicht sein astrologischer Stern. Letzterer hat einen Bezug zur Persönlichkeit und steht mit ihr in Verbindung, Ersterer mit [SD # 573] der Individualität. Der „Engel“ dieses Sterns, oder der Dhyani-Buddha, wird bei jeder neuen Wiedergeburt der Monade, die ein Teil seiner eigenen Wesenheit ist, sozusagen entweder zum leitenden oder lediglich zum vorstehenden „Engel“, auch wenn ihr Vehikel, der Mensch, sich dieser Tatsache niemals bewusst werden mag. Jeder der Adepten hat seinen eigenen Dhyani-Buddha, seine ältere „Zwillingsseele“, und sie kennen sie, nennen sie „Vater-Seele“ und „Vater-Feuer“. Jedoch erst bei der letzten und höchsten Initiation, wenn sie von Angesicht zu Angesicht dem strahlendem „Bilde“ gegenüber gestellt werden, lernen sie ihn zu erkennen. Wie viel wusste Bulwer-Lytton über diese mystische Tatsache, als er in einer seiner höchst inspirierten Stimmungen Zanoni im Angesicht mit seinem Augoeides beschrieb?

Der Logos, oder sowohl das unmanifestierte wie auch das manifestierte Wort, wird von den Hindus Iswara genannt, „der Herr“, während die Okkultisten ihm einen anderen Namen geben. Iswara, sagen die Vedantisten, ist das höchste Bewusstsein in der Natur. „Dieses höchste Bewusstsein“, antworten die Okkultisten, „ist lediglich eine synthetische Einheit in der Welt des manifestierten Logos – oder auf der Ebene der Illusion, denn es ist die Gesamtsumme allen dhyan-chohanischen Bewusstseins“. „Oh weiser Mensch, gib die Vorstellung auf, Nichtgeist sei Geist“, sagt Shankaracharya. Atman ist Nichtgeist in seinem endgültigen, parabrahmanischen Zustand, Iswara oder Logos ist Geist; oder, wie es der Okkultismus erklärt, er ist eine zusammengesetzte Einheit manifestierter, lebender Geister, die Elter-Quelle und Pflanzschule sämtlicher weltlicher und irdischer Monaden zuzüglich ihrer göttlichen Reflexion, die aus dem Logos hervorgehen und am Höhepunkt ihrer Zeit wieder in ihn zurückkehren. Es gibt sieben Hauptgruppen solcher Dhyan Chohans. In sämtlichen Religionen finden sich diese Gruppen deutlich erkennbar wieder, denn sie sind die ursprünglichen Sieben Strahlen. Der Okkultismus lehrt uns, dass die Menschheit aus sieben klar erkennbaren Gruppen mit ihren jeweiligen intellektuellen, spirituellen und physischen Unterteilungen besteht.104 Als Einheit betrachtet steht die Monade also über dem siebten Prinzip (im Kosmos und im Menschen), und als Dreiheit ist sie der direkte, strahlende Nachkomme der erwähnten zusammengesetzten Einheit und nicht der Atem „Gottes“ (und nicht die spezielle Schöpfung aus dem Nichts), wie diese Einheit genannt wird; denn eine solche Vorstellung ist ziemlich unphilosophisch und erniedrigt die Gottheit, indem sie sie in einen endlichen, mit Eigenschaften versehenen Zustand herabzieht. Der Übersetzer des „Kronjuwels der Weisheit“ brachte es gut zum Ausdruck: Obgleich Iswara „Gott“ ist, „unveränderlich selbst in den tiefsten Tiefen der Pralayas und während der stärksten Aktivität in den Manvantaras“, . . . ist „jenseits (von ihm) [SD # 574]Atman’, um dessen Zelt die Dunkelheit der ewigen Maya herrscht.105 Die unter demselben Mutterplaneten geborenen „Triaden“, oder vielmehr die Ausstrahlungen ein und desselben Planetengeistes (des Dhyani-Buddhas), sind in allen ihren darauffolgenden Leben und Wiedergeburten auf dieser Erde Schwester- oder „Zwillingsseelen“.106

Das war sämtlichen hohen Initiierten in allen Zeitaltern und in jedem Land bekannt: „Ich und der Vater sind Eins“, sagte Jesus (Joh 10,30).107 Wenn Ihm an anderer Stelle die Worte in den Mund gelegt werden (Joh 20,17): „Ich fahre auf zu meinem und zu eurem Vater“, bedeutet das dasselbe wie das eben Gesagte. Damit sollte lediglich gezeigt werden, dass die von Ihm angezogene Gruppe von Schülern und Anhängern demselben Dhyani-Buddha, „Stern“ oder „Vater“ und damit auch demselben planetarischen Bereich und derselben planetarischen Unterabteilung angehörte wie Er. Was T. Subba Row in seiner Rezension von „Das Idyll des weißen Lotus“ schrieb, brachte seine Kenntnis dieser okkulten Lehre zum Ausdruck: „Jeder Buddha begegnet bei seiner letzten Initiation all den großen Adepten, die in den vorhergehenden Zeitaltern die Buddhaschaft erlangten . . . jede Klasse von Adepten hat ihr eigenes Band spiritueller Vereinigung, das sie miteinander verbindet. . . . . Der einzig mögliche und gangbare Weg, in eine solche Bruderschaft einzutreten . . . . besteht darin, sich selbst unter den Einfluss des spirituellen Lichtes zu bringen, das vom eigenen Logos ausstrahlt. Ferner kann ich hier noch darauf hinweisen, . . . . dass eine derartige Gemeinschaft ausschließlich zwischen Personen möglich ist, deren Seelen ihr Leben und Auskommen demselben göttlichen Strahl verdanken, und dass, da von der ‘zentralen spirituellen Sonne’ sieben verschiedene Strahlen ausgehen, alle Adepten und Dhyan Chohans in sieben Klassen eingeteilt werden können, von welchen jede von einer der sieben Formen oder Manifestationen der Göttlichen Weisheit geleitet, beherrscht und überschattet werden („Theosophist“, August 1886).

[SD # 575] Somit sind es also die „Sieben Söhne des Lichts“ – nach ihren Planeten benannt und (von der Menge) oft mit ihnen identifiziert – nämlich Saturn, Jupiter, Merkur, Mars, Venus und – für den modernen Kritiker, der lediglich oberflächlich in die alten Religionen eindringt – vermutlich Sonne und Mond,108 die nach den okkulten Lehren unsere himmlischen Eltern oder zusammen­­gefasst der „Vater“ sind. Wie bereits gesagt, ist der Polytheismus aus diesem Grund im Vergleich zum anthropomorphen Monotheismus wahrhaftig philosophischer und richtiger, was die Tatsachen und die Natur anbelangt. Saturn, Jupiter, Merkur und Venus, die vier exoterischen Planeten, und die drei anderen, die ungenannt bleiben müssen, waren die mit der Erde in unmittelbarer astraler und psychischer Verbindung stehenden Himmels­körper, ihre Führer und Bewacher – moralisch und physisch; die sichtbaren Himmelskörper versehen unsere Menschheit mit ihren äußeren und inneren Eigenschaften, und ihre „Regenten“ oder Rektoren mit unseren Monaden und spirituellen Fähigkeiten. Um die Entstehung neuer Missverständnisse zu vermeiden, soll festgestellt werden, dass sich weder Uranus noch Neptun unter den drei geheimen Gestirnen (oder Sternenengeln) befinden, nicht nur, weil sie den alten Weisen nicht unter diesen Namen bekannt waren, sondern weil sie, wie alle anderen Planeten, wie viele es auch immer sein mögen, die Götter und Hüter anderer siebenfältiger Globenketten in unserem System sind.

Die beiden zuletzt entdeckten großen Planeten sind auch nicht so gänzlich von der Sonne abhängig wie die übrigen. Andererseits, wie lässt sich die Tatsache erklären, dass Neptun nur den 900. Teil und Uranus nur den 390. Teil des Lichts erhalten, der unsere Erde erreicht, und dass ihre Satelliten die Besonderheit einer inversen Rotation zeigen, die kein anderer Planet des Sonnensystems aufweist? Auf jeden Fall trifft das von uns Gesagte bei Uranus zu, obwohl die Tatsache neuerdings wieder bestritten wurde.

Wer die universale Ordnung des Seins mit seinen eigenen Klassifizierungen vermengt, wird diesen Gegenstand natürlich für eine bloße Laune halten. Wie auch immer, hier werden einfache Tatsachen aus den okkulten Lehren dargelegt, die entweder akzeptiert oder verworfen werden können, wie immer es sein mag. Es gibt Einzelheiten, auf die mit Rücksicht auf ihre große metaphysische Abstraktion nicht eingegangen werden kann. Daher stellen wir lediglich fest, dass nur sieben unserer Planeten mit unserem Globus so eng verwandt sind wie die Sonne mit all [SD # 576] den Körpern, die ihr in ihrem System unterstehen. Gegenüber deren Menge wirkt die Anzahl der der Astronomie bekannten primären und sekundären Planeten wahrhaftig jämmerlich klein.109 Es ist daher vernünftig anzunehmen, dass eine gewaltige Anzahl bis jetzt noch nicht entdeckter kleiner und großer Planeten existiert, von deren Existenz die alten Astronomen – allesamt initiierte Adepten –, sicherlich gewusst haben müssen. Aber da ihre Beziehung zu den Göttern heilig war, mussten sie geheim bleiben, ebenso wie die Namen verschiedener anderer Planeten und Sterne.

Zudem spricht selbst die römisch-katholische Theologie von „siebzig Planeten, die den Schicksalen der Nationen dieses Globus vorstehen“; von der irrtümlichen Anwendung einmal abgesehen, enthält diese Überlieferung mehr Wahrheit als die exakte moderne Astronomie. Die siebzig Planeten stehen in Zusammenhang mit den siebzig Ältesten des Volkes Israel („Numeri.“, 11, 16), da die Regenten dieser Planeten gemeint sind, nicht die Gestirne selbst; und das Wort siebzig ist ein Wortspiel sowie eine Blende für die 7 x 7 Unterteilungen. Wie bereits gesagt, hat jedes Volk und jede Nation seinen direkten Wächter, Hüter und Vater im Himmel – einen Planetengeist. Wir sind bereit, den Nachkommen Israels, den Verehrern Sabaoths oder des Saturn, Johovah zuzugestehen, ihren eigenen Nationalgott; denn in der Tat gehören die Monaden des von ihm auserwählten Volkes ihm, und die Bibel hat niemals ein Geheimnis daraus gemacht. Wie gewohnt stimmt nur der Wortlaut der (protestantischen) englischen Bibel nicht mit der Septuaginta und der Vulgata überein. Während wir nämlich in der Ersteren lesen (Deuter. 32,8 und 9): „Da der Allerhöchste (nicht Johovah) den Völkern ihr Erbe verteilte . . . setzte er die Grenzen der Völker nach der Zahl der Kinder Israels“, lautet der Text dann in der Septuagintanach der Zahl der Engel“ (der Planetenengel), eine Lesart, die mit der Wahrheit und den Tatsachen besser in Einklang steht. Außerdem stimmen alle Texte darin überein, „des Herrn (Jehovahs) Teil ist sein Volk. Jakob ist das Los seines Erbes“ (Deuter. 32,9), und das erledigt die Frage. Der „Herr“ Jehovah nahm Israel als seinen Teil – was haben andere Nationen mit dieser besonderen Nationalgottheit zu tun? So möge denn der „Engel Gabriel“ wachen über Iran und „Mikael-Jehovah“ über die Hebräer. Sie sind nicht die Götter anderer Nationen, und es ist schwer einzusehen, warum sich die Christen [SD # 577] einen Gott hätten auserwählen sollen, gegen dessen Gebote Jesus als Erster rebellierte.

Der planetarische Ursprung der Monade (Seele) und ihrer Fähigkeiten wurden von den Gnostikern gelehrt. Auf ihrem Weg zur Erde sowie auf ihrem Rückweg von der Erde musste jede in und aus dem „grenzenlosen Licht“110 geborene Seele die sieben planetarischen Regionen in beiden Richtungen durchschreiten. Die reinen Dhyani und Devas der ältesten Religionen waren im Verlauf der Zeit bei den Zoroastriern zu den sieben Devas, den Dienern Ahrimans geworden, „ein jeder an seinen Planeten gekettet“ (siehe Origenes’ Kopie der Tafel); bei den Brahmanen zu den Asuras und einigen der Rishis – gut, böse und indifferent; bei den ägyptischen Gnostikern war es Thoth (oder Hermes), der Führer der Sieben, deren Namen von Origenes wie folgt angegeben werden: Adonai, Genius der Sonne; Tao, jener des Mondes; Eloi, des Jupiters; Sabaoth, des Mars; Orai, der Venus; Astaphai, des Merkurs; und Ildabaoth (Jehovah), des Saturns. Die Pistis-Sophia schließlich, die der verstorbene C. W. King, die höchste moderne Autorität auf dem Gebiet exoterischer gnostischer Glaubenslehren, als „jenes kostbare Denkmal des Gnostizismus“ bezeichnet – dieses alte Dokument gibt den archaischen Glauben der Zeitalter wieder, verzerrt ihn aber, um ihn sektiererischen Zwecken anzupassen. Die astralen „Herrscher der Sphären“ (der Planeten), erschaffen die Monaden (die Seelen) „aus ihrer eigenen Substanz aus den Tränen ihrer Augen und dem Schweiß ihrer Qualen“, indem sie sie mit einem Funken des Göttlichen Lichts beschenken, das ihre Substanz ist. Im zweiten Band wird gezeigt, warum diese „Herren des Tierkreises und der Sphären“ von einer sektiererischen Theologie in die aufrührerischen Engel der Christen verwandelt wurden, die sie von den sieben Devas der Magier entlehnten, ohne die Wichtigkeit der Allegorie zu verstehen (siehe Teil II, „Über die Sieben Seelenund dort Abschnitt XV, „Götter, Monaden und Atome“).

Infolge seiner Differenzierung durch das verzerrte Prisma menschlicher Vorstellungen wurde das, was in seiner ersten Einheit und vom Anbeginn an göttlich, rein und spirituell ist und war, wie üblich menschlich und unrein, die eigene sündige Natur des Menschen widerspiegelnd. So wurde der Planet Saturn von den Verehrern anderer „Götter“ mit der Zeit geschmäht. Die unter dem Saturn geborenen Nationen – z. B. die jüdische – bei der er zu Jehovah wurde, nachdem er von den Ophiten und im Buch Jaschar für einen Sohn Saturns oder Ildabaoth gehalten worden war – lagen in ewigem Kampf mit den unter Jupiter, Merkur oder allen anderen Planeten, mit Ausnahme von Saturn-Jehovah, geborenen Nationen; ungeachtet der Genealogien und Prophezeiungen war Jesus der Initiierte (oder Jehoschua) – der Typus, von dem der „historische“ Jesus [SD # 578] kopiert wurde – nicht rein jüdischen Blutes und erkannte Jehovah aus diesem Grund nicht an; auch verehrte er neben seinem eigenen „Vater“, den er kannte und mit dem er verkehrte, so wie jeder hohe Initiierte es tut, keinen anderen planetarischen Gott. „Geist zu Geist und Seele zu Seele.“ Daran kann nur schwer Anstoß genommen werden, außer der Kritiker erklärt allgemein nachvollziehbar die seltsamen Sätze, die der Verfasser des vierten Evangeliums (Joh 8) Jesus anlässlich seiner Streitgespräche mit den Pharisäern in den Mund legte:

„Ich weiß, daß ihr Abrahams Same seid111 . . . Ich rede, was ich bei meinem Vater gesehen habe, und ihr nun tut, was ihr von eurem Vater gehört habt. . . . . Ihr tut die Werke eures Vaters. . . . . Ihr seid aus eurem Vater, dem Teufel. . . . . Jener war ein Menschenmörder von Anfang und ist in der Wahrheit nicht bestanden, weil keine Wahrheit in ihm ist. Wenn er die Lüge redet, so redet er aus seinem Eigenen; denn er ist ein Lügner und der Vater derselben“ etc. etc.

Dieser „Vater“ der Pharisäer war Jehovah, denn er war identisch mit Kain, Saturn, Vulkan etc., – der Planet, unter dem sie geboren waren, und der Gott, den sie verehrten. Offenbar muss in diesen Worten und Ermahnungen, so schlecht sie auch übersetzt sein mögen, eine okkulte Bedeutung gesucht werden, da sie von einem ausgesprochen wurden, der jeden mit dem Höllenfeuer bedrohte, der seinen Bruder auch nur einen Raka (Narren) nannte (Mt 5,22). Genauso offensichtlich sind die Planeten nicht bloße Kugeln, die im Raum funkeln und ohne jeden Zweck zum Strahlen gebracht wurden, sondern sie sind die Domänen verschiedenartiger Wesen, mit welchen der Profane bislang nicht vertraut ist; nichtsdestotrotz stehen sie mit den Menschen und den Globen in einem geheimnisvollen, ununterbrochenen und mächtigen Zusammenhang. Jeder Himmelskörper ist der Tempel eines Gottes, und diese Götter selbst sind die Tempel Gottes, des unbekannten „Nichtgeistes“. Es gibt nichts Profanes im Universum. Die gesamte Natur ist ein geweihter Ort, wie Young sagt:

„Jeder dieser Sterne ist ein Gotteshaus.” . . . .

Somit können sämtliche exoterischen Religionen als gefälschte Kopien der esoterischen Lehre nachgewiesen werden. Für den gegenwärtigen Umschwung zugunsten des Materialismus ist die Priesterschaft verantwortlich zu machen. Indem sie die um der Allegorie willen personifizierten Hüllen der äußeren, heidnischen Ideale anbeteten und ihnen bei den Massen Geltung verschufen, hat die jüngste exoterische Religion aus den westlichen Ländern ein Pandämonium gemacht, in welchem die höheren Klassen das goldene Kalb anbeten und die niedrigeren und unwissenden Massen dazu gebracht wurden, einen Götzen auf tönernen Füßen anzubeten.

[SD # 579]
XII
Altes Denken in modernem Gewand

Die moderne Wissenschaft ist verzerrtes, altes Denken, und weiter nichts. Wir haben jedoch gesehen, was intuitive Gelehrte denken und womit sie sich beschäftigen; und jetzt sollen dem Leser weitere Beweise für die Tatsache geliefert werden, dass mehr als ein F.R.S. sich unbewusst den so verlachten Geheimwissenschaften annähert.

Die heutigen Spekulationen über Kosmogonie und Urmaterie sind unbestreitbar altes Denken, mit widersprüchlichen Theorien neueren Ursprungs verbessert. Aber die gesamte Grundlage gehört der zu jener Zeit immer als Philosophie bezeichneten griechischen und indischen archaischen Astronomie und Physik an. In allen arischen und griechischen Spekulationen begegnen wir der Vorstellung einer alles durchdringenden, unorganisierten und homogenen Materie, oder dem Chaos, von den modernen Wissenschaften neu als „Weltenstoff in nebelartigem Zustand“ beschrieben. Was Anaxagoras in seinen „Homoiomeria“ als „Chaos“ bezeichnete, wird jetzt von Sir W. Thomson „ursprüngliches Fluidum“ genannt. Die hinduistischen und griechischen Atomisten – Kanada, Leukipp, Demokrit, Epikur, Lukrez etc. etc. – werden jetzt in den Anhängern der Atomtheorie unserer modernen Tage wie von einem klaren Spiegel reflektiert, mit den Leibnizschen Monaden beginnend und mit den „Wirbelatomen“ Sir W. Thomsons endend.112 Es ist wahr, die alte Korpuskulartheorie ist verworfen, und die Wellentheorie hat ihren Platz eingenommen. Aber die Frage ist, ob Letztere so fest begründet ist, dass sie nicht möglicherweise genau wie ihre Vorgängerin entthront werden könnte? Der metaphysische Aspekt des Lichts wurde in „Isis entschleiert“ vollständig behandelt:

„Licht ist der Erstgeborene und die erste Emanation des Höchsten, und Licht ist Leben, sagen der Evangelist und der Kabbalist. Beides ist Elektrizität – das Lebensprinzip, die das Universum durchströmende Anima Mundi, welche alle Dinge elektrisch belebt. Licht ist der große proteische Magier, und unter dem göttlichen Willen des Architekten113 oder vielmehr der Architekten, der „Baumeister“ (zusammengefasst als Eins bezeichnet) wurden sowohl seine mannigfaltigen Formen als auch sämtliche lebenden Wesen in vielgestaltigen, allmächtigen Wellen geboren. Seinem schwellenden, elektrischen Schoß entspringen Materie und Geist. Die Anfänge sämtlicher physikalischer und chemischer Vorgänge sowie aller kosmischer und spiritueller Phänomene liegen innerhalb seiner Strahlen; es vitalisiert und desorganisiert; es spendet Leben und bringt den Tod, und aus seinem Ursprungspunkt traten die Myriaden von Welten sichtbarer und unsichtbarer Himmelskörper stufenweise ins Dasein. Laut Platon entzündete „Gott“ an dem Strahl dieser Ersten Mutter, [SD # 580] drei in einem, ein Feuer, das wir heute die Sonne nennen“,114 die nicht die Ursache von Licht oder Wärme ist, sondern lediglich der Brennpunkt, oder, wie wir sagen könnten, die Linse, durch welche die Strahlen des ursprünglichen Lichts materialisiert und auf unser Sonnensystem konzentriert werden und die gesamten Wechselbeziehungen der Kräfte hervorbringen.“

Das ist der Ether, soeben nach Metcalfes Anschauungen wiedergegeben, die von Dr. Richardson mit Ausnahme der Anwendung der modernen Wellentheorie in einigen Einzelheiten auf den Ersteren übernommen wurden. Wir sagen nicht, dass wir die Theorie ablehnen, wir behaupten lediglich, dass sie einer Vervollständigung und Neuordnung bedarf. Auf keinen Fall aber stellen die Okkultisten in dieser Beziehung die einzigen Heretiker dar, denn Robert Hunt, F.R.S., bemerkt in seinen „Researches on Light in Its Chemical Relations“, dass …

„ . . . . die Wellentheorie die Ergebnisse seiner Versuche nicht erklärt. Sir David Brewster zeigt in seiner „Treatise on Optics“, ‘dass die Farben des pflanzlichen Lebens . . . . aus einer besonderen Anziehung entstehen, welche die Teilchen dieser Körper auf die verschieden gefärbten Strahlen des Lichts ausüben’, und dass ‘die farbigen Pflanzensäfte, die Farbveränderungen der Körper etc. vom Sonnenlicht bewirkt werden. . . . . ’, und er merkt an, dass man der Behauptung, ‘dass diese Wirkungen von der bloßen Schwingung eines etherischen Mediums hervorgebracht werden können’, nicht leicht zustimmen kann. Und er ist gezwungen, sagt er, ‘angesichts dieser Art von Tatsachen zu folgern, dass das Licht materiell sei (?)’. Professor Josiah P. Cooke von der Harvard-Universität sagt, er ‘könne nicht übereinstimmen . . . . mit jenen, die die Wellentheorie des Lichts als einen feststehenden Grundsatz der Wissenschaft betrachten’.115 Wird Herschels Lehre als korrekt akzeptiert, dass sich die Lichtintensität, in der Wirkung jeder Welle, ‘proportional zum Quadrat des Abstands vom leuchtenden Körper verhält’, gefährdet sie einen großen Teil der Wellentheorie, wenn sie sie nicht gar vollständig verwirft. Dass er Recht hat, wurde wiederholt durch Versuche mit Photometern bewiesen. Doch die Wellentheorie ist nach wie vor gültig, obwohl sie immer häufiger angezweifelt wird.“ („Isis entschleiert“).

Auf die Bemerkung Sir David Brewsters – er sei „gezwungen zu folgern, dass das Licht materiell sei“ – gibt es sehr viel zu erwidern. Licht ist, in einem Sinn, sicherlich ebenso materiell wie die Elektrizität selbst. Und wenn die Elektrizität nicht materiell ist, wenn sie lediglich einen „Bewegungsmodus“ darstellt, wie kann es dann sein, dass sie in Faureschen Akkumulatoren gespeichert werden kann? Helmholtz behauptet, Elektrizität müsse ebenso atomar sein wie Materie. Und W. Crookes, F.R.S., unterstützte diese Ansicht in seiner ‘Address to the Chemical Section of the British Association’, deren Präsident er war (1886 in Birmingham). Folgendes sagt Helmholtz dazu (in seiner „Faraday Lecture“, 1881):

Wenn wir die Hypothese akzeptieren, dass die elementaren Substanzen aus Atomen zusammengesetzt sind, kommen wir nicht umhin zu schließen, dass die Elektrizität genauso, sowohl die positive als auch die negative, in bestimmte elementare Anteile unterteilt ist, die sich wie Atome der Elektrizität verhalten.“

Wir müssen hier wiederholen, was bereits im Kapitel IX gesagt wurde, dass es lediglich eine Wissenschaft gibt, welche die moderne Forschung von nun an auf den einen Pfad hinlenken kann, der zur Entdeckung der gesamten bisher [SD # 581] okkulten Wahrheit führen wird, und das ist die jüngste von allen, die Chemie in ihrem aktuellen, reformierten Stand. Keine andere Wissenschaft, auch nicht die Astronomie, kann die wissenschaftliche Intuition so unfehlbar führen wie die Chemie. In der Welt der Wissenschaft finden sich dafür zwei Beweise – zwei große Chemiker, jeder in seinem Land führend, nämlich Crookes und der verstorbene Professor Butlerov; der eine glaubt fest an abnormale Phänomene, der andere ist ein ebenso eifriger Spiritist wie großartiger Naturwissenschaftler. Es wird klar, dass das wissenschaftlich ausgebildete Denken des Chemikers beim Nachsinnen über die letzte Teilbarkeit der Materie und bei der bislang erfolglosen Jagd nach einem Element mit negativem Atomgewicht sich unwiderstehlich von jenen ewig verschleierten Welten angezogen fühlen muss, von diesem geheimnisvollen Jenseits, dessen unermessliche Tiefe sich gegen jegliche Annäherung einer allzu materialistischen Hand zu verschließen scheint, die gerne ihren Schleier lüften möchte. „Es ist das Unbekannte und das ewig Unerkennbare“, warnt der monistische Agnostiker. „Nicht so“, antwortet der ausdauernde Chemiker: „Wir sind auf dem richtigen Weg und lassen uns nicht entmutigen, und wir möchten gern in den geheimnisvollen Bereich eindringen, den die Unwissenheit als das Unerkannte etikettiert.“116

Ein paar Zeilen, ganz am Schluss seiner Vorlesung über die „Genesis of the Elements“ – zwei oder drei Sätze – deuteten an, dass sich der hervorragende Gelehrte auf dem königlichen Weg zu den größten Entdeckungen befand. Eine Zeitlang hielt er seine schützende Hand über „das ursprüngliche Protyl“ und kam zu dem Schluss, dass „dem, der den Schlüssel erlangt, gestattet sein wird, einige der tiefsten Geheimnisse der Schöpfung zu erschließen“. Das Protyl, erklärt der große Chemiker,

„ . . . ist ein Wort analog zu Protoplasma, um die Idee einer ursprünglichen, ersten, bereits vor der Evolution der chemischen Elemente existierenden Materie auszudrücken. Das Wort, das dafür zu gebrauchen ich mir erlaube, ist zusammengesetzt aus πρὸ (früher als) und ὕλη (der Stoff, aus dem die Dinge gemacht sind). Das Wort kann kaum neu geprägt worden sein, denn vor 600 Jahren schrieb Roger Bacon in seiner „De artes chymiae scripta“: „Die Elemente sind aus ὕλη gemacht, und jedes Element wird in die Natur eines anderen Elementes umgewandelt.“

Roger Bacons Wissen kam nicht durch Inspiration zu diesem wunderbaren alten Magier117, sondern dadurch, dass er alte Werke über [SD # 582] Magie und Alchemie studierte und einen Schlüssel zu der wirklichen Bedeutung ihrer Worte besaß. Aber sehen wir, was Crookes über das Protyl sagt, den nächsten Nachbarn der unbewussten Mulaprakriti der Okkultisten:

„ . . . . . Gehen wir von dem Augenblick aus, an dem das erste Element ins Dasein trat. Vor diesem Zeitpunkt existierte keine Materie, wie wir sie kennen. Es ist gleichermaßen unmöglich, sich Materie ohne Energie vorzustellen wie Energie ohne Materie; von einem Gesichtspunkt aus sind beide Bezeichnungen austauschbar. Die gesamten beim Einwirken von Materie auf Materie zutage tretenden Energieformen können vor der Geburt der Atome noch nicht existiert haben118 – sie waren lediglich als latente Möglichkeiten in dem Protyl eingeschlossen. Mit der Schöpfung der Atome traten all die vollständig mit Energie ausgestatteten Attribute und Eigenschaften ins Dasein, die es uns ermöglichen, ein chemisches Element vom anderen zu unterscheiden.“ (Presidential Address“, S. 124)

Bei allem Respekt vor dem großen Wissen des Vortragenden würde der Okkultist es anders darstellen. Er würde sagen, dass kein Atom jemals „erschaffen“ wurde, da die Atome im Schoß des Einen Atoms – „des Atoms der Atome“ – ewig sind, das im Manvantara als der Jagad-Yoni betrachtet wird, der materielle, ursächliche Weltenschoß. Pradhana (nicht modifizierte Materie), die erste Form von Prakriti oder materiell sichtbare sowie unsichtbare Natur, und Purusha, der Geist, sind ewig eins; und sie sind lediglich im Pralaya und wenn sie sich jenseits sämtlicher Ebenen des Daseinsbewusstseins befinden Nirupadhi (ohne hinzukommende Eigenschaften oder Attribute). Das Atom, wie es der modernen Wissenschaft bekannt ist, kann von Purusha nicht getrennt werden, dem Geist, der in der Wissenschaft jedoch gegenwärtig „Energie“ genannt wird. Das Protyl-Atom wurde weder zertrümmert noch sublimiert, vielmehr ist es auf jene Ebene übergegangen, die keine Ebene ist, sondern der ewige Zustand von allem jenseits der Ebene der Illusion. Beide, Purusha und Pradhana, sind unveränderlich und unzerstörbar oder Aparinamin und Avyaya in Ewigkeit; und beide können während der mayavischen Perioden als Vyaya und Parinamin bezeichnet werden oder als das, was sich ausdehnen, sterben oder verschwinden kann und „modifizierbar“ ist. In diesem Sinn muss sich Purusha selbstverständlich klar von unserer Idee von Parabrahman unterscheiden. Nichtsdestoweniger ist das, was in der Wissenschaft „Energie“ oder „Kraft“ genannt und von Metcalfe als duale Kraft dargestellt wird, tatsächlich niemals nur Energie und kann es auch nicht sein, denn es ist die Substanz der Welt, ihre Seele, das alles durchdringende „Sarvaga“ in Verbindung mit Kala, der „Zeit“. Die drei sind im Manvantara die Dreiheit in Einem, die alle Möglichkeiten enthaltende Einheit, welche auf der Ebene der Illusion (Maya) drei unterschiedliche Wirkungen hervorbringt. In der orphischen [SD # 583] Philosophie in Griechenland hießen sie Phanes, Chaos und Chronos – die Dreiheit der okkulten Philosophen dieser Periode.

Man sieht jedenfalls, wie nah Crookes dem „Unerkennbaren“ kommt, und welches „Potenzial“ in seinen Entdeckungen liegt, okkulte Wahrheiten anzuerkennen. Er fährt in seiner Besprechung der Evolution der Atome fort:

„ . . . . Halten wir am Ende der ersten vollständigen Schwingung inne und untersuchen das Ergebnis. Folgende Elemente konnten wir bereits feststellen: Wasser, Ammoniak, Kohlensäure, die Atmosphäre, pflanzliches und tierisches Leben, Phosphor für das Gehirn, Salz für die Meere, Ton für die feste Erde . . . ausreichend Phosphate und Silikate für eine Welt und ihre Bewohner, die sich nicht so sehr von dem unterscheidet, an was wir uns heute erfreuen. Es ist wahr, die menschlichen Bewohner müssten in einem Zustand von mehr als arkadischer Einfachheit leben, und das fehlende Kalziumphosphat wäre in Bezug auf die Knochen misslich.119 . . . Am unteren Ende unserer Kurve . . . sehen wir eine große Lücke . . . Diese Oase sowie die ihr vorangehenden und nachfolgenden Leerstellen können mit großer Wahrscheinlichkeit in Zusammenhang mit der besonderen Art und Weise gedeutet werden, wie sich unsere Erde zu einem Mitglied unseres Sonnensystems entwickelte. Wenn das so ist, könnte es sein, dass diese Leerstellen lediglich auf unserer Erde vorkommen und nicht allgemein im Universum.“

Das rechtfertigt verschiedene Behauptungen in den okkulten Werken.

Erstens, „dass weder von den Sternen noch von der Sonne behauptet werden kann, sie bestünden aus den den Chemikern vertrauten terrestrischen Elementen, obwohl sie alle in den äußeren Hüllen der Sonne vorkommen – neben einer ganzen Schar weiterer der Wissenschaft bislang unbekannter Elemente“.

Zweitens, dass unser Globus an den weit entfernten Grenzen seiner Atmosphäre sein eigenes, spezielles Laboratorium besitzt, in welchem jedes Atom und Molekül bei seiner Passage einer Veränderung und Differenzierung seiner ursprünglichen Natur unterworfen wird.

Und drittens: Obwohl es niemals möglich sein wird, dass ein beliebiges auf unserer Erde vorkommendes Element nicht auch in der Sonne vorzufinden ist, existieren dort viele weitere Elemente, die entweder unseren Globus noch nicht erreicht haben oder bis heute noch nicht auf ihm entdeckt wurden. „Auf bestimmten Sternen und Himmelskörpern mögen während des Entstehungsprozesses einige dieser Elemente fehlen, oder sie könnten zwar auf ihnen vorkommen, jedoch sich infolge ihres gegenwärtigen Zustands bis jetzt im Rahmen der üblichen wissenschaftlichen Untersuchungen nicht offenbaren.“120 Crookes spricht von einem Element mit noch geringerem Atomgewicht als Wasserstoff, einem rein hypothetischen Element, soweit unsere Erde in Betracht kommt . . . das dennoch in der Chromosphäre der Sonne im Überfluss vorkommt – dem Helium. Die okkulte Wissenschaft fügt hinzu, dass nicht eines der Elemente, die von der Chemie dafür gehalten werden, diesen Namen wirklich verdient.

Auch hier finden wir wieder Crookes billigend sprechen über „Dr. Carnellys gewichtiges Argument zugunsten der zusammengesetzten Natur der sogenannten Elemente aufgrund ihrer Analogie mit den zusammengesetzten Radikalen“! In der historischen Zeit und den sogenannten zivilisierten Ländern [SD # 584] war bislang lediglich die Alchemie erfolgreich und erlangte ein wirkliches Element oder ein Teilchen homogener Materie, und zwar das Mysterium Magnum von Paracelsus. Aber das geschah vor Lord Bacons Tagen.121

„ . . . Wenden wir uns jetzt dem oberen Teil des Schemas zu. Mit dem Wasserstoff und seinem Atomgewicht = 1 bleibt wenig Raum für weitere Elemente, ausgenommen vielleicht für das hypothetische Helium. Was aber, wenn wir ‘durch den Spiegel hindurch’ gehen und auf unserer Suche nach neuen Prinzipien die Null-Linie überschreiten – was werden wir finden auf der anderen Seite von Null? Dr. Carnelly fragt nach einem Element mit negativem Atomgewicht; da gibt es ausgiebig Raum und ausreichend Platz für eine Schattenreihe derartiger Unwirklichkeiten. Helmholtz behauptet, Elektrizität sei wahrscheinlich ebenso atomar wie Materie. Ist die Elektrizität eines dieser negativen Elemente und der das Licht übertragende Ether ein weiteres? Die Materie, wie wir sie jetzt kennen, existiert hier nicht; die in den Bewegungen der Materie auftretenden Energieformen sind bis jetzt lediglich latente Möglichkeiten. Eine Substanz mit negativem Gewicht ist nicht unvorstellbar.122 Können wir aber eine klare Vorstellung über einen Körper entwickeln, der sich mit anderen Körpern in Verhältnissen verbindet, die sich nur mit negativen Eigenschaften formulieren lassen?123

Eine Genesis der Elemente, so wie hier skizziert, würde nicht auf unser kleines Sonnensystem beschränkt sein, sondern würde wahrscheinlich dieselbe allgemeine Aufeinanderfolge der Ereignisse in jedem jetzt als Stern sichtbaren Energiezentrum hervorbringen.

Bevor die Atome geboren wurden, um sich gegenseitig anzuziehen, konnte kein Druck ausgeübt werden; an den Grenzen der Feuernebelsphäre jedoch, innerhalb der alles Protyl ist und an deren Schale die bei der Geburt eines chemischen Elements beteiligten gewaltigen Kräfte voll zur Auswirkung kommen, wäre die glühende Hitze von einer derartig starken Gravitation begleitet, dass sie die neugeborenen Elemente daran hindern würde, sich in den Raum hinaus zu verflüchtigen. Mit steigender Temperatur wachsen Ausdehnung und Molekularbewegung, die Moleküle streben auseinander und ihre chemischen Affinitäten werden abgeschwächt; der außerhalb dessen, was ich der Kürze halber die Geburtsschale nennen möchte, existierende enorme Gravitationsdruck der Masse atomarer Materie würde jedoch der Wirkung der Hitze entgegenstehen.

In dem die Geburtsschale umgebenden Raum könnten keine chemischen Reaktionen statt­finden, da die Temperatur dort über dem sogenannten Dissoziationspunkt für zusammengesetzte Körper liegt. In diesem Raum würden der Löwe und das Lamm zusammen liegen; Phosphor und Sauerstoff würden sich vermengen, ohne eine chemische Verbindung einzugehen; Wasserstoff und Chlor würden keine Tendenz zu engeren Bindungen aufweisen; und selbst Fluor, dieses [SD # 585] energiegeladene Gas, das die Chemiker erst vor einem oder zwei Monaten isolierten, würde frei und ungebunden umherwandern.

Außerhalb dieses Raums freier atomarer Materie befände sich eine weitere Schale, in der sich die geformten chemischen Elemente bis zum Verbindungspunkt abgekühlt hätten, und nun träte die Reihenfolge von Ereignissen ein, die Mattieu Williams so anschaulich in ‘The Fuel of the Sun’ beschrieb, welche in der festen Erde und im Anbeginn der geologischen Zeit gipfelt.“ (S. 19)

Das ist die Beschreibung der Evolution des differenzierten Universums nach den geheimen Lehren in einer streng wissenschaftlichen, doch schönen Sprache. Der gelehrte Herr schließt seine Ansprache mit Worten, von denen ein jeder Satz einem Lichtblitz gleich hinter dem bislang über die exakte Wissenschaft geworfenen dunklen Schleier der Materialität hervorbricht und einen Schritt voran zum Sanctum Sanctorum des Okkulten bedeutet (vide § XV, „Götter, Monaden und Atome“). So sagt er:

„Wir haben kurz das Problem betrachtet, ein Element zu definieren. Wir haben auch die Rebellion vieler führender Physiker und Chemiker gegen die verbreitete Akzeptanz des Begriffs Element bemerkt; wir haben die Unwahrscheinlichkeit ihrer ewigen Existenz124 und ihrer zufälligen Entstehung geprüft. Als verbleibende Alternative haben wir ihre Entstehung mittels eines Evolutionsprozesses vorgeschlagen, welcher der Evolution der Himmelskörper nach Laplace und der Evolution der Pflanzen und Tiere auf unserem Globus nach Lamarck, Darwin und Wallace vergleichbar ist.125 In der allgemeinen Aufstellung der Elemente, soweit sie uns bekannt sind, haben wir eine auffallende Annäherung an die Elemente der organischen Welt erkannt.126 In Ermangelung eines unmittelbaren Beweises für die Zerlegung eines beliebigen Elements haben wir einen indirekten Beweis gesucht und gefunden . . . . Als Nächstes haben wir einen Blick auf die Genesis der Elemente geworfen; und schließlich haben wir uns ein Schema ihrer Entstehung angesehen, welches Professor Reynolds Methode der Illustration der periodischen Klassifizierung nahelegt127 . . . Fassen wir alle obigen Überlegungen zusammen, können wir [SD # 586] in der Tat nicht wagen mit Bestimmtheit festzustellen, unsere sogenannten Elemente seien aus einer Urmaterie entwickelt worden; aber wir können behaupten, wie ich glaube, dass die Abwägung der Beweise stark für diese Überlegung spricht.

Somit geht die induktive Wissenschaft in ihren Zweigen Astronomie, Physik und Chemie, während sie sich zögerlich der Eroberung der Geheimnisse der Natur in ihren letzten Wirkungen auf unserer irdischen Ebene annähert, auf die Tage von Anaxagoras und der Chaldäer zurück mit ihren Entdeckungen (a) des Ursprungs unserer phänomenalen Welt, und (b) der Art und Weise der Entstehung der das Universum zusammensetzenden Körper. Und da sie für ihre kosmogonischen Hypothesen auf den Glauben der ältesten Philosophen und auf deren Systeme zurückgreifen müssen – auf Systeme, die im Hinblick auf die ursprüngliche Materie mit ihren Eigenschaften, Funktionen und Gesetzen alle auf den Lehren einer universalen Geheimlehre beruhten – haben wir da nicht das Recht zu hoffen, dass der Tag nicht fern ist, an dem die Wissenschaft ein besseres Verständnis für die Weisheit der Alten zeigen wird als bisher?

Zweifellos könnte die okkulte Philosophie ziemlich viel von der exakten modernen Wissenschaft lernen; aber Letztere könnte andererseits aus der Gelehrsamkeit des Altertums in mehr als einer Richtung Vorteil ziehen, und insbesondere in der Kosmogonie. [SD # 587] Sie könnte z. B. die mystische, alchemistische und transzendentale Bedeutung der vielen unwägbaren Substanzen kennenlernen, die den interplanetarischen Raum ausfüllen und in ihrer gegenseitigen Durchdringung am unteren Ende der unmittelbaren Ursachen der Entstehung von Naturphänomenen stehen, die sich durch (sogenannte) Vibration manifestieren. Die Kenntnis der wirklichen (nicht hypothetischen) Natur des Ethers, oder vielmehr Akashas, und anderer Geheimnisse, kurz gesagt, kann schon für sich zum Wissen über Kräfte führen. Er ist jene Substanz, gegen die sich die materialistische Schule der Physiker mit solcher Heftigkeit auflehnt, insbesondere in Frankreich,128 und die die exakte Wissenschaft nichtsdestoweniger befürworten muss. Ohne sie können sie nicht vorankommen, ohne Gefahr zu laufen, die Pfeiler des Tempels der Wissenschaft, einem modernen Samson gleich, umzustoßen und unter seinem Dach begraben zu werden.

Sämtliche Theorien, die auf der Ablehnung einer außerhalb und unabhängig von der reinen und einfachen Materie existierenden Kraft aufgebaut sind, haben sich als abwegig erwiesen. Sie decken nicht das ganze Gebiet und können das auch nicht, und viele der wissenschaftlichen Daten erweisen sich so als unwissenschaftlich. „Der Ether brachte den Ton hervor“, heißt es in den Puranas, und diese Behauptung wird verlacht. Der Ton ist die Wirkung von Schwingungen der Luft, werden wir korrigiert. Und was ist Luft? Könnte sie existieren, wenn kein etherisches Medium im Raum vorhanden wäre, um ihren Molekülen Auftrieb zu geben? Der Fall liegt einfach so. Der Materialismus kann nicht die Existenz von irgendetwas außerhalb der Materie anerkennen, da mit der Annahme einer unwägbaren Kraft – die Quelle und das Haupt aller physischen Kräfte – andere intelligente Kräfte praktisch zugestanden werden müssten, und das würde die Wissenschaft sehr weit führen. Denn sie müsste als Folge davon im Menschen die Gegenwart einer noch spirituelleren Kraft annehmen – die von jeglicher Art von Materie, über die Physiker irgendetwas wissen, ein für alle Mal vollkommen unabhängig ist. Daher ist, abgesehen von einem hypothetischen Ether des Raumes und den groben physischen Körpern, der ganze siderische und unsichtbare Raum nach Ansicht der Materialisten eine einzige grenzenlose Leere in der Natur – blind, unintelligent, nutzlos.

Und nun kommt die nächste Frage: Was ist diese kosmische Substanz und inwiefern kann man Mutmaßungen über ihre Natur anstellen oder ihr ihre Geheimnisse entringen und sich dann dadurch dazu berechtigt fühlen, ihr einen Namen zu geben? Wie weit ist insbesondere die moderne Wissenschaft in Bezug auf diese Geheimnisse vorgedrungen, und was unternimmt sie, um sie zu lösen? Das neueste Steckenpferd der Wissenschaft, die „Nebulartheorie“, wird uns in dieser Frage weiterhelfen. Untersuchen wir also diese Nebulartheorie auf ihre Legitimation.

[SD # 588]
XIII
WISSENSCHAFTLICHE UND ESOTERISCHE BEWEISE FÜR
UND EINWÄNDE GEGEN DIE MODERNE NEBULARTHEORIE

In letzter Zeit wurde der esoterischen Kosmogonie häufig das Gespenst dieser Theorie und die aus ihr folgenden Hypothesen entgegengestellt. „Kann diese höchst wissenschaftliche Lehre von euren Adepten bestritten werden?“, wird gefragt. „Nicht vollständig“, lautet die Antwort, „doch gerade die Zugeständnisse der Wissenschaftler erledigt sie; und so bleibt für die Adepten nichts mehr übrig, was zu bestreiten wäre.“

Um aus der Wissenschaft ein einheitliches Ganzes zu machen, muss tatsächlich sowohl die spirituelle und die psychische als auch die physische Natur studiert werden. Andernfalls wird es immer so bleiben wie mit der Anatomie des Menschen, die früher von den Profanen lediglich vom Standpunkt der Körperhülle aus und in Unkenntnis des inneren Wirkens erörtet wurde. Selbst Platon, der größte Philosoph seines Landes, ließ sich vor seiner Initiation Behauptungen zuschulden kommen wie jene, dass Flüssigkeiten durch die Lungen in den Magen gelangen. Wie H. J. Slack sagt, ist wirkliche Wissenschaft ohne die Metaphysik unzulässig.

Die Nebelflecken existieren; und dennoch ist die Nebulartheorie falsch. Ein Nebel befindet sich im Zustand gänzlicher elementaler Dissoziation. Er ist gasig und – daneben noch etwas anderes, das schwerlich mit Gasen in Verbindung gebracht werden kann, wie sie der Naturwissenschaft bekannt sind; und er ist selbstleuchtend. Das ist dann aber auch alles. Die von Professor Stephen Alexander129 zur Bestätigung der Nebulartheorie aufgezählten zweiundsechzig „Koinzidenzen“ können alle von der esoterischen Wissenschaft erklärt werden; da dies kein astronomisches Werk ist, wird die Widerlegung gegenwärtig jedoch nicht versucht. Laplace und Faye kommen der korrekten Theorie näher als alle anderen; in der aktuellen Theorie bleibt von den von Laplace angestellten Überlegungen jedoch kaum mehr übrig als ihre allgemeinen Merkmale. Nichtsdestoweniger sagt John Stuart Mill: „An der Theorie von Laplace ist nichts hypothetisch; sie schlussfolgert vorbildlich von einer gegenwärtigen Wirkung auf ihre vorangegangene Ursache; sie setzt nichts weiter voraus, als dass die tatsächlich existierenden Objekte denselben Gesetzen Folge leisten, denen bekanntlich auch alle anderen den terrestrischen vergleichbaren Objekte gehorchen.“ („A System of Logic“, S. 299)

So etwas von einem so hervorragenden Logiker zu hören wie Mill es war, wäre sehr wertvoll, wenn nur bewiesen werden könnte, dass die „anderen den terrestrischen vergleichbaren Objekte . . . “ – Himmelskörper in einer derartigen Entfernung wie die Nebelflecke – diesen Objekten auch tatsächlich und nicht nur dem Anschein nach vergleichbar sind.

Die Hypothese, dass die Planeten alle von der Sonne abgetrennt wurden, dass sie Bein von ihrem [SD # 589] Bein und Fleisch von ihrem Fleisch seien, ist vom okkulten Standpunkt aus betrachtet ein weiterer Irrtum, der sich in der modernen Theorie in ihrem gegenwärtigen Stadium festgesetzt hat; wobei doch die Sonne und die Planeten lediglich Brüder sind, die aus demselben Uterus stammen und denselben nebularen Ursprung haben, lediglich auf eine andere Art als von der modernen Astronomie postuliert.

Einige Gegner der modernen Nebulartheorie erheben aufgrund der einheitlichen Zusammensetzung der Fixsterne vielerlei Einwände gegen die Homogenität der ursprünglich diffusen Materie; diese Einwände berühren das Thema der Homogenität jedoch überhaupt nicht, sondern lediglich die Theorie selbst. Unser Sonnennebel mag nicht vollständig homogen sein, oder vielmehr mag er sich den Astronomen nicht in dieser Weise offenbaren, und doch de facto homogen sein. Die Sterne sind aus unterschiedlichen Materialien zusammengesetzt und weisen sogar Elemente auf, die auf der Erde gänzlich unbekannt sind; nichtsdestoweniger hat das nichts mit dem Umstand zu tun, dass die Urmaterie – d. h. wie sie eben aus ihrem Laya-Zustand130 in ihrer ersten Differenzierung erschien – bis zum heutigen Tag homogen ist, in unermesslichen Weiten, in den Tiefen der Unendlichkeit, und ebenso an nicht sehr weit von den Grenzen unseres Sonnensystems entfernten Punkten.

Schließlich kann keine einzige der von den gelehrten Widersachern der „Nebulartheorie“ vorgebrachten Tatsachen der Kritik standhalten (so falsch diese Theorie auch sein mag und daher, unlogisch genug, fatal für die Hypothese von der Homogenität der Materie ist). Ein Irrtum führt zum nächsten. Eine falsche Prämisse führt natürlich zu einer falschen Schlussfolgerung, obwohl eine unzulässige Folgerung nicht notwendigerweise die Gültigkeit des Hauptlehrsatzes des Syllogismus berührt. So kann man jeden Nebeneinwand und Schluss aus dem Beweismaterial der Spektren und Linien für den Augenblick als lediglich provisorisch beiseite lassen und alle Detailfragen der Naturwissenschaft überlassen. Das Arbeitsfeld des Okkultisten liegt in der Seele und im Geist des kosmischen Raums und nicht nur in seiner illusiven Erscheinung und seinem Verhalten. Das der offiziellen Wissenschaft ist die Analyse und das Studium seiner Schale – der Ultima Thule des Universums und des Menschen, nach der Auffassung des Materialismus.

Mit dem Letzteren hat der Okkultismus nichts zu tun. Lediglich mit den Theorien solch gelehrter Männer wie Kepler, Kant, Ørsted und Sir William Herschel, die an eine spirituelle Welt glaubten, kann die okkulte Kosmogonie verhandeln und versuchen, einen zufriedenstellenden Kompromiss zu erreichen. Aber die Anschauungen jener Physiker sind ganz verschieden von den neuesten modernen Spekulationen. Während die moderne Kosmologie und Astronomie heute alles zurückweist, was einer Erforschung der Geheimnisse des Seins gleichkommen könnte, hatten Kant und Herschel von einem viel philosophischeren und psychischeren Standpunkt aus Spekulationen über den Ursprung und das schließliche Schicksal sowie über den gegenwärtigen Anblick des Universums vor ihrem geistigen Auge. Das Ergebnis war zu erwarten: gänzlicher Misserfolg und unentwirrbare Widersprüche in den tausendundein Spielarten der sogenannten wissenschaftlichen Theorien, und nicht nur in dieser Theorie, sondern auch in allen anderen.

Die Nebulartheorie, die auch die Theorie von der Existenz einer [SD # 590] in einem nebelartigen Zustand verteilten Urmaterie umfasst, stammt von einer Astronomie älteren Datums, wie jedermann weiß. Bereits Anaximenes von der ionischen Schule lehrte, die Himmelskörper würden durch die fortschreitende Verdichtung einer ursprünglichen, prägenetischen Materie gebildet, die ein nahezu negatives Gewicht aufweise und in einem äußerst sublimierten Zustand im Raum verteilt sei.

Tycho Brahe, der die Milchstraße als eine etherische Substanz ansah, glaubte, dass der im Jahre 1572 in der Kassiopeia aufgetauchte neue Stern aus dieser Materie gebildet worden sei („Astronomiae Instauratae Progymnasmata“, S. 795). Kepler glaubte, dass der 1606 erschienene Stern ebenfalls aus der das Universum erfüllenden etherischen Substanz gebildet worden sei („De Stella nova in pede Serpentarii“, S. 115). Demselben Ether schrieb er die Erscheinung eines leuchtenden Ringes rund um den Mond zu, der während der totalen Sonnenfinsternis im Jahr 1605 in Neapel beobachtet worden war („Les Hypothèses Cosmogoniques“, C. Wolf). Noch später, im Jahr 1714, wurde die Existenz einer selbstleuchtenden Materie von Halley („Philosophical Transactions“) anerkannt. Schließlich veröffentlichte die Zeitschrift dieses Namens 1811 die berühmte Hypothese des großen Astronomen Sir W. Herschel über die Umwandlung der Nebelflecken in Sterne (siehe Philosophical Transactions“ aus dem Jahr 1811, S. 269 ff.), und daraufhin wurde die Nebulartheorie von den königlichen Akademikern angenommen.

In „Five Years of Theosophy“ findet sich auf S. 245 ein Aufsatz mit der Überschrift: „Streiten die Adepten die Nebulartheorie ab?“ Die dort gegebene Antwort lautet: „Nein; sie bestreiten ihre grundlegenden Lehrsätze nicht, und auch nicht die annähernde Korrektheit ihrer wissenschaftlichen Hypothesen. Sie bestreiten lediglich, dass die gegenwärtige Theorie vollständig ist und dass die vielen, während des letzten Jahrhunderts so rasch aufeinander gefolgten sogenannten „verworfenen“ alten Theorien vollständig falsch sind.

Das wurde damals als „ausweichende Antwort“ bezeichnet. Eine solche Respektlosigkeit gegenüber der offiziellen Wissenschaft, so wurde argumentiert, kann nur gerechtfertigt sein, wenn man die orthodoxen Überlegungen durch eine andere, vollständigere und auf einer festeren Grundlage stehende Theorie ersetzt. Hierauf gibt es nur eine einzige Antwort; es ist sinnlos, einzelne Theorien mit Bezug auf Dinge herauszugeben, die in ein vollständiges und folgerichtiges System eingegliedert sind, da sie mit der Trennung vom Hauptkörper der Lehre notwendigerweise ihren lebendigen Zusammenhang verlieren und so, unabhängig studiert, keinen Nutzen brächten. Um imstande zu sein, die okkulten Anschauungen über die Nebulartheorie zu würdigen und zu akzeptieren, müssen wir das gesamte esoterische kosmogonische System studieren. Für die Astronomen ist die Zeit noch nicht reif, dass man sie auffordern könnte, Fohat und die Göttlichen Baumeister anzuerkennen. Selbst die von Sir W. Herschel vorgebrachten, nichts „Übernatürliches“ enthaltenden und unbestreitbar richtigen Mutmaßungen, die Sonne sei metaphorisch ein „Feuerball“ (vielleicht) zu nennen sowie seine frühen Überlegungen über die Natur dessen, was jetzt die Nasmythsche Weidenblättertheorie genannt wird, hatten nur die Wirkung, dass dieser hervorragendste aller [SD # 591] Astronomen von anderen, viel weniger hervorragenden Kollegen belächelt wurde, die seine Ideen als lediglich „der Einbildungskraft entsprungene und fantastische Theorien“ ansahen und das heute noch tun. Bevor das gesamte exoterische System veröffentlicht und von den Astronomen verstanden werden könnte, müssten Letztere auf einige dieser „antiquierten Ideen“ zurückgreifen, nicht nur auf die von Herschel, sondern auch auf die Träume der ältesten Hindu-Astronomen, und müssten ihre eigenen – nur weil sie in einem Fall annähernd 80 Jahre und im anderen Fall tausende Jahre später erschienen – nichtsdestotrotz „fantastischen“ Theorien aufgeben. Vor allem müssten sie ihre Ideen über die Festigkeit und die Weißglut der Sonne dementieren, da die Sonne ganz unbestreitbar „glüht“, jedoch nicht „brennt“. Ferner wird in Bezug auf die „Weidenblätter“ behauptet, dass diese „Objekte“, wie Sir W. Herschel sie nannte, die unmittelbaren Quellen des Sonnenlichts und der Sonnenwärme sind. Und auch wenn die esoterische Lehre diese „Weidenblätter“ nicht so auffasst wie er – nämlich als an der Natur des Lebens teilhabende Organismen, da sich die solaren „Wesen“ kaum mit dem Fernrohr erfassen lassen werden – behauptet sie doch, dass das gesamte Universum von solchen „Organismen“ erfüllt ist, die in Abhängigkeit von der Lage oder dem Abstand ihrer Ebenen zu oder von unserer Bewusstseinsebene bewusst und aktiv sind; und zuletzt behauptet sie, dass der große Astronom in seinen Spekulationen über diese vermuteten „Organismen“ Recht damit hatte zu sagen, dass „wir nicht wissen, ob die Lebensaktivität in der Lage ist, gleichzeitig Wärme, Licht und Elektrizität zu entwickeln“. Denn auf die Gefahr hin, von der ganzen physikalischen Welt verlacht zu werden, behaupten die Okkultisten, dass der Ursprung sämtlicher „Kräfte“ der Wissenschaftler das Lebensprinzip ist, das kollektive Eine Leben unseres Sonnensystems – wobei dieses „Leben“ ein Teil oder vielmehr einer der Aspekte des Einen Universalen Lebens ist.

In dem hier betrachteten Artikel wurde unter der Autorität der Adepten behauptet, es sei „hinreichend zu resümieren, was die Solarphysiker nicht wissen“ – deshalb ist es uns gestattet, und wir erklären unsere Position in Bezug auf die moderne Nebulartheorie und auf ihre offenbare Inkorrektheit durch den einfachen Hinweis auf Tatsachen, die der Theorie in ihrer gegenwärtigen Form diametral entgegengesetzt sind. Um einen Anfang zu machen, was lehrt sie?

Fassen wir alle vorerwähnten Hypothesen zusammen, so wird klar, dass die Theorie von Laplace – heute obendrein bis zur Unkenntlichkeit entstellt – unglücklich war. An erster Stelle postuliert er kosmische Materie, die in einem Zustand diffuser Nebelartigkeit existiert, „derartig fein, dass ihre Gegenwart kaum vermutet werden könnte“. Er unternahm keinen Versuch, in die Geheimnisse des Seins einzudringen, ausgenommen in Bezug auf die unmittelbare Evolution unseres kleinen Sonnensystems.

Folgerichtig kann man, ob man die Tragweite seiner Theorie für die unmittelbar zur Lösung vorgelegten kosmologischen Probleme anerkennt oder nicht, lediglich über ihn sagen, dass er das Geheimnis ein wenig weiter zurück verschoben hat. Laplace versuchte keine Antworten auf ewige Fragen: „Woher stammt die Materie selbst? Woher der ihre [SD # 592] zyklischen Anhäufungen und Auflösungen bestimmende evolutionäre Anstoß? Woher die auserlesene Symmetrie und Ordnung, nach der sich die ursprünglichen Atome selbst aufreihen und gruppieren?“ Alles, was uns vorgestellt wird, ist lediglich eine Skizze der wahrscheinlichen allgemeinen Prinzipien, auf denen der tatsächliche Vorgang angenommenerweise beruhen soll. Gut, und was ist jetzt die große Neuigkeit über den besagten Vorgang? Was hat er so wunderbar Neues und Originelles gebracht, dass zumindest der Unterbau davon als Grundlage für die moderne Nebulartheorie hätte dienen können? Das Folgende enthält, was man aus verschiedenen astronomischen Werken ersehen kann.

Laplace dachte, dass infolge der Verdichtung der Atome des ursprünglichen Nebels dem Gravitations„gesetz“ entsprechend die jetzt gasförmige oder vielleicht teilweise flüssige Masse in eine Rotationsbewegung überging. Mit zunehmender Rotationsgeschwindigkeit nahm die Masse die Form einer dünnen Scheibe an; als schließlich die Zentrifugalkraft die Kohäsionskraft überwog, lösten sich mächtige Ringe von der Kante der wirbelnden, glühenden Masse. Diese Ringe zogen sich notwendigerweise infolge der Gravitation (wie akzeptiert) in kugelförmige Körper zusammen, die notwendigerweise weiterhin dieselbe Umlaufbahn beibehalten würde, welche zuvor die äußere Zone der Masse, von der sie abgetrennt wurden, einnahm. („Laplace hatte die Vorstellung, dass die äußeren und inneren Zonen des Ringes mit derselben Winkelgeschwindigkeit rotierten, was bei einem festen Ring der Fall wäre. Aber das Prinzip der gleichen Flächengeschwindigkeiten erfordert, dass die innere Zone sich schneller bewegt als die äußere.“)131 Da sich der äußere Rand eines jeden entstehenden Planeten schneller dreht als der innere, sagt er, entsteht eine Rotation um seine Achse. Die dichteren Körper wurden zuletzt abgesondert; und am Ende sondern die eben abgetrennten Himmelskörper in ihrem Anfangszustand selbst einen oder mehrere Satelliten ab . . . Den Vorgang des Abbrechens der Ringe und der sich daraus entwickelnden Planeten beschreibend sagt Laplace:

„In fast allen Fällen muss jeder einzelne Gasring in zahlreiche Massen zerteilt gewesen sein, die sich weiterhin im gleichen Abstand um die Sonne bewegten, da ihre Geschwindigkeit annähernd übereinstimmte. Diese Massen müssen eine sphärische Form angenommen haben, deren Rotationsrichtung mit der Richtung ihrer Umlaufbahn übereinstimmte, da die inneren Moleküle (die der Sonne am nächsten waren) tatsächlich langsamer unterwegs waren als die äußeren. Sie müssen dann eine ebenso große Anzahl von Gasplaneten gebildet haben. Wenn aber einer von ihnen mächtig genug war, durch seine Anziehungskraft alle anderen rund um seinen Mittelpunkt der Reihe nach zu vereinigen, muss sich der Gasring auf diese Art in eine einzige in Umlaufrichtung um die Sonne rotierende sphäroide Gasmasse verwandelt haben. Letzteres geschah mit größerer Häufigkeit, aber das Sonnensystem weist auch den ersten Fall auf, und zwar mit den vier Kleinplaneten, die sich zwischen Jupiter und Mars bewegen.“

Während sich nur wenige finden werden, die die „großartige Kühnheit dieser [SD # 593] Hypothese“ leugnen, ist es doch unmöglich, die unüberwindbaren, mit ihr einhergehenden Probleme zu ignorieren. Warum finden wir z. B., dass die Satelliten von Neptun und Uranus eine retrograde Bewegung aufweisen? Warum ist trotz ihrer größeren Nähe zur Sonne Venus weniger dicht als die Erde? Warum ist wiederum der weiter entfernte Uranus dichter als der Saturn? Wie kommt es, dass so viele Unterschiede in ihren Achsenneigungen und Bahnebenen bestehen, wenn sie doch vermeintliche Nachkommen des Zentralgestirns sind? Ferner, wie kommt es, dass so überraschende Unterschiede in der Größe der Planeten festzustellen sind; dass Jupiters Satelliten eine um 0,288 größere Dichte aufweisen als ihr Hauptplanet; und dass die Phänomene der Meteoren- und Kometensysteme immer noch keine Erklärung fanden? Um die Worte eines Meisters anzuführen: „Sie (die Okkultisten) finden, dass die Zentrifugaltheorie westlicher Herkunft nicht imstande ist, sämtliche Fragen zu beantworten. Ohne Unterstützung kann sie weder alle abgeplatteten Sphäroide erklären noch die sich aus der relativen Dichte einiger Planeten ergebenden offenkundigen Probleme begründen. In der Tat, wie könnte uns z. B. irgendeine Berechnung der Zentrifugalkraft erläutern, warum Merkur, dessen Umdrehungszeit angeblich lediglich ‘etwa ein Drittel der Erdumdrehungszeit beträgt und dessen Dichte nur ungefähr ein Viertel größer ist als die der Erde’, eine mehr als zehnmal größere polare Abplattung aufweisen sollte als Letztere? Und weiter, warum sollte Jupiter, dessen äquatoriale Rotation angeblich ‘siebenundzwanzigmal größer und dessen Dichte nur ungefähr ein Fünftel der unserer Erde beträgt’, eine siebzehnmal größere polare Abplattung aufweisen als die Erde? Oder warum sollte Saturn, bei dem eine fünfundfünfzigmal größere äquatoriale Geschwindigkeit von der Zentripetalkraft überwunden werden muss als bei Merkur, eine lediglich dreimal größere Polarabplattung aufweisen als Merkur? Zur Krönung der obigen Widersprüche werden wir aufgefordert, an die von der modernen Wissenschaft gelehrten Zentralkräfte zu glauben, selbst wenn man uns sagt, dass die äquatoriale Materie der Sonne sich im Vergleich zur Oberfläche am Erdäquator mit mehr als vierfacher Zentrifugalgeschwindigkeit bewegt und gleichzeitig die auf die Äquatorialmaterie einwirkende Gravitationskraft viermal kleiner ist, und dass trotzdem weder am Sonnenäquator eine Neigung zu Bildung einer Ausbauchung noch an den Polen der Sonnenachse jegliche Abplattung erkennbar wird. Mit anderen und klareren Worten, die Sonne, deren Zentrifugalkraft auf eine Dichte einwirken muss, die viermal kleiner ist als auf der Erde, weist überhaupt keine polare Kompression auf! Dieser Einwand wurde von mehr als einem Astronomen eingebracht und niemals befriedigend begründet, soweit den ‘Adepten’ bekannt ist.“

„Daher behaupten sie (die Adepten), dass die großen Wissenschaftler des Westens, die so gut wie gar nichts . . . . . wissen, weder über die Kometenmaterie noch über die zentrifugalen und zentripetalen Kräfte, die Natur der Nebelflecke oder die physikalische Beschaffenheit der Sonne, der Sterne oder auch nur des Mondes, so unklug sind, in der tiefen Überzeugung, wie sie es tun, über die ‘Zentralmasse der Sonne’ zu sprechen, wie sie Planeten, Kometen und was sonst nicht alles in den Raum hinauswirbelt . . . .“ „Wir behaupten, dass sie (die Sonne) in unserem Sonnensystem lediglich das Lebensprinzip entwickelt, die [SD # 594] Seele dieser Körper, indem sie dasselbe spendet und zurückempfängt, gleichsam als ‘Universaler Lebensspender’ . . . . in der Unendlichkeit und Ewigkeit; ferner dass das Sonnensystem ebenso der Mikrokosmos des Einen Makrokosmos ist, wie es der Mensch im Vergleich zu seinem eigenen kleinen Sonnen-Kosmos ist.132

Die sämtlichen kosmischen und irdischen Elementen innewohnende grundlegende Fähigkeit, in sich selbst eine regelmäßige und harmonische Folge von Ergebnissen zu erzeugen, eine Aneinanderreihung von Ursachen und Wirkungen, ist ein unwiderlegbarer Beweis dafür, dass sie entweder von einer äußeren oder inneren Intelligenz beseelt sind, oder dass sie eine solche im Innern oder hinter dem manifestierten Schleier verbergen. Der Okkultismus streitet die Gewissheit des mechanischen Ursprungs des Universums nicht ab; er beansprucht lediglich, dass hinter diesen Elementen (oder ihnen innewohnend) irgendeine Art von Mechanikern unbedingt erforderlich ist – ein Dogma für uns. Der Kosmos und alles darin Enthaltene wurde nicht durch die zufällige Mitwirkung der Atome von Lukrez erbaut, was er selbst wohl besser wusste. Die Natur selbst widerspricht einer solchen Theorie. Der eine so verdünnte Materie wie den Ether enthaltende Himmelsraum kann, weder mit noch ohne Anziehungskraft, zur Erklärung der allgemeinen Bewegungen der siderischen Scharen nicht herangezogen werden. Trotzdem die vollkommene Harmonie ihrer korrelierenden Rotationsbewegungen die Existenz einer mechanischen Ursache in der Natur klar anzeigt, war Newton, der von allen Menschen am meisten berechtigt war, seinen Schlussfolgerungen und Anschauungen zu vertrauen, nichtsdestoweniger gezwungen, die Idee aufzugeben, jemals den Millionen von Himmelskörpern gegebenen ursprünglichen Anstoß lediglich mit den Gesetzen der bekannten Natur und ihren materiellen Kräfte zu erklären. Er akzeptierte die Grenzen vollständig, welche die Wirkung der natürlichen Kräfte von der Wirkung der Intelligenzen trennen, welche die unveränderlichen Gesetze in Funktion und Aktivität versetzten. Und wenn schon ein Newton einer solchen Hoffnung entsagen musste, wer von den modernen materialistischen Pygmäen hat dann das Recht zu sagen: „Ich weiß es besser?“

Um vollständig und verständlich zu sein, muss eine kosmogonische Theorie von einer im grenzenlosen Raum verbreiteten Ursubstanz einer intellektuellen und göttlichen Natur ausgehen. Diese Substanz muss die Seele und der Geist, die Synthese und das siebte Prinzip des manifestierten Kosmos sein, und um ihr als spiritueller Upadhi zu dienen, muss das sechste vorhanden sein, ihr Vehikel – ursprüngliche physische Materie, sozusagen, obwohl ihre Natur unseren begrenzten normalen Sinnen für immer entgleiten muss. Für einen mit Vorstellungskraft ausgestatteten Astronomen ist es ein Leichtes, durch bloße Anwendung der Prinzipien der Mechanik eine Theorie über das Auftauchen des Universums aus dem Chaos zu erarbeiten. Wegen seines menschlichen, wissenschaftlichen Schöpfers wird sich ein solches Universum jedoch immer als Frankensteinsches Monster erweisen; es wird ihn in endlose Verwirrungen führen. Die Anwendung mechanischer Gesetze allein kann den Denker niemals über die objektive Welt hinaus bringen, noch wird sie dem Menschen den Ursprung und das schließliche Schicksal des Kosmos enthüllen. Genau [SD # 595] dahin hat die Nebulartheorie die Wissenschaft geführt. Nüchtern und wahrhaftig betrachtet, ist diese Theorie die Zwillingsschwester zu der des Ethers, und beide wurden von der Notwendigkeit erschaffen; die eine ist ebenso unentbehrlich zur Erklärung der Ausbreitung des Lichts wie die andere zur Erklärung des Problems vom Ursprung der Sonnensysteme. Die Frage für beide lautet: Wie konnte dieselbe homogene Materie133 unter Einhaltung von Newtons Gesetzen Körper hervorbringen – die Sonne, die Planeten und deren Satelliten –, die identischen Bewegungen unterliegen und dabei aus derartig unterschiedlichen Elementen aufgebaut sind?

Hat die Nebulartheorie geholfen, das Problem zu lösen, auch wenn sie lediglich auf Körper angewendet wird, die als unbelebt und materiell betrachtet werden? Wir sagen: ganz entschieden nicht. Welchen Fortschritt hat sie seit dem Jahr 1811 gemacht, als Sir W. Herschels wissenschaftliche Veröffentlichung die „Söhne“ der Royal Society „vor Freude jauchzen“ ließ mit ihren auf Beobachtung beruhenden Tatsachen und dem Nachweis der Existenz von Nebelmaterie? Seit dieser Zeit hat durch die Spektralanalyse eine noch größere Entdeckung die Bestätigung und Bekräftigung von Sir W. Herschels Mutmaßungen ermöglicht. Laplace verlangte eine Art von ursprünglichem „Weltenstoff“ als Beweis für die Idee einer fortschreitenden Evolution und des Wachstums der Welt. Hier ist dieser Beweis, genau wie er schon vor zwei Jahrtausenden dargeboten wurde.

Der „Weltenstoff“, jetzt Nebelflecke genannt, war seit dem höchsten Altertum bekannt. Anaxagoras lehrte, dass nach der Differenzierung die daraus hervorgegangene Mischung verschiedenartiger Substanzen bewegungslos und unorganisiert blieb, bis endlich „das Gemüt“ – wir sagen, die zusammengefasste Körperschaft der Dhyan Chohans – auf sie einzuwirken begann und ihnen Bewegung und Ordnung vermittelte (Aristoteles, „Physik“, VIII, 1). Die Theorie wird nun in ihrem ersten Teil aufgegriffen, wobei die Einmischung irgendeines „Gemüts“ abgelehnt wird. Die Spektralanalyse enthüllt die Existenz von Nebelflecken, die vollständig aus Gasen und leuchtenden Schwaden bestehen. Ist das die ursprüngliche Nebularmaterie? Die Spektren enthüllen, so heißt es, die physikalischen Zustände der kosmisches Licht emittierenden Materie. Die Spektren der auflösbaren und der unauflösbaren Nebelflecke präsentieren sich vollständig verschieden voneinander, da die Spektren der Letzteren den physikalischen Zustand eines glühenden Gases oder Dampfes aufweisen. Die hellen Linien eines Nebelflecks zeigen die Anwesenheit von Wasserstoff und von anderen bekannten und unbekannten Substanzen an. Dasselbe gilt für die Atmosphären der Sonne und der Sterne. Das führt zu dem unmittelbaren Schluss, dass ein Stern durch die Verdichtung eines Nebelflecks entsteht; somit sind selbst die Metalle auf der Erde durch [SD # 596] die Verdichtung von Wasserstoff oder irgendeiner anderen Urmaterie entstanden, irgendeines Urvetters des „Heliums“ vielleicht, oder aus irgendeinem noch unbekannten Stoff. Das widerspricht nicht den okkulten Lehren. Und das ist das Problem, das die Chemie zu lösen versucht. Und sie muss die Aufgabe früher oder später lösen, wenn sie die esoterische Lehre nolens volens akzeptierte. Sollte das aber geschehen, würde die Nebulartheorie in ihrer jetzigen Form dadurch obsolet.

Will sie als exakte Wissenschaft angesehen werden, kann die Astronomie unterdessen die vorliegende Theorie von der Abstammung der Sterne auf keinen Fall akzeptieren – auch wenn der Okkultismus genau das auf seine eigene Weise tut, indem er diese Abstammung anders erklärt – da sie nicht einen einzigen physikalischen Fakt zu ihren Gunsten nachweisen kann. Mit dem Nachweis eines planetarischen Nebelflecks, dessen Spektrum drei oder vier helle Linien aufweist, die sich allmählich verdichten und in einen Stern verwandeln, und auf seiner gesamten Breite mit einer Anzahl dunkler Linien bedeckt ist, könnte die Astronomie der Chemie mit dem Beweis dieses Fakts zuvorkommen. Aber „die Frage nach der Veränderlichkeit der Nebelflecke ist noch immer eines der Geheimnisse der Astronomie, selbst was ihre Form angeht. Die uns bislang vorliegenden Beobachtungsdaten sind ihrem Ursprung nach zu neu, zu unsicher, als dass sie uns erlauben könnten, irgendetwas zu bestätigen.“ (C. Wolf: „Les Hypothèses Cosmogoniques“)

Seit der Erfindung des Spektroskops hat dessen magische Kraft seinen Adepten erst eine einzige Verwandlung eines Sternes dieser Art enthüllt; und diese Verwandlung zeigte auch noch das direkte Gegenteil von dem, was als Beweis zugunsten der Nebulartheorie notwendig gewesen wäre, nämlich – einen Stern, der sich in einen planetarischen Nebel verwandelte. Wie in „The Observatory“ (Vol. I, S. 185) berichtet wird, zeigte der von J. F. J. Schmidt im Sternbild des Schwans entdeckte temporäre Stern im November 1876 ein von sehr hellen Linien durchbrochenes Spektrum. Allmählich verschwanden das kontinuierliche Spektrum und die meisten Linien, und es blieb schließlich nur eine einzige helle Linie zurück, die sich mit der grünen Linie des Nebels zu decken schien.

Obwohl diese Umwandlung mit der Hypothese vom nebularen Ursprung der Sterne nicht unvereinbar ist, beruht nichtsdestoweniger dieser einzelne Fall auf gar keiner Beobachtung, am allerwenigsten auf einer unmittelbaren Beobachtung. Das Ereignis könnte verschiedenen anderen Ursachen zugeschrieben werden. Nachdem unsere Astronomen geneigt sind zu glauben, dass unsere Planeten das Bestreben haben, in die Sonne zu stürzen, warum könnte dieser Stern nicht durch die Kollision mit einem solchen in ihn hineinstürzenden Planeten oder, wie viele anregen, durch den Aufschlag eines Kometen aufgeleuchtet sein? Jedenfalls, der einzige bekannte Fall einer Sternenverwandlung seit 1811 spricht nicht zugunsten der Nebulartheorie. Übrigens sind die Astronomen in der Frage dieser Theorie, wie auch in allen anderen, unterschiedlicher Meinung.

In unserem eigenen Zeitalter, und bevor Laplace auch nur daran dachte, hat die Gleichartigkeit der planetaren Bewegungen einen tiefen Eindruck bei Buffon hinterlassen, und so stellte er als Erster die Hypothese auf, dass die Planeten und ihre Satelliten ihren Ursprung [SD # 597] im Schoß der Sonne hätten. Unverzüglich und zu eben diesem Zweck dachte er sich einen besonderen Kometen aus, von dem er annahm, dass er durch einen mächtigen, schrägen Aufprall die für die Entstehung notwendige Materiemenge herausreißen würde. Laplace behandelte den „Kometen“ in seiner „Exposition du Système du Monde“ (Anmerkung vii) gebührend. Aber die Idee wurde aufgegriffen und sogar weiterentwickelt mit der Vorstellung von einer regelmäßig wiederkehrenden, aus der Zentralmasse der Sonne erfolgenden Evolution von Planeten, die scheinbar ohne Gewicht oder Einfluss auf die Bewegung der sichtbaren Planeten war – und offensichtlich ebenso wahrscheinlich wie die Existenz vom Mann im Mond.

Aber die moderne Theorie ist auch eine Variation der von Kant und Laplace ausgearbeiteten Systeme. Beider Vorstellung war, dass am Anfang der Dinge die gesamte jetzt für den Aufbau der Planetenkörper verwendete Materie im gesamten Raum des Sonnensystems – und selbst noch darüber hinaus – verteilt war. Sie war ein Nebel mit extrem geringer Dichte, und seine Verdichtung ließ mittels eines bis jetzt noch niemals erklärten Mechanismus die verschiedenen Körper unseres Systems allmählich entstehen. Das ist die ursprüngliche Nebulartheorie, eine unvollständige, aber getreuliche Wiedergabe – ein kurzes Kapitel aus dem großen Band der universalen esoterischen Kosmogonie – der Lehrsätze der Geheimlehre. Und beide Systeme, das von Kant und das von Laplace, unterscheiden sich stark von der modernen Theorie, die überreich ist an einander widersprechenden Untertheorien und fantastischen Hypothesen.

„Das Wesen der die Kometen und die Sterne zusammensetzenden Materie ist gänzlich verschieden von sämtlichen chemischen oder physikalischen Eigenschaften, mit denen die westliche Wissenschaft heute vertraut ist. Während das Spektroskop die wahrscheinliche Ähnlichkeit (infolge der chemischen Einwirkung des irdischen Lichts auf die einfallenden Strahlen) irdischer und siderischer Substanz gezeigt hat, sind die den unterschiedlich fortgeschrittenen Himmelskörpern des Raumes zueigenen chemischen Vorgänge noch nicht entdeckt, und der Beweis ist noch nicht erbracht, dass sie mit den auf unserem eigenen Planeten beobachteten übereinstimmen“ – sagen die Lehrer (op. cit.). Crookes bringt in dem aus seinem Vortrag über „Elemente und Meta-Elemente“ zitierten Ausschnitt nahezu dasselbe zum Ausdruck.

C. Wolf134 bemerkt: „Zu ihren Gunsten kann die Nebulartheorie höchstens mit W. Herschel auf die Existenz planetarischer Nebel in verschiedenen Kondensations­stufen und auf Spiralnebel mit Kondensationskernen an den Ausläufern und im Zentrum verweisen.135 Tatsächlich aber bleibt es uns bislang versagt, das die Nebel mit den Sternen verbindende Band zu kennen; und da uns eine unmittelbare Beobachtung nicht möglich ist, sind wir nicht einmal dazu in der Lage, den Nachweis auf der Grundlage der Analogie über die chemische Zusammensetzung zu führen.“

[SD # 598] Selbst wenn die Wissenschaftler mit den Alten zugestehen würden, dass der Ursprung aller sichtbaren und unsichtbaren Himmelskörper in einem ursprünglichen homogenen Weltenstoff gesucht werden muss, in einer Art von P-Protyl,136 ist doch offenkundig, dass das ihren Problemen kein Ende bereiten würde, die aus der unbestreitbar großen Verschiedenheit und Heterogenität der die Nebel zusammensetzenden Materie entspringt – es ist offensichtlich, dass das nicht das Ende ihrer Verwirrung bedeuten würde. Wenn sie nicht auch zugestehen, dass unser gegenwärtig sichtbares Universum lediglich der Sthula Sarira des siebenfältigen Kosmos ist, der grobe Körper, werden sie sich einem weiteren Problem gegenübergestellt sehen; insbesondere wenn sie die Behauptung riskieren sollten, dass die jetzt sichtbaren Körper das Ergebnis der Kondensation der einen und einzigen ursprünglichen Materie seien. Denn schon die bloße Beobachtung zeigt ihnen, dass die Vorgänge, die das gegenwärtige Universum hervorbrachten, viel komplexer sind, als dass sie je mit dieser Theorie abgedeckt werden könnten.

Zunächst einmal gibt es zwei verschiedene Klassen unauflöslicher Nebel – wie die Wissenschaft selbst lehrt.

Das Teleskop ist nicht imstande, zwischen diesen beiden Klassen zu unterscheiden, wohl aber das Spektroskop, und es zeigt einen wesentlichen Unterschied zwischen ihren physikalischen Konstitutionen.137

„Einige davon“, sagt uns Wolf, „haben ein Spektrum mit drei oder vier hellen Linien, andere weisen ein kontinuierliches Spektrum auf. Die Ersteren sind gasförmig, die anderen aus einer staubförmigen Materie gebildet. Die Ersteren müssen eine echte Atmosphäre bilden: Unter diese ist der Sonnen-Nebel von Laplace einzureihen. Die Letzteren bilden ein Ensemble von Teilen, die als unabhängig betrachtet werden können und deren Rotation den Gesetzen [SD # 599] des inneren Gewichts gehorcht. Dieser Art sind die von Kant und Faye angenommenen Nebel. Mithilfe der Beobachtung ist es uns möglich, sowohl die einen als auch die anderen genau an den Ursprung der planetarischen Welt zu versetzen. Aber wenn wir versuchen, darüber hinauszugehen und zu dem ursprünglichen Chaos hinaufzusteigen, das die Gesamtheit der Himmelskörper hervorbrachte, müssen wir zunächst die tatsächliche Existenz dieser beiden Nebelklassen erklären. Wäre das ursprüngliche Chaos ein kaltes, leuchtendes Gas,138 wäre es verständlich, warum die von der Anziehungskraft hervorgebrachte Zusammenziehung es erwärmt und zum Leuchten gebracht haben könnte. Wir müssen die Verdichtung dieses Gases bis hin zum Zustand glühender Teilchen erklären, deren Gegenwart uns in bestimmten Nebelflecken durch das Spektroskop enthüllt wird. Wenn das ursprüngliche Chaos aus solchen Teilchen zusammengesetzt war, warum gingen dann bestimmte Teilchen davon in den gasförmigen Zustand über, während andere ihren ursprünglichen Zustand bewahrten? . . . .“

Das ist die von dem französischen Gelehrten vorgebrachte Synopse der Einwendungen und Probleme auf dem Weg zur Anerkennung der Nebulartheorie, der dieses interessante Kapitel mit der Erklärung schließt:

„Der erste Teil des kosmogonischen Problems – was ist die ursprüngliche Materie des Chaos, und wie brachte diese Materie die Sonne und die Sterne hervor? – verbleibt somit bis zum heutigen Tag im Reich der Romantik und bloßer Einbildung.139

Wenn das das letzte Wort der Wissenschaft zu diesem Gegenstand ist, wohin sollen wir uns dann wenden, um herauszufinden, was die Nebulartheorie vermitteln soll? Was bedeutet diese Theorie tatsächlich? Was sie ist, scheint niemand mit Bestimmtheit zu wissen, was sie nicht ist – lernen wir vom gelehrten Verfasser des World-Life“. Er sagt uns:

(I) Sie „ist nicht eine Theorie der Evolution des Universums . . . sondern lediglich und ursprünglich eine Erklärung der Entstehung der Phänomene des Sonnensystems und nebenbei eine Zusammenstellung der hauptsächlichen Phänomene am Stern- und Nebelhimmel, soweit der menschliche Blick in sie einzudringen vermochte.“

(II) „Den Kometen gesteht sie keinen Anteil an der besonderen Evolution zu, welche das Sonnensystem hervorbrachte“ (wohl aber die esoterische Lehre). (Sie gesteht ihnen diesen Anteil zu, da sie die Kometen ebenfalls als Formen kosmischer Existenz anerkennt, die auf frühe Phasen der Entwicklung der Nebel abgestimmt sind; und tatsächlich schreibt sie ihnen hauptsächlich die Bildung aller Welten zu.)

(III) „Sie streitet den Feuernebeln eine Vorgeschichte nicht ab“ – (das zweite Stadium der Evolution in der Geheimlehre) . . . . „und erhebt keinen Anspruch darauf, einen absoluten Anfang erreicht zu haben.“ Und sie lässt sogar zu [SD # 600] , dass dieser „Feuernebel vorher in einem kalten, nicht leuchtenden und unsichtbaren Zustand existiert haben könnte.“ . . . .

(IV) „Und schließlich: Sie erklärt nicht, den Ursprung der Dinge zu entdecken, sondern lediglich ein Stadium in der Geschichte der Materie“ . . . . und überlässt es „den Philosophen und Theologen, so frei wie eh und je nach dem Ursprung der Arten des Seins zu suchen.“140

Aber das ist nicht alles. Selbst der größte Philosoph Englands, Herbert Spencer, nahm gegen diese fantastische Theorie Stellung mit der Bemerkung, dass (a) „das Problem des Daseins durch sie nicht gelöst ist“; (b) dass die Nebulartheorie „auf den Ursprung der verteilten Materie kein Licht wirft“; und (c) dass „die Nebulartheorie (in ihrem gegenwärtigen Zustand) eine Erste Ursache impliziert“.141

Das Letztere, fürchten wir, ist mehr als unsere modernen Physiker erwartet haben. Es scheint so, dass die arme „Theorie“ kaum erwarten darf, von Seiten der Metaphysiker unterstützt oder bekräftigt zu werden.

In Anbetracht dessen glauben die Okkultisten ein Recht dazu zu haben, ihre Philosophie darzulegen, wie sehr diese gegenwärtig auch missverstanden und geächtet sein mag. Und sie behaupten, dass dieser Misserfolg der Gelehrten in der Entdeckung der Wahrheit ganz allein ihrem Materialismus und ihrer Verachtung der transzendentalen Wissenschaften zuzuschreiben ist. Aber obwohl die wissenschaftlichen Geister in unserem Jahrhundert so weit von der wahren und richtigen Evolutionslehre entfernt sind wie zuvor, mag für die Zukunft noch immer Hoffnung bleiben, denn wir finden einen weiteren Gelehrten, der uns eine schwache Andeutung davon gibt.

In einem Aufsatz der „Popular Science Review“ (Bd. 14, S. 252) über „Neue Untersuchungen über Mikro-Lebensformen“ finden wir eine Aussage von H. J. Slack, F.C.S., Sec R.M.S.: „Es besteht eine offenbare Annäherung aller Wissenschaften, von der Physik bis zur Chemie und Physiologie, in Richtung irgendeiner Evolutions- oder Entwicklungslehre, von welcher die darwinistischen Fakten einen Teil bilden werden. Wie diese Lehre aber schließlich aussehen wird, darüber lässt sich wenig, wenn überhaupt irgendetwas Sicheres sagen, und möglicherweise wird sie der menschliche Geist erst dann ausgestalten, wenn sowohl metaphysische als auch physikalische Forschungen wesentlich weiter fortgeschritten sein werden.

Das ist in der Tat eine glückliche Prophezeiung. Dann mag der Tag kommen, an welchem die von Darwin und Herbert Spencer gelehrte „Natürliche Auslese“ in ihrer letzten Umwandlung lediglich einen Teil unserer östlichen Evolutionslehre bilden wird, welche die esoterische Erklärung von Manu und Kapila sein wird.

[SD # 601]
XIV
Kräfte – Bewegungsarten oder Intelligenzen?

Das ist also das letzte Wort der Naturwissenschaft bis zum aktuellen Jahr, 1888. Mechanische Gesetze werden niemals imstande sein, die Homogenität der Urmaterie zu beweisen, ausgenommen schlussfolgernd oder aus verzweifelter Notwendigkeit, wenn kein anderer Ausweg mehr bleibt – wie im Fall des Ethers. Die moderne Wissenschaft ist lediglich in ihrem eigenen Bereich und Gebiet sicher; innerhalb der physikalischen Grenzen unseres Sonnensystems, außerhalb dessen alles, jedes einzelne Materieteilchen, sich von der ihr bekannten Materie unterscheidet: Sie existiert in Zuständen, von denen sich die Wissenschaft keine Vorstellung machen kann. Diese Materie, die wirklich homogen ist, befindet sich jenseits der menschlichen Wahrnehmung, wenn Wahrnehmung lediglich an die fünf Sinne gebunden ist. Ihre Wirkungen verspüren wir durch jene Intelligenzen, die das Resultat ihrer ursprünglichen Differenzierung sind und von uns Dhyan Chohans genannt werden; in den hermetischen Werken werden sie als die „sieben Regenten“ bezeichnet, auf welche sich Pymander, der „Göttliche Gedanke“, als auf die bildenden Kräfte bezieht und die Asklepios die „übernatürlichen Götter“ nennt. An diese Materie fühlten sich selbst einige Astronomen verleitet zu glauben – an die wirkliche Ursubstanz, das Noumenon aller uns bekannter „Materie“ –, und sie verzweifeln daran, Rotation, Gravitation und den Ursprung jeglicher mechanisch-physikalischer Gesetze jemals erklären zu können, wenn diese Intelligenzen nicht von der Wissenschaft eingeräumt werden. In dem oben angeführten Werk über Astronomie von Wolf142 schließt sich der Verfasser vollkommen der Kantschen Theorie an, und Letztere erinnert, wenn auch nicht in ihrem allgemeinen Aspekt, so doch auf jeden Fall in einzelnen Zügen, stark an gewisse esoterische Lehren. Hier haben wir das durch einen Nebel aus seiner Asche wiedergeborene Weltensystem; die Emanation aus den toten und im Raum aufgelösten Körpern – vom Erglühen des solaren Mittelpunktes bewirkt, der von der entzündbaren Materie der Planeten wiederbelebt wurde. Diese Theorie wurde im Verstand eines jungen Mannes erzeugt und entwickelt, der kaum fünfundzwanzig Jahre alt war und seinen Geburtsort, eine kleine Stadt in Nordpreußen (Königsberg) noch niemals verlassen hatte; man kann es kaum versäumen, darin entweder das Wirken einer inspirierenden äußeren Macht zu erkennen oder aber einen Beweis für die Reinkarnation, welchen die Okkultisten darin sehen. Die Theorie füllt eine Kluft aus, die Newton bei all seinem Genie nicht überbrücken konnte. Und sicherlich hatte Kant unsere Urmaterie vor Augen, Akasha, als er die Forderung nach einer alles durchdringenden Ursubstanz erhob, um Newtons Schwierigkeiten und seinen Misserfolg aus der Welt zu schaffen, den auf die Planeten ausgeübten ersten Impuls mithilfe der natürlichen Kräfte zu erklären. Denn, wie er in Kapitel viii bemerkt, wenn man einmal voraussetzt, dass die vollkommene Harmonie der Sterne und Planeten und [SD # 602] das Zusammenfallen ihrer Bahnebenen die Existenz einer natürlichen Ursache beweisen, welche damit die erste Ursache wäre, „kann diese Ursache doch nicht dieselbe Materie sein, welche jetzt den Himmelsraum erfüllet“. Sie muss vielmehr jene sein, die den Raum ursprünglich erfüllte – die der Raum war – dessen Bewegung in der differenzierten Materie der Ursprung der tatsächlichen Bewegungen der Himmelskörper war; und die, „indem sie sich selbst in diese Körper verdichtete, den Raum verließ, welchen man jetzt leer sieht“. Mit anderen Worten: Aus eben derselben Materie sind jetzt die Planeten, Kometen und die Sonne selbst aufgebaut. Und diese Materie hat, nachdem sie sich ursprünglich zu den Körpern formte, die ihr innewohnende Eigenschaft der Bewegung bewahrt; diese Eigenschaft, jetzt in ihren Kernen zentriert, lenkt sämtliche Bewegungen. Um daraus unsere esoterische Lehre zu formulieren, sind nur leidlich geringe Veränderungen einiger Worte und ein paar Ergänzungen notwendig.

Diese lehrt, dass die ursprüngliche, anfängliche Prima Materia, göttlich und intelligent, die unmittelbare Emanation des Universalgemüts – Daiviprakriti (das aus dem Logos ausstrahlende göttliche Licht143) – die Kerne aller sich „selbst-bewegten“ Gestirne im Kosmos bildete. Sie ist die beseelende, immer gegenwärtige Bewegungskraft und das Lebensprinzip, die Lebensseele der Sonnen, Monde, Planeten und selbst unserer Erde. Ersteres ist latent, Letzteres aktiv – der unsichtbare Regent und Führer des groben Körpers, der seiner Seele beigefügt und mit ihr verbunden ist, die letzten Endes die spirituelle Emanation dieser betreffenden Planetengeister ist.

Eine weitere sehr okkulte Lehre ist Kants Theorie, dass die die Einwohner und Tiere anderer Planeten bildende Materie mit größer werdendem Abstand dieser Planeten zur Sonne von immer leichterer und feinerer Art und immer vollkommener aufgebaut ist. Die Sonne ist übervoll von Lebenselektrizität, von dem physischen, lebenspendenden Prinzip. Deshalb sind die Menschen auf dem Mars etherischer als wir, während die auf der Venus gröber sind, obwohl weit intelligenter, wenn auch weniger spirituell.

Letztere Lehre entspricht nicht ganz unserer eigenen – doch sind diese Kantschen Theorien ebenso metaphysisch und transzendental wie jede okkulte Lehre. Und mehr als ein Wissenschaftler würde es Wolf gleichtun und sie akzeptieren, würde er es wagen, seine Gedanken auszusprechen. Von diesem Kantschen Denken und der Seele der Sonnen und Sterne ist es lediglich ein kleiner Schritt bis zu Mahat (Gemüt) und der Prakriti der Puranas. Dies anzuerkennen würde für die Wissenschaft nach allem lediglich bedeuten, eine natürliche Ursache zuzulassen, ob sie nun ihren Glauben zu solch metaphysischen Höhen ausweiten würde oder nicht. Aber dann ist Mahat, das Denkvermögen, ein „Gott“, und die Physiologie gesteht das „Gemüt“ lediglich als eine zeitweilige Funktion des physischen Gehirns zu und nicht mehr.

Der Satan des Materialismus wiederum lacht gleichermaßen über all das und leugnet das Sichtbare wie das Unsichtbare. In Licht, Wärme, Elektrizität und selbst im Phänomen des Lebens erkennt er lediglich der Materie innewohnende Eigenschaften, und so [SD # 603] lacht er, so oft das Leben als Lebensprinzip bezeichnet wird und verspottet die Idee, dass es vom Organismus unabhängig und verschieden sei.

Wie bei allem anderen, gehen aber auch hier die wissenschaftlichen Ansichten auseinander, und es gibt verschiedene Wissenschaftler, die unsere sehr ähnlichen Anschauungen anerkennen. Man beachte z. B., was Dr. Richardson, F.R.S. (anderswo ausführlich zitiert) über dieses „Lebensprinzip“ sagt, das er „Nervenether“ nennt („Popular Science Review“, Bd. 10):

„Ich spreche lediglich von einem wahrhaftig materiellen Agens, möglicherweise für die Welt im Großen verfeinert, doch aktuell und substanziell: ein Agens, das die Eigen­schaften des Gewichts und des Volumens aufweist, ein zur chemischen Verbindung und dadurch zur Veränderung des physikalischen Zustands und der Beschaffenheit fähiges Agens, ein in seiner Wirkung passives Agens, immer bewegt, d. h. von außerhalb von ihm liegenden Einflüssen,144 anderen Einflüssen gehorchend, ein Agens, das keine Fähigkeit zu eigenem Antrieb besitzt, keine Vis oder Energia Naturae,145 das aber immerhin eine höchst wichtige, wenn nicht die erste Rolle in der Erzeugung der Phänomene spielt, die aus der Einwirkung dieser Energia auf die sichtbare Materie hervorgehen.“ (S. 379-80).

Da die Biologie und Physiologie jetzt in toto die Existenz eines „Lebens­prinzips“ abstreiten, ist dieser Auszug, zusammen mit dem Zugeständnis de Quatrefages, eine klare Bestätigung dafür, dass es Wissenschaftler gibt, die dieselben Anschauungen über „okkulte Dinge“ haben wie Theosophen und Okkultisten. Letztere anerkennen ein bestimmtes, vom Organismus unabhängiges Lebensprinzip – natürlich materiell, da physische Kraft von der Materie nicht getrennt werden kann, aber von einer Substanz, die sich in einem der Wissenschaft unbekannten Zustand befindet. Für sie ist das Leben mehr als die bloße Wechselwirkung von Molekülen und Atomen. Es gibt ein Lebensprinzip, ohne das niemals molekulare Verbindungen zu einem lebendigen Organismus hätten führen können. Am allerwenigsten in der sogenannten „anorganischen“ Materie unserer Bewusstseinsebene.

Mit „molekularen Verbindungen“ sind natürlich die Verbindungen der Materie unserer gegenwärtigen illusorischen Wahrnehmungen gemeint, welche die Materie lediglich auf unserer gegenwärtigen Ebene energetisiert. Und das ist der Hauptpunkt dieser Angelegenheit.146

[SD # 604] So stehen die Okkultisten nicht allein mit ihren Überzeugungen. Vor allem sind sie auch nicht so einfältig, selbst die „Gravitation“ der modernen Wissenschaft zusammen mit anderen physikalischen Gesetzen abzulehnen und anstelle dessen die Anziehung und Abstoßung anzuerkennen. Außerdem sehen sie in diesen beiden einander entgegengesetzten Kräften lediglich die beiden Aspekte der universalen Einheit, das „manifestierende Gemüt“ genannt; durch seine großen Seher erblickt der Okkultist in diesen Aspekten eine unzählige Schar aktiver Wesen: kosmische Dhyan Chohans, Wesenheiten, deren Essenz in ihrer dualen Natur die Ursache aller irdischer Phänomene ist. Denn diese Essenz ist co-substanziell mit dem universalen elektrischen Ozean, der Leben ist; und da sie, wie gesagt, dual ist – positiv und negativ –, sind es die Emanationen dieser Dualität, die jetzt unter der Bezeichnung „Bewegungsarten“ auf der Erde wirken; nachdem nun selbst Kraft als Begriff zu beanstanden ist, aus Angst, jemand könnte sich dazu verleiten lassen, und sei es auch nur in Gedanken, sie von der Materie zu trennen! Es sind, wie der Okkultismus sagt, die dualen Wirkungen dieser dualen Essenz, die jetzt als zentripetale und zentrifugale Kräfte bezeichnet werden, negative und positive Pole oder Polarität, Wärme und Kälte, Licht und Dunkelheit etc. etc.

Und es wird ferner behauptet, dass selbst die griechisch- und römisch-katholischen Christen weiser sind, an Engel zu glauben, wie sie es ja auch tun, an Erzengel, Archonten, Seraphim und Morgensterne, kurz gesagt an all die theologischen Deliciae Humani Generis, welche die kosmischen Elemente regieren – selbst wenn sie sie alle blindlings mit einem anthropomorphen Gott in Zusammenhang bringen und auf einen solchen zurückführen – als die Wissenschaft, die an keinen von ihnen glaubt und nur ihre mechanischen Kräfte verteidigt. Denn diese wirken sehr oft mit mehr als menschlicher Intelligenz und Angemessenheit. Nichtsdestoweniger wird diese Intelligenz geleugnet und dem blinden Zufall zugeschrieben. Aber ebenso, wie de Maistre Recht hatte, das Gravitationsgesetz ein bloßes Wort zu nennen, das anstelle des „unbekannten Dinges“ („Les Soirées de Saint-Pétersbourg“) gesetzt ist, haben wir das Recht, dieselbe Regel auf alle anderen Kräfte der Wissenschaft anzuwenden. Und wenn man einwendet, dass der Graf ein eifriger römischer Katholik war, so können wir Lecouturier anführen, einen ebenso eifrigen Materialisten, der dasselbe sagte, genau wie Herschel und viele andere. (Siehe „Musée des Sciences“, August 1856)

Von den Göttern zu den Menschen, von Welten zu Atomen, vom Stern zur Nachtkerze, von der Sonne bis zur Lebenswärme des geringsten organischen Wesens, ist die Welt der Form und des Daseins eine ungeheure Kette, deren Glieder alle zusammenhängen. Das Gesetz der Analogie ist der erste Schlüssel zum Weltenrätsel, und diese Glieder müssen in ihren okkulten Beziehungen zueinander koordiniert studiert werden.

Wenn daher die Geheimlehre – die das Postulat aufstellt, dass bedingter oder begrenzter Raum (Lage) keine wirkliche Existenz hat außer in dieser Welt der Illusion, oder mit anderen Worten, in unseren Wahrnehmungsfähigkeiten – lehrt, dass alle höheren sowie alle niederen Welten mit unserer eigenen gegenständlichen Welt vermischt sind; dass sich [SD # 605] örtlich in uns und um uns herum Millionen von Dingen und Wesen befinden, so wie wir selbst um sie herum, mit und in ihnen sind; so ist das keine bloße metaphysische Redensart, sondern eine nüchterne Tatsache der Natur, wie unverständlich auch immer sie unseren Sinnen erscheinen mag.

Aber man muss die Ausdrucksweise des Okkultismus verstehen, bevor man seine Behauptung kritisiert. Zum Beispiel weigert sich die Lehre (wie auch die Wissenschaft in einem Sinn) die Worte „oben“ und „unten“, „höher“ und „niedriger“ in Bezug auf unsichtbare Sphären anzuwenden, da sie hier ohne Bedeutung sind. Selbst die Begriffe „Ost“ und „West“ sind konventionell und lediglich zur Unterstützung unserer menschlichen Wahrnehmungen notwendig. Denn obwohl die Erde mit dem Nord- und Südpol zwei feste Punkte hat, sind doch Ost und West veränderlich und von unserer eigenen Position auf der Erdoberfläche und der Erddrehung von West nach Ost abhängig. Wenn daher „andere Welten“ erwähnt werden – einerlei ob besser oder schlechter, spiritueller oder noch materieller, allerdings in beiden Fällen unsichtbar – verortet der Okkultist diese Sphären weder außerhalb noch innerhalb unserer Erde, wie es Theologen und Dichter tun; denn sie befinden sich nirgendwo in dem den Profanen bekannten und von ihnen verstandenen Raum. Sie sind gewissermaßen mit unserer Welt vermischt – sie durchdringen sie und sind von ihr durchdrungen. Es gibt Millionen und Abermillionen für uns sichtbare Welten und Firmamente; es gibt eine noch größere Anzahl über die mit dem Teleskop sichtbaren hinaus, und viele der letzteren Art gehören nicht unserer objektiven Daseinssphäre an. Obwohl so unsichtbar, als befänden sie sich Millionen von Meilen jenseits unseres Sonnensystems, sind sie doch bei uns, uns nahe, innerhalb unserer eigenen Welt, ebenso objektiv und materiell für ihre betreffenden Bewohner wie unsere für uns selbst. Das Verhältnis dieser Welten zu unserer ist jedoch nicht einem Satz eiförmiger Schachteln vergleichbar, die jeweils ineinander passen, wie die Chinesische Nistpuppen genannten Spielzeuge; jede einzelne untersteht gänzlich ihren eigenen Gesetzen und Bedingungen und hat keine unmittelbare Beziehung zu unserer Sphäre. Die Bewohner dieser Welten können, wie bereits gesagt, so viel wir wissen und fühlen, gerade durch uns und um uns herum vorbeiziehen wie durch den leeren Raum, ihre Wohnungen und Länder sind mit unseren vermischt, aber dennoch stören sie unseren Gesichtskreis nicht, weil wir bis jetzt noch nicht die zu ihrer Wahrnehmung notwendigen Fähigkeiten besitzen. Doch das spirituelle Auge des Adepten, und selbst das einiger Seher und Sensitiver, kann in unterschiedlichem Maß jederzeit die Gegenwart und unmittelbare Nähe von anderen Lebenssphären angehörenden Wesen wahrnehmen. Die Bewohner der (spirituell) höheren Welten kommunizieren lediglich mit denjenigen irdischen Sterblichen, die sich durch individuelle Anstrengungen zu ihnen auf die höheren, von ihnen bewohnten Ebenen erheben. . . .

„Die Söhne Bhumis (Erde) betrachten die Söhne der Devalokas (Engel-Sphären) als ihre Götter, und die Söhne der niedrigeren Reiche blicken zu den Menschen Bhumis als zu ihren Devas (Göttern) auf; in ihrer Blindheit bleiben die Menschen sich dessen unbewusst. . . . Sie (die Menschen) erzittern [SD # 606] vor ihnen, während diese sie benutzen (zu magischen Zwecken). . . . Die erste Menschenrasse waren die „gemütgeborenen Söhne“ der Ersteren. Sie (die Pitris und Devas) sind unsere Vorfahren. . . . (Buch II des Kommentars zum Buch Dzyan)

Sogenannte „Gebildete“ verspotten die Vorstellung von Sylphen, Salaman­dern, Undinen und Gnomen; die Wissenschaftler betrachten jede Erwähnung eines solchen Aberglaubens als Beleidigung; und Logik und gesundem Menschenverstand missachtend, der oftmals das Privileg der „anerkannten Autorität“ ist, lassen sie jene, die zu unterrichten ihre Pflicht wäre, sich unter dem absurden Eindruck abplagen, dass im gesamten Kosmos, oder zumindest in unserer eigenen Atmosphäre, keine weiteren bewussten, intelligenten Wesen existieren außer uns selbst.147 Jegliche Menschheit (aus bestimmten menschlichen Wesen zusammengesetzt), die nicht zwei Beine, zwei Arme und einen Kopf mit menschlichen Zügen darauf aufwiese, würde nicht als menschlich bezeichnet werden; obwohl die etymologische Ableitung des Wortes wenig mit der allgemeinen Erscheinung eines Geschöpfes zu tun zu haben scheint. Indem also die Wissenschaft die bloße Möglichkeit der Existenz derartiger (im Allgemeinen für uns) unsichtbarer Geschöpfe streng zurückweist, wird die Gesellschaft dazu gezwungen, die Idee öffentlich zu verspotten, obwohl sie doch im Geheimen an all das glaubt. Fröhlich bejubelt sie Werke wie den Comte de Gabalis und bemerkt nicht, dass offene Satire die sicherste Maske darstellt.

Nichtsdestoweniger existieren solche unsichtbaren Welten tatsächlich. Ebenso dicht bewohnt wie unsere eigene, sind sie in unermesslicher Anzahl im scheinbar leeren Raum verstreut; einige viel materieller als unsere eigene Welt, andere stufenweise etherischer, bis sie formlos werden und wie „Atem“ sind. Die Tatsache, dass unser Auge sie nicht sieht ist kein Grund dafür, nicht an sie zu glauben. Die Physiker können weder ihren Ether noch ihre Atome, „Bewegungsarten“ oder Kräfte sehen, und doch akzeptieren und lehren sie sie.

Würden wir selbst in der natürlichen, uns vertrauten Welt erkennen, dass die Materie teilweise Analogien zu der schwierigen Vorstellung derartiger unsichtbarer Welten liefert, erschiene es unproblematisch, die Möglichkeit einer solchen Anwesenheit einzuräumen. Ein Kometenschweif ist ein erster Schritt, obgleich er unsere Aufmerksamkeit vermittels seiner Helligkeit auf sich zieht und dennoch den Blick auf Objekte weder trübt noch hindert, die wir durch ihn hindurch und hinter ihm wahrnehmen. Eilig durchquert der Kometenschweif unseren Horizont, und wir würden ihn weder fühlen noch uns seiner Passage bewusst werden, wäre da nicht das glänzende Funkeln, das oft nur von einigen sich für das Phänomen interessierenden Menschen wahrgenommen wird, während allen anderen seine Gegenwart und sein Durchgang durch unseren Globus oder quer über einen Teil von ihm unbemerkt bleibt. Dieser Schweif mag ein integrierter Teil des Kometenwesens sein oder nicht, seine Verdünnung [SD # 607] kann uns jedenfalls zur Veranschaulichung dienen. In der Tat ist es nicht eine Frage des Aberglaubens, sondern lediglich ein Ergebnis der transzendentalen Wissenschaft und noch mehr der Logik, die Existenz von Welten zuzugestehen, die aus einer noch weitaus feineren Materie bestehen als ein Kometenschweif. Indem die Wissenschaft diese Möglichkeit im letzten Jahrhundert generell abstritt, arbeitete sie weder der Philosophie noch der wahren Religion in die Hände, sondern lediglich der Theologie. Um die Pluralität selbst materieller Welten noch besser bestreiten zu können, eine Ansicht, die viele Kirchenmänner für unvereinbar halten mit den Lehren und dem Text der Bibel,148 musste Maxwell das Andenken Newtons verleumden und den Versuch unternehmen, sein Publikum davon zu überzeugen, die in der Newtonschen Philosophie enthaltenen Prinzipien „bildeten die Grundlage sämtlicher atheistischer Systeme“. (Siehe Bd. II, „Plurality of Worlds“)

„Dr. Whewell bestritt die Pluralität der Welten unter Berufung auf das Zeugnis der Wissenschaft“, schreibt Professor Winchell.149 Und wenn sogar die Bewohnbarkeit von physischen Welten, von Planeten und den entfernten Sternen, die in Myriaden über unseren Häuptern scheinen, auf diese Weise bestritten wird, wie wenig Aussicht bleibt da für die Akzeptanz unsichtbarer Welten im augenscheinlich durchsichtigen Raum unserer eigenen!

Wenn wir uns aber eine Welt vorstellen können, die (für unsere Sinne) aus noch feinerer Materie besteht als ein Kometenschweif, die bewohnt ist, die im Verhältnis zu ihrem Globus ebenso etherischer sind wie wir im Verhältnis zu unserer felsigen, hartkrustigen Erde, so ist es kein Wunder, wenn wir sie nicht wahrnehmen und ihre Gegenwart oder auch nur ihre Existenz nicht fühlen. Worin nur ist diese Idee der Wissenschaft entgegengesetzt? Könnten nicht Menschen und Tiere, Pflanzen und Sterne mit einer Reihe von Sinnen ausgestattet sein, die sich von unseren gänzlich unterscheiden? Können nicht ihre Organismen unter anderen Daseinsgesetzen geboren werden, sich entwickeln und existieren als sie in unserer kleinen Welt vorherrschen? Ist es unbedingt notwendig, dass jedes körperliche Wesen in dieselben „Röcke von Fellen“ gekleidet ist, mit denen Adam und Eva der Legende der Genesis nach ausgestattet wurden? Körperlichkeit jedoch, sagt uns mehr als nur ein Wissenschaftler, „kann unter sehr unterschiedlichen Bedingungen existieren“.150 Wissen wir nicht durch die [SD # 608] Entdeckungen eben derselben, alles abstreitenden Wissenschaft, dass wir von Myriaden unsichtbarer Lebewesen umgeben sind? Wenn diese Mikroben, Bakterien und tutti quanti unendlich Kleinen infolge ihrer Kleinheit für uns unsichtbar sind, können da nicht auf der anderen Seite Wesen existieren, die für uns infolge der Eigenschaft ihrer Beschaffenheit oder Materie unsichtbar sind – in der Tat aufgrund ihrer Feinheit? Umgekehrt, was die Wirkungen der Kometenmaterie anbelangt, haben wir nicht noch ein weiteres Beispiel einer halb sichtbaren Form von Leben und Materie? Der Sonnenstrahl, der in unsere Wohnung dringt, enthüllt bei seinem Durchgang Myriaden winziger Wesen, die ihr kleines Leben leben und sterben, unabhängig und unbeachtet, ob sie von unserer gröberen Materialität wahrgenommen werden oder nicht. Und genauso verhält es sich wiederum mit Mikroben, Bakterien und ähnlichen unsichtbaren Wesen in anderen Elementen. Lange Jahrhunderte trostloser Unwissenheit haben wir sie einfach übersehen, nachdem die Lampe der Erkenntnis der heidnischen und hoch philosophischen Systeme aufgehört hatte, während der frühen Christenheit ihr helles Licht auf die Zeitalter der Intoleranz und Bigotterie zu werfen; und wir würden sie gerne immer noch übersehen.

Und doch umgaben uns diese Leben damals ebenso wie heute. Sie wirkten fort, gehorsam ihrem eigenen Gesetz folgend, und lediglich in dem Maß, wie sie allmählich von der Wissenschaft entdeckt wurden, begannen wir, von ihnen und von den von ihnen hervorgebrachten Wirkungen Kenntnis zu nehmen.

[SD # 609] Wie lange hat die Welt gebraucht, bis sie zu dem geworden ist, was sie heute ist? Wenn gesagt werden kann, dass selbst bis zum heutigen Tag kosmischer Staub unseren Globus erreicht, der „niemals zuvor der Erde angehört hat“ („World-Life“), wieviel logischer ist es dann anzunehmen – mit den Okkultisten –, dass sich in den zahllosen, dahinrollenden Zeitaltern und Millionen von Jahren, seitdem sich dieser Staub ansammelte und den Globus, auf dem wir leben, um seinen Kern intelligenter Ursubstanz herum formte, viele Menschheiten erschienen sind? Diese Menschheiten unterscheiden sich von unserer gegenwärtigen in genauso hohem Maß wie die Menschheit, die sich in weiteren Millionen von Jahren entwickelt haben wird, von unseren Rassen verschieden sein wird – erschienen, nur um genauso wieder vom Antlitz der Erde zu verschwinden, wie es mit unserer eigenen geschehen wird. Diese ursprünglichen, weit zurückliegenden Menschheiten werden geleugnet, weil sie, wie die Geologen glauben, keine greifbaren Überbleibsel ihrer selbst zurückließen. Alle ihre Spuren wurden weggeschwemmt, und deshalb haben sie niemals existiert. Und doch können ihre Überbleibsel – obwohl wirklich nur sehr wenige existieren – gefunden werden, und sie müssen durch die geologische Forschung entdeckt werden. Aber selbst wenn sie niemals aufgefunden werden sollten, gäbe es noch keinen Grund zu behaupten, dass in ihr zugeschriebenen geologischen Perioden ihrer Gegenwart auf der Erde niemals Menschen gelebt haben könnten. Denn ihre Organismen benötigten kein warmes Blut, keine Atmosphäre, keine Nahrung; der Verfasser des World-Life“ hat Recht, und es ist nicht so extrem zu glauben, wie wir es tun, dass es ebenso, wie es gemäß der bis heute gültigen wissenschaftlichen Hypothese „in unzerstörbarem Kiesel oder in Platin eingeschlossene psychische Naturen“ geben könnte, es genauso in Formen aus gleichermaßen unzerstörbarer Urmaterie eingeschlossene psychische Naturen gab – die wirklichen Vorväter unserer fünften Rasse.

Wenn wir daher wie in Band II von Menschen sprechen, die diesen Globus vor 18.000.000 Jahren bewohnten, gehen wir dabei weder von den Menschen unserer gegenwärtigen Rassen aus noch von den gegenwärtigen atmosphärischen Gesetzen, thermischen Bedingungen etc. Erde und Menschheit, wie auch Sonne, Mond und Planeten, weisen in ihren Lebensperioden alle Wachstum auf, Veränderungen, Entwicklungen und stufenweise Evolution. Sie werden geboren, entwickeln sich zu Säuglingen, Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen, sie werden alt, und schließlich sterben sie. Warum sollte nicht auch die Menschheit diesem universalen Gesetz folgen? Uriel sagt zu Enoch: „Siehe, ich habe dir alle Dinge gezeigt. Du siehst die Sonne, den Mond und jene, die die Sterne des Himmels leiten, die alle ihre Tätigkeiten, Zeiten und das Eintreffen ihrer Rückkehr verursachen. . . . In den Tagen der Sünder werden die Jahre kürzer sein . . . alles, was auf der Erde geschieht, wird verkehrt sein . . . der Mond wird seine Gesetze ändern“ . . . etc. (Kap. 79).

Die „Tage der Sünder“ bedeuten die Tage, in denen die Materie auf der Erde ihre volle Herrschaft und der Mensch den Gipfelpunkt seiner physischen Entwicklung an Größe und Animalität erreichte. Das ereignete sich zur Zeit der Atlantier, um den Mittelpunkt ihrer Rasse (die vierte, die ertränkt wurde, so wie von Uriel prophezeit). Seit damals begann der Mensch an physischer Größe und an Stärke abzunehmen und nicht mehr so alt zu werden, wie im [SD # 610] zweiten Band gezeigt werden wird. Aber da wir am Mittelpunkt unserer Unterrasse stehen, der fünften Wurzelrasse – die jeweils den Höhepunkt der Materialität darstellt – sind die animalischen Neigungen doch nicht weniger entwickelt, auch wenn sie etwas verfeinert sind: Und das trifft am stärksten auf die zivilisierten Länder zu.

XV
Götter, Monaden UND ATOME

Vor einigen Jahren machten wir die Bemerkung151, dass „die esoterische Lehre zutreffenderweise ‘Fadenlehre’ genannt werden kann, da sie sich wie der Sutratman der Vedantaphilosophie152 durch sämtliche alten philosophischen Religionssysteme hindurchzieht, sie aneinanderreiht, miteinander versöhnt und erklärt“. Wir sagen jetzt, dass sie noch mehr leistet. Sie versöhnt nicht nur die verschiedenen und sich scheinbar widerstreitenden Systeme miteinander, sondern sie überprüft auch die Entdeckungen der modernen exakten Wissenschaft und zeigt, dass einige von ihnen notwendigerweise richtig sein müssen, da sie sich in den alten Aufzeichnungen bestätigt finden. Alles das wird zweifellos als total unverschämt und respektlos angesehen werden, als ein wahrhaftes Verbrechen der Laienwissenschaft; nichtsdestotrotz ist es eine Tatsache.

Die Wissenschaft unserer Tage ist unbestreitbar ultramaterialistisch, aber in einem gewissen Sinn ist sie gerechtfertigt. Da sich die Natur in actu immer esoterisch verhält, und wie die Kabbalisten sagen in abscondito, kann sie von den Profanen nur nach ihrer Erscheinung beurteilt werden, und diese Erscheinung ist auf der physischen Ebene immer trügerisch. Andererseits weigern sich die Naturforscher, die Physik mit der Metaphysik zu vermischen, den Körper mit seiner ihn belebenden Seele und seinem Geist, die zu ignorieren sie vorziehen. Für einige ist das eine Frage der Wahl, während die Minderheit vernünftigerweise danach strebt, den Bereich der Naturwissenschaft mit der von manchen Materialisten so missbilligten Metaphysik zu erweitern, indem sie die Grenzen der verbotenen Felder überschreitet. Diese Gelehrten sind in ihrer Generation weise. Denn alle ihre wunderbaren Entdeckungen würden nirgends hinführen und ewig kopflose Körper bleiben, es sei denn sie lüfteten den Schleier der Materie und strengten ihre Augen an, um darüber hinaus zu sehen. Jetzt, nachdem sie die Natur und die Schichten ihres physischen Gerüsts lang und breit studiert haben, ist es an der Zeit, das Gerüst auf die zweite Ebene zu räumen und in den unbekannten Tiefen nach der lebendigen und wirklichen Wesenheit zu suchen, nach ihrer Sub-stanz – dem Noumenon der verschwindenden Materie.

[SD # 611] Die Entdeckung, dass einige jetzt als „überholter Aberglauben“ angesehenen Wahrheiten Tatsachen und Überreste alter Erkenntnis und Weisheit sind, wird man aber nur dann machen, wenn man dieser Linie folgt.

Eine dieser „degenerierenden“ Ansichten – in den Augen des alles abstreitenden Skeptikers – stellt die Idee dar, dass der Kosmos, von seinen objektiven planetarischen Bewohnern abgesehen, seinen Menschheiten in anderen bewohnten Welten, von unsichtbaren, intelligenten Existenzen erfüllt ist. Die sogenannten Erzengel, Engel und Geister des Westens, Abbilder ihrer Prototypen, der Dhyan Chohans, der Devas und Pitris des Ostens, sind nicht wirkliche Wesenheiten, sondern Erfindungen. In dieser Beziehung ist die materialistische Wissenschaft unerbittlich. Um ihre Position zu unterstützen, verwirft sie ihr eigenes, unumstößliches Gesetz der Gleichförmigkeit der Naturgesetze, das Gesetz der Stetigkeit, und die gesamte logische Abfolge von Analogien in der Evolution des Seins. Die Massen der Profanen werden aufgefordert und zu glauben veranlasst, dass das gesammelte Zeugnis der Geschichte falsch sei und beweist, dass selbst die Atheisten der alten Zeit, Männer wie Epikur und Demokrit – an Götter glaubten; und dass Philosophen wie Sokrates und Platon, die ihre Existenz beteuerten, fehlgeleitete Schwärmer und Narren waren. Wenn wir lediglich aus historischen Gründen an unseren Ansichten festhalten, auf der Grundlage der Autorität von Legionen der hervorragendsten Weisen, Neuplatoniker und Mystiker aller Zeitalter, von Pythagoras herab bis zu den hervorragenden Gelehrten und Professoren des gegenwärtigen Jahrhunderts, die, wenn sie auch „Götter“ ablehnen, so doch an „Geister“ glauben, sollen wir dann solche Autoritäten für ebenso schwachköpfig und närrisch halten wie einen beliebigen römisch-katholischen Bauern, der an seinen ehemals menschlichen Heiligen oder an den Erzengel Michael glaubt und sie anbetet? Gibt es denn keinen Unterschied zwischen dem Glauben des Bauern und dem der westlichen Erben der Rosenkreuzer und Alchemisten des Mittelalters? Sind die Van Helmonts, die Khunraths, die Paracelsusse und Agrippas, von Roger Bacon herab bis zu St. Germain, alle blinde Enthusiasten, Hysteriker oder Betrüger, oder ist es die Handvoll moderner Skeptiker – die „intellektuellen Führer“ – die mit der Blindheit der Negation geschlagen sind? Letzteres trifft zu, denken wir. Wären diese Handvoll von Neinsagern die alleinigen Hüter der Wahrheit, käme das in der Tat einem Wunder gleich und stünde jeder Logik und Wahrscheinlichkeit entgegen, glauben doch allein in Europa und Amerika Millionen von Menschen an Götter, Engel und Geister – nämlich griechische und lateinische Christen, Theosophen, Spiritualisten, Mystiker etc. etc., und sie sollen nichts anderes sein als irregeführte Fanatiker und halluzinierende Medien oder häufig nichts Besseres als Opfer von Täuschern und Schwindlern! Wie sehr sie sich auch in ihren äußeren Darstellungen und Dogmen unterscheiden mögen, basieren die verschiedenen Glaubenssysteme an die Heerscharen unsichtbarer Intelligenzen unterschiedlicher Grade alle auf derselben Grundlage. Wahrheit und Irrtum sind in allen gemischt. Die genauen Ausmaße, die Tiefe, Breite und Länge der Geheimnisse der Natur, sind nur in den östlichen esoterischen Wissenschaften zu finden. Sie sind so umfassend und tief, dass kaum auch nur einige wenige, sehr wenige der höchsten Initiierten – jene, deren bloße Existenz nur einer verschwindend kleinen Anzahl von [SD # 612] Adepten bekannt ist – imstande sind, das Wissen aufzunehmen. Doch ist es immer vorhanden, und nach und nach ist es den Tatsachen und Vorgängen in den Werkstätten der Natur erlaubt, ihren Weg in die exakten Wissenschaften zu finden, indem erlesenen Individuen bei der Enträtselung ihres Arkanums geheimnisvolle Hilfe zukommt. Solche Ereignisse finden gewöhnlich im Zusammenhang mit der Entwicklung der Rasse am Ende großer Zyklen statt. Wir befinden uns gerade am Ende des 5.000 Jahre dauernden Zyklus des gegenwärtigen arischen Kali-Yugas; und zwischen heute und 1897 wird der Schleier der Natur weit geöffnet werden, und die materialistische Wissenschaft wird ihren Todesstoß erhalten.

Ohne altehrwürdige Glaubenssysteme in irgendeiner Weise diskreditieren zu wollen, in welche Richtung auch immer, sind wir gezwungen, eine scharfe Grenzlinie zu ziehen zwischen dem durch Theologien entwickelten blinden Glauben und dem auf den unabhängigen Forschungen vieler Generationen von Adepten beruhenden Wissen; kurz, zwischen Glauben und Philosophie. Unbestreitbar gab es zu allen Zeiten gelehrte und gute Menschen, die ihre kristal­lisierten Überzeugungen bis zu ihrem Tod bewahrten, nachdem sie in einem sektiererischen Glauben erzogen worden waren. Für die Protestanten ist der ursprüngliche Ausgangspunkt des Dramas der Menschheit der Garten Eden und die erhabene Tragödie auf dem Gipfel des Kalvarienberges das Vorspiel für das erhoffte Tausendjährige Reich. Für römische Katholiken steht Satan am Grund des Kosmos, Christus im Mittelpunkt und der Antichrist an seinem Scheitel. Für beide beginnt und endet die Hierarchie des Seins innerhalb des engen Rahmens ihrer jeweiligen Theologie: einem selbsterschaffenen, persönlichen Gott und einem Feuerhimmel, der von den Hallelujas erschaffener Engel ertönt; der Rest sind falsche Götter, Satan und Feinde.

Theophilosophie schreitet auf umfassenderen Pfaden voran. Seit dem ersten Anbeginn der Äonen – in Zeit und Raum in unserer Runde und auf unserem Globus – wurden die Geheimnisse der Natur (zumindest diejenigen, welche zu kennen unsere Rassen berechtigt sind) von den Schülern eben jener, heute unsichtbaren „Himmlischen Menschen“ in geometrischen Formen und Symbolen aufgezeichnet. Die Schlüssel hierzu gingen von einer Generation „Weiser“ auf die nächste über. Einige der auf diese Weise aus dem Osten in den Westen gelangten Symbole brachte Pythagoras aus dem Orient mit, der nicht der Erfinder seines berühmten „Dreiecks“ war. Zusammen mit dem Quadrat und dem Kreis stellte dieses Dreieck eine weit beredtere und wissenschaftlichere Beschreibung der Ordnung der spirituellen, psychischen und physischen Evolution des Universums dar als Bände beschreibender Kosmogonien und geoffenbarter „Schöpfungen“. Die in das „pythagoreische Dreieck“ eingezeichneten zehn Punkte wiegen sämtliche jemals dem Gehirn eines Theologen entsprungenen Theogonien und Angelologien auf. Denn wer diese siebzehn Punkte (die sieben mathematischen Punkte sind verborgen) – augenscheinlich und in der gegebenen Folge – erklärt, wird in ihnen die ununterbrochene Abfolge der Genealogien vom ersten himmlischen bis zum irdischen Menschen finden. Und da sie die Ordnung der Wesen angeben, offenbaren sie auch jene Ordnung, in der der Kosmos und unsere Erde entstanden sind und die Urelemente [SD # 613] , aus welchen Letztere erzeugt wurde. Erschaffen in den unsichtbaren Tiefen und im Schoß derselben „Mutter“ wie ihre Mitgloben – wer die Geheimnisse unserer Erde meistert, hat auch die Geheimnisse aller anderen ergründet.

Was auch immer Unwissenheit, Stolz oder Fanatismus an Gegenteiligem behaupten mag – es wird sich zeigen lassen, dass die esoterische Kosmologie sowohl mit der Philosophie als auch mit der modernen Wissenschaft untrennbar verbunden ist. Die Götter der Alten, die Monaden – von Pythagoras bis herab zu Leibniz – und die Atome der gegenwärtigen materialistischen Schulen (die sie aus den Theorien der alten griechischen Atomisten entlehnten) sind nichts anderes als eine zusammengesetzte Einheit oder ein abgestuftes Eines, vergleichbar der mit dem Körper beginnenden und dem Geist endenden Gestalt des Menschen. In den okkulten Wissenschaften lassen sie sich getrennt studieren, jedoch können sie niemals beherrscht werden, wenn sie nicht in ihren gegenseitigen Wechselbeziehungen während ihres Lebenszyklus und der Pralayas als universale Einheit betrachtet werden.

La Pluche zeigt Ernsthaftigkeit, gibt aber mit der Verkündigung seiner persönlichen Ansichten über die Monade oder den mathematischen Punkt eine mangelhafte Vorstellung seiner philosophischen Fähigkeiten. Er sagt: „Ein Punkt reicht aus, um sämtliche Schulen der Welt in Aufruhr zu versetzen. Aber warum sollte der Mensch diesen Punkt kennen, liegt doch die Schöpfung eines solch kleinen Wesens außerhalb seiner Möglichkeiten? A fortiori reagiert die Philosophie, entgegen aller Wahrscheinlichkeit, mit der Dreistigkeit, von diesem alle ihre Überlegungen absorbierenden und verwirrenden Punkt ausgehend zur Erschaffung der Welt überzugehen. . . .“

Die Philosophie wäre jedoch niemals in der Lage gewesen, ihren Begriff einer logischen, universalen und absoluten Gottheit zu entwickeln, hätte sie nicht den mathematischen Punkt im Kreis gehabt, auf den sie ihre Spekulationen begründete. Nur der geoffenbarte Punkt, der nach seinem prägenetischen Erscheinen in der Unendlichkeit und Unerkennbarkeit des Kreises für unsere Sinne verloren ist, ermöglicht eine Versöhnung zwischen der Philosophie und der Theologie – unter der Bedingung, dass Letztere ihre rohen, materialistischen Dogmen aufgibt. Und eben weil die christliche Theologie die pythagoreische Monade und die geometrischen Flächen so unweise ablehnte, brachte sie ihren selbst erschaffenen, menschlichen und persönlichen Gott hervor, das monströse Haupt, aus dem die Dogmen der Erlösung und der Verdammnis in zwei Strömen hervorfließen. Das ist so wahr, dass selbst jene Geistlichen, die Philosophen sein wollten und Freimaurer waren, in ihren willkürlichen Deutungen den alten Weisen die sonderbare Idee zuschrieben, dass „die Monade (bei ihnen) den Thron der allmächtigen Gottheit repräsentierte, in den Mittelpunkt des Lichthimmels positioniert, um den T.G.A.O.T.U.153 anzudeuten – sprich „den großen Architekten des Universums“. Das ist eine kuriose Erklärung, mehr freimaurerisch als streng pythagoreisch.

Das „Hierogramm in einem Kreis oder gleichseitigen Dreieck“ [SD # 614] hätte auch niemals die Einheit der göttlichen Wesenheit bedeutet; denn die würde mit der Ebene des grenzenlosen Kreises erklärt. Tatsächlich stand dieses Symbol für die dreieinige, gleichrangige Natur der ersten differenzierten Substanz oder die Co-Substanzialität des (manifestierten) Geistes, der Materie und des Universums – ihr „Sohn“, der aus dem Punkt (dem wirklichen esoterischen Logos) hervorgeht oder der pythagoreischen Monade. Denn das griechische Monas bedeutet „Einheit“ in ihrem ursprünglichen Sinn. Wer nicht imstande ist, den Unterschied zwischen der Monade – der universalen Einheit – und den Monaden oder der manifestierten Einheit zu verstehen, sowie den zwischen dem immer verborgenen und dem manifestierten Logos oder dem Wort, sollte sich niemals mit Philosophie befassen und die esoterischen Wissenschaften bleiben lassen. Es ist unnötig, den gebildeten Leser an Kants Thesis zur Darstellung seiner zweiten Antinomie154 zu erinnern. Wer sie gelesen und verstanden hat, wird die von uns zwischen dem absoluten, idealen Universum und dem unsichtbaren, aber manifestierten Kosmos gezogene Linie klar erkennen. Unsere Götter und Monaden sind nicht die Elemente der Ausdehnung selbst, sondern lediglich die der unsichtbaren Wirklichkeit, der Basis des manifestierten Kosmos. Weder die Esoterische Philosophie noch Kant oder Leibniz würden jemals einräumen, dass sich Ausdehnung aus einfachen oder dimensionslosen Teilen zusammensetzen könnte. Theologie-Philosophen jedoch werden das nicht begreifen. Der Kreis und der Punkt, Letzterer sich in Ersteren zurückziehend und in ihm versinkend, nachdem er die ersten drei Punkte emaniert und durch Linien miteinander verbunden und so die erste noumenale Grundlage des zweiten Dreiecks in der manifestierten Welt gebildet hat, waren für theologische Flüge in dogmatische Lichthimmel schon immer ein unüberwindbares Hindernis: Kraft dieses archaischen Symbols wird ein männlicher, persönlicher Gott, der Schöpfer und Vater von allem, zu einer drittrangigen Ausstrahlung, dem Sephiroth, der auf der absteigenden Linie an vierter Stelle und links von Ain Soph steht (siehe den Kabbalistischen Baum des Lebens). Daher ist die Monade zu einem Vehikel erniedrigt – zu einem „Thron“!

Die Monade – lediglich die Emanation und Widerspiegelung des Punktes (Logos) in der phänomenalen Welt – wird als die Spitze des manifestierten gleichseitigen Dreiecks zum „Vater“. Die linke Seite oder Linie ist die Duade, die „Mutter“, betrachtet als das böse, entgegenwirkende Prinzip (Plutarch, „De Placitis Philosophorum“); die rechte Seite stellt den „Sohn“ dar (in allen Kosmogonien der „Gemahl seiner Mutter“, da er eins ist mit der Spitze); die Basis stellt die universale Ebene der produktiven Natur dar, die Vater-Mutter-Sohn auf der phänomenalen Ebene ebenso vereint wie sie in der Spitze in der übersinnlichen Welt vereinigt waren.155 Durch mystische Umwandlung wurden sie zur Vierheit – das Dreieck wurde zur Tetraktys.

[SD # 615] Diese transzendentale Anwendung der Geometrie auf kosmische und göttliche Theogonie – das Alpha und Omega mystischer Auffassung – wurde nach Pythagoras von Aristoteles verkrüppelt. Indem er Punkt und Kreis wegließ und die Spitze nicht beachtete, verminderte er den metaphysischen Wert der Idee und beschränkte die Bedeutungslehre so auf eine einfache Dreiheit – auf die Linie, die Fläche und den Körper. Seine mit dem Idealismus spielenden modernen Erben erklärten diese drei geometrischen Flächen zu Raum, Kraft, und Materie – zu „den Potenzen einer ineinander wirkenden Einheit“.156 Die materialistische Wissenschaft, die nichts als die Grundlinie des manifestierten „Dreiecks“ sieht – die Ebene der Materie – übersetzt es praktisch mit (Vater)-Materie, (Mutter)-Materie und (Sohn)-Materie, und in der Theorie als Materie, Kraft und Wechselbeziehung.

Wie der Kabbalist bemerkt, sind für den Durchschnittsphysiker jedoch „Raum, Kraft und Materie das, was für den Mathematiker in der Algebra die Zeichen darstellen, lediglich konventionelle Symbole“; oder „Kraft als Kraft und Materie als Materie sind ebenso absolut unerkennbar wie der angenommene leere Raum, in dem sie aufeinander einwirken sollen“. Da Symbole Abstraktionen repräsentieren, „begründet der Physiker vernunftgemäße Hypothesen über den Ursprung der Dinge auf sie . . . . und erachtet in dem, was er Schöpfung nennt, drei Dinge für wichtig: (a) einen Ort, wo erschaffen werden soll; (b) ein Medium, durch das erschaffen werden soll; (c) ein Material, aus dem erschaffen werden soll. Und indem er dieser Hypothese durch die Bezeichnungen Raum, Kraft und Materie logischen Ausdruck gibt, glaubt er die Existenz von dem bewiesen zu haben, was jedes dieser drei repräsentiert, wie er es sich vorstellt zu sein.“ 157

Der Physiker betrachtet den Raum lediglich als eine Vorstellung unseres Verstandes oder als Ausdehnung ohne Beziehung zu den in ihm enthaltenen Gegenständen, während Locke ihn wiederum als weder des Widerstandes noch der Bewegung fähig definiert; der paradoxe Materialist, der in ihm eine Leere sehen will, wo er keine Materie erkennen kann, würde den Lehrsatz: „Der Raum ist eine substanzielle, wenn auch (scheinbar) absolut unerkennbare, lebendige Entität“ („New Aspects of Life and Religion“, S. 8) mit tiefster Verachtung zurückweisen. Das ist aber nichtsdestoweniger die kabbalistische Lehre, und so lautet auch die Lehre der archaischen Philosophie. Raum ist die wirkliche Welt, während unsere Welt artifiziell ist. Er ist die eine Einheit in ihrer ganzen Unendlichkeit: in ihren grundlosen Tiefen wie an ihrer illusiven Oberfläche; eine mit zahllosen phänomenalen Universen, Systemen und fatamorganischen Welten übersäte Oberfläche. Nichtsdestoweniger sieht der östliche Okkultist, im Grunde objektiver Idealist, in der realen Welt, die eine Einheit von Kräften ist, „eine Verknüpfung sämtlicher Materie im Plenum“, wie Leibniz sagen würde. Das ist im pythagoreischen Dreieck symbolisiert.

[SD # 616] Innerhalb seiner drei Seiten sind zehn Punkte pyramidenförmig angeordnet (von einem bis zu den letzten vier), und es symbolisiert das Universum in der berühmten pythagoreischen Dekade. Der obere, einzelne Punkt ist eine Monade und repräsentiert einen Punkt der Einheit, und zwar der Einheit, aus welcher alles hervorgeht, und alles teilt dieselbe Wesenheit mit ihr. Die aus zehn Punkten innerhalb des Dreiecks bestehende Pyramide stellt die phänomenale Welt dar und die drei Seiten des sie umfassenden gleichseitigen Dreiecks die Grenzwälle der noumenalen Materie oder Substanz, die sie von der Welt des Denkens trennen. „Pythagoras betrachtete einen Punkt als proportional der Einheit entsprechend; eine Linie der 2; eine Fläche der 3; einen Körper der 4, und er definierte einen Punkt als eine Monade, die eine Lage hat und als den Anbeginn aller Dinge; man dachte, dass eine Linie mit der Dualität korrespondiert, weil sie durch die erste Bewegung aus der unteilbaren Natur entstanden ist und die Verbindung zweier Punkte bildet. Eine Fläche wurde mit der Zahl drei verglichen, da sich die erste aller Ursachen in Flächen finden lässt, denn ein Kreis, die wichtigste aller runden Flächen, besteht aus einer Dreiheit, und zwar Mittelpunkt – Fläche – Umfang. Ein Dreieck jedoch, die erste aller geradlinigen Flächen, ist in einer Dreiheit enthalten und empfängt seine Form entsprechend dieser Zahl; es wurde von den Pythagoreern als der Schöpfer aller sublunaren Dinge betrachtet. Die vier Punkte unten im pythagoreischen Dreieck entsprechen einem Körper oder Würfel, der die Gesetzmäßigkeiten von Länge, Breite und Tiefe vereinigt, denn kein Körper kann weniger als vier äußerste Grenzpunkte aufweisen“ („The Pythagorean Triangle“, S. 18-19).

Es wird behauptet, dass sich „der menschliche Verstand keine unteilbare Einheit vorstellen kann, ohne die Idee durch ihr eigenes Subjekt zu vernichten“. Das ist ein Irrtum, wie die Pythagoreer und vor ihnen eine Reihe von Sehern bewiesen haben, obwohl es dafür eine besondere Übung gibt, die der profane Verstand kaum begreifen kann. Aber es gibt derlei Dinge wie Metamathematik und Metageometrie. Selbst die reine und einfache Mathematik geht vom Allgemeinen zum Besonderen vor, vom mathematischen, also unteilbaren Punkt zu konkreten Zahlen. Die Lehre nahm ihren Ursprung in Indien und wurde in Europa von Pythagoras gelehrt. Er warf einen Schleier über den Kreis und den Punkt – welchen kein lebender Mensch anders definieren könnte denn als unbegreifliche Abstrak­tionen – und verlegte den Anbeginn der differenzierten kosmischen Materie in die Grund- oder Horizontallinie des Dreiecks. So wurde Letzteres zur frühesten geometrischen Form. Der Verfasser von „New Aspekts of Life and Religion“ und der kabbalistischen Mysterien widerspricht sozusagen der Vergegenständlichung der pythagoreischen Vorstellung und dem Gebrauch des gleichseitigen Dreiecks und nennt es eine Fehlbezeichnung. Seine Schlussfolgerung, dass ein fester, gleichseitiger Körper – „einer, dessen Grund- und Seitenflächen gleichseitige Dreiecke bilden – vier gleiche Seiten oder Flächen besitzen muss, während eine dreieckige Ebene ebenso notwendigerweise fünf besitzen wird“, zeigt im Gegenteil die Großartigkeit der Idee in ihrer gesamten esoterischen Anwendung auf die Vorstellung [SD # 617] der Prägenesis und der Genesis des Kosmos. Zugegeben, ein durch mathematische, imaginäre Linien bezeichnetes ideales Dreieck kann „überhaupt keine Seiten haben, da es lediglich ein Phantom der Vorstellungskraft ist (sollten dem Dreieck Seiten zugeschrieben werden, müssen sie die Seiten des Gegenstandes darstellen, welche es konstruktiv repräsentiert)“. Aber in einem solchen Fall sind die meisten wissenschaftlichen Hypothesen nichts Besseres als „Phantome der Vorstellungskraft“; außer durch Schlussfolgerung sind sie nicht nachprüfbar, und sie wurden übernommen, um den wissenschaftlichen Anforderungen zu dienen. „Als die abstrakte Idee eines dreieckigen Körpers und daher als Typus einer abstrakten Idee“ erfüllte und realisierte das ideale Dreieck außerdem die beabsichtigte doppelte Symbolik in Perfektion. Als ein auf die objektive Idee anwendbares Emblem wurde das einfache Dreieck zu einem Körper. Auf der Basis der vier Kardinalpunkte in Stein ausgeführt nahm es die Gestalt der Pyramide an – das Symbol des in das noumenale Universum des Gedankens eintauchenden phänomenalen Universums –, an der Spitze der vier Dreiecke; und als eine „aus drei mathematischen Linien konstruierte imaginäre Figur“ symbolisierte es die subjektiven Sphären – da diese Linien „einen mathematischen Raum einschließen – was einem ein Nichts umschließendes Nichts entspricht“. Denn für die Sinne und das ungeübte Bewusstsein des Profanen und des Wissenschaftlers muss alles, was sich jenseits der Linie der differenzierten Materie befindet – d. h. außerhalb und jenseits des Bereichs auch der spirituellsten Substanz – für immer gleich dem Nichts bleiben. Es ist Ain Soph – das Nichtding.

Und doch stellen diese „Phantome der Vorstellungskraft“ tatsächlich keine größeren Abstraktionen dar als die abstrakten Ideen in Bezug auf die Evolution und die physische Entwicklung im Allgemeinen – z. B. Gravitation, Materie, Kraft etc. – auf welchen die exakte Wissenschaft beruht. Unsere hervorragendsten Chemiker und Physiker treiben ernsthaft den nicht hoffnungslosen Versuch voran, die Spur des Protyls oder der Grundlinie des pythagoreischen Dreiecks bis zu ihrem Schlupfwinkel zu verfolgen. Letzteres ist, wie bereits gesagt, die denkbar großartigste Idee, denn es symbolisiert sowohl das ideelle als auch das sichtbare Universum.158 Denn wenn „die mögliche Einheit lediglich die Möglichkeit einer Wirklichkeit der Natur darstellt, als Individuum irgendeiner Art“, und jeder individuelle natürliche Gegenstand in der Lage ist, sich zu teilen und durch die Teilung seine Einheit verliert oder keine Einheit mehr ist,159 gilt dies lediglich für den Bereich der exakten Wissenschaft in einer Welt, die ebenso täuschend wie trügerisch ist. Anstatt ihre Einheit zu verlieren, nähert sich im Bereich der esoterischen Wissenschaft die ad infinitum geteilte Einheit mit jeder Teilung den Ebenen der einzig ewigen Wirklichkeit an. Das Auge des Sehers kann ihr folgen und sie in ihrer gesamten prägenetischen Herrlichkeit erblicken. Dieselbe Vorstellung von der Wirklichkeit des subjektiven und der Unwirklichkeit des objektiven Universums findet sich am Grund der pythagoreischen und platonischen Lehren – den Auserwählten allein vorbehalten; denn [SD # 618] Porphyrius sagt, wenn er von der Monade und der Duade spricht, dass nur Erstere als substanziell und wirklich betrachtet wurde, „dieses höchst einfache Wesen, die Ursache aller Einheit und das Maß aller Dinge“.

Die Duade jedoch, obwohl sie der Ursprung des Bösen oder der Materie ist – und in der Philosophie folglich unwirklich – ist während des Manvantaras dennoch Substanz und wird im Okkultismus oft die dritte Monade genannt und als die Verbindungslinie als zwischen zwei Punkten . . . oder Zahlen bezeichnet, die aus Jenem hervorging, „das vor allen Zahlen war“, wie es Rabbi Barahiel ausdrückte. Und aus dieser Duade gingen all die Scintillas der drei oberen und der vier niederen Welten oder Ebenen hervor – die sich in konstanter Wechselwirkung und Korrespondenz befinden. Diese Lehre hat die Kabbala mit dem östlichen Okkultismus gemein. Denn in der okkulten Philosophie gibt es die „Eine Ursache“ und die „Erste Ursache“, wodurch Letztere paradoxerweise zur zweiten wird, wie der Verfasser von „Qabbalah, The Philosophical Writings Of Solomon Ben Yehudah Ibn Gabirol“ klar ausdrückt: „Bei der Abhandlung der Ersten Ursache müssen zwei Dinge in Betracht gezogen werden, die Erste Ursache per se und die Beziehung und Verbindung der Ersten Ursache zum sichtbaren und unsichtbaren Universum.“ Damit zeigt er, dass die alten Hebräer in die Fußstapfen der orientalischen Philosophie traten, der Chaldäer, Perser, Inder, Araber etc. Ihre Erste Ursache wurde zuerst bezeichnet „durch den triadischen Schaddaï, den (dreieinigen) Allmächtigen, in der Folge durch das Tetragrammaton, YHVH, das Symbol der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft“, und lasst uns hinzufügen, des Ewigen Ist oder Ich Bin. Außerdem steht YHVH (oder Jehovah) in der Kabbala für einen Er und eine Sie, männlich und weiblich, zwei in einem, oder Chokmah und Binah, und seine oder vielmehr ihre Shekinah oder zusammenfassenden Geist (Gnade), die aus der Zweiheit wiederum eine Dreiheit macht. Das zeigt sich in der jüdischen Pfingstliturgie und dem Gebet: „Im Namen der Einheit, des heiligen und gesegneten Hû (Er), und Seiner Shekinah, des verborgenen und geheimen Hû, gepriesen sei YHVH (die Vierheit) immerdar.“ „Hû wird als männlich bezeichnet und YaH als weiblich, gemeinsam bilden sie den דחא הוהי, d. h. den einen YHVH. Einer, aber von männlich-weiblicher Natur. Shekinah wird in der Kabbala immer als weiblich betrachtet.“ (S. 175) Und das gilt gleichermaßen für die exoterischen Puranas, denn Shekinah ist in diesem Fall nichts weiter als Shakti – das weibliche Doppel oder die Auskleidung eines beliebigen Gottes. Genauso war es bei den ersten Christen, deren Heiliger Geist weiblich war, wie die Sophia bei den Gnostikern. In der transzendentalen chaldäischen Kabbala jedoch oder dem „Buch der Zahlen“ ist „Shekinah“ geschlechtslos und die reinste Abstraktion, ein Zustand wie Nirvana, weder Subjekt noch Objekt, noch irgendetwas, ausgenommen eine absolute Gegenwart.

Somit ist Shekinah-Shakti lediglich in den anthropomorphisierten Systemen (wie die Kabbala jetzt größtenteils geworden ist) weiblich. So wird sie zur Duade von Pythagoras, im Symbol zu den beiden geraden Linien, die sich niemals schneiden und daher auch keine geometrische Figur bilden können. Sie sind [SD # 619] das Symbol der Materie. Wenn sie in der Grundlinie des Dreiecks auf der niederen Ebene (des oberen Dreiecks des sephirothischen Baumes) vereinigt sind, gehen aus dieser Duade die Elohim hervor, oder die Göttlichkeit der kosmischen Natur, bei den wahren Kabbalisten die niedrigste Bezeichnung, in der Bibel mit „Gott“ übersetzt (siehe dasselbe Werk auf derselben Seite).160 Aus diesem gehen die Scintillas hervor.

Die Scintillas sind die „Seelen“, und diese Seelen erscheinen in der dreifältigen Form von Monaden (Einheiten), Atomen und Göttern – laut unserer Lehre. „Jedes Atom wird zu einer sichtbaren, zusammengesetzten Einheit (einem Molekül), und einmal in die Sphäre der irdischen Aktivität gezogen, wird die monadische Wesenheit, indem sie durch das Mineral-, Pflanzen- und Tierreich hindurchgeht, zum Menschen“ („Esoterischer Katechismus“). Wiederum, „Gott, Monade und Atom sind die Entsprechungen von Geist, Gemüt und Körper (Atman, Manas und Sthula Sarira) im Menschen“. In ihrer siebenfältigen Gesamtheit sind sie der „Himmlische Mensch“ (siehe die Kabbala wegen dieses Begriffs); somit ist der irdische Mensch die vorläufige Widerspiegelung des himmlischen. . . . . „Die Monaden (Jivas) sind die Seelen der Atome, und beide sind das Gewebe, in das die Chohans (Dhyanis, Götter) sich kleiden, wenn eine Form benötigt wird.“ („Esoterischer Katechismus“)

Das bezieht sich auf die kosmischen und subplanetarischen Monaden, nicht auf die überkosmische Monas (die pythagoreische Monade), wie sie in ihrem synthetischen Charakter von den pantheistischen Peripatetikern bezeichnet wird. Vom Standpunkt ihrer Individualität aus betrachtet, werden die gegenwärtig erörterten Monaden als Seelen der Atome behandelt, bevor sie in die rein irdische Form herabsteigen. Denn dieses Herabsteigen in die konkrete Materie bezeichnet den Mittelpunkt ihrer eigenen individuellen Pilgerschaft. Ihre Individualität im Mineralreich verlierend, beginnen sie hier, durch die sieben Zustände der irdischen Evolution zu jenem Punkt emporzusteigen, an dem eine stabile Wechselbeziehung zwischen dem menschlichen und dem Deva-(göttlichen) Bewusstsein errichtet wird. Gegenwärtig beschäftigen wir uns jedoch nicht mit ihren irdischen Metamorphosen und Beschwerlichkeiten, sondern mit ihrem Leben und Verhalten im Raum, auf Ebenen, wo sie der Blick selbst des intuitivsten Chemikers und Physikers nicht erreichen kann – es sei denn, er entwickelte bedeutende hellseherische Fähigkeiten.

Es ist wohlbekannt, dass Leibniz der Wahrheit mehrere Male sehr nahe kam, aber er definierte die monadische Evolution unzutreffend, worüber man sich nicht wundern braucht, da er kein Initiierter war, ja noch nicht einmal ein Mystiker, sondern lediglich ein [SD # 620] sehr intuitiver Philosoph. Und doch kam noch kein einziger Psychophysiker jemals dem esoterischen, allgemeinen Umriss der Evolution näher als er. Diese Evolution – von ihren unterschiedlichen Standpunkten aus betrachtet – d. h. als die universale und als die individualisierte Monade; und nach den Hauptaspekten der evolvierenden Energie nach der Differenzierung – dem rein spirituellen und intellektuellen, dem psychischen und dem physischen – kann folgendermaßen als ein unveränderliches Gesetz formuliert werden; ein Abstieg des Geistes in die Materie, äquivalent zum Aufstieg in der physischen Evolution; ein Wiederaufstieg aus den Tiefen der Materialität zu seinem Status quo ante, mit einer entsprechenden Zerstreuung der konkreten Form und der Substanz bis zum Laya-Zustand oder dem, was die Wissenschaft den „Nullpunkt“ nennt, und darüber hinaus.

Sobald der Geist der Esoterischen Philosophie verstanden ist, wird die unbedingte Notwendigkeit dieser Zustände mithilfe einfacher, logischer und analoger Betrachtungen leicht ersichtlich. Nachdem die Naturwissenschaft mittels ihres Fachbereichs Chemie das unwandelbare Gesetz dieser Evolution der Atome aus ihrem Zustand als „Protyl“ hinab in ein physisches und anschließend chemisches Teilchen (oder Molekül) festgestellt hat – kann sie diese Zustände wohl kaum als allgemeingültiges Gesetz zurückweisen. Und sobald sie von ihren Feinden – der Metaphysik und der Psychologie161 – aus ihren angeblich uneinnehmbaren Hochburgen herausgetrieben sein wird, wird sie finden, dass es schwieriger ist als es jetzt den Anschein hat, in den Räumen des Raums den Planetengeistern (Göttern), Elementalen und selbst den Elementar-Spuken oder Geistern und anderen ihren Platz zu verwehren. Zwei Positivisten und Materialisten haben sich dieser logischen Notwendigkeit bereits gebeugt, Louis Figuier und Adolphe d’Assier. Andere und noch größere Gelehrte werden in diesem „intellektuellen Fall“ nachfolgen. Sie werden nicht von spirituellen, theosophischen oder irgendwelchen anderen physikalischen oder selbst mentalen Phänomenen aus ihren Stellungen getrieben, sondern lediglich durch die außerordentlichen Lücken und Klüfte, die sich täglich auftun und sich noch weiter vor ihnen auftun werden, so wie eine Entdeckung der anderen folgt, bis sie schließlich von der neunten Woge zu Boden geworfen werden, dem einfachen gesunden Menschenverstand.

Hier ein Beispiel: Prof. W. Crookes letzte Entdeckung des von ihm so benannten Protyls. In den „Notes on the Bhagavadgita“ von einem der besten Metaphysiker und Vedantagelehrten Indiens162 macht der Vortragende, vorsichtig auf die in dem großartigen indischen esoterischen Werk enthaltenen „okkulten Dinge“ Bezug nehmend, eine Bemerkung, die ebenso bedeutsam wie auch vollständig korrekt ist. „ . . . Auf die Einzelheiten der Evolution des Sonnensystems selbst“, sagt er, „brauche ich nicht einzugehen. Wenn Sie die von Professor Crookes vor kurzer Zeit über die sogenannten Elemente der modernen Chemie gehaltene Vorlesung untersuchen, können Sie einige Ideen sammeln über die Art und Weise, wie die verschiedenen Elemente aus diesen drei Prinzipien, in welche Mulaprakriti (das pythagoreische Dreieck) [SD # 621] differenziert ist, ins Dasein treten. Diese Vorlesung wird Ihnen eine Vorstellung über die Art und Weise vermitteln, in welcher diese sogenannten Elemente aus Vishvanara163 entspringen, dem objektivsten dieser drei Prinzipien, welches das in der Vorlesung erwähnte Protyl zu beschreiben scheint. Von einigen wenigen Einzelheiten abgesehen, scheint diese Vorlesung die Umrisse der Theorie der physischen Evolution auf der Ebene Vishvanaras darzustellen und ist, soweit ich weiß, die größte jemals von modernen Forschern erzielte Annäherung an die wirkliche, okkulte Theorie über diesen Gegenstand.

Diese Worte werden bei jedem östlichen Okkultisten Widerhall und Zustimmung finden. Vieles von den Vorträgen von Prof. Crookes wurde bereits in § XII dieser Anhänge angeführt. Er hielt einen weiteren Vortrag, „Genesis of the Elements“164, ebenso bemerkenswert wie der erste, und auch noch einen dritten. Damit haben wir nahezu eine Bestätigung der Lehren der Esoterischen Philosophie über den Vorgang der ursprünglichen Evolution. Sie ist in der Tat eine Annäherung an die Geheimlehre durch einen großen Gelehrten und Spezialisten der Chemie165, wie sie nur sein könnte, ohne die Anwendung der Monaden und Atome auf die Dogmen der reinen, transzendentalen Metaphysik und ihre Verbindung und Beziehung zu „Göttern und intelligenten, bewussten Monaden“. Dank eines der höchsten ihrer europäischen Vertreter, befindet sich die Chemie gegenwärtig aber auf ihrem aufsteigenden Pfad. Es ist ihr nicht möglich, in jene Tage zurückzukehren, in denen der Materialismus seine Sub-Elemente als absolut einfache und homogene Körper betrachtete, die er in seiner Blindheit in den Rang von Elementen erhoben hatte. Die Maske wurde von einer allzu geschickten Hand entfernt, als dass eine neue Verkleidung irgendwie zu befürchten sei. Und nach Jahren der Pseudologie, der als Elemente auftrumpfenden Bastardmolekülen, hinter und jenseits von denen nichts sein konnte als Leere, fragt ein großer Professor der Chemie nochmals: „Was sind diese Elemente, woher kommen sie, was ist ihre Bedeutung? . . . . Diese Elemente verwirren uns in unseren Untersuchungen, durchkreuzen unsere Spekulationen und verfolgen uns selbst in unseren Träumen. Wie ein unbekanntes Meer erstrecken sie sich vor uns – spottend, mystifizierend und seltsame Offenbarungen und Möglichkeiten murmelnd.“ („Gen. of Elem.“, S. 1)

[SD # 622] Die Erben der ursprünglichen Offenbarungen lehrten diese „Möglichkeiten“ in allen Jahrhunderten, fanden aber niemals ein offenes Ohr. Kepler, Leibniz, Gassendi, Swedenborg etc. –, die ihnen eingegebenen Wahrheiten verbanden sie immer in der einen oder anderen voreingenommenen Richtung mit ihren eigenen Spekulationen und verzerrten sie infolgedessen. Doch jetzt dämmerte einem hervorragenden Professor der exakten Wissenschaft eine der großen Wahrheiten auf, und furchtlos verkündet er als fundamentales Axiom, dass sich die Wissenschaft mit den echten, einfachen Elementen bislang überhaupt nicht bekannt gemacht hat. Denn Prof. Crookes sagt seinen Zuhörern:

„Ich bringe lediglich eine lange ‘in der wissenschaftlichen Luft’ gelegene Idee formal zum Ausdruck, wenn ich zu behaupten wage, unsere allgemein anerkannten Elemente sind nicht einfach und ursprünglich, nicht zufällig entstanden und nicht auf planlose und mechanische Art erschaffen, sondern sie wurden aus einfacheren Materialien entwickelt – oder vielleicht tatsächlich aus einer einzigen Art von Materie. Die verdientesten Chemiker, Physiker, Philosophen erklären ausdrücklich ihre Überzeugung, die siebzig (oder in etwa so viele) Elemente unserer Lehrbücher seien nicht die Säulen des Herkules, über die hinaus zu dringen wir niemals hoffen dürfen.“ . . . „Philosophen der Gegenwart und der Vergangenheit – Männer, die sicherlich niemals in Laboratorien gearbeitet haben – erlangten dieselbe Anschauung von einer anderen Seite.“ So verzeichnet Herbert Spencer seine Überzeugung, dass ‘die chemischen Elemente aus den wahren oder physischen Atomen hervorgebracht sind durch Entwicklungsvorgänge unter Bedingungen, die hervorzubringen die Chemie bis jetzt noch nicht imstande gewesen ist’. . . . „Und der Dichter ist dem Philosophen zuvorgekommen. Von der Idee der Evolution durchdrungen, lässt Milton (‘Das verlorene Paradies’, Band V) den Erzengel Raphael zu Adam sagen, der Allmächtige schuf

. . . ‘ alle
Aus einem ersten Stoff mit mannigfacher
Gestaltung und verschied’nen Wesensgraden.’ ”

Nichtsdestoweniger verbliebe die „in der wissenschaftlichen Luft liegende Idee“ kristallisiert und wäre vielleicht noch viele Jahre lang nicht in dichte Atmosphäre des Materialismus und der profanen Sterblichen herabgestiegen, hätte nicht Prof. Crookes sie tapfer und furchtlos auf ihre einfachen Elemente zurückgeführt und so öffentlich der wissenschaftlichen Beachtung aufgezwungen. Plutarch sagt: „Eine Idee ist ein unkörperliches Wesen, das an sich selbst kein Dasein hat, aber der gestaltlosen Materie Gestalt und Form gibt und zur Ursache der Manifestation wird.“ („De Placit. Philos.“) Die von Avogadro in der alten Chemie hervorgebrachte Revolution war das erste Blatt in dem Buch der neuen Chemie. Crookes hat jetzt das zweite Blatt umgewendet und zeigt kühn auf das, was das Letzte sein könnte. Denn wenn das Protyl erst einmal akzeptiert und anerkannt sein wird – wie es auch dem unsichtbaren Ether erging, da beides sowohl logische als auch wissenschaftliche Notwendigkeiten sind – wird die Existenz der Chemie praktisch beendet sein: In ihrer Reinkarnation wird sie wiedererscheinen als neue Alchemie oder Metachemie. Der Entdecker der [SD # 623] strahlenden Materie wird mit der Zeit die archaischen arischen Werke über Okkultismus und selbst die Veden und Puranas gerechtfertigt haben. Denn was sind die geoffenbarte „Mutter“, der „Vater-Sohn-Gemahl“ (Aditi und Daksha, eine Form von Brahmâ, als die Schöpfer) und der „Sohn“ – die drei „Erstgeborenen“ – anderes als einfach Wasserstoff, Sauerstoff und das, was in seiner irdischen Manifestation Stickstoff genannt wird? Selbst die exoterischen Beschreibungen der „Erstgeborenen“-Dreiheit nennen sämtliche charakteristischen Eigenschaften dieser drei Gase. Priestley, der „Entdecker“ des Sauerstoffs oder von dem, was im fernsten Altertum bekannt war!

Aber die exoterischen indischen Bücher kamen selbst sämtlichen alten, mittelalterlichen und neuzeitlichen Dichtern und Philosophen zuvor. Descartes Plenum über in Teilchen differenzierte Materie; das ätherische Fluidum von Leibniz und das in seine Elemente aufgelöste „primitive Fluidum“ von Kant; Keplers Sonnenwirbel und sein System der Wirbel; kurz gesagt, von den vom Universalgemüt ins Leben gerufenen Urwirbeln über Anaxagoras bis herunter zu Galileo, Torricelli und Swedenborg und nach diesen bis hin zu den neuesten Spekulationen europäischer Mystiker – findet sich all das in den indischen Hymnen oder Mantras an die „Götter, Monaden und Atome“ in ihrer Fülle, denn sie sind untrennbar. In den esoterischen Lehren finden sich die transzendentalsten Vorstellungen vom Universum und seinen Geheimnissen und die (scheinbar) materialistischsten Spekulationen miteinander versöhnt, weil diese Wissenschaften den gesamten Plan der Evolution vom Geist zur Materie umfassen. Wie ein amerikanischer Theosoph erklärte: „Die Monaden (von Leibniz) können von einem Gesichtspunkt aus Kraft genannt werden, von einen anderen aus Materie. Für die okkulte Wissenschaft sind Kraft und Materie lediglich zwei Seiten derselben Substanz.“ („The Path“, Bd. 10, S. 297-8)

Der Leser erinnere sich an diese „Monaden“ von Leibniz, von denen eine jede ein lebendiger Spiegel des Universums ist und jede Monade alle anderen reflektiert. Er vergleiche diese Anschauung und Definition mit gewissen von Sir William Jones übersetzten Sanskrit-Stanzen (Shlokas), in denen gesagt wird, dass die schöpferische Quelle des Göttlichen Gemüts . . . „in einem Schleier tiefster Dunkelheit verborgen aus den Atomen der Welt Spiegel formte und auf jedes Atom einen Widerschein seines eigenen Angesichts warf. . . . .“

Professor Crookes erklärt: „Könnten wir zeigen, wie die sogenannten chemischen Elemente erzeugt wurden, wären wir in der Lage, eine gewaltige Kluft in unserem Wissen über das Universum zu schließen. . . .“ Und das ist die Antwort. Die theoretische Kenntnis ist in der esoterischen Bedeutung einer jeden indischen Kosmogonie in den Puranas enthalten; der praktische Nachweis dafür liegt in den Händen jener, die in diesem Jahrhundert nicht anerkannt werden, ausgenommen von einer sehr kleinen Minderheit. Die wissenschaftlichen Möglichkeiten der verschiedenen Entdeckungen, welche die exakte Wissenschaft unaufhaltsam zur Annahme der östlichen okkulten Anschauungen führen müssen, denn sie enthalten das gesamte zur Ausfüllung dieser „Lücken“ erforderliche Material, sind bis jetzt dem modernen Materialismus ausgeliefert. Nur in der Arbeit in der von Prof. Crookes eingeschlagenen Richtung [SD # 624] besteht überhaupt eine Hoffnung auf die Anerkennung einiger bisher okkulter Wahrheiten.

Wer sich danach sehnt, einen Blick auf ein praktisches Diagramm der Evolution der Urmaterie zu werfen, die sich unter dem Antrieb des zyklischen Gesetzes trennt und differenziert und dabei in eine siebenfältige Abstufung von Substanz teilt (nach der allgemeinen Auffassung), kann unterdessen nichts Besseres tun als die Tafeln zu studieren, die Crookes Vorlesung „Genesis of the Elements“ beigegeben sind und über einige Textpassagen gründlich nachzudenken. An einer Stelle (S. 11) sagt er:

„ . . . . Unsere Vorstellungen von chemischen Elementen haben sich erweitert. Bis jetzt wurde das Molekül als ein Aggregat von zwei oder mehr Atomen betrachtet und der architektonischen Gestaltung der Verbindung dieser Atome keinerlei Bedeutung beigemessen. Wir können in Erwägung ziehen, dass die Struktur eines chemischen Elements komplexer ist als bisher vermutet. Zwischen den Molekülen, mit denen wir uns für gewöhnlich in chemischen Reaktionen beschäftigen, und den ultimativen Atomen, so wie sie zuerst erschaffen wurden, kommen kleinere Moleküle oder Aggregate physischer Atome; außerdem unterscheiden sich die Submoleküle voneinander in Abhängigkeit davon, welche Position sie im Bauwerk des Yttriums einnehmen.“

Vielleicht lässt sich diese Hypothese vereinfachen, wenn wir uns das Yttrium durch ein Fünfschillingstück dargestellt denken. Durch chemische Spaltung habe ich es in fünf separate Schillinge geteilt und finde, dass diese Schillinge keine Ebenbilder sind, sondern dass ihnen, wie bei den Kohlenstoffatomen im Benzolring, das Siegel ihre Lage 1, 2, 3, 4, 5 eingeprägt ist. . . . Wenn ich meine Schillinge in den Schmelztiegel werfe oder sie chemisch auflöse, verschwindet die Prägung und sie erweisen sich alle als Silber.“ . . .

Das Gleiche trifft auf alle Atome und Moleküle zu, die sich aus ihren zusammengesetzten Formen und Körpern gelöst haben – wenn das Pralaya beginnt. Kehrt man den Fall um und stellt sich das Heraufdämmern eines neuen Manvantaras vor, wird sich das reine „Silber“ des absorbierten Materials erneut in Substanz separieren, die „Göttliche Wesenheiten“ hervorbringen wird, deren „Prinzipien“166 die Urelemente sind, die Subelemente, die physischen Energien und die subjektive und die objektive Materie; oder, kurz gesagt, Götter, Monaden und Atome. Wenn wir einen Augenblick lang die metaphysische oder transzendentale Seite der Frage außer Acht lassen – indem wir in der gegenwärtigen Überlegung von den übersinnlichen und intelligenten Wesen und Entitäten absehen, an die Kabbalisten und Christen glauben – und uns der atomistischen Theorie der Evolution zuwenden, so finden sich die okkulten Lehren von der exakten Wissenschaft und deren Bekenntnisse noch bekräftigt, wenigstens insofern die angenommenen „einfachen“ Elemente in Betracht kommen. Diese finden sich jetzt plötzlich [SD # 625] zu armen und entfernten Verwandten – ja nicht einmal Vettern zweiten Grades der Letzteren – erniedrigt. Denn Prof. Crookes sagt:

„Bisher wurde angenommen, dass, wenn das von unterschiedlichen Beobachtern bestimmte Atomgewicht eines Metalls immer konstant ist, obwohl sie von verschiedenen Zusammensetzungen ausgingen, . . . dann muss ein solches Metall mit Recht seinen Platz in der Reihe der einfachen oder elementaren Körper einnehmen. Wir lernen, . . . dass das nicht länger der Fall ist. Noch einmal, wir haben hier Räder innerhalb von Rädern. Gadolinium ist kein Element, sondern eine Verbindung. . . Wir haben gezeigt, dass Yttrium ein aus fünf oder mehr neuen Bestandteilen bestehender Komplex ist. Und wer wird es wagen zu bestreiten, dass jeder dieser Bestandteile noch weiter unterteilt werden kann, wenn man sie auf eine andere Art in Angriff nimmt und das Ergebnis einer noch feineren und eindringlicheren Untersuchung unterzieht als mit der Spektroskopie luminiszierender Materie? Wo ist nun das wirkliche, ultimative Element? Mit jedem Schritt, den wir vorankommen, weicht es zurück, so wie die Tantalusqualen bringenden Seen und Haine der Fata Morgana, die der ermattete und durstige Reisende in der Wüste sieht. Sollten wir in unserer Suche nach Wahrheit derart betrogen und behindert werden? Die bloße Vorstellung eines Elementes als etwas absolut Primäres und Endgültiges scheint immer unbestimmter und unbestimmter zu werden. . . . “ (S. 16)

In Isis Unveiled“, Bd. I, S. 429, sagten wir: „Dieses Geheimnis der ersten Schöpfung, an dem die Wissenschaft immer verzweifelte, ist unergründlich, wenn sie (die Wissenschaftler) nicht die Lehre von Hermes akzeptieren. Sie werden den Fußstapfen der Hermetiker folgen müssen.“ Unsere Prophezeiung beginnt, sich selbst zu erfüllen.

Aber es gibt einen Mittelweg sowie einen Mittelpunkt zwischen Hermes und Huxley. Mögen die Wissenschaftler nur halben Weges eine Brücke schlagen und ernsthaft über die Theorien von Leibniz nachdenken. Wir haben gezeigt, dass unsere Theorien in Bezug auf die Evolution der Atome – deren letzte Bildung zu zusammengesetzten, chemischen Molekülen innerhalb unserer irdischen Werkstätten und der Atmosphäre der Erde und nirgendwo anders bewirkt wird – seltsam übereinstimmen mit der auf Crookes Schautafeln dargestellten Evolution der Atome. In diesem Band wurde bereits mehrere Male festgestellt, dass Marttanda (die Sonne) sich gemeinsam mit ihren sieben kleineren Brüdern aus dem Schoß ihrer Mutter (Aditi) entwickelte und aggregierte. Dieser Schoß ist die Prima Mater-ie – das ursprüngliche Protyl des Vortragenden. Die esoterischen Lehren unterrichten die Existenz „einer vorausgehenden Energieform, die periodische Zyklen von Ebbe und Flut, von Ruhe und Aktivität aufweist“ (S. 21) – und siehe, ein großer wissenschaftlicher Gelehrter fordert jetzt die Welt auf, genau das als eines der Postulate anzunehmen. Wir haben gezeigt, wie die feurige und heiße „Mutter“ allmählich kühl und strahlend wird, und derselbe Gelehrte erhebt als sein zweites Postulat scheinbar die wissenschaftliche Notwendigkeit „eines inneren Vorgangs, der Abkühlung verwandt, der langsam im Protyl stattfindet“. Die okkulte Wissenschaft lehrt, dass die „Mutter“ (während des Pralayas) in der Unendlichkeit als die große Tiefe ausgebreitet liegt, als die „trockenen Wasser des Raumes“, nach der wunderlichen Ausdrucksweise des Katechismus, und [SD # 626] erst nach der Trennung und der Bewegung Narayanas über ihr Antlitz nass wird, des „Geistes“, der die unsichtbare Flamme ist, die niemals brennt, aber alles, was sie berührt, entzündet und ihm Leben und Erschaffung schenkt.167 Und nun sagt uns die Wissenschaft, „das erstgeborene Element, . . . der engste Verwandte des Protyls“, . . . ist „Wasserstoff, . . . eine Zeitlang die einzig existierende Form der Materie“ im Universum. Was sagt die alte Wissenschaft? Sie antwortet: Ganz richtig; aber wir würden Wasserstoff und Sauerstoff (der in der „Mutter“ das Lebensfeuer erbrütet“) in den prägenetischen und selbst in den prägeologischen Zeitaltern Geist nennen, das Noumenon dessen, was in seiner gröbsten Form auf der Erde zu Sauerstoff und Wasserstoff und Stickstoff wird – wobei Stickstoff nicht göttlichen Ursprungs ist, sondern lediglich ein erdgeborener Zement zur Verbindung anderer Gase und Flüssigkeiten, der als Schwamm dient, um den Atem des Lebens in sich zu tragen – die reine Luft.168 Bevor diese Gase und Flüssigkeiten zu dem werden, was sie in unserer Atmosphäre sind, sind sie interstellarer Ether; noch davor und auf einer tieferen Ebene – werden sie zu etwas anderem und so fort ad infinitum. Der hervorragende und gelehrte Herr muss eine Okkultistin entschuldigen, dass sie ihn so ausführlich zitiert; aber das ist die Strafe für ein Mitglied der Royal Society, das sich dem Bereich des heiligen Tempels der okkulten Mysterien so stark annähert, dass es praktisch die verbotenen Grenzen überschreitet.

Aber es ist Zeit, die moderne Naturwissenschaft zu verlassen und sich der psychologischen und metaphysischen Seite der Frage zuzuwenden. Wir möchten lediglich anmerken, dass den „beiden sehr vernünftigen Postulaten“, die der bedeutende Vertragende aufstellte, um „einen Blick auf einige wenige der Geheimnisse zu erhaschen, die so dunkel verborgen liegen“ hinter „dem Tor zum Unbekannten“ – ein drittes hinzugefügt werden sollte169 –, um Angriffe darauf zu vermeiden, und zwar das Postulat, dass Leibniz mit seinen Spekulationen auf dem festen Boden von Tatsache und Wahrheit stand. Die bewunderungswürdige und gedankenvolle Synopsis dieser Spekulationen – wie sie John Theodore Merz in seinem „Leibniz“ liefert – zeigt, wie nahe er den verborgenen Geheimnissen der esoterischen Theogonie mit seiner Monadologie gekommen war. Und doch hat sich dieser Philosoph in seinen Spekulationen kaum über die ersten Ebenen, die niedrigeren Prinzipien des großen, kosmischen Körpers erhoben. Keine luftigeren Höhen als das manifestierte Leben, das Selbstbewusstsein und die Intelligenz erreicht seine Theorie, und sie lässt die Gebiete der früheren nachgenetischen Mysterien unberührt, da sein etherisches Fluidum postplanetarisch ist.

Dieses dritte Postulat wird von den modernen [SD # 627] Wissenschaflern jedoch kaum akzeptiert werden, und wie Descartes werden sie es vorziehen, sich an die Eigenschaften äußerer Dinge wie der Ausdehnung zu halten, die das Phänomen der Bewegung nicht erklären können – anstatt Letztere als unabhängige Kraft zu akzeptieren. Sie werden sich in dieser Generation niemals gegen Descartes stellen, noch werden sie zugestehen, dass „diese Eigenschaft der Trägheit keine rein geometrische Eigenschaft ist, dass sie auf das Dasein von etwas in den äußeren Körpern hinweist, das nicht die bloße Ausdehnung ist.“ Diese Idee stammt von Leibniz, wie sie von Merz analysiert wird, der hinzufügt, dass Leibniz dieses Etwas Kraft nannte und behauptete, dass äußere Dinge mit Kraft begabt seien und dass sie, um die Träger dieser Kraft sein zu können, eine Substanz besitzen müssen, denn sie sind keine leblosen und trägen Massen, sondern die Mittelpunkte und Träger der Form, eine rein esoterische Behauptung, nachdem Kraft bei Leibniz ein aktives Prinzip war und die Trennung zwischen Gemüt und Materie durch diese Schlussfolgerung verschwindet. Aber:

„Die mathematischen und dynamischen Untersuchungen von Leibniz hätten im Denken eines rein wissenschaftlichen Fragestellers nicht zu demselben Ergebnis geführt. Leibniz war jedoch kein Wissenschaftler im modernen Sinn des Wortes. Wäre er das gewesen, hätte er wahrscheinlich den Begriff der Energie ausgearbeitet und die Ideen von Kraft und mechanischer Arbeit mathematisch definiert und wäre zu dem Schluss gelangt, dass es selbst für rein wissenschaftliche Zwecke wünschenswert ist, Kraft nicht als eine ursprüngliche Größe, sondern als aus irgendeinem anderen Wert abgeleitet zu betrachten.“

Doch zum Glück für die Wahrheit:

„Leibniz war Philosoph; und als solcher hatte er gewisse Grundprinzipien, die ihn zugunsten gewisser Schlussfolgerungen beeinflussten, und er wendete diese Grundprinzipien sofort auf seine Entdeckung an, dass äußere Dinge mit Kraft begabte Substanzen sind. Einer dieser Grundsätze war das Gesetz der Kontinuität, die Überzeugung, die ganze Welt sei miteinander verbunden, und es existierten keine nicht überbrückbaren Lücken und Klüfte. Der Kontrast ausgedehnter, denkender Substanzen war ihm unerträglich. Die Definition ausgedehnter Substanzen war bereits unhaltbar geworden: Es war nur natürlich, dass eine ähnliche Untersuchung zur Definition des Denkens, der denkenden Substanz, angestrengt wurde. . . “

So unvollständig und fehler­haft sie vom Standpunkt des Okkultismus auch sein mögen, beweisen die von Leibniz aufgestellten Einteilungen einen Geist metaphysischer Intuition, an den kein Wissenschaftler jemals heranreichte, nicht Descartes, ja nicht einmal Kant. Für Leibniz existierte immer eine unendliche Abstufung des Denkens. Lediglich ein kleiner Teil der Inhalte unseres Denkens, sagte er, erhebt sich in die Klarheit der Wahrnehmung, „in das Licht vollkommenen Bewusstseins“. Viele verbleiben in einem verworrenen oder dunklen Zustand, in einem Zustand der „Perzeptionen“; doch sie existieren; . . . Descartes stritt den Tieren eine Seele ab; Leibniz gestand, den Okkultisten gleich, „der gesamten Schöpfung mentales Leben zu, das ihm zufolge zu unendlichen Abstufungen fähig ist“. Und [SD # 628] das, wie Merz mit Recht bemerkt, „erweiterte mit einem Mal den Bereich des mentalen Lebens, indem es den Gegensatz zwischen belebter und unbelebter Materie zerstörte; und noch mehr – es wirkte auf die Vorstellung der Materie zurück, der ausgedehnten Substanz. Denn es wurde offenbar, dass äußere oder materielle Dinge lediglich unseren Sinnen die Eigenschaft der Ausdehnung darboten, nicht aber unserer Denkfähigkeit. Um geometrische Flächen zu berechnen, war der Mathematiker dazu gezwungen sie in eine unendliche Anzahl unendlich kleiner Teile zu zerlegen, und der Physiker betrachtete die Materie als grenzenlos in Atome teilbar. Die Masse, mit der äußere Dinge den Raum zu erfüllen schienen, war eine lediglich durch die Grobheit unserer Sinne erlangte Eigenschaft . . . Leibniz verfolgte diese Argumente bis zu einem bestimmten Punkt, konnte sich aber nicht mit der Annahme zufrieden geben, die Materie sei aus einer endlichen Anzahl sehr kleiner Teile zusammengesetzt. Sein mathematischer Verstand zwang ihn, die Argumentation ad infinitum fortzuführen. Und was wurde dabei aus den Atomen? Sie verloren ihre Ausdehnung und behielten lediglich ihre Eigenschaft des Widerstandes; sie waren die Kraftzentren. Sie wurden zu mathematischen Punkten reduziert . . . aber wenn ihre Ausdehnung im Raum auch Null entsprach, so war doch ihr inneres Leben umso voller. In der Annahme, die innere Existenz, wie die des menschlichen Gemütes, sei eine neue Dimension, nicht eine geometrische, sondern eine metaphysische Dimension . . . begabte Leibniz, nachdem er die geometrische Ausdehnung der Atome auf Null reduziert hatte, dieselbe mit einer unendlichen Ausdehnung in der Richtung ihrer metaphysischen Dimension. Nachdem man sie in der Welt des Raumes aus dem Auge verloren hat, muss das Denken gewissermaßen in eine metaphysische Welt eintauchen, um die wirkliche Wesenheit dessen zu finden und zu erfassen, was im Raum lediglich als mathematischer Punkt erscheint. . . . Wie ein auf seiner Spitze stehender Kegel, oder wie eine lotrechte Gerade, die eine horizontale Ebene nur in einem mathematischen Punkt schneidet, sich aber in Höhe und Tiefe ins Unendliche erstrecken kann, besitzen die Wesenheiten realer Dinge in dieser physischen Raumwelt lediglich eine punktförmige Existenz. Doch in der metaphysischen Gedankenwelt besitzen sie eine unendliche Tiefe inneren Lebens . . .“ (S. 144).

Das ist der Geist, die eigentliche Wurzel der okkulten Lehre und Denkweise. „Geist-Materie“ und „Materie-Geist“ erstrecken sich in unendliche Tiefen, und wie die „Essenz der Dinge“ von Leibniz findet sich unsere Wesenheit wirklicher Dinge in der siebten Tiefe; indes liegt die nicht reale und grobe Materie der Wissenschaft und der äußeren Welt am niedrigsten Ende unserer wahrnehmenden Sinne. Der Okkultist kennt den Wert oder die Wertlosigkeit der Letzteren.

Jetzt muss dem Schüler der grundlegende Unterschied zwischen dem System von Leibniz170 und dem der okkulten Philosophie in Bezug auf die Frage der Monaden aufgezeigt werden, und dazu wollen wir mit seiner Monadologie beginnen. Es kann richtigerweise festgestellt werden, dass das Wesen und der Geist der Esoterischen Philosophie zum Vorschein kämen, würden die Systeme von Leibniz und von Spinoza miteinander [SD # 629] versöhnt. Aus der Erschütterung der beiden – zum Kartesischen System in Opposition stehend – tauchen die Wahrheiten der archaischen Lehre empor. Beide lehnen die Metaphysik von Descartes ab. Seine Idee vom Gegensatz der beiden Substanzen – der Ausdehnung und des Denkens – die voneinander wesentlich verschieden und nicht aufeinander zurückführbar sind, erscheint ihnen zu willkürlich und zu unphilosophisch. So machte Leibniz aus den beiden kartesischen Substanzen zwei Attribute der einen universalen Einheit, in der er Gott sah. Spinoza anerkannte nur eine universale, unteilbare Substanz, ein Absolutes Alles, Parabrahman vergleichbar. Leibniz nahm im Gegensatz dazu die Existenz einer Vielheit von Substanzen wahr. Für Spinoza war nur Eines; für Leibniz eine Unendlichkeit von Wesen, aus und in dem Einen. Während also beide lediglich eine wirkliche Entität zuließen, teilte Leibniz seine persönliche Gottheit in eine Anzahl von göttlichen und halbgöttlichen Wesen auf, während Spinoza sie als unpersönlich und unteilbar definierte. Spinoza war ein subjektiver, Leibniz ein objektiver Pantheist, aber beide waren in ihren intuitiven Wahrnehmungen große Philosophen.

Würden nun diese beiden Lehren miteinander verbunden und jede durch die andere korrigiert – und vor allem das Unkraut der Persönlichkeit aus der Einen Wirklichkeit gejätet –, bliebe als Gesamtsumme der wahre Geist der Esoterischen Philosophie in ihnen übrig; die unpersönliche, eigenschaftslose, absolute göttliche Wesenheit, die kein Wesen“ ist, sondern die Wurzel aller Wesen. Zieht in eurem Denken eine klare Linie zwischen der immer unerkennbaren Wesenheit und der ebenso unsichtbaren, jedoch erfassbaren Gegenwart (Mulaprakriti) oder Shekinah, jenseits deren und durch die hindurch der Klang des Verbums schwingt, und aus der heraus die zahllosen Hierarchien intelligenter Egos evolvieren, bewusster und halbbewusster, perzeptiver und apperzeptiver Wesen, deren Essenz spirituelle Kraft ist, deren Substanz die Elemente und deren Körper (wenn benötigt) die Atome sind – und unsere Lehre ist da. Denn, sagt Leibniz: „Da das ursprüngliche Element eines jeden materiellen Körpers Kraft ist, die keinerlei Merkmale der (objektiven) Materie aufweist – können wir sie uns vorstellen, sie kann aber niemals Gegenstand irgendeiner fantasievollen Darstellung sein.“ Für ihn waren somit nicht die notwendigerweise mehr oder weniger ausgedehnten materiellen Atome oder Moleküle wie die von Epikur und Gassendi das ursprüngliche und schließliche Element in jedem Körper und Gegenstand, sondern, wie Merz zeigt, immaterielle und metaphysische Atome, ‘mathematische Punkte’; oder wirkliche Seelen – wie von Henri Lachelier (Professor für Philosophie) erklärt wird, seinem französischen Biografen. „Was außerhalb von uns auf eine absolute Weise existiert, das sind Seelen, deren Wesenheit Kraft ist.“ („Monadologie“, Einleitung)

Somit ist die Wirklichkeit in der manifestierten Welt aus einer Einheit von Einheiten zusammengesetzt, sozusagen, immateriell (von unserem Standpunkt) und unendlich. Diese nennt Leibniz „Monaden“, die östliche Philosophie „Jivas“ – und wie die Kabbalisten und alle Christen gibt ihnen auch der Okkultismus unterschiedliche Namen. [SD # 630] Wie für Leibniz sind sie auch für uns der Ausdruck des Universums171, und jeder physische Punkt ist lediglich der phänomenale Ausdruck des noumenalen, metaphysischen Punktes. Seine Unterscheidung zwischen Perzeption und Apperzeption ist der philosophische, wenn auch undeutliche Ausdruck der esoterischen Lehren. Seine „reduzierten Universen“, deren „es so viele gibt wie Monaden“ – sind die chaotische Darstellung unseres siebenfältigen Systems mit seinen Teilungen und Unterteilungen.

In welcher Beziehung stehen nun seine Monaden zu unseren Dhyan Chohans, kosmischen Geistern, Devas und Elementalen? Dazu geben wir kurz die Auffassung eines gelehrten und gedankenvollen Theosophen über diesen Gegenstand wieder, H. A. Bjerregaard. Vor der „Aryan Theosophical Society von New York“ hielt er einen ausgezeichneten Vortrag (siehe „The Path“, Nr. 10 und 11, Jan. und Febr. 1887) „Über die Elementale, die Elementargeister und die Beziehung zwischen ihnen und den menschlichen Wesen“; dort formuliert Bjerregaard seine Meinung mit anschaulichen Worten. . . . . „Für Spinoza ist Substanz tot und inaktiv, aber für den durchdringenden Verstand von Leibniz ist alles lebendige Aktivität und aktive Energie. Indem er diese Meinung vertritt, kommt er dem Orient unendlich näher als alle anderen Denker seiner Zeit und nach ihm. Seine Entdeckung, dass eine aktive Energie die Wesenheit der Substanz bildet, ist ein Prinzip, das ihn in unmittelbare Verwandtschaft mit den Sehern des Ostens bringt.

Und der Vortragende zeigt weiter, dass für Leibniz Atome und Elemente Kraftzentren sind, oder vielmehr „spirituelle Wesen, deren eigentliche Natur das Wirken ist“, denn sie wirken nicht mechanisch, sondern aus einem inneren Prinzip. Sie sind unkörperliche, spirituelle Einheiten („wesenhaft“ zwar, jedoch nicht immateriell in unserem Sinn), keinerlei Veränderung von außen unterworfen und von keiner äußeren Kraft zerstörbar. Die Monaden von Leibniz, führt der Vortragende weiter aus, „unterscheiden sich von Atomen in den folgenden Besonderheiten, die zu beachten für uns sehr wichtig ist, da wir andernfalls nicht imstande sein werden, den Unterschied zwischen Elementalen und bloßer Materie zu erkennen.“ . . . . „Atome unterscheiden sich nicht voneinander, der Qualität nach sind sie gleichartig; qualitativ jedoch unterscheidet sich jede Monade von allen anderen, und jede Monade ist eine besondere Welt für sich selbst. Nicht so die Atome; sie sind quantitativ und qualitativ absolut gleich, und besitzen selbst keine Individualität.172 Noch einmal, die Atome (vielmehr [SD # 631] die Moleküle) der materialistischen Philosophie können als ausgedehnt und teilbar betrachtet werden, während die Monaden bloße mathematische Punkte und unteilbar sind. Schließlich, und das ist ein Punkt, in dem diese Monaden von Leibniz den Elementalen der mystischen Philosophie sehr ähneln, sind diese Monaden repräsentative Wesen. Jede Monade reflektiert alle anderen. Jede Monade ist innerhalb ihrer eigenen Sphäre ein lebendiger Spiegel des Universums. Und das sollte beachtet werden, denn davon hängt die Kraft ab, die diese Monade besitzt, und davon hängt das Werk ab, die sie für uns tun kann; indem sie die Welt widerspiegeln, sind die Monden nicht bloß passive, reflektierende Stellvertreter, sondern spontan selbst-aktiv; sie bringen die Bilder spontan hervor, so wie die Seele einen Traum. In jeder einzelnen Monade kann der Adept daher alles lesen, selbst die Zukunft. Jede Monade oder jedes Elemental ist ein sprechender Spiegel. . .“

An diesem Punkt kollabiert die Philosophie von Leibniz. Es ist weder berücksichtigt noch wird ein Unterschied gemacht zwischen der „Elemental“-Monade und der eines hohen Planetengeistes oder auch nur der menschlichen Monade oder Seele. Er geht sogar so weit manchmal zu bezweifeln, ob „Gott jemals irgendetwas anderes gemacht hat als Monaden oder dimensionslose Substanzen“ („Examen des principes du P. Malebranche“). Wie er wiederholt feststellt, unterscheidet er zwischen Monaden und Atomen,173 weil „Körper mit all ihren Eigenschaften lediglich phänomenal sind, gleich dem Regenbogen. . . . Corpora omnia cum omnibus qualitatibus suis non sunt aliud quam phaenomena bene fundata ut Iris“ (Brief an Pater Desbosses, „Correspondence“, Brief xviii) – doch bald darauf findet er eine Berücksichtigung dafür in einer substanziellen Entsprechung, einem gewissen metaphysischen Band zwischen den Monaden – einem vinculum substantiale. Obwohl sie das objektive Universum und alles in ihm als Maya, als temporäre Illusion betrachtet, macht die einen objektiven Idealismus lehrende Esoterische Philosophie für die Dauer dieser Illusion einen praktischen Unterschied zwischen kollektiver Illusion, Maha-Maya, vom rein metaphysischen Standpunkt, und den objektiven Beziehungen in derselben zwischen verschiedenen bewussten Egos. Der Adept mag daher die Zukunft in einer elementalen Monade lesen, aber er muss zu diesem Zweck eine große Anzahl von ihnen zusammenziehen, weil jede Monade lediglich einen Teil des Reiches darstellt, zu dem sie gehört. „Nicht im Objekt, sondern in der Modifikation der Erkenntnis des Objektes sind die Monaden beschränkt. Unbestimmt erstrecken sie sich alle auf das Unendliche, auf das Ganze, aber sie sind beschränkt und unterscheiden sich durch den individuellen [SD # 632] Grad ihrer Wahrnehmungsfähigkeit.“ (§ 60, „Monadologie“)174 Und wie Leibniz erklärt: „Alle Teile des Universums werden in den Monaden unterschiedlich dargestellt, aber einige sind in der einen Monade reflektiert, einige in der anderen.“ Und doch könnte eine Anzahl von Monaden gleichzeitig die Gedanken der zwei Millionen Einwohner von Paris darstellen.

Doch was sagen die okkulten Wissenschaften dazu, und was fügen sie hinzu?

Sie sagen, dass das, was von Leibniz zusammenfassend als Monaden bezeichnet wird, bei oberflächlicher Betrachtungsweise und Außerachtlassung jeglicher Unterteilung für den Augenblick175 in drei verschiedene Scharen eingeteilt werden kann. Von den höchsten Ebenen nach unten gezählt sind das erstens „Götter“ oder bewusste spirituelle Egos; die intelligenten Architekten, die dem Plan im Göttlichen Gemüt folgen; darauf folgen die Elementale oder Monaden, die kollektiv und unbewusst die großen universalen Spiegel bilden von allem, was mit ihren betreffenden Reichen in Verbindung steht; schließlich die Atome oder materiellen Moleküle, die ihrerseits von ihren apperzeptiven Monaden beseelt werden, gerade so wie jede Zelle im menschlichen Körper beseelt ist (siehe die abschließenden Seiten von Band I). Es gibt Schwärme solcher beseelter Atome, die ihrerseits die Moleküle beseelen; eine Unendlichkeit von Monaden oder eigentlich Elementalen, und zahllose spirituelle Kräfte – monadenlos, denn sie sind reine Unkörperlichkeiten,176 ausgenommen unter gewissen Gesetzen, wenn sie eine nicht notwendigerweise menschliche Form annehmen. Woher kommt die Substanz, die sie bekleidet – der sichtbare Organismus, den sie um ihre Zentren herum evolvieren? Die formlosen („Arupa“) Ausstrahlungen, die in der Harmonie des universalen Willens existieren und das sind, was wir die Ansammlung oder die Gesamtheit des kosmischen Willens auf der Ebene des subjektiven Universums nennen, vereinigen gemeinsam eine Unendlichkeit von Monaden – eine jede der Spiegel ihres eigenen Universums – und individualisieren [SD # 633] zunächst jeweils einen unabhängigen Geist, allwissend und universal; und mittels desselben Vorganges magnetischer Aggregation schaffen sie für sich selbst aus den interstellaren Atomen objektive, sichtbare Körper. Denn die assoziierten oder dissoziierten, einfachen oder komplexen Atome und Monaden sind vom Augenblick ihrer ersten Differenzierung an lediglich die körperlichen, seelischen oder spirituellen Prinzipien der „Götter“, die selbst wiederum die Ausstrahlungen der Urnatur sind. So stellen sich dem Auge des Sehers die höheren planetarischen Mächte unter zwei Aspekten dar: dem subjektiven – als Einflüsse, und dem objektiven – als mystische Formen, die unter dem karmischen Gesetz zu einer Gegenwart werden, da Geist und Materie eins sind, wie wiederholt festgestellt wurde. Geist ist Materie auf der siebten Ebene; Materie ist Geist – auf dem niedrigsten Punkt seiner zyklischen Aktivität; und beide – sind Maya.

Im Okkultismus werden die Atome „Schwingungen“ genannt; und auch „Ton“ – kollektiv. Das widerspricht nicht Tyndalls wissenschaftlicher Entdeckung. Er verfolgte die ganze Reihe der atmosphärischen Schwingungen auf der unteren Sprosse der Leiter monadischen Daseins – und diese bildet den objektiven Teil der natürlichen Prozesse. Er verfolgte die Geschwindigkeit ihrer Bewegung und Übertragung und zeichnete sie auf; die Kraft ihres Impulses; die Erzeugung von Schwingungen des Trommelfells und ihre Übertragung auf das Gehörknöchelchen etc. etc., bis der Gehörnerv zu schwingen beginnt – und das ist der Anfang eines neuen Phänomens, die subjektive Seite des Vorgangs oder die Empfindung des Tons. Nimmt er sie wahr oder sieht er sie? Nein; denn sein Fach ist die Erforschung des Verhaltens der Materie. Aber warum sollte ein Sensitiver sie nicht sehen, ein spiritueller Seher, dessen inneres Auge geöffnet ist, einer der durch den Schleier der Materie hindurchsehen kann? Die Wellen und Schwingungen der Wissenschaft werden allesamt von Atomen hervorgerufen, die ihre Moleküle von innen heraus zur Aktivität antreiben. Atome füllen die Unermesslichkeit des Raumes, und durch ihre beständige Schwingung sind sie Bewegung, die die Räder des Lebens beständig in Gang hält. Dieses innere Werk bringt das als Korrelation der Kräfte bezeichnete Naturphänomen hervor. Nur steht am Ursprung einer jeden derartigen „Kraft“ das bewusste, leitende Noumenon derselben – Engel oder Gott, Geist oder Dämon – herrschende Mächte, jedoch immer das Gleiche.

Den Beschreibungen jener Seher zufolge – welche die Bewegung der interstellaren Schwärme beobachten und ihnen in ihrer Evolution hellsehend folgen können – sind sie blendend hell, wie Stäubchen jungfräulichen Schnees im strahlenden Sonnenlicht. Sie bewegen sich schneller als Gedanken, so rasch, dass kein sterbliches, körperliches Auge ihnen folgen könnte, und so gut es aus der unglaublichen Geschwindigkeit ihres Laufs geschlossen werden kann, ist ihre Bewegung kreisförmig. . . . . Steht man in offenem Gelände, insbesondere auf einer Bergspitze, und blickt in das weite Gewölbe darüber und in die Unendlichkeit des Raumes ringsum, so scheinen sie die gesamte Atmosphäre lichterloh in Brand zu setzen, die Luft durchtränkt von diesem blendenden Glanz. Ab und an erzeugt die Kraft ihrer Bewegung Lichtausbrüche [SD # 634] wie die Nordlichter der Aurora Borealis. Der Anblick ist so wunderbar, dass der Seher, wenn er in diese innere Welt blickt und spürt, wie die funkelnden Punkte an ihm vorbeischießen, mit tiefer Ehrfurcht erfüllt ist bei dem Gedanken an weitere, noch größere Geheimnisse, die jenseits und innerhalb dieses strahlenden Ozeans liegen. . . . .

So unvollkommen und unvollständig diese Erklärung über „Götter, Monaden und Atome“ auch ist, so bleibt doch die Hoffnung bestehen, dass einige Gelehrte und zumindest Theosophen fühlen werden, dass in der Tat eine enge Verwandtschaft bestehen könnte zwischen der materialistischen Wissenschaft und dem Okkultismus, welcher die Ergänzung und die der Wissenschaft fehlende Seele ist.

XVI
Zyklische Evolution und Karma

Die spirituelle Evolution des inneren, unsterblichen Menschen bildet die Grundlehre der okkulten Wissenschaften. Um einen solchen Vorgang auch nur entfernt zu verstehen, muss der Schüler (a) an das eine, von der Materie unabhängige (oder von dem, was die Wissenschaft als Materie betrachtet) Universale Leben und (b) an die individuellen Intelligenzen glauben, welche die verschiedenen Manifestationen dieses Prinzips beseelen. Huxley glaubt nicht an die „Lebenskraft“, andere Gelehrte dagegen schon. Dr. J. Hutchison Stirlings Werk „As Regards Protoplasm“ hat in Bezug auf diese dogmatische Ablehnung nicht wenig Schaden angerichtet. Auch Professor L. S. Beale optiert für ein Lebensprinzip, und Dr. B. W. Richardsons Vorlesungen „Theory of a Nervous Ether“ wurden oft genug zitiert. Somit sind die Ansichten geteilt.

Das Eine Leben steht in enger Beziehung zu dem einen Gesetz, das die Welt des Seins beherrscht – Karma. Exoterisch bedeutet Karma einfach und wörtlich „Handlung“ oder vielmehr eine „Wirkungen hervorbringende Ursache“. Esoterisch ist es eine ganz andere Sache in seinen weitreichenden moralischen Wirkungen. Es ist das unfehlbare Gesetz der Vergeltung. Wer den wirklichen Sinn, die Eigenschaften und die fruchtbare Bedeutung dieses ewigen, unveränderlichen Gesetzes nicht kennt, wird auch die Erklärung nicht verstehen, dass die theologische Definition einer persönlichen Gottheit keinerlei Vorstellung von diesem unpersönlichen, aber immer gegenwärtigen und aktiven Prinzip liefern kann. Es kann auch nicht als Vorsehung bezeichnet werden. Denn die Vorsehung erfreut sich bei den Theisten (zumindest bei den protestantischen Christen) eines persönlichen, männlichen Geschlechts, während sie bei den römischen Katholiken eine weibliche Kraft darstellt. „Göttliche Vorsehung mildert Seine Segnungen, um so deren Wirkungen sicherzustellen“, sagt uns Wogan. In der Tat, „Er“ mildert sie, was Karma – ein geschlechtsloses Prinzip – nicht tut.

In den ersten beiden Teilen wurde gezeigt, dass Svabhavat, „die veränderliche Strahlung der in Ewigkeit unbewussten Unveränderlichen Dunkelheit“, bei jeder neuen Wiedergeburt des Kosmos beim ersten Aufflackern [SD # 635] des wiedererstehenden Lebens aus einem inaktiven Zustand in einen Zustand intensiver Aktivität übergeht; dass es sich differenziert und dann durch diese Differenzierung sein Werk beginnt. Und dieses Werk ist Karma.

Die Zyklen dienen ebenfalls den von dieser Aktivität hervorgebrachten Wirkungen. „Das eine kosmische Atom wird auf der Ebene der Materie zu sieben Atomen, und jedes einzelne wird in ein Energiezentrum umgewandelt; dasselbe Atom wird auf der Ebene des Geistes zu sieben Strahlen und die sieben aus der Wurzelwesenheit ausstrahlenden schöpferischen Kräfte der Natur . . . . sie folgen dem Pfad, eine dem rechten, die andere dem linken, bis zum Ende des Kalpas voneinander getrennt und doch in enger Umarmung. Was verbindet sie? Karma.“ Die vom Zentralpunkt ausströmenden Atome bringen ihrerseits neue Energiezentren hervor, die unter Fohats mächtigem Atem ihr Werk von innen nach außen beginnen und ihrerseits andere, kleinere Zentren vervielfachen. Im Verlauf der Evolution und Involution bilden wiederum diese die Wurzeln oder entwickeln Ursachen für neue Wirkungen, von Welten und „Menschen tragenden“ Globen bis hinab zu Gattungen, Arten und Klassen aller sieben Reiche177 (von welchen wir nur vier kennen). Denn „die gesegneten Arbeiter erreichten Thyan-kam in der Ewigkeit“ (Buch der „Aphorismen des Tson-ka-pa“).

„Thyan-kam“ ist die Macht oder das Wissen, die Antriebe der kosmischen Energie in die richtige Richtung zu lenken.

Der wahre Buddhist, der weder einen „persönlichen Gott“ noch irgendeinen „Vater“ und „Schöpfer des Himmels und der Erde“ anerkennt, glaubt doch an ein Absolutes Bewusstsein, „Adi-Buddhi“; und der buddhistische Philosoph weiß, dass es Planetengeister gibt, die „Dhyan Chohans“. Aber wenn er auch „spirituelle Leben“ zugesteht, sind doch selbst diese, da sie in der Ewigkeit temporär sind, seiner Philosophie nach „die Maya des Tages“, die Illusion eines „Tages Brahmâs“, eines kurzen Manvantaras von 4.320.000.000 Jahren. „Yin-Sin“ ist für die menschliche Spekulation nicht geeignet, denn Buddha der Herr hat jede derartige Fragestellung streng untersagt. Wenn die Dhyan Chohans und all die unsichtbaren Wesen – die sieben Zentren und ihre unmittelbaren Emanationen, die kleineren Energiezentren – der direkte Widerschein des Einen Lichts sind, so sind die Menschen von denselben doch weit entfernt, da die Gesamtheit des sichtbaren Kosmos aus „selbsthervorgebrachten Wesen, den Geschöpfen Karmas“ besteht. Da sie somit einen persönlichen Gott „nur als einen riesigen, von der Einbildungskraft unwissender Menschen in die Leere des Raumes geworfenen Schatten“178 betrachten, lehren sie, dass lediglich „zwei Dinge (objektiv) ewig sind, nämlich Akasha und Nirvana“; und dass diese beiden in Wirklichkeit eins sind und eine bloße Maya, sobald sie voneinander getrennt werden. „Buddhisten lehnen jede Schöpfung ab und können sich keinen Schöpfer verstellen.“ „Alles ist aus Akasha (oder Svabhavat [SD # 636] auf unserer Erde) hervorgegangen, gemäß einem Akasha innewohnenden Gesetz der Bewegung, und nach einer bestimmten Daseinsfrist vergeht es wieder. Nichts ist je aus nichts gekommen.“ („Buddhistischer Katechismus“)

Würde ein Vedanta-Brahmane der Advaita-Sekte gefragt, ob er an die Existenz Gottes glaube, würde er wahrscheinlich antworten, wie dem Jacolliot geantwortet wurde – „Ich selbst bin ‘Gott’“; während ein Buddhist (insbesondere ein singhalesischer) einfach lachen und zur Erwiderung sagen würde: „Es gibt keinen Gott; keine Schöpfung.“ Aber die Wurzelphilosophie der beiden advaitischen und buddhistischen Gelehrten ist identisch, und beide haben dieselbe Hochachtung für tierisches Leben, denn beide glauben, dass alle Geschöpfe auf der Erde, wie klein und unbedeutend sie auch sein mögen, „ein unsterblicher Teil der unsterblichen Materie sind“ –, denn Materie hat für sie eine ganz andere Bedeutung als für Christen oder Materialisten – und dass jedes Geschöpf Karma unterworfen ist.

Die Antwort des Brahmanen hätte sich allen alten Philosophen, Kabbalisten und Gnostikern der früheren Zeit aufgedrängt. Sie enthält den echten Geist der delphischen und kabbalistischen Vorschriften, denn die Esoterische Philosophie löste schon vor Zeitaltern die Frage, was der Mensch war, ist und sein wird; seinen Ursprung, Lebenskreislauf – unbegrenzbar in seiner Dauer aufeinanderfolgender Inkarnationen oder Wiedergeburten – und seine schließliche Absorption in die Quelle, von der er ausgegangen war.

Um den Menschen für uns als Rätsel der Vergangenheit oder der Zukunft zu deuten, können wir uns niemals an die Naturwissenschaft wenden; denn kein Philosoph kann uns auch nur sagen, was der der Physiologie und der Psychologie bekannte Mensch ist. Zweifelnd, ob der Mensch „Gott oder Tier“ sei, hat die Wissenschaft ihn jetzt mit dem Letzteren in Verbindung gebracht und leitet ihn von einem Tier ab. Sicherlich kann die Aufgabe, das menschliche Wesen als irdisches Tier zu analysieren und zu klassifizieren, der Wissenschaft überlassen werden, welche die Okkultisten, vor allen anderen Menschen, mit Verehrung und Hochachtung betrachten. Sie erkennen ihren Standpunkt und die wunderbare, von ihr vollbrachte Arbeit sowie die in der Physiologie und bis zu einem gewissen Grad selbst in der Biologie erreichten Fortschritte an. Aber die innere, spirituelle, psychische oder selbst moralische Natur des Menschen kann nicht der Barmherzigkeit eines tief verwurzelten Materialismus überlassen werden; denn nicht einmal die höhere psychologische Philosophie des Westens ist in ihrer gegenwärtigen Unvollständigkeit und Tendenz zu einem entschiedenen Agnostizismus dazu imstande, dem Inneren gerecht zu werden; insbesondere nicht seinen höheren Fähigkeiten und Wahrnehmungen sowie den außerordentlichen Bewusstseinszuständen, für die Autoritäten wie Mill eine scharfe Linie ziehen und sagen: „Bis hierher und nicht weiter sollst du gehen.“

Kein Okkultist würde bestreiten, dass der Mensch – wie der Elefant und die Mikrobe, das Krokodil und die Eidechse, der Grashalm und der Kristall – in seiner körperlichen Entstehung einfach das Produkt evolutionärer Naturkräfte und einer zahllosen Reihe von Umwandlungen ist, er stellt den Fall aber anders dar.

Die Mystiker und die an eine Göttliche Seele im Inneren Glaubenden empören sich nicht über die [SD # 637] auf den menschlichen und tierischen Fossilien basierenden zoologischen und anthropologischen Entdeckungen, sondern lediglich gegen die auf vorgefassten Theorien aufgebauten und mit gewissen Vorurteilen in Übereinstimmung gebrachten ungerechtfertigten Schlussfolgerungen. Ihre Prämissen mögen richtig sein oder nicht immer richtig; und da einige dieser Theorien lediglich eine kurze Lebensdauer aufweisen, müssen für materialistische Anhänger der Evolutionstheorie die aus ihnen gezogenen Schlussfolgerungen immer einseitig erscheinen. Aber gerade für derartig hochgradig vergängliche Autorität werden die meisten Wissenschaftler häufig ungerechtfertigt geehrt, wo sie es am wenigsten verdienen.179

Um dem Schüler die Funktionsweise von Karma in den periodischen Erneuerungen des Universums einleuchtender und verständlicher zu machen, wenn er zum Ursprung und zur Evolution des Menschen gelangt, muss er jetzt mit uns die esoterische Auswirkung der karmischen Zyklen auf die universale Ethik untersuchen. Die Frage ist, ob die geheimnisvollen Einteilungen der Zeit, von den Hindus Yugas und Kalpas genannt und von den Griechen so bildlich als – Κύκλος – „Zyklen“, Ring oder Kreis bezeichnet, irgendeine Auswirkung auf oder irgendeinen unmittelbaren Zusammenhang mit dem menschlichen Leben haben. Selbst die exoterische Philosophie erklärt, dass die fortwährenden Kreisläufe der Zeit immer wieder in sich selbst zurückkehren, periodisch und [SD # 638] intelligent, in Raum und Ewigkeit. Es gibt „materielle Zyklen“180 und es gibt „spirituelle Entwicklungszyklen“, sowie rassische, nationale und individuelle Zyklen. Kann uns nicht die esoterische Spekulation eine noch tiefere Einsicht in ihre Arbeitsweise gestatten?

Diese Idee wird in einem sehr gut verständlichen wissenschaftlichen Werk schön zum Ausdruck gebracht:

„Die Macht des Menschen, die Schranken der unbeständigen und inkonsistenten Materie zu überschreiten und seine Erhabenheit über alle labilen und vergänglichen Daseinsformen zu behaupten, wird durch den Umstand gekennzeichnet, dass es ihm möglich ist, sich zu einem Verständnis eines jegliche Grenzen menschlicher Beobachtung in Raum und Zeit bei weitem überschreitenden Koordinationssystems zu erheben. Es existiert eine Methodik in der Aufeinanderfolge der Ereignisse, und das gilt auch für die Wechselbeziehungen der vom Geist des Menschen erfassten koexistenten Dinge; und mithilfe dieses Hinweises läuft er Äonen materieller Geschichte vor und zurück, welche niemals durch menschliche Erfahrungen bestätigt werden können. Die Ereignisse keimen und entfalten sich. Sie besitzen eine Vergangenheit, die mit ihrer Gegenwart in Zusammenhang steht, und wir empfinden ein wohl gerechtfertigtes Vertrauen, dass eine in vergleichbarer Weise mit Gegenwart und Vergangenheit verbundene Zukunft bestimmt ist. Diese Stetigkeit und Einheitlichkeit der Geschichte spielt sich vor unseren Augen in allen denkbaren Fortschrittsstadien ab. Die Phänomene bereiten uns den Boden für die Verallgemeinerung zweier Gesetze, die in Wahrheit Prinzipien wissenschaftlicher Prophezeiung sind, durch die allein der menschliche Geist die versiegelten Aufzeichnungen der Vergangenheit und die noch nicht aufgeschlagenen Seiten der Zukunft durchdringt. Das erste dieser beiden ist das Gesetz der Evolution, oder um es für unsere Zwecke begrifflich anzupassen, das Gesetz der korrelierenden Aufeinanderfolge oder geordneten Geschichte im Individuum, illustriert durch die wechselnden Phasen eines jeden einzelnen, heranreifenden Wirkungssystems. . . . Diese Gedanken rufen die unermessliche Vergangenheit und die unermessliche Zukunft der materiellen Geschichte in unsere unmittelbare Gegenwart. Sie scheinen Ausblicke nahezu in die Unendlichkeit zu eröffnen, den menschlichen Intellekt mit einem Dasein und mit einer den Beschränkungen von Zeit und Raum und endlicher Kausalität entrückten Sehkraft zu begaben und ihn zu einer erhabenen Auffassung der höchsten Intelligenz emporzuheben, deren Wohnstatt die Ewigkeit ist.“ (World-Life or Comparative Geology“, S. 535 und 548)

Mit den Völkern und Orten variierend, verändert sich Maya oder das illusive Erscheinungsbild der Ordnung der Ereignisse und Handlungen auf dieser Erde den Lehren zufolge. Doch die Haupteigenschaften des eigenen Lebens stehen immer in Übereinstimmung mit der „Konstellation“, unter der man geboren ist, oder vielmehr, wie wir sagen sollten, mit den Charakteristika seines belebenden Prinzips oder der Gottheit, die ihm vorsteht, ob wir sie nun wie in Asien einen Dhyan Chohan nennen oder mit der griechischen oder lateinischen Kirche als Erzengel bezeichnen. In der alten Symbolik ging man immer davon aus, die Sonne (allerdings war damit die spirituelle und nicht die sichtbare Sonne gemeint) sende die wichtigsten Heilande und Avataras aus. Das ist das Bindeglied zwischen den Buddhas, den Avataras und so vielen anderen Inkarnationen der obersten Sieben. Je enger die Annäherung an sein Urbild „im Himmel“, desto besser für den Sterblichen, dessen Persönlichkeit von seiner eigenen persönlichen Gottheit (dem siebten Prinzip) als ihr irdischer Aufenthalt gewählt wurde. Denn mit jeder auf Reinigung und Vereinigung [SD # 639] mit diesem „Selbst-Gott“ gerichteten Willensanstrengung bricht einer der niedrigeren Strahlen, und die spirituelle Entität des Menschen wird höher und immer höher zu dem Strahl emporgezogen, der den ersten ersetzt, bis der Mensch endlich von Strahl zu Strahl in den einen und höchsten Strahl der Eltern-Sonne eingesogen wird. So „geschehen die Ereignisse der Menschheit tatsächlich koordiniert mit den Zahlenformen“, da die einzelnen Einheiten dieser Menschheit allesamt aus derselben Quelle hervorgehen – aus der zentralen Sonne und ihrem Schatten, der sichtbaren Sonne. Denn die Tagundnachtgleichen und Sonnenwenden, die Perioden und verschiedenen Phasen des Sonnenlaufes, astronomisch und numerisch ausgedrückt, sind lediglich die konkreten Symbole der ewig lebendigen Wahrheit, obwohl sie den nicht initiierten Sterblichen wie abstrakte Ideen vorkommen. Und das erklärt die außerordentlichen numerischen Übereinstimmungen geometrischer Verhältnisse, die von verschiedenen Autoren aufgezeigt wurden.

Ja, „unser Schicksal steht in den Sternen geschrieben!“ Nur, je enger die Vereinigung zwischen dem sterblichen Widerschein Mensch und seinem himmlischen Urbild, desto weniger gefährlich sind die äußeren Bedingungen und darauffolgenden Reinkarnationen – welchen weder Buddhas noch Christusse entgehen können. Das ist kein Aberglaube, am allerwenigsten ist es Fatalismus. Letzterer impliziert den blinden Lauf einer noch blinderen Kraft, aber der Mensch handelt während seines irdischen Daseins unabhängig. Er kann seinem herrschenden Schicksal nicht entrinnen, aber er hat die Wahl zwischen zwei Pfaden, die ihn in diese Richtung führen, und er kann das Ziel des Elends – wenn ihm das bestimmt sein sollte – entweder in den schneeweißen Gewändern der Märtyrers erreichen oder in den beschmutzten Kleidern eines Freiwilligen auf dem Pfad der Schande; denn es gibt äußere und innere Bedingungen, welche die Entschlossenheit beeinflussen, mit der sich unser Wille auf unsere Handlungen auswirkt, und es liegt in unserer Macht, welcher der beiden wir folgen. Wer an Karma glaubt, muss an das Schicksal glauben, dass jeder Mensch von der Geburt bis zum Tod Faden um Faden um sich selbst herum webt wie eine Spinne ihr Netz; und dass dieses Netz Bestimmung wird, entweder von der himmlischen Stimme des unsichtbaren Urbildes außerhalb von uns geleitet oder von unserem vertrauteren astralen oder inneren Menschen, der nur allzuoft der böse Genius der Mensch genannten, verkörperten Entität ist. Diese beiden führen den äußeren Menschen weiter, aber einer von ihnen muss vorherrschen; und vom ersten Anbeginn des unsichtbaren Aufruhrs setzt das strenge und unerbittliche Gesetz des Ausgleichs ein und nimmt seinen Lauf, getreulich den Wogen folgend. Wenn der letzte Faden gesponnen und der Mensch praktisch vollkommen in das Netzwerk seiner eigenen Handlungen verwoben ist, steht er vollständig unter der Herrschaft seines selbst erschaffenen Schicksals. Das heftet ihn dann entweder wie die träge Muschel an den unbeweglichen Felsen oder es trägt ihn wie eine Feder hinweg in dem von seinen eigenen Handlungen ausgelösten Wirbelwind, und das ist – Karma.

Anlässlich der Besprechung der periodischen Schöpfungen unseres Globus formulierte ein überzeugter Materialist den Sachverhalt in einem einzigen Satz: „Die gesamte Vergangenheit der Erde ist nichts anderes als eine entfaltete Gegenwart.“ Es war Büchner, der kaum ahnte, dass er damit ein Axiom der Okkultisten wiedergab. Es ist auch ganz richtig, was Burmeister (zitiert in „Force and Matter“) bemerkt, nämlich dass [SD # 640] „die Erforschung der Entwicklung der Erdgeschichte den Beweis erbracht hat, dass Heute und Damals auf derselben Basis beruhen; dass sich die Vergangenheit in derselben Weise entwickelt hat wie die Gegenwart dahinrollt; und dass die Kräfte, die in Tätigkeit waren, immer dieselben geblieben sind“.

Die „Kräfte“ – vielmehr ihre Noumena – sind dieselben, selbstverständlich, daher müssen auch die phänomenalen Kräfte dieselben sein. Aber wie kann jemand so fest überzeugt sein, dass sich die Eigenschaften der Materie unter dem Einfluss der proteischen Evolution niemals veränderten? Wie kann irgendein Materialist mit solcher Zuversicht wie Roßmäßler behaupten, dass „diese immerwährende Übereinstimmung des Wesens der Phänomene es uns zur Gewissheit macht, dass Feuer und Wasser schon immer dieselben Kräfte besaßen und immer besitzen werden“? Wer sind sie, „die den Rat verdunkeln mit Worten ohne Erkenntnis?“, und wo waren die Huxleys und Büchners, als die Fundamente der Erde vom großen Gesetz gelegt wurden? Genau diese Homogenität der Materie und die Unveränderlichkeit der Naturgesetze, auf die der Materialismus so großen Nachdruck legt, sind ein Fundamentalprinzip der okkulten Philosophie; doch beruht diese Einheit auf der Untrennbarkeit des Geistes von der Materie, und würden die beiden doch einmal getrennt, fiele der gesamte Kosmos in Chaos und Nichtexistenz zurück. Daher ist es absolut falsch, und lediglich ein weiterer Beweis für den großen Eigendünkel unseres Zeitalters, zu behaupten (wie es die Wissenschaftler tun), dass sämtliche großen geologischen Veränderungen und schrecklichen Umwälzungen von den gewohnten und bekannten physikalischen Kräften hervorgebracht wurden. Denn diese Kräfte waren lediglich die Werkzeuge und schließlichen Hilfsmittel für die Erfüllung gewisser Zwecke, die periodisch und scheinbar mechanisch wirken, durch einen inneren Impuls, der mit ihrer materiellen Natur vermischt ist und doch über ihr steht. Jeder wichtige Vorgang in der Natur hat einen Zweck, und die natürlichen Vorgänge sind allesamt zyklisch und periodisch. Doch die spirituellen Kräfte wurden für gewöhnlich mit den rein physischen verwechselt, deshalb werden Erstere von der Wissenschaft geleugnet und müssen ihr daher, weil sie nicht untersucht werden, unbekannt bleiben.181

„Die Geschichte der Welt beginnt mit ihrem allgemeinen Streben“, sagt Hegel, „der Verwirklichung der Idee des Geistes – nur in einer impliziten Form (an sich), d. h.als Natur; einem verborgenen, sehr tief verborgenen unbewussten Instinkt; und das ganze Fortschreiten der Geschichte . . . ist darauf ausgerichtet, diesen unbewussten Antrieb zu einem bewussten zu machen. In der Form eines rein natürlichen Daseins erscheinend, zeigen sich natürlicher Wille – das, was als die subjektive Seite bezeichnet wurde – physische Begierde, Instinkt, Leidenschaft, private Interessen sowie auch Meinung und subjektive Vorstellung – spontan vom ersten Anbeginn. Diese enorme Anhäufung von Willenskräften, Interessen und Aktivitäten bildet die Werkzeuge und Mittel des Weltgeistes [SD # 641] zur Erlangung seines Zieles; zur Bewusstwerdung und Verwirklichung seiner selbst. Und dieses Ziel ist nichts anderes, als sich selbst zu finden – zu sich selbst zu kommen – und sich selbst zu betrachten in der konkreten Wirklichkeit. Dass aber diese Manifestationen der Lebenskraft im Einzelnen und in den Völkern, die ihre eigenen Absichten verfolgen und zu befriedigen versuchen, gleichzeitig Mittel und Werkzeuge einer höheren Macht und einer umfassenderen Absicht darstellen, von der sie keine Kenntnis haben – die sie unbewusst verwirklichen – kann thematisiert werden; wurde vielmehr bereits thematisiert . . . gleich zu Beginn habe ich meine Ansicht über diesen Punkt verkündet und unsere Hypothese vertreten . . . und unser Glauben, dass Vernunft die Welt und folgerichtig auch ihre Geschichte regiere. Im Verhältnis zu dieser unabhängigen, universalen und substanziellen Existenz ist alles Übrige untergeordnet, ihr dienstbar, und das Mittel für ihre Entwicklung.“182

Kein Metaphysiker oder Theosoph könnte gegen all diese in esoterischen Lehren verkörperten Wahrheiten Einwände erheben. Im geologischen Leben unseres Globus existiert eine Vorbestimmung, wie auch in der vergangenen und zukünftigen Geschichte der Rassen und Nationen. Sie steht in engem Zusammenhang mit dem, was wir Karma und die westlichen Pantheisten „Nemesis“ und „Zyklen“ nennen. Das Evolutionsgesetz trägt uns jetzt den aufsteigenden Bogen unseres Zyklus entlang, auf dem die Wirkungen zusammengefasst und wieder zu (jetzt neutralisierten) Ursachen werden, und alle von den Wirkungen betroffenen Dinge werden ihre ursprüngliche Harmonie wiedererlangen. Das wird der Zyklus unserer eigenen, besonderen „Runde“ sein, ein Augenblick in der Dauer des großen Zyklus oder des Maha-Yuga.

Es zeigt sich, dass die schönen philosophischen Bemerkungen Hegels auch in den Lehren der okkulten Wissenschaft ihre Anwendung finden, die aufzeigt, dass die Natur immer für einen gegebenen Zweck handelt, dessen Folgen immer dual sind. Das wurde in unseren ersten okkulten Bänden in „Isis Unveiled“, Bd. 2, S. 268, mit den folgenden Worten festgestellt:

Unser Planet wandert in einem Jahr um die Sonne, dreht sich dabei gleichzeitig alle vierundzwanzig Stunden einmal um seine eigene Achse und durchläuft auf diese Weise kleinere Kreisläufe innerhalb eines größeren; auf dieselbe Weise wird das Werk der kleineren zyklischen Perioden innerhalb des großen Saros vollendet und wieder begonnen.

Laut den alten Lehren wird die Umdrehung der physischen Welt von einer vergleichbaren Umdrehung in der Gemütswelt begleitet – die spirituelle Evolution der Welt schreitet in Zyklen voran, genau wie die physische.

So zeigt sich uns in der Geschichte ein regelmäßiger Wechsel von Ebbe und Flut in den Gezeiten des menschlichen Fortschritts. Die großen Königreiche und Kaiserreiche der Welt steigen, nachdem sie den Höhepunkt ihrer Größe erreicht haben, wieder herab, und das in Übereinstimmung mit demselben Gesetz, nach dem sie aufstiegen, bis schließlich, nachdem sie den niedrigsten Punkt erreicht haben, sich die Menschheit erneut behauptet und von Neuem aufsteigt. Dabei liegt das von ihr Errungene nach diesem Gesetz des aufsteigenden Fortschritts in Zyklen etwas höher als der Punkt, von dem aus sie vorher abstieg.

Aber diese Zyklen – Räder in Rädern, in Indien mit den verschiedenen Manus und Rishis und im Westen183 mit den Kabiren so verständlich und genial symbolisiert – betreffen nicht gleichzeitig die gesamte Menschheit, [SD # 642] wie es in der rassischen Unterteilung der Zyklen (siehe Unterkapitel 6) erklärt wird. Daher rührt, wie wir sehen, die Schwierigkeit, sie hinsichtlich ihrer physischen und spirituellen Wirkungen zu verstehen und zwischen ihnen zu unterscheiden, wenn wir ihre Beziehungen zu den betreffenden Nationen und Rassen und ihre Auswirkungen auf sie in ihrer Bestimmung und ihrer Evolution noch nicht vollständig beherrschen. Dieses System kann nicht verstanden werden, wenn die spirituelle Wirkung dieser Perioden – sozusagen vom karmischen Gesetz vorbestimmt – von ihrem physischen Ablauf getrennt wird. Die Berechnungen der besten Astrologen schlügen fehl oder blieben zumindest unvollständig, würde diese duale Wirkung nicht vollständig in Betracht gezogen und entlang dieser Linie bearbeitet werden. Und diese Meisterschaft kann ausschließlich durch Initiation erlangt werden.

Der Große Zyklus umfasst den Fortschritt der Menschheit seit dem Erscheinen des ursprünglichen Menschen in ätherischer Form. Er durchläuft die inneren Zyklen seiner (des Menschen) progressiven Evolution vom Ätherischen herab bis zum Halbätherischen und zum rein Physischen: herunter bis zur Erlösung des Menschen von seinen Röcken aus Fellen und der Materie, worauf er seinen Lauf abwärts gerichtet fortsetzt und dann wieder aufwärts, um am Höhepunkt einer Runde anzulangen, an dem die manvantarische „Schlange ihren Schwanz verschlingt“ und sieben kleinere Zyklen vergangen sind. Das sind die großen Rassenzyklen, die sämtliche in dieser besonderen Rasse inbegriffenen Nationen und Stämme gleichermaßen beeinflussen. Aber innerhalb dieser großen Rassenzyklen existieren unabhängig voneinander verlaufende kleinere und nationale sowie Stammes-Zyklen. In der östlichen Esoterik werden sie karmische Zyklen genannt. Nachdem die heidnische Weisheit zurückgewiesen wurde, da sie aus den angeblich in beständigem Krieg und Widerstand gegen den kleinen, stämmischen Jehovah stehenden dunklen Mächten hervorgegangen und entwickelt worden sei, wurde die volle und furchtbare Bedeutung der griechischen Nemesis (oder Karmas) im Westen vollständig vergessen. Sonst hätten die Christen die tiefsinnige Wahrheit besser verstanden, dass Nemesis eigenschaftslos ist und weiter, dass wir selbst es sind – Völker und Individuen –, die sie zur Tätigkeit antreiben und den Impuls für ihre Richtung geben, während die gefürchtete Göttin als Prinzip absolut und unveränderlich bleibt. Karma-Nemesis ist die Schöpferin der Nationen und Sterblichen, aber erst einmal erschaffen, sind sie es selbst, die sie entweder zur Furie oder zum belohnenden Engel machen. Ja –

Weise sind, die ehren Nemesis.”184

[SD # 643] – sagt der Chor zu Prometheus. Und wer glaubt, die Göttin ließe sich durch irgendwelche Opfer oder Gebete besänftigen oder könne dazu bewogen werden, ihr Rad vom einmal eingeschlagenen Weg wegzulenken, ist genauso unweise. „Die dreigestaltigen Schicksalsgöttinnen und die immer wachsamen Furien“ sind lediglich auf der Erde die Attribute von Karma-Nemesis und von uns erschaffen. Es gibt keine Umkehr von den Pfaden, die sie einmal eingeschlagen hat. Aber diese Pfade sind unser eigenes Werk, denn wir selbst, kollektiv oder individuell, gestalten sie. Karma-Nemesis ist das Synonym der Vorsehung, jedoch ohne Plan, Güte und jede andere endliche Eigenschaft und Qualifikation, wie sie der Letzteren so unphilosophisch beigemessen werden. Okkultisten und Philosophen werden nicht von der Güte oder Grausamkeit der Vorsehung sprechen; sie mit Karma-Nemesis identifizierend, werden sie jedoch nichtsdestoweniger lehren, dass sie die Guten schützt und über sie wacht – in diesem wie in zukünftigen Leben; und dass sie den Übeltäter bestrafen wird – ja, selbst bis zu seiner siebten Wiedergeburt. Kurz gesagt, so lange, bis auch die letzte Auswirkung davon, dass er auch nur das kleinste Atom in der unendlichen Welt der Harmonie gestört hat, schließlich wieder korrigiert worden ist. Denn der einzige Erlass Karmas – ein ewiger und unveränderlicher Erlass – ist absolute Harmonie in der Welt der Materie und genauso in der Welt des Geistes. Nicht Karma ist es daher, das belohnt oder bestraft, sondern wir belohnen oder bestrafen uns selbst, je nachdem wir entweder mithilfe oder der Natur entsprechend wirken, indem wir den Gesetzen, von denen diese Harmonie abhängt, Folge leisten – oder sie brechen.

Auch wären die Wege Karmas nicht unergründlich, würden die Menschen einig und harmonisch handeln, anstatt uneinig und in Streit. Denn unsere Unkenntnis dieser Wege – von einem Teil der Menschheit als die Wege der Vorsehung bezeichnet, dunkel und verworren; von einem anderen als die Wirkung eines blinden Fatalismus erkannt; und von einem dritten lediglich als Zufall, ohne ihn leitende Götter und Teufel – würde sicherlich verschwinden, schrieben wir sie nur alle ihrer korrekten Ursache zu. Mit der richtigen Erkenntnis oder zumindest in der vertrauensvollen Überzeugung, dass unsere Nachbarn ebensowenig darauf sinnen, uns zu schaden, wie wir darauf aus sind, ihnen zu schaden, würden sich zwei Drittel der Übel dieser Welt in Luft auflösen. Wäre kein Mensch dazu bereit, seinen Bruder zu verletzen, hätte Karma-Nemesis weder einen Grund zu wirken, noch Waffen, um mit ihrer Hilfe tätig zu werden. Der andauernde Streit und Widerstand zwischen uns, und die Einteilung in Rassen, Völker, Stämme, Gesellschaften und Einzelwesen, in Kaine und Abels, Wölfe und Lämmer, ist die Hauptursache der „Pfade der Vorsehung“. Jeden Tag schneiden wir diese zahlreichen Windungen selbst mit unseren eigenen Händen in unsere Schicksale und bilden uns dabei ein, auf der königlichen Heerstraße der Ehrbarkeit und Pflicht zu wandeln, und dann beklagen wir uns, dass diese Wege so verworren und so dunkel seien. Verwirrt stehen wir vor dem selbst erschaffenen Geheimnis und vor den Rätseln des Lebens, die wir nicht lösen werden, und dann beschuldigen wir die große Sphinx uns zu verschlingen. Aber wahrlich, es existiert kein Zufall in unseren Leben, [SD # 644] kein missratener Tag und kein Missgeschick, die nicht auf unsere eigenen Taten in diesem oder in einem anderen Leben zurückgeführt werden könnten. Wer die Gesetze der Harmonie bricht, oder, wie ein theosophischer Schriftsteller es ausdrückt, die „Gesetze des Lebens“, muss darauf gefasst sein, in das Chaos zu stürzen, das man selbst bereitet hat. Wie derselbe Schriftsteller formuliert, ist „die einzige Schlussfolgerung, zu der man kommen kann, dass diese Gesetze des Lebens ihre eigenen Rächer sind, und dass infolgedessen jeder rächende Engel nur eine bildliche Darstellung ihres Zurückwirkens ist“.

Wenn daher irgendjemand diesen unveränderlichen Gesetzen hilflos gegenüber steht, so stehen wir uns nicht als die Schmiede unserer eigenen Geschicke selbst gegenüber, sondern eher jenen Engeln, den Hütern der Harmonie. Karma-Nemesis ist nicht mehr als die (spirituelle) dynamische Wirkung von durch unsere eigenen Handlungen hervorgebrachten Ursachen und in Aktivität versetzten Kräften. Es ist ein Gesetz der okkulten Dynamik, dass „eine gegebene Energiemenge auf der spirituellen oder astralen Ebene viel größere Wirkungen hervorbringt als auf der physischen, objektiven Existenzebene“.

Dieser Zustand wird andauern, bis die spirituelle Wahr­nehmungs­fähigkeit des Menschen voll erwacht ist. Und das wird nicht eintreten, ehe wir nicht unsere dicken Röcke aus Materie abgeworfen haben werden; bis wir anfangen, von innen heraus zu handeln, anstatt immer den äußeren Impulsen zu folgen; und zwar solchen, die von unseren physischen Sinnen und unserem groben, selbstsüchtigen Körper hervorgebracht werden. Bis dahin sind die einzigen Abwehrmittel gegen die Übel des Lebens Einigkeit und Harmonie – eine Bruderschaft in actu und ein Altruismus nicht nur dem Namen nach. Eine einzige schlechte Ursache zu vermeiden wird nicht eine, sondern viele schlechte Wirkungen verhindern. Und wenn eine Bruderschaft oder selbst mehrere Bruderschaften nicht dazu imstande sein mögen, die Völker daran zu hindern, sich gelegentlich gegenseitig die Kehlen durchzuschneiden, wird doch immerhin Einigkeit im Denken und Handeln sowie philosophisches Forschen nach den Mysterien des Seins immer einige Menschen, die zu verstehen versuchen, was ihnen bis dahin ein Rätsel geblieben war, daran hindern, neu hinzukommende unheilvolle Ursachen in einer Welt zu erschaffen, die von Wehe und Übel bereits so erfüllt ist. Karma zu kennen führt uns zu der Überzeugung, dass wenn

„ . . . . die Tugend gequält wird und Laster triumphieren,
Die Menschheit zu Atheisten gemacht wird”,185

und das nur aus dem einen Grund, weil die Menschheit schon immer die Augen vor der großen Wahrheit verschlossen hat, dass der Mensch sein eigener Erlöser und sein eigener Verderber selbst ist. Er braucht nicht den Himmel und die Götter, die Schicksalsgöttinnen und die Vorsehung der scheinbaren Ungerechtigkeit anzuklagen, die unter der Menschheit herrscht. Er möge sich vielmehr an dieses Bruchstück griechischer Weisheit erinnern und es für sich wiederholen, das den Menschen davor warnt, Jenes zu beschuldigen, das –

. . . . . . . . . . . . . . . . .

„Gerecht, und doch geheimnisvoll, fehlerlos weiterführt
Auf unmarkierten Wegen von Schuld zu Strafe . . . ”

– und das sind heute jene Wege, auf denen sich die großen europäischen Nationen voranbewegen. Die westlichen Arier hatten, jedes Volk [SD # 645] und jeder Stamm, wie ihre östlichen Brüder der fünften Rasse, ihr goldenes und ihr eisernes Zeitalter, ihre Periode verhältnismäßiger Unverantwortlichkeit oder ihr Satya-Zeitalter der Reinheit. Und nun haben einige von ihnen ihr eisernes Zeitalter erreicht, das Kali-Yuga, ein Zeitalter voller dunkelstem Horror. . . . .

Andererseits ist es wahr, dass die exoterischen Zyklen aller Nationen richtigerweise auf die Bewegungen der Sterne zurückgeführt wurden und von ihnen abhängig sind. Letztere sind untrennbar verbunden mit den Schicksalen der Nationen und Menschen. Doch im rein physikalischen Sinn kennt Europa keine anderen Zyklen als die astronomischen, und es führt seine Berechnungen dementsprechend aus. Noch wird es von etwas anderem hören als imaginären Kreisen oder Umläufen im Sternenhimmel, die sie umgürten –

„Zentrisch und exzentrisch übereinander gekritzelt.
Zyklen und Epizyklen, Kugeln in Kugeln . . . ”

Aber bei den Heiden, von denen Coleridge mit Recht behauptet, dass „ . . . . . Zeit, zyklische Zeit, ihre Abstraktion der Gottheit war . . “, wobei diese „Gottheit“ sich einzig koordiniert mit Karma und durch Karma offenbarte und Karma-Nemesis selbst war – bedeuteten die Zyklen etwas mehr als eine bloße Aufeinanderfolge von Ereignissen oder mehr oder weniger lang andauernden periodischen Zeiträumen. Denn generell waren sie durch mannigfaltigere und intellektuellere periodische Wiederholungen gekennzeichnet als es sich bei der periodischen Wiederkehr der Jahreszeiten oder gewisser Konstellationen zeigt. Die moderne Weisheit ist mit den auf unfehlbaren mathematischen Gesetzen beruhenden astronomischen Berechnungen und Prophezeiungen zufrieden. Die alte Weisheit fügte der kalten Hülle der Astronomie die belebenden Elemente ihrer Seele und ihres Geistes hinzu – die Astrologie. Und da die siderischen Bewegungen auf der Erde – neben dem Wachstum der Kartoffeln und den periodischen Erkrankungen dieses nützlichen Gewächses – tatsächlich noch andere Vorgänge regeln und bestimmen (eine Behauptung, die wissenschaftlich nicht zu erklären ist und deshalb einfach belächelt, aber nichtsdestoweniger akzeptiert wird), müssen diese Vorgänge es zulassen, dass sie durch einfache astronomische Berechnungen vorherbestimmt werden. Menschen, die an die Astrologie glauben, werden den Sinn unserer Worte verstehen, Skeptiker werden über diesen Glauben lachen und die Idee verspotten. Dem Straußenvogel gleich verschließen sie so ihre Augen vor ihrem eigenen Schicksal. . . . . . .186

[SD # 646] Das tun sie deshalb, weil ihre sogenannte kurze historische Periode ihnen keinen Spielraum für Vergleiche lässt. Der Sternenhimmel liegt vor ihnen; und obwohl ihr spirituelles Auge noch nicht geöffnet ist und der atmosphärische Staub der Erde ihren Blick verhüllt und an die Schranken physischer Systeme kettet, nehmen sie doch die Bewegungen der Meteore und Kometen wahr und bemerken ihr Verhalten. Sie zeichnen das periodische Wiedererscheinen dieser Wanderer und „flammenden Boten“ auf und sagen in der Folge Erdbeben, Sternschnuppen, die Erscheinung gewisser Sterne, Kometen etc. etc. voraus. Sind sie also nach alledem Wahrsager? Nein, sie sind gelehrte Astronomen.

Warum also sollte man den ebenso gelehrten Okkultisten und Astrologen nicht glauben, wenn sie die Wiederkehr irgendeines zyklischen Ereignisses nach denselben mathematischen Grundsätzen vorhersagen? Warum sollte die Behauptung, dass sie es wüssten, lächerlich gemacht werden? Nachdem ihre Vorväter und Vorgänger Zeit und Tag der Wiederkehr solcher Ereignisse über einen Hunderte von Jahrtausenden umfassenden Zeitraum hindurch aufgezeichnet hatten, muss das Eintreten derselben Konstellationen notwendigerweise zumindest ähnliche Wirkungen hervorbringen, wenn auch nicht ganz dieselben. Sollen diese Prophezeiungen verspottet werden, weil der Beobachtungszeitraum mit Hunderttausenden von Jahren und das Alter der Menschenrassen mit Millionen von Jahren angegeben werden? Die moderne Wissenschaft wird ihrerseits wegen viel bescheidenerer geologischer und anthropologischer Zahlen von denen verlacht, die an der biblischen Chronologie festhalten. So gleicht Karma selbst den Spott der Menschen auf Kosten von Sekten, gelehrten Gesellschaften und Individuen aus. Bei der Vorhersage zumindest solcher zukünftiger Ereignisse, die sich auf der Grundlage der zyklischen Wiederkehr vorherbestimmen lassen, ist kein psychisches Phänomen im Spiel. Es handelt sich weder um Voraussehung noch um Prophezeiung; sie sind nicht mehr als die Ankündigung eines Kometen oder Sternes ein paar Jahre vor seinem Erscheinen. Lediglich Wissen und korrekte mathematische Berechnungen befähigen die Weisen Männer des Ostens vorauszusagen, z. B. dass England am Vorabend dieser oder jener Katastrophe steht, dass sich Frankreich in seinem Zyklus einem solchen Punkt nähert, und dass Europa im Allgemeinen von einer verheerenden Umwälzung bedroht ist oder vielmehr am Vorabend einer solchen steht, zu der sein eigener rassenkarmischer Zyklus es geführt hat. Die Zuverlässigkeit dieser Informationen hängt natürlich davon ab, ob wir den ungeheuren Zeitraum historischer Beobachtungen anerkennen oder ablehnen. Östliche Initiierte behaupten, dass sie seit dem Beginn der vierten Rasse beständig Aufzeichnungen über die Entwicklung der Rassen und über Ereignisse von universaler Bedeutung aufbewahrten – während ihr Wissen von dieser Epoche vorausgegangener Ereignisse auf Überlieferungen beruht. Wer an Seherschaft und okkulte [SD # 647] Kräfte glaubt, wird außerdem kein Problem damit haben, zumindest dem allgemeinen Charakter der gegebenen Auskunft Glauben zu schenken, auch wenn sie lediglich überliefert wurde, sobald Letztere durch Hellsehen und esoterisches Wissen überprüft und berichtigt wurde. Im vorliegenden Fall jedoch beruht unser Anspruch auf keinem derartigen metaphysischen Glauben, vielmehr wird ein Beweis gegeben für etwas, das für jeden Okkultisten eine ganz wissenschaftliche Gewissheit ist – die seit unermesslichen Zeitaltern durch den Tierkreis aufbewahrten Aufzeichnungen.

Es ist jetzt ausführlich bewiesen, dass nicht einmal Horoskope und richterliche Astrologie ganz auf Einbildung beruhen, und dass folglich Sterne und Konstellationen einen okkulten und geheimnisvollen Einfluss auf Individuen ausüben und mit ihnen in Zusammenhang stehen. Und wenn dies für Letztere zutrifft, warum nicht auch auf Völker, Rassen und der Menschheit im Ganzen? Das wiederum beruht auf der Autorität der zodiakalen Aufzeichnungen. Wir werden nun sehen, wenn es gestattet ist, wie weit den Alten der Tierkreis bekannt war, und wie weit er von den Modernen vergessen wurde.

XVII
„Der Tierkreis im Altertum“

„Alle Menschen neigen dazu, von ihrem eigenen Verstand sehr überzeugt zu sein und beharrlich an den Ansichten festzuhalten, die sie vertreten“, sagte Jordan und fügte hinzu, „und doch werden fast alle Menschen vom Verständnis anderer geleitet, nicht von ihrem eigenen; und man kann wahrheitsgetreu von ihnen behaupten, dass sie lieber die Ansichten anderer akzeptieren als sich eine eigene Meinung zu bilden“.

Das ist doppelt wahr, wenn es um Ansichten von Wissenschaftlern in Bezug auf Hypothesen geht, die ihnen zur Beurteilung angeboten werden – oftmals entscheiden die Vorurteile und vorgefassten Meinungen der sogenannten „Autoritäten“ über Fragen, die für die Geschichte von schwerwiegendster Bedeutung sind. Unter unseren gelehrten Orientalisten herrschen unterschiedliche derartige vorgefasste Meinungen vor, und davon sind wenige ungerechter und unlogischer als die allgemeinen Irrtümer in Bezug auf das Altertum des Zodiaks. Dank der Hobbys einiger deutscher Orientalisten haben englische und amerikanische Sanskrit-Gelehrte die Meinung Professor Webers übernommen, dass die Völker Indiens vor dem Einfall der Mazedonier keinerlei Vorstellung oder Kenntnis über den Zodiak besaßen und dass die alten Hindus ihn von den Griechen übernahmen und in ihr Land einführten. Verschiedene andere „Autoritäten“ sagen uns ferner, dass keine Nation des Ostens den Zodiak kannte, bevor nicht die Griechen ihren Nachbarn ihre Erfindung gütigerweise mitteilten. Und das angesichts des Buchs Hiob, von dem sie sogar selbst behaupten, es sei das älteste Buch des hebräischen Kanons und sicherlich älter als Moses, das von der Erschaffung „des Arcturus, des Orion und des Siebengestirns (Asch, Kesil und [SD # 648] Kimah) und der Kammern des Südens“ berichtet (9,9); vom Skorpion und den Mazzaroth – den zwölf Zeichen (38,31-32); wenn diese Worte überhaupt etwas bedeuten, implizieren sie eine Kenntnis des Zodiaks selbst bei den nomadischen arabischen Stämmen. Sie behaupten von dem Buch Hiob, dass es Homer und Hesiod um mindestens eintausend Jahre vorangegangen sei – indem die beiden griechischen Dichter selbst ungefähr acht Jahrhunderte vor der christlichen Zeitrechnung (!!) ihre Blütezeit hatten. Nebenbei gesagt, wer es vorzieht Platon zu glauben, der Homers Blütezeit viel früher ansetzt, könnte auf einige in der Ilias und in der Odyssee, in den orphischen Gedichten und anderswo erwähnte Sternzeichen hinweisen. Aber seit einige moderne Kritiker ihre Fantasiegeschichten verbreiten mit dem Inhalt, dass, ganz abgesehen von Orpheus, nicht einmal Homer oder Hesiod jemals existiert hätten, mag es müßig erscheinen, diese archaischen Autoren überhaupt zu erwähnen. Der arabische Hiob wird genügen; wenn sein Buch der Wehklagen nicht tatsächlich zusammen mit den Gedichten der beiden Griechen, zu denen wir noch die von Linos hinzufügen können, jetzt auch noch zu patriotischen Fälschungen des Juden Aristobulos erklärt werden sollten. Wenn aber der Zodiak in den Tagen Hiobs bekannt war, wie hätten ihn dann die zivilisierten und philosophischen Hindus ignorieren können?

Die durch ihren Missbrauch ziemlich stumpf gewordenen Pfeile der modernen Kritik riskierend, möge sich der Leser selbst mit Baillys gelehrter Ansicht über den Gegenstand vertraut machen. Es lässt sich nachweisen, dass die daraus abgeleiteten Mutmaßungen falsch sind. Mathematische Berechnungen stehen auf einem sichereren Fundament. Verschiedene astronomische Hinweise in Hiob als Ausgangspunkt nehmend, erdachte Bailly einen sehr geistreichen Beweis dafür, dass die frühesten Begründer der Wissenschaft des Zodiaks einem vorsintflutlichen Urvolk angehörten. Die Tatsache, dass er willens zu sein scheint, Thoth, Seth und Fohi (aus China) als einige der biblischen Patriarchen anzuerkennen, mindert nicht die Gültigkeit seines Beweises für das Altertum des Zodiaks.187 Selbst wenn man um des Argumentes willen seine vorsichtige Schätzung von 3.700 Jahre v. Chr. als das korrekte Alter der Wissenschaft annimmt, beweist dieses Datum auf die unwiderlegbarste Weise, dass nicht die Griechen den Zodiak erfunden haben, und zwar aus dem einfachen Grund, dass sie als Nation siebenunddreißig Jahrhunderte vor Christus gar nicht existierten – zumindest nicht als die ihnen von den Kritikern zugestandene historische Rasse. Bailly berechnete sodann die Zeitperiode, in der die Konstellationen den atmosphärischen Einfluss hervorbrachten, der von Hiob die „süßen Einflüsse der Plejaden“)188 (hebräisch Kimah) genannt wird (siehe Hiob 38,31); die Periode von Kesil (Orion); und die des Wüstenregens in Bezug zum Sternbild Skorpion, der achten Konstellation; und er fand, dass angesichts der ewigen Konformität dieser Einteilungen des Zodiaks und der Namen der Planeten, die überall und immer in derselben Reihenfolge verwendet werden; und angesichts der Unmöglichkeit, das alles dem Zufall und der Fügung beizumessen, [SD # 649] „die niemals derartige Übereinstimmungen erschafft“, dem Zodiak in der Tat ein sehr hohes Alter zugeschrieben werden muss (siehe „Astronomie Antique“, S. 63-74).

Noch einmal, wenn die Bibel in irgendeiner Angelegenheit maßgeblich sein sollte (und es gibt einige, die sie noch immer in dieser Weise betrachten, sei es aus christlichen oder kabbalistischen Überlegungen), dann ist der Zodiak klar erwähnt in 2 Kön 23,5. Bevor das „Buch der Gesetze“ von Hilkija, dem Hohepriester (22), „gefunden“ wurde, waren die Tierkreiszeichen bekannt und wurden verehrt. Sie wurden mit derselben Anbetung gewürdigt wie die Sonne und der Mond, da die „Götzenpriester, denen die Könige von Juda zu räuchern befohlen hatten . . . Baal, der Sonne und dem Monde und dem Tierkreise und dem ganzen Heere des Himmels“, oder laut der Randbemerkung in der englischen Bibel (siehe 2 Kön 23,5) den zwölf Zeichen oder Sternbildern, dem Gebot jahrhundertelang Folge geleistet hatten. Ihre Götzenverehrung wurde erst von König Josia 624 v. Chr. beendet.

Das Alte Testament ist voll von Anspielungen auf die zwölf Zeichen des Zodiaks, und das gesamte System baut darauf auf – Helden, Persönlichkeiten und Ereignisse. So wird mit Josephs Traum, der elf „Sterne“ sah, die sich vor dem zwölften seinem „Stern“ – verneigten, auf den Zodiak Bezug genommen. Die römischen Katholiken entdeckten darin außerdem eine Prophezeiung Christi, der dieser zwölfte Stern ist, wie sie sagen, und die elf Apostel; die Abwesenheit des zwölften wird auch als eine prophetische Anspielung auf den Verrat von Judas verstanden. Die zwölf Söhne Jakobs sind wieder ein Hinweis auf denselben Zodiak, worauf Villapandus mit Recht hinweist („Temple de Jerusalem“, Bd. II, Teil 2e, Kap xxx). In seinem „The History of Persia“ (Kap. vii) zeigt Sir James Malcolm, dass der Dabistan alle derartigen Überlieferungen über den Tierkreis wiedergibt. Er führt seine Erfindung auf die unbeschwerten Tage des goldenen Zeitalters des Iran zurück und merkt an, dass eine der erwähnten Überlieferungen behauptet, die Genien der Planeten würden mit denselben Gestalten und Figuren dargestellt, in welchen sie sich den verschiedenen heiligen Propheten zeigten und auf diese Weise zur Einsetzung der auf dem Zodiak begründeten Riten anleiteten.

Pythagoras, und nach ihm Philo Judäus, hielten die Zahl 12 für sehr heilig. „Dieser Dodekaeder ist eine vollkommene Zahl.“ Philo fügt hinzu, unter den Zeichen des Tierkreises sei die 12 diejenige, welche die Sonne alle zwölf Monate besucht, und zu Ehren dieser Zahl teilte Moses sein Volk in zwölf Stämme, führte die zwölf Kuchen (3 Mos 24,5) des Schaubrotes ein und setzte die zwölf kostbaren Steine auf den Ephod der Hohepriester (siehe „De Profugis“).

Laut Seneca lehrte Berossos die Prophezeiung aller zukünftiger Ereignisse oder Umwälzungen mithilfe des Zodiaks; und die von ihm für den Weltenbrand (Pralaya) und für die Sintflut festgelegten Zeiten stimmen mit den Angaben eines alten ägyptischen Papyrus überein. Solche Katastrophen ereignen sich mit jeder Erneuerung des Zyklus des 25.868 Jahre umfassenden siderischen Jahres. Die akkadischen Monatsnamen wurden nach den Namen der Tierkreiszeichen festgelegt und von ihnen abgeleitet, [SD # 650] und die Akkadier lebten lange vor den Chaldäern. Proctor zeigt in seinem „Myths and Marvels of Astronomy“, dass die alten Astronomen bereits 2.400 Jahre v. Chr. ein System exaktester Astronomie erreicht hatten; die Hindus lassen ihr Kali-Yuga mit einer großen, periodischen Konjunktion der Planeten einunddreißig Jahrhunderte v. Chr. beginnen; aber trotz allem waren die dem Zug Alexander des Großen angehörenden Griechen in der Astronomie die Lehrer der arischen Hindus!

Sei nun der Ursprung des Tierkreises arisch oder ägyptisch, jedenfalls hat er ein enormes Alter. Simplicius (fünftes Jahrhundert n. Chr.) schreibt, er habe immer gehört, die Ägypter hätten astronomische Beobachtungen und Aufzeichnungen über einen Zeitraum von 630.000 Jahren aufbewahrt. Diese Feststellung scheint Gerald Massey zu erschrecken, der in seinem Werk „The Natural Genesis“ (318) dazu anmerkt: „Wenn wir diese Anzahl von Jahren als Monate interpretieren, welche für die Ägypter laut Eudoxos als ein Jahr galten, so ergäbe das immer noch die Dauer zweier Präzessionszyklen (oder 51.736 Jahre).“ Diogenes Laertios versetzte die astronomischen Berechnungen der Ägypter auf 48.863 Jahre vor Alexander den Großen zurück („Proem“, 2). Martianus Capella bestätigt das, indem er der Nachwelt sagte, dass die Ägypter über 40.000 Jahre lang im Geheimen Astronomie studiert hätten, bevor sie der Welt ihre Kenntnisse mitteilten („Astronomy of the Ancients“, Lewis, S. 264).

Verschiedene wertvolle Zitate sind mit der Absicht in „The Natural Genesis“ aufgeführt, die Theorien des Verfassers zu unterstützen, doch weitaus mehr rechtfertigen sie die Geheimlehre. Zum Beispiel wird Plutarch aus seinem „Life of Sulla“ zitiert, wie er sagt: „Eines Tages, als der Himmel klar war . . . war ein Klang in ihm zu hören . . . von einer Trompete, so laut, durchdringend und schwermütig, dass er die Welt . . . in Schrecken versetzte. Die tuskischen Weisen sagten, dass er eine neue Menschenrasse verkündete, und eine Erneuerung der Welt; denn sie versicherten, es gäbe acht verschiedene Arten von Menschen, alle mit unterschiedlichen Lebensweisen und Gebräuchen, und dass der Himmel einer jeden Art ihre Zeit zugemessen habe, die durch den Umlauf des großen Jahres begrenzt sei“. (25.868 Jahre)

Dass erinnert stark an unsere sieben Menschenrassen und an die achte – den „tierischen Menschen“ – der von der späteren dritten Rasse abstammte, sowie auch an die aufeinanderfolgenden Untergänge und die Zerstörung der Kontinente, wodurch diese Rasse schließlich fast völlig ausgerottet wurde.

„Die Assyrer“, sagt Iamblichos, „bewahrten nicht nur die Denkmäler von siebenundzwanzig Myriaden von Jahren (270.000) auf, wie Hipparchos von ihnen behauptet, sondern desgleichen auch die der ganzen Apokatastasen und Perioden der sieben Herrscher der Welt“ (Proklos, in „Timaios“, I). Das kommt den Berechnungen der esoterischen Lehre so nahe wie nur möglich. Denn unserer gegenwärtigen Wurzelrasse (der fünften) werden 1.000.000 Jahre zugestanden, und ungefähr 850.000 Jahre sind seit dem Untergang der letzten großen Insel (Teil des Kontinents) vergangen, der Insel Ruta der vierten Rasse oder der Atlantier; [SD # 651] während Daitya, eine kleine, von einer Mischrasse bewohnte Insel, vor ungefähr 270.000 Jahren zerstört wurde, in der Eiszeit oder um diese Zeit (siehe Band II). Die sieben Herrscher oder die sieben großen Dynastien göttlicher Könige sind jedoch in den Überlieferungen sämtlicher großer Völker des Altertums zu finden. Wo immer zwölf erwähnt werden, handelt es sich ausnahmslos um die zwölf Tierkreiszeichen.

So offenkundig ist diese Tatsache, dass die römisch-katholischen Schriftsteller – insbesondere die französischen Ultramontanen – stillschweigend zustimmten, die zwölf jüdischen Patriarchen mit den Tierkreiszeichen in Verbindung zu bringen. Das geschieht auf eine prophetisch-mystische Art und Weise, die für fromme und unwissende Ohren wie ein unheilschwangeres Zeichen klingt, wie eine stillschweigende göttliche Anerkennung des „auserwählten Volkes Gottes“, dessen Finger am Anbeginn der Schöpfung die Zahlen dieser Patriarchen absichtlich an den Himmel schrieben. Sonderbar genug, erkennen diese Schriftsteller (unter anderen de Mirville) alle Eigenschaften der zwölf Tierkreiszeichen in den vom sterbenden Jakob an seine Söhne gerichteten Worten und in seinen Verkündigungen der Zukunft eines jeden Stammes (siehe Gen 49). Außerdem sollen sich auf den jeweiligen Bannern eben jener Stämme dieselben Symbole und Namen gefunden haben, die sich in den zwölf Steinen der Urim und Thummim und auf den 12 Schwingen der Cherubim wiederholen. Den genannten Mystikern den Beweis für die Genauigkeit in der angeblichen Entsprechung überlassend, zitieren wir sie wie folgt: Der Mensch, oder der Aquarius, findet sich in der Sphäre Rubens, der als „instabil wie Wasser“ bezeichnet wird (die Vulgata übersetzt es mit „rauschend wie Wasser“); die Zwillinge zeigen sich in der starken brüderlichen Anhänglichkeit zwischen Schimon und Levi; der Löwe in Juda, „dem starken Löwen“ seines Stammes, „dem Welpen des Löwen“; die Fische in Zabulon, der „wohnen wird am Hafen des Meeres“; der Stier in Isaschar, denn er ist „ein kräftiger Esel, der sich hinlegt“ etc. und daher mit den Ställen verbunden ist; Jungfrau-Skorpion in Dan, der beschrieben wird als „eine Schlange, eine Otter auf dem Steig, die beißt“ etc.; der Steinbock in Naphthali, der „eine frei herumlaufende Hirschkuh (ein Reh)“ ist; der Krebs in Benjamin, der „beutegierig“ ist; Libra, die „Waage“, in Asher, dessen „Brot fett sein wird“; der Schütze in Joseph, weil „sein Bogen fest bleibt“. Schließlich für das zwölfte Zeichen, die von Skorpion unabhängig gemachte Jungfrau, Dinah, die einzige Tochter Jakobs (siehe Gen 49). Die Überlieferung zeigt, dass die angeblichen Stämme die zwölf Zeichen auf ihren Bannern tragen. Aber tatsächlich ist die Bibel, neben dem oben angeführten, angefüllt mit theokosmologischen und astronomischen Symbolen und Personifikationen.

Eine Frage bleibt und muss untersucht werden: Wenn das Schicksal der wirklichen und lebendigen Patriarchen so unauflöslich mit den Tierkreiszeichen verknüpft war, wie kann es dann sein, dass nach dem Verlust der zehn Stämme nicht auch zehn von zwölf Zeichen auf wunderbare Weise von den himmlischen Gefilden verschwanden? Aber das ist von keinem großen Belang. Beschäftigen wir uns lieber mit der Geschichte des Zodiaks selbst.

[SD # 652] Der Leser sei jetzt auf einige Ansichten hingewiesen, die von höchsten wissenschaftlichen Autoritäten über den Gegenstand geäußert wurden.

Newton glaubte, die Erfindung des Zodiaks könne bis auf den Argonautenzug zurückgeführt werden; und Dulaure legte seinen Ursprung auf 6.500 v. Chr. fest, nach der biblischen Zeitrechnung gerade einmal 2.496 Jahre vor der Erschaffung der Welt.

Creuzer glaubt sehr einfach beweisen zu können, dass die meisten Theogonien eng mit religiösen Kalendern verknüpft sind und sich auf den Zodiak als deren ersten Ursprung beziehen – und wenn nicht auf den uns heute bekannten Zodiak, so doch auf etwas ihm sehr Ähnliches. Er ist sich sicher, dass der Zodiak und seine mystischen Beziehungen in der einen oder anderen Form sämtlichen Mythologien zugrunde liegen und dass er in der alten Form schon seit Zeitaltern existiert hatte; infolge einiger einzigartiger, zusammenwirkender Ereignisse sei er in dem gegenwärtig festgelegten astronomischen Gewand herausgebracht worden (Georg Friedrich Creuzer, „Symbolik Und Mythologie Der Alten Völker, Besonders Der Griechen, Dritter Theil“, S. 930).

Ob sich nun die „Genien der Planeten“ (unsere Dhyan Chohans der überweltlichen Sphären) den „heiligen Propheten“ zeigten oder nicht, wie es im Dabistan behauptet wird – es möchte scheinen, dass großen Laien und Kriegern in alten Zeiten in Chaldäa dieselbe Gnade zuteil wurde, da astrologische Magie und Theophanie Hand in Hand gingen. Denn Xenophon, kein gewöhnlicher Mensch, erzählt von Kyros, dass der König im Augenblick seines Todes den Göttern und Helden leidenschaftlich dankte, dass sie ihn so häufig selbst über die Zeichen des Himmels unterrichtet hatten, ὲν οὐρανίοις σημείοις
(Cyropédie, „Ant. du Zodiaque“)

Wenn der Wissenschaft des Zodiaks nicht höchstes Alter und allgemeine Verbreitung zugestanden wird, wie können wir dann erklären, dass ihre Anzeichen selbst in den ältesten Theogonien nachweisbar sind? Laplace soll vor Erstaunen betroffen gewesen sein bei dem Gedanken, dass die Wochentage in derselben Ordnung und mit denselben Namen sowohl in Indien als auch in Nordeuropa verwendet werden – die Tage Merkurs (Mittwoch), der Venus (Freitag), Jupiters (Donnerstag), Saturns (Samstag) und andere. „Versucht, wenn ihr könnt, mit dem gegenwärtigen System autochthoner Zivilisationen, was heutzutage so sehr in Mode ist, zu erklären, wieso Völker ohne gemeinsame Vorfahren, ohne gemeinsame Überlieferungen und ohne gemeinsamen Ursprung erfolgreich eine Art himmlischer Phantasmagorien erfinden konnten, ohne in eine wahrhaftige Verwirrung zu geraten über die Benennung der Gestirne, die keinerlei figürliche Beziehung zu den von ihnen dargestellten Konstellationen und anscheinend noch weniger zu den Phasen unseres irdischen Lebens aufweisen, die zu symbolisieren sie gemacht wurden“, würde da nicht an der Wurzel all dessen eine allgemeine Absicht, eine universelle Ursache und ein Glauben liegen („Pneumatologie“, Bd. iv., S. 59-60). Ganz wahrheitsgetreu behauptete Dupuis dasselbe: „Es ist unmöglich, auch nur die geringste Spur einer Ähnlichkeit zwischen den Himmelsbereichen und den Abbildungen, welche die Astronomen selbst willkürlich davon anfertigten, zu entdecken; andererseits aber ist ein Zufall unmöglich.“ („L‘origine de tous les cultes“, „Zodiaque“)

[SD # 653] Zufall ist sicher „nicht möglich“. Es gibt keinen „Zufall“ in der Natur, wo alles mathematisch koordiniert ist und ihre Einheiten miteinander in einer Wechselbeziehung stehen. Coleridge sagt: „Zufall ist nur ein Pseudonym Gottes (oder der Natur) für jene besonderen Fälle, die Er nicht offen mit Seinem Handzeichen zu unterschreiben beliebt.“ Ersetze das Wort „Gott“ durch Karma, und schon ist es ein östlicher Grundsatz geworden. Daher weisen die siderischen „Prophezeiungen“ des Zodiaks, wie sie von christlichen Mystikern genannt werden, niemals auf irgendein besonderes Ereignis hin, wie erhaben und heilig es auch für einen Teil der Menschheit sein mag, sondern auf die immer wiederkehrenden, periodischen Gesetze der Natur, die lediglich von den Initiierten der siderischen Götter selbst verstanden werden.

Kein Okkultist und kein Astrologe östlicher Abstammung wird jemals mit christlichen Mystikern übereinstimmen, nicht einmal mit Keplers mystischer Astronomie, seine große Wissenschaft und Gelehrsamkeit ungeachtet; und zwar einfach deshalb, weil seine Schlussfolgerungen einseitig und von christlichen Vorurteilen beeinflusst sind, auch wenn seine Prämissen ganz richtig sind. Wo Letzterer eine unmittelbar auf den Heiland hinweisende Prophezeiung erkennt, sehen andere Völker lediglich ein im gegenwärtigen Manvantara gültiges Symbol eines ewigen Gesetzes. Warum in den Fischen eine unmittelbare Beziehung zu Christus sehen – zu einem der verschiedenen Weltreformatoren, ein Heiland nur für seine unmittelbaren Anhänger, für alle anderen aber lediglich ein großer und ruhmreicher Initiierter – wenn diese Konstellation als Symbol aller vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen spirituellen Heilande leuchtet, die Licht verbreiten und die spirituelle Finsternis zerstreuen? Christliche Symbologen haben zu beweisen versucht, dass dieses Zeichen zu Ephraim (Josephs Sohn) gehörte, Jakobs Auserwähltem, und dass daher der „auserwählte Messias“, der ᾽Ιχθὺς der Christen, just in dem Augenblick geboren werden musste, als die Sonne in das Zeichen der Fische (Pisces) eintrat. Wenn aber Jesus von Nazareth dieser Messias war – wurde er wirklich in diesem „Augenblick“ geboren oder wurde seine Geburtsstunde von den Theologen lediglich so datiert, um ihre vorgefassten Ideen mit siderischen Tatsachen und dem Volksglauben in Übereinstimmung zu bringen? Jedermann weiß, dass die wirkliche Zeit und das Jahr der Geburt Jesu gänzlich unbekannt sind. Und gerade die Juden, deren Vorväter in der forcierten Entwicklung ihrer rabbinischen Sprache dem Wort Dag sowohl die Bedeutung „Fisch“ als auch „Messias“ zumaßen, bestreiten diesen christlichen Anspruch als Allererste. Und was ist von den weiteren Tatsachen zu halten, dass die Brahmanen ihren „Messias“, den ewigen Avatara Vishnu, mit einem Fisch und der Sintflut in Verbindung bringen, und dass die Babylonier ebenfalls einen Fisch und einen Messias aus ihrem Dag-On machten, den Fisch-Mann und Propheten?

Es möchte den Anschein haben, dass Kepler es als eine positive Tatsache behauptete, dass im Augenblick der „Fleischwerdung“ alle Planeten im Zeichen der Fische in Konjunktion standen, die von den Juden (den Kabbalisten) „das Sternbild des Messias“ genannt wurde. Er behauptete, dass „in dieser Konstellation der Stern der Weisen zu finden ist“. Dieser von Dr. Sepp („La Vie de Notre-Seigneur Jésus-Christ“, Bd. I, S. 9) zitierte Satz ermutigte ihn zu der Bemerkung: „Sämtliche jüdischen Überlieferungen, diesen von vielen Völkern beobachteten Stern verkündend“, (!)189 merkten dazu an, „dass er die über die Schicksale der verschiedenen Völker auf diesem Globus herrschenden siebzig Planeten verschlingen werde.190 „Kraft jener natürlichen Prophezeiungen“, erklärt Dr. Sepp, „stand es in den Sternen des Himmels geschrieben, dass der Messias in dem Mondjahr der Welt 4.320 geboren würde, in jenem denkwürdigen Jahr, in dem der gesamte Chor der Planeten sein Jubelfest feiern würde“.

Zu Beginn unseres gegenwärtigen Jahrhunderts gab es tatsächlich einen Furor, als man von den Hindus die angeblich von den Juden geraubten „Götter“, ihre Patriarchen und ihre Chronologie zurückforderte. Wilford war es, der in Prithu und in Satyavrata Noah, in Dhruva Enos und in Iswara sogar Assur wiedererkannte. Nachdem sie doch so viele Jahre in Indien gewohnt hatten, hätten zumindest einige Orientalisten wissen müssen, dass nicht nur die Hindus diese Persönlichkeiten kannten und genauso, dass auch nicht nur sie ihr großes Zeitalter in vier kleinere Zeitalter aufteilten. Nichtsdestoweniger gaben sich Schriftsteller in der „Asiatic Researches“ den übertriebensten Spekulationen hin.

S. A. Mackey, der norwegische „Philosoph, Astronom und Schuster“, argumentiert sehr treffend, „christliche Theologen halten es für ihre Pflicht, gegen die langen Perioden der hinduistischen Zeitrechnung zu schreiben. Wenn aber ein Gelehrter die Namen und die Zahlen der Alten kreuzigt und sie in eine Form schraubt und windet, die der Absicht der alten Autoren vollkommen fremd ist; dafür aber in dieser verstümmelten Form mit der Geburt irgendeiner Grille übereinstimmt, die in seinem eigenen Gehirn mit solcher Genauigkeit prä-existent ist, dass er vorgibt, über die Entdeckung erstaunt zu sein, so kann ich ihn nicht so ganz für entschuldbar halten.“ („Key of Urania“)

Das ist mit Absicht auf Kapitän (später Oberst) Wilford gemünzt, aber die Worte [SD # 655] könnten auf mehr als einen unserer modernen Orientalisten passen. Als Erster setzte Oberst Wilford seinen unglücklichen Spekulationen über die hinduistische Chronologie und die Puranas die Krone damit auf, dass er die 4.320.000 Jahre mit der biblischen Zeitrechnung in Verbindung brachte, indem er einfach die Ziffern auf 4.320 Jahre (das angenommene Mondjahr der Geburt Christi) zusammenschrumpfte, und Dr. Sepp plagiierte diese Idee einfach von dem tapferen Offizier. Außerdem bestand er darauf, diese Zahl als jüdisches Eigentum zu betrachten und auch als christliche Prophezeiung, und so klagte er die Arier an, sich die semitische Offenbarung angeeignet zu haben, wo es doch genau umgekehrt war. Überdies brauchen die Juden nicht der Plünderung der Hindus angeklagt zu werden, über deren Zahlen Esra wahrscheinlich nichts wusste. Sie entlehnten sie erwiesenermaßen und unbestreitbar von den Chaldäern, zusammen mit deren Göttern. Die 432.000 Jahre der chaldäischen göttlichen Dynastien191 verwandelten sie in die zwischen der Weltschöpfung und der christlichen Zeitrechnung liegenden 4.320 Mondjahre; und die babylonischen und ägyptischen Götter verwandelten sie still und leise in Patriarchen. Sämtliche Völker machten sich mehr oder weniger einer solchen Umgestaltung und Anpassung des Pantheons (das einstmals allen gemeinsam war) universaler in nationale Götter, Stammesgötter und Heroen schuldig. In seinem neuen, pentateuchischen Gewand war es ihr Eigentum, und keiner der Israeliten hat es jemals irgendeinem anderen Volk aufgezwungen – am allerwenigsten den europäischen.

Ohne länger als notwendig bei der Betrachtung dieser sehr unwissenschaft­lichen Chronologie zu verweilen, können wir doch ein paar Bemerkungen machen, die sich als zur Sache gehörend erweisen dürften. Die 4.320 lunaren Jahre der Welt (in der Bibel werden solare Jahre verwendet) sind an sich keine Einbildung, wenn auch ihre Anwendung ziemlich falsch ist; denn sie sind lediglich das verzerrte Echo der ursprünglichen esoterischen und später der brahmanischen Lehre über die Yugas. Ein „Tag“ Brahmâs entspricht 4.320.000.000 Jahren, und ebenso lange währt eine „Nacht“ Brahmâs oder die Dauer eines Pralayas, nach dessen Ende eine neue Sonne triumphierend über [SD # 656] einem neuen Manvantara für die von ihr erhellte siebenfältige Kette aufgeht. Die Lehre war bereits Jahrhunderte vor Beginn der christlichen Zeitrechnung (siehe Isis Unveiled“, Bd. 2, S. 132) nach Palästina und Europa vorgedrungen und in den Gemütern der mosaischen Juden gegenwärtig, die sie als Grundlage für ihren kleinen Zyklus verwendeten, obwohl der erst durch die christlichen Chronologen der Bibel umfassend formuliert wurde, die ihn übernahmen, wie auch den 25. Dezember, den Tag, an dem sich angeblich sämtliche solaren Götter inkarnierten. Was Wunder, dass man den Messias im „lunaren Jahr der Welt 4.320 zur Geburt kommen ließ?“ Der „Sohn der Gerechtigkeit und Erlösung“ hatte sich wieder einmal erhoben und die pralayische Finsternis des Chaos und Nichtseins auf der Ebene unseres objektiven kleinen Globus und unserer Kette vertrieben. War der Gegenstand der Anbetung erst einmal bestimmt, fiel es leicht, die vermeintlichen Ereignisse seiner Geburt, seines Lebens und Sterbens auf die Erfordernisse des Zodiaks und der alten Überlieferungen abzustimmen, wenn sie auch manches Mal dafür etwas modifiziert werden mussten.

So wird das verständlich, was Kepler als großer Astronom äußerte. Er erkannte die große, universelle Bedeutung aller derartigen planetarischen Konjunktionen, „deren jede“, wie er ganz richtig sagte, „ein klimakterisches Jahr der Menschheit ist“.192 In Indien und China ebenso sehr wie in Europa haben die seltenen Konjunktionen von Saturn, Jupiter und Mars wegen ihrer gewissen, großartigen Folgen für die betreffenden Mystiker dieser Länder große Bedeutung und Geltung. Und es ist jetzt sicherlich nicht mehr als eine bloße Anmaßung zu behaupten, dass die Natur einzig Christus vor Augen hatte, als sie ihre (für den Profanen) fantastischen und bedeutungslosen Konstellationen bildete. Wenn behauptet wird, es sei keine Gefahr gewesen, welche die archaischen Schöpfer des Zodiaks vor Jahrtausenden dahin führen konnte, das Sternbild Taurus mit dem Asterisk (a) zu versehen, und dafür kein besserer und begründeterer Beweis vorgelegt wird als die Behauptung, es sei eine Prophezeiung für das Verbum oder Christus, dass das Aleph des Taurus „der Eine“ und der Erste bedeutet und dass Christus ebenfalls das Alpha oder der Eine war, dann kann auf mehr als eine Art nachgewiesen werden, dass dieser „Beweis“ seltsam ungültig ist. Um einen Anfang zu machen, existierte der Zodiaks auf alle Fälle vor dem Beginn der christlichen Zeitrechnung; ferner standen sämtliche Sonnengötter – Osiris z. B. – mystisch mit diesem Sternbild (Stier) in Verbindung und wurden alle von ihren jeweiligen Anhängern als „der Erste“ bezeichnet. Die Kompilatoren der dem christlichen Heiland gegebenen mystischen Beinamen waren des Weiteren alle mehr oder weniger mit [SD # 657] der Bedeutung der Tierkreiszeichen vertraut; und es ist naheliegender, dass sie ihre Behauptungen auf die mystischen Zeichen abstimmten, als dass die Tierkreiszeichen als eine Art Prophezeiung für einen Teil der Menschheit Millionen von Jahren lang am Himmel gestanden haben sollen, ungeachtet der zahllosen vorausgegangenen oder der danach geborenen Generationen.

Man sagt uns: „Es ist nicht bloßer Zufall, der in bestimmte Sphären das Haupt dieses Stieres (Taurus) auf einen Thron gesetzt hat, der versucht, mit dem Henkelkreuz auf seinen Hörnern einen Drachen zurückzustoßen; das gilt umso mehr, als diese Konstellation des Taurusdie große Stadt Gottes und die Mutter der Offenbarungen’ genannt wurde und auch ‘der Interpret der Göttlichen Stimme’, der Apis Pacis von Hermoutis in Ägypten, die (wie die Kirchenväter der Welt versichern wollen) solche Orakel bevorzugt haben soll, die sich auf die Geburt des Heilandes bezogen“ (Pneumatologie“, iv, 61).

Auf diese theologische Annahme gibt es mehrere Antworten. Erstens haben das ägyptische Henkelkreuz oder Tau, das Jainakreuz oder der Swastika und das christliche Kreuz alle dieselbe Bedeutung. Zweitens gab kein Volk, keine Nation, mit Ausnahme der christlichen, dem Drachen die Bedeutung, die ihm jetzt zugewiesen wird. Die Schlange war das Symbol der Weisheit; und der Stier (Taurus) das Sinnbild der körperlichen oder irdischen Zeugung. Somit hätte der Letztere, der den Drachen oder die spirituelle Göttliche Weisheit mit dem Tau oder Kreuz – das esoterisch „das Fundament und der Rahmen einer jeden Konstruktion ist“ – wegstößt, eine ganz und gar phallische, physiologische Bedeutung, stünde er nicht noch für etwas anderes, unseren biblischen Gelehrten und Symbologen gänzlich Unbekanntes. Auf jeden Fall hat er keine besondere Beziehung zum Verbum des Hl. Johannes, ausgenommen vielleicht in einem allgemeinen Sinn. Der Taurus (Stier, der nebenbei bemerkt kein Lamm, sondern ein Rind ist) war in jeder Kosmogonie heilig, bei den Hindus wie bei den Zoroastriern, bei den Chaldäern wie bei den Ägyptern. Das weiß jedes Schulkind.

Es mag vielleicht helfen, unseren Theosophen das Gedächtnis mit dem Hinweis auf das aufzufrischen, was über die Jungfrau und den Drachen sowie über die Universalität periodischer Geburten und Wiedergeburten der Heilande der Welt – solarer Götter – in „Isis Unveiled“, Bd II, S. 490 in Bezug auf bestimmte Stellen in der Offenbarung gesagt wurde.

Im Jahr 1853 hielt der als Erard Mollien bekannte Gelehrte vor dem Französischen Institut eine Vorlesung mit der Absicht, das große Altertum des indischen Zodiaks zu beweisen, in dessen Zeichen sich die Wurzel und die Philosophie aller wichtigsten religiösen Festlichkeiten dieses Landes finden. Der Ursprung dieser religiösen Brauchtümer geht zurück in die Nacht der Zeit zumindest bis 3.000 v. Chr. Der Zodiak der Hindus, so glaubte er, ging dem Zodiak der Griechen um lange Zeit voraus und unterschied sich in gewissen Einzelheiten stark von ihm. In ihm sieht man den Drachen auf einem Baum, an dessen Fuß die „Jungfrau“, Kanya-Durga, eine der ältesten Göttinnen, auf einem Löwen sitzt, der den Sonnenwagen hinter sich her zieht. „Das ist der Grund dafür“, sagt er, „warum die Jungfrau Durga nicht ein einfaches Memento [SD # 658] einer astronomischen Tatsache ist, sondern in Wahrheit die älteste Gottheit des indischen Olymps. Sie ist augenscheinlich dieselbe, von der alle sibyllinischen Bücher sprachen, jene Werke, welche die Quelle der Inspiration Virgils waren; die Jungfrau, deren Wiederkehr als Zeichen universaler Erneuerung vorhergesagt wurde. . . . . „Und wenn wir“, fügte er hinzu, „bis zum heutigen Tag sehen, dass die Monate bei dem Malayalim sprechenden Volk Südindiens noch immer nach den Götternamen dieses solaren Zodiaks benannt werden – warum sollte dann dieses Volk diesen Zodiak aufgegeben haben, nur um sich den Zodiak der Griechen aufzubürden? Alles beweist das Gegenteil, nämlich dass diese Tierkreiszeichen den Griechen von den Chaldäern überliefert wurden, die sie ihrerseits von den Brahmanen erhalten hatten.“ (Siehe „Recueil de l’ Académie des Inscriptions“, 1853)

Aber all das ist ein sehr schwaches Zeugnis. Erinnern wir uns jedoch an das, was von den Zeitgenossen Volneys gesagt und akzeptiert wurde, der in seinem „The Ruins“ auf S. 360 feststellt, dass der Widder im Jahr 1.447 v. Chr. in seinem fünfzehnten Grad stand und daraus folgt, dass der erste Grad der „Waage“ nicht später als 15.194 v. Chr. mit dem Punkt der Frühlingstagundnachtgleiche zusammengefallen sein kann. Fügen wir noch die seit der Geburt Christi vergangenen 1.790 Jahre hinzu, geht daraus hervor, dass seit dem Ursprung des Zodiaks 16.984 Jahre vergangen sein müssen.

Ferner schreibt Dr. Schlegel in seiner „Uranographie Chinoise“ der chinesischen astronomischen Sphäre ein Alter von 18.000 Jahren zu (vide S. 54, 196 et seq.).

Nichtsdestoweniger, da ohne entsprechende Beweise angeführte Meinungen wenig Wert besitzen, mag es nützlicher sein, sich der wissenschaftlichen Beweisführung zuzuwenden. Bailly, der berühmte französische Astronom des letzten Jahrhunderts, Mitglied der Akademie etc. etc. behauptet, dass die astronomischen Systeme der Inder die am weitaus ältesten seien und dass die Ägypter, Griechen, Römer und selbst die Juden ihr Wissen von ihnen bezogen hätten. Zur Unterstützung dieser Anschauungen bringt er vor:

„Die der Epoche von 1.491 vorangegangenen Astronomen sind, erstens, die alexandrinischen Griechen; Hipparchos, der seine Blütezeit 125 Jahre vor unserer Zeitrechnung hatte und Ptolemäus 260 Jahre nach ihm. Ihnen folgten die Araber, die im neunten Jahrhundert die Astronomie von Neuem pflegten. Auf sie folgten die Perser und die Tataren, denen wir die Tafeln des Massireddin aus dem Jahr 1.296 und die von Ulugh Beg aus dem Jahr 1.437 verdanken. Das war die bekannte Reihenfolge der Ereignisse in Asien vor der indischen Epoche von 1.491. Was ist also eine Epoche? Sie ist die Beobachtung der Länge eines Gestirns zu einem gegebenen Zeitpunkt, der Platz am Himmel, wo es gesehen wurde und der als Bezugspunkt dient, als Ausgangspunkt, um mithilfe der beobachteten Bewegung seine Position am Himmel sowohl für die Vergangenheit als auch für die Zukunft zu berechnen. Aber eine Epoche ist nutzlos, wenn die Bewegung des Sterns nicht bestimmt ist. Ein Volk, das in der Wissenschaft am Anfang steht und gezwungen ist, eine fremde Astronomie zu übernehmen, hat aber bei der Feststellung einer Epoche kein Problem, da [SD # 659] ihm eine einzige Beobachtung ausreicht, die es zu einem beliebigen Zeitpunkt machen kann. Was dieses Volk aber vor allem anderen braucht, was es gezwungenermaßen übernehmen muss, sind die Elemente, die von einer exakten Bestimmung abhängen und fortlaufende Beobachtungen erfordern; das sind vor allem zeitabhängige Bewegungen, deren Verlauf erst nach jahrhundertelanger Beobachtung akkurat ermittelt werden kann. Diese Bewegungen müssen also von einem Volk übernommen werden, das solche Beobachtungen bereits angestellt und diese Arbeit über Jahrhunderte geleistet hat. Daraus schließen wir, dass ein junges Volk die Epochen nicht von einem alten Volk übernehmen wird, ohne auch die ‘mittleren Bewegungen’ aufzunehmen. Von diesem Grundsatz ausgehend wird klar, dass die von den Hindus 1.491 und 3.102 aufgezeichneten Epochen nicht von Ptolemäus oder Ulugh Beg abgeleitet worden sein können.“

Es bleibt die Vermutung, dass die Hindus ihre eigenen Beobachtungen aus dem Jahr 1.491 mit den vorher von Ulugh Beg oder Ptolemäus angestellten abglichen und die Zeitabstände zwischen diesen Beobachtungen dazu nutzten, die „mittlere Bewegung“ zu bestimmen. In Bezug auf Ulugh Beg war der zeitliche Abstand zu kurz für eine derartige Bestimmung; was Plolemäus und Hipparch betrifft, hätte der zeitliche Abstand annähernd ausgereicht. Hätten jedoch die Hindus die festgestellten Bewegungen aus den Vergleichen ermittelt, wären die Epochen miteinander verbunden worden. Von den Epochen von Ulugh Beg und Ptolemäus ausgehend sollte man dann sämtliche Epochen der Hindus erreichen können. Doch das ist nicht der Fall. Die fremden Epochen waren den Hindus also unbekannt und ihnen nicht von Nutzen.193

Wir wollen noch eine wichtige Überlegung hinzufügen. Wenn ein Volk gezwungen ist, von einem Nachbarn die Methoden oder die Angaben der mittleren Bewegung von ihren astronomischen Tafeln zu übernehmen, so wird es noch viel nötiger sein, dass sie von ihnen auch die Kenntnis der Unregelmäßigkeiten der Bewegungen der Himmelskörper und die Bewegung des Apogäums, der Knoten und der Neigung der Ekliptik übernehmen; kurz gesagt all jene Elemente, deren Bestimmung die Kunst des Beobachtens, einige Instrumente und viel Fleiß voraussetzt. Alle diese astronomischen Elemente, die sich bei den alexandrinischen Griechen, den Arabern, den Persern und den Tataren mehr oder weniger ähneln, zeigen gar keine Verwandtschaft mit den Elementen der Hindus. Letztere haben daher nichts von ihren Nachbarn übernommen.

Wenn wir Baillys Bemerkungen zusammenfassen, so kommt er zu den folgenden Schlussfolgerungen:

Wenn die Hindus ihre Epoche nicht übernommen haben, müssen sie eine eigene, echte besessen haben, gegründet auf eigenen Beobachtungen. Es kann sich dabei ausschließlich um die Epoche des Jahres 1.491 n. Chr. oder um die des Jahres 3.102 v. Chr. handeln, die der Epoche von 1.491 n. Chr. um 4.592 Jahre vorausging. Wir müssen zwischen diesen beiden Epochen wählen und entscheiden, welche von beiden auf einer Beobachtung begründet ist. Bevor wir aber die Argumente darlegen, die [SD # 660] das Problem lösen können und sollen, sei es uns gestattet, einige Anmerkungen an jene zu richten, die zu der Ansicht neigen, dass es den Hindus lediglich mithilfe moderner Beobachtungen und Berechnungen möglich war, die früheren Positionen der Himmelskörper zu bestimmen. Es ist alles andere als eine einfache Aufgabe, die Bewegung der Himmelskörper mit hinreichender Genauigkeit zu ermitteln, um den Strom der Zeit über 4.592 Jahre bestimmen und die Erscheinungen beschreiben zu können, die sich in diesem Zeitraum ereignet haben müssen.

Heute besitzen wir ausgezeichnete Instrumente; und wir stellen seit ungefähr zwei oder drei Jahrhunderten exakte Beobachtungen an, die uns jetzt bereits erlauben, die durchschnittliche Bewegung der Planeten mit beträchtlicher Genauigkeit zu berechnen; wir haben die Beobachtungen der Chaldäer sowie von Hipparch und Ptolemäus, die uns wegen ihres großen Abstands zur heutigen Zeit erlauben, die Bewegungen mit noch größerer Sicherheit zu bestimmen. Gleichwohl können wir nicht versprechen, die Beobachtungen über den langen Zeitraum zwischen den Chaldäern und uns selbst mit durchgängiger Genauigkeit abzubilden; und noch viel weniger können wir dafür bürgen, mit Exaktheit Ereignisse zu bestimmen, die 4.592 Jahre vor unserer Zeit geschahen. Cassini und Mayer haben beide die säkulare Bewegung des Mondes bestimmt, ihre Ergebnisse unterscheiden sich um 3 Min. 43 Sek. voneinander. Diese Differenz ergäbe in sechsundvierzig Jahrhunderten in Bezug auf die Position des Mondes eine Unsicherheit von nahezu drei Grad. Zweifellos ist eine dieser beiden Berechnungen genauer als die andere, und um das zu entscheiden, müssen sehr alte Beobachtungen zu Rate gezogen werden. Was jedoch sehr weit zurückliegende Zeiträume betrifft, für die uns keinerlei Beobachtungen vorliegen, kann gesagt werden, dass wir uns über die betreffenden Phänomene im Unklaren befinden. Wie konnten dann aber die Hindus, sollten sie sich in der Astronomie lediglich rudimentär ausgekannt haben, vom Jahr 1.491 n. Chr. auf das Jahr 3.102 vor unserer Zeitrechnung zurückrechnen?

Die Orientalen waren niemals das, was wir darstellen. Wie hoch auch immer wir ihr Wissen aus der Untersuchung ihrer Astronomie einschätzen mögen, können wir ihnen nicht unterstellen, dass ihnen eine so umfassende Auswahl von Instrumenten zur Verfügung stand wie sie unsere heutigen Observatorien auszeichnet, die das Ergebnis simultaner Fortschritte in unterschiedlichen Künsten sind; sie besaßen auch nicht das bislang ausschließlich zu Europa gehörende Entdeckergenie, das zu dieser Zeit die schnellen Entwicklungen der Wissenschaft und der menschlichen Intelligenz bewirkte. Wenn die Asiaten kraftvoll, gelehrt und weise waren, wurden ihr Verdienst und ihre Erfolge aller Arten von Macht und Zeit bewirkt. Macht gründete oder zerstörte ihre Reiche; bald errichtete sie Bauwerke von imponierender Größe, bald verwandelte sie sie in ehrwürdige Ruinen; und während diese Wechselfälle stetig aufeinander folgten, sammelte die Geduld Wissen an; und anhaltende Erfahrung brachte Weisheit hervor. Es ist das hohe Alter der östlichen Nationen, das ihren wissenschaftlichen Ruf hervorbrachte.

Wenn die Hindus im Jahr 1.491 über [SD # 661] ausreichend exakte Kenntnisse der Himmelsbewegungen verfügten, um 4.592 Jahre zurückzurechnen, so konnten sie diese Kenntnisse nur aus alten Beobachtungen gewonnen haben. Ihnen einerseits diese Kenntnisse zuzugestehen und andererseits die Beobachtungen abzustreiten, aus denen sie abgeleitet waren, heißt etwas Unmögliches anzunehmen. Das käme der Annahme gleich, sie hätten die Früchte der Zeit und der Erfahrung bereits am Anfang ihrer Laufbahn geerntet. Würde andererseits ihre Epoche aus dem Jahr 3.102 als reell angenommen, folgte daraus, dass die Hindus von dieser Epoche an die folgenden Jahrhunderte bis zum Jahr 1.491 unserer Zeitrechnung einfach Schritt hielten. Somit war die Zeit ihr Lehrer; sie kannten die Bewegungen der Himmelskörper in diesen Epochen gut, weil sie sie beobachteten; und die Fortdauer dieses Hinduvolkes auf der Erde ist der Grund für die Genauigkeit ihrer Aufzeichnungen und die Exaktheit ihrer Berechnungen.

Die Lösung der Frage, welche der beiden Epochen aus den Jahren 3.102 und 1.491 die richtige ist, sollte mithilfe einer Überlegung gelöst werden, nämlich dass die Alten im Allgemeinen und die Hindus im Besonderen niemals etwas anderes berechneten und infolgedessen auch nichts anderes beobachteten als Finsternisse. Bailly sagt:

Nun, während der Epoche des Jahres 1.491 findet sich keine Sonnenfinsternis, und weder vierzehn Tage vorher noch vierzehn Tage danach fand eine Mondfinsternis statt. Die Epoche des Jahres 1.491 beruht also nicht auf einer Beobachtung. Was die Epoche des Jahres 3.102 anbelangt, so legen sie die Brahmanen von Tirvalour auf den Augenblick des Sonnenaufgangs am 18. Februar. Die Sonne stand damals ihrer wahren Länge nach im Anfangspunkt des Tierkreises. Die anderen Tafeln lassen uns erkennen, dass sich der Mond zur vorangegangenen Mitternacht an derselben Stelle befand, jedoch nach seiner durchschnittlichen Länge. Die Brahmanen berichten uns zugleich, dass dieser erste Punkt, der Anfang ihres Tierkreises, im Jahr 3.102 54 Grad hinter dem Equinox stand. Deshalb folgt daraus, dass dieser Anfang – der erste Punkt ihres Zodiaks – sechs Grad in der Waage stand.

Um diese Zeit und an diesem Ort fand also eine mittlere Konjunktion statt. „Unsere besten Tafeln, nämlich die von La Caille für die Sonne und die von Maier für den Mond, zeigen diese Konjunktion tatsächlich.“ Es fand damals keine Sonnenfinsternis statt, weil der Mond zu weit von seinem Knoten entfernt war. Aber vierzehn Tage danach muss sich der dann seinem Knoten angenäherte Mond verfinstert haben. Die Tafeln von Mayer, ohne Berücksichtigung einer Korrektur für die Akzeleration, lassen diese Finsternis erkennen; jedoch geben sie dieselbe für die Tageszeit an, wo sich die Finsternis in Indien nicht beobachten ließ. Cassinis Tafeln legen sie auf die Nacht. Das zeigt, dass Mayers Angaben für die Bewegungen ohne Berücksichtigung der Akzeleration für die lang vergangenen Jahrhunderte zu schnell sind; und es beweist auch, dass wir trotz unserer erweiterten Kenntnisse noch immer unsicher sind, wie der Himmel in vergangenen Zeiten aussah.

Wir glauben daher, dass von den beiden indischen Epochen die aus dem Jahr 3.102 die richtige ist, weil sie von einer beobachtbaren Finsternis begleitet wurde, die zu ihrer Bestimmung gedient haben muss. Das [SD # 662] ist ein erster Beweis für die Korrektheit der der Sonne und dem Mond für jenen Augenblick von den Hindus zugeschriebenen Längenangaben. Und dieser Beweis würde vielleicht ausreichen, wäre diese alte Bestimmung nicht für die Richtigstellung der Bewegungen der beiden Gestirne von allergrößter Bedeutung und müsste aus diesem Grund mit allen zur Verfügung stehenden Beweisen unterstützt werden, die ihre Authentizität bestätigen können.

1. Wir merken an, dass die Hindus in der Epoche des Jahres 3.102 scheinbar zwei Epochen miteinander vereinigt haben. Die Kalkulationen der Brahmanen von Tirvalour beziehen sich in erster Linie auf den ersten Augenblick das Kali-Yuga; aber 2d 3h 32m 30s später setzten sie eine zweite Epoche an. Diese Letztere ist die wirkliche astronomische Epoche, die Erstere scheint eine zivile Epoche zu sein. Wäre diese Epoche des Kali-Yuga aber nicht real und lediglich das Ergebnis einer Berechnung, warum sollte sie dann auf diese Weise geteilt sein? Ihre errechnete astronomische Epoche wäre ihre Kali-Yuga-Epoche geworden, auf die Konjunktion von Sonne und Mond gelegt wie die Epochen der drei anderen Tafeln auch. Sie müssen also einen Grund zur Unterscheidung zwischen den beiden gehabt haben; und dieser Grund kann nur in den zeitlichen Umständen dieser Epoche liegen; welche deshalb nicht das Ergebnis von Berechnungen sein kann. Das ist nicht alles; rechnet man von der auf den Sonnenaufgang des 18. Februars des Jahres 3.102 festgelegten solaren Epoche aus um 2d 3h 32m 30s zurück, erreicht man den Morgen des 16. Februar um 2:27:30 Uhr. Das ist der Augenblick, in dem das Kali-Yuga beginnt. Es ist sonderbar, dass man dieses Zeitalter nicht mit einer der Haupteinteilungen des Tages beginnen ließ. Man würde annehmen, dass das Kali-Yuga um Mitternacht beginnen sollte und die 2h 27m 30s eine Meridiankorrektur darstellen. Aber was auch immer der Grund für diese Festlegung gewesen sein mag – es ist klar, dass diese Epoche auch ganz einfach auf Mitternacht hätte verlegt werden können, wäre sie das Ergebnis einer Berechnung gewesen, und auf diese Weise wäre sie mit einer der vier Haupteinteilungen des Tages in Übereinstimmung gebracht worden und hätte nicht an einem beliebigen Augenblick des Tages stattgefunden.

2. Die Hindus versichern uns, dass im ersten Augenblick des Kali-Yugas eine Konjunktion aller Planeten stattfand; ihre Tafeln weisen diese Konjunktion tatsächlich aus, und unsere zeigen, dass sie stattgefunden haben könnte. Jupiter und Merkur standen genau im selben Grad der Ekliptik; Mars stand 8° und Saturn 17° davon entfernt. Es folgt daraus, dass die Hindus etwa zu dieser Zeit, oder vierzehn Tage nach dem Beginn des Kali-Yugas, mit der im Tierkreis voranschreitenden Sonne beobachteten, wie sich vier Planeten der Reihe nach aus den Strahlen der Sonne heraus bewegten; zuerst Saturn, dann Mars, schließlich Jupiter und Merkur, und diese Planeten waren auf einem ziemlich kleinen Raum versammelt. Obwohl Venus nicht dabei war, verursachte wohl doch der Geschmack des Wunderbaren, dass sie von einer allgemeinen Konjunktion sämtlicher Planeten sprachen. Das Zeugnis der Brahmanen befindet sich hier in Übereinstimmung mit unseren Tafeln; und dieser aus einer Überlieferung stammende Befund muss auf einer tatsächlichen Beobachtung begründet sein.

[SD # 663] 3. Wir wollen anmerken, dass dieses Phänomen ungefähr vierzehn Tage nach der Epoche auftrat, und zwar genau zu der Zeit, als die Mondfinsternis beobachtet worden sein muss, mit deren Hilfe die Epoche festgelegt wurde. Diese beiden Beobachtungen bestätigen sich somit gegenseitig. Wer die eine gemacht hat, zeichnet auch für die andere verantwortlich.

4. Wir können auch davon ausgehen, dass die Hindus zu derselben Zeit die Position des Mondknotens bestimmten. Ihre Berechnung scheint das anzuzeigen. Sie geben die Länge dieses Punktes der Mondbahn zum Zeitpunkt ihrer Epoche an und addieren dann als Konstante 40 Minuten hinzu, was der Bewegung des Knotens in 12d 14h entspricht. Das kommt einer Erklärung gleich, dass sie diese Bestimmung dreizehn Tage nach ihrer Epoche anfertigten, und dass 40 Minuten hinzuzuzählen sind, damit die Bestimmung mit ihrer Epoche korrespondiere, um welchen Betrag sich der Knoten in der Zwischenzeit rückläufig bewegt hatte.

Diese Beobachtung ist somit vom selben Datum wie die der Mondfinsternis, und so stehen drei einander gegenseitig unterstützende Beobachtungen zur Verfügung.

5. Aus der uns von G. Le Gentil überlieferten Beschreibung des Tierkreises der Hindus scheint sich zu ergeben, dass sich die Positionen der als das „Auge des Stiers“ und die „Weizenähre der Jungfrau“ bezeichneten Sterne am Beginn des Zeitalters des Kali-Yugas in diesem Tierkreis bestimmen lassen.

Der Vergleich dieser Angaben mit den tatsächlichen Werten, reduziert um unsere Präzession der Tagundnachtgleichen zum fraglichen Zeitpunkt macht deutlich, dass der Anfangspunkt des Tierkreises der Hindus zwischen dem fünften und sechsten Grad in der Waage liegen muss. Die Brahmanen haben somit Recht, ihn im sechsten Grad jenes Zeichens anzugeben, umso mehr als diese kleine Differenz einer unbekannten Eigenbewegung dieser Sterne zugeschrieben werden kann.

Somit war es wieder eine Beobachtung, von der sich die Hindus bei dieser nahezu exakten Bestimmung des Anfangspunkts ihres beweglichen Tierkreises leiten ließen.

Dass im Altertum Beobachtungen aus dieser Zeit existierten, lässt sich scheinbar kaum anzweifeln. Die Perser behaupten, dass vier schöne Sterne als Wächter über die vier Ecken der Welt aufgestellt wurden. Nun ist es jedoch so, dass zu Beginn des Kali-Yugas, 3.000 oder 3.100 Jahre vor unserer Zeitrechnung, das „Auge des Stiers“ und das „Herz des Skorpions“ exakt in den Äquinoktialpunkten und das „Herz des Löwen“ und der „Südliche Fisch“ fast genau bei den Sonnenwendpunkten standen. Eine Beobachtung des abendlichen Plejaden-Aufgangs, sieben Tage vor dem Herbstäquinoktium stammt ebenfalls aus dem Jahr 3.000 vor unserer Zeitrechnung. Diese und ähnliche in den Kalendern von Ptolemäus ohne Autorenangaben gesammelten Beobachtungen sind älter als die der Chaldäer und könnten gut das Werk der Hindus sein. Sie waren mit der Konstellation der Plejaden vollkommen vertraut, und während wir sie gewöhnlich als „Hühnerkorb“ bezeichnen, nennen sie sie Pillaloo-codi – den „Henne und die Küken“. Dieser Name wurde von Volk zu [SD # 664] Volk überliefert und kommt von den ältesten Nationen Asiens zu uns. Wir sehen, dass die Hindus den Aufgang der Plejaden beobachtet und sich ihrer zur Bestimmung ihrer Jahre und Monate bedient haben müssen, denn dieses Sternbild heißt auch bei ihnen Krittika. Diesen Namen trägt auch einer ihrer Monate, und diese Übereinstimmung konnte nur so zustande kommen, dass der Auf- oder Untergang dieses Sternbilds diesen Monat ankündigte. Noch entscheidender aber für den Nachweis, dass die Hindus die Sterne beobachteten, und zwar gleich uns durch die Bestimmung ihrer Position mittels der Angabe ihrer Länge, ist der Bericht von Augustinus Riccius; er besagt, dass laut dem Hermes zugeschriebene und 1.985 Jahre vor Ptolemäus durchgeführten Beobachtungen der helle Stern der Leier sowie der im Herzen der Hydra gegenüber den von Ptolemäus bestimmten Positionen jeweils sieben Grad weiter vorgerückt seien.

Diese Bestimmung erscheint ganz außergewöhnlich. Die Sterne bewegen sich in Bezug auf das Äquinoktium regelmäßig. Ptolemäus Längenangaben mussten um 28 Grad größer sein als 1.985 Jahre vor seiner Zeit. Darin liegt nebenbei eine bemerkenswerte Besonderheit; die Positionen beider Sterne weisen denselben Fehler oder dieselbe Differenz auf; somit wirkte sich die den Fehler hervorbringende Ursache gleichermaßen auf beide Sterne aus. Um diese Besonderheit zu erklären, entwickelte der Araber Tebith die Vorstellung, dass die Sterne einer oszillierenden Bewegung unterliegen, die sie abwechselnd vorrücken und zurückfallen lässt.

Diese Hypothese war leicht zu widerlegen; die Hermes zugeschriebenen Beobachtungen blieben aber unerklärt. Ihre Erklärung findet sich jedoch in der Astronomie der Hindus. Zu der für diese Beobachtungen angegebenen Zeit, 1.985 Jahre vor Ptolemäus, lief der Anfang des indischen Tierkreises dem Äquinoktium um 35° voraus; folglich waren die daraus berechneten Längenangaben 35° größer als die vom Äquinoktium aus berechneten. 1.985 Jahre später waren die Sterne jedoch um 28° weiter gerückt, und so betrug der Unterschied zwischen den Längenangaben von Ptolemäus und Hermes nur noch 7°, und er ist für beide Sterne gleich groß, weil er durch die Differenz zwischen dem Anfangspunkt des indischen Tierkreises und dem mit dem Äquinoktium beginnenden Tierkreis von Ptolemäus verursacht wird. Diese Erklärung ist so einfach und so natürlich, dass sie wahr sein muss. Wir wissen nicht, ob der im Altertum berühmte Hermes ein Hindu war, doch wir sehen, dass die ihm zugeschriebenen Beobachtungen nach der indischen Methode aufgezeichnet wurden, woraus wir schließen, dass sie ebenfalls von den Hindus angefertigt worden sind, und damit waren sie in der Lage, sämtliche eben einzeln angeführten Beobachtungen durchzuführen, die wir in ihren Tafeln finden.

6. Die Beobachtung aus dem Jahr 3.102, die ihre Epoche begründet zu haben scheint, war nicht schwierig. Sobald die Hindus die tägliche Bewegung des Mondes um 13° 10' 35'' verstanden hatten, [SD # 665] bedienten sie sich ihrer, um den Tierkreis in 27 Konstellationen einzuteilen und hatten damit einen Bezug zur Mondperiode, der ungefähr 27 Tage für den Umlauf durch den Tierkreis aufweist.

Mithilfe dieser Methode bestimmten sie die Positionen der Sterne auf diesem Tierkreis; so fanden sie auch heraus, dass ein gewisser Stern in der Leier in 8h 24' und das Herz der Hydra in 4d 7h stand, das entspricht den Hermes zugeschriebenen Längenangaben, deren Berechnung aber aus dem Tierkreis der Hindus erfolgte. So erkannten sie auch, dass die „Weizenähre der Jungfrau“ den Anfang ihrer 15. Konstellation bildete und das „Auge des Stiers“ das Ende der vierten; der Erste dieser beiden steht im Tierkreis der Hindus in 6d 6h 40m und der Zweite in 1d 23h 20m. Dieser Feststellung entsprechend fand die vierzehn Tage nach dem Beginn des Kali-Yugas aufgetretene Mondfinsternis an einem zwischen der „Weizenähre der Jungfrau“ und dem Stern θ derselben Konstellation gelegenen Punkt statt. Diese beiden Sterne stehen ziemlich genau um eine Konstellation voneinander entfernt, der eine eröffnet die fünfzehnte, der andere die sechzehnte. So wäre es nicht schwer gewesen, den Ort des Mondes durch die Abmessung seines Abstandes von einem der beiden Sterne zu bestimmen; daraus leiteten sie den Ort der in Opposition zum Mond stehenden Sonne ab, und dann, als sie ihre durchschnittliche Bewegung kannten, errechneten sie, dass sich der Mond seiner durchschnittlichen Länge nach zur Mitternacht zwischen dem 17. und dem 18. Februar des Jahres 3.102 vor unserer Zeitrechnung am Anfangspunkt dieses Zodiaks befunden hatte und die Sonne ihrer wahren Länge nach denselben Platz sechs Stunden später einnahm. Ein Umstand, der den Anfang des indischen Jahres fixiert.

7. Die Hindus stellten fest, dass 20.400 Jahre vor dem Beginn des Kali-Yugas der Anfangspunkt ihres Tierkreises mit dem Punkt der Frühlingstagundnachtgleiche übereinstimmte, und dass die Sonne und der Mond zu dieser Zeit in Konjunktion standen. Diese Epoche wurde offensichtlich erdichtet;194 wir können jedoch nachforschen, von welchem Punkt welcher Epoche die Hindus ausgingen, um sie aufzustellen. Geht man von den indischen Angaben für den Sonnen- und den Mondumlauf mit 365d 6h 12m 30s und 27d 7h 43m 13s aus, ergeben

20.400 Sonnenumläufe = 7.451.277d 2h
272.724 Mondumläufe = 7.451.277d 2h

Dieses Ergebnis ergibt sich, wenn wir von der Kali-Yuga-Epoche ausgehen, und die Hindus zeichneten die von ihnen behauptete zur selben Zeit stattgefundene Konjunktion tatsächlich in ihren Tafeln auf; gehen wir jedoch, unter Verwendung derselben Elemente von der Epoche des Jahres 1.491 aus oder von einer weiteren, in das Jahr 1.282 versetzten, über die wir später noch sprechen werden, werden wir dort immer eine Differenz von nahezu einem oder zwei Tagen finden. Es ist gerecht und natürlich, bei der Nachprüfung der Berechnungen der Hindus aus ihren Elementen diejenigen auszuwählen, die zum selben Ergebnis führen, zu dem auch sie gelangten, und von jener ihrer Epochen auszugehen, die es uns ermöglicht, [SD # 666] die fragliche fingierte auszumachen. Da sie nun, um diese Berechnung anzustellen, von ihrer echten Epoche ausgehen mussten, also von der auf einer Beobachtung beruhenden und nicht von der durch exakte Berechnungen aus der Ersteren abgeleiteten, folgt daraus, dass ihre echte Epoche aus dem Jahr 3102 vor unserer Zeitrechnung stammte.

8. Die Brahmanen von Tirvalour geben uns die Mondbewegung über eine große Zeitperiode von 1.600.984 Tagen oder 4.386 Jahren und 94 Tagen auf dem beweglichen Zodiak mit 7d 2h 8m und mit Bezug auf das Äquinoktium mit 9d 7h 45m 1s an. Wir glauben, dass diese Bewegung durch Beobachtung bestimmt wurde. Zu Beginn müssen wir feststellen, dass dieser Zeitraum nicht ausreicht, um ihn für die Berechnung der mittleren Bewegungen geeignet zu machten.

Die Hindus verwenden in ihren astronomischen Berechnungen Zeiträume von 248, 3.031 und 12.372 Tagen; abgesehen davon, dass diese Intervalle, obwohl sie viel zu kurz sind, nicht so ungeeignet erscheinen wie Letztere, überspannen sie dennoch eine ganze Anzahl von Mondumläufen in Bezug auf sein Apogäum. Tatsächlich stellen sie mittlere Bewegungen dar. Die große, 1.600.984 Tage umfassende Zeitperiode stellt nicht eine Summe kumulierter Umläufe dar; es gibt keinen Grund dafür, warum sie eher 1.600.984 als 1.600.985 Tage dauern sollte. Es scheint, dass allein die Beobachtung die Anzahl der Tage entschieden und ihren Anfang und ihr Ende bestimmt haben muss. Dieser Zeitraum endete am 21. Mai 1282 unserer Zeitrechnung um 5:15:30 Uhr Benares-Zeit. Laut den Indern befand sich der Mond damals in seiner Erdferne und seine Länge betrug

. . . 7d 13h 45m 1s
Mayer gibt die Länge an mit . . . 7d 13h 53m 48s
und legt das Apogäum auf . . . 7d 14h 6m 54s

Die Bestimmung des Mondortes der Brahmanen weicht somit lediglich um acht bis neun Minuten von unserer ab, und um 22 Minuten für den des Apogäums, und es ist ganz offensichtlich, dass sie diese Übereinstimmung mit unseren besten Tafeln und diese Genauigkeit der himmlischen Positionen nur durch Beobachtung erlangt haben konnten. Wenn das Ende dieser Zeitperiode durch Beobachtung bestimmt wurde, gibt es allen Grund zu der Annahme, dass eine ähnliche Beobachtung auch den Anfang desselben festlegte. Doch dann muss diese Bewegung, unmittelbar bestimmt und der Natur entnommen, mit den tatsächlichen Bewegungen der Himmelskörper notwendigerweise in hohem Maß übereinstimmen.

Tatsächlich unterscheiden sich die Bewegungsangaben der Hindus in Bezug auf diese lange Zeitperiode von 4.883 Jahren nicht um eine einzige Minute von denen Cassinis. Sie stimmen gleichermaßen überein mit den Angaben der Mayerschen Tafeln. In der Frage der Mondbewegung gelangten also zwei an den entgegengesetzten Enden der Welt lebende Völker, die Hindus und die Europäer, mit möglicherweise genauso unterschiedlichen Forschungseinrichtungen zu exakt denselben Ergebnissen; und zu einer nicht erklärbaren Übereinstimmung, würde sie nicht auf Beobachtungen und auf die beiderseitige Nachahmung der Natur beruhen. Wir müssen anmerken, dass alle vier Tafeln der Hindus Kopien derselben Astronomie darstellen. Es ist unwiderlegbar, dass die Tafeln von Siam [SD # 667] im Jahr 1687 existierten, als S. de la Loubére sie aus Indien mitbrachte. Zu der Zeit waren Cassinis und Mayers Tafeln noch nicht vorhanden, und so waren den Hindus die in diesen Tafeln verzeichneten exakten Bewegungen bereits bekannt, obwohl sie uns noch nicht zur Verfügung standen.195 Es muss also eingestanden werden, dass die Genauigkeit dieser indischen Bewegungsmessung in der Beobachtung lag. Sie ist für diese 4.383 Jahre andauernde Periode exakt, weil sie vom Himmel selbst abgelesen worden war; und wenn das Ende der Periode durch Beobachtung bestimmt wurde, dann auch der Anfang. Es handelt sich dabei also um den längsten Beobachtungszeitraum, dessen Erinnerung in der Geschichte der Astronomie erhalten ist. Er beginnt in der Epoche des Jahres 3102, und er ist ein überzeugender Beweis für die Wirklichkeit dieser Epoche.

Bailly wird so ausführlich zitiert, da er einer der wenigen Wissenschaftler ist, die den Versuch unternahmen, der Astronomie der Arier volle Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Von John Bentley herab bis zur „Surya Siddhantha“ von Burgess war kein einziger Astronom gegenüber dem gelehrtesten Volk des Altertums in ausreichendem Maß ehrlich gewesen. Wie verzerrt und missverstanden die indische Symbologie auch sein mag, kein Okkultist kann versäumen, ihr Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, wenn er auch nur das Geringste über die Geheimen Wissenschaften weiß; noch wird er sich von ihrer metaphysischen und mystischen [SD # 668] Interpretation des Tierkreises abwenden, auch wenn sich die gesamten illustren königlich-astronomischen Gesellschaften in Waffen gegen ihre mathematische Wiedergabe erheben. Das Herabsteigen und Wiederemporsteigen der Monade oder Seele ist unlösbar mit den Tierkreiszeichen verbunden. Und es erscheint natürlicher, im Sinn von Zweckdienlichkeit, an eine geheimnisvolle Sympathie zwischen der metaphysischen Seele und den glanzvollen Konstellationen zu glauben und an den Einfluss der Letzteren auf die Ersteren als an die alberne Vorstellung, die Schöpfer von Himmel und Erde hätten die Urbilder zwölf lasterhafter Juden an den Himmel gesetzt. Und wenn, wie der Verfasser von „The Gnostics“ behauptet, sämtliche gnostischen Schulen und die späteren Platoniker danach strebten, „den alten Glauben dem Einfluss der buddhistischen Theosophie anzupassen, deren innerster Kern war, dass die unzähligen Götter der indischen Mythologie lediglich Bezeichnungen der Energien der Ersten Triade in ihren aufeinanderfolgenden AVATARAS oder Manifestationen bis hin zum Menschen darstellten“, wohin könnten wir uns dann besser wenden, um diese theosophischen Ideen bis zu ihrer eigentlichen Wurzel zurückverfolgen zu können, als an die alte indische Weisheit? Wir sagen noch einmal: Der archaische Okkultismus bliebe allen unverständlich, müsste er anders als durch die besser bekannten Kanäle des Buddhismus und Hinduismus wiedergegeben werden. Denn Ersterer ist der Ausfluss des Letzteren; und beide sind Kinder einer Mutter – der alten lemuro-atlantischen Weisheit.

XVIII
Zusammenfassung der gegenseitigen Positionen

Der ganze Fall wurde dem Leser jetzt von beiden Seiten dargestellt, und nun bleibt ihm die Entscheidung überlassen, ob die Zusammenfassung darüber zu unseren Gunsten spricht oder nicht. Gäbe es so etwas wie eine Leere, ein Vakuum in der Natur, sollte es sich, einem physikalischen Gesetz zur Folge, in den Köpfen der hilflosen Bewunderer der „Leuchten“ der Wissenschaft finden lassen, die ihre Zeit damit verbringen, ihre Lehren gegenseitig zu zerstören. Würde die Theorie, dass „zwei Lichter Finsternis bewirkten“, jemals ihre Anwendung finden, dann in diesem Fall, wo die eine Hälfte der „Leuchten“ ihre Kräfte und „Bewegungsarten“ dem Glauben der Gläubigen aufbürdet und die andere Hälfte die bloße Existenz derselben bestreitet. „Äther, Materie, Energie“ – die heilige hypostatische Dreieinigkeit, die drei Prinzipien des wahrhaft unbekannten Gottes der Wissenschaft, von ihnen als die Physische Natur bezeichnet!

Die Theologie wird ins Gebet genommen und lächerlich gemacht für ihren Glauben an die Vereinigung von drei Personen in einer Gottheit – ein Gott in Bezug auf die Substanz, drei Personen in Bezug auf die Individualität. Und wir werden verlacht wegen unseres Glaubens an unbewiesene und unbeweisbare Lehren, an Engel und Teufel, Götter und Geister. Und [SD # 669] in der Tat, das, was die Gelehrten im großen „Kampf zwischen Religion und Wissenschaft“ den Sieg über die Theologie davontragen ließ, war genau dieses Argument, dass weder die Identität dieser Substanz noch die behauptete dreifache Individualität, nachdem sie in den Tiefen des theologischen Bewusstseins gedacht, erfunden und ausgearbeitet worden war, durch irgendeine wissenschaftliche, induktive Beweisführung nachgewiesen werden konnte, am allerwenigsten durch das Zeugnis unserer Sinne. Die Religion muss untergehen, hieß es, weil sie Mysterien lehrt. Ein Mysterium ist die Verneinung des gesunden Menschenverstandes, und die Wissenschaft weist es zurück. Nach Tyndall ist die Metaphysik Fiktion, wie die Poesie. Der Wissenschaftler übernimmt nichts auf Treu und Glauben; er weist alles zurück, was ihm nicht bewiesen wird, während der Theologe alles in blindem Glauben annimmt. Der Theosoph und der Okkultist, die nichts auf Treu und Glauben akzeptieren, nicht einmal die exakte Wissenschaft, der Spiritualist, der das Dogma leugnet, aber an Geister und an unsichtbare, aber mächtige Einflüsse glaubt, alle teilen dieselbe Geringschätzung. Sehr wohl also; unsere Aufgabe ist daher, zum letzten Mal zu untersuchen, ob die exakte Wissenschaft nicht genau auf dieselbe Art und Weise vorgeht wie die Theosophie, der Spiritualismus und die Theologie.

In „Modern Science and Modern Thought“, einem Werk von S. Laing, das als Standardwerk über die Wissenschaft betrachtet wird, dessen Verfasser laut der lobenden Kritik der Times „mit viel Kraft und Eindringlichkeit die ungeheuren Entdeckungen der Wissenschaft darlegt und ihre zahlreichen Siege über alte Meinungen, so oft sie so unvorsichtig sind, sich mit ihr zu messen“, lesen wir in Kapitel III „Über die Materie“ Folgendes:

Aus was setzt sich das materielle Universum zusammen? Äther, Materie, Energie“ . . . . . lautet die Antwort.

Wir halten inne, um zu fragen: „Was ist Äther?“ Und Laing antwortet im Namen der Wissenschaft:

„Äther ist uns gegenwärtig durch keinerlei Kennzeichen vertraut, von dem die Sinne Kenntnis nehmen könnten, vielmehr ist er eine Art mathematische Substanz, die anzunehmen wir gezwungen sind, um die Erscheinungen von Licht und Wärme erklären zu können.“

Und was ist Materie? Wissen Sie mehr darüber als Sie über den „hypothetischen“ Vermittler wissen, den Äther?

Ganz streng genommen ist es richtig, dass chemische Untersuchungen uns . . . . über die Zusammensetzung der lebenden Materie nichts Unmittelbares sagen können, und . . . . streng genommen trifft es auch zu, dass wir über die tatsächliche Zusammensetzung auch nicht eines einzigen (materiellen) Körpers irgendetwas wissen.“ (Vorlesung über Protoplasma“ von Huxley)

Und Energie? Sicherlich können Sie die dritte Person der Dreieinigkeit ihres materiellen Universums definieren?

„Die Energie ist das, was uns lediglich durch ihre Wirkungen bekannt ist.“ (Physikbücher)

Bitte erklären Sie das, denn es ist etwas nebulös.

„In der Mechanik gibt es tatsächliche und potenzielle Energie: [SD # 670] Tatsächlich geleistete Arbeit sowie die Fähigkeit, sie zu leisten. Was die Natur der molekularen Energie oder der Molekularkräfte anbelangt, so zeigen die verschiedenen von den Körpern dargebotenen Phänomene, dass ihre Moleküle unter dem Einfluss zweier entgegengesetzter Kräfte stehen – von denen die eine danach strebt, sie zusammen zu bringen und die andere, sie zu trennen. . . . . Die Erstere ist die molekulare Anziehung, die zweite vis viva oder die bewegende Kraft.“ . . . . (Ganots „Elementary Treatise on Physics“)

Genau das: Eben die Natur dieser bewegenden Kraft, dieser lebendigen Kraft, möchten wir kennen. Was ist sie? . . . . .

„WIR WISSEN ES NICHT!“ ist die unveränderliche Antwort. „Sie ist ein leerer Schatten meiner Einbildungskraft“, erklärt Huxley in seinem „On the Physical Basis of Life“.

So ist das gesamte Gebäude der modernen Wissenschaft auf einer Art „mathematischer Abstraktion“ aufgebaut, auf einer proteusartigen „Substanz, die sich der sinnlichen Beobachtung entzieht“ (du Bois-Reymond) und auf Wirkungen, den schattenhaften und trügerischen Irrlichtern von einem Etwas, das der Wissenschaft gänzlich unbekannt und unerreichbar ist, „selbstbewegende“ Atome! Selbstbewegende Sonnen, Planeten und Sterne! Aber wer denn oder was sind sie alle, wenn sie sich selbst mit Bewegung begabten? Warum sollten dann ihre Physiker über unseren „selbstbewegten ARCHAEUS“ lachen und spotten? Das Geheimnisvolle wird von der Wissenschaft abgelehnt und verachtet, und doch, wie Pater Felix richtig gesagt hat: „Das GEHEIMNIS ist das Verhängnis der Wissenschaft . . . Die Wissenschaft kann ihm nicht entrinnen.“ Die Ausdrucksweise des französischen Predigers ist die unsere, und wir zitieren sie in „Isis Unveiled“ (siehe Bd. I, S. 338-9). Wer – fragt er – wer von euch, ihr Wissenschaftler

„ . . . . vermochte das Geheimnis der Bildung eines Körpers zu ergründen, der Erzeugung eines einzelnen Atoms? Was ist da, ich werde nicht sagen im Mittelpunkt einer Sonne, aber im Mittelpunkt eines Atoms? Wer lotete den Boden des Abgrundes in einem Sandkorn aus? Das Sandkorn, meine Herren, wurde von der Wissenschaft viertausend Jahre lang studiert, sie drehte und wendete es; sie teilt es immer weiter; sie quält es mit ihren Experimenten; sie plagt es mit ihren Fragen, um ihm sein letztes Wort über seine verborgene Zusammensetzung zu entreißen; sie fragt es mit unersättlicher Neugierde: ‘Soll ich dich unendlich teilen?’ Dann, über diesem Abgrund hängend, zaudert die Wissenschaft, sie strauchelt, sie fühlt sich geblendet, sie schwindelt, und verzweifelt sagt sie: Ich weiß es nicht.

Doch wenn ihr so verhängnisvoll unwissend über die Entstehung und die verborgene Natur eines Sandkorns seid, wie wollt ihr einen Einblick in die Erschaffung eines einzigen Lebewesens bekommen? Woher stammt das Leben im Lebewesen? Wo beginnt es? Was ist das Lebensprinzip?“196

Streiten die Wissenschaftler alle diese Beschuldigungen ab? Durchaus nicht, denn hier ist ein Eingeständnis Tyndalls, das zeigt, wie ohnmächtig die Wissenschaft selbst der Welt der Materie gegenübersteht.

„Die erste Anordnung der Atome, von der jede weitere Tätigkeit abhängt, [SD # 671] spottet stärkeren Mächten als der des Mikroskops.“ „Allein wegen des Übermaßes an Komplexität, und lange bevor die Beobachtung in dieser Angelegenheit irgendeine Stimme haben kann, zieht sich selbst der gebildetste Intellekt, die am höchsten verfeinerte und geschulteste Imagination, fassungslos von der Betrachtung des Problems zurück. Wir sind betäubt vor Erstaunen, von dem uns kein Mikroskop befreien kann, zweifeln nicht nur an der Macht unseres Instruments, sondern selbst daran, ob wir überhaupt die intellektuellen Fähigkeiten besitzen, die uns jemals in die Lage dazu versetzen werden, uns ernsthaft mit den elementaren strukturellen Kräften der Natur auseinander zu setzen.“

Das Wenige, was wir über das materielle Universum wissen, wird tatsächlich seit vielen Jahren auf eben diese Zugeständnisse dieser Wissenschaftler hin vermutet. Und jetzt gibt es einige Materialisten, die selbst den Äther – oder wie immer die Wissenschaft die unendliche Substanz bezeichnet, deren Noumenon die Buddhisten Svabhavat nennen – sowie auch die Atome aus der Welt schaffen wollen, die beide wegen ihrer alten philosophischen und ihrer gegenwärtigen christlichen und theologischen Assoziationen zu gefährlich seien. Seit den ersten Philosophen, deren Aufzeichnungen überliefert wurden, bis zu unserem heutigen Zeitalter, das, wenn es auch „unsichtbare Wesen“ im Raum bestreitet, doch niemals so wahnsinnig sein kann, die Existenz eines irgendwie ausgefüllten Raumes abzustreiten – war die Fülle des Universums immer eine anerkannte Überzeugung. Und was es angeblich enthält, lernt man von Hermes Trismegistos (in Dr. Anna Kingsfords vorzüglicher Wiedergabe) – dem die Worte in den Mund gelegt werden:

„Bezüglich der Leere . . . komme ich zu dem Urteil, dass sie nicht existiert, dass sie niemals existierte und dass sie niemals existieren wird, denn all die verschiedenen Teile des Universums sind ausgefüllt, so wie auch die Erde ganz voll ist von Körpern unterschiedlicher Eigenschaft und Form, die ihre Art und ihre Bedeutung haben, die einen größer, die anderen kleiner, die einen fest, die anderen weich. Die größeren . . . sind einfach wahrzunehmen; die kleineren . . . sind schwer erfassbar oder vollständig unsichtbar. Von ihrer Existenz wissen wir lediglich, weil wir das Gefühl haben sie zu spüren, weshalb viele Menschen die Körperhaftigkeit solcher Entitäten bestreiten und sie einfach als Leerräume ansehen,197 doch die Existenz solcher Räume ist nicht möglich. Denn wenn es tatsächlich irgendetwas außerhalb des Universums geben sollte . . . dann wäre es von intelligenten Wesen eingenommener Raum analog seiner (des Universums) Gottheit . . . . . . Ich spreche von den Genien, denn ich halte fest, dass sie bei uns wohnen, und von den Heroen, die über uns wohnen, zwischen der Erde und den höchsten Lüften, wo weder Wolken sind noch irgendein Sturm.“ (S. 83-4)

Und wir „halten“ es ebenso fest. Nur dass, wie bereits erwähnt, kein östlicher Initiierter von Sphären „über uns, zwischen der Erde und den [SD # 672] Lüften“ sprechen würde, auch nicht von den höchsten, da es in der okkulten Sprache keine solche Einteilung oder Abmessung gibt, kein „oben“ und auch kein „unten“, sondern ein ewiges „innerhalb“, innerhalb zweier weiterer innerhalbs, oder die langsam mit den Ebenen der irdischen Objektivität verschmelzenden Ebenen der Subjektivität – und diese Ebene der irdischen Objektivität ist für den Menschen die letzte, seine eigene Ebene. Zum Schluss dieser notwendigen Erklärung möge hier mit den Worten von Hermes der Glaube über diesen besonderen Punkt der großen Welt der Mystik wiedergegeben werden:

„Es existieren viele Ordnungen von Göttern; und alle enthalten einen intelligenten Teil. Es darf nicht davon ausgegangen werden, dass sie den Bereich unserer Sinne nicht berühren; im Gegenteil, wir nehmen sie wahr, besser sogar als jene, die als sichtbar bezeichnet werden. . . Es gibt also Götter, die über jeder Erscheinung stehen; auf sie folgen Götter, deren Prinzip spirituell ist; in Übereinstimmung mit ihrem doppelten Ursprung sind diese Götter wahrnehmbar und manifestieren alle Dinge durch eine wahrnehmbare Natur und erleuchten dabei ihre Werke eines nach dem anderen.198 Das höchste Wesen des Himmels oder von allem, was unter diesem Namen verstanden wird, ist Zeus, denn durch den Himmel gibt Zeus allen Dingen das Leben; der Sonne höchstes Wesen ist Licht, denn durch die Sonnenscheibe empfangen wir die Wohltat des Lichts. Die sechsunddreißig Horoskope der Fixsterne haben zum höchsten Wesen oder Fürsten ihn, dessen Name Pantomorphos ist oder der alle Formen Besitzende, weil er den unterschiedlichen Typen göttliche Formen gibt. Die sieben Planeten oder wandernden Sphären haben Glück und Schicksal als höchste Geister, die den ewigen Bestand der Naturgesetze durch unaufhörliche Umformung und fortdauernde Tätigkeit aufrecht erhalten. Der Äther ist das Werkzeug oder Mittel, wodurch alles hervorgebracht wird.“

Das ist ganz philosophisch und steht in Übereinstimmung mit dem Geist der östlichen Esoterik, denn alle Kräfte wie Licht, Wärme, Elektrizität etc. etc. werden „Götter“ genannt – esoterisch.

Das muss in der Tat so sein, weil die esoterischen Lehren in Ägypten und Indien übereinstimmten. Und deshalb ist die sämtliche manifestierenden Kräfte zusammenfassende Personifikation von Fohat eine berechtigte Folge. Außerdem, wie später gezeigt werden wird, werden die tatsächlichen und okkulten Kräfte in der Natur erst jetzt langsam bekannt – und selbst in diesem Fall durch die heterodoxe und nicht durch die orthodoxe Wissenschaft (siehe auch § X, Die kommende Kraft), obwohl ihre Existenz, zumindest in einem Fall, von unzähligen gebildeten Menschen bekräftigt und bezeugt worden ist, selbst von einigen offiziellen Wissenschaftlern.

Außerdem scheint die Behauptung in Stanze VI – dass „Fohat die ursprünglichen Weltenkeime oder die Zusammenscharung von kosmischen Atomen und Materie in Bewegung versetzt, die einen in dieser Richtung, die anderen in der entgegengesetzten“ – orthodox und wissenschaftlich ausreichend. Denn auf jeden Fall unterstützt eine wissenschaftlich vollständig anerkannte Tatsache diese Aussage: Das Sternschnuppenmaximum (periodisch in den Monaten November und August) entsteht aus [SD # 673] einem sich in einer elliptischen Bahn rund um die Sonne bewegenden System. Der sonnenfernste Punkt dieser Bahn liegt 1.732 Millionen Meilen außerhalb der Bahn von Neptun. Seine Bahnebene ist gegen die der Erde um 64° 3' geneigt, und die Bewegungsrichtung des Meteorschwarmes auf seiner Bahn ist der des Erdumlaufs entgegengesetzt.

Diese erst im Jahr 1833 erkannte Tatsache erweist sich als moderne Wiederentdeckung von etwas, das schon in sehr alter Zeit bekannt war. Mit seinen beiden Händen dreht Fohat den „Samen“ und die „Flocken“ oder die kosmische Materie in entgegengesetzte Richtungen; deutlicher gesagt, Teilchen in einem hochverdünnten Zustand und Nebelflecken.

Außerhalb der Grenzen des Sonnensystems bestimmen andere Sonnen, und insbesondere die geheimnisvolle „Zentralsonne“ (die „Wohnung der unsichtbaren Gottheit“, wie einige hochwürdige Herren sie nannten), die Bewegung und die Richtung der Körper. Um diese Körper herum und zwischen ihnen dient diese Bewegung auch dazu, die homogene Materie in auf unserer Erde unbekannte Elemente und Unterelemente zu differenzieren, die von der modernen Wissenschaft als unterschiedliche individuelle Elemente betrachtet werden, während sie lediglich zeitweilige Erscheinungen darstellen, die mit jedem kleinen Zyklus innerhalb des Manvantaras wechseln, weshalb einige esoterische Werke sie als „kalpische Masken“ bezeichnen.

Fohat ist der Schlüssel im Okkultismus, der die vielgestaltigen Symbole und jeweiligen Allegorien der sogenannten Mythologien aller Nationen aufschließt und enträtselt, indem er die wundervolle Philosophie und die tiefe Einsicht in die Geheimnisse der Natur zeigt, wie sie in den ägyptischen und chaldäischen wie auch in den arischen Religionen enthalten ist. Fohat, in seinem wahren Charakter dargestellt, beweist, wie eingehend all die vorgeschichtlichen Völker mit sämtlichen Naturwissenschaften vertraut waren, die heute als ihre physikalischen und chemischen Zweige bezeichnet werden. In Indien ist Fohat sowohl der wissenschaftliche Aspekt Vishnus als auch Indras, wobei Letzterer im „Rigveda“ älter und bedeutender ist als sein sektiererischer Nachfolger; in Ägypten war Fohat derweil als der aus Nut hervorgegangene Tum bekannt,199 oder als Osiris in seinem Charakter eines ursprünglichen Gottes, Schöpfer des Himmels und der Wesen (siehe Kap. XVII, „Das Totenbuch“). Denn Tum wird als der proteusartige Gott erwähnt, der andere Götter erschafft und selbst die ihm jeweils beliebende Form annimmt; der „Meister des Lebens, der den Göttern ihre Stärke gibt“ (Kap. LXXIX). Er ist der Aufseher der Götter und der, „der die Geister erschafft und ihnen Gestalt und Leben verleiht“; er ist „der Nordwind und der Geist des Westens“, und endlich die „Untergehende Sonne des Lebens“ oder die lebensspendende elektrische Kraft, die den Körper beim Tod verlässt, weshalb der Verstorbene darum bittet, dass Tum ihm den Atem aus seinem rechten Nasenloch (positive [SD # 674] Elektrizität) gibt, damit er in seiner zweiten Form leben könne. Sowohl die Hieroglyphe als auch der Text in Kapitel LXII des „Totenbuches“ zeigen die Identität von Tum und Fohat. Der Erstere wird durch einen aufrecht stehenden Mann mit der Hieroglyphe des Atems in seinen Händen dargestellt. Letzterer sagt:

„Ich öffne mich dem Oberhaupt von An (Heliopolis). Ich bin Tum. Ich durchquere das von Thot-Hapi, dem Herrn des Horizontes, vergossene Wasser, und ich bin der Teiler der Erde“ (Fohat teilt den Raum und, mit seinen Söhnen, die Erde in sieben Zonen) . . . .

. . . . Ich durchquere die Himmel, und ich bin die zwei Löwen. Ich bin Ra, ich bin Aam, ich verspeiste meinen Erben.200 . . . . Ich gleite dahin auf dem Boden der Gefilde von Aanru,201 das mir verliehen ist vom Meister der grenzenlosen Ewigkeit. Ich bin der Keim der Ewigkeit. Ich bin Tum, dem Ewigkeit gewährt wurde. . . .“

Genau die Worte, die Fohat im elften Buch gebraucht, und die ihm vergebenen Titel. In den ägyptischen Papyri findet sich die gesamte Kosmogonie der Geheimlehre in vereinzelten Sätzen verstreut, selbst im „Totenbuch“. Die Zahl sieben wird darin ebenso hervorgehoben und betont wie im Buch Dzyan. „Das große Wasser (die Tiefe oder das Chaos) werden mit sieben Ellen Tiefe angegeben“ – wobei hier „Ellen“ natürlich lediglich für Einteilungen, Zonen und Prinzipien steht. Daraus, „aus der großen Mutter sind alle Götter und die sieben Großen geboren“ (siehe Kap. CVIII, 4, „Totenbuch“ und „Egyptian Pantheon“). Beide, Fohat und Tum, werden als die „Großen der sieben magischen Kräfte“ angerufen, welche „die Schlange Apap besiegen“ oder die Materie.

Ein Schüler des Okkultismus sollte sich jedoch durch die in den Übersetzungen hermetischer Werke verwendete übliche Ausdrucksweise nicht zu der Annahme verleiten lassen, die alten Ägypter oder Griechen hätten mönchsartig in sämtlichen Gesprächen von einem höchsten Wesen, Gott, dem „einen Vater und Schöpfer von allem“ etc. gesprochen, wie das auf jeder Seite solcher Übersetzungen zu finden ist. Nichts dergleichen, in der Tat, und diese Texte sind nicht die ursprünglichen ägyptischen Texte. Sie sind griechische Kompilationen, deren älteste nicht über die erste Periode des Neuplatonismus hinaus zurückgeht. Kein einziges [SD # 675] von den Ägyptern verfasstes hermetisches Werk (siehe „Totenbuch“) würde von dem einen universalen Gott der monotheistischen Systeme sprechen; die eine absolute Ursache von allem war in den Gemütern der alten Philosophen Ägyptens ebenso unnennbar und unaussprechlich wie sie in der Vorstellung Herbert Spencers für immer unerkennbar bleiben wird. Was die Ägypter im Allgemeinen anbelangt, bemerkt G. Maspero korrekt, sobald er „den Begriff der göttlichen Einheit erreicht, war der eine Gott niemals ‘Gott’ schlechthin“. Le Lepage Renouf beobachtete sehr zutreffend, dass das Wort Nuter, Nuti, „Gott“, für die Ägypter niemals aufhörte, ein Gattungsname zu sein, und er wurde auch niemals zu einem Personennamen. Jeder Gott war für sie der „eine lebendige und einzige Gott“. Ihr „Monotheismus war rein geografischer Natur. Wenn der Ägypter von Memphis die Einheit Phtahs unter Ausschluss Ammons verkündete, so verkündete der thebanische Ägypter die Einheit Ammons unter Ausschluss Phtahs“, wie wir es jetzt in Indien im Fall der Saivas und der Vaisnavas beobachten. „Ra, der ‘Eine Gott’, ist in Heliopolis nicht derselbe wie Osiris, in Abydos der ‘Eine Gott’, und sie können Seite an Seite miteinander verehrt werden, ohne dass der eine den anderen absorbieren würde. Der eine Gott ist lediglich der Gott des Gaus oder der Stadt, Nutir, Nuti, und schließt nicht die Existenz des einen Gottes der Nachbarstadt oder des Nachbargaus aus. Kurz gesagt, so oft wir vom ägyptischen Monotheismus sprechen, sollten wir von den ‘Einen’ Göttern Ägyptens sprechen und nicht von dem einen Gott“ (Maspero im „Guide du Visiteur au Musée de Boulaq“). Nach diesem vorzugsweise ägyptischen Merkmal sollte die Authentizität der verschiedenen sogenannten „Hermetischen Bücher“ geprüft werden; und in den unter diesem Namen bekannten griechischen Bruchstücken fehlt es völlig. Das beweist, dass eine griechisch-neuplatonische oder vielleicht christliche Hand an der Herausgabe dieser Werke keinen geringen Anteil hatte. Gewiss ist die Grundphilosophie vorhanden und an vielen Stellen – unversehrt. Aber der Stil wurde verändert und in eine monotheistische Richtung geglättet, genauso stark, wenn nicht noch stärker, wie die der hebräischen Genesis in ihren griechischen und lateinischen Übersetzungen. Sie mögen hermetische Werke sein, aber sie stammen von keinem der beiden Hermes – oder eigentlich von Thot (Hermes), der leitenden Intelligenz des Universums (siehe Kap. XCIV, „Totenbuch“), und auch nicht von Thot des Rosettasteins, seiner Trismegistos genannten irdischen Inkarnation.

Aber in unserem Zeitalter von hundert „ismen“ und Religionslosigkeit ist alles Zweifel, Verneinung, Bildersturm und brutale Indifferenz. Jedes Götzenbild ist zerbrochen, mit Ausnahme des Goldenen Kalbs.

Unglücklicherweise können Nationen und Völker ihrem karmischen Schicksal genauso wenig entrinnen wie Gruppen und Individuen. Die Geschichte selbst wird von den sogenannten Historikern ebenso skrupellos behandelt wie überlieferte Legenden. Augustin Thierry stellte diesen Legenden eine Ehrenerklärung aus, wenn man seinen Biografen Glauben schenken darf. Er beklagte das falsche Prinzip, nach welchem alle (die Möchtegern-Geschichtsschreiber) von ihrem Weg abirrten und sich anmaßten, [SD # 676] die Überlieferung zu verbessern, „jene vox populi, die in neun von zehn Fällen die vox dei ist“. Und er gestand schließlich, dass wirkliche Geschichte allein in der Legende ruht; und er fügt hinzu: Denn „Legende ist lebendige Überlieferung, und in drei von vier Fällen ist sie wahrer als das, was wir Geschichte nennen.“202

Während die Materialisten bis auf die Materie alles im Universum abstreiten, streben die Archäologen danach, das Altertum klein zu machen, und sie trachten danach, jeglichen Anspruch alter Weisheit zu zerstören, indem sie die Chronologie verfälschen. Unsere gegenwärtigen Orientalisten und Geschichtsschreiber haben für die alte Geschichte dieselbe Bedeutung wie die weißen Ameisen für die Bauwerke Indiens. Gefährlicher noch als diese Termiten lassen die modernen Archäologen – die zukünftigen „Autoritäten“ bezüglich die universale Geschichte betreffende Angelegenheiten – der Geschichte vergangener Nationen dasselbe Schicksal zuteil werden wie es gewisse Bauwerke tropischer Länder ereilt: „Die Geschichte wird im Verlauf des zwanzigsten Jahrhunderts fallen und in Atome zersprengt, von ihren Chronisten bis auf ihre Grundfeste zerstört“, sagte Michelet. Unter ihren vereinten Anstrengungen wird die Geschichte das Schicksal der tief in undurchdringlichen Urwäldern vergraben liegenden Ruinenstädte der beiden Teile Amerikas in der Tat sehr bald teilen. Historische Tatsachen werden dem Blick verborgen bleiben durch die unentwirrbaren Dschungel moderner Hypothesen, Dementis und Skeptik. Aber glücklicherweise wiederholt sich auch die gegenwärtige Geschichte selbst, denn sie schreitet wie alles Übrige in Zyklen voran. Und tote, im Meer des modernen Skeptizismus absichtlich ertränkte Tatsachen und Ereignisse werden erneut emporsteigen und wieder an der Oberfläche erscheinen. . . .

In unserem Band II wird schon allein die Tatsache, dass er ein Werk mit philosophischen Ambitionen sein wird und die verwickeltsten Probleme darlegt, und dass er auch noch mit einer Darstellung der Evolution der Menschheit aus Wesen, die als übernatürlich betrachtet werden – aus Geistern – eingeleitet werden muss, die übelwollendste Kritik heraufbeschwören. Wer aber an die Geheimlehre glaubt und sie verteidigt, wird die Anschuldigung, verrückt zu sein und noch Schlimmeres so philosophisch zu ertragen haben, wie es die Schreiberin schon seit vielen Jahren praktiziert. So oft ein Theosoph des Wahnsinns bezichtigt wird, sollte er mit einer Anführung aus Montesquieus „Persischen Briefen“ erwidern: „Dadurch, dass die Menschen ihre Irrenhäuser den angeblichen Wahnsinnigen so bereitwillig öffnen, versuchen sie lediglich sich gegenseitig zu versichern, dass sie nicht selber wahnsinnig sind.“

Ende des ersten Bandes

Fußnoten

1 Ihre Intellektualität ist natürlich von ganz anderer Natur als alles, was wir auf der Erde uns vorstellen können.

2 „The Concepts and Theories of Modern Physics“, S. xi-xii, Einleitung zur 2. Aufl.

3 Recherches expérimentales sur la relation qui existe entre la résistance de l‘air et sa température“, S. 68.

4 Aus der Kritik über „The Concepts of Modern Physics“ in Nature“. Siehe Stallos Werk, S. xvi der Einleitung.

5 Robert Ward zeigt uns bei der Besprechung der Themen Wärme und Licht im Journal of Science“, November 1881, in welch gänzlicher Unwissenheit sich die Wissenschaft über eine der einfachsten Tatsachen der Natur befindet – über die Wärme der Sonne. Er sagt: „Die Frage der Temperatur der Sonne war Gegenstand von Untersuchungen vieler Wissenschaftler: Newton, einer der ersten Forscher dieses Themas, versuchte sie zu bestimmen, und alle Wissenschaftler, die sich nach ihm mit Wärmemessung beschäftigt haben, sind seinem Beispiel gefolgt. Alle glaubten, selbst erfolgreich gewesen zu sein, und formulierten ihre Resultate mit großer Überzeugung. Die von einem jeden von ihnen gefundenen Temperaturen sind nach der chronologischen Reihenfolge der Publikation der Ergebnisse (in Celsiusgraden) wie folgt: Newton 1.669.300°, Pouillet 1.461°, Zöllner 102.200°, Secchi 5.344.840°, Ericsson 2.726.700°, Fizeau 7.500°, Waterston 9.000.000°, Spörer 27.000°, Deville 9.500°, Soret 5.801.846°, Vicaire 1.398°, Violle, 1,500°, Rosetti 20.000°. Die Differenz zwischen 1.400° und 9.000.000° beträgt nicht weniger als 8.998.600° !! Es gibt wahrscheinlich in der Wissenschaft keinen erstaunlicheren als den in diesen Zahlen zutage tretenden Widerspruch.“ Und trotzdem würde, wenn ein Okkultist eine Schätzung veröffentlichen würde, jeder dieser Herren im Namen der ‘exakten’ Wissenschaft vehement gegen die Ablehnung seines besonderen Resultats protestieren.“ (Aus The Theosophist“)

6 Laut einem atheistischen Idealisten – Dr. Lewins – „zeigte Sir Isaac im Jahr 1687 . . . . Masse und Atom unter dem Einfluss . . . . einer innewohnenden Aktivität . . . . und Geist, Seele oder Gottheit tatsächlich als überflüssig“.

7 Stallos oben zitiertes Werk, „The Concepts and Theories of Modern Physics“, ein Buch, welches die lebhaftesten Proteste und Kritik hervorgerufen hat, wird jedem empfohlen, der geneigt ist, diese Behauptung anzuzweifeln. „Die erklärte Feindschaft zwischen Wissenschaft und Metaphysik“, schreibt er, „hat die Mehrzahl der wissenschaftlichen Spezialisten zu der Annahme verleitet, dass die Methoden und Resultate der empirischen Forschung gänzlich unabhängig sind von der Kontrolle durch die Gesetze des Denkens. Entweder ignorieren sie die einfachsten Regeln der Logik stillschweigend oder sie weisen sie offen zurück, einschließlich der Gesetze der Widerspruchslosigkeit, und . . . verübeln mit äußerster Heftigkeit jede Anwendung der Übereinstimmungsregel auf ihre Hypothesen und Theorien . . . . und sie betrachten eine Prüfung (derselben) . . . . im Licht dieser Gesetze als ungebührliches Eindringen von ‘a-priori-Prinzipien und -Methoden’ in den Bereich der empirischen Wissenschaft. Menschen von dieser Denkart sehen kein Problem darin, an der gänzlichen Trägheit der Atome festzuhalten und gleichzeitig zu erklären, dass diese Atome vollständig elastisch seien; oder zu behaupten, dass das physische Universum in seiner letzten Auflösung in ‘tote’ Materie und Bewegung zerfällt und doch zu leugnen, dass alle physische Energie in Wirklichkeit kinetisch ist; oder zu behaupten, dass die phänomenalen Unterschiede in der objektiven Welt letztlich den verschiedenartigen Bewegungen absolut einfacher materieller Einheiten zuzuschreiben seien, und nichtsdestoweniger den Satz zurückzuweisen, dass diese Einheiten gleichartig seien“ . . . . (S. xix). „Die Blindheit bedeutender Physiker für einige der offensichtlichsten Schlussfolgerungen ihrer eigenen Theorien ist bewundernswert . . . . Wenn Prof. Tait in Übereinstimmung mit Prof. Stewart verkündet, dass „Materie lediglich passiv ist“ (The Unseen Universe“, § 104) und dann in Verbindung mit Sir W. Thomson erklärt, dass „Materie eine innere Widerstandskraft gegenüber äußeren Einwirkungen aufweist“ (Treat. on Nat. Phil.“, Bd. I, § 216), so ist es kaum ungebührlich zu fragen, wie diese Behauptungen miteinander in Übereinstimmung gebracht werden sollen. Wenn Prof. du Bois-Reymond . . . . auf der Notwendigkeit besteht, sämtliche Naturvorgänge seien auf Bewegungen eines substanziellen, indifferenten Substrats zurückzuführen, das überhaupt keine Eigenschaften aufweist (Über die Grenzen des Naturerkennens“, S. 5), nachdem er kurz vorher in derselben Vorlesung erklärt hat, dass die ‘Auflösung sämtlicher Veränderungen in der materiellen Welt in Bewegungen von Atomen, welche von ihren konstanten Zentralkräften verursacht werden, die Vervollkommnung der Naturwissenschaft sein werde’, so finden wir uns in einer Verwirrung, aus der befreit zu werden wir mit Recht verlangen können.“ (Vorr. xliii)

8 Siehe Clerk Maxwells „Treatise on Electricity of Magnetism“ und vergleiche damit Cauchys „Mèmoire sur la Dispersion de la Lumière“.

9Ein wenig unterscheiden!“ ruft Stallo aus. „Die wirkliche Bedeutung dieses ‘ein wenig’ ist die, dass das fragliche Medium überhaupt nicht materiell ist, in keinem vernünftigen Sinn, da es keine der Eigenschaften der Materie besitzt.“ Sämtliche Eigenschaften der Materie beruhen auf Unterschieden und Veränderungen, und der hier definierte „hypothetische“ Äther entbehrt nicht nur aller Unterschiede, sondern ist auch nicht in der Lage sich zu unterscheiden und zu verändern – (im physikalischen Sinn, wollen wir hinzusetzen). Das beweist, dass Äther lediglich in dem Sinn „Materie“ ist, als er für die spirituellen Sinne sichtbar und fühlbar ist und existiert. Er ist ein Wesen, in der Tat – aber nicht von unserer Ebene: Pater Äther oder Akasha.

10 Die Vera Causa der Physik sind die mayavischen oder illusiven Ursachen der Okkultisten und umgekehrt.

11 Im Gegenteil von dem Tag an sehr „differenziert“, an welchem es seinen Laya-Zustand verlassen hat.

12 Für die Okkultisten, die sagen, der Urheber der Natur sei die Natur selbst, etwas von der Gottheit nicht zu Unterscheidendes und Untrennbares, ergibt sich die Folgerung, dass jene, die mit den okkulten Gesetzen der Natur vertraut sind und wissen, wie sie im Ether Zustände ändern und neue hervorbringen können, imstande sind – nicht die Gesetze abzuändern, sondern dasselbe in Übereinstimmung mit diesen unveränderlichen Gesetzen zu bewirken und zu tun.

13Anziehung“, so schreibt C. H. Lecouturier, ein Materialist, „ist für die Öffentlichkeit von heute zu dem geworden, was sie für Newton selbst war – ein einfaches Wort, eine Vorstellung“ (Panorama des Mondes“), da ihre Ursache unbekannt ist. Herschel bringt praktisch dasselbe zum Ausdruck, indem er anmerkt, dass er sich jeden Augenblick durchdrungen fühlt von der Idee „der Existenz der Ursachen, die für uns hinter einem Schleier wirken und ihre unmittelbare Handlungsweise maskieren“ (Musée des Sciences“, August 1856), so oft er die Bewegung der Himmelskörper und die Erscheinungen der Anziehung studiere.

14 Wenn wir zur Rede gestellt werden, weil wir an wirkende „Götter“ und „Geister“ glauben, indes jedoch einen persönlichen Gott ablehnen, so antworten wir den Theisten und Monotheisten: „Gesteht zu, dass euer Jehovah einer der Elohim ist, dann sind wir bereit, ihn anzuerkennen. Macht aus ihm, wie ihr es tut, den Unendlichen, den Einen und den Ewigen Gott, und wir werden ihn in dieser Eigenschaft niemals akzeptieren.“ Nationale Götter gab es viele; die Eine Universale Gottheit ist ein Prinzip, eine abstrakte Wurzelidee, die nichts zu tun hat mit dem unreinen Werk einer endlichen Form. Wir beten die Götter nicht an, wir verehren Sie lediglich als Wesen, die höher stehen als wir. Hierin gehorchen wir der mosaischen Anordnung, während die Christen ihrer Bibel den Gehorsam verweigern – vor allen die Missionare. „Du sollst nicht die Götter schmähen“, sagt einer von ihnen – (Jehovah) – in Exodus 22,28. Aber gleichzeitig wird im Vers 20 befohlen: „Wer den Göttern opfert außer Johovah allein, soll verbannt werden.“ Nun heißt es in den Originaltexten nicht „Gott“, sondern Elohim – und wir fordern dazu auf, das zu widerlegen – und Jehovah ist einer der Elohim, wie in Genesis 3,22 aus seinen eigenen Worten hervorgeht: „Und Johovah Gott sprach: Siehe, der Mensch ist geworden wie unser einer.“ etc. Viel schlimmere Missetäter als die Okkultisten oder irgendein Theosoph sind also sowohl jene, die die Elohim, die Engel und Jehovah, anbeten und ihnen opfern, als auch jene, welche die Götter ihrer Mitmenschen schmähen. Unterdessen ziehen es viele der Letzteren vor, an den einen oder anderen „Herrn“ zu glauben, und es steht ihnen vollkommen frei, zu tun, was ihnen beliebt.

15 Die „species immateriatas mit dem hölzernen Eisen“ zu vergleichen und Spiller zu verlachen, weil er sie als „unkörperliche Materie“ bezeichnet, enträtselt nicht das Geheimnis (siehe „The Concepts and Theories of Modern Physics“, S. 165).

16 World-Life“, Prof. Winchell, LL.D. (S. 49 und 50).

17 „Es ist heutzutage nicht mehr möglich, mit Newton zu behaupten, dass sich die Himmelskörper inmitten einer ungeheuren Leere der Räume bewegen . . . Von den Folgerungen aus der Theorie der Leere, wie sie der Große Mann aufgestellt hat, bleibt nichts mehr übrig als das Wort ‘Anziehung’. Sie sehen den Tag kommen, an dem dieses letzte Wort aus dem wissenschaftlichen Sprachschatz verschwinden wird.“ („Panorama des Mondes“, S. 47 und 53)

18 Mit aufrichtigem und vorurteilslosem Geist gelesen, sind Sir Isaac Newtons Werke ein stets gegenwärtiger Beleg dafür, wie sehr er zwischen Gravitation, Anziehung, Impuls und irgendeiner anderen unbekannten Ursache geschwankt haben muss, um den regelmäßigen Ablauf der planetarischen Bewegung zu erklären. Aber siehe seine Treatise on Colour (Opticks, Bd. III. Frage 31). Herschel sagt uns, dass Newton seinen Nachfolgern die Pflicht hinterließ, alle wissenschaftlichen Schlussfolgerungen aus seiner Entdeckung zu ziehen. Wie sehr die moderne Wissenschaft ihr Vorrecht missbrauchte, ihre neuesten Theorien auf dem Gesetz der Gravitation aufzubauen, wird klar, wenn man sich daran erinnert, wie tief religiös dieser große Mann war.

19 Da gemäß der Physik eine wirkliche oder wahrnehmbare Bewegung im reinen Raum oder Vakuum unmöglich sei, soll auch die ewige Bewegung des Kosmos und im Kosmos (als unendlicher Raum betrachtet) eine Fiktion sein – diese materialistische Meinung zeigt nur einmal mehr, dass in der östlichen Metaphysik verwendete Begriffe wie etwa „reiner Raum“, „reines Sein“, „das Absolute“ etc. im Westen niemals verstanden wurden.

20Correl. Phys. Forces“, S. 173. Genau das behauptet der Okkultismus, und es beruht auf folgendem Prinzip: „Wo eine Kraft einer anderen entgegenwirkt und ein statisches Gleichgewicht hervorbringt, wird die Balance des vorherigen Gleichgewichtszustands berührt und eine neue Bewegung begonnen, die derjenigen entspricht, die sich in einen Schwebezustand zurückzieht.“ Dieser Vorgang wird im Pralaya unterbrochen, ist aber so ewig und unaufhörlich wie derAtem“, selbst wenn der manifestierte Kosmos ruht.

21 „Der transsolare Raum“, schreibt der große Humboldt, „hat bisher noch kein einziges Phänomen gezeigt, das unserem Sonnensystem analog wäre. Es ist eine Besonderheit unseres Systems, dass die Materie sich in ihm in Nebelringe kondensiert haben soll, deren Kerne sich zu Erden und Monden verdichteten. Ich sage es nochmals, bisher wurde etwas Gleichartiges noch niemals außerhalb unseres Planetensystems beobachtet.“ (Siehe Revue Germanique vom 31. Dez. 1860, Art. „Lettres et Conversations d’Alexandre Humboldt“) Seit die Nebulartheorie im Jahr 1860 auftauchte und bekannter wurde, hätten einige identische Phänomene außerhalb des Sonnensystems beobachtet werden sollen, das ist wahr. Der große Mann hat jedoch vollständig Recht; und weder Erden noch Monde sind jenseits unseres Systems oder von derselben Ordnung der in unserem System zu findenden Materie anzutreffen – ausgenommen dem Aussehen nach. So lautet die okkulte Lehre.

22 Siehe jedoch Histoire de L‘Astronomie Du Moyen Age“ von Delambre.

23 Natürlich im Sinne von Materie in Zuständen, die der Wissenschaft unbekannt sind.

24 Man wird uns der Widersprüchlichkeit beschuldigen. Man wird sagen, dass wir, indes wir Gott leugnen, Seelen und wirkende Geister zugestehen und bigotte römisch-katholische Schriftsteller zur Unterstützung unserer Beweisführung zitieren. Darauf antworten wir: „Wir bestreiten den anthropomorphischen Gott der Monotheisten, aber niemals das göttliche Prinzip in der Natur. Wir kämpfen gegen Protestanten und römische Katholiken an wegen einer Anzahl dogmatischer theologischer Glaubenssätze menschlichen und sektiererischen Ursprungs. Wir stimmen mit ihnen überein in ihrem Glauben an Geister und intelligente, wirkende Kräfte, obwohl wir nicht „Engel“ anbeten, wie es die römischen Lateiner tun.

25 Die Ausdrücke „hoch“ und „niedrig“ beziehen sich lediglich auf die Position des Betrachters im Raum. Jede Verwendung dieser Ausdrücke mit der Absicht, den Eindruck zu vermitteln, dass sie für abstrakte Wirklichkeiten stehen, ist notwendigerweise falsch.

26 Jabob Ennis, „The Origin of the Stars“, S. 220-3 ff.

27 Wenn das der Fall wäre, wie erklärt dann die Wissenschaft die verhältnismäßig geringe Größe der der Sonne am nächsten befindlichen Planeten? Die Theorie von der Anhäufung der Meteore ist lediglich einen Schritt weiter entfernt von der Wahrheit als die Nebulartheorie und ermangelt auch das Gute der Letzteren – ihr metaphysisches Element.

28 Und selbst betreffs dieser Zahlen steht Bischof in Widerspruch zu Thomson und berechnet, dass 350.000.000 Jahre erforderlich wären für eine Abkühlung der Erde von einer Temperatur von 20.000 auf 200 Grad. Das ist auch die Ansicht von Helmholtz.

29 Vor über einem Jahrhundert wurde jede Unterscheidung zwischen Körper und Kraft beseitigt. „Kraft ist nur die Eigenschaft eines sich in Bewegung befindlichen Körpers“, sagen die Physiker; und „Leben – die Eigenschaft unserer animalischen Organe – ist lediglich das Ergebnis ihrer molekularen Anordnung“, antworten die Physiologen. Littré lehrt: „Im Schoße jenes Aggregats, das Planet genannt wird, werden sämtliche Kräfte entwickelt, die der Materie innewohnen . . . d. h., diese Materie besitzt in sich und durch sich selbst die Kräfte, die ihr eigentümlich sind . . . und sie sind primär, nicht sekundär. Solche Kräfte sind die Eigenschaft des Gewichts, die Eigenschaft der Elektrizität, des terrestrischen Magnetismus, die Eigenschaft des Lebens. . . . Jeder Planet kann Leben entwickeln . . . so wie z. B. die Erde, auf der sich nicht immer eine Menschheit befand und die jetzt Menschen trägt (produit) . . . (Revue Germanique“, Bd. 2, 1858).

30 Deuxième mémoire, „Manifestations Historiques“, S. 272.

31 L’Univers expliqué par la Révélation“ und La Cosmogonie de la Révélation“. Aber siehe de Mirvilles „Deuxième Mémoire“. Der Verfasser war zwar ein schrecklicher Feind des Okkultismus, schrieb aber große Wahrheiten.

32 Dass etwas tot ist hat zur Voraussetzung, dass es zuvor einmal lebendig war. Wann, und in welcher Periode der Kosmogonie? Der Okkultismus sagt, dass die Materie immer dann am aktivsten ist, wenn sie träge erscheint. Ein Holz- oder Steinblock ist unbewegt und allen Absichten und Zwecken gegenüber undurchdringbar. Nichtsdestoweniger und de facto befinden sich seine Teilchen in unaufhörlicher, ewiger Schwingung, die so rasch ist, dass der Körper dem physischen Auge vollständig bewegungslos erscheint. Und der räumliche Abstand zwischen jenen Teilchen bei ihrer Schwingungsbewegung ist – von einer anderen Ebene des Daseins und der Wahrnehmung betrachtet – ebenso groß wie der, der Schneeflocken oder Regentropfen voneinander trennt. Aber der physikalischen Wissenschaft wird das absurd vorkommen.

33 Siehe „Popular Science Review“, Bd. V, S. 329-34.

34 Die jüngsten Autoritäten lehnten diese Erklärungen tatsächlich als „veraltete Theorien“ ab und vergöttern nunmehr die „Bewegung“ als ihr einziges Idol. Aber sicherlich werden sie und ihr Idol eines Tages das Schicksal ihrer Vorgänger teilen!

35 Dieses ominöse Geständnis wurde, wie wir glauben, auf einem wissenschaftlichen Kongress in Swansea gemacht. Faraday war übrigens einer ähnlichen Ansicht, wie Tyndall feststellte: „Was wissen wir über das Atom, von seiner Kraft einmal abgesehen? Sie stellen sich einen Kern vor, den wir a nennen wollen, und umgeben ihn mit Kräften, die wir als m bezeichnen wollen; in meiner Vorstellung verschwindet a oder der Kern, und die Substanz besteht aus den Kräften m. Und welche Vorstellung können wir uns tatsächlich von einem Kern unabhängig von seinen Kräften machen? Welcher Gedanke bleibt übrig, an den wir die Vorstellung eines von den anerkannten Kräften unabhängigen a anknüpfen könnten?“

36 Schelling, „Ideen zu einer Philosophie der Natur“ etc., S. 18.

37 „The Concepts and Theories of Modern Physics“, xxxi. Einleitung zur 2. Auflage.

38 a.a.O.

39 J. P. Cooke, The New Chemistry“, S. 13.

40 „Dasselbe besagt, dass gleich große Volumina aller Substanzen in gasförmigem Zustand und unter gleichem Druck und gleicher Temperatur dieselbe Teilchenzahl von Molekülen enthalten – woraus folgt, dass sich die Molekülgewichte proportional verhalten zu den spezifischen Gewichten der Gase; da sich diese spezifischen Gewichte unterscheiden, sind auch die Molekülgewichte unterschiedlich; und da die Moleküle gewisser elementarer Substanzen monoatomisch sind (aus lediglich einem einzigen Atom bestehend), während die Moleküle verschiedener anderer Substanzen dieselbe Anzahl von Atomen enthalten, weisen die eigentlichen Atome solcher Substanzen unterschiedliche Gewichte auf.“ (The Concepts and Theories of Modern Physics“, S. 34) Wie in demselben Band weiter gezeigt wird, steht dieses Kardinalprinzip der modernen theoretischen Chemie in vollständigem und unvereinbarem Widerspruch mit dem ersten Satz der atomistisch-mechanischen Theorie – nämlich mit der absoluten Gleichheit der ursprünglichen Masseneinheiten.

41 In Bezug auf die Aura sagt einer der Meister in „Occult World“: „Wie könnten sie sich jenen halbintelligenten Kräften verständlich machen und tatsächlich über sie gebieten, die sich mit uns nicht durch das gesprochene Wort zum Ausdruck bringen, sondern durch Töne und Farben entsprechend der Wechselwirkung zwischen den Schwingungen der beiden?“ Diese „Wechselwirkung“ ist der modernen Wissenschaft unbekannt, obwohl sie von den Alchemisten oftmals erklärt worden ist.

42 Die „Substanz“ des Okkultismus verhält sich jedoch zu der höchst verfeinerten Substanz des Physikers wie strahlende Materie zum Stiefelleder des Chemikers.

43 Die Namen der sieben Strahlen – nämlich Sushumna, Harikesa, Vishvakarman, Vishva­tryarchas, Sannaddha, Sarvavasu und Svaraj – sind allesamt mystisch, und jeder hat für okkulte Zwecke in bestimmten Bewusstseinszuständen seine bestimmte Anwendung. Der Sushumna-Strahl, der, wie es im Nirukta“ (II, 6) heißt, nur dazu dient, den Mond zu erhellen, ist nichtsdestoweniger der von den initiierten Yogis geschätzte Strahl. Die Gesamtheit der sieben im Sonnensystem ausgebreiteten Strahlen bildet sozusagen den physischen Upadhi (Basis) des Ethers der Wissenschaft; in welchem Upadhi, Licht, Wärme, Elektrizität etc. etc. – die Kräfte der orthodoxen Wissenschaft – in Korrelation zueinander stehen, um ihre irdischen Wirkungen hervorzubringen. Als seelische und spirituelle Wirkungen emanieren sie aus dem übersolaren Upadhi und haben ihren Ursprung darin, im Ether der Okkultisten – oder Akasha.

44 Um einen höchst unparteiischen Kritiker zu zitieren, dessen Autorität niemand in Frage stellen kann und der die westlichen Dogmatiker mahnt, dass die Frage in keiner Weise als entschieden gelten darf: „Zwischen Licht und Wärme existiert kein fundamentaler Unterschied . . . das eine ist jeweils lediglich eine Metamorphose des anderen. . . . Wärme ist Licht in vollständiger Ruhe. Licht ist Wärme in sehr rascher Bewegung. Sobald Licht direkt mit einem Körper verbunden wird, entsteht Wärme; wenn die Wärme aber wieder von dem Körper abgegeben wird, wird sie wieder zu Licht.“ (Leslies „Fluid Theory of Light and Heat“) „Ob das wahr ist oder falsch, können wir nicht sagen, und viele Jahre, vielleicht sogar Generationen, müssen noch vergehen, ehe wir imstande sein werden, das zu tun.“ (Buckles „History of Civilisation“, Bd. II, S. 400)

45 Auf der Ebene der Manifestation und der illusiven Materie mag sich das so verhalten; es ist aber nicht so, dass sie nicht noch mehr wäre, denn sie ist weitaus mehr.

46 Neutral, oder Null.

47 „Scientific Letters“, Butlerov.

48 Die „Wassertrinker“ genannt, Sonnenwärme verursacht die Verdampfung des Wassers.

49 Der Gandharva des Veda ist die Gottheit, welche die Geheimnisse des Himmels und die göttlichen Wahrheiten kennt und sie den Sterblichen enthüllt. Kosmisch – sind die Gandharven die zusammengefassten Mächte des Sonnenfeuers und bilden dessen Kräfte; psychisch – die Intelligenz, die in Sushumna wohnt, dem Sonnenstrahl, dem höchsten der sieben Strahlen; mystisch – die okkulte Kraft im Soma (dem Mond oder der Mondpflanze) und das daraus zubereitete Getränk; physisch – die phänomenalen, und spirituell – die noumenalen Ursachen des Tones und der „Stimme der Natur“. Daher heißen sie die 6.333 „himmlischen Sänger“ und Musiker aus Indras Loka, welche (sogar ihrer Anzahl nach) die verschiedenen und mannigfaltigen Klänge der oberen sowie der unteren Natur personifizieren. In den letzteren Allegorien heißt es von ihnen, dass sie eine mystische Macht auf Frauen auswirken und dass sie sie mögen. Die esoterische Bedeutung ist klar. Sie sind eine der Formen, wenn nicht Urformen von Enochs Engeln, den Söhnen Gottes, die sahen, dass die Töchter der Menschen schön waren (Gen 6) und heirateten sie, und sie lehrten den Töchtern der Erde die Geheimnisse des Himmels.

50 Nicht nur „durch den Raum“, sondern jeden einzelnen Punkt unseres Sonnensystems durchdringend, denn sie ist sozusagen der physische Rückstand des Ethers auf unserer Ebene, seine Auskleidung; er ist das „Agens“ zur Übertragung des Lichts, muss aber noch anderen kosmischen und irdischen Zwecken dienen. Er ist das Astralfluidum oder „Licht“ der Kabbalisten und die sieben Strahlen des Sonnenvishnus.

51 Wozu braucht man dann zur Vermittlung des Lichts, der Wärme etc. etherische Wellen, wenn diese Substanz ein Vakuum durchdringen kann?

52 Und wie könnte es anders sein? Die grobe, wägbare Materie ist der Körper, die Schale der Materie oder Substanz, das weibliche, passive Prinzip; und diese fohatische Kraft ist das zweite Prinzip, Prana – das männliche und aktive. Auf unserem Globus ist diese Substanz das zweite Prinzip des siebenfältigen Elements – Erde. In der Atmosphäre ist sie das der Luft, der kosmische, grobe Körper. In der Sonne wird sie zum Sonnenkörper und zum Körper der sieben Strahlen; im Sternenraum korrespondiert sie wiederum mit einem anderen Prinzip und so fort. Das Ganze allein ist eine homogene Einheit, die Teile sind alle Differenzierungen.

53 Oder das Echo und beim Ton der Widerhall dessen auf unserer Ebene, was eine beständige Bewegung dieser Substanz auf höheren Ebenen darstellt. Unsere Welt und unsere Sinne sind ein beständiges Opfer Mayas.

54 Ein ehrliches Zugeständnis.

55 Doch ist es nicht Ether, sondern lediglich eines der Prinzipien des Ethers, wobei Letzterer selbst eines von Akashas Prinzipien ist.

56 Und so durchdringt Prana (Jiva) den gesamten lebenden Körper des Menschen; aber für sich allein genommen, ohne ein Atom, auf das er einwirken könnte, wäre er ruhend – tot, d. h. er befände sich in Laya, oder wie Crookes es ausdrückt „im Protyl eingeschlossen“. Leben wird durch Fohats Einwirkung auf zusammengesetzte oder selbst auf einfache Körper hervorgerufen. Wenn ein Körper stirbt, geht er in dieselbe Polarität über wie seine männliche Energie und stößt daher das aktive Agens ab, das sich wiederum an die Teile oder Moleküle heftet, da es seinen Halt am Ganzen verliert. Diese Wirkung wird chemisch genannt. Vishnu, der Erhalter, verwandelt sich in Rudra-Shiva, den Zerstörer – eine Wechselbeziehung, die der Wissenschaft unbekannt zu sein scheint.

57 Wahrhaftig, wenn nicht die okkulten Bezeichnungen der Kabbalisten angenommen werden!

58 „Unveränderlich“ nur während der manvantarischen Perioden, nach welchen es sich in Mulaprakriti erneut vereint; „unsichtbar“ für immer, in ihrer eigenen Essenz, aber sichtbar in ihrem reflektierten Glanz, der von den modernen Kabbalisten als Astrallicht bezeichnet wird. Doch bewegen sich in ihr in eben diese Essenz gekleidete bewusste und erhabene Wesen.

59 „Wägbar“ muss noch hinzugefügt werden, um ihn vom Ether zu unterscheiden, der noch Materie ist, wenn auch ein Substrat.

60 Die okkulten Wissenschaften kehren den Satz um und sagen, dass die Sonne und sämtliche während der manvantarischen Dämmerung aus der Zentralsonne hervorgehenden Sonnen aus ihm bestehen.

61 Hier erlauben wir uns, entschieden anderer Meinung zu sein als der gelehrte Herr. Erinnern wir uns daran, dass dieser Äther siebenfältig ist – einerlei ob Akasha oder dessen niedrigeres Prinzip, der Ether, unter diesem Ausdruck verstanden wurde. Akasha ist in der Allegorie Aditi und die Mutter Marttandas (der Sonne), die Devamatri, die „Mutter der Götter“. Im Sonnensystem ist die Sonne ihre Buddhi und ihr Vahana, das Vehikel, daher das sechste Prinzip; im Kosmos sind alle Sonnen der Kama Rupa Akashas, und das gilt auch für unsere. Nur als individuelle Entität in ihrem eigenen Reich betrachtet, ist Surya (die Sonne) das siebte Prinzip des großen materiellen Körpers.

62 Roher, aber offen auftretender Materialismus ist ehrlicher als der janusköpfige Agnostizismus unserer Tage. Monismus ist der Pecksniff der modernen Philosophie, der sein pharisäisches Gesicht der Psychologie und dem Idealismus zuwendet und sein natürliches Gesicht eines römischen Auguren mit der Zunge zwischen den Zähnen dem Materialismus. Die Monisten sind schlimmer als die Materialisten; indem sie das Universum und den seelisch-spirituellen Menschen von demselben negativen Standpunkt aus betrachten, bringen die Letzteren ihre Sache viel weniger plausibel vor als Skeptiker von Tyndalls oder selbst Huxleys Format. Herbert Spencer, Bain und Lewes sind den universalen Wahrheiten viel gefährlicher als Büchner.

63World-Life, or Comparative Geology“ von Professor A. Winchell.

64 Siehe bezüglich der wahren okkulten Lehre Five Years of Theosophy“ – die Artikel: „Do the Adepts deny the nebular theory?“ und „Is the Sun merely a cooling mass?“

65 Und ebenso die zentrale Masse, wie man finden wird, oder vielmehr das Zentrum der Reflexion.

66 Diese „Materie“ ist geradeso wie der in einem Spiegel hervorgerufene Widerschein der Flamme eines „lichterzeugenden“ Lampendochts.

67 SieheFive Years of Theosophy“, S. 258, Antwort auf diese Spekulation Herschels.

68 Paracelsus unter anderen, der es Liquor Vitae und Archaeus nannte.

69 Richtiger alchemistische – „Zusammensetzung“.

70 „Diese Lebenskraft . . . umstrahlt den Menschen einer leuchtenden Sphäre gleich“ . . . sagt Paracelsus im Paragranum“.

71 Das bedeutet nicht, dass jeder Busch, Baum oder Stein Gott oder ein Gott ist; sondern lediglich, dass jedes Stäubchen manifestierter kosmischer Substanz „Gott“ angehört und seine Substanz ist, wie tief es während den Ewigkeiten beständigen Werdens in seinen zyklischen Kreisläufen auch gefallen sein mag; und es bedeutet auch, dass ein jedes derartiges Stäubchen individuell – und der Kosmos kollektiv – ein Aspekt und eine Erinnerung an diese universale Eine Seele ist, welche die Philosophie sich Gott zu nennen weigert und damit die ewige und allgegenwärtige Wurzel und Wesenheit begrenzt.

72 Die Einteilung in fünf körperliche Sinne wurde uns aus ferner Vorzeit überliefert. Keiner der modernen Philosophen fragte sich jedoch, als er diese Anzahl übernahm, wie diese Sinne existieren, d. h. wahrgenommen und selbstbewusst gebraucht werden könnten, stellte nicht ein sechster Sinn die mentale Wahrnehmung zur Verfügung, um sie zu registrieren und zu erfassen, und (das gilt für die Metaphysiker und Okkultisten) ein siebter, welcher die spirituellen Früchte und die Erinnerung daran wie in einem dem Karma zugehörigen Buch des Lebens bewahrt. Die Alten teilten die Sinne einfach deshalb in fünf, weil ihre Lehrer (die Initiierten) beim Hören Halt machten, jenem Sinn, welcher sich erst mit dem Beginn der fünften Rasse auf der physischen Ebene entwickelte (eher kümmerlich und auf diese Ebene beschränkt). (Die vierte Rasse hatte bereits begonnen, den spirituellen Zustand zu verlieren, welcher in der dritten Rasse so hervorragend evolviert war.)

73 Die modernen Kommentatoren, denen es nicht gelingt, die feinsinnigen Ansichten der alten Scholiasten zu verstehen, interpretieren den Begriff der „Ursachen der Mittler“ in der Weise, „dass die Fähigkeit zu Riechen etc., wenn sie dem Selbst zugeschrieben wird, als ein Agens, als ein aktives Prinzip erscheinen lassen“ (!), was reine Fantasie ist. Diese „sieben“ werden als die Ursachen der Mittler aufgefasst, weil „die Objekte Ursachen sind, da ihr Genuss einen Eindruck zur Folge hat“. Esoterisch bedeutet das, dass sie, diese sieben Sinne, von den Mittlern verursacht sind, den „Gottheiten“: Denn was könnte oder was kann der folgende Satz sonst bedeuten? „Somit“, lautet er, „sind diese sieben (Sinne) die Ursachen der Befreiung“ (d. h. wenn diese Ursachen unwirksam gemacht werden). „Und unter den Gelehrten (den weisen Initiierten), welche die sich in der Position (richtiger in deren Natur) der Gottheiten befindenden Eigenschaften verstehen, jede an ihrem Platz“ – bedeutet lediglich, dass die „Gelehrten“ die Natur der Noumena der verschiedenen Phänomene verstehen; und dass sich „Eigenschaften“ in diesem Fall auf die Eigenschaften der hohen planetarischen oder elementaren Götter oder Intelligenzen bezieht, welche die Elemente und deren Produkte beherrschen, in keinem Fall jedoch die „Sinne“, wie der moderne Kommentator meint. Denn die „Gelehrten gehen nicht davon aus, dass ihre Sinne irgendetwas mit ihnen zu tun haben, es sei denn mit ihrem Selbst“ (Vide S. 278 und 279 des X. Bandes von „The Sacred Books of the East.“ Anugita“).

74 Ahamkara, vermute ich, jene Ichheit (oder Ahamkeit), die zu jeglichem Irrtum führt.

75 Die Elemente sind die fünf Tanmatras der Erde, des Wassers, Feuers, der Luft und des Ethers, die Erzeuger der gröberen Elemente.

76 Träger im Sinn eines Upadhi – einer materiellen oder physischen Basis; aber als zweites Prinzip der Universalseele und Lebenskraft in der Natur wird er von deren fünftem Prinzip intelligent geleitet.

77 Und ein allzu großer Überfluss des Ethers im Nervensystem führt ebenso oft zu Krankheit und Tod. Würde er von dem animalischen System erzeugt, wäre das sicherlich nicht der Fall. Daher zeigt der letztere Notfall, dass er von dem System unabhängig ist und mit der Sonnenkraft zusammenhängt, wie Metcalfe und Professor Hunt erklären.

78 In einem vor Kurzem erschienenen Werk über den Symbolismus des Buddhismus und Christentums (richtiger des Buddhismus und römischen Katholizismus, viele spätere Rituale und Dogmen des nördlichen Buddhismus in seiner populären, exoterischen Form stimmen mit denen der lateinischen Kirche überein) sind einige merkwürdige Tatsachen zu finden. Mit einer größeren Anmaßung ausgestattet als er Gelehrsamkeit besitzt, hat der Verfasser dieses Werkes wahllos alte und moderne buddhistische Lehren in sein Werk eingepresst, und Lamaismus und Buddhismus sehr stark miteinander vermischt. Auf Seite 404 dieses mit „Buddhism in Christendom, Or, Jesus the Essene“ betitelten Buchs widmet sich unser Pseudo-Orientalist einer Kritik der „sieben Prinzipien“ der esoterischen Buddhisten und versucht, sie lächerlich zu machen. Auf Seite 405, der Schlussseite, spricht er mit Begeisterung von den Vidyadharas, „den sieben großen Legionen toter Menschen, die weise gemacht wurden“. Nun sind diese „Vidyadharas“, die von einigen Orientalisten „Halbgötter“ genannt werden, in Wirklichkeit exoterisch eine Art von Siddhas, „reich an Ergebenheit“, und esoterisch sind sie mit den sieben Klassen der Pitris identisch, von denen eine Klasse den Menschen mit dem Selbstbewusstsein beschenkte, indem sie sich in der dritten Rasse in die menschlichen Hüllen inkarnierten. Der „Hymnus an die Sonne“ am Schluss dieses seltsamen, mosaikartigen Buchs, welcher den Buddhismus mit einem persönlichen Gott (!!) ausstattet, gibt den vom unglückseligen Verfasser so emsig gesammelten Beweisen bedauerlicherweise Vorschub.
Die Theosophen wissen ganz genau, dass sich Rhys Davids sehr ähnlich über ihren Glauben äußerte. Er sagte, dass die von dem Verfasser von „Esoteric Buddhism“ vorgelegten Theorien „kein Buddhismus seien, und auch keine Esoterik“. Diese Bemerkung ist eine Folge (a) des unglücklichen Missgriffs, „Buddhismus“ zu schreiben, anstelle von „Budhaismus“ oder Budhismus, d. h. das System anstatt mit der von Krishna, Shankaracharya und vielen anderen ebenso wie auch von Buddha gelehrten Geheimen Weisheit mit Gautamas Religion in Verbindung zu bringen; und (b) der für Rhys Davids bestehenden Unmöglichkeit, irgendetwas über die wahren esoterischen Lehren zu wissen. Auf jeden Fall ist er aber der größte Gelehrte der heutigen Zeit in Bezug auf Pali und Buddhismus, und alles, was er sagen mag, ist es wert, respektvoll gehört zu werden. Wenn aber jemand, der über den exoterischen Buddhismus sowohl im wissenschaftlichen als auch im materialistischen Fach genauso wenig versteht wie von der Esoterischen Philosophie, jene verleumdet, die er mit seiner Gehässigkeit beehrt, und den Theosophen gegenüber die Miene eines gründlichen Gelehrten aufsetzt, so kann man nur lächeln – oder herzlich über ihn lachen.

79The Human Species“, S. 11.

80 Es ist nicht nur so, dass sie die Tatsache nicht abstreitet, obwohl sie sie, wie immer, der falschen Ursache zuschreibt, da jede Theorie allen anderen widerspricht (siehe die Theorien von Secchi, von Faye und von Young), wonach die Flecken von sich auf der Oberfläche sammelnden Dämpfen herrühren sollen, die kühler seien als die Photosphäre (?) etc. etc., aber wir haben Wissenschaftler, die auf der Basis der Sonnenflecken astrologisch arbeiten. Professor Jevons schreibt alle großen periodischen Handelskrisen dem Einfluss der alle elf Jahre zyklisch auftretenden Sonnenflecken zu (siehe seine „Investigations into Currency and Finance“). Das verdient sicherlich Lob und Ermutigung.

81 Während diese Seiten niedergeschrieben wurden, hat sich die „Urzeugung irdischer Existenz“ bei einer etwas genaueren chemischen Analyse unglücklicherweise in einen einfachen Niederschlag von schwefelsaurem Kalk verwandelt – also in eine vom wissenschaftlichen Standpunkt aus nicht einmal organische Substanz!!! Sic transit gloria mundi!

82 In seinem World-Life“ – S. 48 – sagt Professor Winchell in den hinzugefügten Fußnoten: „Es wird allgemein zugestanden, dass sich Materie bei außerordentlich hohen Temperaturen in einem Zustand der Dissoziation befindet – d. h. dass keinerlei chemische Verbindung Bestand hat.“ Um die Einheit der Materie zu beweisen, beruft er sich auf das Spektrum, das bei jeglicher Homogenität eine helle Linie aufweisen wird, während es bei unterschiedlichen Molekularanordnungen – z. B. bei den Nebelflecken oder einem Stern – „aus zwei oder drei hellen Linien bestehen müsste!“ Das würde dem okkulten Physiker keinesfalls als Beweis gelten, denn der behauptet, dass jenseits einer gewissen Grenze in der sichtbaren Materie weder Spektrum noch Teleskop oder Mikroskop von irgendwelchem Nutzen seien. Die Einheit der Materie, von dem, was wirkliche kosmische Materie für den Alchemisten ist, oder „Adams Erde“, wie es die Kabbalisten nennen, kann schwerlich bewiesen oder widerlegt werden, weder vom französischen Gelehrten Dumas, der „die zusammengesetzte Natur der ‘Elemente’ auf der Grundlage gewisser Verhältnisse der Atomgewichte“ nahelegt, noch selbst durch Crookes „strahlende Materie“, obwohl seine Experimente anscheinend „unter der Annahme der Homogenität der Materie-Elemente und der Kontinuität der Materie-Zustände am besten verstanden werden können“. Denn all das geht sozusagen nicht über die materielle Materie hinaus, selbst in dem nicht, was das Spektrum zeigt, dieses moderne „Shiva-Auge“ der physikalischen Experimente. Nur von dieser Materie konnte H. É. Sainte-Claire Deville behaupten: „Wenn Körper, die für einfach gehalten werden, sich miteinander verbinden und dabei verschwinden, werden sie individuell vernichtet.“ Das sagte er ganz einfach, weil er diesen Körpern bei ihrer weiteren Umgestaltung in der Welt der spirituellen kosmischen Materie nicht folgen konnte. Wahrhaftig, die moderne Wissenschaft wird niemals imstande sein, tief genug in den kosmologischen Formationen zu schürfen, um die Wurzeln des Weltstoffes oder der Materie zu finden, solange sie nicht denselben Gedankengängen folgt wie die mittelalterlichen Alchemisten.

83 World-Life“, Ibid.

84 Buch I, Kap. II, Vishnu-Purana“, Übersetzung von Fitzedward Hall.

85 Siehe im vorigen Kapitel IX, „Leben, Kraft und Gravitation“, das Zitat aus der Anugita.

86 Das Wort „übernatürlich“ impliziert oberhalb oder außerhalb der Natur. Natur und Raum sind eins. Nun existiert der Raum für den Metaphysiker außerhalb eines jeden Wahrnehmungsaktes und ist eine rein subjektive Darstellung; dessen ungeachtet würde ihn der Materialismus mit aller Gewalt mit dieser oder jener Bezugsgröße der Wahrnehmung verknüpfen. Solange er von dem in ihm Enthaltenen unabhängig ist, ist er für unsere Sinne ziemlich subjektiv. Wie kann nun irgendein Phänomen oder irgendetwas anderes außerhalb dessen stehen oder jenseits davon verrichtet werden, was keine Grenzen hat? Wird die räumliche Ausdehnung jedoch rein begrifflich aufgefasst und als mit gewissen Wirkungen zusammenhängende Vorstellung, wie das die Materialisten und die Physiker tun, dann haben sie wiederum kaum das Recht zu definieren und zu beanspruchen, was Kräfte selbst auf engem Raum hervorbringen können oder nicht, da sie noch nicht einmal eine annähernde Vorstellung davon haben, was diese Kräfte sind.

87 Wenn man vom Idealismus spricht, ist es dann nicht richtig ihn so zu darzustellen, als basiere er auf „der alten ontologischen Annahme, dass die Dinge oder Entitäten voneinander unabhängig und auf andere Art existieren als lediglich als Ausdruck der Beziehung“? (Stallo) Auf jeden Fall ist es nicht richtig, etwas Derartiges über den Idealismus der östlichen Philosophie und ihre Erkenntnis zu sagen, denn genau das Gegenteil ist hier der Fall.

88 In einem gewissen Sinn wohl unabhängig, aber nicht davon getrennt.

89Wahrscheinlicher von Fohat“, würden die Okkultisten erwidern.

90 Die Ursache solch psychischer Fähigkeiten wird weiter unten erklärt.

91 Das Obige wurde vor zwei Jahren zu einer Zeit geschrieben, als die Hoffnungen für den Erfolg des „Keely-Motors“ ihren Höhepunkt erreicht hatten. Jedes von der Schreiberin damals gesprochene Wort hat sich als wahr erwiesen, und es werden jetzt nur wenige Bemerkungen in Bezug auf den Misserfolg von seinen Erwartungen hinzugefügt, insofern ein Misserfolg vom Erfinder jetzt selbst zugestanden wird. Trotzdem das Wort Misserfolg hier verwendet wird, möge der Leser es nur in einem relativen Sinn verstehen, denn, wie Clara Jessup Bloomfield-Moore erklärt: „Was Keely einräumt ist, dass er, nachdem seine Anwendung der Vibrationskraft auf die Mechanik in seiner ersten und zweiten experimentellen Versuchsreihe misslungen war, entweder einen wirtschaftlichen Misserfolg hätte eingestehen müssen, oder er hätte von seiner Basis oder seinem Prinzip ausgehend einen dritten Anlauf unternehmen müssen; und dabei versuchen, durch einen anderen Kanal zum Erfolg zu kommen.“ . . Und dieser „Kanal“ liegt auf der physischen Ebene.

92 Wir erfahren, dass diese Bemerkungen auf Keelys letzte Entdeckung nicht anwendbar ist. Nur die Zeit allein kann die wirkliche Grenze seiner Errungenschaften zeigen.

93 Diese Einteilung entspricht jener der Okkultisten, welche lediglich andere Bezeich­nungen verwenden.

94 Genau so, weil noch eine siebte darüber liegt, welche dieselbe Aufzählung von der ersten bis zur letzten auf einer weiteren, höheren Ebene einleitet.

95 In diesem Fall haben die amerikanischen „Substanzialisten“ nicht ganz Unrecht (obwohl ihre Ansichten allzu anthropomorphisch und materiell sind, als dass sie von den Okkultisten akzeptiert werden könnten), wenn sie mit Frau M. S. Organ, M. D., argumentieren: „Gegenstände müssen bestimmte wesentliche Eigenschaften besitzen, welche zu den Nerven tierischer Empfindung in einer naturgegebenen Beziehung stehen, oder es kann keine Wahrnehmung geben. Kein Eindruck beliebiger Art kann auf Gehirn, Nerv oder Gemüt bewirkt werden – kein Handlungsimpuls – wenn sich nicht eine substanzielle Kraft tatsächlich und unmittelbar mitteilt.“ („substanziell“ dem Anschein nach im üblichen Sinn des Wortes in diesem Universum der Illusion und Maya, selbstverständlich; tatsächlich aber nicht so.) „Diese Kraft muss die im höchsten Maß verfeinerte und verflüchtigte unkörperliche Entität (?) sein. Und trotzdem muss sie existieren, denn kein Sinn, kein Element, keine Fähigkeit des menschlichen Wesens kann ohne irgendeine mit ihr in Berührung kommende substanzielle Kraft etwas wahrnehmen oder zur Tätigkeit angeregt werden. Das ist das Grundgesetz, das die gesamte organische und mentale Welt durchdringt. Im wahren philosophischen Sinn gibt es nichts Derartiges wie eine unabhängige Handlung, denn jede Kraft oder Substanz steht in Wechselbeziehung zu irgendeiner anderen Kraft oder Substanz. Wir können ebenso wahrhaftig und vernünftig behaupten, dass keine Substanz irgendeine innewohnende Geschmacks- oder Geruchseigenschaft besitzt – dass Geschmack und Geruch einfach durch Schwingungen hervorgebrachte Empfindungen sind; und daher bloße Vorstellungen der tierischen Wahrnehmung. . . .“

96 Der hervorragende Geologe schreibt einem Freund zur Antwort: . . . . „Ich kann in Beantwortung Ihres Briefes nur sagen, dass es gegenwärtig und vielleicht auch für alle Zukunft unmöglich sein wird, geologische Zeitberechnungen auch nur annäherungsweise auf Jahre oder selbst auf Jahrtausende einzugrenzen.“ (Gezeichnet William Pengelly, F. R. S.)

97 Platon, indem er von den unvernünftigen, unruhigen Elementen spricht, „die aus Feuer, Luft, Wasser und Erde zusammengesetzt sind“, meint die elementaren Dämonen (sieheTimaios“).

98 Platon gebraucht das Wort „Ausscheidungen“ von ungestümen Elementen (Timaios).

99 Valentius Esoterische Abhandlung über die Lehre von Gilgul“.

100 Sicherlich hat noch kein einziger gebildeter Jude jemals die Allegorie ihrem wörtlichen Sinn nach geglaubt, nämlich dass „die Körper der Juden ein seelisches Prinzip in sich enthielten, das bei einer Bestattung des Körpers in einem fremden Land keine Ruhe finden könne, bevor nicht durch einen das „Wirbeln der Seele“ genannten Vorgang der unsterbliche Teil von Neuem den heiligen Boden des „gelobten Landes“ erreicht. Die Bedeutung davon ist jedem Okkultisten klar. Man nahm an, der Vorgang würde durch eine Art Metempsychose stattfinden, indem der psychische Funke durch einen Vogel, ein wildes Tier, einen Fisch und durch das kleinste Insekt übertragen wird. (Siehe „Royal Masonic Cyclo.“, Mackenzie) Die Allegorie bezieht sich auf die Atome des Körpers, von denen jedes einzelne durch sämtliche Formen hindurchgehen muss, bevor alle den Endzustand erreichen, welcher der erste Ausgangspunkt der Reise eines jeden Atoms ist – sein ursprünglicher Layazustand. Die ursprüngliche Bedeutung der Gilgulim oder des „Kreisens der Seelen“ war die Idee der reinkarnierenden Seelen oder Egos. „Alle Seelen gehen in die Gilgulah“, einen zyklischen oder Umwälzungsprozess ein, d. h. alle schreiten auf dem zyklischen Pfad der Wiedergeburten voran. Einige Kabbalisten erklären diese Lehre dahingehend, dass sie lediglich eine Art Fegefeuer für die Seelen der Bösen bedeute. Aber dem ist nicht so.

101 Für den Theosophist“ übersetzt von Mohine M. Chatterji als „Crest Juwel of Wisdom“, 1886 (siehe Theosophist“, Ausgaben Juli und August).

102 Nun, da die revidierte Übersetzung der Evangelien veröffentlicht wurde und die grellsten Übersetzungsfehler der alten Ausgaben verbessert sind, kann man die Worte in 1 Joh 5,6 und 7, besser verstehen: „Und der Geist ist es, der da zeuget, denn der Geist ist die Wahrheit.“ Was in der schlecht übersetzten Ausgabe im Anschluss daran über die „drei Zeugen“ gesagt wird – von denen man bisher annahm, dass sie für „den Vater, das Wort und den Heiligen Geist“ stehen – zeigt die wirkliche Absicht des Schreibers (Johannes) sehr deutlich und identifiziert seine Lehre in dieser Beziehung dadurch noch zwingender mit der Lehre Shankaracharyas. Denn was könnte der Satz bedeuten: „Denn drei sind, die da zeugen: Der Geist und das Wasser und das Blut“ – wenn er sich nicht auf die eher philosophische Aussage des großen Vedantalehrers bezieht und mit ihr in Zusammenhang steht, der, von den Hüllen (den menschlichen Prinzipien) Jiva, Vijnanamaya etc. sprechend, die in ihrer physischen Offenbarung „Wasser und Blut“ oder Leben sind, hinzufügt, dass Atman (Geist) allein verbleibt, wenn die Hüllen weggenommen werden, und dass er der einzige Zeuge oder die zusammengefasste Einheit ist? Die spirituell und philosophisch niedriger stehende Schule machte, den Blick lediglich auf eine Dreiheit gerichtet, aus „einem“ Zeugen drei, und verband ihn auf diese Weise mehr mit der Erde als mit dem Himmel.

103 Die Tanmatras sind buchstäblich der Typus oder das eigenschaftslose Rudiment eines Elements; esoterisch sind sie jedoch die uranfänglichen Noumena dessen, was mit der fortschreitenden Evolution zu kosmischen Elementen wird, so wie sie im Altertum verstanden wurden, nicht in der ihnen von der Physik gegebenen Bedeutung. Sie sind die Logoi, die sieben Emanationen oder Strahlen des Logos.

104 Daher gibt es sieben Hauptplaneten, die Sphären der innewohnenden sieben Geister, unter jedem von ihnen ist eine der menschlichen Gruppen geboren, wird von ihm geleitet und steht so unter seinem Einfluss. Es gibt lediglich sieben Planeten (insbesondere in Verbindung mit der Erde) und zwölf Häuser, aber die möglichen Kombinationen ihrer Aspekte sind zahllos. Da jeder Planet zu jedem anderen in zwölf verschiedenen Aspekten stehen kann, muss die Anzahl ihrer Kombinationen nahezu unendlich sein; tatsächlich ebenso unendlich wie die spirituellen, psychischen, intellektuellen und körperlichen Fähigkeiten in den zahllosen Varietäten des Genus Homo, die allesamt unter einem der sieben Planeten und unter einer der genannten zahllosen planetarischen Kombinationen geboren wurden. Siehe Theosophist“, August 1886.

105 Die heute allgemein verbreitete irrige Annahme, die Alten hätten lediglich sieben Planeten gekannt, da sie ja nicht mehr erwähnten, beruht auf der genauso allgemein verbreiteten Unkenntnis ihrer okkulten Lehren. Die Frage ist nicht, ob ihnen die Existenz der später entdeckten Planeten bekannt war oder nicht; vielmehr ist die Frage, ob es für ihre Verehrung der vier exoterischen und der drei geheimen großen Götter – der Sternenengel – einen besonderen Grund gab. Die Schreiberin wagt zu behaupten, dass ein solcher Grund existierte, und zwar Folgender: Auch wenn sie genauso viele Planeten gekannt hätten wie wir heute (ob das der Fall war oder nicht, kann gegenwärtig nicht entschieden werden), würden sie mit ihren religiösen Diensten trotzdem lediglich die sieben in Verbindung gebracht haben, weil diese sieben unmittelbar und ganz besonders mit unserer Erde in Verbindung stehen, oder, um die esoterische Ausdrucksweise zu gebrauchen, mit unserem siebenfältigen Sphärenring (siehe supra).

106 Das ist dieselbe Idee wie die christliche Dreieinigkeit, lediglich noch metaphysischer – „Drei in Einem“ – d. h. der universale „Übergeist“ manifestiert sich auf den beiden höheren Ebenen, Buddhi und Mahat; und das sind die drei Hypostasen, metaphysisch, aber niemals persönlich.

107 Die Identität, und gleichzeitig die illusorische Differenzierung der Engel-Monade und der Menschen-Monade, wird in den folgenden Sätzen gezeigt: „Mein Vater ist größer denn ich“; (Joh 14,28). „… euren Vater, der in den Himmeln ist, verherrlichen“; (Mt 5,16). „Dann werden die Gerechten leuchten … in dem Reiche ihres Vaters“ (nicht unseres Vaters) (Mt 13,43) „Wisset ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt?“ (1 Kor 3,16); „Ich fahre auf zu meinem Vater“ etc. etc.

108 Das sind lediglich die für die Zwecke der Menschenastrologie angenommenen Planeten. Die astro-theogonische Einteilung unterschied sich davon. Die Sonne, ein Zentralstern und kein Planet, steht mit ihren sieben Planeten in okkulteren und geheimnisvolleren Beziehungen zu unserem Globus als allgemein bekannt. Die Sonne wurde daher als der große Vater aller sieben „Väter“ angesehen, und das erklärt die in unterschiedlichen Anzahlen von sieben und acht angegebenen Götter Chaldäas und anderer Länder. Weder die Erde noch der Mond – ihr Trabant – noch die Sterne, diese aus einen anderen Grund, waren jemals etwas anderes als zu esoterischen Zwecken benützte Stellvertreter. Aber selbst wenn Sonne und Mond bei der Berechnung ausgelassen werden, scheinen die Alten sieben Planeten gekannt zu haben. Wie viele sind denn uns bekannt, wenn wir Erde und Mond ausschließen? Sieben, und nicht mehr: sieben erste oder Hauptplaneten, die übrigen sind eher Planetoiden als Planeten.

109 Wenn man sich daran erinnert, dass der hervorragende Astronom Sir William Herschel mit seinem mächtigen Teleskop bei einer Untersuchung eines Himmelsausschnittes in der Äquatorialebene, deren annähernden Mittelpunkt unsere Erde einnimmt, in einer Viertelstunde 16.000 Sterne vorbeiziehen sah, und dass er mittels Hochrechnung dieser Zählung in der gesamten „Milchstraße“ nicht weniger als 18 (achtzehn) Millionen Sonnen fand, wundert man sich nicht länger, dass Laplace in einer Unterredung mit Napoleon I. Gott eine Hypothese genannt haben soll, über die zu spekulieren zumindest für die exakte Naturwissenschaft vollkommen nutzlos sei. Die okkulte Metaphysik und die transzendentale Philosophie allein werden dazu imstande sein, in dieser Hinsicht auch nur den kleinsten Zipfel des undurchdringlichen Schleiers zu lüften.

110 C. W. King identifiziert es mit „jenem Summum Bonum orientalischen Strebens, dem buddhistischen Nirvana“, vollkommener Ruhe, der epikureischen Indolentia, eine leichtfertig erscheinende Ausdrucksweise, die jedoch nicht ganz unwahr ist.

111 Abraham und Saturn sind in der Astrosymbologie identisch, und er ist der Vorfahre der jehovistischen Juden.

112 Die vom Denkprinzip eingeführten elementalen Wirbel wurden durch ihre moderne Transformation nicht verbessert.

113 Oft wurde ich dafür getadelt, dass ich in der Isis Worte benutzte, die einen Glauben an einen persönlichen und anthropomorphen Gott bekunden. Das war nicht meine Absicht. Kabbalistisch gesprochen ist „Architekt“ die Gattungsbezeichnung der Sephiroth, der Baumeister des Universums, so wie das „Universalgemüt“ die Gesamtheit der dhyan-chohanischen Gemüter darstellt.

114 „Timaios“.

115 The New Chemistry“.

116 Crookes in seiner „Presidential Address“ in Birmingham. „Es gibt nur ein Unbekanntes – das eigentliche Substrat des Geistes (Raum). Was weder das Absolute noch das Eine ist, Kraft genau dieser Differenzierung, wie groß der Abstand zu den physischen Sinnen auch sein mag, ist dem spirituellen, menschlichen Denken immer zugänglich, welches selbst ein Abglanz des undifferenzierbaren Integralen ist.“ (Practical Lessons on the Occult“)

117 Wie es scheint war das, was die Schreiberin des vorliegenden Werkes vor zehn Jahren in „Isis entschleiert“ (Bd. I) sagte, somit prophetisch. Das ist der Wortlaut: „Viele dieser Mystiker gelangten zu Entdeckungen, die selbst in unseren heutigen Tagen der exakten Wissenschaft nicht verachtet würden, indem sie das von einigen Abhandlungen Gelehrte befolgten, die im Geheimen oder von einer Generation für die nächste aufbewahrt wurden. Roger Bacon, der Mönch, wurde als Quacksalber verlacht und heute für gewöhnlich den ‘angeblichen Besitzern’ magischer Fertigkeiten zugerechnet. Seine Entdeckungen jedoch wurden nichtsdestoweniger akzeptiert und werden heute von all jenen benutzt, die sich am meisten über ihn lustig machten. Roger Bacon gehörte von Rechts wegen, wenn nicht tatsächlich, jener Bruderschaft an, die all die Studierenden der okkulten Wissenschaften umfasst. Im 13. Jahrhundert lebend, war er daher nahezu ein Zeitgenosse von Albertus Magnus und Thomas von Aquin, und seine Entdeckungen – z. B. das Schießpulver, die optischen Gläser sowie seine mechanischen Errungenschaften – wurden von jedermann als zahlreiche Wunder angesehen. Er wurde angeklagt, einen Vertrag mit dem Bösen eingegangen zu sein.“

118 Genau so; „Diese Energieformen . . . die sich zeigen . . . “ in den Laboratorien der Chemiker und Physiker; aber es existieren weitere Formen von Energie, mit weiteren Formen von Materie eng verbunden, die übersinnlich, den Adepten aber dennoch bekannt sind.

119 Gerade die Existenz solcher Welten auf anderen Bewusstseinsebenen wird von den Okkultisten behauptet. Die geheime Wissenschaft lehrt, dass die Urrasse knochenlos war (siehe Bd. II), und dass es (für uns) unsichtbare Welten gibt, bevölkert wie unsere, abgesehen von der Bevölkerung mit Dhyan Chohans.

120Five Years of Theosophy“, S. 258 ff.

121 Crookes sagt in derselben Ansprache: „Das erste Rätsel, dem wir in der Chemie begegnen, ist: ‘Was sind die Elemente?’ Von den bislang unternommenen Erklärungs- und Definitionsversuchen eines Elements befriedigt keiner die Ansprüche des menschlichen Intellekts. Die Lehrbücher sagen uns, ‘ein Element ist ein Körper, der nicht zerlegt worden ist’; ‘ein Etwas, dem wir hinzufügen, jedoch nichts wegnehmen können’, oder ‘ein Körper, der bei jeder chemischen Veränderung Gewicht zulegt’. Solche Definitionen sind doppelt unbefriedigend: Sie sind provisorisch und können schon morgen nicht mehr auf beliebige gegebene Fälle anwendbar sein. Sie haben nicht aufgrund einer beliebigen Eigenschaft der zu definierenden Dinge Bestand, sondern aufgrund der Grenzen der Macht des Menschen: Sie sind Eingeständnisse intellektuellen Unvermögens.“

122 Und der Vortragende führt Sir George Airy an (In „Faraday’s Life and Letters“, Bd. II, S. 354), der sagt: „Ich kann mir leicht vorstellen, dass es eine Menge von Körpern rund um uns gibt, die dieser wechselseitigen Einwirkung nicht unterworfen sind und daher dem Gesetz der Gravitation nicht unterstehen.

123 Die Vedantaphilosophie hat eine Vorstellung von solchen; aber das ist dann nicht Physik, sondern Metaphysik, die Tyndall als „Dichtung“ und „Fiktion“ bezeichnet.

124 In der gegenwärtig vorliegenden Form, wenn wir recht verstehen?

125 Und nach Kapila und Manu – insbesondere und ursprünglich.

126 Hierin liegt eine wissenschaftliche Bestätigung des ewigen Gesetzes der Entsprechungen und der Analogie.

127 Diese Methode, das Periodengesetz mit der Klassifizierung der Elemente zu illustrieren, wurde von Professor Emerson Reynolds von der Dubliner Universität vorgeschlagen, der nach Crookes Aussage . . . . „hervorhebt, dass sich die allgemeinen Eigenschaften der Elemente von einem zum anderen in allen Perioden mit annähernder Regelmäßigkeit verändern, bis wir das siebte Mitglied erreichen, das zu den ersten Elementen sowohl seiner eigenen als auch der nächsten Periode in einem mehr oder weniger auffälligen Gegensatz steht. So steht Chlor, das siebte Glied von Mendelejews dritter Periode, in scharfem Gegensatz sowohl zu Natrium, dem ersten Glied derselben Reihe, wie auch zu Kalium, dem ersten Glied der nächsten Reihe, während andererseits Natrium und Kalium in hohem Maß miteinander übereinstimmen. Die sechs Elemente, deren Atomgewichte zwischen Natrium und Kalium liegen, unterscheiden sich schrittweise in ihren Eigenschaften, bis das Chlor erreicht ist, der Gegensatz von Natrium. Aber von Chlor zum Kalium, dem Analogon des Natriums, gibt es eine Veränderung der Eigenschaften per saltum. . . . . Wenn wir somit – mehr oder weniger deutlich – zwischen dem ersten und dem letzten Glied einer jeden Reihe gegensätzliche Eigenschaften erkennen, kommen wir nicht umhin, die Existenz des Arguments einer mittleren Variation in jedem System zuzugestehen. Im Allgemeinen weist das vierte Element jeder Reihe die Eigenschaft eines Übergangselements auf, wie wir sie erwarten würden. . . . . Aus diesem Grund erwägt Professor Reynolds, das vierte Glied einer Periode – z. B. Silizium – zum Zweck der grafischen Hervorhebung in den Scheitel einer symmetrischen Kurve zu verlegen, um für diese besondere Periode die Richtung anzuzeigen, in welche sich die Eigenschaften der Elementenreihe mit zunehmenden Atomgewichten verändern.“
Nun gesteht die Schreiberin demütig ihr vollständiges Unwissen in Bezug auf die moderne Chemie und deren Geheimnisse. Aber sie ist ziemlich gut vertraut mit der okkulten Lehre in Bezug auf die Entsprechungen der Typen und Antitypen in der Natur, und in Bezug auf vollständige Analogie als Grundgesetz des Okkultismus. Daher wagt sie eine Bemerkung, die jedem Okkultisten auffallen wird, wie sehr sie auch von der orthodoxen Wissenschaft verlacht werden mag. Diese Methode, das Periodengesetz mit dem Verhalten der Elemente zu illustrieren, unabhängig davon, ob diese Hypothese in der Chemie noch gültig ist oder nicht, ist in den okkulten Wissenschaften ein Gesetz. Jeder wohlbelesene Okkultist weiß, dass die siebten und die vierten Glieder – ob in einer siebenfältigen Weltenkette, der siebenfältigen Hierarchie der Engel oder in der Konstitution von Mensch, Tier, Pflanze oder Mineralatom – dass die siebten und die vierten Glieder, sagen wir, in dem geometrisch und mathematisch gleichförmigen Wirken der unveränderlichen Gesetze der Natur in dem siebenfältigen System immer eine bestimmte und besondere Rolle spielen. Von den Sternen, die hoch am Himmel funkeln, bis zu den Funken, die von dem groben Feuer auseinander stieben, das der Eingeborene in seinem Wald aufgeschichtet hat; von den Hierarchien und der essenziellen Konstitution der Dhyan Chohans, die auf göttlichere Vorstellungen und einen erhabeneren Wahrnehmungsbereich ausgerichtet sind, als sich der größte westliche Psychologe jemals hat träumen lassen, bis herab zur Klassifizierung der Natur in einfachste Insektenarten; schließlich schreitet von Welten zu Atomen alles im Universum, vom Großen bis zum Kleinen, in seiner spirituellen und körperlichen Evolution zyklisch und siebenfältig voran, wobei seine siebte und vierte Zahl (Letztere als Wendepunkt) dasselbe Verhalten aufweist wie es sich in diesem Periodengesetz der Atome zeigt. Die Natur geht niemals per saltum vor.

Wenn Crookes dazu anmerkt, dass er nicht den Wunsch hegt, „aus den Lücken in Mendelejews Tafel und ihrer graphischen Darstellung (in dem Diagramm, das die Evolution der Atome aufzeigt) notwendigerweise zu schließen, dass tatsächlich Elemente existieren, die diese Lücken ausfüllen; diese Lücken könnten vielmehr lediglich bedeuten, dass bei der Erschaffung der Elemente eine bequeme Möglichkeit für die Bildung eines Elements existierte, das an diese Stelle gepasst hätte“ – so würde ein Okkultist ihm achtungsvoll erwidern, dass letztere Hypothese nur dann gelten könnte, wenn sie nicht im Widerspruch steht zur siebenfältigen Anordnung der Atome. Dieses ist das eine Gesetz, und eine unfehlbare Methode, und wer sie befolgt, den wird sie jederzeit zum Erfolg führen müssen.

128 Eine Gruppe von Elektrikern hat soeben gegen die neue Theorie des berühmten Professors Clausius von der Bonner Universität protestiert. Der Charakter des Protests ergibt sich aus der Unterschrift, die wie folgt lautet: „Jules Bourdin, im Namen der Gruppe von Elektrikern, die im Jahre 1881 die Ehre hatten, Professor Clausius vorgestellt zu werden, und deren Schlachtruf (cri de rallierment) lautet: A bas l’Ether“ – nieder mit dem Ether, geradewegs; sie wollen die Universale Leere, wie Sie sehen!

129Smithsonian Contributions“, xxi, Art. I. S. 79-97.

130 Jenseits der Nulllinie der Tätigkeit.

131 World-Life“. Prof. Winchell weist in seinem Werk auf eine ziemliche Menge von Irrtümern von Laplace hin; als Geologe ist er aber selbst auch nicht unfehlbar in seinen „astronomischen Spekulationen“.

132Five Years of Theosophy“, S. 249-250, Artikel „Leugnen die Adepten die Nebulartheorie?“

133 Hätten sich die Astronomen bei ihrem gegenwärtigen Erkenntnisstand nur an die Hypothese von Laplace gehalten, die lediglich die Entstehung des Planetensystems betraf, so hätte aus ihr mit der Zeit etwas wie eine angenäherte Wahrheit entstehen können. Aber die beiden Teile des allgemeinen Problems, nämlich die Bildung des Universums oder der Sonnen und Sterne aus der ursprünglichen Materie und die Entwicklung der Planeten rund um ihre Sonne, beruhen auf ganz verschiedenen Tatsachen in der Natur, und das sieht selbst die Wissenschaft so. Sie sind die entgegengesetzten Pole des Seins.

134 Mitglied des Institutes, Astronom der Pariser Sternwarte, „Les Hypotheses Cosmogoniques“.

135 Die Spektren dieser Nebel wurden jedoch bis jetzt noch niemals nachgewiesen. Erst wenn sie mit hellen Linien entdeckt worden sind, kann man sich auf sie berufen.

136 Crookes „Protyl“ darf nicht für den ersten Stoff gehalten werden, aus welchem die Dhyan Chohans in Übereinstimmung mit den unveränderlichen Gesetzen der Natur unser Sonnensystem woben. Dieses Protyl kann nicht einmal Kants erste Prima Materia sein, die dieser große Geist mit der Bildung der Welten als aufgebraucht betrachtete und daher als nicht mehr in einem zerstreuten Zustand existierend. Es ist in der fortschreitenden Differenzierung der kosmischen Substanz, von ihrem normalen, undifferenzierten Zustand ausgehend, eine Vermittlungsphase. Das Protyl ist also der Aspekt, den die Materie in der Mitte ihres Übergangs in die volle Objektivität annimmt.

137 „Die Frage nach der Auflösbarkeit der Nebel wurde häufig in allzu bestimmter Weise aufgeworfen und den Überzeugungen des berühmten Huggins ganz und gar entgegegengesetzt gestellt, der mit den Spektren der Gestirne experimentierte. Jeder Nebel, dessen Spektrum lediglich helle Linien aufweist, ist gasförmig, heißt es, und kann daher nicht weiter aufgelöst werden; jeder Nebel mit einem kontinuierlichen Spektrum muss von einem Instrument mit ausreichender Auflösung zuletzt in Sterne aufgelöst werden. Diese Annahme steht gleichzeitig im Gegensatz sowohl zu den bisher erzielten Resultaten als auch zur spektroskopischen Theorie. Der Lyra-Nebel, der Dumb-Bell-Nebel und die mittlere Region des Orion-Nebels scheinen sich auflösen zu lassen und zeigen ein Spektrum heller Linien; der Nebel in Canis Venatice lässt sich nicht auflösen und weist ein kontinuierliches Spektrum auf. Das ist tatsächlich so, weil das Spektroskop uns Informationen über den physikalischen Zustand der die Sterne zusammensetzenden Materie übermittelt, jedoch keine Angaben über ihre Aggregatzustände. Ein Nebel, der aus gasförmigen, von einer mächtigen Atmosphäre umgebenen Globen besteht (oder selbst aus schwach leuchtenden Kernen), würde ein Linienspektrum aufweisen und wäre doch auflösbar; das scheint der Zustand der Hugginsschen Region im Orionnebel zu sein. Ein aus festen oder flüssigen Teilchen bestehender Nebel, die sich im Zustand von Weißglut befinden, also eine echte Wolke, wird ein kontinuierliches Spektrum zeigen, dabei jedoch nicht auflösbar sein.“ (C. Wolf, „Les Hypotheses Cosmogoniques“)

138 Siehe Stanze III, über „Licht oder die kalte Flamme“ und Kommentar Nr. 8, wo erklärt wird, dass die „Mutter“ (das Chaos) ein kaltes Feuer ist, eine kalte Strahlung, farblos, formlos, bar jeder Qualität. „Bewegung ist das Eine, Ewige Ist, und sie enthält die Potenzialität sämtlicher Qualitäten der manvantarischen Welten“, heißt es.

139 „Les Hypotheses Cosmogoniques“, C. Wolf, 1886.

140 World-Life“, S. 196.

141 Westminster Review“, XX, Juli 27 1886.

142Les Hypothèses Cosmogoniques. Examen des théories scientifiques modernes sur l‘origine des mondes, suivi de la traduction de la théorie du ciel de Kant.“

143 Dieses „Licht“ nennen wir Fohat.

144 Das ist ein Irrtum, da es ein materielles Agens impliziert, das etwas anderes ist als die es bewegenden Einflüsse, d. h. blinde Materie und möglicherweise auch wieder „Gott“, wobei dieses Eine Leben eben genau jener Gott und die Götter „Selbst“ ist.

145 Derselbe Irrtum.

146 „Ist der Jiva ein Mythos, wie die Wissenschaft sagt, oder ist er es nicht?“ fragen einige Theosophen, die zwischen der materialistischen und der idealistischen Wissenschaft schwanken. Die Schwierigkeit, die esoterischen Probleme in Bezug auf den „letztendlichen Zustand der Materie“ wirklich zu verstehen, ist wieder das alte Kreuz vom Objektiven und Subjektiven. Was ist Materie? Ist die Materie unseres gegenwärtigen, gegenständlichen Bewusstseins irgendetwas anderes als unsere Sinneseindrücke? Es ist wahr, die uns erreichenden Sinneseindrücke kommen von außen, aber können wir wirklich (außer im Sinne von Phänomenen) die „grobe Materie“ dieser Ebene als eine von uns getrennte und unabhängige Wesenheit bezeichnen? Auf alle derartigen Argumente antwortet der Okkultismus: Es ist wahr, in Wirklichkeit ist die Materie nicht unabhängig von unseren Wahrnehmungen oder existiert nicht außerhalb derselben. Der Mensch ist eine Illusion: zugegeben! Doch die Existenz und Wirklichkeit anderer, noch illusorischer, aber nicht weniger wirklicher Wesenheiten als wir es sind, ist eine Behauptung, die durch die Lehre des vedantischen und selbst des Kantschen Idealismus nicht entkräftet, sondern vielmehr unterstützt wird.

147 Selbst die Frage nach der Pluralität der von fühlenden Geschöpfen bewohnten Welten wird zurückgewiesen, oder man nähert sich ihr mit der größten Vorsicht! Und doch ist zu beachten, was der große Astronom Camille Flammarion in seiner „La Pluralité des Mondes Habités“ sagt.

148 Nichtsdestoweniger lässt sich aufgrund des Zeugnisses der Bibel selbst sowie so guter christlicher Theologen wie des Kardinals Wiseman zeigen, dass diese Pluralität sowohl im Alten als auch im Neuen Testament gelehrt wird.

149 Siehe „Of the Plurality of Worlds“, das ein Liste zahlreicher Wissenschaftler enthält, die sich unterstützend über diese Theorie geäußert haben.

150 Professor A. Winchell macht – die Pluralität der Welten erörternd – folgende Bemerkungen: „Es ist durchaus nicht unwahrscheinlich, dass hitzebeständige Substanzen so mit anderen uns bekannten oder unbekannten Substanzen gemischt werden können, dass sie weitaus größere Temperaturschwankungen überstehen können als irdische Organismen. Die Gewebe der irdischen Tiere sind lediglich den hiesigen Bedingungen angepasst. Aber selbst hier finden wir verschiedene Typen und Tierarten, die extrem unterschiedlichen Anforderungen angepasst sind. . . . . . Ob ein Tier ein Vierfüßler oder ein Zweifüßler ist, hängt nicht von den Bedürfnissen des Aufbaus, des Instinkts oder der Intelligenz ab. Eine wahrnehmende Existenz setzt nicht voraus, dass ein Tier genau fünf Sinne besitzen muss. Es könnte auf der Erde Tiere geben, die weder einen Geruchs- noch einen Geschmackssinn besitzen. In anderen Welten, und selbst auf unserer, könnten Tiere existieren, die eine größere Anzahl von Sinnen besitzen als wir. Dass das möglich ist, ist einleuchtend, wenn wir die hohe Wahrscheinlichkeit berücksichtigen, dass die Ressourcen des Kosmos und selbst der irdischen Materie weitere Eigenschaften und Daseinsarten umfassen könnten. Es gibt Tiere, die dort aushalten können, wo der Vernunftmensch zugrunde gehen würde – im Erdboden, in den Flüssen und Seen“ . . . (und warum nicht auch menschliche Wesen, wenngleich hier auch mit einem andersartigen Aufbau?) . . . „Auch ist verkörperte, vernunftbegabte Existenz nicht an die Voraussetzung warmen Blutes gebunden oder an irgendeine Temperatur, welche die den Organismus aufbauenden Materieformen nicht verändert. Es mag Intelligenzen geben, die körperliche Gestalt annehmen nach einem Schema, das weder eine Injektion noch eine Assimilation oder eine Reproduktion mit einschließt. Solche Körper würden keine tägliche Ernährung und Wärme benötigen. Sie könnten in den Abgründen des Ozeans verloren sein, auf einer stürmischen Klippe den Unwettern eines arktischen Winters preisgegeben oder hundert Jahre lang in einen Vulkan versenkt sein und doch Bewusstsein und Gedanken bewahren. Das ist vorstellbar. Warum sollten in unzerstörbarem Kiesel oder in Platin nicht psychische Naturen eingeschlossen sein? Diese Substanzen sind von der Natur der Intelligenz nicht weiter entfernt als Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff und Kalk. Oder, um den Gedanken nicht zu sehr auf die Spitze zu treiben (?), könnten nicht hohe Intelligenzen in Hüllen verkörpert sein, die äußeren Bedingungen gegenüber so unempfindlich sind wie der Beifuß der westlichen Ebenen oder die Flechten Labradors, die jahrelang in getrocknetem Zustand überlebenden Rädertierchen oder die in kochendem Wasser überlebenden Bakterien. . . . Diese Hinweise werden lediglich angeführt, um dem Leser aufzuzeigen, dass aus der Vorgabe der verkörperten Existenz, wie sie auf der Erde zu finden ist, kaum auf die für intelligente und organisierte Existenz notwendigen Bedingungen geschlossen werden kann. Die Intelligenz ist ihrer Natur nach ebenso universal und gleichförmig wie die Gesetze des Universums. Körper sind lediglich eine örtliche Anpassung der Intelligenz an besondere Zustände der universalen Materie oder Kraft.“ (World-Life, Or Comparative Geology“, S. 496-498 ff.)

151 „Das siebenfältige Prinzip in der Esoterik“, Artikel in „Five Years of Theosophy“, S. 197.

152 Der Atman oder Geist (das spirituelle Selbst), das wie ein Faden die fünf feinen Körper (oder Prinzipien, Koshas) durchzieht, wird in der Vedantaphilosophie „Fadenseele“ oder Sutratman genannt.

153 „The Pythagorean Triangle; or, The Science of Numbers“, von Rev. G. Oliver (S. 36).

154 Siehe Kants Kritik der reinen Vernunft“.

155 In der griechischen und in der lateinischen Kirche – welche die Ehe als eines der Sakramente betrachten – stellt der amtshandelnde Priester während der Vermählungs­zeremonie die Spitze des Dreiecks dar; die Braut seine linke, weibliche Seite und der Bräutigam die rechte Seite, während die Grundlinie von der Reihe der Zeugen, Brautjungfern und Brautführer symbolisiert wird. Aber hinter dem Priester befindet sich der Altar mit seinem geheimnisvollen Inhalt und seiner symbolischen Bedeutung, in den niemand anderes als die geweihten Priester eindringen sollen. In den ersten Tagen der Christenheit war die Vermählungszeremonie ein Mysterium und ein wirkliches Symbol. Heute jedoch haben selbst die Kirchen die wahre Bedeutung dieser Symbolik vergessen.

156 Siehe die Werke von v. Hartmann und Herbert Spencer.

157 „New Aspects of Life and Religion“ von Henry Pratt, M.D.

158 In der Welt der Form, wo das pythagoreische Dreieck seinen Ausdruck in den Pyramiden gefunden hat, weist es damit sowohl die Symbolik des Dreiecks als auch des Quadrates auf, vier gleichseitige Dreiecke oder Flächen, vier Punkte an der Basis und den fünften – den Apex.

159 „New Aspects of Life and Religion“.

160 Neue Werke von der Art der Kabbala Isaac Myers und der von S. L. MacGregor Mathers rechtfertigen unsere Haltung in Bezug auf die jehovistische Gottheit komplett. Es handelt sich dabei nicht um die transzendentale, philosophische und hochmetaphysische Abstraktion der ursprünglich kabbalistischen Idee – Ain Soph – Shekinah – Adam Kadmon und alles, was folgt – der wir uns widersetzen, sondern der Kristallisation all dessen zum höchst unphilosophischen, abstoßenden und anthropomorphen Johovah, der androgynen und endlichen Gottheit, für welche Ewigkeit, Allmacht und Allwissenheit in Anspruch genommen werden. Wir kämpfen nicht gegen die ideale Wirklichkeit, sondern gegen den grässlichen theologischen Schatten.

161 Der Leser möge sich durch das Wort „Psychologie“ nicht veranlasst sehen, seine Gedanken auf moderne, sogenannte „Psychologen“ zu lenken, deren Idealismus lediglich ein weiterer Name des unnachgiebigen Materialismus ist und deren vorgeblicher Monismus nicht Besseres ist als eine Maske, um die Leere der schließlichen Vernichtung – selbst des Bewusstseins – zu verbergen. Hier wird von spiritueller Psychologie gesprochen.

162 T. Subba Row, siehe The Theosophist“, Febr. 1887.

163Vishvanara ist nicht nur die manifestierte, gegenständliche Welt, sondern die eine physische Grundlage (die horizontale Linie des Dreiecks), aus welcher die gesamte objektive Welt ins Dasein tritt.“ Und dieses ist die kosmische Duade, die androgyne Substanz. Nur jenseits davon ist das wahre Protyl.

164 Gehalten an der Royal Institution in London, am Freitag, dem 18. Februar 1887 von W. Crookes, F.R.S., V.P.C.S.

165 Wie wahr das ist, wird sich erst an dem Tag vollständig erweisen, an dem seine Entdeckung der strahlenden Materie zu einer weiteren Aufklärung über die wahre Quelle des Lichtes geführt und eine Umwälzung aller gegenwärtigen Spekulationen bewirkt haben wird. Mit den nördlichen Lichtstreifen der Aurora Borealis näher vertraut zu sein, vermag der Erkenntnis dieser Wahrheit dienlich sein.

166 Auf der kosmischen Skala entsprechend Geist, Seele-Gemüt, Leben und den drei Vehikeln – den astralen, den mayavischen und den physischen Körpern (der Menschheit), einerlei, welche Einteilung benutzt wird.

167 „Denn Dein Herr ist ein verzehrendes Feuer.“ . . . „In ihm war Leben, und das Leben war das Licht der Menschen.“

168 Würden sie auf alchemistische Weise getrennt, würden sie den Geist des Lebens und sein Elixier erbringen.

169 Vor allem anderen das Postulat, dass in der Natur nichts existiert wie anorganische Substanzen oder Körper. Steine, Mineralien, Felsen und selbst chemische „Atome“ sind lediglich organische Einheiten in tiefer Lethargie. Ihr Koma findet ein Ende, und ihre Trägheit wird zur Aktivität.

170 Die wirkliche Schreibweise des Namens – so wie er ihn selbst buchstabierte – ist Leibniz. Er war von slawischer Abstammung, obwohl geborener Deutscher.

171 „Leibnizens Dynamismus“, sagt Professor Lachelier, „wiese lediglich kleinere Probleme auf, wäre die Monade für ihn ein einfaches Atom blinder Kraft geblieben. Aber . . . .“ Man versteht die Verwirrung des modernen Materialismus vollkommen!

172 Leibniz war ein absoluter Idealist mit der Behauptung, dass „materielle Atome der Vernunft widersprechen“ (Systéme Nouveau, Erdmann, S. 126, Bd. 2). Für ihn war die Materie eine einfache Repräsentation der Monade, sei es der menschlichen oder der atomaren. Die Monaden, so dachte er (und so denken auch wir) sind überall. So ist die menschliche Seele eine Monade, und eine jede Zelle im menschlichen Körper hat ihre Monade, sowie jede Zelle in tierischen, pflanzlichen und selbst in den (sogenannten) anorganischen Körpern. Seine Atome sind die Moleküle der modernen Wissenschaft und seine Monaden jene einfachen Atome, welche die materialistische Wissenschaft glaubend akzeptiert, obwohl sie sie niemals wird befragen können – ausgenommen in der Vorstellung. Aber Leibniz ist ziemlich widersprüchlich in seinen Ansichten über die Monaden. An einer Stelle spricht er von seinen metaphysischen Punkten und formalen Atomen als von Wirklichkeiten, die einen Raum einnehmen; an anderer Stelle als von rein spirituellen Ideen. Dann wieder stattet er sie mit Objektivität und Anhäufungen sowie mit einer Position in ihren Verbindungen aus.

173 Die Atome von Leibniz haben in Wahrheit mit den Atomen der griechischen Materialisten und selbst mit den Molekülen der modernen Wissenschaft nichts als den Namen gemein. Er nennt sie formale Atome und vergleicht sie mit den substanziellen Formen von Aristoteles (siehe „Systéme Nouveau“, § 3).

174 Wie Aristoteles nennt Leibniz die erschaffenen oder emanierten Monaden (die aus den kosmischen Geistern oder Göttern hervorgegangenen Elementale) – Entelechien, ῾Εντελέχεια, – und „unkörperliche Automaten“. (§ 18, Monadologie“)

175 Diese drei „oberflächlichen Einteilungen“ entsprechen in der menschlichen Konstitution Geist, Gemüt (oder Seele) und Körper.

176 In seiner (bereits erwähnten) Vorlesung warnt Bruder C. H. A. Bjerregaard seine Zuhörer, die Sephiroth allzu sehr als Individualitäten zu betrachten, aber gleichzeitig auch davor, in ihnen Abstraktionen zu sehen. „Wir werden niemals zur Wahrheit gelangen“, sagt er, „noch viel weniger die Macht erreichen, mit diesen Himmlischen zu verkehren, bevor wir nicht zur Einfalt und Furchtlosigkeit der ursprünglichen Zeitalter zurückkehren, in denen die Menschen sich frei unter den Göttern bewegten und die Götter zu den Menschen herabstiegen und sie in Wahrheit und Heiligkeit leiteten“. (The Path“, Bd. 1) . . . „In der Bibel gibt es verschiedene Bezeichnungen für ‘Engel’, die deutlich zeigen, dass unter diesem Ausdruck vielmehr Wesen wie die Elementale der Kabbala und die Monaden von Leibniz angesehen werden müssen als was gewöhnlich darunter verstanden wird. Sie werden ‘Morgensterne’, ‘flammende Feuer’ und ’die Mächtigen’ genannt, und der Hl. Paulus sieht sie in seiner kosmogonischen Vision als ‘Fürstentümer und Mächte’. Namen wie diese schließen die Vorstellung der Persönlichkeit aus, und wir sehen uns gezwungen, sie uns als unpersönliche Existenzen vorzustellen . . . als einen Einfluss, eine spirituelle Substanz oder bewusste Kraft.“ (The Path“, Bd. 1, S. 321-2)

177 Vide Stanze VI (Band I) und Kommentar.

178 Buddhistischer Katechismus“, von H. S. Olcott, Präsident der Theosophischen Gesellschaft.

179 Wer diesen Satz für eine auf die anerkannte Wissenschaft gemünzte Frechheit oder Respektlosigkeit halten möchte, sei auf James Hutchison Stirlings Werk „As Regards Protoplasm“ verwiesen, das eine Verteidigung des vitalen Prinzips gegen die Molekularisten ist – Huxley, Tyndall, Vogt & Co. – und fordern sie auf zu untersuchen, ob die Behauptung wahr ist oder nicht, dass die wissenschaftlichen Voraussetzungen, auch wenn sie nicht immer korrekt sein mögen, nichtsdestoweniger akzeptiert werden, um einen Spalt oder ein Loch in irgendeinem beliebten materialistischen Hobby zu füllen. In „Huxleys Verständnis“ vom Protoplasma und den Organen des Menschen sprechend, sagt der Verfasser: „Wahrscheinlich also haben wir in Bezug auf jegliche Kontinuität im Protoplasma der Kraft, der Form oder der Substanz mehr als genug Lücken erkannt. Für diese Position kann sogar Huxley selbst als Beweis herangezogen werden. Nicht selten finden wir in seinem Aufsatz das Zugeständnis der Wahrscheinlichkeit, wo Gewissheit allein am Platz wäre. Er sagt z. B.: ‘Es ist mehr als wahrscheinlich, dass wir, wenn die Pflanzenwelt vollständig durchforscht sein wird, finden werden, dass alle Pflanzen im Besitz derselben Kräfte sind.’ Wenn eine Schlussfolgerung als entschieden angekündigt wird, ist es etwas enttäuschend, wie hier zu hören, dass die Prämissen erst noch gesammelt werden müssen (!!) . . . . . Hier ist noch eine Stelle, wo man ihn dabei beobachten kann, wie er sich sein eigenes ‘Fundament’ selbst unter den Füßen wegzieht. Nachdem er uns sagt, dass alle Formen von Protoplasma aus Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff in ‘einer sehr komplexen Verbindung’ bestehen, fährt er fort: ‘Dieser komplexen Verbindung, deren Natur bislang niemals mit Genauigkeit bestimmt worden ist (!!), wurde die Bezeichnung Protein zugewiesen.’ Das ist schlicht eine Bestimmung von Protoplasma und Protein nach Huxleys Art; und da das über das eine Gesagte notwendigerweise auch für das andere gelten muss, folgt daraus sein Zugeständnis, dass die Natur des Protoplasmas noch niemals mit Genauigkeit bestimmt worden ist und dass der Streitfall selbst nach seiner Auffassung noch sub judice ist. Dieses Eingeständnis wird auch durch die Worte bestätigt: ‘Wenn wir diesen Begriff – Protein – mit derartiger Vorsicht gebrauchen, wie sich das möglicherweise ganz richtig aus unserer verhältnismäßigen Unwissenheit in Bezug auf die Dinge, für die er steht, ergeben mag’“ . . . etc. etc. (S. 33 und 34, in Erwiderung auf Huxley in Yeast“).
Das ist der angesehene Huxley, der König der Physiologie und Biologie, der mit Prämissen und Tatsachen erwiesenermaßen blinde Kuh spielt! Was nicht alles mögen dann noch die „kleineren Fische“ der Wissenschaft tun!

180 „Die Zyklen der Materie“, ein Titel, den Professor Winchell einem im Jahre 1860 geschriebenen Aufsatz gab.

181 Die Wissenschaftler werden sagen: Wir bestreiten das, weil nichts von dieser Art jemals in den Bereich unserer Erfahrungen gelangte. Aber wie der Physiologe Charles Richet folgerte: „Dem mag so sein, aber habt ihr zumindest des Gegenteil bewiesen? . . . Leugnet auf keinen Fall a priori. Die gegenwärtige Wissenschaft ist nicht weit genug fortgeschritten, um euch ein solches Recht zu geben.“ („La suggestion mentale et le calcul des probabilités“)

182 Vorlesungen über die Philosophie der Weltgeschichte“, S. 26 (Sibrees englische Übersetzung).

183 Diese Symbolik hindert die jetzt scheinbar mythischen Persönlichkeiten nicht daran, einstmals die Erde als tatsächlich lebende, wenn auch wahrhaft göttliche und gottähnliche Menschen regiert zu haben. Oberst Vallanceys Ansicht (und auch die des Count de Gébelin), „die Namen der Kabiren scheinen alle allegorisch zu sein und hätten nicht mehr (?) zu bedeuten als ein für die Landwirtschaft berechneter Kalender der jahreszeitlichen Wechsel“ (Collect. de Reb. Hibern“, No. 13, Præf,. Sect. 5), ist ebenso absurd wie seine Behauptung, Äon, Kronos, Saturn und Dagon seien alle ein und derselbe, und zwar der „Patriarch Adam“. Die Kabiren waren die Lehrer der Menschheit in der Landwirtschaft, weil sie die Regenten der Jahreszeiten und der kosmischen Zyklen waren. Daher waren sie es, die als Planetengeister oder „Engel“ (Sendboten) die Mysterien der Kunst des Ackerbaus leiteten.

184 „Die fürchten Karma-Nemesis“, wäre besser.

185 Dryden.

186 Nicht alle jedoch, denn es gibt Wissenschaftler, die zur Wahrheit erwachen. Folgendes lesen wir: „Wo immer wir unsere Augen hinwenden, begegnen wir einem Mysterium . . . . alles in der Natur ist für uns das Unbekannte. . . Doch sind sie zahlreich, diese oberflächlichen Gemüter, für die nichts durch natürliche Kräfte hervorgebracht werden könnte außerhalb der schon lange beobachteten Fakten, die in Büchern gutgeheißen und mithilfe der Theorien mehr oder weniger geschickt gruppiert sind, deren Kurzlebigkeit ihre Unzulänglichkeit schon lange bewiesen haben sollte, . . . . Ich gebe nicht vor, die Möglichkeit der Existenz unsichtbarer Wesen zu bestreiten, von einer sich von uns unterscheidenden Natur, die dazu fähig ist, die Materie in Aktivität zu versetzen. Tiefsinnige Philosophen aller Zeiten räumten das ein und zwar als Folge des das Universum regierenden großen Gesetzes der Stetigkeit. Kann dieses intellektuelle Leben, das wir gewissermaßen beim Nichtsein (néant) beginnen und stufenweise den Menschen erreichen sehen, beim Menschen plötzlich wieder verschwinden, um dann erst beim unendlichen, beim unumschränkten Lenker der Welt wieder aufzutauchen? Das ist wenig wahrscheinlich.“ Daher . . „bestreite ich die Existenz von Geistern nicht mehr als die der Seele, auch wenn ich versuche, gewisse Tatsachen ohne deren Hypothese zu erklären . . .“ „Les Forces Non Definies: Recherches Historiques et Expérimentales“, S. 3. Obenstehendes wurde von A. de Rochas verfasst, ein wohlbekannter französischer Wissenschaftler, und sein Werk ist eines der Zeichen der Zeit (Paris: Masson, Boulevard St. Germain, 1887).

187 „Astronomie Antique“.

188 Die Plejaden sind, wie jeder weiß, die sieben Sterne im Stier, die am Frühlingsanfang erscheinen. Sie haben eine sehr okkulte Bedeutung in der esoterischen Hinduphilosophie und werden mit dem Ton und anderen mystischen Prinzipien in der Natur in Zusammenhang gebracht.

189 Ob nun viele Völker genau diesen Stern gesehen haben oder nicht – wir alle wissen, dass die Gräber der „drei Weisen“, die sich der kaum chaldäisch klingenden, ganz teutonischen Namen Caspar und Melchior erfreuen, mit alleiniger Ausnahme von Balthasar – von den Priestern im berühmten Kölner Dom gezeigt werden, und es wird nicht nur vermutet, dass die Körper der Weisen dort begraben liegen, sondern fest daran geglaubt.

190 Diese Überlieferung über die siebzig den Schicksalen der Völker vorstehenden Planeten beruht auf der okkulten kosmogonischen Lehre, dass außer unserer eigenen siebenfältigen Kette von Weltplaneten im Sonnensystem noch viele weitere existieren.

191 Jeder Gelehrte weiß natürlich, dass die Chaldäer für ihre göttlichen Dynastien dieselben Zahlen (432 oder 432.000) benutzten wie die Hindus für ihr Maha-Yuga, nämlich 4.320.000. Daher unternahm es Dr. Sepp aus München, die von Kepler und Wilford erhobene Beschuldigung zu unterstützen, die Hindus hätten sie von den Christen und die Chaldäer von den Juden entlehnt, die ihren Messias angeblich im lunaren Jahr der Welt 4.320 erwarteten! ! ! Alten Schriftstellern zufolge begründete Berossos diese Zahlen auf 120 Saros – jede dieser Unterteilungen bedeutete sechs Nerosi von je 600 Jahren, was zusammen eine Summe von 432.000 Jahren ergibt – damit erscheinen sie nicht als endgültig. So unternahm es der fromme Professor aus München, die Ziffern auf die richtige Weise zu erklären. Er behauptete, das Rätsel durch den Nachweis gelöst zu haben, dass „der Saros laut Plinius aus 222 synodalen Monaten zusammengesetzt ist, das ergibt 18 6/10 Jahre“; der Berechner fiel damit natürlich auf die „von Suidas gegebenen“ Zahlen zurück, der behauptete, dass „120 Saros 2.222 priesterliche und zyklische Jahre ausmachten, was 1.656 solaren Jahren entspricht“ („La Vie de Notre-Seigneur Jésus-Christ“, II, S. 417).
Suidas behauptete jedoch nichts dergleichen. Und selbst angenommen, er hätte es gesagt, hätte er damit wenig, wenn überhaupt etwas, bewiesen. Die Nerosi und Saros waren den nicht initiierten alten Schriftstellern genauso ein Dorn im Auge wie die apokalyptische 666 des „großen Tieres“ den modernen, und sowohl die ersteren wie auch die letzteren Zahlen fanden ihre unglücklichen Newtons.

192 Der Leser darf nicht vergessen, dass die Bezeichnung „klimakterisches Jahr“ bei ihrer Verwendung durch Okkultisten und Mystiker eine umfassendere Bedeutung als gewöhnlich aufweist. Sie beschreibt nicht nur eine kritische Periode, während der irgendein großes Ereignis periodisch erwartet wird, entweder in der menschlichen oder in der kosmischen Konstitution, sondern sie bezeichnet gleichermaßen universelle spirituelle Veränderungen. Die Europäer nannten jedes dreiundsechzigste ein „großes klimakterisches“ Jahr und vermuteten vielleicht mit Recht, dass die entsprechenden Jahreszahlen durch die Multiplikation der Zahl 7 mit den ungeraden Zahlen 3, 5, 7 und 9 zu ermitteln seien. Aber im Okkultismus ist die Sieben die wirkliche Stufenleiter der Natur und 7 muss auf eine ganze andere Art und Weise multipliziert werden als es den europäischen Völkern bis heute bekannt ist.

193 Für einen ausführlichen wissenschaftlichen Beweis dieser Schlussfolgerung siehe S. 22 in Baillys Werk, wo der Gegenstand fachmännisch erörtert ist.

194 Warum sie „erdichtet“ sein soll, werden europäische Wissenschaftler niemals erklären können.

195 „Das Folgende ist eine Antwort an die Wissenschaftler, die vermuten könnten, dass unsere Astronomie von unseren Missionaren nach Indien gebracht und den Hindus mitgeteilt worden sei.

1. Die indische Astronomie besitzt ihre eigenen, durch ihre Originalität gekennzeichneten Formeln; hätte man unsere Astronomie übertragen, würde der Diebstahl nur mit dem größten Geschick und Wissen verborgen werden können. 2. Hätten sie die mittlere Mondbewegung übernommen, wären auch die Neigung der Ekliptik, die Mittelpunktsgleichung der Sonne und die Länge des Jahres übernommen worden. Diese Elemente unterscheiden sich jedoch auf jeden Fall von unseren. Sie sind außerordentlich exakt, was die Epoche des Jahres 3102 betrifft. Sie wären sehr fehlerhaft, wären sie erst im letzten Jahrhundert bestimmt worden. 3. Schließlich konnten unsere Missionare den Indern im Jahr 1687 den Inhalt der Cassinischen Tafeln noch nicht mitteilen, da sie damals noch gar nicht vorhanden waren. Sie konnten lediglich die Angaben der mittleren Bewegungen von Tycho kennen, von Riccioli, Kopernikus, Bouilland, Kepler, Longomontanus oder die der Tafeln von Alphonso. Ich stelle jetzt hier eine tabellarische Darstellung dieser mittleren Bewegung für 4.383 Jahre und 94 Tage vor.

Tafel mittl. Bewegung Differenz gegenüber den Indern
D H M S H. M. S.  
Alphonso . . . . . . . . . . . . . . . . . .   9 7 2 47 . . . . . . . . . . - 0 42 14  
Kopernikus . . . . . . . . . . . . . . . .   9 6 2 13 . . . . . . . . . . - 1 42 48  
Tycho . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   9 7 54 40 . . . . . . . . . . + 0 9 39
Kepler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   9 6 57 35 . . . . . . . . . . - 0 47 26  
Longomontanus . . . . . . . . . . . .   9 7 2 13 . . . . . . . . . . - 0 42 48  
Bouilland . . . . . . . . . . . . . . . . .   9 6 48 8 . . . . . . . . . . - 0 58 53  
Riccioli . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   9 7 53 57 . . . . . . . . . . + 0 8 56  
Cassini . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   9 7 44 11 . . . . . . . . . . - 0 0 50  
Indisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   9 7 45 1            

Nicht eine dieser Angaben der mittleren Bewegungen, Cassinis ausgenommen, stimmt mit dem von den Indern angegebenen Wert überein. Ergo wurden diese Angaben nicht übernommen, da ihre Zahlen lediglich mit denen von Cassini übereinstimmen, dessen Tafeln aber im Jahr 1687 noch nicht existierten. Diese Angabe der mittleren Mondbewegung stammt somit von den Indern, und sie konnten sie nicht anders gewinnen als durch Beobachtung.“ – Baillys „Traité de l’Astronomie Indienne et Orientale

196 „Le Mystère et la Science“, Conférences, Pére Félix de Nôtre Dame; des Mousseaux: „Hauts Phen. Magiques“.

197 Siehe das Wirken der Zyklen und ihrer periodischen Wiederkehr! Wer abstritt, dass solche „Entitäten“ (Kräfte) Körper sind und sie „Räume“ nannte, gehörte zu den Prototypen unseres modernen „von der Wissenschaft geschlagenen“ Publikums und seiner offiziellen Lehrer, welche die Naturkräfte als unwägbare Energie der Materie bezeichnen oder als Bewegungsarten und doch die Elektrizität für ebenso atomar wie die Materie selbst halten – (Helmholtz). Inkonsequenz und Widerspruch herrschen ebenso sehr in der offiziellen wie in der heterodoxen Wissenschaft.

198 „Hermes versteht hier auch die sinnlich wahrnehmbaren Naturkräfte, die Elemente und Phänomene des Universums als Götter“, bemerkt Dr. A. Kingsford in einer Fußnote, die es sehr richtig erklärt. Die östliche Philosophie erklärt es auf dieselbe Weise.

199 „Oh Tum, Tum! Hervorgegangen aus der (weiblichen) Großen, die im Schoß der Wasser ist“ (die große Tiefe oder Raum) . . . „Du, durch die beiden Löwen leuchtend“ (die doppelte Kraft oder Macht der zwei Sonnenaugen oder der elektropositiven und der -negativen Kraft). (Siehe „Totenbuch“, Kap. III und „Egyptioan Pantheon“, Kap. II)

200 Ein Bild, das die Aufeinanderfolge der göttlichen Aktivitäten, die Verwandlung von einer Form in eine andere oder die Wechselbeziehung der Kräfte ausdrückt. Aam ist die elektropositive Kraft, die alle anderen verschlingt, so wie Saturn seine Nachkommenschaft verschlang.

201 Aanru ist der Bereich von Osiris, ein vierzehn Abteilungen umfassendes Feld, „umgeben von einer eisernen Einfriedung, innerhalb derer das Korn des Lebens sieben Ellen hoch wächst“, das Kama Loka der Ägypter. Nur diejenigen der Toten, die die Namen der Torwächter der „sieben Hallen“ kennen, werden für immer in Amenti eingelassen; d. h. jene, welche die sieben Rassen aller Runden durchlaufen haben – andernfalls rasten sie in den niederen Gefilden; und ebenso werden die sieben aufeinanderfolgenden Devachans oder Lokas dadurch repräsentiert. In Amenti wird man für die Ewigkeit zum reinen Geist (XXX. 4), während in Aanru „die Seele des Geistes“ oder der Verstorbene jedesmal vom Uräus verschlungen wird – der Schlange, dem Sohn der Erde (in einem anderen Sinn die ursprünglichen Lebensprinzipien in der Sonne), d. h. der Astralkörper des Verstorbenen oder der „Elementar“ vergeht und löst sich im „Sohn der Erde“ und der begrenzten Zeit auf. Die Seele verlässt die Gefilde von Aanru und geht in irgendeiner Gestalt zur Erde, die sie anzunehmen beliebt (siehe Kap. XCIX des „Totenbuches“).

202 „Revue des Deux Mondes“, 1865, S. 157 und 158.