Einmal um die Sonne
Alles muss gewaschen werden
Eine ganze Weile folgte Peter dem Bach. Dieser schlängelte sich durch Wälder, Ebenen und Felder, bis er ein großer Fluss wurde. Unterwegs traf Peter das Veilchen und richtete ihm die Grüße vom Schneeglöckchen aus.
Das Veilchen dankte ihm und sandte ihm eine Duftwolke.
„Grüß die Rose von mir, wenn du sie siehst“, sagte es.
Nach langer Zeit erreichte der Strom das Meer. Nie zuvor hatte Peter das Meer gesehen.
„Es ist schrecklich groß“, flüsterte er vor sich hin. „Wie kann es so viel Wasser geben?“
„Du siehst nur einen kleinen Teil“, brauste das Meer und klatschte große Wellen mit Schaumspritzern an das Ufer. „Weiter draußen ist noch viel mehr!“
„Wie weit reicht das Wasser?“, fragte Peter.
„Siehst du die Linie, wo anscheinend das Ende ist?“, fragte das Meer. „Das ist nur der Anfang. Es sieht nur wie ein Rand aus, weil die Erde rund ist. Ganz gleich, wo du auf meiner Oberfläche dahinziehst, immer siehst du eine solche Linie. Es ist so wie für eine Ameise auf einem Ball.“
Peter lachte. Eine Ameise auf einem Ball, die glaubt, dass an der Stelle, über die sie nicht hinaussehen kann, die Welt zu Ende sei, das konnte er sich vorstellen. Für die Ameise wäre die Welt auf dem Ball genau wie ein Teller, gerade so wie für Peter das Meer.
Peter hob einen Kiesel auf und warf ihn in eine große Welle. Dann fiel ihm ein, dass auch das Meer lebendig ist, und er entschuldigte sich schnell.
„Oh, das ist schon in Ordnung“, sagte das Meer, „die Menschen tun das immer, das macht mir gar nichts aus. Es erspart mir die Mühe, die Steine einzeln fortzutragen.“
„Musst du das tun?“
„Oh ja. Früher oder später sinkt jedes Sandkorn auf den Grund und alle, die unten sind, werden an den Strand zurückgespült. Es ist eine fortdauernde Umwälzung.“
„Warum?“, fragte Peter.
„Alles muss gewaschen werden, du würdest doch auch nicht immer dieselben Kleider tragen, ohne sie zu waschen, oder?“
„Auf dem Meeresgrund müssen dann aber schrecklich viele Steine sein.“
„Gewiss. Einige kommen von hohen Bergen und werden immer kleiner auf dem Weg hierher.“
„Aber wie kommen sie herunter?“, fragte Peter.
Plötzlich erschien Onkel Pfefferkorn, er kletterte aus Peters Tasche.
„Au!“, sagte Peter. „Das kitzelt.“
„Unsinn!“, sagte Onkel Pfefferkorn. „Ich bin viel zu klein, um irgendjemanden kitzeln zu können.“
Auf einem Knopf balancierend, nahm er seine beste Schulmeisterpose an und zeigte mit seinem winzigen Finger auf Peter.
„Du wolltest wissen, wie die Kiesel herabkommen. Was glaubst du, was der Bach tut? Wie?“
„Er trägt das Wasser“, sagte Peter.
„Und was noch? Du würdest dich wundern, wie viel sonst noch mit dem Wasser heruntergeschwemmt wird“, sagte Onkel Pfefferkorn. „Steine und Samen, Schutt und Unkraut, alle möglichen Dinge.“
Plötzlich lachte er. „Du bist ein komischer Junge, möchtest du nicht im Wasser spielen?“ „Oh“, rief Peter, „darf ich? Hat das Meer nichts dagegen?“
„Natürlich nicht!“ Das Meer brach in ein schallendes Gelächter aus, das sich über das ganze Ufer entlangzog, so dass auch die kleinen Wellen in ein tausendfältiges, leises Lachen ausbrachen. „Komm herein, das Wasser ist fein!“
Peter rannte zum Ufer hinab und begann im Wasser zu spielen. Große, weiße Pferde kamen auf der Oberfläche angebraust, lösten sich in galoppierendem Schaum auf, der in immer kleinere Wellen zerfiel. Sie gaben jedoch alle acht, dass sie bei Peter sanfter wurden, denn sie können manchmal recht rau sein. Peter war so klein und hilflos, wenn sie sich über ihm brachen und ihn immer wieder herumpurzeln ließen.
Schließlich setzte er sich ganz müde an den Strand, und da bemerkte er, dass Onkel Pfefferkorn sich noch immer durchnässt und unglücklich an sein Knopfloch klammerte.
„Aber Onkel Pfefferkorn“, rief er entsetzt, „du bist ja ganz nass, warum bist du nicht einfach verschwunden und trocken geblieben?“
„Ach“, knurrte Onkel Pfefferkorn und schüttelte das Wasser aus seinem Hut. „Ein bisschen Wasser tut mir nichts, aber zu viel davon könnte dir schaden. Weißt du, ich muss auf dich aufpassen!“
Und damit war er verschwunden.