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14 – Der Pfad zum Herzen des Universums
Es ist ein Hunger in jedem Menschenherzen, den nichts befriedigen oder stillen kann – ein Hunger nach höherer Wahrheit, als den Menschen des Alltags bekannt, ein Hunger nach dem Wirklichen, ein Hunger nach dem Erhabenen. Er ist das göttliche Heimweh der Seele, der Geistseele des Menschen. Diese Sehnsucht entspringt dem Gefühl der Heimatlosigkeit, der Erinnerung der Seele an unsere spirituelle Heimat, aus der wir kamen und zu der unsere Reise nun wieder zurückführt. Jedes menschliche Herz empfindet es. Es ist die rettende Macht im Menschen, die Kraft, die ihm Hoffnung verleiht und sein höhergeistiges Streben weckt, die seine Seele erhebt durch die Wiedererkennung der Herrlichkeit, die ihm einst innewohnte. Licht für den Geist, Liebe für das Herz, Verstehen für den Verstand – alle drei müssen in jedem Menschen befriedigt werde, ehe er wahren Frieden findet.
Es gibt einen Pfad, einen erhabenen Pfad der Weisheit und Erleuchtung, der für jeden Menschen in irgendeiner seiner Verkörperungen auf dieser Erde beginnt und dann nach innen führt; denn es ist der Pfad des Bewusstseins und der spirituellen Verwirklichung. Jede Fähigkeit, jede Energie, alles ist in dem innersten Kern deines Wesens enthalten, der sozusagen dein Weg ist, auf dem du aus dem Herzen des Seins hervorgehst, das deine spirituelle Selbstheit ist.
Der Pfad zum Herzen des Universums ist nur einer, und doch ist er für jeden Menschen verschieden. Dies bedeutet, dass jeder Mensch selbst jener Pfad ist – jener Pfad, der aus Denken, Bewusstsein und dem Gewebe seines eigenen Wesens gebildet ist. Er besteht aus der Substanz des Herzens der Natur.
Es gibt einen Weg, der ist lang und auch breit. Das ist der Weg, auf dem dich der dahinziehende Energiestrom der Natur mitführt. Wenn du diesem Weg folgst, wirst du in entsprechender Zeit Vollkommenheit erlangen; es ist jedoch der Weg langsamer, langwieriger Entwicklung, der dich im Verlaufe unberechenbarer Zeiten in jedem Erdenleben nur ein kleines Stückchen vorwärts bringt.
Es gibt aber auch einen anderen Pfad, steil und dornig, schwierig zu begehen. Das ist der Weg, den die Großen der Menschheit eingeschlagen haben. Er ist der kürzere Pfad, doch auch der schwierigere. Er ist der Pfad der Selbstüberwindung, der Pfad der Selbsthingabe für das Ganze, der Pfad, auf dem der persönliche Mensch zum unpersönlichen Buddha, zum unpersönlichen Christus wird; der Pfad, auf dem alle Eigenliebe aufgegeben und das ganze Leben erfüllt wird von der Liebe zu allen Dingen, groß oder klein. Er ist ein mühevoller Weg, denn er ist der Weg der Einweihung; er ist der steile und dornige Pfad zu den Göttern. Denn wer die Höhen des Olymps erklimmen will, muss dem Pfad folgen, wie er vor ihm liegt.
Schön sind die Pfade, erhaben das Ziel und schnell die Füße derer, die dem Weg der stillen, leisen inneren Stimme folgen, dem Weg, der zum Herzen des Universums führt. Dies ist der Kern der Botschaften der großen Mysterien des Altertums – die Vereinigung des einfachen Menschenwesens mit seinem göttlichen Ursprung, mit seiner eigenen Wurzel, die mit dem ALL verbunden ist: Denn jener Kern ist ein Funke des zentralen Feuers, ein Funke der Gottheit; und dieser Funke ist in jedem.
Das Göttliche wohnt in deinem Herzen. Es ist deine Wurzel. Es ist der letzte, allerinnerste Kern deines Wesens; und du kannst auf dem Pfad des spirituellen Selbst emporsteigen, lässt Schleier um Schleier der verdunkelnden Ichheit hinter dir, bis du die Vereinigung mit jenem inneren Göttlichen erreichst. Das ist das erhabenste Unternehmen, das Menschen kennen – die Erforschung des innersten Selbst des Menschen. Wenn du diesem inneren Pfad der Selbsterkenntnis folgst, wirst du nicht nur die Höhen des Parnass und des Olymps erklimmen, sondern du wirst mit der Zeit so an Verständnis und innerem Schauen wachsen, dass deine Augen weite Gebiete und Räume inneren Lichts umfassen und dir die heiligsten und schönsten und deshalb erhabensten Mysterien des grenzenlosen Universums offenbar werden.
Der erste Schritt auf dem Pfad zum Herzen des Universums ist die Erkenntnis der Wahrheit, dass alles von innen kommt. Alle genialen Inspirationen, alle großen Ideen, welche die Zivilisationen aufbauten und zerstörten, all die wunderbaren Botschaften, die von den Großen der Erde an ihre Menschenbrüder gerichet worden sind – sie alle kommen von innen. Der Kampf um die Vereinigung, um das Einssein, um die Verschmelzung mit deinem inneren Gott ist mehr als zur Hälfte gewonnen, wenn du diese Wahrheit erkennst.
Das Innerste deines Inneren ist ein Gott, eine lebendige Gottheit; und von dieser göttlichen Quelle fließen hinunter in dein menschliches Bewusstsein all die Dinge, die den Menschen groß machen, alles, was Liebe und mächtige Hoffnung, Begeisterung und höheres Streben wachruft und, das Edelste von allem, Selbstaufopferung.
In dir selbst liegen alle Mysterien des Universums. Durch dein inneres Selbst, durch deine spirituelle Natur, hast du einen Weg, der zum innersten Herzen des Universums führt. Wenn du vorwärts dringst auf jenem Pfad, der immer weiter nach innen führt, wenn du in dich gehen und Schleier um Schleier der Selbstheit wegziehen und immer tiefer in dich eindringen kannst, dann dringst du auch immer tiefer in die wundersamen Mysterien der universalen Natur ein. Dieser Pfad wird als „Weg“ bezeichnet; dabei handelt es sich jedoch um die Erschließung des menschlichen Herzens – nicht des physischen Herzens, sondern seines Wesens Kern, der Essenz des Menschen, mit anderen Worten, um die Erschließung und Entwicklung seiner geistigen, intellektuellen und seelischen Kräfte und Fähigkeiten. Das ist die Herzenslehre, die geheime Lehre, die verborgene Lehre. Die Augenlehre betrifft das Sichtbare und ist mehr oder weniger offenbar.
Jene, die die Intuition von etwas Größerem in sich haben, von etwas Herrlichem und Erhabenem, von etwas, das der knospenden Blume gleich in Herz und Geist heranwächst – sie sind es, die schließlich mehr sehen werden.
Es gibt keine Bevorzugung in der Natur. Der Mensch ist ein untrennbarer Teil des Universums, in dem er lebt und webt und sein Dasein hat. Es besteht keinerlei Trennung zwischen seinem Ursprung und dem Ursprung des Universums; es liegt kein Abstand zwischen beiden. Dasselbe Universale Leben strömt durch alles, was da ist. Derselbe Bewusstseinsstrom, der in dem gewaltigen Ganzen und durch das mächtige Ganze des Universums fließt, durchströmt deshalb auch den Menschen – ein untrennbarer Teil jenes Universums. Das bedeutet, dass es einen Pfad gibt, auf dem du in enge Beziehung zu dem Herzen des Universums selbst kommen kannst; und dieser Pfad bist du, dein eigenes inneres Wesen, deine eigene innere Natur, dein spirituelles Selbst. Nicht das Ich des gewöhnlichen physischen Menschen, das nur ein armseliger Widerschein des spirituellen inneren Glanzes ist, sondern jenes innere Selbst aus reinem Bewusstsein, aus reiner Liebe für alles, was da ist, unbefleckt von allem irdischen Makel.
Wie kann man sein Leben so führen, dass man auf diesem Pfad vorwärtsdringt? Ein reines Herz, ein lauterer Geist, ein scharfer Verstand, das Streben nach ungetrübter spiritueller Einsicht: Das sind die ersten Sprossen der goldenen Leiter, auf der du zum Weisheitstempel der Natur emporsteigen wirst. Dieses „Leben des Lebens“ hat nichts zu tun mit törichtem Asketentum wie Martern des Körpers und anderen nutzlosen Verfahren der Selbstzerstörung. Nicht im mindesten. Dein Wille und deine Verstandeskräfte sind es, die du schulen musst, denn dann erziehst du dich selbst, dann wirst du zu einem echten Menschen und bist auf dem Pfad zum Gottmenschentum.
Töte nicht deine Persönlichkeit; vernichte nicht deine Persönlichkeit im Sinne einer Auslöschung. Du hast sie selbst ins Dasein gebracht; sie ist ein Teil von dir, der empfindsame und psychische Teil, der niedere mentale Teil, der leidenschaftliche Teil von dir, das Ergebnis einer äonenlangen Entwicklung in der Vergangenheit. Erhöhe die Persönlichkeit. Läutere sie, erziehe sie, mache sie wohlgestaltet und bringe sie in Übereinstimmung mit deinem Wollen und Denken, nimm sie in Zucht, mache sie zum Tempel eines lebenden Gottes, so dass sie zu einem geeigneten Gefäß, zu einem reinen und sauberen Kanal wird, durch den die glänzenden Strahlen des inneren Gottes in das menschliche Bewusstein strömen können – diese glänzenden Strahlen sind Strahlen des Geistesbewusstseins, des spirituellen oder göttlichen Bewusstseins.
Die Erniedrigung des Persönlichen macht den spirituellen Menschen nicht frei, die Erhöhung des Persönlichen ins Spirituelle ist die Aufgabe der Evolution. Das ist das gleiche Ziel, das die gewöhnliche Evolution in ihrem langsamen Werdeprozess im Laufe der Zeitalter zu erreichen bestrebt ist – das Niedere zum Höheren emporzuheben – aber nicht, es zu töten oder zu erniedrigen.
Sei so heilig, edel und rein, wie du dir nur vorstellen kannst; dann kannst du deinen Körper vergessen; dann kannst du deine Persönlichkeit vergessen, die durch den Körper zum Ausdruck kommt, den niederen mentalen und emotionalen Teil von dir.
In dem Maß, wie du dich mit deinem eigenen inneren Gott verbindest, mit jenem Quell des Göttlichen, der beständig dein inneres Wesen durchströmt, in demselben Maß steigt dein Bewusstsein und wächst an Kraft und Reichweite, so dass mit dem inneren Wachstum nicht nur eine größere Vision eintritt, sondern durch das erweiterte Bewusstsein auch die Fähigkeit, diese Vision zu deuten.
Oh wie wundervoll, heilig, erhaben und inspirierend wie keine andere ist diese Wahrheit: dass in jedem einzelnen ein unaussprechlicher Brunnquell der Stärke, der Weisheit, der Liebe, des Mitleids, des Verzeihens, der Reinheit ist! Verbinde dich mit diesem Urquell der Stärke; er ist in dir, niemand kann ihn dir je nehmen. Sein Wert ist kostbarer als alle Schätze des Universums, denn wenn du ihn kennst und eins mit ihm wirst, bist du Alles geworden.
Eine klare Intelligenz tritt uns deutlich in allen Dingen entgegen. Was in den Sternen ist, ist auch in den Blumen zu unseren Füßen; und die instinktive Erkenntnis dieser Qualität des Schönen lässt den Dichter von der Blume als einem herrlichen Stern sprechen. Die gleiche Lebenskraft durchpulst Blume und Stern. Die gleiche klare Flamme der Intelligenz gibt ihr ihre erlesene Form, Gestalt und Farbe, und die gleiche klare Flamme der Intelligenz lenkt auch den Zug der Sterne auf ihren kosmischen Wegen. Diese innere Göttlichkeit ist die Quelle, der Brunnen aller Dinge, was uns wahrhaft zum Menschen macht, groß, erhaben und edel; was ihm Verständnis, Erkenntnis, Mitleid, Liebe und Friede gibt.
Verbinde dich in der Stille mit deinem inneren Gott, mit jener lebendigen inneren Tempelkammer in dir, in der du, wenn du achtsam lauschst, das Flüstern des Göttlichen vernehmen kannst, des Göttlichen, das jene Kammer erfüllt. Dort liegen Wahrheit, Weisheit, Verstehen und unnennbarer Frieden. Öffne die Pforten deiner menschlichen Ichheit den Strahlen der göttlichen Sonne im Innern; tritt ein in diese Kammer in deines Herzens Tiefe, werde eins mit deinem Selbst, mit deinem göttlichen Selbst, mit dem Gott in dir; sei der Gott, der du in den Tiefen deines Wesens bist!