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Evolution & Schöpfung

I – Intelligenter Plan?

Hinter jeder Diskussion über die Evolution und Schöpfung und ihr zugrunde liegend steht eine Frage, die uns zum eigentlichen Herzen der Philosophie bringt: Warum gibt es überhaupt ein Universum? Gewiss spiegeln und definieren unsere Antworten die Bedeutung und Richtung unseres Lebens; und sie sind wichtig, weil unsere Glaubensvorstellungen ebenso das Leben anderer berühren – zutiefst. Schöpfung und Evolution beschäftigen sich grundsätzlich mit unserem Ursprung und unserer Abstammung und mit der Frage, wer wir sind und wohin wir gehen. Obwohl viele Menschen keine wesentliche Unvereinbarkeit erkennen, stellen Schöpfung und Evolution jedoch gegenwärtig zwei antagonistische, sich gegenseitig ausschließende Weltanschauungen dar, zum Großteil wegen einschränkender Definitionen, entweder/oder-Argumenten und stillschweigend beibehaltener Annahmen. Evolution wird allgemein mit Darwinismus gleichgestellt, Schöpfung mit biblischem Kreationismus; das eine ist Physik, das andere Metaphysik und die beiden werden niemals zueinander finden. Dieses Denken ist so zur Gewohnheit geworden, dass wir uns vielleicht nicht bewusst sind, wie sehr es unsere Wahrnehmung und unser Verständis einengt; auch impliziert die Ablehnung der einen Weltanschauung nicht die Annahme der anderen. Der Mathematiker und Darwin-Kritiker David Berlinski schrieb vor einigen Jahren: „Es ist nicht notwendig zwischen den Doktrinen zu wählen. Die rationale Alternative zur Theorie Darwins ist intelligente Ungewissheit“ („The Deniable Darwin“[Der widerlegbare Darwin], Letters, 1996).

Es existieren ebenso andere vernünftige Alternativen und erinnern uns an die scharfsinnige Bemerkung von Allan Bloom in The Closing of the American Mind [Das Stilllegen des amerikanischen Denkens]: „Die erfolgreichste Tyrannei ist nicht jene, die Gewalt anwendet, um Einheitlichkeit sicher zu stellen, sondern jene, welche die Wahrnehmung anderer Möglichkeiten ausschließt, was es unvorstellbar erscheinen lässt, dass andere Wege lebensfähig sind.“ Die modernen Medien, die öffentliche Erziehung und das Internet haben die Macht der alten Tyranneien massiv verringert; aber Herausforderungen für die herrschenden Orthodoxien werden immer unwillkommen bleiben. Das trifft auf die neue intelligente Gestaltungsbewegung zu, die gegen die darwinistischen Erklärungen, wie wir ins Dasein traten, überzeugende Argumente anführt. Da sie von kompetenten, sehr glaubwürdigen Wissenschaftlern stammt, haben viele Kritiker – der theologischen Einmischungen müde – sie mit ‘heimlichem Kreationismus’ etikettiert, und was eine für beide Seiten nützliche Bestätigung hätte werden können, wurde wieder einmal zum Zankapfel.

Während die Vorstellung eines intelligenten Plans nichts Neues ist – sie wird in der alten Philosophie und in beinahe jeder spirituellen Tradition gefunden –, weisen moderne Schriftsteller oft auf den britischen Geistlichen William Paley hin, der 1802 der Auseinandersetzung eine beeindruckende, intelligente Kraft verlieh. Genauso wie wir aus der Komplexität einer im Wald gefundenen Armbanduhr schließen, dass sie von einem intelligenten Jemand geplant und hergestellt wurde, der eine klare Absicht im Kopf hatte, so können wir in gleicher Weise aus vielen Beispielen der komplexen Struktur und Funktion in der Natur auf Planung und Absicht schließen. Planung impliziert einen intelligenten Planer, argumentiert Paley, und da kein Tier oder Mensch sich selbst planen kann – was eine Aktivität vor der Schöpfung bedeuten würde – wer könnte dann der universale Planer sein außer Gott? (Natural Theology, S. 412). Das bleibt für viele ein zwingendes Argument; da Paley das Argument aber mit fragwürdigen theologischen Annahmen und einigen schlechten Beispielen aus der Natur überlud, wurde es kritisiert und verlor letztendlich an Beliebtheit. Wenn zum Beispiel Gott durch die natürliche Art seiner Erfindungsgabe als gut erwiesen ist, ist es vernünftig zu fragen, warum Unvollkommenheiten und ‘nicht optimale Pläne’ in der Natur existieren. Warum eine Welt schöpfen, die Krankheiten, Missbildung und Tod in einem grimmigen Kampf ums Leben hervorbringt? Eine beliebige Theorie oder Hypothese, die eine intelligente Planung vorschlägt, muss diese Fragen ansprechen, selbst wenn liebgewonnene Annahmen über den Gestalter und die Prozesse, durch welche die Dinge entstehen, über Bord geworfen werden müssen. Aber wir brauchen die Schlussfolgerung oder das Konzept der Planung nicht wegen schlechter Argumente abzulehnen. Das Gleiche trifft auf die Evolution zu, die vielleicht mehr als alles andere Verwandtschaft und Einheit der Lebensbeziehungen aufgezeigt hat, die in den Vorstellungen einer besonderen Schöpfung fehlen, wo jede Art oder Spezies durch eine eigene mystische Handlung von Gottes Willen ins Dasein gebracht wird.

Die Vorstellung von Evolution – was einfach das ‘Ausrollen’ im Sinne von Veränderung und Entwicklung in der Zeit bedeutet – ist ebenso ein Teil des intellektuellen Erbes der Menschheit seit dem Anfang der Geschichtsschreibung. Der Mechanismus oder Prozess dessen, wie Dinge entstehen und sich verändern, wird besprochen. Darwin selbst erkannte größere Schwierigkeiten in seiner Theorie, die sogar heute noch – ungeachtet der Proteste und Ablehnung und viel zu vielen unfreundlichen Worte – unerklärt bleiben: Lücken bei den Fossilien, Grenzen bei den Hybriden, komplexe Organe, die Mechanismen des Instinkts und vielleicht das größte Problem von allen: wie die ‘einfachste’ sich selbst vervielfältigende Zelle entstanden ist. 1 Darwin spekulierte nicht öffentlich über den Ursprung des Lebens; aber – die moderne Biochemie vorwegnehmend – bemerkte er in einem Brief an seinen Freund Joseph Hooker im Jahr 1871, dass vielleicht „irgendein kleiner warmer Teich“ die Chemikalien und Bedingungen lieferte, um das notwendige Fußfassen zu ermöglichen.

Die neo-darwinistische Synthese stellt in ihrer einfachsten Formulierung die Hypothese des Abstiegs durch Modifizierung auf: dass die auf die willkürlichen genetischen Mutationen einwirkende natürliche Selektion ausreicht, um die Vielfalt der Geschöpfe auf Erden hervorzubringen. Keine leitende Kraft oder kreatives Prinzip ist nötig, keine metaphysische Intervention ist erforderlich; und für viele Darwinisten gibt es keinen letztendlichen Zweck oder kein Ziel, auf das die Evolution ausgerichtet ist. Für sie findet die Evolution innerhalb der Einschränkungen der existierenden physischen Gesetze zufällig statt. Spezies gehen auf gemeinsame Vorfahren zurück und verändern sich, einige überleben lange Zeiträume, andere versagen im Lebenskampf und alle werden schließlich aussterben, wenn der Sonne der Brennstoff ausgeht und sich das Universum in einem Hitzetod ‘gleichmäßg verteilt’ oder mit einem großen Knirschen zusammenbricht. Was uns die moderne Evolutions-Wissenschaft sagt – nach dem pro-darwinistischen Biologen William B. Provine – ist, „dass es keine Götter gibt, keine Ziele und keine zielgerichteten Kräfte irgendeiner Art. Es gibt kein Leben nach dem Tod. Wenn ich sterbe, bin ich mir absolut sicher, tot zu sein. Das ist mein Ende. Es gibt keine letztendliche Grundlage für Ethik, keinen letztendlichen Sinn des Lebens und keinen freien Willen für die Menschen“ (Stanford University Debatte, 1994).

Hauptsächlich aufgrund dieser düsteren, die Seele leugnenden Schlussfolgerungen haben so viele Menschen eine Abneigung gegen die darwinistische Weltsicht. Aber eine Mehrheit von Wissenschaftlern und Erziehern ist davon überzeugt, dass sie die Entwicklung des Lebens auf Erden erklärt, und viele von ihnen machen ihren Einfluss energisch geltend, damit sie in öffentlichen Schulen als eine bewiesene Theorie gelehrt wird, nicht nur unter Ausschluss irgendeiner anderen Theorie oder Hypothes, sondern – aus Angst, sich dem Schicksal der Schöpfungsanhänger auszuliefern – von jeglicher kritischen Diskussion.

Und doch haben angesehene Wissenschaftler von Anfang an die darwinistische Theorie kritisiert. 1871 zum Beispiel stellte der Zoologe St. George Jackson Mivart die Frage, ob die natürliche Selektion die anfänglichen Stadien brauchbarer Strukturen wie die von Flügeln erklären könnte – wie zum Beispiel entwickeltt und selektiert die Natur einen teilweise noch nicht funktionierenden Flügel als vorteilhaft für die Fortpflanzung? Steven J. Gould erkannte das als den bleibenden „ersten Stolperstein unter nachdenklichen und wohlwollenden Forschern des Darwinismus heute“. 1877 sagte der Anthropologe Armand de Quatrefages – obwohl er Darwin für „eine vollständige und systematische Theorie lobte“ –, dass er „keine Schwierigkeit habe den Punkt zu erkennen, an dem der berühmte Autor den Boden der Realität verlässt und sich mit einer unakzeptablen Hypothese einlässt“. Zwar stimmte de Quatrefages mit Darwin überein, dass Selektion das Ergebnis des Existenzkampfs ist (obwohl seiner Meinen nach ‘Eliminierungen’ ein geeigneteres Wort wäre), lehnte es aber zutiefst ab, dass die beiden Faktoren „die Macht besitzen, organische Wesen unbestimmt in einer vorgegebenen Richtung zu modifizieren, so dass die direkten Nachkommen einer Spezies eine andere Spezies bilden, die von der ersten verschieden ist“. Darwin, so schrieb er, hatte keine klare Vorstellung über den Unterschied zwischen Spezies und Varianten und brachte folglich die erhaltende Kraft der natürlichen Selektion, die Varianten begünstigt, mit der Fähigkeit, eine neue Spezies hervorzubringen, durcheinander. Quatrefages wiederholt, indem er hybride Begrenzungen, fossile Lücken und Stillstand bei Spezies erwähnt, dass „Phänomene, die erzeugen, sehr verschieden sind von jenen, die erhalten“ (The Human Species [Menschenarten], S. 92-103).

Dieser Gedanke wurde beinahe ein Jahrhundert später von dem Zoologen und früheren Präsidenten der Französischen Akademie der Wissenschaften, Pierre-P. Grassé, wieder aufgegriffen, der in Evolution of Living Organisms [Die Evolution lebendiger Organismen] (1973) schrieb: „Abweichen und Evolvieren sind zwei verschiedene Dinge; das kann niemals genügend betont werden.“ Sogar mit den Erweiterungen der Theorie – von modernen Genetikern und Biochemikern geboten – meinte Grassé, dass

die erklärenden Lehrsätze der biologischen Evolution einer objektiven, in die Tiefe gehenden Kritik nicht standhalten können. Es stellt sich heraus, dass sie entweder mit der Wirklichkeit in Konflikt stehen oder sonst unfähig sind, die entsprechenden Hauptprobleme zu lösen …

Durch den Gebrauch oder Missbrauch verborgener Postulate, kühner und oft schlecht begründeter Extrapolationen wurde eine Pseudowissenschaft geschaffen. Sie schlägt Wurzeln im Herzen der Biologie und führt viele Biochemiker und Biologen in die Irre, die ernsthaft glauben, dass die Genauigkeit fundamentaler Vorstellungen aufgezeigt wurde – was aber nicht der Fall ist …

In dem Wunsch, das Problem der Evolution verstehen zu können, müssen die Naturalisten den Verhaltenskodex annehmen, sich an Fakten zu halten, und alle a priori Ideen und Dogmen wegwischen. Fakten müssen zuerst da sein, und die Theorien folgen danach … Tatsächlich wurden die besten Studien über die Evolution von Biologen durchgeführt, die nicht von Dogmen geblendet waren und die die Fakten kühl beobachteten – ohne die Überlegung, ob sie mit ihren Theorien übereinstimmen oder nicht. Heute ist es unsere Pflicht, den Evolutionsmythos – als ein einfaches, verstandenes und erklärtes Phänomen betrachtet, das sich rasch vor uns entfaltet – zu zerstören. Biologen müssen ermutigt werden, über die Schwäche der Interpretationen und Extrapolationen nachzudenken, die Theoretiker vorbringen oder als etablierte Wahrheiten vorlegen. Manchmal ist die Täuschung unbewusst, aber nicht immer, da einige Menschen aufgrund ihres Sektierertums absichtlich die Wirklichkeit übersehen und sich weigern, die Unzulänglichkeiten und das Falsche an ihren Glaubensansichten anzuerkennen.

– S. 202, 6, 8

Diese kraftvolle Kritik fasst eine wachsende Welle der Unzufriedenheit anderer aus einer Auswahl von Disziplinen zusammen, miteingeschlossen Paläontologie, Biochemie, Mathematik und Physik. Das Fehlen fein abgestufter Übergangsfossilien führte Steven Gould schließlich dazu, den Lehrbuch-Darwinismus als eigentlich überholt beiseite zu legen und mit Niles Eldredge 1972 die Theorie des Interpunktierten Gleichgewichts vorzubringen, welche die Artenbildung von schneller Veränderung in abgelegenen, geschützten Gegenden postuliert, gefolgt von langen Perioden der Stagnation. 1985 brachte der Biologe Michael J. Denton das Buch Evolution: A Theory in Crisis [Evolution: Eine Theorie in der Krise] heraus. Es behandelt die wichtigsten wissenschaftlichen Kritiken der darwinistischen Theorie und macht klar, dass komplexe interagierende Strukturen und Systeme nicht nur durch Mutation und Selektion entstehen können. Ein Jahr später veröffentlichte der Chemieprofessor Robert Shapiro Origins [Ursprünge], eine niederschmetternde Kritik an der Theorie ‘von der Suppe zur Zelle’ und an anderen Theorien der Biogenese. Er zeigt die gewaltige Lücke zwischen der Chemie als Wegbereiterin und dem Mikro-Universum sogar der kleinsten sich selbst reproduzierenden Zelle. In den frühen 1990er Jahren unterwarf der Juraprofessor Phillip E. Johnson, wie bereits vor ihm der Rechtsanwalt Norman Macbeth (Darwin Retried [Darwin neu verhandelt], 1971) in seinem Buch Darwin on Trial [Darwin vor Gericht] Darwins Theorie den Regeln der Beweisführung und Logik, nur um die wissenschaftliche Kritik zu bestätigen.

Nach der Aufarbeitung von Argumenten und Gegenbeweisen ist vielleicht das hartnäckigste Problem von Darwins Theorie – und das widerstandsfähigste gegenüber rein physikalischen Erklärungen – das Bestehen eines Plans in der Natur. Grassé kam auch zur gleichen Schlussfolgerung:

Evolution, ein geleitetes Phänomen, wird nicht nur durch willkürlich vererbte Varianten aufrechterhalten, durch Selektion aussortiert, die für das Wohl einer Bevölkerung arbeitet …

Jedes System, das der Evolution angeblich zugrunde liegt, muss einen Mechanismus hervorrufen, der nicht auf Mutation und Aleatorik [Willkür] beruht … Die vereinigten Anstrengungen der Paläontologie und Molukular-Biologie – letztere ihrer Dogmen entkleidet – sollten zu der Entdeckung der genauen Mechanik der Evolution führen, möglicherweise ohne uns die Ursachen von Ausrichtungen der Abstammungen, von Endgültigkeiten der Strukturen, von lebendigen Funktionen und von Zyklen zu offenbaren. Vielleicht kann die Biologie auf diesem Gebiet nicht weiter gehen: Der Rest ist Metaphysik.

– S. 245-6

Auf der Makro-Ebene bestätigt der Physiker Paul Davies in Cosmic Bluepring [Kosmische Blaupause] einen ähnlichen Gedanken:

Allein die Tatsache, dass das Universum schöpferisch ist und dass die Gesetze des Auftauchens und die Entwickung komplexer Strukturen bis zum Auftreten des Bewusstseins zugelassen haben – mit anderen Worten, dass das Universum sein eigenes Selbstbewusstsein organisiert hat –, ist für mich der kraftvolle Beweis, dass hinter allem ‘etwas im Gange’ ist. Der Eindruck eines Plans ist überwältigend.

– S. 203

Zwei Jahre nach der Veröffentlichung von Dentons Buch las es der Biochemiker Michael Behe und fing an zu überlegen, dass er wie so viele andere Fachleute von der darwinschen Theorie betört worden war – und die „Betörung“, sagt Steven Gould, „bleibt oft endgültig“. Auch Behe hatte die Prämissen, die Annahmen und die prophetische Kraft der Theorie nicht hinterfragt, geschweige denn geprüft oder getestet. Er fuhr fort, die evolutionären Probleme auf seinem eigenen Gebiet zu betrachten und erkannte allmählich, dass biologische Strukturen, wie das bakteriellen Flagellum – die rotierende, schwanzähnliche Peitsche, welche die Zelle bewegt – eigentlich molekulare Maschinen sind, die viele verschiedene, aber integrierte Moleküle benötigen, um zu funktionieren. Wenn ein essenzieller Teil der Struktut fehlt, fällt die Funktion aus – was Behe zu der Schlussfolgerung führte, dass viele dieser Molekular-Systeme „nicht reduzierbar komplex“ sind und nicht nur einer darwinistischen Interpretation trotzen, sondern jeder Theorie, die nicht einen intelligenten Plan einbezieht. In dem Buch Darwins’s Black Box (1996) schlägt Behe keinen Mechanismus des Plans vor oder spekuliert über die Natur und Motive des implizierten, aber unbekannten Planers. Er beschreibt einfach die umwerfende Komplexität der Natur mit verschiedenen detaillierten Beispielen auf der biochemischen Ebene – molekulare Synthese, Konstruktion und Funktion der Zilie, blutgerinnende Kaskaden, die Chemie des Sehens, zellularer Proteintransport – und fragt, ob es immer noch vernünftig ist zu folgern, dass diese zufällig unter Prinzipien der führungslosen, stufenweisen Veränderung evolvierten. 2 „Die [hier] diskutierten wissenschaftlichen Hindernisse dienen als deutliche Beispiele für die Berge und Kluften, die eine darwinistische Erklärung blockieren“ (S 161).

Und sie werfen die erschreckende Frage auf: Wie könnten diese enorm komplexen metabolischen Pfade und biochemischen Systeme evolviert sein? Selbt wenn die natürliche Selektion irgendwie auf der molekularen Ebene wirken kann – was Behe und die Theoritiker der ‘genetischen Strömung’ und andere ebenso bestreiten –, reichen irgendwelche willkürlich begründeten Theorien aus, um das Auftauchen und die Verschiedenheit des sich selbst erhaltenden Lebens zu erklären? Ist es nicht genauso vernünftig das anzuwenden, was der Mathematiker William A. Dembski als „Gestaltungs-Folgerung“ bezeichnete: dass die Strukturen der Natur eine spezifizierbare Ebene der Komplexität zur Schau stellen, von der man auf einen intelligenten Plan schließen muss?

Als Ganzes gesehen sind das kraftvolle Argumente, und sie berücksichtigend beginnt die darwinistische Theorie der Physik Newtons zu ähneln, die Phänomene auf einer Ebene erklärt und voraussagt, aber bei der Anwendung auf andere versagt. Einige Evolutions-Biologen wie Lynn Margulis haben bereits auf sehr ähnliche Art über den Darwinismus geschrieben wie Historiker über das geozentrische Universum des Ptolemäus: Während es scheinbar einige wenige Evolutions-Phänomene erklärt, ist die Theorie grundsätzlich fehlerhaft: „Neo-Darwinismus in der Gaiaperspektive muss intellektuell als eine kleinere Sekte des zwanzigsten Jahrhunderts mitten in der wuchernden religiösen Überzeugung der anglosächischen Biologie abgelehnt werden“ (Slanted Truths [Gefärbte Wahrheit], 1997, S. 281). Nichtsdestoweniger bleibt sie heute das überwältigend dominierende wissenschaftliche Paradigma.

Eine wirklich umfassende Theorie über Ursprung und Abstammung erfordert eine breitere Sichtweise, die nicht nur Biochemie und Biologie umfasst, sondern auch den Ursprung und die Entwicklung von Bewusstsein, dessen Beziehung zu Kraft und Substanz und das Auftauchen von denkenden, selbstbewussten Organismen wie Sie und ich erklären. Sowohl in der Physik als auch Kosmologie werden die traditionellen Grenzen, welche Wissenschaft und Religion (oder Physik und Metaphysik) trennen, rapide durchlässiger, weil Beobachtungsdaten und Mathematik völlig neue Theorien erzwingen. In weniger als hundert Jahren musste sich die Physik von den Prinzipien Newtons – die solche Dinge wie die Bewegungen von Planeten und Bällen beschreibt und vorhersagt – zur relativen Quantendynamik ausdehnen, welche Teilchen und Quarks erklärt; und von dort zu Theorien, die eine fundamentalere, als Strings bezeichnete Substanz von Quarks vorschlägt, die ihrerseits als ‘abstrakte energetische Felder’ beschrieben werden – mit der Eigenschaft, zumindest sechs ‘komprimierte’ Dimensionen einzunehmen, die in den uns vertrauten vier Dimensonen von Raum und Zeit verborgen liegen. Und nun gibt es die M-Theorie (stellvertretend für Matrix, Mutter oder trüb [engl. murky] – abhängig von Ihrer Perspektive), die hofft, alle Kräfte zu vereinigen, miteingeschlossen Schwerkraft und dunkle Materie (manchmal ‘Quintessenz’ genannt).

Auf der kosmischen Ebene führte die Entdeckung der Rotverschiebung von Edwin Hubble im Jahr 1929 zu der Entwicklung der Urknall-Theorie. Veranlasst durch weitere Beobachtungsdaten und die Anforderungen von Mathematik und Quantenphysik wurde in den 1980er Jahren die Inflations-Theorie von Alan Guth (MIT) als eine Abänderung vorgestellt; und Kosmologen ziehen jetzt ernstlich viele „multiple Universen“-Theorien in Betracht, die den Ursprung und die Entwicklung unserer eigenen kosmischen Heimat erklären. Guth meinte bei einem Interview der New York Times: „Die Inflation zwingt uns die Idee der multiplen Universen ziemlich auf“ (29. Oktober 2002). Im Jahr 2001 wurde eine interessante Theorie über zyklische Universen von den Astrophysikern Paul J. Steinhardt (Princeton) und Neil Turok (Cambridge) vorgeschlagen. Auf der M-Theorie basieren postuliert sie, dass

Raum und Zeit immer existieren. Der Urknall ist nicht der Anfang von Zeit. Er ist mehr eine Brücke zu der prä-existierenden, zusammenziehenden Ära [vermittelt als in einer verborgenen fünften Dimension des Raumes liegend]. Das Universum macht eine endlose Reihenfolge von Zyklen durch, indem es sich in einem großen Knirschen zusammenzieht und in einem ausdehnenden Urknall wieder auftaucht, getrennt von Trillionen von Evolutionsjahren. Die Temperatur und Dichte des Universums werden an keinem Punkt in dem Zyklus unendlich; eigentlich überschreiten sie nie eine endliche Grenze (von ungefähr einer Trillion Trillionen Grade) … Die Samen für die Bildung einer Galaxie wurden durch Instabilitäten geschaffen, die entstanden, als das Universum mit einen großen Knirschen – vor unserem Urknall – zusammenbrach.

– „The Endless Universe, feynman.princeton.edu/~steinh

Obwohl momentan ‘vielstrophige’ Szenarien vorgeben, viele theoretische Probleme des Urknalls zu lösen, besonders das Mysterium seines Ursprungs und seiner Ursache, bleiben Wissenschaftler über den Punkt eines Plans entzweit: Kann eine rein physikalische kosmologische Erklärung alles begründen? Oder muss man sich auf metaphysische Faktoren berufen – die von einem anthropozentrischen Führungsprinzip – das irgendwie das Universum ausrichtet, um Leben und denkende selbstbewusste Wesen hervorbringen – bis zu einer ausgearbeiteten Theorie über einen intelligenten Plan reichen? Und so gehen die Forschung und der Dialog weiter.

Wenn das Universum geplant ist, können wir uns fragen: Wer oder was ist der unbekannte Planer? Führende Plan-Theoretiker, die – obwohl sie sich selbst allgemein auf Beweise für einen Plan oder einen Planer und nicht auf die Existenz Gottes beschränken – schlagen dennoch den christlichen Theismus als die ‘Schlussfolgerung mit der besten Erklärung’ vor – Theismus ist die Vorstellung von Gott als dem höchsten Wesen und Schöpfer aller Dinge, der die Welt transzendiert, aber dennoch der Welt immanent ist. 3 Ist das aber die beste Erklärung, wenn sie von den widerspenstigen Problemen der Unvollkommenheit, der Ungleichheit und Ungerechtigkeit heimgesucht wird? Wie bei dem theologischen Argument von Paley führen die offenkundigen Versäumnisse und Fehler in der Natur zu der nächsten Frage: Ist das Universum intelligent geplant? Oder wurde es vielleicht von einem Kommitee gemacht oder von vielen Planern, Architekten und Bauleuten miteingeschlossen, als eine Art schrittweise Arbeit?

Ein multiple Plan-Theorie ist nicht so weit hergeholt wie es klingen mag; sie ist nicht nur von einigen Vertretern der intelligenten Plan-Bewegung ernsthaft vorgeschlagen worden, um die Unvollkommenheit zu erklären, sie ist eigentlich eine grunglegende (obwohl manchmal verborgene) Vorstellung sowohl in den östlichen als auch den westlichen spirituellen Traditionen, die jüdisch-christliche miteingeschlossen. Das Wort ‘Gott’ zum Beispiel in der ersten Zeile der Genesis ist eine Übersetzung des singularisierten Hauptworts Elohīm im Plural, das in Übereinstimmung mit seinem polytheistischen Ursprung und auch mit der universalen Tradition ein Kollektiv schöpferischer Kräfte darstellt – ungeachtet der Interpretation als Majestät-Plural. Und Gott/Elohīm sagte am sechten ‘Tag’ oder Periode der schöpferischen Aktivität: „Lasst uns Menschen machen als unserem Abbild, uns ähnlich“ (siehe dazu auch S. 26-29). In hinduistischen Schriften ist die Geschichte unverholen: Brahmā, der manifestierte Aspekt von Brahman, der seinerseits in Parabrahman existiert („Das was jenseits von Brahman ist“), schöpft und evolviert das Universum aus seiner eigenen Bewusstsein-Energie-Substanz mit Hilfe seiner zehn aus dem Denkvermögen geborenen Söhne, zu denen er sagte: „Von nun an müsst ihr alle Geschöpfe erzeugen und auch die Götter, Dämonen und Menschen“ (Matsya Purāna, 3:1 - 47).

Das Zeugnis der Geschichte und der gesunde Menschenverstand sagen uns, dass die ersten Kapitel der Genesis und die Schöpfungsgeschichten praktisch jeder spirituellen Tradition allegorisch verstanden werden sollen. Wenn wir nicht die Schlüssel für ihre Interpretation besitzen, dann deshalb, weil sie verborgen, vergessen, unterdrückt oder geheim gehalten wurden; oder wir haben sie nicht gesucht. Eine Stelle um jene Suche anzufangen – und eine Lösung zu dem Problem des Plans – wird in der folgenden Passage aus H. P. Blavatskys erstem Buch dargestellt, das im Jahr 1877 geschrieben wurde, als das dominierende westliche Denken behauptete, die Atome wären unteilbar, die Milschstraße das einzige Universum, das Christentum die einzig wahre Religion und Gott der einzig mögliche Planer, der alles aus dem Nichts erschuf. In Bezug auf ursprüngliche Tradition, die Theosophia oder göttliche Weisheit, die allen Religionen zugrunde liegt, schreibt Blavatsky:

Die esoterische Lehre lehrt nun, gleich dem Buddhismus und Brahmanismus und sogar gleich der verfolgten [jüdischen] Kabbala, dass die eine unendliche und unbekannte Essenz von aller Ewigkeit her besteht und in regelmäßiger und harmonischer Aufeinanderfolge entweder passiv oder aktiv ist. In der poetischen Phraseologie des Manu werden diese Bedingungen der ‘Tag’ und die ‘Nacht’ Brahmās genannt [jede umfasst 4,32 Milliarden Jahre]. Brahmā ist entweder ‘wach’ oder er ‘schläft’. … Die Buddhisten behaupten, dass es keinen Schöpfer, sondern eine Unendlichkeit schöpferischer Mächte gibt, die kollektiv die eine ewige Substanz bilden, die Essenz dessen, was unergründlich ist – deshalb ist es kein Spekulationsgegenstand für irgendeinen wahren Philosophen. … Beim Einsetzen einer aktiven Periode, sagt die Geheimlehre, geschieht eine Ausdehnung dieser Göttlichen Essenz von innen nach außen in Gehorsam mit dem ewigen und unwandelbaren Gesetz, und das phänomenale oder sichtbare Universum ist das letztendliche Ergebnis der langen Kette kosmischer Kräfte, die sich fortschreitend in Bewegung setzen. Auf gleiche Art – wenn der passive Zustand sich fortsetzt – findet ein Zusammenziehen der Göttlichen Essenz statt und das vorausgegangene Schöpfungswerk wird allmählich und fortschreitend aufgelöst. Das sichtbare Universum wird zerstreut, seine Materie zerlegt und ‘Dunkelheit’, einsam und einzig, brütet wieder über dem Antlitz der ‘Tiefe’. Unter Anwendung einer Metapher wird diese Idee noch klarer: Ein Ausatmen der ‘unbekannten Essenz’ erzeugt die Welt und ein Einatmen verursacht ihr Verschwinden. Dieser Prozess hat immer stattgefunden und unser gegenwärtiges Universum ist nr eines aus einer unendlichen Folge, die keinen Anfang hat und kein Ende haben wird.

Isis Unveiled (Isis entschleiert), 2: 264-5

Die Annäherung der modernen Kosmologie an diese Idee zusammen mit der Schlussfolgerung der schöpferischen Evolution bietet ein erstaunliches Beweismaterial dafür, dass es immer in der Geschichte jene Menschen gegeben hat, die – die Welten der Physik und Metaphysik mit außergewöhnlicher Einsicht überbrückend – das Grundprogramm des Lebens scheinbar verstanden haben. Wie die Schlussfolgerung eines Plans kann ihre Existenz erahnt und gewonnen werden, denn ihre Philosophie ist aufgezeichnet und stimmt gut mit der Geschichte und der Natur überein – ein Thema, das gemeinsam mit dem vernachlässigten und oft ausgeschlossenen Thema des Bewusstseins als nächstes betrachtet wird.

Fußnoten

1. Siehe „Difficulties on Theory“ und die folgenden Kapitel in seinem Origin of Species. [back]

2. Behes Kapitel über molekulare Synthese – die kein unreduzierbarer komplexer Vorgang ist – deutet das Problem gänzlich auf der Grundebene der Biochemie an. Das relativ ‘einfache’ Molekül AMP ist eine ungebundene Form von Adenin, einem der vier nukleotiden Bausteine oder Bindeglieder in RNS und DNS-Ketten. AMP ist zusammengebaut aus 33 Atomen fünf verschiedener Arten: Wasserstoff, Kohlenstoff, Sauerstoff, Stickstoff und Phosphor. Da die meisten Atome nicht frei herumliegen wie Teile, die auf eine Verbindung warten, müssen diese Komponenten erst von anderen Molekülen extrahiert werden und sich dann erneut so verbinden, dass Kreuz-Reaktionen den Vorgang nicht zerstören. Dreizehn sequenziell orchestrierte Schritte sind nötig, um die Synthese von AMP zu vollenden; diese Arbeit wird von zwölf verschiedenen Enzymen ausgeführt – jedes von ihnen muss auch synthetisiert werden, um die Veränderungen zu katalysieren. Um die Perspektive aufzuzeigen: ein zellulares RNS-Makromolekül reicht ungefähr von 70 bis 50 000 Nukleotiden in der Länge, während ein einziges DNS-Makromolekül von einigen tausend bis zu ungefähr einer Milliarde Nukleotiden in der Länge reicht. [back]

3. Science and Evidence for Design in the Universe, Ignatius Press, 2000, S. 15, 226-32. [back]