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Der Baum des Lebens

Studien über die Evolution


Nahezu alle großen Religionsphilosophien (das Christentum eingeschlossen) haben sich damit befaßt, die Geburt unserer Welt von einem metaphysischen Gesichtspunkt aus zu beschreiben. Während in den neuzeitlichen vergleichenden Religionsstudien diese Tatsache nicht unbeachtet blieb, wird in den wissenschaftlichen Spekulationen wenig Gewicht auf den Ursprung dieses Planeten gelegt. Ein Grund dafür mag sein, daß fast alle Schriften, die diese Dinge behandeln, vorchristlich sind; in manchen Fällen mehrere tausend Jahre alt, und allgemein besteht die Meinung, daß sie aus unserer Vergangenheit, die voll von Aberglauben war, übernommen sind.

Wir haben damit jedoch eine Fülle von Schriften von bedeutsamem philosophischem Wert geerbt, aus denen zu ersehen ist, daß eine tiefere spirituelle Erklärung für die Entstehung der Welt und den Ursprung des Menschen die Aufmerksamkeit der größten Denker in Ost und West gefesselt hat und daß diese in ihrer Auffassung bemerkenswert übereinstimmen. Ein solches universales Zeugnis zu ignorieren kann nur kurzsichtig, ja sogar egozentrisch genannt werden, als wollte man sagen, daß nur wir, in unserem Zeitalter, mit seinen physikalischen und chemischen Begründungen ein wahres Bild vom Ursprung und vom Aufbau des Kosmos erlangt haben.

Fast in allen alten Kosmogonien wird die Geburt einer Welt als ein Entfalten oder als eine Emanation des Geistes in die Materie dargestellt. Der Prozeß beginnt auf einer höchst ätherischen Ebene, und während sich die Form gradweise entwickelt, findet eine Materialisierung statt, bis ein höchster Grad dichtester Stofflichkeit erreicht ist, worauf die Vergeistigung beginnt. Offensichtlich konnte die Erde nicht eher materielle Formen annehmen, bevor nicht auch die Naturreiche, die sie bilden, materieller wurden. Deshalb müssen wir beim Studium dessen, was fälschlich die Geschichte des Lebens auf Erden genannt wird, im Gedächtnis behalten, daß die verschiedenen Reiche ihre evolutionäre Pilgerschaft begannen, als die Erde selbst anfing, sich wieder zu verkörpern. Unsere Welt erlangte ihr physisches Gepräge erst, als die Naturreiche in Materie eingehüllt wurden.

Unter den Alten bestand die Auffassung, daß der wichtigste Schlüssel die Analogie sei, daß "wie oben, so unten". Sie folgerten: Wenn wir leben, dann muß auch alles andere in der Natur von der Lebenskraft durchdrungen sein, und so wie wir leben und sterben, müssen analogerweise alle Einheiten, ob groß oder klein, geboren werden, ihre Lebenszyklen haben und dann sterben; aber nur, um wiedergeboren zu werden. Das schließt ein, daß in den kosmischen Räumen sich Universen und Sonnen wiederverkörpern, desgleichen Planeten wie unsere so grüne und schöne Erde. Diesen Gedanken weiter verfolgend, nahmen sie an, daß auch die Erde einen inneren Organismus hat, wie der Mensch - ein Bewußtsein, Organe, Gemüt, Begehren, Lebenskräfte, alles das und noch mehr; aber auf einer kosmischen, nicht auf einer menschlichen Ebene.

Diese Gedanken lagen den alten religiös-philosophischen Beschreibungen der Geburt von Welten zugrunde, wobei diese Welten als Götter dargestellt werden, oft unterstützt von einem Pantheon untergeordneter Gottheiten, von denen jede eine Fähigkeit, eine Energie oder eine intelligente Tätigkeit symbolisiert. Der hebräische Sephirot-Baum kann zum Beispiel ein Weltensystem darstellen, aber auch eine einzelne Welt mit ihren verschiedenartigen Brennpunkten oder Globen (inneren und äußeren) oder einen Menschen mit seinen Bewußtseinszentren, die vom Spirituellen bis zum Materiellen reichen. Im theosophischen System wird unser Planet als eine Kette von sieben Globen beschrieben, die auf verschiedenen Ebenen und Unterebenen der kosmischen Substanz lokalisiert sind. Diese Globen sollte man sich nicht als voneinander getrennt vorstellen wie eine Handvoll Billardkugeln, sondern als Sphären aus Bewußtseins-Substanz, jede auf einer etwas höheren oder niedrigeren Ebene, aber alle als Bestandteil des aktiven Lebens des planetarischen Wesens.

Unsere physische Erde ist der materiellste von diesen Globen, genau wie der sichtbare Körper das Niederste der zusammengesetzten menschlichen Natur ist. Die höheren Globen sind für uns gegenwärtig nicht wahrnehmbar, und diese Tatsache bildet die Grundidee hinter dem mittelalterlichen Begriff der kristallinischen Sphären. Den Menschen kann man sich als eine Reihe unsichtbarer Sphären vorstellen, die konzentrisch ineinander existieren, wobei seine höheren und seine niedrigeren Bewußtseins-"Knoten" alle aus dem gleichen Brennpunkt im Raum kommen. Genauso ist es mit den Planeten, die, wie unsere Erdenkette, oft Planetenketten genannt werden.

Es besteht nicht die Absicht, in diesem Artikel eine ins einzelne gehende Beschreibung der Kosmogenesis zu geben. Die Verkörperung oder vielmehr die Wiederverkörperung dieses Wesens, das wir Erde nennen, soll nur in rohem Umriß zusammen mit den Heeren von Lebewesen, die seine niedrigeren Ausdrucksformen bilden, betrachtet werden. Es ist lediglich beabsichtigt, einen Überblick über die theosophische Erklärung des Ursprungs der verschiedenartigen Reiche und der Prozesse zu geben, durch welche sie dorthin kamen, wo sie sich jetzt befinden. Da diese Reiche, wenn man die Erde als Wesenheit betrachtet, Teile von ihr sind, ist es notwendig, die Rolle zu beschreiben, die sie bei der Entstehung der Erde spielten. Die Geologie und verschiedene Wissenschaften, die das Leben erforschen, verfolgen diese Aufgabe, und vorhergehende Artikel befaßten sich damit, diesen neuen Darwinismus genau zu untersuchen. In der modernen wissenschaftlichen Theorie wird die Evolution als die allmähliche Entwicklung der Formen angesehen und das dabei Zutagetreten von Intelligenz als ein Nebenprodukt der materiellen Verbindungen, während in der esoterischen Philosophie Evolution die Entfaltung des Geistes in und durch die Materie, die Expansion der inneren Möglichkeiten in äußere Ausdrucksweise ist. Mit anderen Worten, die Formen dienen den Wesen, die sie entwickelten und nun benutzen.

Die geringeren Leben der Erde bilden die verschiedenen Reiche, die uns als mineralische, pflanzliche, tierische und menschliche Reiche vertraut sind und die in Wirklichkeit Lebenswogen sich wiederverkörpernder Wesen sind, die als integrale Teile des Erdenwesens ihrem Evolutionsweg durch die Globen unserer Planetenkette folgen, so ähnlich wie die Atome und Moleküle, die durch unsere verschiedenen inneren und äußeren Körper kreisen. Der gesamte Prozeß veranschaulicht die unermeßliche Bruderschaft der Natur: das größere Wesen, in diesem Falle unsere Erde, erlangt seine Wiederverkörperung mit Hilfe seiner Reiche, aber diese "geringeren Leben" sind imstande, sich sowohl als Individuen als auch als Arten zu entwickeln, und zwar mit Hilfe des größeren Wesens, in dem sie leben und evolvieren. Dieser Prozeß nimmt offensichtlich viele Zeitalter in Anspruch.

Wenn alle einzelnen Einheiten in der Natur Ausdrücke des kosmischen Lebens sind, dann müssen die um und in uns so aktiven Energien und Kräfte ebenfalls Ausdrucksweisen lebender Wesen sein; und das bedeutet, daß jegliche Beschreibung der verschiedenen Reiche erweitert werden muß, damit sie die einzelnen Klassen von "elementalen" Energien oder Naturkräften einbezieht. Beispiele dafür, was mit "elementalen" Energien gemeint ist, sind Elektrizität, Anziehung, Abstoßung, Schwingungen (mit millionenfacher Schwingungszahl), auch meteorologische Ereignisse wie Hitze, Kälte, Donner, Blitz, Winde, Stürme und Erschütterungen aller Art in der Natur, in der Tat Millionen Erscheinungen, die mit Erde, Wasser, Luft, Feuer und dem, was die Griechen den Äther (im Sanskrit âkâsa) nannten, zu tun haben. Es wäre unmöglich, Gedanken zu denken oder irgendeine Arbeit auszuführen, ohne sich dieser Aufbauelemente des Kosmos zu bedienen, auch wenn es nicht bewußt geschieht. Gewöhnlich werden sie in drei Elementalreiche mit vielen Unterabteilungen eingeteilt.

Manchmal werden drei gottähnliche Reiche erwähnt, die sich über dem menschlichen Reich befinden (in der orientalischen Philosophie Dhyân-Chohans genannt), die ohne Zweifel ebenfalls viele Unterabteilungen haben. Diese "Götter" sind für Tätigkeiten verantwortlich, die mit dem spirituellen Aspekt der Erde als Wesenheit in Zusammenhang gebracht werden, für Ordnung, Harmonie und Gesetzmäßigkeit, nicht zu vergessen ihre inspirierenden Einflüsse und ihre vorwärtstreibenden Impulse.

Somit haben wir (dieser Aufstellung entsprechend) zehn Reiche: drei elementale, das Mineralreich, das Pflanzen-, das Tier-, das Menschenreich und drei Klassen von Göttern. In den Schriften von H. P. Blavatsky, G. de Purucker und anderen wird erklärt, daß diese Reiche an der Geburt unseres Planeten teilnahmen. Analog gesehen, ist die Wiedergeburt unserer Erde wie der Neubeginn eines Semesters in der Schule. Alle Klassen waren von Anfang an vertreten, obwohl zum Beispiel die bisherigen Sechstkläßler jetzt Siebenkläßler sein mögen usw. Die sechste Klasse hat sich nicht zur siebenten entwickelt, aber die Schüler der sechsten Klasse traten in die höhere Klasse über. So war es auch mit den Naturreichen: diese haben sich nicht eines in das andere zu anderen Reichen emporentwickelt, wie die allgemeine Wissenschaft fälschlicherweise behauptet. In irgend einem bestimmten Reiche haben vielmehr die einzelnen Wesen, als es ihre Entwicklung erlaubte, den nächsten Schritt vorwärts getan und sind in das nächsthöhere Reich - dort als die niedersten Wesen - übergetreten. Wir können die Reiche als Klassenzimmer oder als Gebiete der Erfahrung für die verschiedenen Daseinsebenen ansehen. Die Natur braucht sie, denn ohne sie könnte sie sich nicht offenbaren.

Kehren wir für einen Augenblick zum Vergleich mit einer Schule zurück: Als sich die Erde wiederverkörperte, gab es, wie in vielen heiligen Schriften angedeutet wird, nichts als "leeren" Raum. Es gab kein Schulhaus, keine Klassenzimmer, obgleich die Pläne dazu von der früheren Manifestationsperiode her vorhanden waren. Die verschiedenen Klassen von Schülern oder Monaden waren in schlafendem Zustand vorhanden. Es mußte eine Schule gebaut werden, und das geschah unter dem leitenden Einfluß der fortgeschrittensten Wesen, die als Architekten dienten. Das Material, das sie zum Bauen benutzten, waren die geringeren Lebewesen, die niedrigeren Reiche. So nahmen tatsächlich alle Reiche daran teil, und die höchsten legten die Geleise für die niedrigeren, die ihnen folgten.

Um es zu wiederholen: "Am Anfang" war die Leere, der Raum, den unser Planet einnehmen sollte, auf dessen materielleren Ebenen nichts vorhanden war, ausgenommen der Einfluß des wiedererwachenden Planetengeistes der Erde und die Heere von Göttern, die seine höheren Aspekte bilden. Die niedrigeren Klassen der Monaden waren ebenfalls anwesend, wenn auch schlummernd, doch aufgrund der früheren Verkörperung herübergetragen.

Wie gesagt, es sind immer die entwickelteren Wesen, die schon lange Zeit zuvor durch diesen Prozeß gegangen sind, die den Weg für die nachfolgenden bahnen. Nach theosophischer Anschauung - die in dieser Hinsicht der darwinischen Hypothese genau entgegengesetzt ist - bereiteten die drei Reiche über dem Menschen den Weg, den seine körperliche Entwicklung dann nahm. Und der Mensch leistete jenen unter ihm den gleichen Dienst. Er wurde das "Magazin oder Vorratshaus" der Formen für geringere, noch nicht so weit fortgeschrittene Monaden, die sich zu verkörpern suchen. Dadurch, daß der Mensch daran arbeitete, für sich selbst ein passendes Vehikel zu schaffen, durch das er seine erwachenden inneren Fähigkeiten ausdrücken konnte, waren die niedereren Reiche in der Lage, ihre eigene physische Ausdrucksform zustande zu bringen. Physisch ist der Mensch deshalb der Stamm des Baumes der sich entwickelnden Lebewesen. Seine Äste sind die anderen Reiche mit ihren verschiedenen Hauptstämmen, Klassen etc., aus denen sich während einer langen Zeitperiode Myriaden von Formen entwickelt und spezialisiert haben.

Am Anfang brachte sich der menschliche Stamm durch nicht voll ausgebildete Vehikel zum Ausdruck, denn auf dieser Stufe waren noch keine anderen Körper entwickelt. Die Rekapitulation des menschlichen Embryo im Fötus zeigt diese Tatsache noch heute. Sie stellt die Geschichte der physischen Entwicklung des Menschengeschlechts dar. Auf der frühesten Entwicklungsstufe entstanden aus den Ausdünstungen des Menschen die Mineralien; auf einer zweiten Stufe oder in einer zweiten Runde kam die Pflanzenwelt in ähnlicher Weise zustande. In der dritten Runde ergriffen die Tiere Besitz von den abgestoßenen vitalen Keimen oder Lebenszellen der "Menschheit" jener Zeit und pflanzten diese Grundformen in Tausenden von Spezialisierungen fort. In unserem gegenwärtigen, dem vierten Zyklus, hatten die Säugetiere aus dem vitalen "Schweiß" des Menschen (wie H. P. Blavatsky es nennt) ihren Ursprung. In jedem Falle nahmen die niedrigeren Wesenheiten an den gemeinsamen physischen charakteristischen Eigentümlichkeiten teil, die die Menschheit zu jener Zeit entfaltete.

In Man in Evolution erklärt Dr. de Purucker ferner, daß die vom Menschen abgestoßenen Keime oder Monaden keine menschlichen Monaden waren, sondern (wie zum Beispiel bei den Tieren) schlummernde tierische Keime, die der Mensch in sich trug. Sobald sie von der menschlichen Kontrolle befreit waren, begannen sie schnellstens, sich in verschiedenen Richtungen - was Größe und Gestalt anbetraf - zu materialisieren und zu spezialisieren. Sie entwickelten Flügel, Flossen, Beine sowie die beinahe zahllose Vielgestaltigkeit, die für das gegenwärtige Tierleben charakteristisch sind. So, wie die Menschheit den Göttern nachfolgte, folgten die niederen Reiche dem Menschen. Dazu kommt noch, daß immer eine hilfreiche gegenseitige Beziehung zwischen jedem Reich und dem gerade darüber oder dem darunter befindlichen Reich besteht.

Allgemein wird angenommen, daß das Leben mit einer einzigen Zelle begann und sich durch die Reiche zu immer größerer Kompliziertheit vermehrte und weiter entwickelte und sich in verschiedene Klassen und Kategorien etc. von Pflanzen und Tieren verzweigte. Diese spezialisierten sich dann weiter zu Ästen und Zweigen am sogenannten Baum des Lebens, an dem der Mensch erst später erschien. Wenn aber alle diese Reiche tatsächlich zu Beginn des irdischen Lebenszyklus schon vorhanden waren - wie wir erklärt haben -, dann sind wir gezwungen, unsere Vorstellung von diesem Baum der Entwicklungsgeschichte ganz entschieden zu ändern. Es wird ersichtlich, daß viele der sogenannten fehlenden Glieder zwischen den Reichen und innerhalb derselben, zwischen ihren Hauptstämmen und Klassen etc. - die die Wissenschaft vermutet - nicht gefunden wurden, weil aller Wahrscheinlichkeit nach viele von ihnen niemals existierten. Nach den soeben dargelegten Ausführungen können sie gar nicht gefunden werden, weil die Entwicklung der Formen nicht in einer ununterbrochenen Reihenfolge von Anfang bis Ende stattfand. Die fehlenden Glieder können nur gefunden werden, wenn man die Geschichte der menschlichen Evolution bis zu jenen frühen Kapiteln zurückverfolgt, in denen sich die körperlichen Ausdrucksformen des Menschen noch in unfertigen und sich erst bildenden Entwicklungsstufen befanden.

Die Glieder zwischen den Reichen und Stämmen können daher oft auch in dem Evolutionsstrom des Menschen selbst verborgen liegen. Die Situation wird noch durch die Tatsache kompliziert, daß der Globus und seine Bewohner in der Frühgeschichte der Erde erst allmählich stoffliche Formen annahmen. Sie begannen auf einer hohen ätherischen oder astralen Stufe und wurden mit jedem folgenden Zyklus immer stofflicher, bis in unserer gegenwärtigen (vierten) Runde ein Höchstmaß an Materialität erreicht wurde. Man sagt uns, für die höheren Wesen sei es schwieriger gewesen, Körper anzunehmen, während die niedrigeren Klassen aufgrund ihrer natürlichen Neigung sich schneller in physische Formen hüllten. Sobald der größtmögliche Abstieg erreicht ist, findet die Umkehrung statt, da die Erde und alles, was sich auf ihr befindet, einen aufsteigenden Bogen betritt: die niedrigeren Klassen steigen langsam auf, die höheren schneller.

Diese recht komplizierte Erklärung ist notwendig, um zu zeigen, warum viele der fehlenden Glieder wahrscheinlich niemals gefunden werden, und zwar deshalb, weil die menschlichen Urformen dessen, was später der Hauptzweig der Pflanzen und der Tierstamm wurde, vermutlich mehr astral als physisch waren. Während der menschliche Stamm zeitalterlang auf einer astralen oder halbastralen Ebene verblieb, suchten die niedrigeren Klassen sich lebhaft fortentwickelnd nach Verkörperung in neuen Gefäßen mit größeren Möglichkeiten und nahmen daher schnell "materielle Formen" an. In diesen Fällen würde es für Anthropologen oder Klassifizierer keine physischen fossilen Glieder zum Entdecken geben.

Beim Studium der Natur und ihres Wirkens ist Analogie tatsächlich ein Hauptschlüssel, denn die Lebensprozesse, ganz gleich auf welcher Ebene, verlaufen genau gleich. Die Geburt unserer Erde mit ihren verschiedenen Reichen ist im Prinzip dasselbe wie die Geburt eines Menschen. Die frühesten Stufen der sich wiederverkörpernden Wesenheit können bei beiden die embryonalen oder die Stufen im Mutterleib genannt werden. Sie sind eine Wiederholung der gesamten bisherigen Evolutionsgeschichte, die notwendig ist, weil komplizierte Vehikel nur auf diese Weise verhältnismäßig schnell gebildet werden können. Der Prozeß beginnt mit einer einzelnen Zelle, die für einen neuen Zyklus manifestierten Lebens tauglich ist.

So manchen, die diese Dinge erforschten, erschien es seltsam, daß derartige Unterschiede zwischen den verschiedenen Reichen bestehen bleiben. Der Übertritt von einem Reich in ein anderes bedeutet weitreichende innere und äußere Veränderungen oder Sprünge. Wenn nun die Evolution Stufe um Stufe bis zu einer Endform fortgeschritten ist, wie kann man dann die Beharrlichkeit der Natur erklären, die vollkommen voneinander getrennten, verschiedenen Reiche als Häuser der Erfahrung beizubehalten? Warum gibt es keine einheitliche Aufwärtsentwicklung von der Amöbe bis zum Menschen? Blavatsky deutet darauf hin, daß der Grund für die unterschiedlichen Reiche der Erde darin liegt, daß diese in archetypischen (urbildlichen) Plänen wurzeln, die aus der früheren Verkörperung der Erde herübergebracht wurden.1 Die Idee oder der Plan dafür war schon von Anfang an vorhanden, und die "Bauleute" führten ihn gewissenhaft aus. Jedes Reich bedeutet einen großen Schritt vorwärts und bietet den Wesen, die hineinkommen, neue und erweiterte Gelegenheiten für Erfahrung; daher Selbstentfaltung. Außerdem ermöglichen die verschiedenen Ebenen die stärkere Entwicklung besonderer Aspekte oder Prinzipien der Monade oder des Bewußtseinszentrums.

Man könnte ebenso fragen: Wie können die Reiche ihre charakteristische Art beibehalten, wenn die sie bildenden Wesenheiten in vergangenen Zeitaltern an dem einen Ende in sie eintraten und sie am anderen Ende wieder verließen? Ein Strom oder ein Fluß bietet eine interessante Analogie, denn auch seine Substanz fließt immerzu weiter, und doch bleibt sie das gleiche fließende Wasser, das wir immer kannten. Rassen und Nationen zeigen in ihren Lebensspannen das gleiche Phänomen: Die Seelen, aus denen sie sich zusammensetzen, kommen und gehen beständig, und dennoch überdauern die Rassen und Nationen zahlreiche Generationen. Es ist eine Tatsache, daß der menschliche Körper unaufhörlich seine Substanz verändert und dennoch ein ganzes Leben hindurch seine Gestalt und seinen Charakter behält. Die Erklärung dafür lautet: Der physische Körper ist Zelle um Zelle auf dem dauerhafteren Astralkörper aufgebaut und wird all die Jahre hindurch von dem gleichen Selbst belebt. Das letztere ist zweifellos der Schlüssel für die scheinbar ewigen Eigenschaften der Natur. Die getrennten Reiche mit ihrer herrlichen Buntheit des Lebens überleben die vergehenden Jahrtausende, weil sie ihre Wurzeln in der dauerhafteren Struktur der Natur haben und beseelt sind von zahllosen Funken göttlichen Lebens, von ewigen Pilgern auf verschiedenen Stufen der großen Evolutionsreise, der Reise der Entwicklung, die sich vom Atom bis zum Menschen und vom Menschen bis zu den Göttern erstreckt.

Fußnoten

1. The Secret Doctrine, I, 281-283 / Die Geheimlehre, I, 302-304. [back]