Wir sind Kinder der Sonne
- Sunrise 2/1975
Wir freuen uns, unsere Leser mit dem nachstehenden Artikel und dem Begleitbrief bekanntmachen zu können.
- Der Herausgeber
Los Gatos, Kalifornien, 8. Mai 1974
Sehr geehrte Herren!
Es ist bereits eine Reihe von Jahren her, als ich mit Ihrer Schriftleitung in Verbindung stand, und wenn Sie eine persönliche Bemerkung erlauben, nur mein vorgerücktes Alter - ich bin jetzt 92 Jahre alt - und der Verlust des Sehvermögens sind schuld daran, daß es mir unmöglich war, die Korrespondenz weiterzuführen, da ich die Zeit und die freundliche Bereitwilligkeit Bekannter oder stark beschäftigter Verwandter jedesmal in Anspruch nehmen muß.
Wie dem auch sei, ich möchte mit diesem Brief anfragen, ob Sie einen Beitrag veröffentlichen würden oder können, der vor vielen Jahren entstand, als ich im Jahre 1926 The Mahatma Letters (Die Mahatma-Briefe) zum ersten Male las. Einige Erklärungen von K. H. sind mir seitdem stets in Erinnerung geblieben. Es sind folgende:
Seite 168 (englische Ausgabe): "... unsere Vater-Mutter-Sonne."
Seite 165: "Die Sonne ist ... jedoch ein gigantischer Ball elektromagnetischer Kräfte, das Vorratshaus für universales Leben und Bewegung, aus welchem letztere in alle Richtungen pulsiert und das kleinste Atom wie auch das größte Genie bis zum Ende des Maha Yug mit dem gleichen Material versorgt."
Seite 415: "... Jesus, der eine geistige Abstraktion und kein lebender Mensch jener Epoche ist."
Seite 344: "... der Mensch Jeshu war bloß ein Sterblicher, wie wir alle; ein Adept war er mehr durch seine innewohnende Reinheit und weil er das wirklich Böse nicht kannte..."
Da das Ende meines Weges nicht mehr weit entfernt ist, fühle ich, wie notwendig es ist, dem wachsenden Wunsch nach eben diesem Wissen, wie es in meinem Artikel enthalten ist, nachzukommen, und damit einen wesentlichen Beitrag zu liefern und denen zur Kenntnis zu bringen, die suchen.
Deshalb füge ich dieses Manuskript bei. Sie können es nach Ihrem Ermessen verwenden. Ich möchte dazu noch erklären und betonen, daß es in der Natur eines Beitrages liegt, für den ich keine andere Entschädigung erwarte, als zu wissen, daß er anderen zur Verfügung gestellt wird, besonders den ernsthaften jungen Menschen, die versuchen, aus dem Schatten ins Licht zu treten.
Aufrichtig die Ihrige
Donna L. Preble
Prolog
Als die junge Sonne ihre kraftvollen Strahlen aussandte und damit die im Erwachen begriffene Peripherie berührte, fing das Leben an, Gestalt anzunehmen. Die von der Sonne geborenen winzigen Wesenheiten begannen ihre lange Reise durch Raum und Zeit. Sie unterlagen der Veränderung, indem sie sich selbst entwickelten. Nach Millionen von Äonen erreichte das Sonnensystem seine Urform, und die Planeten umkreisten ihren Herrn, von dem sie stammten. Einer dieser Planeten war die Erde. Auch sie brachte sich durch Bewegung und Entfaltung zum Ausdruck, indem sie die Zeitalter des mineralischen, pflanzlichen und tierischen Lebens durchlief, bis auf ihrer runden Oberfläche schließlich menschliche Wesen auftraten, deren Leben von der Sonne abhängig war, wahre Kinder der Sonne.
Der westliche Teil dieser unserer runden, sonnenbeschienenen Erde wird oft als die christliche Welt bezeichnet, weil seine gesamte Kultur von der christlichen Theologie beeinflußt und sogar beherrscht wurde. Im Anfang des vierten Jahrhunderts, zur Zeit Konstantins, begannen die Kirchenväter mit dem Aufbau ihrer Theologie. Die christliche Bibel wurde aus den verschiedenen Schriften zusammengestellt, die bei den frühchristlichen Gruppen in Gebrauch waren. Dazu gehörten auch das Alte Testament und die Schriften von Paulus. Eine Auswahl dieser Schriften diente der Theologie als Grundlage.
Zunächst wurde die Bibel nur vom Klerus benützt. Aus ihr wurde den Mitgliedern der Kirche vorgelesen oder es wurde von den Priestern darüber gesprochen. Erst nachdem die Buchdruckerkunst erfunden worden war, übersetzte man das Buch aus dem Griechischen ins Lateinische und von da in die moderneren europäischen Sprachen. Die englische Fassung, die am meisten verwendet wird, ist die Übersetzung, die zur Zeit des Königs Jakob I. angefertigt wurde. Seit jener Zeit ist dieses Buch in fast jedem Haus zu finden und wird ständig zitiert; denn so seltsam es auch scheinen mag, es findet sich darin für jeden möglichen Anlaß ein passendes Zitat. Es sind darin aber so viele widersprüchliche Behauptungen und kaum glaubliche Geschichten enthalten, - wie z. B. die Geschichte von Jonas, der vom Wal verschluckt wurde, und die der Unbefleckten Empfängnis Mariens, die von Matthäus und von Lukas beschrieben wurde - daß zuweilen über die Echtheit des Buches erhebliche Meinungsverschiedenheiten aufgetreten sind. Solche Erzählungen sind Allegorien, die nicht wörtlich aufgefaßt werden dürfen.
Gelehrte vieler Nationen haben ihr Leben damit verbracht, Antworten auf ihre Fragen über die Bibel zu suchen, aber was sie auch fanden, es schien stets durch andere Ergebnisse oder Schlußfolgerungen in Frage gestellt zu sein. Diese Verwirrung ist betrüblich, denn es sind viele schöne und wirklich spirituelle Stellen in diesem Buch, an die sich die Gläubigen klammern. Durch die Widersprüche und Ungereimtheiten fühlen sie sich jedoch enttäuscht und befremdet.
Das liegt zum großen Teil daran, weil die Symbole, die verwendet wurden, nicht erkannt oder verstanden werden. Auch Paulus sagte zu den Korinthern: "Wir reden von der heimlichen, verborgenen Weisheit Gottes, welche Gott verordnet hat vor der Welt zu unserer Herrlichkeit ..." (I, 2:7). Wenn Symbole wörtlich aufgefaßt werden, findet man jedoch selten die Wahrheit.
Der erste Teil der Bibel, das Alte Testament, enthält die hebräischen Schriften, der Rest ist das Neue Testament. Als einige ältere Teile des Alten Testaments niedergeschrieben wurden, ca. 430 v. Chr. und noch früher, war im Nahen Osten und an den Küsten des Mittelmeers die Sonne eine Hauptgottheit und das Ziel der Verehrung. Für die meisten Menschen war die Sonne der Lebenspender, der Herr der Welt. Die Juden verfaßten ihre Schriften unter diesen Gesichtspunkten. Sie ließen jedoch Jehova die Sonne verdrängen. Das Buch Ezechiel1 (Hesekiel) berichtet, wie die Priesterschaft die Sonnenverehrung, die unter dem babylonischen Einfluß stattgefunden hatte, ausschloß, "das nach Osten gerichtete Tor" verschloß, und von da ab nur noch reine Juden in den Tempel einließ.
In den Schriften des Alten Testaments verwendeten die Juden häufig Symbole, Mythen, Allegorien und auch Fabeln aus den Religionen anderer Völker, die die Sonne verehrten. Den Hauptfiguren dieser Geschichten - meist Personifikationen der Sonne - gab man jüdische Namen und Schauplätze, und den Ereignissen legte man eine jüdische Chronologie und jüdische Charakterzüge zugrunde. Sargon, der akkadische König, der tausend Jahre früher gelebt hatte, erschien als Moses aus dem Binsendickicht wieder, und "Brahm-a" wurde in "A-brahm" umgekehrt und zu Abraham, dem Vater der jüdischen Nation. Wer jedoch über die Vorgänge Bescheid wußte, konnte die Wahrheit hinter der verborgenen Bedeutung und der Symbologie erkennen.
Im Alten Testament steht der Mensch und seine Welt in einer physischen Verbindung mit der Sonne. Das läßt sich aus der Bedeutung von Jehovah oder Jahve erkennen, der, obgleich er von den Priestern jener Zeit als der Eine, Wahre Gott hingestellt wurde, in Wahrheit den dualen Aspekt der Fortpflanzungskraft der Sonne auf der Erde versinnbildlichte. Schon aus seinem Namen ist diese Dualität, diese bipolare, positive und negative, männliche und weibliche Natur zu erkennen. Das hebräische Schriftzeichen, das für die erste Silbe des Namens Jahve verwendet wird, ist eigentlich das männliche Fortpflanzungssymbol. Die zweite Silbe VEH ist gleichbedeutend mit EVA oder EVE, und stellt das weibliche Prinzip dar.
Das Alte Testament enthält Allegorien verschiedener Aspekte der Sonne und des Sonnensystems und auch des Tierkreises, jener Schar von Sternbildern, die den Himmel der Ekliptik entlang majestätisch überzieht. Jonas, der die Sonne versinnbildlicht, verbrachte drei Tage und Nächte im "Bauch des Wals", der von den alten Astrologen so bezeichnet wurde, um die Wintersonnenwende zwischen dem 21. und 24. Dezember zu kennzeichnen. Das Wintersternbild Cetus, der Wal, befindet sich dann gerade knapp über dem Horizont, in einer Stellung, in der er die Sonne 'verschluckt', wenn sie über dem Meer untergeht.
Simson versinnbildlicht ebenfalls die Sonnengottheit. Seine Stärke lag in seinen goldenen Locken, den Strahlen der Sonne. Er überwältigte den nubischen Löwen, den Löwen des Tierkreises, und seine große Stärke machte so den August (Löwe) zum heißesten Monat des Jahres. Seine anderen Heldentaten, in denen er zum Beispiel das Stadttor von Gaza weggetragen hat, beziehen sich auf die Macht des Lichtes über die Dunkelheit. Als er das Haus der Delila oder der Jungfrau, des Herbstbeginns, betrat, wurden die Strahlen der Sonne (Simsons Locken) gekürzt, und er verlor seine Stärke.
Das Alte Testament betrachtet die Beziehung des Menschen zur Sonne und zu den anderen Himmelskörpern nur in jüdischer Weise. Auch die Geschichte über den Ursprung der Juden schließt keine anderen Völker ein. Sie werden nur beiläufig erwähnt. Noah war Jude, und seine Nachkommen waren Juden. Die Genesis, die anscheinend brahmanischen Ursprungs war, ist im Alten Testament jedoch ausschließlich für die Juden geschrieben worden. Man wundert sich natürlich, warum eine so jüdische Schrift mit dem christlichen Testament vereinigt wurde, wo doch in der christlichen Bewegung ungefähr zwei Jahrhunderte lang Nichtjuden dominierten, bevor die Zusammenstellung der Schriften unter dem offiziellen Schutz Konstantins an Bedeutung gewann.
Aus den Worten, die Paulus im Neuen Testament an die Korinther richtet, kann man erkennen, daß er nicht damit einverstanden war, daß im Alten Testament das Gesetz physisch und buchstäblich ausgelegt wurde, wo doch das Moralgesetz mit dem Herzen und dem Verstand betrachtet werden sollte. Unter den Bischöfen, die daran arbeiteten, die Schriften als Grundlage für die christliche Theologie zusammenzustellen, muß diese Frage oft diskutiert worden sein; doch welche Gründe es auch gewesen sein mögen, das Alte Testament wurde, ungeachtet der Einwände in Paulus' Schriften, zu einem Teil der Bibel. Doch gerade zu der Zeit, als Paulus seine Briefe in den Basaren und auf den Marktplätzen der Städte des Nahen Ostens vorlas (ca. 50 n. Chr.), begann auch die wirkliche Geschichte des Christentums. Vielleicht sollte das Alte Testament auch nur als Prolog betrachtet werden, der notwendig war, um in erzählender Form die jüdischen Prophezeihungen über eine himmlische Gestalt wiederzugeben, die zu einer Art Erlöser, einem Messias, für die Juden werden sollte, worauf die Erfüllung dieser Prophezeihungen dann im Neuen Testament dargelegt wird. Die Ansicht von Paulus, daß die Mission Christi allen Menschen galt und nicht ausschließlich den Juden, gewann aber schließlich auf anderem Wege die Oberhand. Wie dem auch sei, die ersten Christen wollten sich in Rom beliebt machen. Somit mußten sie zeigen, daß sie mit den Juden nichts gemein hatten.
Paulus deutet mit folgenden Worten an, daß die Geschichte von Moses im Alten Testament nicht für Christen ist: "Und tun nicht wie Mose, der die Decke vor sein Angesicht hing ..., denn bis auf den heutigen Tag bleibt diese Decke unaufgedeckt über dem Alten Testament, wenn sie es lesen, welche in Christo aufhört" (2. Kor. 3:13-14).
Paulus sagt auch den Galatern, daß die Geschichte von Abrahams beiden Frauen und deren Söhnen eine Allegorie ist: "... aber der von der Magd war, ist nach dem Fleisch geboren; der aber von der Freien ist durch die Verheißung geboren. Die Worte bedeuten etwas..." (4:23-24). Die Allegorie bezog sich auf diejenigen, die durch Dogmen und Riten an die traditionelle Theologie gebunden waren. Das waren jene, die Petrus nachgefolgt waren, während die Söhne der Freien "Kinder der Verheißung" waren, die in der Freiheit des Geistes leben konnten, so wie die Zuhörer von Paulus.
Das Alte Testament bezieht sich auf die physische Seite der Beziehung des Menschen zu seiner Welt, zu Jehovah und somit, wenn auch verborgen, zur Sonne. Das Neue Testament stellt das Leben Jesu in einer Dramatisierung dar, als geistige Entwicklung des Menschen und soll eine Anweisung sein für die Beziehung des Menschen zu seinen Mitmenschen, zu einer universalen Gottheit und zu seinem eigenen geistigen Selbst. Der Kernpunkt liegt in der Ermahnung von Paulus: "Wisset ihr nicht, daß ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt? ... denn der Tempel Gottes ist heilig; - der seid ihr" (1. Kor. 3:16-17).
Einige Stellen im Neuen Testament befassen sich mit dem Fischezeitalter, das im Jahr Eins begann und bis jetzt fortdauert. Die ersten Schüler, die in den Evangelien als Anhänger Christi genannt werden, waren Simon Petrus und Andreas, die von Matthäus als Fischer bezeichnet wurden. Die astrologische Deutung des Lebens als Symbol erscheint im Neuen Testament deutlicher als im Alten Testament. Die Sonne als Lebenspender und Herr wird durch das Leben Jesu dargestellt. Seine Jünger entsprechen den zwölf Zeichen des Tierkreises. Der Kern des Neuen Testaments betrifft den geistigen Menschen und vermittelt der Menschheit das Wissen von einem besseren Leben; er führt zum besseren Verständnis für den Sinn und Zweck des Lebens.
Es gibt im Neuen Testament eine Erzählung, die als Sinnbild für die jetzige Zeit aufgefaßt werden kann; ihre Wirkungen werden noch in künftigen Zeitaltern spürbar sein. Es ist die Geschichte des Abendmahls. Jesus schickte Petrus und Johannes in die Stadt, um einen Ort vorzubereiten, wo sie gemeinsam das Passahmahl einnehmen konnten. Er sagte ihnen, daß sie einem Mann begegnen werden, der einen Wasserkrug trägt, dem sollten sie folgen. Der Mann mit dem Wasserkrug ist das Symbol für das Tierkreiszeichen Wassermann, der Wasserträger. Der Wassermann, der die kostbare Flüssigkeit trägt, - die Lebensflüssigkeit - und der sorgfältig damit umgeht und sie nicht verschwendet, versinnbildlicht die Verantwortung, den Grundzug dieses Zeichens. Es ist das Wassermannzeitalter, das vor uns liegt und dem Fischezeitalter folgt, das wir fast zweitausend Jahre lang durchschritten haben.
Jesus, der geistige Mensch, der die Sonne versinnbildlicht, saß an der Tafel mit den zwölf Aposteln, die die zwölf Zeichen des Tierkreises symbolisieren, welche die gesamte Menschheit umfassen. Als Jesus sagte, daß einer von ihnen, der mit ihm das Abendmahl aß, ihn verraten werde, meinte er Judas, der das Zeichen Skorpion darstellte. Jedes Zeichen beherrscht außer seiner umfassenden geistigen Hauptbedeutung zusätzlich noch ein bestimmtes Gebiet des menschlichen Körpers. Skorpion beherrscht die Zeugungsfunktionen, die wie jede andere körperliche Funktion der Disziplin unterworfen und beherrscht werden müssen. Wenn wir bedenken, was die Welt heute befürchtet, so ist es die Überbevölkerung, die im wesentlichen auf Disziplinlosigkeit und übermäßigen Genuß zurückzuführen ist. Dazu kommen noch die Forderung nach größerer sexueller 'Freiheit' und die öffentliche Billigung von Perversitäten, wobei jegliche Selbstdisziplin mißachtet und der wichtige innere Fortschritt der menschlichen Rasse völlig außer acht gelassen wird. Die Vergeudung der kostbaren Lebensflüssigkeit, die in der heutigen Zeit so offensichtlich ist, kann schließlich nur zur Impotenz des Menschen führen. Es ist Judas, der den Meister, den geistigen Menschen, verrät.
Man nimmt für gewöhnlich an, daß die Geburt Jesu mit dem Beginn des Fischezeitalters zusammenfällt. Das Datum, an dem man jetzt die Geburt Jesu feiert, fällt genau auf den Zeitpunkt, an dem das alte Jahr zur Wintersonnenwende zu Ende geht, und das neue Jahr - der neue König - geboren wird. Dieses Datum ist jedoch im Neuen Testament nirgends verzeichnet; es wurde erst in späteren Jahrhunderten von den Kirchenvätern festgelegt. Nach der Astrologie tritt die Sonne bei Beginn der Sonnenwende um Mitternacht in das Zeichen Steinbock ein (das Zeichen, das an die Krippe denken läßt), wobei das Zeichen Jungfrau sich nur wenige Grade über dem Horizont befindet. Somit wird das neue Jahr, dargestellt durch die Sonne oder Christus, von einer Jungfrau geboren. Hierin kann der Ursprung des Dogmas von der "unbefleckten Empfängnis" erkannt werden. Da es buchstäblich ausgelegt wurde, hat es so viel Kritik ausgelöst. Ostern, die Zeit für die Feier der Wiederauferstehung, kommt in der Jahreszeit, in der die nordwärts gehende Sonne die gesamte Natur zu neuem Leben erweckt hat. Der heilige Wochentag für die Christen ist Sonntag, der Tag des Herrn, der Tag zur wöchentlichen Feier der Wiederauferstehung Christi, der Sonne der Christenheit.
Als Paulus seine Briefe über Jesus den versammelten Zuhörern in Ephesus, Korinth und an anderen Orten vorlas, erschienen ihnen diese glaubwürdig. Wunder, wie man sie Jesus zuschrieb, waren zu jener Zeit schon von dem griechischen Philosophen Apollonius von Tyana, der um das erste Jahrhundert herum geboren wurde und hundert Jahre lebte, vollbracht worden. Apollonius war in der römischen Welt und auch im Osten sowohl seiner Lehren als auch seiner Wunder wegen weit bekannt.
Eine von den Geschichten über Apollonius berichtet, daß er sich vor nichts fürchtete. Vertrauensvoll betrat er Rom, obgleich Philosophen von den römischen Regenten nicht gern gesehen wurden und man ihnen verboten hatte, diese Stadt zu betreten. Er wurde ins Gefängnis geworfen und vom Gericht des Domitian beschuldigt, gegen das Gesetz verstoßen zu haben. Als das Dokument, auf dem die Anschuldigungen geschrieben waren, entrollt wurde, stand nichts darin, es war leer! Ein Urteil mußte jedoch gefällt werden, aber bevor der Kaiser den Mund öffnen konnte, um es zu verkünden, verschwand Apollonius von der Bildfläche. Einiges von diesem "Wunder" ist vielleicht später in die Erzählungen über das Leben Jesu eingeflochten worden, da kein offizieller Bericht vorliegt, daß Jesus vor dem römischen Gericht des Pontius Pilatus erschienen ist.
Paulus richtete seine Botschaft hauptsächlich an die Nichtjuden und forderte damit, und noch aus anderen Gründen, den Widerspruch von Petrus heraus, der seiner jüdischen Tradition treu blieb. Diesem Widerspruch stimmten die Anhänger von Apollonius anscheinend nicht zu, da die Botschaft von Paulus mit ihrem Glauben übereinstimmte.
Bald nachdem Paulus auf dem Wege nach Damaskus die erleuchtende Vision hatte, suchte er nach tieferem Verständnis. Er verbrachte damals - er war in den dreißiger Jahren - etwa drei Jahre in einer Gemeinschaft der Essener bei Damaskus, wo er über das Leben und die Lehren des abgelehnten messianischen Sendboten, dem sogenannten "Lehrer der Rechtschaffenheit", etwas erfuhr. Ein oder zwei Jahrzehnte später war er für mehrere Jahre in Ephesus, zu einer Zeit, als dort nicht nur viele Philosophen tätig waren, sondern sich auch Mysterienschulen mit zahlreichen Anhängern befanden. Während dieser Zeit lernte Paulus durch sein Zusammenleben mit den Essenern und durch die Kontakte in Ephesus offensichtlich etwas über die Kunst der Symbologie und die Anwendung von Gleichnissen. Dort erwarb er sich auch die Kenntnis der esoterischen Philosophie. Während seines Aufenthalts in Ephesus mag es auch gewesen sein, daß er mit Seneca, einem römischen Staatsmann und Philosophen, der einer der hervorragendsten lateinischen Schriftsteller des ersten Jahrhunderts n. Chr. war, korrespondierte. Es existieren Briefe, die zwischen Paulus und Seneca geschrieben wurden, in denen Paulus Seneca als "mein lieber Meister" anredete und von diesem "Bruder" genannt wurde; Begriffe, die gewöhnlich von Lehrern und Schülern der esoterischen Philosophie in der gegenseitigen Anrede verwendet wurden. Diese Briefe wurden von Hieronymus2 als Fälschungen gebrandmarkt, aber seine Motive hierfür sind fragwürdig.
Es bestand ein großer Unterschied zwischen dem, was Paulus zu sagen hatte, im Vergleich zu den Lehren anderer Philosophen, Apollonius eingeschlossen. Da war die Geschichte von der Kreuzigung und Wiederauferstehung Jesu, sowie sein Wiedererscheinen vor den Aposteln, nachdem er drei Tage im Grabe gelegen hatte. Diese Offenbarung des Lebens nach dem Tode war die freudige Botschaft, die die christlichen Evangelien all jenen brachte, die bislang den Tod als Auslöschung oder ewige Strafe betrachteten. Die Auffassung von Jesus Christus, wie sie Paulus hatte, wurde von seinen Zuhörern so verstanden, daß sie ihnen Hoffnung gab, die sie vorher nie hatten.
Die Geschichte Jesu ist jedoch eine Erzählung, die eine göttliche Bedeutung hat, weil sie von der Geburt bis zur Kreuzigung den Lauf der Evolution des Menschen auf Erden beinhaltet. Die Kreuzigung sollte man nicht als das Ergebnis eines Lebens betrachten, wie über Jesus von Nazareth geschrieben wurde, sondern vielmehr als eine Darstellung des angehäuften Übels, das aus der Unwissenheit des Menschen entspringt, aus seiner Selbstsucht und seinem Haß, wodurch der Mensch sich selbst kreuzigt.
Die Geschichte der Kreuzigung, der die drei Tage im Grabe folgten, kann auch als Allegorie zur Geschichte der Sonne und des Menschen aufgefaßt werden. So wie die Kraft der Sonne in der zweiten Hälfte des Jahres abnimmt und ihren tiefsten Punkt während der Winter-Tagundnachtgleiche erreicht, genauso zieht sich das physische Leben des Menschen bei zunehmendem Alter zurück, um dann, wie die Sonne, in ein neues Jahr (oder Leben) wiedergeboren zu werden. Das Kreuz stellt das irdische Leben des Menschen dar; der Mensch, der die Folgen für seine Unkenntnis der Wahrheit zu tragen hat, der Mensch, der sich selbst für seine Unwissenheit straft. Das Kreuz stellt auch den Geist dar (die senkrechte Linie), der in das Wasser des physischen Lebens (die waagrechte Linie) eintaucht. Der Finger Gottes (oder die Sonne) durchdringt das Wasser der Erde.
Im Neuen Testament zitiert Markus die Erklärung Jesu an seine Jünger: "Euch ist's gegeben, das Geheimnis des Reiches Gottes zu wissen; denen aber draußen widerfährt es alles durch Gleichnisse..." (4:11). Oder nach Matthäus sagte Jesus zu seinen Jüngern: "... Euch ist's gegeben, daß ihr das Geheimnis des Himmelreichs verstehet; diesen aber ist's nicht gegeben. ... Darum rede ich zu ihnen durch Gleichnisse. Denn mit sehenden Augen sehen sie nicht, und mit hörenden Ohren hören sie nicht; denn sie verstehen es nicht" (13:11, 13).
So ist es also: Allegorien (Gleichnisse) wurden denen erzählt, "die nicht wissen", womit gesagt wird, daß diejenigen, die die Wahrheit kennen, keine Gleichnisse oder Allegorien brauchen. Die Worte der Evangelien dürfen selten buchstäblich genommen werden; während die wahre Bedeutung der Allegorien durch Studium und spirituelle Erklärung zu finden ist. Einige von denen, "die nicht wissen", sind nicht damit zufrieden, die Allegorien so hinzunehmen, wie sie gegeben werden. Sie werden angeregt, nach ihren wahren, verborgenen Bedeutungen zu suchen, dadurch erlangen sie schließlich wahres Wissen, also Weisheit.
Das Leben Jesu kann als eine Allegorie oder höhergeistige Abstraktion betrachtet werden, die die fortschreitende spirituelle Evolution der Menschheit zur Erlangung höchster Weisheit darstellt, das Wissen über die höhergeistige Realität. Von der Geschichte wird die Erzählung über Jesus, wie sie in den Evangelien enthalten ist, jedenfalls nicht bestätigt. Der Historiker Philo Judaeus machte während der ersten vierzig Jahre n. Chr. verschiedene Reisen nach Jerusalem, aber auch er erwähnte in seiner bis ins einzelne gehenden Schilderung über die religiösen Sekten, die dort zu jener Zeit bestanden, Jesus, die Apostel oder die Kreuzigung nicht. Und auch kein anderer Historiker jener Zeit nimmt Bezug auf diese wichtigen Dinge. Vielleicht ist die den Evangelien zugrundegelegte Zeitperiode falsch, wie einige Gelehrte angedeutet haben, und die Ereignisse, die mit den beschriebenen zusammenfallen, haben tatsächlich zu einem anderen Zeitpunkt, vor dem Jahr Eins n. Chr., stattgefunden?
Es kann vielleicht aufschlußreich sein, daß viele Gelehrte jetzt übereinstimmend annehmen, daß die vier Evangelien Matthäus, Markus, Lukas und Johannes nicht vor dem letzten Teil des ersten Jahrhunderts n. Chr. geschrieben sein konnten. Somit bleiben hauptsächlich die Schriften von Paulus als die ältesten Quellen der christlichen Botschaft übrig. Aber in seinen Schriften lag die Betonung auf der göttlichen Botschaft, nicht auf den angeblichen Einzelheiten im Leben Jesu.
Historische Eintragungen in den ältesten Büchern des Talmud und auch einige christliche Quellen beziehen sich auf einen religiösen Führer namens Jehoshua ben Panthera, der ca. 120 v. Chr. in Lod (Lydda) geboren wurde. Die hebräischen Schriftzeichen für den Namen dieses Mannes können gleichfalls als Joshua oder Jesu (Jesus) wiedergegeben werden. Als er noch ein Kind war, nahm Jehoshuas Großonkel, Jehoshua ben Prachia, ein Rabbiner, der die charakterliche Reinheit des Jungen erkannte, ihn mit nach Ägypten, damit er durch die Hohepriester unterwiesen und in die Mysterien, die dort ihren Mittelpunkt hatten, eingeweiht werden konnte. Nach Jahren der Schulung und Erziehung nahm er seine Verantwortung als Meister auf sich und kehrte zu seinem Volk zurück, um zu lehren. Weil sein Vater Halbjude war, wurde Jehoshua von den orthodoxen jüdischen Priestern abgelehnt, die ihn bald der Ketzerei bezichtigten. Er wurde vor dem Sanhedrin (jüdisches Gericht) verhört und zusammen mit Hunderten seiner Anhänger, die als die "Unschuldigen" bekannt waren, weil sie nichts Böses taten, zum Tode verurteilt. Diese schändliche Episode war in der Geschichte Israels absichtlich nicht erwähnt worden und wurde erst zwanzig Jahrhunderte später wieder bekannt, als die verstreuten Fragmente der Pergamente, die am Toten Meer gefunden wurden, zusammengesetzt worden waren. Was das sogenannte "Erschlagen der Unschuldigen" selbst anbelangt, so wurde es in das Neue Testament übertragen, wenn auch dort die Opfer unschuldige Kinder gewesen sein sollen, die auf Befehl des Herodes ermordet wurden, ein Ereignis, wofür sich nicht der geringste Beweis erbringen läßt.
Jehoshua ben Panthera ist anscheinend der Mann, der in den Schriftrollen vom Toten Meer und im Dokument von Damaskus als "Lehrer der Rechtschaffenheit" bezeichnet wurde. Dieser Mann war ein spiritueller Führer. Seine Anhänger glaubten, er sei mit der Kraft ausgestattet, das Gesetz und die Worte der Propheten auslegen zu können, und sei der langerwartete Messias. Aber durch den Verrat des "Falschen Priesters" wurden er und seine Anhänger vor dem Jahr 70 v. Chr. verfolgt und getötet.
Es ist möglich, daß Paulus und seine Mitarbeiter alles, was sie über das Leben von Jehoshua ben Panthera und möglicherweise auch von Apollonius von Tyana wußten, dazu verwendeten, um die spirituellen Ideen, die jetzt im Neuen Testament enthalten sind, in einer allegorischen Lebensgeschichte darzustellen. Das, was sie über die Ausbildung und die Prüfungen der großen Eingeweihten der Mysterien wußten, scheinen sie ebenfalls berücksichtigt zu haben, so daß schließlich ihre Geschichte von Jesus die Entwicklung des Menschen bis zur letzten Vollendung und die Vereinigung mit seinem spirituellen Selbst symbolisierte.
Der Gedanke, das Leben Jesu als eine höhergeistige Abstraktion zu betrachten, die die menschliche Entwicklung versinnbildlicht, wurde von den Nachfolgern des Paulus, die das ins Leben riefen, was später zur Römisch-Katholischen Kirche wurde, nicht verstanden. Als dann unter dem bekehrten Kaiser Konstantin das Christentum im ersten Teil des vierten Jahrhunderts zur Staatsreligion des Römischen Reiches bestimmt wurde, benutzten Kirchenväter wie Eusebius, Bischof von Caesarea und Historiker des frühen Christentums ihren Einfluß, um die Lehren zu unterdrücken, mit denen sie nicht übereinstimmten. Sie waren hauptsächlich dafür verantwortlich, daß die wahre Bedeutung einiger der ersten christlichen Schriften unter dem Mantel offizieller Dogmen begraben wurde. Nur die offensichtliche Rivalität und ständige Eifersucht unter den verschiedenen Bischöfen in den ersten Jahrhunderten der christlichen Ära verhinderten bis zu einem gewissen Grade derartige Änderungen in den ursprünglichen Schriften.3
Man sollte noch bedenken, daß Konstantin zu seiner Zeit mit der Organisation der christlichen Kirche viel zu tun hatte und auch selbst eingreifen mußte, um einige doktrinäre Streitigkeiten zu schlichten. Später erzählte er einmal Eusebius, daß er durch eine Vision zum Christentum bekehrt worden war. Es war gerade vor seinem siegreichen Feldzug gegen Maxentius, als Konstantin in einer Vision ein über die Sonne gelegtes Kreuz sah. Konstantin war eigentlich ein Sonnenanbeter, und noch nach seiner Bekehrung stellte er die Sonne auch weiterhin in den Vordergrund. Beispiele dafür sind die Einhaltung des Sonn-Tages bei den Christen, die Prägungen auf den Münzen und die Gedanken über die Natur Christi, die er zum Ausdruck gebracht hat.
Das Zusammenfügen des christlichen Neuen Testaments mit dem jüdischen Alten Testament kann man teilweise verstehen, wenn man den Charakter und die Ansichten der Kirchenväter studiert, wie sie in ihren Schriften zum Ausdruck kommen. Sie bemühten sich, Jesus mit dem Messias oder Erlöser zu identifizieren, dessen Kommen von den Propheten des Alten Testaments vorausgesagt worden war.
Im allgemeinen waren die Kirchenväter keine Mystiker, und auch die Symbolik der heiligen Schriften haben sie wohl nicht verstanden. Sie versuchten vielmehr, die Geschichte von Jesus zu verbreiten, weil er die Prophezeihungen des Alten Testaments erfüllte. Alles, was gegen diese Feststellung sprach, wurde in Frage gestellt und wenn möglich unterdrückt. Ein treffendes Beispiel hierfür ist die Tatsache, daß Eusebius Berichte über die von Apollonius bewirkten Wunder ablehnte. Eusebius bedauerte, daß Apollonius so hoch geschätzt wurde und unterdrückte jeden Vergleich oder jede Gegenüberstellung des Apollonius mit "Unserem Erlöser."
Die neue Christenbewegung entwickelte sich inmitten einer allgemeinen Sonnenverehrung verschiedenster Art. In den ersten christlichen Jahrhunderten - bevor die christlichen Schriften der Sprache des Alten Testaments angepaßt wurden - war Christus für die Christen eine symbolische Darstellung, er war die Sonne der Wahrheit, die Sonne der Wiederauferstehung und der Erlösung. Und das ist nicht verwunderlich, denn die Sonne ist der Lebenspender des Sonnensystems, und alle Organismen hängen mit ihrem Wachstum und ihrer Vermehrung von ihr ab. Das Modell ihres Wachstums entspricht dem Sonnensystem. Es ist im kleinen in der Struktur des Atoms mit seinem zentralen Atomkern und den Elektronen, die um ihn kreisen, und in der lebenden Zelle mit ihrem Atomkern und der ihn umgebenden inneren Zellstruktur wiedergegeben. Da die Sonne der Vater ist, sind wir alle Kinder der Sonne, mit der Möglichkeit, durch Entwicklung zu werden wie sie, die "Vater-Mutter"-Gottheit unserer Existenz.
Den Religionen und Philosophien liegt ein universales esoterisches Wissen zugrunde. Danach kann es nur eine einzige Wahrheit geben, - das Eine Ganze, wie es der griechische Philosoph Pythagoras nannte - obgleich das menschliche Gemüt, so wie es ist, viele Variationen bilden kann, wenn es Teile dieser Wahrheit erkennt.
Die Menschen werden meist mehr von den glänzenden und egotistischen Erklärungen beeindruckt als von der Wahrheit, die sie nicht so leicht verstehen, denn dabei müssen sie sich zuerst anstrengen und Vernunft und Selbstdisziplin walten lassen. Es ist das souveräne Recht jedes Menschen, wahres, höhergeistiges Wissen zu besitzen, und er ist privilegiert, danach zu trachten. Doch es ist nicht nur sein Vorrecht, sondern vielmehr seine Pflicht gegen sich selbst, und seinen Mitmenschen gegenüber, sein höhergeistiges Potential immer mehr zur wahren Meisterschaft zu entwickeln.
Epilog
Und wir, wir Kinder der Sonne, was tun wir nun? Langsam kommen wir endlich unter der dunklen Decke der christlichen Theologie hervor, die unsere Fähigkeiten allzusehr begrenzt hat, die Möglichkeiten, die unser Vater, die Sonne, uns hat zuteil werden lassen, zu erkennen oder zu erreichen, und den Schlüssel zu diesem Höheren Selbst in uns zu finden.
Einige von uns gehören noch zu denen, die am Sonntag die Kirche besuchen, an einem Tag in der Woche. Doch sehr viele von uns besuchen Schulen und Universitäten, und das nicht nur an einem Tag in der Woche, sondern jeden Tag. Sie drängen in die Bibliotheken und suchen ernsthaft nach Wissen. Immer mehr nimmt unter uns der Wunsch nach Erkenntnis und Wissen, und die Wahrheit zu finden, zu. Wir haben durch diese Bemühungen erstaunlich viel Intelligenz entwickelt, die es uns ermöglicht, beachtliche Fahrzeuge zu bauen, mit denen wir die Erde von oben betrachten und weit in den Raum vorstoßen können, um Antworten auf unsere Fragen zu finden. Wir haben außergewöhnliche Mikroskope entwickelt, um unseren Ursprung in der Zelle zu erforschen, und sind in das Herz des Atoms eingedrungen. Wir haben erstaunliche Teleskope gebaut, die einen Einblick in den Kosmos ermöglichen und Teile sehen lassen, die vielleicht schon vor Milliarden von Jahren wieder verschwunden sind, aber für uns erst jetzt sichtbar werden.
Aber nicht durch den Blick ins Universum erkennt der Mensch die Wahrheit über sich und seine Rolle im Kosmos. Diese Wahrheit liegt in jedem von uns. Die gesamte Geschichte der menschlichen Evolution und ihre Verheißung ist im eigenen menschlichen Samen enthalten. Alle Lebewesen, alles, was in der Natur lebt, dehnen sich von einem Mittelpunkt aus, der in ihnen selbst liegt; einem Mittelpunkt, der in sich das geistige Bild seiner eigenen Reife trägt; denn der Teil enthält das Ganze. Genauso wie der künftige Mammutbaum bereits in seinem winzigen Samenkorn enthalten ist, so wartet auch die Entwicklungsfähigkeit im Menschen auf ihre volle Entfaltung. Das kann aber nur durch eigene Anstrengungen im Hinblick auf Selbstdisziplin und Selbstbeherrschung erreicht werden.
Lassen Sie mich noch ein Wort der Ermutigung für alle diejenigen einflechten, die ernsthaft nach Wahrheit suchen. In der langen Menschheitsgeschichte und sogar in den dunkelsten Zeiten der Unwissenheit gab es Menschen, die das Licht in sich fanden und ihre Verwandtschaft zur Sonne erkannten. Die Namen dieser Menschen waren der Nachwelt selten bekannt, aber durch ihre Selbsterleuchtung bildeten sie eine Bruderschaft weiser Menschen, die es sich zur Aufgabe gemacht hatte, ihren Mitmenschen zu helfen zum Nutzen der gesamten Menschheit. Es liegt in der Verantwortung jedes einzelnen, ob jung oder alt, das Licht im Inneren zu finden; den menschlichen Körper, in dem der Geist wohnt, so zu meistern, daß ihre Kenntnisse zur künftigen Höherentwicklung der gesamten Menschheit beitragen.
Wir alle sind Kinder der Sonne, auch wenn wir noch unreif sind und noch eine lange, lange Reise bis zur Selbstentfaltung vor uns haben, die viel Zeit, Handlung und Veränderung in sich einschließt.
Die Bibelzitate sind entnommen aus: Die Bibel oder die ganze Heilige Schrift des Alten und Neuen Testaments nach der deutschen Übersetzung D. Martin Luthers, Ausgabe 1948.
Fußnoten
1. Kapitel 8, 16; Kapitel 43, 1-5; Kapitel 44, 1-9. [back]
2. Der heilige Hieronymus (Eusebius Hieronymus), ca. 347-420 n. Chr., hatte als erster schriftliche Hinweise auf diese Briefe hinterlassen. [back]
3. Die Anweisungen, die Jesus den Aposteln gab, - "Ich gebe Euch ein neues Gebot, daß Ihr Euch gegenseitig liebt" - blieben größtenteils unbeachtet. Man kann diese Seite des Christentums, die in der Geschichte durch Akte der brutalsten Grausamkeit zum Ausdruck kam, nur bedauern. Darunter fallen z. B. die Verbrennungen auf dem Scheiterhaufen, Pogrome, Massaker, religiöse Kriege und die unaussprechlichen Unmenschlichkeiten, die ganze Jahrhunderte lang im Namen der Inquisition ausgeführt wurden, wobei das alles eine völlige Umkehrung des christlichen Prinzips darstellte. [back]