Fehlende Seiten in der Geschichte des Mittelalters, 1. Teil
- Sunrise 4/1974
Was geschah wohl mit jenen Seiten in unseren Geschichtsbüchern, die die Zeit zwischen Altertum und Neuzeit behandeln? Warum waren wir nach der Zerstörung der großartigen alexandrinischen Bibliothek nicht imstande, den Verlust zu rekonstruieren und über die angebrannten, halb in Asche und Schutt vergrabenen Seiten aus Äschylos' unsterblichen Dramen, über die verblaßten euklidischen mathematischen Diagramme und die schwelenden Bündel aristotelischer wissenschaftlicher Abhandlungen neue Betrachtungen anzustellen?
Wenn tatsächlich alles zerstört wurde, wie kommt es dann, daß unsere Gesetze, unsere Regierungsformen, unsere Wissenschaft und unsere Philosophie auf Begriffen der hellenischen Kultur begründet sind? Es lohnt sich, diese Kapitel - die wir anscheinend in unserer Eile, ja die Neuzeit zu erfassen, ausgelassen haben - nochmals zu lesen. In diesen Seiten können wir aber entdecken, daß das Wissen, von dem wir glaubten, es sei unwiederbringlich verloren, nicht vollkommen vernichtet wurde. Das trifft im besonderen zu für jene philosophischen und wissenschaftlichen Werke, die in der Bibliothek und im Museum des alexandrinischen königlichen Palastes aufbewahrt waren, wo Gelehrte das Beste auf jedem Gebiet des Wissens gesammelt, übersetzt, redigiert und katalogisiert hatten. Manches wertvolle Stück wurde in weit entfernte Gegenden gebracht.
Aus jenen 'fehlenden' Seiten werden wir ersehen, wie wachsame Gelehrte den böswilligen Anstrengungen römischer Söldner und christlicher Fanatiker, die jede Spur der heidnischen Kultur vernichten wollten, entgegengearbeitet haben. Aus deren finsteren Blicken und voreingenommenen Fragen sahen und hörten sie den Geist der Bigotterie, der sich leicht zu einer wirklichen Massenvernichtung auswachsen konnte; und tatsächlich kam es auch dazu. Diese Gelehrten haben, zum Glück für die Nachwelt, still ihre Habseligkeiten zusammengepackt, haben dabei 'zufällig' einige unersetzliche Manuskripte mit eingepackt und die Stadt verlassen. Andere - Übersetzer, Schreiber und Forscher, die in der Museumsbibliothek beschäftigt wurden - waren ebenfalls klug. Wenn es möglich war, schafften auch sie brüchige Papyri und Pergamente beiseite.
Einige Schriften wurden in unterirdischen Gewölben aufbewahrt oder in ägyptischen Mumiensärgen versteckt. Andere wurden in chinesische Seide gewickelt und mit den Handelskarawanen fortgeschmuggelt. Diese zogen auf uralten Reiserouten ihren Weg zu den Städten des Nahen Ostens, wie Damaskus, Antiochien, Edessa, Harran und Jundishapur. Hier waren die bildenden Einflüsse griechischer Kultur schon seit der alexandrinischen Kolonisierung, etwa 300 v. Chr., zu spüren, und erfolgreiche arabische Kaufleute und wissensdurstige Studenten trieben Tauschhandel, um diese kostbaren Manuskripte in Besitz zu bekommen. Damit sammelten sie wichtigen kulturellen Samen, den sie und ihre Landsleute nicht nur während des langen dunklen Mittelalters behüteten, sie verhalfen ihm damit auch zu einem dauernden, fruchtbaren Wachstum.
Es ist unbestritten, die islamische Bewegung machte unbarmherzige und kriegerische Eroberungen. Kaum war der Prophet Mohammed 632 n. Chr. gestorben, als seine fanatischen Beduinenheere, die an den Grenzen des byzantinischen und des persischen Reiches standen, losschlugen, um Syrien zu erobern; sie besetzten Jerusalem und Palästina, dann Tripolis, Ägypten, Mesopotamien, Armenien und Georgien. Um 732 hatten sie ihr Reich bis an die Vorgebirge des Himalaya, nach Persien, Spanien und Frankreich hinein, ausgedehnt, wo Charles Martel ihre Invasion in Europa durch einen glänzenden Sieg bei Tours aufhielt. Doch der religiöse Fanatismus findet kein Ende. Fanatische Kriegshelden - Kämpfer für den Glauben - sind immer wieder marschiert und suchten alle zu vernichten, die ihrer unnachgiebigen Meinung nach Ungläubige waren.
Der Islam hatte jedoch auch Gruppen Intellektueller, die friedfertig und beständig die Zitadellen der Wahrheit belagerten - ihre Banner: Embleme des Wohlwollens; ihr Krummsäbel: die Feder. "Die Tinte der Gelehrten ist kostbarer als das Blut von Märtyrern." Ohne sie und die Rolle, die sie bei der Wiedergewinnung, bei der Erhaltung und Verbreitung des alten Wissens überall in ihrem ganzen Reich und auch unter den scholastisch Gebildeten Westeuropas gespielt haben, hätte unsere Kultur wahrscheinlich keine wissenschaftliche Renaissance erlebt, und ihr philosophisches Erbe wäre verloren.1
Gerade hier ist es angebracht, sich zu erinnern, daß nicht alle Araber geborene Araber waren. Während jener Jahrhunderte, in denen die christliche Orthodoxie unerträglich grausam geworden war, haben sich ganze Perser-, Türken- und Berberstämme, die verzweifelt danach trachteten, ihre Denkfreiheit zu behalten, den arabischen Eroberern unterworfen, und nur um der Selbsterhaltung willen nannten sie sich Araber. Deshalb schloß diese Bezeichnung alle ein, die arabisch sprachen, die mohammedanischen Glaubens waren und diejenigen, die unter dem Schutz der arabischen Herrschaft standen - eine Regierung, die damals die Zusammenarbeit mit ihren Untertanen suchte. Sie duldete die örtlichen Bräuche und gab auch jenen von niedriger Geburt Gelegenheit, Vermögen und hohe Stellung zu erlangen. Sie ermutigte Freiwillige, als Soldaten, Arbeiter und Kaufleute in dem schnell aufblühenden muselmanischen Reich mitzuarbeiten. Diejenigen, die sich aus der Geborgenheit ihrer vertrauten Umgebung loslösten, in der bejahrte Barden die Kultur und die örtliche Geschichte, Ethik und die religiöse Lehre in die Erzählungen der Ruhmesgeschichte des Stammes verwoben hatten, spürten unwiderstehlich die Lockung fremder Bräuche und Glaubensbekenntnisse. Da alle nach Verständigung suchten, erkundigten sich die Fremden gegenseitig über die Lebensweise, die Bräuche und die Religion der anderen.
Dieser Austausch wirkte elektrisierend. Da jedermann überzeugende Argumente liefern wollte, sah er sich vor die dringende Notwendigkeit gestellt, etwas zu wissen. Es gab Fragen über Fragen. Die Suche nach Wahrheit verbreitete sich wie eine ansteckende Krankheit unter allen Schichten der Gesellschaft. Wohlhabende und einflußreiche Familien rivalisierten miteinander und wetteiferten sogar mit den Kalifen, weise und begabte Männer anzustellen, die sie selbst und ihre Kinder unterrichten sollten.
Einer dieser begeisterten Schirmherren war der Kalif von Bagdad, al-Ma'mûm, der 830 n. Chr. das berühmte Bait al-Hikhmah gründete. In diesem 'Haus der Weisheit' trennte der Kalif kühn die wissenschaftlichen Studien von der traditionellen Theologie. Er sammelte nicht nur seltene und wertvolle Manuskripte und hielt eine Schar hervorragender Lehrer, die in den Wissenszweigen der 'alten Gelehrsamkeit' bewandert waren, sondern er leitete regelmäßig auch ihre Diskussionen selbst. Seine in Form von Monographien und Aphorismen niedergeschriebenen Dissertationen zeugen von einer Aufgeschlossenheit und geistigen Unvoreingenommenheit, die selbst heute auffallen würden.
Al-Ma'mûm tat viel, um Bagdad - die alte babylonische Stadt, die die persischen Dichter Bag-Da-Du, Garten Gottes, nannten - zu einem Hauptzentrum der Gelehrsamkeit in der mohammedanischen Welt zu machen. Ihr Wohlstand und ihr kultureller Einfluß zogen sowohl Gelehrte als auch Abenteurer aus dem fernen China, aus Indien, Persien, Syrien, Baktrien, aus Ägypten und Griechenland an. Wenn sich diese Menschen aus so verschiedenen Himmelsrichtungen auf dem Marktplatz, am königlichen Hof oder in der Halle der Universität trafen und versuchten, die sprachlichen Schranken zu überwinden, entdeckten sie neue, aufregende Wissensaspekte. Ideen gingen in ihren Gemütern auf, wie Sämlinge nach einem ergiebigen Regen.
Aus den Ideen entstanden Fortschritte, besonders in Mathematik und Astronomie. Nachdem man die indischen Ziffern einschließlich der Null und dem Dezimalsystem und danach die Vereinfachung der Grundbegriffe und Berechnungen von Archimedes, Euklid und Ptolemäus angenommen hatte, brachte der Fortschritt in Algebra, Geometrie, Planimetrie und sphärischer Trigonometrie den Arabern großen Beifall.
Obwohl manche Experten sicher sind, daß die indische Arithmetik in Alexandrien entwickelt wurde und von Ägypten auf dem Seeweg nach dem nordwestlichen Indien und von dort über Persien nach Bagdad gebracht wurde, erklärt al-Khowârizmî in einem etwa im Jahre 825 veröffentlichten Buch, das später unter dem Titel Liber Algorismi de numero Indorum ins Lateinische übersetzt wurde, daß die indischen Zahlen in Bagdad übernommen wurden, nachdem gewisse indische astronomische Tabellen dort übersetzt worden waren. Weitere Nachforschungen entdeckten dann 'unsere' 'arabischen' Zahlen in den alten indischen Inschriften des Asoka, Nânâ Ghât und in den Höhlen von Nasik.
Im Laufe der Jahrhunderte wurde diese 'neue Mathematik' nach und nach auch in anderen Gebieten verbreitet und brachte ganz Europa Nutzen. Als in der Mitte des 15. Jahrhunderts die Druckerpresse erfunden worden war, wurden Tausende von Kopien dieser arithmetischen Ausrechnungen und nautischen Kalender hergestellt und verbreitet. In der Tat, der Erfolg des Seefahrers Christoph Kolumbus wird zum großen Teil seiner Beherrschung der arabischen Mathematik und Astronomie zugeschrieben.
Bis zum 9. Jahrhundert war Astronomie am Hofe des Kalifen ein beliebtes Studium. Nur gelegentlich wurden die orakelhaften Auslegungen zoroastrischer Sterndeuter, die die Stellungen der Sterne am Himmel betrafen, von den strenggläubigen Moslems in Frage gestellt und öffentlich gerügt, weil diese der Meinung waren, daß Gottes Wille das Leben des Menschen regiert und nicht die Sterne. Doch als die verständlicheren indischen Ziffern eingeführt wurden, kam es zu einer neuen Einstellung gegenüber der Wissenschaft. Astro-Mathematiker prüften und berichtigten die Beobachtungen und Zahlen der alten und der zeitgenössischen Astronomen und bemaßen mit erstaunlicher Genauigkeit den Umfang der Erde und stellten die Kreisläufe der Planeten graphisch dar. Dann 'entdeckten' sie das Sûrya-Siddhânta - jene alte indische Abhandlung über Astronomie, die ein Reisender um 772 n. Chr. nach Bagdad gebracht hatte - und fanden in der arabischen Übersetzung, dem Sindhind, Aufschlüsse, die weitere neue Erkenntnisse über Zeit und Raum enthüllten.
Die mohammedanische Welt wurde mehr und mehr vom griechischen Forschergeist erfaßt. Jedes Gebiet menschlichen Wissens wurde mit großer Wißbegierde untersucht. Die Dinge so zu erkennen, wie sie sind, wurde zur Lebensaufgabe; in der Tat: das Kennzeichen wahrer und wirklicher Religion.
Unbekannt, aber wesentlich für diesen Fortschritt waren die Übersetzergruppen, die unermüdlich arbeiteten, um den wachsenden Anforderungen gerecht zu werden. Waren die griechischen und römischen Quellen erschöpft, dann machten sie Auszüge aus anderen Sprachen. Eines ihrer schönsten Werke, Kalilah-wa-Dimnah, wurde in der ganzen Welt als Vorbild arabischen Prosastils verwendet. Es ist eine Übersetzung von The Fables of Bidpai durch den Perser Ibn al-Muqaffa (geboren etwa 725), ein Buch, das von Christen aus Indien mitgebracht wurde, die dorthin geschickt worden waren, um Drogen einzukaufen. Sie kehrten mit einem dreifachen Gewinn zurück: mit einer Menge Drogen, einem Schachspiel (bis dahin im Westen unbekannt) und dieser hervorragenden Sammlung philosophischer Erzählungen, die dem indischen Weisen Bidpai zugeschrieben wird, der im 3. Jahrhundert n. Chr. lebte. Das Originalwerk in Sanskrit ging verloren, aber vieles davon ist im Panchatantra und im Mahâbhârata zu finden. Von den vielen Bearbeitungen dieser Erzählungen sind die bekanntesten Äsops Fabeln und Kiplings Dschungelbuch.
Die Kenntnisse der Übersetzer trugen auch zu einem umfassenden Lehrplan an den arabischen medizinischen Akademien bei. Dieser beinhaltete die indische Gesundheitspflege und Hygiene, griechische und ägyptische Chemie, hermetische Metaphysik und Psychologie, sowie Beschreibungen der Praxis und der Theorien der bekanntesten griechischen, persischen, indischen und assyrischen Ärzte. Dieses Wissen, vereinigt mit der Genauigkeit ihrer Beobachtung und Diagnose, brachte ausgezeichnete Mediziner hervor, wie Ibn-Rushd (Averroes) und Al-Râzî, deren medizinische Traktate und Handbücher von Doktoren und Pharmazeuten weit über das 16. Jahrhundert hinaus studiert wurden.
Am meisten gefragt waren jedoch die Werke von Plato und Aristoteles. In ihnen fanden die islamischen Schüler Erklärungen für die unklaren Stellen im Koran. Früher betrachteten die Moslems ihre Heilige Schrift als Teil einer allumfassenden Weisheit, die 'durch angesehene und rechtschaffene Schriftgelehrte' in Worte gekleidet und der Menschheit durch den Propheten Mohammed mitgeteilt worden war. Ohne daran zu zweifeln, mußte sie angenommen werden. Die neueren Gelehrten waren der Meinung, daß, wenn man den wissenschaftlichen Weg benützt, indem man das Unbekannte in bekannten Begriffen auslegt, um das Gemüt nach und nach in das Unerforschte und Abstrakte einzuführen, sie auch die rätselhaften 'Offenbarungen' erklären könnten. Voller Begeisterung studierten sie die Heiligen Schriften des Altertums und diskutierten darüber. Sie versuchten, ihre eigene kanonische Überlieferung auszulegen und Fragen zu erläutern, die von der Lebensführung des Menschen bis zur göttlichen Gerechtigkeit reichten und sich aus der Konfrontation mit den Christen ergaben. Die zahllosen erläuternden Kommentare, die die Grundlage für die heutige islamische Philosophie bilden, sind daraus entstanden.
Die enormen wissenschaftlichen Fortschritte, die zwischen 800 und 900 n. Chr. gemacht wurden, fesselten die menschliche Imagination. Einige forschten noch tiefer und versuchten, ihre Bestimmung und ihre höhere Verantwortung dem Kosmos gegenüber zu verstehen. Diese Erkenntnisse wurden heilig gehalten und im Sanktuarium der Mysterienzentren, wie z. B. Eleusis und Samothrake, nur Würdigen und Geschulten anvertraut. Als aber der christliche Kaiser Justinian 529 n. Chr. befahl, die Mysterienschulen zu schließen, wurden ihre Neophyten und Hierophanten durch die ihnen von der Öffentlichkeit entgegengebrachte Feindseligkeit gewarnt und verließen ihre Heimat, denn sie befürchteten, ihr okkultes Wissen könnte eventuell verraten werden. Ihre Studien setzten sie für sich allein an einem sicheren Ort fort.
Einige wurden an fremden Höfen willkommen geheißen, wie in Persien von König Khosru Nushirwan I. Andere haben wahrscheinlich kleinere Schulen errichtet oder sich einer der vielen geheimen Bruderschaften angeschlossen, die es in abgelegenen Städten, als Gemeinschaften in den Bergen oder in der Wüste des Nahen Ostens gab, wo sie sich der örtlichen Theologie anpaßten und ihre unverfälschten Lehren in der symbolischen Ideologie ihrer neuen Umgebung verbargen. Jene, von denen man annahm, daß sie nur scheinbar am Althergebrachten festhielten, wurden als Zindigs, als Atheisten (von siddiq, Eingeweihter) bezeichnet. Wie schon angedeutet wurde, verbargen sie tatsächlich häufig eine esoterische Lehre in einem beseelten Liebesgedicht oder sogar in einer Sprache und Ausdrucksweise, die für den gepflegten Geschmack anstößig waren.
Interessante Allegorien und sich wiederholende Hinweise auf die Existenz und die Lehren dieser geheimnisvollen Bruderschaften in auf Tatsachenberichten beruhenden und in märchenhaften Schriften lassen kaum einen Zweifel zu, daß sie die Erben einer zeitlosen Überlieferung der Weisheit waren und daß ihr Beitrag zur Erleuchtung der Menschheit - wenn auch schwer zu deuten - wichtig war.
So vollziehen sich zum Beispiel Lehren, Führung und Weihe bei den Sufis, den Drusen, Sabäern, Assassinern und den Brüdern der Reinheit fast nach dem gleichen Plan. Den Sufis ist inzwischen die größte Achtung und Bewunderung all jener zuteil geworden, die in der Schönheit und Erhabenheit ihrer mystischen Philosophie die gleiche Demut, Ergebenheit und die gleichen erhabenen Prinzipien finden, die auch die Worte und das Vorbild solcher erleuchteten Menschen wie Laotse, Plotin und Jakob Böhme charakterisieren.
Diese Eigenschaften hatten die ersten Sufis teilweise von den hellenischen, buddhistischen und ägyptischen Mysterienlehren übernommen, und die ersten mohammedanischen Kalifen waren so davon begeistert, daß sie sich bemühten, bescheiden und nach spirituell ausgerichteten Prinzipien zu leben. Sie erkannten die Gleichheit und Erhabenheit allen Lebens an und behandelten deshalb Tiere und Menschen, auch wenn diese in der Schlacht besiegt worden waren, gerecht, respektvoll und tolerant.
Obgleich die Sufi-Philosophie Lehren über ein kosmologisches Weltsystem enthält, ist ihr letztes Ziel, das Wirkliche zu finden oder die Seele mit dem Göttlichen zu vereinen, indem man ein reines und hingebungsvolles Leben führt. "In der Welt der Göttlichen Einheit ist kein Platz für Zahlen...", schrieb ihr berühmter Dichter Jahal-ud-din Rumi.
Die Verwirklichung all dessen darf jedoch nicht mit den ekstatischen Visionen eines Derwisch verwechselt werden und auch nicht mit jenen, die durch Drogen erzeugt werden. Solche verhängnisvolle Erfahrungen lehnen fest begründete Sufiorden ab als eine niedere Form der Erleuchtung, in der man nur mit den überirdischen Wesen elementarer Natur, wie den Dschinns, in Berührung kommt - und das ist bestimmt keine spirituelle Erleuchtung.
(Fortsetzung folgt)
Fußnoten
1. Zu dem Quellenmaterial für diesen Artikel zählen: A History of Islamic Philosophy, von Majid Fakhry, 1970; Arabic Thought and Its Place In History, von De Lacy O'Leary, 1922; und von dem gleichen Autor How Greek Science Passed To The Arabs, 1948. [back]