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Ruf von Zelle zu Zelle

Am Anfang war die Erde nur eine Wolke von Atomen. Diese begannen sich gegenseitig zu beeinflussen und schufen dann langsam miteinander Verbindungen; die sich daraus ergebenden Moleküle vereinigten sich ebenfalls, schieden sich wieder und bildeten neue Zusammensetzungen. In ihrer Gesamtheit bildeten sie eine Art 'Suppe' von Chemikalien, die in der Masse ein wenig kochte und sprudelte. Diese Bewegung unter den Substanzen erzeugte kleine Säcke magnetischer Kraft. Das Resultat der Verschmelzung ist das magnetische Feld des Planeten. Der Magnetismus wirkte auf den Stoff zurück, aus dem er entstand, indem er durch elektrische Funken Veränderungen in der 'Suppe' bewirkte, so daß komplizierteres Material entwickelt wurde, was schließlich zur Zelle, der Einheit von 'lebendiger Materie', führte. Das ist eine kurze Übersicht über eine neue Theorie, die von Professor J. Uffen von der Universität West-Ontario, Kanada, aufgestellt wurde, und die in der Saturday Review vom 6. Juli 1963 durch ihren Herausgeber, Herrn John Lear, besprochen worden ist, der sehr viele der darin enthaltenen verwickelten Einzelheiten assimilierte und in einfacher Weise darstellte.

Die Suche nach dem 'letzten Ursprung' des Lebens hat zusehends Fortschritte gemacht, aber die Aufmerksamkeit der Wissenschaftler war ausschließlich auf die Materie gerichtet, da es lange Zeit feststand, daß der Ursprung aller lebenden Wesen nur im Stoff gefunden werden kann. Jedesmal, wenn eine neue Partikel aufgespürt und ihr ein Name gegeben wurde, wurde sie das 'letzte' unteilbare Ding genannt. Doch das Atom, das früher als der 'Baustein des Universums' bezeichnet wurde, mußte seine Vorzugsstellung an seinen eigenen Kern abtreten, und dieser wiederum an seine ihn zusammensetzenden Teile. Die immer wiederkehrende Hoffnungslosigkeit der Forscher, ob sie jemals diesen Ursprung finden werden, hält jedoch nie lange an, denn ihr folgt unvermeidlich ein neu entflammtes Verlangen und eine weitere Jagd in die materiellen Reiche. Aber nun, nachdem der Magnetismus in die Gleichung eingefügt wurde, haben wir eine neue und bedeutsame Richtung: in das Gebiet der 'Kraft', in jenes Gebiet, auf dem die grundlegende Lebensenergie wahrscheinlicher entdeckt werden kann - das Bewußtsein als das innewohnende und beseelende Prinzip in allem.

Wenn auch Professor Uffens Anregungen nicht die endgültige Erklärung für die Quelle des Lebens sein mögen, so könnten sie doch gut die Anhaltspunkte dafür liefern, wo und wonach zu suchen ist. Obgleich die Atome nie gesehen wurden, sind ihre Wege durch das Elektronen-Mikroskop aufgespürt worden, so daß sie unter die greifbaren Dinge eingereiht wurden, als könnten sie eines Tages, wenn ein genügend stark vergrößernder Apparat erfunden ist, gesehen werden. Doch wir spüren, daß die Prüfung jetzt viel tiefer gehen muß, oder vielmehr, sie muß sich von den versteinernden Voraussetzungen früherer Forscher abwenden, wenn sie auf einige wirklich grundlegende Fragen befriedigende Antworten liefern will: Warum sollten rotierende Moleküle, oder in diesem Falle Sterne, ein magnetisches Feld erzeugen? Was ist ein magnetisches Feld in Wirklichkeit? Warum müssen wir annehmen, daß alles, was unsichtbar ist, nicht existiert und deshalb aus dem Nichts ins Dasein tritt, wenn es sich manifestiert? Damit ist die ganze Frage der Potentialität oder Latentheit und der inneliegenden Qualität der Dinge verbunden. Wenn auch verständlich, so ist es doch bedauerlich, daß sich Professor Uffen bei seinem Forschen nicht mit diesen höchst wichtigen Gegenständen befaßte - denn der Wissenschaftler beschäftigt, sich nicht mit dem warum, sondern nur mit dem wie der Naturerscheinungen.

Auch der folgende Artikel, der in derselben Zeitschrift nach den Ausführungen von Professor Uffen kam, - ein Aufsatz von Professor P. N. Kropotkin vom Geologischen Institut der UdSSR Akademie der Wissenschaften, - der über den Anfang der eingangs erwähnten 'Suppe' handelt, hat dieses zum Ausdruck gebrachte Denken nicht als Grundlage. Er bemüht sich zu zeigen, daß das 'Leben' nicht aus den sogenannten 'organischen', sondern aus 'anorganischen' Stoffen und besonders aus jenen 'Kohlenwasserstoff' genannten Zusammensetzungen, aus Wasserstoff und Kohlenstoff entsteht. Der Autor beginnt seine Darlegung mit der Erklärung:

Alle modernen Untersuchungen über den Ursprung des Lebens führen zu dem Schlusse, daß die Quelle der elementarsten und primitivsten Formen des Lebens auf Erden abiogenetische (unbelebte) organische Zusammensetzungen der komplizierten Kohlenwasserstoffart sind.

Es ist nicht sicher, daß der Professor diese nicht ganz stichhaltige Behauptung glaubt. Anscheinend fühlt er sich verpflichtet, sich der materialistischen Lehre anzupassen, in der er erzogen wurde: dem früher aufgestellten Dogma, daß das Leben zufällig als Folge irgendeines Stoßes auf träge, leblose Materie in Erscheinung trat. Er benützt deshalb seine Studien mehr dazu, eine angenommene Theorie zu beweisen, als etwas vollkommen Neues zu entdecken. Wäre er der durch Tatsachen angedeuteten Richtung gefolgt, dann wäre er sicherlich dahin gekommen, sich selbst zu fragen: wo kamen die ursprünglichen, die kleinsten Partikel her? Wie und warum kamen sie und wie konnten sie sich 'Naturgesetzen' entsprechend verhalten, die nicht in Tätigkeit waren, ehe die Materie existierte? Oder sind diese Gesetze immer in Kraft? Wenn es so ist, wer oder was hat sie aufgestellt und was sind sie? Diese Fragen ergeben sich gerade aus den Angaben, die Professor Kropotkin gemacht hat und können zu einer ganz anderen Antwort führen, als zu der, die er gebracht hat.

Die Wissenschaftler werden früher oder später erkennen müssen, daß die Tätigkeit der Zellen das Wirken des Bewußtseins voraussetzt und daß, gleichgültig, wie weit sie ihre Entdeckungen auf dem Gebiet der mechanischen Vorgänge auch vorwärtstreiben, diese Einzelheiten niemals das Bewußtsein erklären, obgleich sie seinen führenden Einfluß hinter den Dingen zeigen mögen. Es wird immer klarer, daß die Entstehung eines magnetischen Feldes die Wirkung unsichtbarer Ursachen ist (ob wir diese nun als 'Geist' oder mit einem anderen Namen bezeichnen, hat nichts zu sagen). Man könnte annehmen, der Magnetismus sei eine der Folgen der Wechselwirkung zwischen Geist und Stoff; seine Existenz bezeugt das Vorhandensein des Geistes, ohne ihn bleibt der Stoff träge und verharrt in Ruhe.

Eine der primitivsten Formen lebendiger Organismen, die Zelle, liefert einen interessanten Beweis für den Einfluß, der von unsichtbaren Ursachen ausgeübt wird. Anfangs wurde die Zelle nur so beschrieben, daß sie aus einem zentralen Kern und dem ihn umgebenden Material besteht. Verbesserte Instrumente und konzentriertes Forschen haben jedoch ein komplizierteres Bild enthüllt. Der Kern scheint als Herz und als Gehirn zu wirken und zu seinen Teilen gehören komplizierte Moleküle wie der 'Bote' RNS, der für Aktion und Reaktion bei jedem äußeren oder inneren Reiz verantwortlich ist, sowie das Gen oder der "Träger des Erbgutes" DNS. Von dem Stoff des Körpers, von dem man früher annahm, daß er aus einheitlicher Substanz bestehe, ist jetzt bekannt, daß er ein Gemisch darstellt: selbst die 'Hohlräume', die früher entweder als Gasblasen oder als leere Löcher betrachtet wurden, basieren auf zwei verschiedenen Kategorien, ob sie nun verdauungsfördernde oder andere Funktionen ausüben. Es besteht auch immer mehr Aussicht, daß die Forschung herausfindet, ob die tierischen und die pflanzlichen Zellen gleichartig sind. Dieses Projekt erfordert die Zusammenarbeit von Biologen und anderen Wissenschaftlern, die mit dem Elektronenmikroskop arbeiten und mikroskopische Aufnahmen machen, die den inneren Aufbau der Zellen zeigen.

Kürzlich wurde ein cytoclesis oder der 'Ruf von Zelle zu Zelle' genannter Vorgang enthüllt. Dr. Magnus Pyke berichtete im vergangenen Herbst über B. B. C. darüber1. Dr. Pyke kommentierte eine einige Monate vorher veröffentlichte Abhandlung eines Forschers, in der auf irgendeine Art Intelligenz aufmerksam gemacht wurde, die das Wirken der Kräfte der Zelle antreibt, wie folgt:

Während sich ein Embryo entwickelt und die Teile der einzelnen Zellen, aus denen er zusammengesetzt ist, mehr und mehr gefaltet und geordnet werden, veranlassen, wie man annimmt, unbestimmte 'Organisatoren' die sich gruppierenden Zellen einander so zu beeinflussen, daß irgendein richtig geartetes Gefüge, sagen wir ein Mund oder eine Niere erzeugt wird. Eine andere Gruppe von Zellen wiederum formt sich tief innen im Embryo zu einem Auge. Von dieser Gruppe wird nun angenommen, daß sie eine über ihr lagernde Gruppe von Hautzellen 'auffordert', durchscheinend zu werden und die Linse und die Hornhaut zu bilden, damit die Zellen der Augengruppe hindurchsehen können - und diese gehorchen.

Was ist das für eine verborgene Triebkraft, die diese Vorgänge lenkt, die durch die als 'Boten' wirkenden Moleküle, die aus Hunderten von Atomen zusammengesetzt sind, 'Anweisungen' gibt? Warum sollte es ein "richtig geartetes Gefüge" geben? Nach diesen Ausführungen ist es offensichtlich, daß das Ganze viel mehr ist, als die Summe seiner physischen Teile, ob wir nun von Atomen, Zellen oder Menschen sprechen. Das mag für Mathematiker kein neuer Begriff sein, aber für die Biologen und für Gelehrte anderer Disziplinen ist er bestimmt neu. Wie Dr. Pyke erklärte, sind jedoch Anzeichen dafür vorhanden, daß in Kürze ein auf diese Effekte bezogenes biologisches Gesetz formuliert wird.

Er zitierte aus einer Abhandlung, die Professor Aurel David von der Sorbonne dem zweiten internationalen Kongreß über kybernetische Medizin vorlegte, der im vergangenen Jahr in Amsterdam stattfand. Professor David sagte, daß Spezialisten in Kybernetik, dem neuen Zweig der Wissenschaft, der sich mit den Maschinen und Menschen gemeinsamen Eigenschaften befaßt, herausfanden, daß es "keinerlei Geheimnis in den mechanischen Teilen eines menschlichen Körpers" mehr gibt. Wir wissen, daß die Techniker Herz/Lunge-Maschinen bauten, um dem Körper über Operationen hinwegzuhelfen und zu demselben Zweck Ersatznieren herstellten. Chirurgen haben Hornhäute, künstliche Arterien und Nieren eingepflanzt; künstliche Glieder sind jetzt viel gelenkiger und leistungsfähiger als die früher hergestellten. Plastikventile wurden in das Herz eingeführt, wenn die natürlichen blockierten oder auf andere Weise fehlerhaft wurden. Doch Professor David fragt:

Wenn der mit Hilfe von Rollen, Bändern, Pumpen und selbst den kompliziertesten Motoren nachgebildete Kybernetiker (Mensch) geschaffen wäre, würde die Nachahmung auch fähig sein, große menschliche Dinge zu tun, wie unterrichten, Gesetze schaffen, Recht sprechen und heilen?

Wir stimmen mit ihm überein, daß es den Maschinen niemals wirklich gelingen würde - der Mensch ist viel größer, als alle seine physischen Fähigkeiten zusammen. Das Gemüt ist mehr, als sein Instrument, das Gehirn, und die Seele ist wieder etwas anderes. Kein Erfinder wird je das Aufblitzen der Intuition vortäuschen können, genauso wie keine Maschine Mitleid oder Brüderlichkeit fühlen kann, oder fähig ist, aus Elementen, die sie zuerst zusammenfügt, Schönheit zu erzeugen. Ein Mechanismus kann nur das vollbringen, was sein Schöpfer, der Mensch, zuvor von seinem eigenen Denken in ihn hineingelegt hat. Da sich in dem Apparat keine geheimnisvolle innere Essenz befindet wie im Menschen, kann keine Fähigkeit zur Selbsterkenntnis, zur Dienstleistung und zur Selbstaufopferung vorhanden sein.

In jeder Abteilung der Natur, von Atomen und Zellen bis zu den Sonnen und Milchstraßen, können wir innerhalb eines Systems der Ordnung und Symmetrie komplizierte Tätigkeit sehen. Wenn wir abseits stehen und das sozusagen aus der Entfernung betrachten, mögen wir wohl staunen, welch Erhabene Intelligenz dieses gewaltige Panorama aufgebaut hat, es erhält und überwacht. Wenn ein Ruf von Zelle zu Zelle besteht, gibt es dann nicht auch einen solchen von Stern zu Stern? Wenn die wichtigsten Aspekte des Menschen unsichtbar sind, kann dasselbe da nicht auch für Atome und Sonnen gelten?

Fußnoten

1. The Listener, November 1, 1962. [back]