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Auf der Suche nach dem historischen Jesus

Die christliche Überlieferung muß durch die innere Wahrheit des Christentums erklärt werden, und keine geschriebene Überlieferung kann ihr diese innere Wahrheit geben, wenn sie sie nicht selbst besitzt. - Lessing

 

 

 

Jene, die an einen allmächtigen, außerkosmischen Gott und an die Bibel, die Sein 'Wort', das buchstäblich genommen werden muß, als immerwährende Wahrheit enthält, glauben, können keinen Grund finden, die historische Wirklichkeit ihres Erlösers in Frage zu stellen. Und bis zum Ende des 18. Jahrhunderts gab es jahrhundertelang sehr wenige Christen, die es wagten, das zu tun. Durch die Wissenschaft und Philosophie, die seitdem beständig zunehmende allgemeine Anerkennung fanden, entstanden ernste Zweifel hinsichtlich der Glaubwürdigkeit einer Anzahl wunderbarer Ereignisse, die in den Evangelien erzählt werden. Die Feststellung "bei Gott sind alle Dinge möglich" konnte nicht bedeuten, daß Gott ein Naturgesetz aufheben kann, wenn er es will. Sicherlich gibt es Dinge, die der Verstand nicht durchdringen kann, aber jenseits des Verstandes bedeutet nicht notwendigerweise gegen den Verstand. Wenn daher die Evangelien von solchen Ereignissen erzählen, können diese nicht wahr und folglich nicht historisch sein.

Solcher Art waren die Argumente, die der europäischen Kritik an der Bibel zu Grunde lagen, und die im 19. Jahrhundert ernstlich begann. Der Streit zwischen der Theologie und der Wissenschaft drang selbst in die Reihen der Theologen ein, die nicht nur die durch unabhängige wissenschaftliche Forschung entdeckten Naturtatsachen anerkennen mußten, sondern sofort auch mit den Forderungen der Vernunft auf theologischem Gebiet zu kämpfen hatten. Unglücklicherweise veranlaßte dies die Theologen wieder einmal in mehr beschränkte Positionen zurückzufallen, statt ihr Verständnis zu erweitern.

In Anbetracht dieser starken Opposition, die bis jetzt noch nicht nachgelassen hat, haben freisinnige Kritiker bei den Evangelien dieselben Methoden angewandt, die gewöhnlich bei anderen alten Dokumenten benützt wurden, um deren Authentizität, Genauigkeit, Alter, Ursprung, Reinheit des Textes, und so weiter, festzustellen. Dabei zeigte sich jedoch eine besondere Schwierigkeit in dem vollständigen Mangel an geschichtlichem Material, was die Hauptpersonen und Ereignisse in der Evangeliengeschichte anbetrifft. Das Fehlen dieser unterstützenden Zeugnisse wurde sogar ein ernstes Hindernis, weil zwischen den vier kanonischen Evangelien, der Apostelgeschichte, den Briefen des Paulus und anderer Apostel oft keine Übereinstimmung besteht, dazu kommen noch die kaum übereinstimmenden apokryphen Schriften aller Art; und als letztes, aber nicht geringstes, die Werke der Kirchenväter, welche die unter den zahlreichen christlichen Gemeinden wütenden Kontroversen während der ersten Jahrhunderte unserer Ära enthüllten.

Es ist leicht zu erkennen, daß das Neue Testament von Problemen starrt, besonders wenn man vom geschichtlichen Standpunkt aus herantritt. Vor allem stehen wir den Worten gegenüber: Ecce Homo, Ecce Deus - "Sieh da, den Menschen, sieh da Gott." War die Hauptfigur des Neuen Testamentes ein Mensch, ein Gott, oder beides? Für die frühe Kirche war er im absolutesten Sinne beides. Aber mit dem Beginn der "Vernunftreligion", etwa 1800 n. Chr., begannen freisinnige Christen ihn als einen unvergleichlich großen religiösen Lehrer, aber doch als Mensch zu betrachten. Sie begannen viele Teile der Evangeliengeschichte als legendär oder mythisch anzusehen - als fromme Hinzufügungen zu dem grundlegenden Bericht über das Leben von Jesus.

Wenn wir das Neue Testament sorgfältig lesen, so läßt es uns hinsichtlich der ursprünglichen Lehre im Zweifel. Da gibt es vor allem solche beschreibende Beiworte wie der Messias oder der Christus, der Sohn Gottes, der Menschensohn, der Heilige Geist, das Wort (Logos oder Verbum). Was bedeuten diese in Wirklichkeit? Für die Kirche, in der die Heilige Dreifaltigkeit zu einem Glaubensartikel wurde, hatten sie eine genau umgrenzte Bedeutung. Da sie lehrt, daß Gott selbst auf Erden erschien und in Menschengestalt unter den Menschen wandelte, konnten sich die obigen Bezeichnungen nur auf die Zweite Person der Dreifaltigkeit beziehen, und der Heilige Geist stand für die Dritte Person. Das entspricht jedoch einer späteren Auslegung. Das Neue Testament gibt weiter Veranlassung zum Nachdenken, weil 'das Wort' nur im vierten Evangelium gebraucht wird, das zu einer beträchtlich späteren Zeit entstand - seine engen gnostischen Beziehungen verzögerten lange seine offizielle Annahme, so daß es seinen Platz im Kanon nur nach viel Streit unter den Mächtigen der Kirche gewann.

Der Titel Messias oder Christus bezeichnete ursprünglich einen rein nationalen jüdischen Heiland, obgleich die Rollen vom Toten Meer zeigen, daß er eine universalere Bedeutung erlangt hatte, und es ist fraglich, ob er in den ersten Evangelien in seiner späteren streng christlichen Auslegung zu verstehen ist. Dasselbe gilt für den Sohn Gottes und für den Menschensohn. Im Alten Testament erscheint der Ausdruck Sohn Gottes an manchen Stellen in Verbindung mit dem König der Juden, und an anderen Stellen scheint er auf die jüdische Nation als Jahwes auserwähltes Volk hinzuweisen. Im Evangelium Markus wird Jesus gezeigt, wie er versucht, die Tatsache geheim zu halten, daß er der Messias ist und dies nur widerwillig zugibt, nachdem Petrus ihn so nennt. Während seiner Verfolgung und Kreuzigung sind selbst seine Apostel von Zweifeln erfüllt, und es bedarf seiner Auferstehung und seines Aufstieges zum Himmel, um ihnen wieder Sicherheit zu geben und sie zu ermutigen, kühn in seinem Namen zu sprechen und zu handeln. Doch in der Apostelgeschichte finden wir, daß ihn Petrus einen Propheten nennt, einen Menschen wie die anderen Propheten. Paulus jedoch, der die Evangelien wahrscheinlich nicht kannte, schreibt nur von dem gekreuzigten Christus Jesus, der mit dem Logos identisch ist.

Was die Sprache des Neuen Testamentes anbetrifft, so gibt es zwei Hauptprobleme zu entwirren. Zuvor sei bemerkt, daß es in Griechisch geschrieben wurde und einen umfassenden Beweis liefert, daß es für Menschen bestimmt war, die nicht Aramäisch konnten, die Sprache, die zur Zeit der Ereignisse, die erzählt werden, in Palästina gesprochen wurde. Auch eine Übersetzung aus dieser Sprache kann es nicht sein, denn die vielen hebräischen Zitate stehen nur mit ihren griechischen Entsprechungen in Verbindung, nicht mit den aramäischen. Daraus müssen wir schließen, daß die Evangelien und die Apostelgeschichte beträchtlich später zusammengestellt wurden als zu jener Zeit, in der die Apostel lebten, und deshalb nicht von jenen geschrieben sein können, unter deren Namen sie angeboten werden. Sie gehen sicherlich auf andere Quellen und auf Überlieferungen zurück, die mehr oder weniger genau erzählt werden; wie genau, kann man aus dem Folgenden beurteilen. Hieronymus, der die Bibel und viele andere Heilige Schriften im 4. Jahrhundert ins Lateinische übertrug, sagt, daß er "ein aramäisches Evangelium" übersetzte, das von einer palästinischen Sekte verwendet wurde, - obgleich weder das Original noch die Übersetzung je entdeckt wurden - und daß er Stellen, die ausgesprochen 'ketzerische' Anschauungen enthielten, veränderte, um die Frommen nicht zu verwirren! Das sollte uns nicht allzusehr verwundern, denn es ist allgemein bekannt, daß dogmatische Religionsanhänger und Politiker in jenen Jahrhunderten mit allen Arten von Dokumenten frei schalteten und walteten. Außerdem, ein Manuskript genau zu kopieren ist keine einfache Sache, so daß schließlich nach jahrhundertelangem Kopieren, selbst ohne absichtlichen Betrug, weit auseinandergehende Texte das Resultat sein mögen.

Wir müssen auch in Betracht ziehen, daß bei den Evangelien beabsichtigt wurde die wahre Lehre zu predigen und nicht einen historisch genauen Bericht über das Leben des Heilandes zu geben. Um diesem Zweck wirkungsvoll zu dienen, wurden den ursprünglichen Quellen manchmal ganze Kapitel hinzugefügt. So lautete zum Beispiel die Lehre, daß Jesus (durch Joseph) aus der Linie Davids war. Die im Matthäusevangelium gegebene Ahnentafel beginnt mit Abraham, während das Lukasevangelium bis auf Adam, den Sohn Gottes zurückgeht. Ein weiterer Vergleich der beiden Evangelien zeigt, daß sie künstlich zusammengestellt sind, denn sie sind wesentlich verschieden; bei einem Vergleich entdecken wir auch, wie sie verschiedentlich mit der im Alten Testament gegebenen Abstammung nicht übereinstimmen. Die Aufzeichnungen des Matthäus zählt dreimal vierzehn Generationen (I, 17), und sie hat offensichtlich den Zweck, zu zeigen, wie Gott seine geschichtlichen Pläne lenkt.

Die oben umrissenen Probleme weisen unter einer Anzahl anderer Probleme auf die Art von Hindernissen auf dem Wege dessen hin, der eine glaubwürdige Lebensgeschichte von Jesus schreibt. Dennoch haben es zahllose Autoren versucht. Das Resultat ihrer Arbeiten, die eine umfangreiche Bibliothek bilden, ist erstaunlich, denn sie haben ein solches Sortiment von Gestalten erzeugt, wie es Puppen in einem Spielzeugladen gibt - die Vorstellungen variieren der Mode der Zeiten oder den Einfällen der Schreiber entsprechend. So haben wir Beschreibungen von Jesus als Philosoph, als Reformator, als Revolutionär, nur als Jude und als ein wohlwollender Lehrer des gewöhnlichen Volkes. Manche sind in phantastischen Strichen gezeichnet, andere sind anziehend romantisch, eine Anzahl davon zeichnen sich durch einen verkrusteten Rationalismus aus. Eine oder zwei Ausnahmen zugegeben, konstruieren sie alle die Daten zu einem vorher entworfenen Muster, anstatt das Muster den Daten entsprechend zu gestalten; und ihre Autoren haben Bedeutungen in die Evangelien hineingelesen, die durch den Text nicht verbürgt sind. Während gewisse charakteristische Bestandteile als mythisch oder legendär betrachtet werden, sagen sie nicht, warum oder wann oder wie solche entstanden sein können. Sie stimmen nur darin überein, daß ein historischer Jesus ein menschliches Wesen gewesen sein muß, und daß die gottgleichen Eigenschaften, mit denen ihn die Evangelien ausstatten, mythisch-dichterische Beifügungen sind.

Daraus ergibt sich klar, warum in den Resultaten der historischen Kritik so viel Widerspruch entstand und noch besteht, denn wenn die gottgleichen Eigenschaften von Jesus ihren Ursprung nicht in ihm hatten, woher kamen sie dann? Und sind sie nicht ein wesentlicher Teil der christlichen Religion? Solche Einwände wurden stärker, als Gelehrte wie Bruno Bauer die These verteidigten, daß die 'biographischen' Elemente den mythischen Lehrsätzen beigefügt wurden und es folglich niemals einen historischen Jesus gab. Jedenfalls befinden sich die Verteidiger des herkömmlichen Christentums in hoffnungsloser Verlegenheit, denn für sie stehen die Lehren ihrer Religion auf dem Spiel: diese müssen auf tatsächliche Ereignisse begründet sein, die sich 'da die Zeit erfüllet ward' ereigneten und durch die die Erlösung der Gläubigen erfolgt ist. Einerseits möchten sie nicht zugeben, daß die Dogmen ihrer Religion das Resultat spekulativen Denkens sein könnten, oder andererseits, daß die Heiligen Schriften ein Bericht in allegorischer Form über gewisse spirituelle Ereignisse sein könnten, die ein Erlöser erlebte.

Auch auf dem Wege der freisinnigeren Theologen gibt es viele Fallgruben. Wenn sie an einen lediglich menschlichen Jesus glauben, welche Teile oder Vorfälle in den Evangelien sollen sie dann als bloße fromme Vorstellungen oder Übertreibungen verwerfen und welche als symbolische Darstellungen mystischer Wahrheit oder aber als Mythen betrachten? Und wie war schließlich das Wesen des Menschen Jesus? Betrachtete er sich selbst lediglich als einen jüdischen Propheten und als Neuerer oder als einen, der eine mehr universalere Rolle hat, als einen Messias, der die 'Erfüllung der Zeit' verkünden und das 'Jüngste Gericht' vollstrecken mußte? Gewiß, das Neue Testament stellt eine Art Synthese dar, aber mehr als ein Jahrhundert kritischer Analyse hat dies als eine historische Möglichkeit widerlegt.

In seiner ausgezeichneten und erschöpfenden Erörterung1 der zahlreichen theoretischen "Leben Jesu" weist Albert Schweitzer darauf hin, daß:

der historische Jesus, von dem uns die zukünftige kritische Untersuchung ... ein Bild entwerfen wird ... wird ein Jesus sein, der entweder auf Grund einer literarischen Erdichtung des ersten Evangelisten oder auf Grund einer rein eschatologisch messianischen Vorstellung ein Messias war und als ein solcher lebte.

In beiden Fällen wird er kein Jesus Christus sein, dem die gegenwärtige Religion ihrer lange gepflegten Gewohnheit, ihren Gedanken und Ideen entsprechend huldigen kann, wie sie es mit dem von ihr selbst geschaffenen Jesus tat. Noch wird er eine Gestalt sein, die für die Menge durch eine volkstümlich historische Behandlung so sympathisch und allgemein verständlich gemacht werden kann. Der historische Jesus wird für unsere Zeit ein Fremdling und ein Rätsel sein. - pp. 398-399

Doch für Dr. Schweitzer ist die Sache damit ganz und gar nicht abgetan. Denn er selbst betrachtet Jesus nicht als eine 'literarische Erdichtung' des Markus, sondern als eine historische Person, die behauptete, ein Messias zu sein und glaubte, daß die 'Zeit erfüllet war' und das 'Jüngste Gericht' nahe bevorstehe. Als er daher seine Apostel hinaussandte, das 'Evangelium' zu predigen, erwartete er, unserem Autor entsprechend, nicht, daß sie zurückkehren, denn während ihrer Missionstätigkeit würden die kataklysmischen Ereignisse eintreten. Als sich diese Erwartung nicht erfüllte, schloß Jesus daraus, daß sich die Reue seiner Anhänger als unzulänglich erwies und daher nur eine höchste Anstrengung von ihm selbst die Vollendung des großen Dramas der Menschheit bewirken konnte. Dr. Schweitzer fährt in seiner Schlußfolgerung fort, indem er darlegt, daß es für Jesus notwendig war zu sterben, aber um das letzte Opfer zu werden, mußte er den Tod in äußerster Verlassenheit erleiden. Deshalb ging er vorsätzlich nach Jerusalem und handelte in einer Weise, die sein Verhöhr und seine Schuldigerklärung durch den Sanhedrin bewirken würde. Sein unedler Tod am Kreuze, selbst von seinen engsten Freunden, den Aposteln verlassen, würde seine Verklärung sein, denn von ihm würde er zu seinem Vater im Himmel aufsteigen und dann umkehren, um die Gerechten und Ungerechten zu richten. So ging er seinen Gang und erklärte sich selbst als Verächter der Welt, die seinen Körper zerstörte, aber seinen Geist nicht zerstören konnte - das Symbol seines Opfers bleibt eine Aufforderung an jene, die glauben seinen Fußtapfen zu folgen. Das bildet, Schweitzer entsprechend, die Größe von Jesus und seine dauernde Bedeutung für die Nachwelt.

Können wir mit dieser Schlußfolgerung zufrieden sein, wie Schweitzer es zu sein scheint? Sicherlich ist es schwer zu glauben, daß der Urheber der christlichen Religion von zwei Dingen in dogmatischer Weise überzeugt war, die sich in unmittelbarer Zukunft als falsch erwiesen. Wie seine Darlegung des Falles zeigt, ist das genau die Ansicht des Autors (siehe Kapitel XIX). Doch selbst wenn dies der Fall ist, fühlt der Leser doch, daß eine tiefere Einsicht vorhanden ist, die in seinem letzten Kapitel in folgenden Worten zum Ausdruck kommt: "... die Wahrheit ist, daß nicht der historisch bekannte Jesus, sondern der spirituell im Menschen auferstandene Jesus für unsere Zeit von Bedeutung ist und ihr helfen kann."

Wir sollten letzten Endes die Tatsache nicht übersehen, daß es viele Kritiker des Neuen Testamentes gab, die davon Abstand nahmen, über ein "Leben Jesu" zu schreiben, weil ihr Studium sie überzeugte, daß ein historischer Jesus niemals existierte, und daß die Evangelien Anstrengungen darstellen, einen in einer symbolischen Mysteriengeschichte dramatisierten philosophischen Begriff als ein geschichtliches Ereignis erscheinen zu lassen. Dr. Schweitzer nimmt davon prinzipiell keine Notiz, was vielleicht der große Fehler seines sonst meisterhaften Werkes der Gelehrsamkeit ist. Doch ihre Ansichten sind auf inneres und äußeres Zeugnis begründet, das sie mit jeder erlangbaren Art Abhandlung aus jenen Zelten verglichen, während sich unser Autor fast ausschließlich auf die Evangelien und besonders auf das Markusevangelium beschränkt. Diese Kritiker verweisen auf die verschiedenen gekreuzigten Heilande anderer Religionen und besonders auf den zur Frühlings-Tagundnachtgleiche - an Ostern - im Himmel gekreuzigten neuplatonischen Logos! Im Menschen stellt dieser sein Höheres Selbst, den 'im Fleisch gekreuzigten' Geist dar - ein Ausdruck, den man häufig in den Briefen des Paulus findet.

Warum sollten wir, wenn wir den symbolischen Charakter der Kreuzigungsgeschichte anderer Heilande erkennen, glauben, daß die Kreuzigung von Jesus eine historische Tatsache sei? Seine ganze irdische Laufbahn von seiner "jungfräulichen Geburt" bis zu seinem "Abstieg in die Hölle" und seiner darauffolgenden "Auferstehung" ist ganz dieselbe "Lebensgeschichte", wie die vieler Helden, Halbgötter und Heilande, mit nur ganz geringfügigen individuellen Abweichungen. Wie immer die Antwort auf diese Frage lauten mag, die Überzeugung, zu der wir nach einem unvoreingenommenen Studium kommen können, wird wahrscheinlich die Anschauung einschließen, daß das Urchristentum eine westliche Auffassungsweise der Universalreligion der Menschheit war.

Fußnoten

1. Auf der Suche nach dem historischen Jesus, von Albert Schweitzer, Deutschland 1906. Nach der Veröffentlichung in englischer Übersetzung 1910, erlebte das Buch zahlreiche Neudrucke, einschließlich einer kartonierten Ausgabe durch die Macmillan Co. 1961. [back]