Solange noch Zeit ist…
- Sunrise 2/1980
Wasser ist das Lebensblut eines Planeten. Auf dieser Stufe des Wachstums unserer Planetenmutter arbeiten Bäume und Sträucher mit der Natur zusammen, um ihr zu ermöglichen, das lebenspendende Wasser so lange wie möglich zu stauen. In dem kurzen Zeitraum der letzten dreißig Jahre ging uns jedoch durch unsere eigene Blindheit mehr Feuchtigkeit verloren - die in die Atmosphäre entwich - als in Millionen Jahren vorher. Dieser sinnlose Flüssigkeitsentzug erfolgte durch die weitgehende Zerstörung der Vegetation, die der Erde als Decke diente.
Mystisch gesprochen kann uns, was das Element Wasser anbelangt, ein Studium der "Osmose" sagen, warum der Grundwasserspiegel sinkt; wie durch die Fehler früherer Zivilisationen Wüsten entstanden und warum sich diese jetzt immer mehr ausbreiten; welche Ursachen Überschwemmungen und Dürren haben und warum Stauseen sich mit Schlick füllen, wo einst fruchtbarer Mutterboden war. "Osmose" ist die Überführung von Flüssigkeiten aus niedrigeren Zuständen in höhere und ist sicherlich mehr als nur ein physisches und chemisches Phänomen. Es steht Bewußtsein dahinter.
Wenn jemand, der den Vorgang nicht kennt, nun sieht, wie das Wasser an einem Docht aufwärts steigt, wie es das abfallende Ufer eines Stromes immer wieder benetzt oder wie es langsam die Böschung an einem Bewässerungsgraben emporkriecht, dann könnte er wohl meinen, daß es sich hier um eine Anti-Gravitation handele. Jedoch sowohl die wirkende Kraft, die wir wahrnehmen, als auch die verborgenen Kräfte werden durch die Macht einer höheren Gravitation von unserer Sonne - dem weiblichen Gegenwert des männlichen Poles der Strahlung - verursacht. Das Wasser besteht aus einer Familie lebender Elemente, deren leichtere Mitglieder Essenzen sind. Alle Dinge in der Natur sind den bipolaren Kräften der Repulsion und der Attraktion unterworfen, und wenn die Verhältnisse in der Natur unausgeglichen werden, so reagieren die sensitivsten Elemente am ersten auf die Anziehung der Sonne. Während die Wärmestrahlen unserer Sonne Osmose erzeugen, wird das flüssige Wasser in Gase und Essenzen umgewandelt, die verschiedene Eigenschaften und unterschiedliches Gewicht haben. In diesem Stadium der Evolution unseres Globus steigen die schwereren, materielleren Gase in die Atmosphäre und verbleiben dort; die leichtesten Essenzen werden jedoch so stark angezogen, daß die Kraft des Planeten sie nicht festhalten kann.
Einige dieser Essenzen erreichen eine neutrale Schicht und verbleiben dort; andere gehen weiter bis zu unserer Sonne. Im Falle des Wassers kann dieser Prozeß schnell oder langsam vor sich gehen, das hängt vom Grad der Wärme oder der Abschirmung ab. Unter dem Schutz eines lebendigen, grünen Waldes mit seiner seit Jahrhunderten angesammelten Laubdecke ist die Möglichkeit, daß das Wasser den Planeten verlassen kann, fast unmöglich. Auf dem freien Land, besonders in einem trockenen oder wenig fruchtbaren Gebiet, wird die Menge der Verdunstung durch die anfallende Regenmenge bestimmt. Regnet es wenig, so verdunstet die Feuchtigkeit in Minuten oder in Stunden, und es dringt keine Feuchtigkeit in die Erde ein. Regnet es aber stark, so gibt es eine Überschwemmung, und nur ein kleiner Prozentsatz fließt in den Boden.
Wenn das Wasser aus der Atmosphäre aber als Schnee, Hagel oder Regenflut auf die Oberfläche des Globus fällt, dann verläuft die Osmose umgekehrt. Mit dem Regen fällt auch der Stickstoff. Die drei (Schnee, Hagel, Regen) werden zusammen mit den Essenzen aller anderen Elemente von dem Grün unserer Wälder angezogen. Sie finden den Weg zum Humus, der den Boden bedeckt, wo viele wunderbare Ereignisse stattfinden.
Es scheint, als beginne alles Leben des Erdbodens in einer Art Humusbaustoff, der in den Wäldern gefunden wird und von dem alles abhängt. In ihm spalten Bakterien mit Hilfe von Wasser und Stickstoff Mineralien und scheiden Sauerstoff und auch andere wichtige Nährstoffe aus. Diese Produkte werden von den Pflanzen als Nahrung verwendet. Die Pflanzen wiederum atmen Sauerstoffgas in die Atmosphäre aus, was für uns Menschen und für die Tiere von Nutzen ist. Die Familie der Bakterien und viele höher entwickelte Organismen verarbeiten auch die Abfalle von Pflanzen, einschließlich der Kiefernnadeln und abgefallene Blätter, Zweige, Rinden und Baumstümpfe, spalten sie auf und machen sie zu Kompost. Dieser Kompost bildet den Nährstoff für die wachsende Vegetation und für die Bäume. Diese wiederum tragen zum Leben aller Erdengeschöpfe bei, den Menschen eingeschlossen.
Wenn die Wälder verschwinden, dann trocknet der Humusboden aus, und das Land wird schließlich eine unfruchtbare Wüste. Die gegenwärtigen verheerenden Überschwemmungen und die weltweite Trockenheit sind direkte Folgen der Störung des seit langem bestehenden Rhythmus in der Harmonie der Natur durch den Menschen, zu Lande, zu Wasser und in den Wäldern, wo er durch Kahlschlag die schützende Decke wegräumte und die Wurzeln bloßlegte. Der Versuch, das Gleichgewicht wiederherzustellen, ließ die mit Feuchtigkeit beladenen Luftströmungen durcheinander geraten; sie trieben über Gebiete mit sonst normalem Niederschlag und entluden die überladenen Wolken auf kleine Gebiete als strömende Wassermasse.
Die tatsächliche Lebensspanne eines Planeten beträgt Milliarden Jahre. Die ideale Einteilung dieser Lebenszeit besteht in einer kurzen physischen Entwicklung, einer ausgedehnten Periode mentaler und spiritueller Entfaltung und dann aus einem sehr kurzen, schmerzlosen Übertritt in die Astralsphäre. Das ist es, was Mutter Erde oder Isis vollbringen möchte. Was aber die Evolutionsprozesse anbetrifft, so hängt der Lebenslauf unseres Globus - physisch, mental und spirituell - vom Vorhandensein von Wasser, seinem Lebensblut, ab. Wasser hängt wiederum von den Wäldern ab, zwischen beiden besteht eine Wechselbeziehung. Die Lebensfähigkeit der Wälder hängt von der höchstentwickelten Spezies der Erde, der Menschheit, ab, von ihren Kindern, die vor allen anderen die Gabe des Denkens und der Vernunft besitzt, die Recht und Unrecht erkennen kann. Wir Menschen sollten daher der Natur auf jede mögliche Weise helfen - sie nicht für selbstsüchtige Zwecke, für persönliche Macht und persönliche Besitztümer behindern und ausbeuten.
Die Probleme, denen unsere Welt gegenübersteht, und jene, denen sie in der Vergangenheit ausgesetzt war, werden hier in Arizona im Gebiet der Verde River-Wasserscheide anschaulich dargestellt. In den 1930er Jahren vollbrachten Tausende von jungen Leuten des Civilian Conservation Corps (Naturschutz) Wunder, indem sie sich bemühten, die Erosion in den 1.000 bis 1.200 Quadratmeilen dieser Wasserscheide zu stoppen. Jetzt ist die Hälfte ihrer Arbeit weggespült worden. Noch vor wenigen Jahren gab es in der Nähe des Tule Tank einen unberührten, unversehrten Urwald mit schattenspendenden Ponderosa (Goldkiefer), Eichen und Alligatorwacholderbäumen - ein einsames Gebiet am Ostrand des West Clear Creek-Canyon -, das meine Frau und ich 1956 besuchten, wo man still dasitzen und ein Dutzend oder mehr wilde Truthahnscharen beobachten konnte, die zum Trinken kamen; auch Antilopen, Hirsche, und manchmal waren auch einige Elche dabei. Als ich vor drei Jahren meinen Freunden diesen Platz empfahl, fanden sie dort eine ganz andere Welt vor. Planierraupen hatten Straßen geschaffen, der Himmel war sichtbar, der Wald kahlgeschlagen, nur Bäume bis zu acht Zoll Durchmesser hatte man stehen gelassen. Der Tule Tank bestand aus eingetrocknetem Schlamm; kein Truthahn, kein Hirsch und kein einziger Vogel war zu sehen, keine Eichhörnchen oder Backenhörnchen. Ein Jahr später führte ich die gleiche Gruppe zu einer Stelle, wo vorher unter dem Lavarand am Westrand dieses Canyons eine dreistöckige Felsenwohnung der Indianer stand. Wir fanden die früher mit Wacholderbüschen und Piniennuß bewachsene Bergebene kahl, von Bäumen und Büschen entblößt, den Boden aufgerissen, weil die Vegetation systematisch gerodet und verbrannt worden war. Die Folge war, daß der Mutterboden der Indianersiedlung an verschiedenen Stellen weggewaschen war, tiefe Rinnen zurücklassend. Ein Becken klaren, kalten Wassers am Fuße eines 80 Fuß hohen Lavaabbruches, das den Indianern und dem Wild jahrhundertelang gedient hatte, ist jetzt bis zum Rande voll mit trockenem, fest zusammengebackenem Schlamm.
Die Hoffnung der Welt liegt bei ihrer Jugend. Man kann nur wünschen, daß die neue Generation die Irrtümer der Vergangenheit erkennt und sich bemüht, sie zu korrigieren - solange noch Zeit ist. Am notwendigsten ist es, die rapide Zerstörung auf diesem Planeten zu stoppen und die bisherigen Fehler wieder gutzumachen. Junge Männer und Frauen müßten sich der Aufgabe widmen, die abgeholzten, ausgerotteten Wälder wieder aufzuforsten, um der Erosion Einhalt zu gebieten. Beim direkten Kontakt mit der Natur würden sie vor allem viel über die Ausgewogenheit und die Harmonie, die in den Zyklen der Natur zu finden sind, lernen - sowohl in ihrem äußeren materiellen Aufbau als auch in ihren inneren spirituellen Elementen. Wenn sie das tun würden, könnten sie in der Menschheit die Liebe zu unserem Planeten und zu allen Wesen neu beleben, weil sie die wahre Quelle der Alten Weisheit ist.