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Ist Hypnose jemals zu rechtfertigen?

Aus Studies in Occult Philosophy, Seite 652-653 und 413-414.

 

 

 

Frage: Gibt es irgendeine Rechtfertigung für Hypnose, zumindest für Teilbereiche, insbesondere für therapeutische Zwecke? Etwa örtliche Betäubung durch Hypnose; Verhütung von Geburtsschmerzen; anscheinende Heilung kleiner psychologischer Defekte und schlechter Gewohnheiten. Diese Anwendung findet gegenwärtig in ziemlich großem Rahmen statt, und man kann sie wahrscheinlich in zwei Hauptgruppen teilen: a) mit Hypnose und b) ohne hypnotischen Schlaf, nur durch mentale Suggestion.

 

Hypnoseanwendung ist fast immer schlecht. Sie gleicht dem Spiel mit einem gefährlichen Sprengstoff. Sie ist grundsätzlich und allgemein schlecht, weil sie den Willen des Hypnotisierten schwächt. Dieser Wille sollte vielmehr von innen nach außen in die Tat umgesetzt und auf diese Weise ein Gefüge aus innerem Leben und innerer Kraft aufgebaut werden. Jede Wiederholung der Hypnose macht den Betroffenen noch widerstandsloser, noch negativer, noch schwächer und unterwirft ihn immer mehr äußeren Einflüssen, anstatt innere Kräfte zu wecken.

Nun ist es natürlich, wie alles andere, theoretisch denkbar, daß ein Adept, zum Beispiel ein Mahâtma, durch seine Kenntnis der Naturgesetze und aller Tricks, aller Eigenschaften und Eigenheiten der menschlichen Psychologie und des Astralkörpers, rein theoretisch gesehen, Hypnose in gewissen unbedeutenderen Fällen nutzbringend anwenden könnte. Aber das ist nur eine Theorie, und ich kann Ihnen versichern, daß kein Mahâtma oder Adept jemals so etwas tun würde, weil die Idee grundsätzlich falsch ist. Sie wollen die Willenskraft und die innere Lebenskraft des Menschen hervorbringen oder entwickeln. Die Hypnose schläfert diese erstrebenswerten Kräfte ein, sie schwächt sie und beeinträchtigt die vorhandenen inneren Reserven. Doch könnte, wieder rein theoretisch gesehen, die Hypnose von einem Adepten ohne Gefahr angewendet werden.

Nun handelt es sich natürlich bei einigen örtlichen Maßnahmen, wie beim Streichen mit der Hand über einen angegriffenen Körperteil, um Schmerzen zu erleichtern, wie zum Beispiel bei Kopfschmerzen, in Wirklichkeit nicht so sehr um einen hypnotischen Schlaf, sondern mehr um eine Art von Mesmerismus oder tierischen Magnetismus. Hierbei werden die Nerven beruhigt, jedoch der Wille nicht geschwächt; der gesunde Körper wird beruhigt, die in Unordnung geratenen und angegriffenen Nerven des Kranken werden besänftigt. Das ist nicht schlecht, wenn, wie bereits gesagt, kein Versuch gemacht wird, den Willen des Betreffenden oder seinen Körper als Ganzes zu beeinflussen. Erstens ist es keine Hypnose im eigentlichen Sinne, wie dieses Wort allgemein verstanden wird, und zweitens handelt es sich um eine rein örtliche Behandlung, bei der die Heilwirkung von dem reinen, starken Magnetismus des ausführenden Magnetiseurs ausgeht. Es ist in diesen Fällen tatsächlich tierischer Magnetismus; und wenn der tierische Magnetismus gesund und rein ist, wird wahrscheinlich kein Schaden entstehen. Der Patient kann zeitweilig eine Erleichterung verspüren, obgleich sie nicht von Dauer ist, weil die Ursache nicht beseitigt wurde.

Ich möchte in diesem Zusammenhang erwähnen, daß selbst Autohypnose oder Selbsthypnose, bei der sich der Betreffende nach verschiedenen, von alters her bekannten Methoden selbst hypnotisiert, wie zum Beispiel durch Starren auf einen Punkt oder in ein helles Licht beziehungsweise auf ein Stück Kristall oder Glas, ja, selbst schon durch konzentriertes Schauen auf die Nasenspitze oder auf den Nabel - daß alle diese so wohlbekannten Dinge unbedingt zu verwerfen sind, denn sie bewirken, daß der Betreffende seinen eigenen Willen dazu benützt, seinen höheren Willen auszuschalten, wobei er im niederen Teil seiner Konstitution auf fast mechanische Weise eine falsche Stille oder Ruhe erzeugt. Mit anderen Worten: anstatt daß die Nerven zu einer reinen heilsamen, gesundheitsfördernden Tätigkeit angeregt werden, mit denen der innere Wille arbeiten kann, werden sie eingeschläfert, hypnotisiert (was das gleiche bedeutet), und der Verstand und das Nervensystem sinken unter die normale Bewußtseinsschwelle in das Schwingungsfeld des Glases oder eines anderen Objekts, das angestarrt wird. Es wird Ruhe erzeugt, künstlich herbeigeführt, aber es ist die Ruhe des Todes, die Ruhe des Mineralreiches.

Obwohl Selbsthypnose nicht so schlimm ist wie Fremdhypnose, ist sie dennoch - es sei nochmals betont - nicht gut. Sie wird von echten Adepten nicht angewendet, sondern nur von Magiern und Schamanen sowie von Medizinmännern unentwickelter Volksstämme. Genau diese Kraft gibt dem starren, unbeweglichen Auge der Schlange ihre hypnotische Kraft - volkstümlich Faszination genannt - über einen Vogel, ein Kaninchen oder über eine Maus. Das zwingende Auge des menschlichen Hypnotiseurs leitet die Hypnose auf dieselbe Weise ein. Diese Dinge sind alle verhängnisvoll, und wenn sie auch in ihren besseren Aspekten nicht gerade schlecht sind, so sind sie doch bestimmt nicht gut.

Daher sollte das alles vermieden werden. Es ist ungesund. Es wird das Schwingungsniveau in die niedrigeren Bereiche gesenkt, anstatt die Bewußtseinsschwingungen nach oben in die höheren psychischen, intellektuellen und spirituellen Bereiche emporzuheben.

Abschließend denken Sie bitte noch daran, daß die Hypnose durch Heraustreiben des höheren Teiles, des edleren Teiles des Menschen aus der niedrigeren Vierheit seiner Konstitution zustande kommt. Der Mensch befindet sich danach in einem Zustand, den wir als Wachschlaf bezeichnen können, das heißt, in Trance. Daher ist er beschränkt, vorübergehend ohne Seele. Psychische Beeinflussung oder Suggestion wiederum bedeutet, wenn sie mit einem schlechten Motiv vorgenommen wird, daß Gedankensamen mit einer dahinterstehenden Kraft in das Gemüt des Leidenden eingepflanzt werden, so daß sie wie Kletten in dem psychologischen Apparat des Empfängers haften. Deshalb ist der Leidende, der unter der Kontrolle fremder Gedanken, von Ideen, die nicht von ihm stammen, steht, nicht mehr voll selbstbewußt; er hat keine Kontrolle mehr über sein eigenes Leben; seine Charakterstärke und seine moralische Entschlußkraft wachsen nicht mehr. Mit jeder Wiederholung der Suggestion wird er vielmehr immer stärker an den von außen kommenden Willenseinfluß gefesselt. Somit führt ein solcher psychologischer Einfluß oder eine solche Suggestion schließlich zur Austreibung der eigenen Seele des Menschen; oder vielleicht besser ausgedrückt, die eigene menschliche Seele wird weggeschoben, so daß sie nicht mehr normal oder kraftvoll tätig ist. Auch hier trifft es zu, daß der Leidende durch die bewußte Tätigkeit des Hypnotiseurs oder des Suggerierenden unbeseelt wird, zumindest in der betreffenden Zeit 'seelenlos' wird. Er kann daher nach jedem ethischen oder rechtlichen Maßstab nicht mehr als moralisch oder geistig vollverantwortlich für sein Tun und Denken angesehen werden. Er ist eine rein psychologische Maschine in dem Maße, wie die äußere Kraft ihn steuert.

Zweifellos gibt es nicht zwei gleiche Fälle. Jeder Fall muß in Übereinstimmung mit den damit verbundenen Faktoren beurteilt werden. Aber in jedem Fall sind die Gebiete des menschlichen Bewußtseins für die westliche Welt eine terra incognita - und aus diesem Grunde bewegen sich die auf diesem Gebiet Experimentierenden der westlichen Welt in tiefster Dunkelheit.

Eine weitere, ungeheuer wichtige Sache habe ich nur indirekt berührt, die in jedem Falle mit einer hypnotischen oder suggestiven Steuerung verbunden ist. Ich meine das, was wir als Karma bezeichnen. Das Universum ist mit all seinen Teilen ein organisch Ganzes. Alle Teile werden daher gegenseitig durch die überall geltenden Gesetze gehalten und gebunden. Mit anderen Worten, kein Teil kann für sich allein handeln oder der Verantwortung für das, was er tut, entgehen, besonders dann, wenn etwas mit Vorbedacht und mit Willen vollbracht wird. Wer die Harmonie der Natur stört - und das gilt in der Tat für jeden und für jede Handlung -, wird aufgrund des automatischen Wirkens der Natur selbst für das, was der Unruhestifter angerichtet hat, ja selbst für seine Gedanken oder Gefühle, unweigerlich zur Verantwortung gezogen. Demzufolge wird derjenige, der die Gedanken, die Gefühle oder den Willen eines anderen ändert oder die Gedanken, die Gefühle oder den Willen eines anderen verdrängt, de facto dem Gesetz unterworfen, das er selbst bewußt oder unbewußt durch seine Handlung zu Hilfe nimmt, und er wird den daraus entstehenden Rückstrom früher oder später spüren. Hören Sie auf die Worte des Gesetzes, das überall im Universum herrscht und das niemand beiseite schieben oder aufhalten kann: "Mit welchem Maß ihr messet, so wird euch gemessen werden", und "Was ihr säet, das werdet ihr ernten." Das Motiv beeinflußt das Ergebnis ganz erheblich, aber das Motiv ist keine Entschuldigung, noch kann es die unfehlbare und schreckliche Hand der karmischen Gerechtigkeit der Natur aufhalten.