Verborgene Gefahr
- Sunrise 2/1973
Kürzlich besuchte ich einen Vortrag über "Hypnotismus und die anomale Fähigkeit der Sinneswahrnehmung", der unter der Schirmherrschaft des Verbandes der Sparkassen veranstaltet worden war. Der Redner war ein praktizierender Psychiater von Rang, und wir waren beeindruckt von seiner Vorführung: von seinen Beweisen für Gedankenlesen und Psychometrie. Die Zeit, da man noch daran zweifelte, daß es diese Dinge wirklich gibt, ist vorbei, aber ich war entsetzt, daß der Vortragende in der Ausübung von Hypnotismus weder für den Ausübenden noch für die hypnotisierte Person eine Gefahr sehen konnte. Ich erinnerte mich an einen guten Freund aus meiner Jugend, der sich mit diesen Dingen befaßte und später in Wahnsinn verfiel, und ich sprach über eine Vorführung von Hypnotismus, an der ich im mittleren Orient teilgenommen hatte. Einer meiner Kollegen, ein englischer Matrose, war mit anderen zusammen freiwillig auf die Bühne gegangen und wurde vor dem lachenden Auditorium seiner Freunde dazu gebracht, die lächerlichsten und beschämendsten Dinge zu tun. Zitternd und schwitzend, als hätte er Malaria, kam er von der Bühne zurück.
Unser Vortragender versicherte jedoch, oder bezog sich vielmehr auf eine Autorität, die behauptet, daß niemand unter Hypnose gezwungen werden kann, Dinge zu tun, die er oder sie sonst nicht tun würden. Als Einwendungen erhoben wurden, mußte er dann aber zugeben, daß andere Autoritäten möglicherweise nicht der gleichen Meinung sind. Meiner Ansicht nach ist das alles jedoch sehr wichtig, denn davon hängt es ab, ob die schreckliche Gehirnwäsche möglich ist oder nicht.
Ohne Zweifel besteht eine subtile, gegenseitige Beeinflussung und Verbindung unter den Menschen. Ich glaube sogar, daß wir im Grunde und im Innersten unseres Wesens eins sind mit allem, was lebt. Was einem Menschen Schaden zufügt, beeinflußt uns alle. Aber selbst das Geringste, was wir an Gutem tun mögen, kann sich an den entferntesten Orten auswirken. Wenn dem so ist, dann muß es zwischen unseren getrennt existierenden physischen Selbsten, die herumlaufen, und jenem inneren Zustand des Seins, wo wir alle eins sind, viele Bewußtseinsschichten geben - gleich den Häuten einer Zwiebel - wobei jede immer etwas feiner ist als die andere. Die unserer physischen Welt am nächsten liegende 'Haut' ist wahrscheinlich die psychische oder astrale Welt, und von da an werden die Schleier zwischen diesen Welten immer dünner.
Vielleicht gehört es zur Evolution, daß wir eines Tages diese physische Gestalt ablegen und uns in Astralkörpern bewegen, aber das ist eine theoretische Erwägung über zukünftige Äonen. Jetzt leben wir in der physischen Welt, und das ist maßgebend, denn ganz offensichtlich ist sie unser gegenwärtiges Schulzimmer. Wir können gewiß sein, daß wir nicht eher fortschreiten werden, bis wir nicht alle Lektionen gelernt haben, die wir hier lernen können. Es ist nicht gut für ein Kind, in der Schule eine Stufe oder eine Klasse zu überspringen. Spirituelle Tatsachen können auf dieser physischen Erde genauso erleuchtend sein, wie in jedem anderen Bereich. Wir haben zwar Nasen und Augen, um physischen Schmutz zu riechen und zu sehen, aber wir sind nicht gut genug ausgerüstet, um psychische Fallgruben zu meiden - und Psychismus darf nicht mit Spiritualität verwechselt werden.
Irgendwo habe ich gelesen, Geisteskrankheit sei kein so schreckliches Unglück, wie wir meinen. Die menschliche Seele würde sich einfach von dem noch lebenden physischen Körper zurückziehen, um sich zu erholen und Kräfte zu sammeln, um dann den Kampf mit den Gegebenheiten des irdischen Lebens wieder aufzunehmen. Das mag so sein, aber wie beklagenswert ist die Vergeudung eines oder mehrerer Leben, wenn alles unnötigerweise selbstverschuldet wurde und das Ziel der Evolution, die höchste Verwirklichung und Vollendung und der Friede weiter hinausgerückt wird.