Psychische Täuschungen
- Sunrise 1/1973
Zwischen 1887 und 1892 veröffentlichte William Q. Judge in seiner Monatsschrift The Path (Der Pfad) drei kurze Aufsätze über das Wesen der astralen und psychischen Kräfte des Menschen. Er warnte vor ihrer vorzeitigen und unkontrollierten Entwicklung. Im Hinblick auf das wachsende Interesse an allen parapsychologischen Fragen geben wir nachstehende Zusammenfassung wieder, weil die damals erwähnten Grundwahrheiten auch heute noch Gültigkeit haben.
- Der Herausgeber
Schon die Bibel gibt den weisen Rat, alles zu prüfen und das Gute zu behalten. Für die Schüler des Okkultismus, die vielleicht der Meinung sind, sie seien schon über jene Menschen hinausgewachsen, die noch an Dogmen gebunden sind, oder glauben, sie könnten mit Hilfe von Tischerücken Botschaften von verstorbenen Verwandten erhalten, ist dieser Rat ebenso wichtig wie für Spiritisten, die an das Sommerland und an wiederkehrende Geister glauben.
Die ruhige Oberfläche der See des Geistes ist der einzige Spiegel, in dem die Bilder geistiger Dinge unbeeinträchtigt erfaßt werden können. Wenn ein Schüler den Pfad betritt und nun bisweilen Lichtfunken aufblitzen oder goldene Feuerbälle an sich vorbeirollen sieht, dann bedeutet das nicht, daß er das wirkliche Selbst - reinen Geist - wahrzunehmen beginnt. Ein Zustand tiefsten Friedens oder wunderbare Offenbarungen, die dem Schüler zuteil werden, sind nicht der große Augenblick, wo er anfängt, seinen geistigen Führer zu sehen, geschweige denn mit seiner Seele konfrontiert zu sein. Auch die psychische Wahrnehmung blau sprühender Flammen, Visionen über zukünftige Ereignisse oder Einblicke in kleinere Teilaspekte des Astrallichts mit seinen wunderbaren Bildern aus der Vergangenheit oder der Zukunft, oder plötzliches Erklingen ferner, zauberhafter Glöckchen, sind kein Beweis für die Entwicklung von Spiritualität. Solche und noch viel seltsamere Dinge geschehen, wenn man ein kleines Stück des Wegs gegangen ist; sie sind jedoch nur die Vorposten eines neuen Landes, das selbst noch völlig materiell und von der Ebene des grobphysischen Bewußtseins nur eine Stufe entfernt ist.
Wir müssen auf der Hut sein, daß wir von diesen Erscheinungen nicht beeindruckt werden und uns von ihnen faszinieren lassen. Die Macht der Natur, uns zu täuschen, ist ohne Grenzen, und wenn wir uns mit diesen Dingen aufhalten, wird sie uns nicht vorankommen lassen. Nicht etwa, daß irgendein menschliches Wesen oder eine Naturkraft diesen Stillstand willkürlich eintreten ließe, wenn wir so und so handeln; aber wenn man sich von diesen "Wundern Gottes" - wie Böhme sie bezeichnet - beeindrucken läßt, ergibt sich daraus ein Rauschzustand, der den Verstand verwirren kann. Würde zum Beispiel jemand jedes im Astrallicht wahrgenommene Bild für eine spirituelle Erleuchtung halten, so könnte er nach einer Weile zu diesem Gegenstand keinen Widerspruch mehr ertragen; aber nur deshalb, weil ihn diese Art Wein berauscht hat. Während er immer tiefer in diesen Zustand hineingerät und seinen wirklichen Fortschritt vernachlässigt, der ja stets nur von der Reinheit unserer Motive und der Überwindung der erkannten Schwächen abhängt, fährt die Natur fort, den Reichtum an illusorischen Erscheinungen, in welchen er schwelgt, zu vermehren.
Es stimmt zwar, daß, wer sich mit diesen astralen Ereignissen beschäftigt, immer mehr davon sehen wird. Aber selbst wenn wir das ganze Leben damit verbringen und mit einer gewaltigen Reihe von Phänomenen belohnt würden - so ist doch ebenso sicher, daß mit dem Ablegen des Körpers diese Art Erfahrung zu Ende wäre, ohne daß wir an echter Erkenntnis gewonnen hätten.
Die Astralebene, die Ebene, auf der unsere psychischen Sinne tätig sind, ist so voller fremdartiger Eindrücke und Geräusche wie ein unbegangener südamerikanischer Urwald. Wir können zwar die Gefahren des Urwalds mit Hilfe unserer menschlichen Erfindungen, die auf die Vernichtung der dort drohenden Gefahren gerichtet sind, überwinden; wir haben jedoch keinerlei Hilfsmittel, wenn wir das astrale Labyrinth betreten. Wir mögen physisch mutig sein und uns einreden, daß uns keine Furcht befallen wird. Aber kein ungeschulter oder gar nur neugieriger Forscher vermag zu sagen, welche Wirkung sich auf seine äußeren Sinne aus dem Angriff oder Einfluß bei der Begegnung mit den psychischen Sinnen ergeben mag.
Wer aber selbstsüchtig nur seine eigene Person als Mittelpunkt sieht, ist in noch größerer Gefahr, getäuscht zu werden, als andere, weil er nicht den Beistand hat, der sich ergibt, wenn er mit allen anderen ernsthaften Suchern in Gedanken vereint ist. Man kann in einem dunklen Haus stehen, in dem man keinerlei Gegenstände erkennen kann, und trotzdem kann man alles sehen, was draußen beleuchtet ist; genauso können wir auch aus der Dunkelheit unseres Hauses - des Herzens - ab und zu die Gegenstände erkennen, die draußen vom Astrallicht erhellt werden, aber wir gewinnen daraus nichts. Wir müssen zuerst die Dunkelheit im Innern vertreiben, ehe wir in das Dunkel draußen blicken; wir müssen uns selbst erkennen, ehe wir die Dinge, die nicht zu uns gehören, richtig erkennen können.
Das ist kein einfacher Weg. Die meisten glauben, es sei angenehmer und ginge ihrer Meinung nach schneller, wenn man sich all dieser äußeren Verlockungen annimmt und alle psychischen Sinne verfeinert, wobei echte geistige Arbeit ausgeschlossen bleibt.
Der wahre Weg ist einfach und leicht zu finden: so leicht, daß sehr viele ihn verfehlen, weil sie nicht glauben können, daß er so einfach ist.
"Der Weg geht durch das Herz";
Frag dort und irre nicht umher;
Klopf an des Herzens Tür und zaudre nicht,
Weil dich der Widerhall der Töne täuschen will.
Tritt furchtsam nicht zurück, wenn sich
Die Türe öffnet und zuerst nur Schatten,
Schwarz wie die Nacht, sich dir zu zeigen scheinen,
Denn drinnen haben schon des Meisters Boten
Geduldig dein geharrt:
Der Meister ist Dein Selbst!
Es wurde einmal der Vorschlag gemacht, zur Entdeckung von Verbrechen und zur Erkennung der Motive in allen zwischenmenschlichen Beziehungen sich der Psychometrie zu bedienen. Der Ratgeber meint, der Vorschlag könnte unsere sozialen Verhältnisse umgestalten, weil die Menschen zur Ehrlichkeit gezwungen wären und die Verbrechensrate vermindert würde. Wer sich in diesen Dingen nicht auskennt, sollte vielleicht erfahren, wie diese Psychometrie ausgeübt wird: Man nimmt irgendeinen Gegenstand aus der unmittelbaren Nähe einer Person oder eines Tatorts, über den man etwas erfahren möchte - vielleicht auch einen Brief - den der Hellseher dann in die Hand nimmt oder an die Stirn hält. Vor seinem geistigen Auge erscheint dann ein mehr oder minder deutliches Bild der Tat, des Tatorts, des Schreibers oder von der Geschichte des betreffenden Gegenstands. Zeit und Entfernung sollen dabei - wie man sagt - keine Rolle spielen. Ein Sensitiver hat zum Beispiel das Umhüllungsmaterial einer Mumie psychometrisch untersucht und hat, obwohl er nichts von der betreffenden Mumie wußte, sie und ihre angebliche Geschichte genau beschrieben. Auch mit Briefen ist - ohne daß sie zuvor gelesen worden waren - in gleicher Weise verfahren worden. Dabei wurde nicht nur ihr Inhalt wiedergegeben, sondern auch die nicht zum Ausdruck gebrachten Gedanken und die Umgebung des Briefschreibers. Hellsehende haben bei zahllosen Gelegenheiten genaue Schilderungen von Ereignissen und Personen gegeben, die sie weder gesehen noch gekannt haben konnten. Aber ebenso zahllos sind die Fälle, bei denen die Aussagen nicht stimmten.
Aus mancherlei Gründen begehren viele Menschen die Macht des Hellsehens, von der sie nur die verlockenden Möglichkeiten erkennen können. Viele möchten sie für den schon genannten Zweck anwenden, gar mancher denkt aber nur daran, wie er damit ein neues Mittel in die Hand bekäme, um seine persönlichen Ziele verfolgen zu können. Die Täuschungen des Hellsehens sind jedoch so mannigfaltig, daß es vorläufig nichts anderes als eine Kuriosität bleiben wird, obwohl Fragen mystischer und psychischer Natur neuerdings eine gewisse Bedeutung in der öffentlichen Meinung gewonnen haben; aber selbst wenn die Phänomene und Gesetze des Hellsehens klar erkannt sind, wird man der Sache nicht mehr Bedeutung beilegen als bisher. Wenn nicht alles auf diesem Gebiet so zweifelhaft und problematisch wäre, hätten von Natur aus begabte Hellseher schon lange die unfehlbare Anwendung ihrer visionären Kraft bewiesen, und zwar durch Entlarvung von Verbrechern, durch Hinweise, wo gestohlenes Gut wiedergefunden werden könnte, und durch die Aufdeckung der Pestbeulen, an denen unsere Moral krankt, die wir zwar fühlen, aber nicht klar erkennen können.
Die Hauptursache aller Täuschungen entsteht, weil sich durch das Nachdenken über einen Gegenstand um den Denkenden ein Bild von der Sache bildet, an die er denkt. Diese Bilder der Gedankenebene gleichen sich alle, denn wir erinnern uns an einen Gegenstand durch unsere gedankliche Vorstellung, die wir uns davon machen und nicht dadurch, daß wir das Objekt selbst in unserer Erinnerung behalten. Das Bild in unserer Aura von einem Gegenstand, den wir in der Hand eines anderen sehen, ist für den ungeübten Seher deshalb von der gleichen Art, wie wir uns die Ereignisse in Gedanken vorstellen, an denen wir gar nicht teilgenommen haben. So kann ein Hellseher - und er tut es ja auch - diese Gedankenbilder miteinander verwechseln, was die Möglichkeit einer sicheren Aussage vermindert. Wenn eine besorgte Mutter ihr Kind in Gefahr wähnt und sich lebhaft die Einzelheiten eines Eisenbahnunglücks ausmalt, dann sieht der Hellseher vielleicht das Bild eines Ereignisses, das nie stattfand, sondern nur das Produkt innerer Bewegung oder Einbildung ist.
Auch was die Identität anbetrifft, treten Irrtümer auf. Solche Fehler werden auf der Astralebene - dem Bereich des Hellsehens - aus zahlreichen Gründen weit leichter vorkommen als auf der physischen Ebene. Zum Beispiel kann die Person, auf die das Auge des Hellsehers vielleicht aus einiger Entfernung hingelenkt wird, eine ganz andere Kleidung tragen oder ganz andere Gesichtszüge aufweisen, als in Wirklichkeit. Vielleicht erscheint sie ihm im tiefsten Winter in Frühjahrskleidung, und der Hellseher berichtet nun womöglich, daß dieser Umstand auf irgendein Ereignis im kommenden Frühjahr hindeute. In Wirklichkeit sah er aber diese Kleidung deshalb, weil er sich zufällig diese bequeme Kleidung vorstellte, wodurch das Bild seiner eigenen Gedanken vor seine Augen trat. So bringt auch der Liebende, der in Betrachtung der Gestalt und Züge der Geliebten versunken ist, oder der Missetäter, vor dem das Bild seines Opfers steht, einen kaleidoskopartigen Bildwechsel hervor, wodurch die Identifizierung unmöglich wird.
Eine weitere Quelle des Irrtums befindet sich in der unbewußten Übertragung eigener Gedanken auf den Hellseher, die dabei zum Besseren oder Schlechteren stark verändert werden. Ja, selbst die Gedanken eines anderen, den wir gerade trafen oder von dem wir hörten, spielen mit. Wenn man zum Beispiel den Hellseher über etwas befragt, worüber man soeben die Ideen eines anderen las, der sehr einprägsame und klare Gedanken und einen stark ausgeprägten Charakter besitzt, dann wird dieser Seher in neun von zehn Fällen den Einfluß fühlen und uns dessen Ideen wiedergeben.
Das letzte, worauf ich noch hinweisen möchte, ist die Umkehrung des Bildes. Das Astrallicht kehrt die Bilder um. Auch die Wissenschaft ist damit vertraut, daß ein Bild auf der Netzhaut nicht aufrecht erscheint. Von der Umkehrung der Bilder sprachen nicht nur die Kabbalisten, sondern auch die Schulen des Ostens. So kann der ungeschulte Hellseher eine Zahl verkehrt oder einen Gegenstand ganz oder teilweise auf dem Kopf stehend sehen. Welche Zuverlässigkeit den Beobachtungen ungeschulter Menschen im täglichen Leben beigemessen werden kann, haben Wissenschaft und Gerichte schon lange festgestellt; trotzdem glauben immer wieder die auf Wunder erpichten Menschen an die Beobachtungen von Hellsehern, obgleich diese auf dem Gebiet des Hellsehens genauso ungeübt sind. Natürlich gibt es auch viele Fälle echten, eindeutigen Hellsehens; im allgemeinen aber ist viel Unzuverlässigkeit damit verbunden. Die Ausbildung psychischer Sinne ist weit schwerer als irgendein physisches Training, und die Zahl der wirklichen Hellseher kann man im Westen praktisch mit Null bezeichnen.
Das Hellsehen ist unbestritten eine von vielen angestrebte Eigenschaft. - Wäre es aber wirklich gut, diese Fähigkeit zu entwickeln? Ich bin schon seit vielen Jahren davon überzeugt, daß Hellsehen eine Eigenschaft ist, die zur innersten Natur des Menschen gehört; daß sie aber auch im Tierreich vorkommt. Diese Fähigkeit ist entweder angeboren oder durch Training entwickelt. Jene Menschen, die sie von Geburt an besitzen, sind meist physisch krank oder nervlich belastet. Es gibt nur wenige Fälle, wo Hellsehen von vollkommen gesunden und ausgeglichenen Menschen ausgeübt wird.
Alles was man über Spiritismus erfahren kann, bestätigt überzeugend, daß niemand Hellsehen gefahrlos erlangen kann, es sei denn, er hat einen zuverlässigen Lehrer. Immer wieder hört man, daß die Ausübung geschadet hat; aber fast jedes Medium, das gefragt wird: "Bin ich für die Entwicklung des Hellsehens geeignet?" wird mit Ja antworten. Wegen der Qualifikationen, die ein derartiger Lehrer besitzen müßte, ist es schwer, wenn nicht gar unmöglich, einen solchen zu finden! Er muß folgende Eigenschaften haben: die Kraft, ins Innere schauen zu können, wobei er klar die gesamte innere Natur des Lernwilligen erkennen muß; eine vollständige Kenntnis aller Ebenen, auf denen das Hellsehen möglich ist, einschließlich der Kenntnis des Ursprungs, der Bedeutung und Wirkung all der Dinge, die von dem Hellsehenden wahrgenommen werden; und nicht zuletzt die Fähigkeit, die Ausübung dieser Kraft jederzeit beenden zu können. Es ist leicht zu erkennen, daß nur ein Adept diese Anforderungen erfüllen kann.
Wer aber sind die Lehrer für Hellsehen und wer befürwortet seine Ausübung? Es sind in der Hauptsache Medien; und jeder Kenner der Materie weiß, wie wenig sie wissen. Jedes Medium unterscheidet sich in seinen Fähigkeiten von den anderen. Die meisten beherrschen nur ein einfaches Hellsehen; hin und wieder gibt es solche, die bestenfalls drei Arten dieser Fähigkeit kombinieren. Kein einziges Medium ist in der Lage, mental hinter die geschauten Bilder oder Ideen zu sehen; deshalb können sie auch keinesfalls sagen, ob es sich bei dem erschauten Bild um das Objekt selbst handelt, oder um das Produkt einer Vorstellung aus dem Gehirn eines anderen. Auf diesen Ebenen der Wahrnehmung sind die menschlichen Gedanken genauso gegenständlich, wie materielle Gegenstände für unsere gewöhnlichen Augen gegenständlich sind. Wenn ein Hellseher sagt, daß die auf diese Weise von ihm geschauten Dinge vom physischen Auge nicht wahrgenommen werden können, dann ist das richtig; aber mehr kann er auch nicht aussagen. In neunundneunzig von hundert Fällen hält der Seher die Vorstellung eines anderen Menschen für die hellseherische Wahrnehmung einer lebenden Person oder eines materiellen Gegenstands.
Die Sehfähigkeit der Seher richtet sich stets nach ihren inneren Fähigkeiten, die von komplizierten Vererbungsgesetzen bestimmt sind. Der eine gelangt nur bis zur symbolischen Ebene; ein anderer in den Bereich, der als positiver Tonbereich bekannt ist; wieder ein anderer gelangt bis zu den negativen oder positiven Aspekten der Hautoberfläche und ihrer Ausstrahlungen, und so weiter und so weiter; die Fähigkeit des Hellsehens kann sich von Schicht zu Schicht, von einer Schwingungsoktave zur jeweils nächsten erstrecken. Sie kennen alle nur den kleinen Ausschnitt, in dem sie selbst Erfahrungen haben, für alle anderen jedoch ist die Entwicklung dieser Kraft gefährlich - weil sie langsam, aber sicher - fast ohne Umkehrmöglichkeit - zu einem inneren und äußeren Zustand der Passivität geführt werden. Der Wille wird allmählich verdrängt, und schließlich geraten sie in die Gewalt der 'Dämonen', die an der Schwelle unseres Bewußtseins lauern. Irrsinn ist die Folge.
Der okkulte siebenfache Aufbau der Natur mit allen Modifikationen erzeugt vielfache Wirkungen, und kein 'Nur-Hellseher' kann die Realität erkennen, die selbst dem einfachsten Fall einer hellseherischen Wahrnehmung zugrunde liegt. Wenn ein Mensch auch nur von einem Stuhl zum anderen geht, so ergeben sich für die Vision des Hellsehers sofort Hunderte von Möglichkeiten, und nur der bestgeschulte, philosophische Seher - kurz, ein Adept - kann sie alle so kombinieren, daß sich daraus ein richtiges klares Bild ergibt. Bei der ebengenannten einfachen Handlung treten fast alle Energiezentren in dem gehenden Menschen in Tätigkeit, und jedes dieser Zentren erzeugt seine eigenen speziellen Wirkungen im Astrallicht. Sobald die Bewegung eingeleitet ist und sich Gedanken bilden, erzeugen sie eigene charakteristische Töne, Farben, Ätherbewegungen, ätherische Lichtenergien, symbolische Bilder, Störungen elementarer Kräfte usw. Auch nur ein Augenzwinkern würde die gleiche Wirkungskette ablaufen lassen. Der Hellseher aber kann nur das wahrnehmen, was seiner eigenen Entwicklungsstufe und seinen persönlichen Eigentümlichkeiten, die in Fähigkeit und Reichweite begrenzt sind, entspricht.
Was wissen die Hellseher über das Gesetz, das überwacht und schützt, und bei vielen Menschen immer in Aktion ist? Wie erklären sie die Fälle, wo bestimmte Dinge trotz stärkster Bemühung überhaupt nicht gesehen werden? Wenn man die menschliche Natur und die Gewinnsucht vieler Anhänger des Hellsehens berücksichtigt, dann darf man doch mit Recht annehmen, daß diejenigen, die uns das Hellsehen beibringen wollen oder dafür Geld nehmen, schon längst große Vermögen gebildet hätten, Banken beraubt oder verlorene Dinge gefunden und mehr Freunde wieder zusammengeführt hätten, wenn das Hellsehen wirklich real oder zuverlässig wäre? Zugegeben, es hat sporadische Erfolge auf diesem Gebiet gegeben; beweist aber nicht gerade die Ausnahme die Regel, daß das echte Hellsehen nicht verstanden wurde und wahrscheinlich auch nicht wird.
Was aber sollen wir erstreben und studieren? Mit der Philosophie des Lebens sollte man sich beschäftigen und sich die Auszeichnungen, die auf der Straße der geistigen Entwicklung zu gewinnen sind, für spätere Leben aufheben - und Selbstlosigkeit praktizieren.