Die Flamme, die nicht flackert
- Sunrise 4/1969
Betrachtungen eines Asienreisenden.
Es ist ein windiger und regnerischer Tag. Der Adventurer stampft und bebt. Seine Maschinen klopfen wie ein großes, übermäßig beanspruchtes Herz. Über meiner Kabine bewegt sich ein unbekannter Gegenstand. Es klingt, als rolle eine schwere hölzerne Kugel in unregelmäßigen Intervallen hin und her, denn wir werden buchstäblich von einer Woge zur andern gestoßen. Niemand scheint diesen Gegenstand zu kennen oder zu wissen, wie er zwischen die Decke und das darüber befindliche Deck geraten ist. So entstand ein Ratespiel für Passagiere und Mannschaft, die alle gekommen sind, um zu hören und zu raten. Was, wie und warum? Solche grundlegenden Fragen scheinen sowohl im Leben wie auch auf dem Schiff unbeantwortbar zu sein. Und dennoch sagt man, daß es auf jede Frage auch eine Antwort gibt.
In dieser brodelnden, unruhevollen Zeit gibt es viele Fragezeichen, die uns quälen. Berichte über ein Unheil nach dem anderen, über Krieg und Blutvergießen, über sinnlosen Aufruhr und über Zerstörung pochen wie schwere Schläge gegen das Tor des Herzens. Das Leben scheint zu rufen: "Wacht auf, wacht auf. Ihr kennt die Frage, jetzt könnt ihr die Antwort finden."
Wir haben in diesem Jahrhundert schon viele Probleme gelöst: Kinderarbeit, Frauenstimmrecht, schwere Wirtschaftskrisen und Epidemien, die früher eine beständige Gefahr waren und erst in den letzten Jahrzehnten unter Kontrolle gebracht werden konnten. Wir lösen ein Rätsel und stehen dann weiteren Schwierigkeiten gegenüber. Immer wieder halten uns neue Fragen beständig in Bewegung. Immer weniger sind sie auf ein bestimmtes Gebiet beschränkt, sie werden immer universaler. Die Antworten vom vergangenen Jahr genügen jetzt nicht mehr. Doch wenn das Heute die Antwort auf das Gestern ist, so wird es auch für das Morgen eine geben.
Als wir in Inchon in Korea anlegten, beobachtete ich die anderen Passagiere, wie sie an Land gingen und einen Bus bestiegen, der sie nach Seoul bringen sollte. Schon der Klang dieser Namen erweckt in mir glückliche Erinnerungen, die ich meinen Betrachtungen über meine Reise nach dem Osten hinzufüge. Im Herbst 1948, vor dem Ausbruch des Krieges in Korea, besuchten wir einen Freund in Seoul. Es waren drei anstrengende Wochen. Während dieses kurzen Aufenthaltes konnten wir viele Sehenswürdigkeiten besichtigen und uns mit einem Land vertraut machen, das Japan ähnlich zu sein schien, nur urwüchsiger, und weniger alt und müde wie das China, das wir kannten. In Korea fällt einem sofort die weiße Kleidung auf, die allgemein getragen wird. Im China der dreißiger Jahre wurde weiß nur von den Hinterbliebenen bei einem Trauerfall getragen; es war das Symbol der Trauer. In Seoul trug jedermann weiße Gewänder: Mütter mit kleinen Kindern auf dem Rücken; Bäuerinnen mit ihren Erzeugnissen, die sie geschickt auf ihren Köpfen trugen; malerische ältere Männer mit langen Röcken und großen Zylinderhüten; Arbeiter in der Stadt und auf dem Felde. Als wir einen Ausflug auf das Land machten, sahen wir an jedem Bach oder Fluß Gruppen von Frauen bei ihrer täglichen Wäsche, und wir staunten über den Erfolg ihrer Arbeitsmethode. Keines unserer modernen Waschmittel würde die Wäsche reiner waschen als es diese im fließenden Wasser zwischen zwei Steinen geklopfte und dann in der klaren, warmen Sonne getrocknete Wäsche war.
Korea, eine sich in das Gelbe Meer erstreckende Halbinsel, diente in früherer Zeit als Brücke zur Beschaffung von Konsumgütern, Kunstgegenständen und handwerklichen Erzeugnissen, für die Übermittlung religiöser Missionen und neuer Ideen aus dem alten China zu den japanischen Inseln. Die ersten bekannten Aufzeichnungen über das Land stammen von einem chinesischen Weisen, Kija, der diesen Winkel Asiens im Jahre 1122 v. Chr. besuchte. Er war besonders berühmt, weil er ein neues System der Landverteilung einführte. Eine der Nachkriegs-Maßnahmen der Westmächte war im Jahre 1948 die Neuverteilung der Reisfelder in Japan. Wenn man sich vorstellt, daß die gleiche Reform vor mehr als dreitausend Jahren schon durchgeführt worden war, und die Idee nicht im zwanzigsten Jahrhundert entstanden ist, so ist das schon recht beachtlich.
Seit dem Jahre 57 v. Chr. wurde Korea nach und nach in drei Reiche aufgeteilt: Silla im Südosten, Koguryo im Norden und etwa 20 v. Chr. Paekche im Südwesten. 700 Jahre lang führten diese drei Reiche, von einigen Unterbrechungen abgesehen, Krieg miteinander, bis sie im Jahre 668 n. Chr. durch Eroberung unter Silla vereinigt wurden. Darauf folgte eine Zeit, die als das Goldene Zeitalter bekannt ist (668-935). In dieser Zeit blühten, größtenteils unter chinesischem Einfluß, die Künste. Silla fiel dann im Jahre 935 eine Zeit lang an Koryo, - das bedeutet "das Land hoher Berge und schäumender Flüsse" - und von dieser Dynastie kommt der Name Korea.
Der historisch, und was Schönheit anbetrifft, wahrscheinlich interessanteste Ort in Korea, ist die Stadt und die sie umgebende Ebene Kyongju in der Provinz Kyongsang. Während der mehrere Jahrhunderte dauernden Regierung von Silla und Koryo blieb Kyongju die Hauptstadt und das Zentrum koreanischer Kultur. In ihren alten Gräbern wurden Schätze gefunden, die von großer Wichtigkeit für das Studium des Fernen Ostens sind. Über die Ebene verstreut und auf den Hängen der nahen Berge standen zahlreiche Monumente, Beispiele herrlicher Architektur und schöner Skulpturen jener Zeit. Im Museum zu Seoul findet man kunstvoll gearbeiteten Schmuck, Kronen und Schnitzereien, die in den alten Begräbnisstätten gefunden worden waren, sowie buddhistische Darstellungen aus Bronze und Stein, die man auf dem Gelände von Tempeln ausgegraben hatte. Auch die im Jahre 771 gegossene berühmte Bronzeglocke von Pongdoksa wurde nach Seoul gebracht und ist jetzt in einem besonderen kleinen Pavillon im Garten des Museums ausgestellt. Diese sehenswerte Glocke ist sieben Fuß hoch und fast acht Zoll dick und mit dem Relief eines Lotuskranzes, mit Figuren himmlischer Wesen und mit langen Widmungsschriften verziert. Sie wird mit einem hölzernen Klöppel angeschlagen, der an einer schweren Kette von einem Dachbalken des Pavillons herabhängt. Ihr tiefer, nachhallender Ton, der als "Brahmaton" bekannt ist, muß ein Gefühl der Ehrfurcht erzeugt haben, wenn er die Mönche des alten Pongdoksa zu ihren täglichen Meditationen rief.
Die meisten der großen buddhistischen Tempel jener Frühzeit glichen kleinen Städten und waren lebendige Zentren des Lernens und der Verehrung. Als die Zeit ihres Einflusses vorüber war, wurden sie verlassne und schließlich aufgegeben. Hier und dort ließ man eine Pagode aus Stein stehen - in der vielleicht eine Reliquie oder die Asche eines heiligen Mannes aufbewahrt wurde - oder eine Stele, eine beschriftete Säule, die über das Leben und das Wirken eines Nationalhelden oder auch über den Bau eines wichtigen Gebäudes oder einer Brücke berichtet. Eine Anzahl dieser vereinzelt stehenden Monumente wurde von der japanischen Regierung während ihrer Regentschaft in Korea sorgfältig abgebaut und auf dem Gelände des Kyongbok-Palastes hinter dem Kapitol in Seoul wieder aufgestellt. Sie sind alle gut mit den Angaben ihres ursprünglichen Standortes und des Tempels, zu dem sie gehörten, gekennzeichnet.
Bildtext: Prabhuta-Ratna Stupa, Pulguksa, Kyongju, große Silla Dynastie.
Östlich von Kyongju befinden sich die Überreste des Pulguksa, "Tempel des Buddha-Landes". Zu Anfang des sechsten Jahrhunderts erbaut, wurde er im Jahre 751 vergrößert und neu aufgebaut. Er muß ungefähr so angelegt worden sein, wie wir ihn heute vor uns haben, mit Ausnahme von ein paar Gebäuden aus Holz, die später hinzugefügt wurden. Auf Steinstufen und über steinerne Brücken erreicht man die Terrasse, auf der die Hauptgebäude stehen. Diese sind von seltener und schöner Konstruktion. Etwa eine Meile entfernt, aber immer noch ein Teil des Pulguksa, befindet sich eine in den felsigen Abhang eines Hügels gehauene Kapelle. Hier findet man viele Steinbilder, die in ihrer Ausführung verschiedene Grade der Kunstfertigkeit zeigen. Wenn man hineingeht, kommt man an den acht Generälen vorbei, von denen jeder der Führer einer der acht Klassen von Wesen ist. Dem Eingang gerade gegenüber sitzt der Buddha Sakyamuni in ruhiger Gelassenheit auf einem Lotusthron, wie eine nicht flackernde Flamme an einem windstillen Ort. Die rechte Hand ist ausgestreckt mit der Handfläche nach unten. Es ist die Geste, die als "die Erde als Zeugen anrufend" bekannt ist. Die linke Hand ruht in seinem Schoße, mit der Handfläche nach oben, Kontemplation andeutend. Diese Mudra (Haltung der Hände) bedeutet Tätigkeit in der Erscheinungswelt, in einem Zustand inneren Friedens.
An den Wänden der Kapelle sind die Jünger Buddhas und die acht großen Bodhisattvas als Relief aus dem Stein herausgemeißelt. Direkt hinter dem Buddha steht die anmutige Gestalt von Avalokitesvara - der Herr des Mitleids, in dessen Krone elf kleine Menschenköpfe gehauen sind. Eine alte volkstümliche Legende erzählt, daß sich der Bodhisattva so sehr über die Leiden der empfindungsfähigen Wesen grämte, daß sein Kopf in elf Stücke zersprang. Als sein spiritueller Vater, Amitabha, das Resultat dieser tiefen Anteilnahme sah, las er die Bruchstücke zusammen und stellte den Kopf seines Sohnes wieder her, wobei jedes der Stücke zu einem gesonderten Kopf wurde und somit die allumfassende Liebe des Bodhisattva vervielfacht wurde. In der buddhistischen Überlieferung werden diese verschiedenen Figuren als individuelle Aspekte, Tugenden und Eigenschaften der Buddhaschaft betrachtet. Genauso wie Avalokitesvara der "Mitleidsvolle" ist, so ist Manjusri die "transzendentale Weisheit" und Samantabhadra die "universale Güte." Diese strahlenden Personifikationen der Prinzipien stellen die große Harmonie eines mitleidsvollen Lebens ganz ausgezeichnet dar. Meiner Ansicht nach hat keine andere Religion die dominierende Idee ihres Glaubens mit Erfolg so lebendig dargestellt wie der Buddhismus.
In den Hügeln, die Kyongju umgeben, befinden sich zahlreiche Gräber einst berühmter Könige und Krieger, Priester und Staatsmänner. Nicht alle sind identifiziert, da viele Gräber noch auf weitere Ausgrabungen warten. Sie befinden sich in Kiefernhainen. Oft sind die Grabhügel kreisförmig: der Sockel ist mit Steinen eingefaßt, auf denen je eines der zwölf Zeichen des Zodiakus eingemeißelt ist. Diese Zeichen haben menschliche Formen mit Tierköpfen. Angefangen wird mit der Ratte, dann kommt der Ochse, der Tiger und so weiter, alle zwölf Zeichen. Die Reihe endet mit dem Pferd. Sie deuten verschiedene Zwölferzyklen an - die jeweilige jährliche Rückkehr der Sonne in einem Zwölfjahreszyklus, die Wiederkehr der Monate des Jahres und jede der zweimal zwölf Stunden des Tages, sowie alle zwölf Richtungen. Jedes Zeichen gehört in verschiedenen Graden Yin und Yang an, den zwei entgegengesetzten, aber sich gegenseitig ergänzenden Prinzipien in der Natur. Die Ratte, überwiegend Yin, erhebt sich zur Wintersonnenwende um Mitternacht zu ihrer größten Höhe und ist am stärksten im Norden. Während der Zyklus planmäßig durch die Zeichen fortschreitet, erreicht er das Pferd, das überwiegend Yang darstellt und am Mittag, während der Sommersonnenwende und in südlicher Richtung am stärksten ist. Der Mond ist das Große Yin, das negative, passive, dunkle Prinzip; die Sonne ist das Große Yang, das aktive, positive, leuchtende Prinzip.
Die verschiedenen Religionssysteme der Welt, die Dogmen und Glaubensbekenntnisse der Vergangenheit sind getane Arbeit. Nachdem sie dem Zweck ihrer Zeit gedient haben, verlieren sie mehr und mehr ihren Impuls. Die Formen, die jede Lehre umhüllen, verkrusten mit der Zeit immer stärker, was den Strom einengt. Die Wahrheit selbst ist jedoch immer gegenwärtig. Es erfolgt eine neue Darstellung alter Wahrheiten - eine neue Stimme lenkt unsere Aufmerksamkeit auf das, was die Menschheit intuitiv die ganze Zeit wußte. Unverfälschte buddhistische Überlieferungen sind wie die des reinen Christentums heute noch genauso bewundernswert authentisch wie je. Buddha, der über die Probleme und über die mißliche Lage der Lebewesen nachsann, widmete sein Leben der Suche nach Antworten auf die Fragen, die wir heute noch stellen: Woher kamen wir? Warum sind wir hier? Wohin gehen wir? Was er fand, ließ ihn annehmen, daß Elend und Schmerz die Folge von Unwissenheit und Selbstsucht sind, und daß diese überwunden werden können, indem man die vier edlen Wahrheiten im Leben anwendet. Das führt zum edlen achtfachen Pfad und zur Erleuchtung. Er gab seinen Anhängern den Rat, den mittleren Pfad zu gehen, der, "wie das ewige Jetzt, das tote Gestern von dem ungeborenen Morgen trennt."
Wenn es eine Frage gibt, die im zwanzigsten Jahrhundert am meisten der Beantwortung bedarf, dann lautet sie: was ist wahrer spiritueller Glaube? Wie begierige Kinder empfingen wir die Errungenschaften unseres neuen Spielzeuges, Wissenschaft, und dachten, unser Leben brauchte nichts weiter zur Stillung unserer Sehnsucht. Wir glaubten, die Wissenschaft werde alle Probleme lösen. Die Medizin hat uns mehr oder weniger vor verheerenden Epidemien, wie wir sie in der Vergangenheit hatten, gesichert. Unterwasserforschungen werden die wachsende Bevölkerung mit zusätzlichen Nahrungsmitteln versorgen; die Automation wird uns von mühsamer Arbeit befreien. Wenn nun andere außerhalb unseres angenehmen Spielplatzes stehen, für die nicht so gut gesorgt ist, und diese nun neidisch und traurig durch unseren Zaun des Wohllebens spähen, werden wir dann, wenn es notwendig ist, auch für sie etwas tun? Unser Spielplatz wird immer da sein und es wird immer unser Spielplatz sein. Wozu brauchen wir da einen Gott, wozu die Aufforderung zum Mitleid? Wozu Vorschriften für unseren Moralkodex oder für Zurückhaltung in der Genußsucht? Aber mit der angenehmen Fülle des Überflusses schuf die Wissenschaft auch gleichzeitig neue und tödliche Waffen zur Vernichtung.
Gelegentlich wurden zwar Warnungen laut, z. B., als Dag Hammarskjöld schrieb: "Gott stirbt nicht an dem Tag, an dem wir aufhören, an eine persönliche Gottheit zu glauben, aber wir sterben an dem Tag, an dem unser Leben aufhört, durch einen beständigen, täglich erneuerten Glanz eines Wunders erleuchtet zu werden, dessen Quelle unergründlich ist." (Markings.) Doch Stimmen wie die von Hammarskjöld bleiben gewöhnlich unbeachtet, bis die vorherrschende Begeisterung für eine materialistische Philosophie mit der Zeit zu einem spirituellen Vakuum führt, zu einem Zustand, der, wie man weiß, gegen das Naturgesetz ist. Dann lernen wir wieder einmal, daß wir nicht ohne den Ausgleich des Geistes in der Materie leben können: daß Yin nie durch Yang vollkommen aufgehoben wird. Wenn es möglich wäre, daß eines davon allein ohne das andere existieren könnte, dann würde jede Bewegung aufhören; wenn es kein Licht gäbe, so wäre keine Finsternis da, denn Finsternis ist einfach in unterschiedlichen Graden die Abwesenheit des Lichtes.
Die Tatsache, daß sich die Menschen überall von den alten Glaubensrichtungen abwenden, daß eine neue Generation an neuen Stellen und in neuen Erfahrungen Antworten suchte und immer wieder suchen wird, zeigt nur die Notwendigkeit einer neuen Darstellung der archaischen Weisheit, die der Ursprung und die Quelle für alles spirituelle Bestreben ist. Wir müssen den leeren Platz des abgesetzten Allmächtigen wieder ausfüllen. Wir wollen ihn mit einem Glauben ausfüllen, der weniger ortsgebunden ist, weniger spaltbar und weniger sektiererisch beschränkt. Nur universale Prinzipien können zu einer wirklichen weltweiten Bruderschaft unter den Menschen beitragen. Es ist ermutigend zu wissen, daß wir Fragen zu beantworten haben.
Draußen vor dem Fenster stehen die Schaumkämme der Wogen einen Augenblick lang hoch und bieten einen imposanten Anblick, im nächsten Moment versinken sie in einem Wellental des Ozeans. Ungewiß, - wie der Zustand des Menschen - jetzt sorgenfrei und voller Freude und dann versunken im Abgrund der Verzweiflung. So erhält die wechselseitige Folge von Yang und Yin alles in Bewegung. Auf der langen Reise der menschlichen Evolution ist jedes einzelne Leben ein vorübergehender Aufenthalt in der Erscheinungswelt. Dabei haben wir gute und schlechte Tage, ruhiges und stürmisches Wetter und laufen betriebsame und ruhige Häfen an. Gelegentlich haben wir das Gefühl, die karmische Ladung, die wir mitbrachten, sei zu schwer für uns. Zu solchen Zeiten ist es gut, unser Vertrauen in die Große Autorität - man nenne sie, wie man will - zu erneuern, die gerade diese Reise mit diesen speziellen Lebensbedingungen, mit dieser physischen Barke, die wir lenken müssen, zusammenstellte. Die Ladung aus unserer Vergangenheit kann uns hemmen, sie wird uns aber nicht hindern, unsere Verpflichtungen zu erfüllen, die zum Erreichen des Reisezieles notwendig sind, es sei denn, daß wir es zulassen.
Das Geräusch über meiner Kabine hörte endlich auf. Die Ursache war eine volle Dose Bier, die ein nachlässiger Arbeiter dort stehen gelassen hatte. Sie war nicht bemerkt worden, bis sie durch die anprallenden Wogen vom sicheren Platz unters Deck gestoßen wurde. Hier auf dem Adventurer können wir versichert sein, daß wir in einigen Tagen Sonnenschein und warmes Wetter haben werden. Nach unserem Aufenthalt in zwei koreanischen Häfen, in Pusan und Inchon, steuern wir jetzt nach Süden, zu den Philippinen. Ein Laderaum des Frachters ist voller Kisten mit Äpfeln, die in Korea in riesigen Mengen wachsen und in den Tropen als Delikatesse willkommen sind.
Während wir von Bord aus die See beobachten, können wir, wie wir wissen, nur einen kleinen Teil des unermeßlichen, grenzenlosen Horizontes sehen. Schwach hört man durch den Sturm die Stimme eines Matrosen, der vom vorderen Ausguck dem Kapitän nach oben meldet: "Alles in Ordnung."