Jene geheimnisvolle Essenz
- Sunrise 3/1966
Was ist das für eine unsichtbare Kraft, die wir Leben nennen? Wir sehen es überall, in allem, fürwahr, alle Dinge leben. Unser Wort Tod bedeutet in Wirklichkeit Veränderung, und so seltsam die Idee manchem von uns scheinen mag, jede materielle Erscheinung hat vorher in der einen oder anderen Gestalt existiert. Wie Salomon es schon vor langer Zeit ausdrückte, "es gibt nichts Neues unter der Sonne." Neu in der Form, ja; aber nicht in seinem grundlegenden Wesen.
Die Wissenschaftler haben viel über das atomare Leben und über den Aufbau der Moleküle gelernt, und sie wissen, daß die jede unendlich kleine Zelle zusammensetzenden Teile für sich eine wunderbare Welt bilden. Einige dieser winzigen Gefüge werden unter sehr stark vergrößernden Linsen sichtbar, doch wer hat das die Zelle beherrschende Leben gesehen? Der Autor von Der Prediger Salomo hätte an den Grenzen der modernen Forschung gewesen sein können, als er feststellte:
Er hat alles herrlich zu seiner Zeit gemacht, und hat Ewigkeit in ihr Herz gegeben; und doch kann der Mensch das Werk, das Gott von Anfang bis Ende getan hat nicht erkennen.
Wie ein ganz auf sich selbst gestelltes Miniaturuniversum hat jede Manifestation des Lebens eine Quelle in sich, die dauernd die Richtung angibt. In den niedrigeren Reichen, in denen es kein bewußtes Gemüt gibt, so wie wir es kennen, herrscht der Instinkt und bestimmt Modell, Farbe, Bestandteil und Geruch. Wachstum und Veränderung gehen ununterbrochen vor sich; nichts bleibt statisch. So betrachten wir die Natur und wundern uns. Wir möchten gerne wissen, ob es hinter dieser intelligenten Kraft noch etwas "Mächtigeres" gibt. Wie Emerson sagte, "Jeden Augenblick muß ich erfahren, daß es einen höheren Ursprung für die Ereignisse gibt als meinen Willen." Gibt es nicht ein unsichtbares Glied, das Gott und den Menschen verbindet, eine "Oberseele" oder einen "Geist Gottes"? Ob wir uns Gott nun innerhalb oder außerhalb von uns vorstellen, immer glauben wir, daß eine spirituelle Verbindung stattfinden kann. Diese könnte ein bloßer Ansporn für das Bewußtsein sein oder in einer plötzlichen Erleuchtung bestehen. Doch, was wir auch immer auf diese Weise empfangen ist für uns wahr - diese Wahrheit können wir nicht vergessen. Obgleich wir sie anderen nicht beweisen können, bezweifeln wir sie nie. Ist es möglich, daß jeder Mensch in jenen seltenen Augenblicken, seinen eigenen Fähigkeiten entsprechend, an der geheimnisvollen Essenz teil hat, deren Kraft wir Leben nennen?