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Paracelsus: Zerstörer der Fesseln

Ohne es zu wissen, streben alle Dinge danach, sich selbst zu vervollkommnen. Alle Dinge sind von Einer Grundlegenden Substanz - dem Licht. Und weil sie alle von dieser einen Substanz sind, sind sie alle verwandt und miteinander verbunden...

 

 

 

Nikon, ein alter Baumeister in Kleinasien, hatte im Jahre 148 n. Chr. einen Traum, worin er den Auftrag erhielt, seinem siebzehnjährigen Sohne zu gestatten, sich der Heilkunst zu widmen. Da er ein frommer Mann war, gehorchte er der, wie er glaubte, göttlichen Stimme. Selten hatte ein Traum weitreichendere Folgen, denn er bestimmte 1500 Jahre lang das Schicksal der medizinischen Lehre und Behandlung. Nikons Sohn, Galen, schuf ein System, in dem nur noch ganz bestimmte Auffassungen Geltung hatten und das somit das Wachstum der Wissenschaft bis zur Reformation erstickte. Paracelsus war der Mann, der diese Ketten zerbrach. Sein bedeutender Beitrag wurde lange nicht geschätzt; erst im neunzehnten Jahrhundert fand ein 'Umschwung' in der Anerkennung seiner Arbeit statt. Sudhoffs bahnbrechende Forschung enthüllte den wissenschaftlichen Titan in seinem wahren Lichte. Virchow erklärte, "Paracelsus gab der alten Medizin den Todesstoß."

Paracelsus wurde am 17. Dezember 1493 in der Schweiz, zu Maria Einsiedeln, im Kanton Schwyz, in der Familie Bombaste von Hohenheim geboren. Sein Vater, Wilhelm, war lange Jahre praktizierender Arzt in Villach, der Hauptstadt von Kärnten, sein Sohn aber nannte sich Theophrastus Paracelsus oder Theophrastus Bombast von Hohenheim. Der Name Paracelsus wird allgemein so ausgelegt, daß er 'weiter als Celsus' bedeute und andeutet, daß er über die von Celsus vertretene alte Wissenschaft hinaus fortgeschritten sei, er kann aber auch nur einfach eine Latinisierung des Namens Hohenheim, 'Hochheim', sein. Seine Verleumder schmückten ihn mit noch 'bombastischeren' Titeln aus, um ihn lächerlich zu machen, wie zum Beispiel: "Philippus Aureolus Theophrastus von Hohenheim, genannt Paracelsus Eremita."

Die spirituelle Entwicklung von Paracelsus wurde offenbar von seinem Vater, der sein erster Lehrer war, stark beeinflußt. Dieser unterrichtete ihn nicht nur in Medizin, Chirurgie und Pflanzenkunde, sondern auch in Alchimie. Von seiner Jugend und seinem Studium erklärt Paracelsus unter anderem, "seit meiner Kindheit wurde ich immer durch gute Lehrer unterrichtet, und ich habe mich mit Dingen beschäftigt, die in der Adepta Philosophia höchst bedeutsam sind. Zuallererst wurde ich von meinem Vater, Wilhelmus von Hohenheim, unterrichtet, der mich nie enttäuschte." Unter seinen Lehrern nannte er auch den Abt Tritheim von Sponheim und den Alchimisten Sigmund Füger von Schwatz. Der Abt ist der berühmte Okkultist, Arzt und Alchimist Johannes Trithemius (1462-1516), der ohne Zweifel auf den jungen Paracelsus einen außerordentlichen Eindruck machte und für seine zukünftigen Interessen bestimmend war. Füger von Schwatz besaß ein metallurgisches Laboratorium, wo Paracelsus Kenntnis in Chemie, Mineralogie und Naturgeschichte erwarb. Wann er mit seinen Versuchen in den Silberbergwerken Fügers aufhörte, ist nicht bekannt noch wissen wir etwas über seine Schuljahre und Jahre an der Universität. Wahrscheinlich wurde er um 1517 in Ferrara Doktor der Medizin und verließ später Italien, um die französischen Schulen zu besuchen.

Sein unersättlicher Durst nach Wissen trieb ihn von einem Land zum anderen: "Ein Arzt muß ein Vagabund sein. Wenn jemand etwas über die Mannigfaltigkeit der Krankheiten lernen will, muß er reisen. Wenn er weit umherreist, lernt er viel. Wer das Buch der Natur studieren will, muß zuerst mit den Füßen über seine Blätter wandern."

Das ist der Einleitung zu seinen Büchern und Schriften über Chirurgie entnommen. Paracelsus wiederholt diesen Rat in einem späteren Werk. Er unternahm ausgedehnte Reisen durch Europa, und wo er hinging, "forschte er eifrig und sorgfältig und arbeitete inmitten erfahrener Ärzte." An den Feldzügen in den Niederlanden, Dänemark und Neapel nahm er als Wundarzt teil. Im Dienste des dänischen Heeres war er Zeuge der Belagerung Stockholms und besuchte danach die Bergwerke in Nordschweden. Später reiste er in der Gesellschaft eines tatarischen Prinzen über Moskau nach Konstantinopel. Er war im wahrsten Sinne des Wortes ein Wandergeselle: er wollte die Natur und den Menschen durch eigene Erfahrung kennenlernen und sein Wissen in seine eigene Weltanschauung einfügen.

Die meisten modernen Nachforschungen über Paracelsus gehen gottesfürchtig über seine Tätigkeit als Okkultist hinweg und befassen sich nur mit der medizinischen und philosophischen Seite seiner Tätigkeit. Aber unser peripatetischer Doktor verspürte den menschlichen Kontakt mit der verborgenen Seite der Natur. Er war sich der Verbundenheit des Menschen mit den kosmischen Ereignissen und den Zusammenhängen aller Phänomene des Universums bewußt. Er lernte den Menschen als einen Mikrokosmos im Makrokosmos kennen, als die kleine Welt des Einzelwesens, das das große Universum, von dem es ein Teil ist, widerspiegelt. Diese Lehre wurde auf der Tabula Smaragdina, der "Smaragdenen Tafel", einem Dokument aus dem Anfang des Mittelalters, das einem legendären ägyptischen König und Weisen, Hermes Trismegistus, zugeschrieben wird, niedergelegt. Die ersten Sätze auf dieser Tafel lauten:

Führwahr, ohne zu lügen sage ich offen und ehrlich: Was unten ist, ist wie oben, und was oben ist, ist gleich dem, was unten ist... so daß sie vereint etwas Wunderbares hervorbringen können.

Paracelsus' Ziel und Gedanken wurden von diesen Begriffen stark beeinflußt. Seine erste Veröffentlichung Die zehn Bücher des Archidoxes zeigt uns einen Forscher, der fast ein Prototyp des Faust ist, der an der traditionellen Wissenschaft zweifelt und die wahre Quelle des Wissens unter den Geheimnissen der Natur sucht. Die Adepten, die nach dieser Quelle suchten, erkannten intuitiv die Kräfte, die in den magnetischen Phänomenen schlummern, die in Pflanzen und Metallen verborgenen Wirkungen und die Macht des Glaubens und der Suggestion.

1526 ließ sich Paracelsus in Straßburg nieder, eine Stadt, die sich rühmte, eine Schule für Chirurgen zu besitzen. Zu jener Zeit und geradezu bis zum Ende des Mittelalters bestand zwischen wissenschaftlicher Medizin und praktischer Wundheilung ein Abgrund. Die letztere, die 'verachtete Zunft' genannt, wurde den Badern, Leichenbestattern, Schmieden und Scharfrichtern überlassen, die die einfacheren chirurgischen Aufgaben ausführten wie Schröpfen, Aderlaß, gebrochene oder verrenkte Knochen einrichten, die Behandlung von Geschwülsten, Hautausschlägen und Furunkeln, sowie auch von Wunden - und nicht zuletzt das Zahnziehen. Schwierigere Operationen wurden von den "Chirurgen" ausgeführt, deren Schulung und Wissen jedoch nicht viel größer waren. Die Verleumdungen und Angriffe gegen Paracelsus begannen, als er nach Straßburg kam und sich offen als Mitglied der Gilde der Wundheiler bekannte und für deren Gleichstellung mit den zeitgenössischen Ärzten der inneren Medizin eintrat. Sein Aufenthalt in jener Stadt war kurz, obgleich er wegen seiner erfolgreichen und ungewöhnlichen Kuren bereits berühmt geworden war.

Einer seiner größten Heilerfolge gab seinem Leben eine neue Richtung. Er wurde 1526 zu einer Konsultation nach Basel gerufen und kurierte dort den berühmten Drucker Froben, dessen Heim ein Mittelpunkt für so wohlbekannte Humanisten wie Erasmus von Rotterdam, Wolfgang Lachner und Johann Oecolampadius war. Auf des letzteren Empfehlung wurde Paracelsus als Stadtarzt angestellt mit der Erlaubnis, an der Universität in Basel Vorträge zu halten. Zum Schrecken der Fakultät erklärte er der veralteten, dogmatischen und durch und durch faulen alten Medizin sofort den Krieg. Er wollte die Wissenschaft des Heilens auf der Basis eines tieferen Studiums des Wirkens der Natur reformieren. In Wort und Schrift unterstützte er die neuen Methoden und wagte es, Galen zu verwerfen. Das erweckte den glühenden Widerstand seiner Kollegen, die ihn zu vernichten suchten.

Da er der erste war, der in Deutsch lehrte, statt wie gewöhnlich in Latein, wurde ihm vorgeworfen, daß er nicht lateinisch könne, und manche Leute begannen zu fragen, ob er überhaupt eine Prüfung abgelegt und wo er seinen Doktortitel erworben habe! Außerdem verschmähte es Paracelsus in der von den Medizinern so gern getragenen auffallenden Kleidung einherzugehen: das rote Samtbarett, goldene Kette und Ringe. Was er lehrte, war kein langatmiger, verwässerter Kommentar über Galen oder Avicenna, wie die Professoren es zu tun pflegten, sondern es war Wissen, das er durch ein persönliches Studium der Natur gewonnen hatte. Deshalb ist es nicht verwunderlich, daß ein ungeheurer Andrang zu seinen Vorlesungen herrschte und ihm die Patienten von nah und fern zuströmten. Außerdem erregte er durch seine einfachen und billigen Verordnungen auch den Ärger der Pharmazeuten.

Man kann sich leicht vorstellen, welchen Sturm an Verbitterung Paracelsus auslöste: die Ärzte beneideten ihn wegen seiner erfolgreichen Kuren; die Universitätsprofessoren wurden seine Feinde, weil er ihnen ihre Schüler wegnahm und ihre ganze Wissenschaft umstürzte; die Apotheker klagten, daß sie durch seine Verordnungen verhungern müßten. Ein solcher Mann war natürlich sehr lästig und gefährlich!

bild_sunrise_41964_s136_1Eines Sonntags wurden die Bewohner von Basel mit einer Schmähschrift empfangen, die an den Mauern des Domes angeschlagen war, und deren Zweitschrift am neuen Gebäude der Wechselstube befestigt war. Die Spottschrift war gegen den großen medizinischen Reformator gerichtet, dem seine Verleumder den Spottnamen 'Cacophrastus', der "böse" Phrastus gaben! Das Blättchen, aber mehr noch die ihm von einem reichen Kanonikus des Domes, von Liechtenfels, zugefügte Ungerechtigkeit machten Basel für Paracelsus unerträglich. Der kirchliche Würdenträger hatte in einem öffentlichen Angebot demjenigen Arzt 100 florins versprochen, der ihn von seinem Magenleiden befreien würde. Paracelsus kurierte ihn durch drei Behandlungen mit seinem berühmten 'Labdanum'. Der geizige Domherr verweigerte die versprochene Bezahlung, und die Sache kam vor Gericht. Der Richter bestimmte ein Honorar für die Behandlung: sechs florins! Verärgert über all diese Ungerechtigkeiten und Verfolgungen verließ Paracelsus 1528 die Stadt. Begleitet von einer Gruppe Schüler, von denen die meisten glaubten, daß er im Besitze geheimer Heilmittel und Lebenselixiere wie dem "Stein der Weisen" sei, die er ihnen, wie sie hofften, enthüllen würde, nahm er seine Wanderungen wieder auf. Während dieser Zeit zog er bei jedem Wetter durch das Land. Trotz der Angriffe gegen ihn war sein Mut ungebrochen, und er war überzeugt, daß er in der Medizin eine Renaissance geschaffen habe.

Es ist schwierig, in chronologischer Folge die verschiedenen Städte, die er besuchte, festzustellen, aber schließlich erschien er auch in Nürnberg, wo die Ärzte versuchten, ihn als einen "Großtuer und Scharlatan" in schlechten Ruf zu bringen. Um diese hinterhältigen Verbreitungen zu widerlegen, ersuchte er den Magistrat, ihm einige ihrer "unheilbaren Kranken" zu schicken. Daraufhin erhielt er Opfer der Elefantiasis ('griech. Leprosy'), die er heilte. Die Bescheinigungen, die die Glaubwürdigkeit enthalten, liegen heute noch in den Archiven der Stadt. Auch hier erregten seine neuen Methoden Neid und Haß, und er mußte Nürnberg bald verlassen. Er wanderte von Ort zu Ort und traf auf Grund seiner erfolgreichen Kuren Gunst und Gastfreundschaft, aber auch feindselige Gesinnung und Verachtung. Außerdem hatte er wirtschaftliche Schwierigkeiten. Wenn sein Einkommen gut war, spendete er freigebig, war es aber dürftig, dann hatte er keine Ersparnisse und erlitt Ungemach. Von den Reichen erhielt er oft keine Bezahlung; von den Armen nahm er selten etwas.

Im Winter 1529 ging er nach Beratzhausen in der Nähe von Regensburg. In diesem idyllischen kleinen, weit von den geschäftigen größeren Städten entfernten Ort, schuf er seine zwei größten Werke: Paramirum und Paragranum. Während seiner vorhergehenden rastlosen Wanderungen schrieb er mehrere wissenschaftliche Abhandlungen über Astronomie und Philosophie. Zu dieser Zeit, als sein Interesse einem weiteren Feld als dem rein medizinischen galt, unterzeichnete er Blättchen, Bücher und andere Schriften als "Professor der Heiligen Schrift und Doktor der Zwei Medizinen." In der Einleitung zu seinem Paragranum wendet er sich an seine Gegner:

Ihr, meine Widersacher von heute, müßt eines Tages mit mir übereinstimmen, nicht ich mit euch! Keiner von euch wird verfehlen in der Ecke zu landen, die die Hunde aufsuchen... Aber ich werde Blätter treiben, während ihr verdorrte Feigenbäume sein werdet.

Schließlich schien ihm 1541 ein freundlicheres Schicksal zu lächeln. Er kam nach Salzburg, wohin ihn Pfalzgraf Ernst, der auch Fürst-Erzbischof und Herzog von Bayern war, gerufen hatte; aber selbst hier verweilte Paracelsus nicht lange, um sich der Früchte seiner Mühen zu erfreuen. Das Gerücht hatte jetzt seinen Namen allgemein verbreitet, aber im September 1541 erkrankte er. Am 21. dieses Monats schrieb er sein Testament, und drei Tage später starb er im Alter von 48 Jahren in einem kleinen Zimmer im Gasthaus Weißes Roß. Er wurde im St. Sebastian Friedhof beerdigt, und sein Grab zierte ein Grabstein aus rotem Marmor mit einer lateinischen Inschrift, die in glänzendsten Worten sein Lebenswerk pries. Von einigen kleinen Vermächtnissen an Verwandte und Freunde abgesehen, schenkte er in seinem Testament seine wenigen Besitztümer den Armen. Die von ihm hinterlassene "Bibliothek" jedoch bestand nur aus einer Bibel mit Konkordanz, dem Neuen Testament, St. Hieronymus Kommentare über die Evangelien und ein Buch über Medizin.

Die Ursache seines Todes wurde nie klar festgestellt. Höchst wahrscheinlich war sie die Folge von Überarbeitung. Seine unregelmäßige Lebensweise kann ebenfalls zu dem plötzlichen Ende beigetragen haben. Einer anderen Version entsprechend wurde er ermordet. Es wird berichtet, daß der gut erhaltene Schädel, als er später ausgegraben wurde, an der linken Schläfe einen Bruch zeigte, auf Grund dessen angenommen wurde, daß der Tod durch eine äußerliche Wunde herbeigeführt wurde, die Paracelsus durch eine Waffe oder durch einen Sturz erhalten haben mag. Hessling deutet in seinem 1682 erschienenen Buch Theophrastus redivivus an, daß die Salzburger Ärzte durch seine Wunderkuren erbittert waren und Söldlinge veranlaßten, auf einer Gesellschaft über ihn herzufallen und ihn aus dem Fenster zu werfen. Andere Quellen erzählen, daß Paracelsus den "Stein der Weisen" besaß, den er in einer Elfenbeinkapsel an seinem Schwertgriff trug, und von Alchimisten, die ihm den Stein rauben wollten, während eines Kampfes erschlagen wurde.

Die Überlieferung hat über diesen bemerkenswerten Mann wenig zu sagen. Jedoch seinen Charakter kennen wir gut. Wir kennen seine gewaltige Schaffenskraft, sein vulkanisches Temperament, seinen mystischen, auf die Grundlage der Naturgeschichte sich gründenden, Weitblick und seine Erkenntnis, daß die Medizin nur eine Vorstufe zu göttlicher Erkenntnis ist. Theophrastus von Hohenheims Beitrag als Reformator der Heilkunst ist jetzt unbestritten. Er war der Entdecker der Chemotherapie, welche für die Chirurgie wie für die Behandlung innerer Krankheiten wichtig ist. Kürzlich wurde er auch der Vorläufer der Psychotherapie genannt, weil er es als des Arztes Hauptaufgabe betrachtete, den Ursachen der Krankheit nachzuspüren und nicht nur die Symptome zu bekämpfen, und zu diesem Zweck prüfte er das mentale Verhalten der Patienten. Man sprach auch von ihm als Verkünder der Mikrochemie und der Antisepsis.

Die verschiedenen Arten der Steinbildung im Körper, wie Gallensteine und Nierensteine nannte er "tartarische Krankheit." Tartarus war für Paracelsus der unreine Teil von allem - von Wasser, Wein und so fort; er entsteht im Menschen durch die Verdickung der körperlichen Säfte und einer Ansammlung irdischer Beimischungen. Er lehrte auch, daß in jedem Menschen ein Alchimist oder Archeus, ein "Lebens-Geist" lebt, der das Brauchbare vom Unbrauchbaren trennt und so die "tartarischen Elemente" durch natürliche Mittel ausscheidet. Er verlangte daher vom Arzt, daß er mit Archeus zusammenarbeitet, das heißt, er sollte das Wirken der Natur leiten und unterstützen. Es ist Paracelsus' bleibender Verdienst, daß er sehr auf die Zubereitung chemisch reiner Medikamente drängte und den Wert einheimischer Heilkräuter hervorhob, die genauso wirksam seien, wie die von irgendwoher eingeführten.

Als Chemiker war er der erste, der die Aufmerksamkeit auf die Tatsache lenkte, daß 'Luft' (Wasserstoff) entwickelt wird, wenn Eisen in verdünnter Schwefelsäure 'aufgelöst' wird. Er war der erste, der Alaun von Vitriol trennte und die bleichenden Eigenschaften der Schwefeldämpfe kannte. Er benützte das Brennglas und Vergrößerungsgläser, um die Reaktion von Substanzen auf hohe Temperaturen zu prüfen. Mit Hilfe von Aqua regia konnte er Gold von Silber trennen und seine Untersuchungen der Mineralwasser waren sehr wertvoll. Er ist geradezu als Vater der Pharmakologie bekannt, da er der erste war, der chemische Präparate in die Medizin mischte, und er bereitete viele Tinkturen, Essenzen, Extrakte und Absude von Kräutern nach seinen eigenen Rezepten.

Seine Philosophie drehte sich um den Gedanken, daß alle sichtbaren Dinge zuerst unsichtbar in Gott waren. Sie waren im mysterium magnum, dem "großen Mysterium" mit zunehmenden Kreisen immer größerer Feinheit und Reinheit eingeschlossen, womit eine feinere Geist-Substanz gemeint war als wir sie als physische Materie sehen. Aus dieser kam die Welt und schließlich auch der Mensch. All unser Wissen ist Selbst-Offenbarung, unser ganzes Lernen besteht im Wirken in der Natur, die unter Mitwirkung des Menschen aus Gott entsprungen ist. Alle Geschöpfe bestehen aus einem elementaren, irdischen, sichtbaren Körper und einem himmlischen, astralen, unsichtbaren "Lebensgeist" oder Archeus. Das ist die sich entfaltende Kraft, Idea operatrix, die den Wesen ihre Form gibt. Im Menschen tritt auch die göttliche Seele, die Quelle richtiger Erkenntnis, von Tugend und Weisheit in Erscheinung. Des Menschen Konstitution ist daher dreifach: Körper, Seele und Geist. Deshalb muß der kranke Mensch auf dreifache Art kuriert werden.

Paracelsus bekämpfte die populäre, herabgewürdigte Astrologie, betrachtete aber die wahre Wissenschaft als eine religiöse Erfahrung, die wie die Geheimnisse des Glaubens nie profaniert und für selbstische Zwecke mißbraucht werden darf. Er erklärte den Grund, warum wir Christen uns in dieser Hinsicht so weit unter dem Niveau der Heiden befinden; und zwar deshalb, weil wir nicht mehr im wahren Lichte der Natur wandeln; wir haben uns vom Himmel abgesondert und verstehen nun seine Sprache nicht mehr. Für ihn ist jede Form in dieser Welt ein Symbol einer "göttlichen Idee." In diesem Austausch zwischen Himmel und Erde besteht unser Wesen fort, und unsere ganze Natur entartet, wenn wir das Wissen über diese Verbindung verlieren. Der wahre Astrologe muß die Verbindung eines jeden Sternes mit jedem Element und auch die Verwandtschaft mit der menschlichen Seele, den "siderischen Menschen" zusammensetzenden Teilen, kennen. Paracelsus verwarf den falschen Begriff vom schicksalhaften Zwang in der Astrologie; er schätzte die spirituelle Macht des Menschen so hoch ein, daß er glaubte, der Mensch kann sogar der Natur Gesetze vorschreiben. Seine Anwendung praktischer Astrologie ist bedeutsam, denn er achtete bei der Herstellung von Heilmitteln oder Kräuterextrakten immer auf die Stellung der Sterne.

Wie in den Upanishaden Indiens finden wir auch in den Schriften von Paracelsus die Lehre über die sieben Prinzipien, auch die Planeten genannt, die Lehre über die drei Substanzen und die vier Elemente. Das Wissen über diese sieben Qualitäten bildet den Schlüssel zu allem mystischen Wirken, denn wer Âtman oder das göttliche Selbst im Innern kennt, kennt alles.

 

 

Im Auszug aus Teosofiskt Forum, Schweden.

Wenn der Mensch der höheren Weisheit gemäß lebt, steht er über den Sternen. Ein solcher Mensch, der kraft seines Willens Herr über Himmel und Erde ist, ist ein Magier und Magie ist nicht Zauberei, sondern höchste Weisheit.

Die Menschen haben das Studium der geheimen Kräfte und unsichtbaren Strahlungen vernachlässigt. Sie waren damit zufrieden, von wundersamen Tatsachen zu erzählen. Die Natur enthält sichtbare und unsichtbare Kräfte, sichtbare und unsichtbare Dinge, und alle sind natürlich.

Die Heilung kommt durch die Medizin, und die medizinische Kunst entspringt der Barmherzigkeit. Geheilt zu werden ist daher nicht ein Werk des Glaubens, sondern der Sympathie.

- Aus Schriften von Paracelsus