Schicksalhafte Planeten?
- Sunrise 4/1962
Der Weg des Fortschritts war langwierig und schwer, und wird es auch weiterhin sein - von den begrenzten Anschauungen einiger Astrologen, daß planetarische Einflüsse unser Schicksal lenken oder bestimmen, bis zu der Erkenntnis, daß wir allein, individuell, die wirklichen Herren unseres Schicksals sind; von der kalten materialistischen Durchforschung des Universums durch eine sich schnell entwickelnde Wissenschaft, bis zu den Begriffen einer Meta-Wissenschaft der Zukunft, die ein sinnvolles Zeugnis vom höheren Leben des Raumes geben wird und was sie für uns auf diesem winzigen Planeten hier bedeutet; von einer furchtsamen Einstellung dem Unbekannten gegenüber, bis zu einem vollkommenen Vertrauen zu der sich entfaltenden evolutionären Beschaffenheit unseres Milchstraßensystems, unseres Sonnensystems und von uns selbst.
Von welcher archaischen Weisheit leitet sich diese angebliche Wissenschaft ab, die vorauszusagen versucht, was geschehen wird, wenn eine bestimmte Planetenkonstellation eintritt? Wenn es eine reine archaische Weisheit gab, die den Aufbau des Universums mit einbezog, wie und warum ging uns dieses Wissen verloren? Oder wurde es durch Einschränkung und Verdogmatisierung zum düsteren Schatten eines Wissens, das ursprünglich eher zu einem gesunden Selbstvertrauen führte, anstatt zu einer Abhängigkeit von den Sternen oder zur Suche nach einer Führung außerhalb von uns selbst?
Jene Vorfahren waren vielleicht Meta-Wissenschaftler eines vergangenen fortschrittlichen Zeitalters, ähnlich dem unseren. Kann es sein, daß sie wußten, daß wir und die Erde nur ein kleiner Teil in der Konstitution des Sonnensystems sind, und daß unser Sonnensystem seinerseits nur eine Zelle im Körper einer noch größeren Lebensform ist? Wenn dem so ist, dann wachsen und entwickeln wir uns bestimmt Stufe um Stufe auf einer unermeßlichen Leiter des Lebens empor, und alles, was aus dem Weltraum zu uns kommt, wird nur zu unserem Wohl dienen. Wenn die Luft, die wir einatmen, zu unserem individuellen Wohlergehen im Endeffekt unser gesamtes Kreislaufsystem durchläuft, warum sollte dann nicht das, was durch die Kreisläufe eines kosmischen Körpers zu uns kommt, ebenfalls einen aufbauenden Wert für die Menschheit haben.
Die gegenwärtige Stellung der Planeten muß tatsächlich eine Bedeutung für die Menschen haben, denn es kann sich im Raume nichts ereignen, was nicht für das Ganze von Bedeutung ist. Weil diese besondere Konstellation zum Zeitpunkt einer Sonnenfinsternis seit über 25 000 Jahren nicht mehr eintrat (bedeutsamerweise ist dies die Zeit, die die Sonne für ihren Umlauf benötigt), scheint dieser Planetenstand den großen Zeiger einer kosmischen Uhr darzustellen, der unserem Sonnensystem den Eintritt in einen neuen Zyklus seiner Evolution anzeigt.
Wozu also all diese Weissagungen? Sollen wir den Zustrom des Guten, der vermehrten Gelegenheiten, fürchten? Sollen wir vielleicht glauben, daß die großen Ereignisse in der Geschichte der Menschheit - geologische Umwälzungen, soziale und wirtschaftliche Erhebungen, Hungersnot, Seuchen und so weiter - schlimmen Ursprungs waren? Oder sollen wir annehmen, daß sie für den Menschen, für die Erde und für unser Sonnensystem Stufen des Wachstums und des Fortschritts waren? Man kann die Schlußfolgerung, daß unsere Gegenwart, so unvollkommen sie auch ist, auf einem Einfluß des Bösen beruht, nicht akzeptieren.
Fordert nicht jeder Übergang zu einer neuen Stufe der Erkenntnis eine Neueinstellung dem Alten gegenüber? Eine neue Phase im Leben der Erde schließt manchmal die Erhebung von Landmassen ein, eine neue soziale oder wirtschaftliche Ordnung die Beseitigung einer veralteten, eine gesunde Menschheit erfordert die Entfernung oder Heilung der erkrankten Teile. Warum sollte man all dies nicht einem guten Einfluß zuschreiben? Es ist wahr, wir wissen nicht immer, wie wir die vor uns liegenden Gelegenheiten richtig nützen sollen. Vielleicht erzeugt ihr Mißbrauch den Anschein des Bösen, vielleicht gewinnen wir erst nach dem Schmerz und Verdruß des Mißbrauchs die Weisheit, den Forderungen der Veränderung nachzukommen.
Wo fügt sich nun die Wissenschaft in dieses Bild ein? Wie kann sie eine reale Grundlage des Wissens schaffen, um uns dahin zu führen, daß wir das zur Verfügung stehende Gute nutzbar anwenden? Wenn es eine archaische Weisheit gibt, und wenn es stimmt, daß wir in vergangenen Jahrtausenden die Höhen und Tiefen vieler größerer Zyklen durchlaufen haben, ist es dann nicht ebenso möglich, daß die Wissenschaft eine Wissensgrundlage schaffen kann, mit der wir für die Zukunft einen höheren moralischen Stand aufbauen können, als ihn die Menschheit je gekannt hat?
Innerhalb weniger Jahrhunderte wurde das Alter dieser Erde um Milliarden Jahre zurückverlegt. Manche sagen, daß sie gerade die Mitte ihrer Lebenszeit überschritten hätte, so daß wir noch Milliarden Jahre vor uns haben! Die Rätsel der Errungenschaften alter Zivilisationen, die anscheinend in mancher Hinsicht unseren überlegen waren, sind gelöst worden und werden gelöst werden. Die erweiterten Perspektiven der grenzenlosen Möglichkeiten des menschlichen Strebens, wie sie durch die gegenwärtigen Weltraumforschungen offenbart wurden - ebenso die Erkenntnis, der Novae als sterbender Stern, während andere entstehen - dies alles bietet uns eine feste Grundlage, auf der wir das sittliche Gerüst eines neuen Menschenbildes errichten können: eines Menschen, der verständig mit einer weitaus höheren Natur zusammenarbeitet und nicht von ihr erwartet, daß sie sich seinen engen Begriffen über Verhalten und Entwicklung unterordnet.
In der Tat ereignen sich in der Welt heute viele Dinge, die zu negativen Überlegungen verleiten. Aber können wir denn nicht sehen, daß dieses Geschehen, das Ergebnis der Beschleunigung eines sich ausdehnenden Bewußtseins des Individuellen ist? Begreifen wir nicht die regenerativen Eigenschaften der heranwachsenden Generationen, der neuen Lebenswoge von Seelen, mit ihrem Erbgut der Erfahrung aus der Vergangenheit? Wir können sicher sein, daß sie fähig sein werden, sich aus dem Sumpf der Konflikte herauszuarbeiten, in dem unsere Zivilisation zu versinken scheint. Keine noch so große Zahl alter Begriffe oder Dogmen, seien sie moralischer oder wissenschaftlicher Art, werden diese Woge verschlucken, genausowenig wie ein harter Boden den Durchbruch der kleinsten Pflanze verhindern kann, wenn ihre Blütezeit gekommen ist.
Viel Gutes fließt aus dem Weltraum auf diesen alten Erdball zu. Wenn wir, als Einzelne, nicht "gegen den Strom" dieses kosmischen Impulses ankämpfen, sondern seiner Aufforderung nachkommen, das Alte abzulegen und das Neue anzunehmen, und wenn wir diesen Strom als die hervorragende Gelegenheit für den Menschen erkennen - dann werden nicht einmal die Hindus beten müssen, um ein nur in der Vorstellung vorhandenes Übel abzuwehren.