Das ewige Feuer der Sterne
- Sunrise 2/1962
Zum Guten oder Bösen haben wir schließlich das ewige Feuer der Sterne zur Erde herunter geholt; und allzu deutlich können wir darin die Anfangsgründe der Prometheus Tragödie erkennen. Zum ersten Mal in der Geschichte dieses Planeten kann nun auf unseren Befehl hin eine Kraft auftreten, die gigantisch genug ist, um das ganze Antlitz dieses Globus zu verändern. Es ist eine Kraft, die, unter Kontrolle, dazu benützt werden kann, eine neue Weltordnung zu schaffen, die Armut und jeden Mangel ausschaltet, und eine Welt des Friedens und der Fülle überall und für jeden hervorruft. Jedoch unkontrolliert ist sie eine Kraft, die eine völlig zerstörte Welt zur Folge haben kann. Wir, die Männer und Frauen dieses Zeitabschnittes, müssen entscheiden, jedoch unsere Zukunft und die Zukunft für Generationen von Menschen zahllose weitere Jahrtausende hindurch beruht auf unserer Entscheidung.
Dieses Problem der kontrollierten Kraft ist nicht neu. Während der letzten fünf Jahrhunderte hat die menschliche Rasse versucht, ihre materielle Kraft in einem Plan festzulegen, um eine beständige ökonomische und soziale Ordnung zu sichern. Es gab ein beständiges Suchen nach dem Gleichgewicht der Kraft, indem die Stärke einer Nation, oder einer Gruppe von Nationen, gegen die einer anderen Nation abgewogen wurde. Diese Art und Weise war nicht sehr gut; und so, wie der Bestand an materieller Kraft in der Welt immer mehr zugenommen hat, nahm das Gleichgewicht immer mehr und mehr ab, wie das Ergebnis der letzten fünfzig Jahre, mit zwei Weltkriegen, zeigt.
Heute, wo zu allem anderen die Atomkraft noch hinzukommt, ist es klar, daß der Zeitpunkt vorbei ist, wo wir je hoffen konnten, daß materielle Kraft durch materielle Kraft zu überwachen wäre. Von jetzt an muß materielle Kraft durch etwas über ihr stehendes beherrscht werden. Unsere einzige Hoffnung liegt in der Kontrolle der materiellen Kraft der Welt durch die Kraft des menschlichen Geistes.
Das mag wie eine pessimistische Antwort erscheinen, denn mit welchem Recht können wir erwarten, daß unsere Generation, was die Weltsicherheit anbetrifft, eine größere moralische Höhe erreichen kann als unsere Vorväter? Insofern steht unsere Angelegenheit nicht sehr gut. Und dennoch gibt es für uns heute ein neues Element der Hoffnung, weil die gleiche Wissenschaft, die uns die Atomkraft gegeben hat, uns auch den atomistischen Blick dafür gab. Durch das Mikroskop, das Spektroskop und das Teleskop erhalten wir eine vollständig neue Ansicht über die grundlegenden Realitäten, aus denen das Universum und wir selbst gemacht sind. Wir machen die überraschende Entdeckung, daß, mit einem Wort, die grundlegende Basis unseres Universums nicht Materie, sondern Musik ist. Wir finden, daß die materialistische Philosophie der Wissenschaft des 19. Jahrhunderts nicht mehr haltbar ist. Wir wissen noch nicht ganz sicher wie die neue Philosophie der Wissenschaft des 20. Jahrhunderts ist, doch wir sehen, daß die fundamentalsten Ideen mehr auf die Verwandtschaft mit Harmonie und Widerhall gegründet zu sein scheinen, als auf Masse und Mechanik. Auf dieser neuen Basis sehen wir eine vollständig neue Philosophie hervorkommen, eine revolutionäre Serie grundlegender Ideen, die die Wissenschaft in eine neue Beziehung zur Religion und zur spirituellen Lebensweise bringen. Die Wissenschaft des 19. Jahrhunderts stand dem religiösen Gesichtspunkt deutlich entgegen. Die Wissenschaft des 20. Jahrhunderts scheint sich mehr und mehr der harmonischen Verwandtschaft zur Religion zu nähern, indem sie eine neue Betrachtung annimmt, die dem alten Glauben neue Stärke hinzufügt. Es stärkt unsere Hoffnung, daß wir neue Quellen spiritueller Kraft finden können, um uns mit den Problemen dieses neuen Atomzeitalters auseinanderzusetzen.
Am Anfang des Verständnisses dieser neuen Auffassung über unser Universum ist es ratsam, sich eine Vorstellung von der Größe der Kraft zu machen, die wir durch atomare Prozesse auslösen. Ich könnte das kleine Stückchen Uranmetall, das den Kriegshöhepunkt mit der Bombe brachte, die auf Hiroshima fiel, in der Hand halten. In diesem kleinen Metallstück war die explosive Kraft von zwanzigtausend Tonnen T. N. T. eingepackt, eine konzentrierte Kraft, die bedeutend größer ist als irgendeine, die je zuvor bekannt war. Und dennoch wissen wir, daß die Hiroshima-Bombe im Vergleich zu den Bomben von heute, klein und kraftlos war. Daß die Wasserstoffbombe ein fait accompli (eine vollendete Tatsache) und nicht mehr nur eine Möglichkeit ist, muß bei unserem Studium der gegenwärtigen und zukünftigen Probleme unserer Welt mit berücksichtigt werden.
Um einen kleinen Einblick in die Möglichkeiten zu geben, nehmen wir an, daß ich durch einen Wink mit der Hand den ganzen Wasserstoff in meinem Körper zum Schmelzen bringen kann. Dadurch würde ich mit einer Kraft explodieren, die mehr als hundertfach größer ist, als die der Bombe, die auf Hiroshima fiel. Ich möchte auf keinen Fall dieses Experiment versuchen; da jedoch Hydrogen nicht nur in unseren Körpern, sondern in allem Wasser (H2O), in Seen und Meeren, enthalten ist, besteht die Möglichkeit der Konstruktion und Detonation jedmöglicher Anzahl von Wasserstoffbomben. In Erkenntnis dieser Gefahr besteht bei vielen Völkern die Empfindung, daß eine Anstrengung gemacht werden sollte, alle atomaren Versuche sofort einzustellen. Sie sind zu gefährlich, sagen sie, und unsere menschliche Gesellschaft ist darauf noch nicht vorbereitet.
Dabei dürfen wir jedoch die positive Seite des Bildes nicht vergessen, das Gute, das getan werden kann, wenn die Atomkraft für konstruktive Zwecke unter Kontrolle gehalten wird. Nochmals ein kurzes Beispiel: Wüßte ich das Geheimnis, wie die Energie der Atomkerne in meinem Körper in kontrollierte elektrische Energie umzuwandeln ist, dann könnte ich mich als Kraftwerk an die öffentlichen Werkgesellschaften ausleihen, und mit der gleichen Energie von Atomen in meinem Körper könnte ich alle Fabriken arbeiten lassen und viele Wochen hindurch alle Lampen der Vereinigten Staaten mit Licht versorgen. Wenn man müde ist, ist es ein anregender Gedanke, sich die ganze Energie, die der Körper wirklich enthält, vorzustellen. Wie bald die Atomkraft auf einer breiten Basis für industrielle Zwecke nutzbar gemacht werden kann, kann man nicht sagen. Einige Propheten der Wissenschaft sind optimistischer als andere. In England werden Vorhersagen für Zeitabstände zwischen zehn und zwanzig Jahren gemacht. Vieles hängt von der internationalen Lage ab und der Zuwendung unserer Hilfsmittel für militärische Zwecke. Dennoch lohnt es sich dabei etwas zu verweilen und daran zu denken, was diese Kraft zur Gestaltung einer besseren Welt, in der wir leben könnten, für uns bedeuten kann, wenn wir nur eine beständige Zivilisation, in der die Wissenschaft und die Technik schöpferisch wirken können, aufrecht erhalten können.
Man schätzt, daß es im Jahr 1800 in der ganzen Welt nur ungefähr einhunderttausend Pferdekräfte gab, die zur Ergänzung der menschlichen Muskelkraft nutzbar gemacht waren. Heute haben wir, mit Dampf, Elektrizität und innerer Verbrennung zusammen, gut über eine Billion Pferdekräfte. Dieses Verhältnis der Zunahme ist so groß, daß, wäre unser Arbeitstag in dem selben Verhältnis gekürzt worden, jeder von uns nur ungefähr fünf Sekunden täglich arbeiten würde. Die meisten von uns arbeiten bedeutend mehr, und einer der Gründe hierfür ist der, daß viel von unserer Kraft nicht zum Aufbau einer besseren Welt, sondern zu ihrer Zerstörung verwendet wurde.
Nun, wenn die Billion Pferdekraft, die aus Dampf, Elektrizität und Petroleum nutzbar gemacht werden konnten, imstande war, unsere Wirtschaft so wirksam zu revolutionieren, obwohl sie ungenügend ausgenutzt war, ist zu bedenken, was eine weitere Billion, oder sogar zehn Billionen zuzüglicher Pferdekraft aus Atomenergie tun könnten. Es ist klar, daß wir, wenn wir wollen, die Kosten für die Kraft derart vermindern können, daß sie praktisch so billig wie die Luft ist. Es gibt keinen Grund, weshalb wir alle in weiteren fünfzig Jahren unsere Häuser nicht zu einem Gesamtpreis von weniger als einem Cent im Monat beleuchten und beheizen sollten. Wir wissen, daß uns die Kraft überall umgibt, Meere von Kraft, die nur darauf warten, in Tätigkeit gesetzt zu werden. Wir können, wenn wir wollen, jeden Mangel und jede Armut überall beseitigen; auf der ganzen Welt kann jeder eine schöne Wohnung, gute Kleidung, gute Nahrung, gute Erziehung genießen, gute Lebensverhältnisse können für die ganze Menschheit vorhanden sein.
Ist das nicht ein Ziel, das um jeden Preis erstrebt werden sollte? Wirtschaftlich gesehen sind die Kosten niedrig, nur eine Kleinigkeit. Doch der Preis muß nicht mit Dollars, sondern mit Disziplin bezahlt werden. Irgendwie müssen wir, als menschliche Rasse lernen, uns selbst zu beherrschen, bevor wir unsere Kraft beherrschen können. Die kritische Frage ist: Wird unsere neue Wissenschaft uns zu einer neuen Weisheit des Geistes, einem neuen Sinn der Zukunft verhelfen?
Um einige Gesichtspunkte unserer neuen Wissenschaft zu veranschaulichen, lassen Sie mich Sie auf eine kurze Reise in das Innere eines Atoms mitnehmen, sagen wir, eines Calcium-Atoms vom Knochen meines Fingers. Dieses Atom ist natürlich sehr klein. In meiner Hand gibt es mehr Atome, als es Sandkörner an allen Gestaden der Welt gibt. Um dieses Calcium-Atom groß genug zu machen, um es sehen zu können, werde ich eine Wachstumspille aus dem Märchenland essen. Diese läßt mich durch das Dach hinaus stoßen, durch die Wolken, in die Stratosphäre, über den Mond hinaus, über die Sonne und Planeten hinaus, bis ich dadurch bis zu einer Trillion vergrößert bin. Auf diese Art vergrößert, wächst unser Calcium-Atom zu einem großen Ball von ungefähr 100 m Durchmesser, so daß Sie hineinschreiten und sich umsehen können. Vor allem werden Sie etwa zwanzig leuchtende Kugeln, ungefähr in der Größe eines Fußballs, sehen, die sich in großen Kreisen, aufwärts über Ihre Köpfe, an den Seiten hinunter und unter Ihren Füßen bewegen, die um Sie herumschwingen, wie die Planeten um die Sonne. Dieses sind die Elektronen, die Partikel negativer Elektrizität, die den äußeren Teil des Atoms bilden. Einige von ihnen schwingen sich gelegentlich heraus und umkreisen benachbarte Atome wie Tänzer in einer Quadrille. Diese Bewegung bringt die Kräfte hervor, die die Atome zu einer chemischen Struktur verbinden. Wenn Sie wissen möchten, was die "Sonne" ist, um die diese planetarischen Atome kreisen, müssen Sie auf das Zentrum dieses Calcium-Atoms blicken, und dort sehen Sie einen winzigen, wirbelnden Lichtpunkt, der kleiner ist als der Kopf einer Stecknadel. Das ist der Atomkern, der praktisch sowohl den ganzen Atomstoff als auch dessen atomare Energie enthält. Selbst wenn das Atom zu einem Durchmesser von 100 m erweitert würde, ist der Kern immer noch kleiner als der Kopf einer Stecknadel; daraus können Sie ersehen, wie klein er ist.
Wenn Sie fragen, was sonst noch in dem Atom ist, so lautet die Antwort: nichts. Vom materiellen Gesichtspunkt aus gibt es nur die wenigen elektronischen Fußbälle und den nadelkopfgroßen Kern, und der Rest ist nur leerer Raum; und da wir aus Atomen zusammengesetzt sind, sind auch wir nicht mehr als leerer Raum. Stellen wir uns vor, ich könnte meinen Körper in eine atomare Presse stecken und diese atomaren Löcher darin ausdrücken, wie die Löcher eines Schwammes ausgequetscht werden, so würde ich immer kleiner werden, bis mein Körper schließlich, wenn das letzte Loch weg wäre, kleiner wäre als das kleinste Stäubchen, das Sie auf einem Stück Papier liegen sehen könnten. Das soll veranschaulichen, wie wenig ich materiell gesehen bin.
Daher ist die erste Lektion, die wir von unserer neuen Wissenschaft erhalten, die, daß das was man sieht, nicht so zu sein braucht. Meine Hand scheint stabil zu sein und fühlt sich auch fest an; doch nun weiß ich, daß sie tatsächlich mehr Löcher enthält als ein Drahtzaun. Und tatsächlich wissen wir auch alle, daß man mit X-Strahlen wirklich richtig durch meine Hand hindurch sehen kann.
Wenn also nach der bisherigen Vorstellung von der Materie meine Hand so dünn und hohl ist, warum wird sie dann so stabil gesehen und empfunden? Wenn ich, materiell gesehen, nicht so viel bedeute, was bin ich dann?
Während der letzten zwanzig Jahre haben Studien mit dem Spektroskop und besonders mit Diffraktionsapparaten eine überraschende Antwort auf diese Frage gegeben. Nehmen wir, um das zu erklären, an, wir kehrten in unser Calcium-Atom zurück, doch dieses Mal haben wir neue "Gläser" und eine "Gehörverstärkung", die uns befähigen, mehr zu sehen und zu hören als die wirbelnden planetarischen Elektronen und die nukleare Sonne. Während wir schauen und lauschen erblicken wir vor allem Kräuselungen und Wellen, die sich mit den Elektronen ringsum bewegen, wie die Wasserwirbel und Wellen auf einem Teich, wenn ein Stein hineingeworfen wird. Wir hören ein Summen wie in einem Bienenstock, und wenn wir unsere Gehörverstärkung weiter ausdehnen, werden wir auf eine überwältigende Musik um uns herum aufmerksam, die Töne der Wellen, die uns von jeder Seite umgeben, obgleich wir sie bisher nicht wahrgenommen hatten. Wir merkten, daß wir einer großartigen Symphonie lauschen. Die Reichweite der Töne umfaßt viele Oktaven und übertrifft alles, was wir je in einem Konzertsaal gehört haben. Wir entdecken Harmonien, die uns manchmal vertraut erscheinen und doch nur Teile eines großartigen Vorbilds sind, zusammengesetzt, reich im Gefüge, über jede Musik hinausgehend, die je in einem menschlichen Hirn erträumt wurde. Während diese Musik um uns wogt wird es uns klar, daß wir hier, in diesen Musterstücken der Harmonie, der Melodie und des Kontrapunkts die wahre Wirklichkeit haben, die Essenz dessen, das erschafft, was wir sehen, was wir fühlen und was wir sind. So erhalten wir durch die magischen Augen und Ohren der Wissenschaft den Anblick des bisher ungesehenen und ungehörten Reiches, in dem wir alle leben, uns bewegen und unser Sein haben. Wir stehen im Einklang mit der Musik der Sphären.
So lehrt uns unsere neue Wissenschaft beides, daß das Gesehene allein nicht so zu sein braucht, und daß vieles sein kann, was wir nicht sehen. Was diese geheimnisvollen Wellen der Harmonie sind, kann man noch nicht sagen, wenngleich die Frage an sich von Bedeutung ist. Aber wir können sagen, daß es notwendig ist, daß die grundlegenden Entwürfe, durch die wir uns unser Universum erklären können, jetzt auf eine neue und andere Art erkannt werden müssen. Kurz, sie gehören eher zur Musik als zur Materie; und wir erkennen bald, daß die grundlegende Philosophie und Struktur der Musik sehr verschieden von der des materialistischen "Universums" des 19. Jahrhunderts ist.
Vor allem sehen wir, daß die Essenz der Wirklichkeit, oder Existenz, im musikalischen Vorbild das Unveränderliche ist. Wir wissen, daß ein Akkord, oder eine Melodie, durch viele Schlüssel und Tonarten übertragen werden kann und doch ihre Identität dabei behält. Wir müssen uns bewußt sein, daß bei der Deutung aller physikalischen Phänomene diese Eigenschaft der Unveränderlichkeit besonders bedeutungsvoll ist, ganz besonders in den Erscheinungen des Lebens.
In einem einfachen Lebenszyklus wie dem eines Samens sehen wir, wie eine relativ kleine Ansammlung von Atomen irgendwie in ihrer vereinigten Struktur eine Kraft besitzt, durch die Metamorphose hindurchzugehen und dabei die Unveränderlichkeit und Reproduktion beizubehalten. Sobald der Same gelegt ist, gibt es in dieser Musik des Lebens irgendeine Kraft, die sich hinausstrecken kann und das umgebende Oxygen und Nitrogen und die Feuchtigkeit zwingt, ihrem Befehl nachzukommen. Wir sehen die Wurzeln nach unten gehen, die Schößlinge aufspringen, bis schließlich durch einen unvorstellbaren Komplex des Wachstums der große Baum dort hervorkommt, und der Same tausendfach wieder hervorgebracht wird.
In der Musik jedoch ist das Ganze wichtiger als die Teile. Wenn man aus einer Symphonie eine einzige Note herausnimmt, kann sie wohltönend oder schrill sein, aber an sich ist es von geringer Bedeutung. Nur aus der gesamten Struktur der Symphonie mit ihrer Melodie, Harmonie, ihrem Kontrapunkt, dem symphonischen Vorbild erhalten wir die wirkliche Symphonie. Wir erkennen, daß die Wirklichkeit etwas ist, das die schwarzen Zeichen, die Noten auf dem Papier, oder das Aufschlagen der Luft auf die Gehörtrommeln, oder die welligen Furchen einer Schallplatte übersteigt. Nichts dergleichen ist.
In einem Samen oder in einem menschlichen Wesen übersteigt die geheimnisvolle Musik des Lebens das Vehikel ihrer Funktion ebenso. Irgendwie gibt es in diesem Lebensmuster verwickelter atomarer Musik, aus der wir selbst zusammengesetzt sind, diese Kraft (erklärt als Impuls, oder Antrieb, als schöpferischer Drang, der Drang das, was potentielle Existenz erreicht, zu sein, oder auszuführen), die dem Leben Sinn und Zusammenhang gibt, diese spirituelle Kraft, durch die der Mensch mit seinen Mitmenschen in Verbindung kommt und die Welt um ihn herum überragt. Wir erkennen, daß wir in dieser innersten Essenz des Lebens - die Seele, den Geist, - die höchste Wirklichkeit haben. Zu dieser Schlußfolgerung kommen wir durch das Vorbild des Denkens, das uns unsere neue Wissenschaft anzunehmen zwingt.
Die Akzeptierung der Wirklichkeit als transzendente Punkte von Raum und Zeit und Materie ist schwierig, besonders für unsere Generation, die in den Gedankengängen des 19. Jahrhunderts erzogen worden ist. Obgleich die meisten von uns das Problem gar nicht sehen, erscheint das Zusammenwirken der Quintillionen von Atomen, die jeden unserer Körper zusammensetzen, vom äußeren Gesichtspunkt aus als eine Unmöglichkeit. Dennoch leben wir und bewegen uns meist als vernünftiges und zusammenhängendes Ganzes. Irgendwie hat die integrale Beschaffenheit, das große symphonische Vorbild in unserer zusammengefügten atomaren Musik die Kraft, uns ein in vernünftigem Zusammenhang stehendes Leben zu geben; und innerhalb des "Insel-Universums" atomarer Sonnen und planetarischer Elektronen, die uns alle zusammensetzen, existiert als wesentliches Vorbild die Kraft der Einheit des menschlichen Geistes. Es ist ein unausdenkbares Wunder, und dennoch geschieht es billionen Male gerade hier, auf unserer Erde.
Noch ein anderer Zweig der modernen Wissenschaft, die Astrophysik, macht es uns möglich das atomistische Universum in uns mit dem stellaren Universum außerhalb zu vergleichen. Wie beim Atom, muß auch hier die Auffassung von Zeit und Raum unseres Kosmos von der des vergangenen Jahrhunderts geändert werden. Wir glauben nicht an die Unendlichkeit unseres kosmischen Universums. Sie fragen, was jenseits ist, und ich muß sagen, wenn irgend Etwas, dann die unvorstellbare n-te Dimension. Hierin liegt der schlagende Beweis. Es zeigt sich, daß die Größe des menschlichen Körpers, verglichen mit dem kleinsten darin enthaltenen Teilchen, ungefähr so groß ist, wie die Größe des ganzen Universums im Vergleich zum menschlichen Körper.
In dem "Insel-Universum" des Körpers ist die universale und integrale Symphonie des Geistes; es ist ein erstaunliches Wunder, doch wir wissen, daß es so ist, wir wissen, daß wir leben. Wäre es dann ein größeres Wunder, wenn durch das ganze Universum hindurch, unabhängig von uns, ein gemeinsamer und zusammenhängender Geist, der Geist seines Schöpfers, wäre? Wenn sich das Leben des Körpers überall hin als eine alles durchdringende Symphonie ausdehnt, warum sollten wir uns da wundern, daß in der Musik der Sphären ein Vorbild besteht, das ebenso zusammenhängend, ebenso individuell ist?
So können wir durch diese neue Vision der Wissenschaft verstehen, wieso man von einem Schöpfer des Universums sprechen kann, der die entferntesten Bereiche der Sterne in seiner Hand hält und dennoch einem jeden von uns nahe steht, einem immer gegenwärtigen, immer liebenden Vater, bereit, uns zu stärken und zu stützen, wann immer wir uns ihm auch zuwenden. Wenn wir diese neue Vision der Wahrheit annehmen, sehen wir, daß wir unser ganzes Leben hindurch in einer unsichtbaren Welt des Geistes leben und uns darin bewegen, im Reich der Musik der Seele, das, obgleich unhörbar, uns näher ist als die Luft, die wir atmen, die Dimensionen der transzendenten Wirklichkeit.
Wir alle, die verantwortliche Mitglieder der menschlichen Rasse sein wollen, werden die Bürde dieses großen Geschenks materieller Kraft zu tragen haben, das die Wissenschaft mit der atomaren Zertrümmerung und Verschmelzung der Menschheit gegeben hat. Wenn wir in unserem Leben einen lebendigen Sinn für diese Wirklichkeit des Geistes festhalten können, für die Gegenwart unseres Schöpfers, für die Vision über die unsichtbaren Reiche, für die ewige Wahrheit, die auch die Wissenschaft anerkennt, dann können wir vertrauensvoll dem neuen Atomzeitalter entgegengehen. An dem Tage, an dem die Menschheit endlich Friede und guten Willen auf Erden aufrichten wird, werden wir schließlich die tiefere Bedeutung der Worte des Meisters Jesus sehen, als er sagte: "Ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen".