Leitartikel
- Sunrise 1/1962
Die große Anzahl von Zuschriften, die wir im Laufe dieser zehn Jahre erhielten, war eine starke Quelle der Ermutigung. Neben den Briefen, die Zustimmung zu zahlreichen Artikeln enthielten, waren jene besonders ermutigend, die zum Ausdruck brachten, daß SUNRISE von praktischer Hilfe und Anregung gewesen ist.
Es ist selbstverständlich unmöglich, alle Briefe wiederzugeben, aber eine kurze Zusammenfassung, die den Geist ihres Inhalts zeigt, könnte sehr wertvoll sein. In erster Linie steht die Erkenntnis, daß die Wahrheit nicht in irgendeiner Bezeichnung begrenzt werden kann, und daß eine gültige Lebensphilosophie auf universalen Begriffen aufgebaut sein muß. Weiterhin zeigt sich ein lebhafteres Interesse am vergleichenden Studium der Religionen und Philosophien und eine Abkehr von theologischen Formen und Dogmen, im Zusammenhang mit der Erkenntnis, daß keine Organisation über den Wahrheiten, die sie auszudrücken versucht, stehen kann, beziehungsweise deren Platz einnehmen kann. Und so wie die wissenschaftliche Forschung die Theorie einer 6000 Jahre alten Erde für ungültig erklärte, so kann auch ein angeborener spiritueller gesunder Menschenverstand entdecken, daß der Symbolismus in allen heiligen Schriften, einschließlich der christlichen, in universalem Zusammenhang verstanden werden muß.
Ferner kommt in diesen Briefen zum Ausdruck, daß die alte Vorstellung von einem persönlichen Gott, der belohnt oder bestraft, durch eine Idee über eine kosmische Intelligenz verdrängt wird, die jeden Aspekt des Lebens belebt - die nicht vom Leben getrennt ist, sondern in allen und durch alle seine Manifestationen wirkt.
Viele Leser sind weiterhin überzeugt, daß es wichtig ist, einen Schutz gegen die verborgenen, jedoch sehr ernstzunehmenden Gefahren des Psychismus und des Pseudo-Okkultismus zu bilden. Das Angebot sogenannter geheimer Mysterien - gegen Bezahlung - verliert scheinbar an Reiz zugunsten einer gesunden Idee, die sich dem Gedanken der Weiterentwicklung durch den Einzelnen selbst nähert.
Deshalb beginnen wir unser elftes Jahr mit verstärkter Kraft und Begeisterung. Wir haben versucht Brücken zu bauen, Brücken, die die Kluft zwischen suchenden Menschen und den archaischen Prinzipien einer zeitlosen Weisheit, von der wir glauben, daß sie einst das allgemeine Erbe der Menschheit war, schließen. Das letzte Wort über den Menschen, sowohl vom Standpunkt eines 70 Jahre währenden Lebens als auch eines potentiellen Ausdrucks der Göttlichkeit, die ihre zyklischen Erfahrungen durchläuft, wird nie geschrieben werden. Wir sind jedoch überzeugt, daß eine vernünftige und brauchbare Philosophie des Lebens - und des Todes - für jeden Einzelnen innerhalb seiner eigenen natürlichen Umgebung erlangt werden kann.
Im Brennpunkt des Zeitgeschehens zwingen uns die fast überwältigenden Weltspannungen und Weltprobleme, als Einzelne und als Nationen, die Weisheit zu suchen, richtige Prinzipien zu erkennen und den Mut zu haben danach zu leben.