Informationen über Theosophie in anderen Sprachen:     ENGLISH    ESPAÑOL    ITALIANO    NEDERLANDS    РУССКИЙ    SVENSKA  

Gespräche am runden Tisch: Wesentliche Bestandteile des Opfers

Jack: Als wir das letzte Mal an der Stelle in der Gîtâ aufhörten, wo von der 'Kuh der Fülle' die Rede ist, die uns unsere Wünsche erfüllt und von den 'Göttern, die die Menschen ernähren' und wir die Götter, war ich beinahe etwas befremdet. Bis dahin machten mir unsere Diskussionen wirklich Vergnügen, aber das sieht wie eine Bittstellung an Gott um die Erfüllung jeder selbstsüchtigen Laune aus - etwas, womit ich nie übereinstimmen könnte.

Marie: Aber das ist doch nur die bildliche Ausdrucksweise der Orientalen. Alle ihre Schriften, und besonders die Upanishaden, enthalten viele solche Symbole, und ich finde es fesselnd, zu versuchen, herauszubringen was gemeint ist.

Jack: Nun ich muß sagen, ich ziehe ein mehr direktes an den Gegenstand Herangehen vor. Natürlich verstehe ich, daß wir das nicht alles wortwörtlich nehmen können, aber wenn diese alten Schriftsteller beabsichtigten uns in spirituellen Dingen zu helfen, warum gebrauchten sie dann keine einfachere Ausdrucksweise?

Vorsitzender: Das taten sie ja - sie benützten Analogien und Sprachbilder, die zu der Zeit, als die Gîtâ geschrieben wurde, also etwa um das fünfte Jahrhundert v. Chr., allgemein gebräuchlich waren. Das war, wie Sie wissen, viel später als zur Zeit Krishnas, von dem angenommen wird, daß er vor etwas mehr als 5000 Jahren lebte. Angesichts des Wechsels der Zeiten und der unvermeidlichen Unterschiede in bezug auf Rasse und Temperament zwischen den Hindus jener Zeit und uns heute, können wir nicht erwarten, daß deren Lehrmethoden oder ihre bildliche und symbolische Ausdrucksweise den unsrigen ähnlich sind. Aber die philosophischen Ideen, die den spirituellen Inhalt der Gîtâ bilden, sind zeitlos und daher für uns im zwanzigsten Jahrhundert genauso anwendbar, wie sie es waren, als sich Krishna mit Arjuna über die unzerstörbaren Wahrheiten "alter Zeiten" unterhielt.

Wir wollen uns also nicht durch die Spreu oder die Hüllen stören lassen, in denen der Same der Weisheit zu verschiedenen Zeiten verborgen sein mag. Außerdem ist es gefährlich einen einzelnen Ausdruck oder einen Satz herauszugreifen und zu zerpflücken, ohne ihn in Verbindung mit den Gedanken zu studieren, die ihm vorausgehen und folgen. Für sich allein stehend kann ihm oft eine begrenzte, wenn nicht eine entgegengesetzte Bedeutung beigemessen werden, die er im Zusammenhang und als Teil des Ganzen nicht hat.

Vielleicht sollten wir jetzt diese Stelle lesen und sehen, was die Diskussion ergibt. Wilbur, möchten Sie es bitte tun und auf Seite 23, Kap. III (engl. Ausg.) beginnen?

 

Wilbur: Wenn ich darf, möchte ich gerne ein wenig weiter zurückgehen und auch Krishnas vorhergehende Erklärung mit einschließen, daß Tätigkeit im Leben auf Erden notwendig ist, wegen des wunderbaren Hinweises, den er macht, daß alle Taten, die anders als als ein "Opfer" an das Göttliche vollbracht, uns an diese Handlungen binden. Ich weiß, wir haben schon darüber gesprochen, aber ich habe das Gefühl, daß wir es im Gedächtnis behalten müssen, wenn wir verstehen wollen, daß die Götter uns und wir sie ernähren:

Nicht einmal die Lebensreise deiner sterblichen Hülle vermagst du durch Tatenlosigkeit zu vollenden. Alle Handlungen, die nicht als ein Gott dargebrachtes Opfer ausgeführt werden, binden den Handelnden durch seine Tätigkeit. Verzichte deshalb, o Sohn Kuntîs, auf alle selbstsüchtigen Motive und vollbringe deine Taten als eine Pflicht für ihn allein. Als am Anfang der Herr der Geschöpfe die Menschheit geschaffen und neben seiner Verehrung auch das Opfer festgelegt hatte, sprach er:

"Bittet damit um Wohlstand und laßt sie euch Kâmaduk, die Kuh der Fülle sein, auf welche ihr euch für die Erfüllung all eurer Wünsche verlassen sollt. Damit erhaltet die Götter, damit die Götter euch erhalten mögen; wenn ihr euch so gegenseitig erhaltet, dann werdet ihr beiderseits zur höchsten Glückseligkeit gelangen. Die durch Opfer erhaltenen Götter werden euch die Erfüllung eurer Wünsche gewähren. Wer sich ihrer Gaben erfreut, ohne ihnen davon wieder zu geben, ist wie ein Dieb."

Ernest: Gerade dieser Abschnitt ist immer ein Rätsel gewesen: Warum sollten die Götter, die so hoch entwickelt sind und so bedeutende Erkenntnis, solche Einsicht besitzen, Ernährung durch uns und unsere Verehrung brauchen? Im allgemeinen weisen wir die Idee zurück, irgend etwas, selbst große und heroische Menschen, die weit über dem Durchschnitt der Allgemeinheit stehen, anbeten zu müssen, und ich glaube, vieles spricht für diese Haltung. Ich würde gerne einige Meinungen darüber hören, denn zweifellos besteht eine Art Wechselwirkung zwischen uns und den Göttern.

Paul: Oder zwischen dem Menschen und seinem Gott! Ich stimme mit Jack überein, daß zwischen der Darreichung des "Opfers" der Orientalen an den "Herrn der Geschöpfe, der die Menschheit schuf" und uns Westlichen die wir unseren Schöpfer verehren, wenig Unterschied zu bestehen scheint, wenn wir an Stelle des Plurals Götter, den Singular Gott setzen. Beide scheinen irgendeine Form der Gottheit günstig zu stimmen, um einen Nutzen daraus zu ziehen.

Vorsitzender: Es ist die natürliche Tendenz der Seele, sich nach Inspiration und Führung von "oben" oder von "außerhalb" ihrer selbst zu sehnen und der Drang die Gottheit anzubeten oder zu verehren hat die Zeitalter hindurch mannigfaltige Formen angenommen, angefangen von den Hymnen an das Lamm Gottes, den Gebeten zu Allah, der Darbringung von Opferbutter, Früchten oder Blumen an die heilige Kuh oder Kâmaduk, bis zu der stillen Hingabe der Seele in der Abgeschiedenheit des eigenen Herzens. Wenn wir das Drum und Dran ritueller Gebräuche und Sitten der Rassen abstreifen, finden wir keinen wesentlichen Unterschied, denn jeder Mensch sucht, ob er das gerne zugibt oder nicht, die "Gewährung" seiner Wünsche, die Erfüllung seines höchsten Sehnens.

 

Ned: Aber was meint Krishna, wenn er von den "Göttern, die durch mit Opfer verbundener Verehrung erhalten werden" spricht? Wenn wir von Opfer sprechen, meinen wir gewöhnlich etwas, was wir aufgeben müssen, und das uns am Herzen liegt oder das wir sehr gerne tun würden; so wie zum Beispiel Eltern ihre eigenen Vergnügungen oder ihr eigenes Vorwärtskommen opfern, damit ihre Kinder eine gute Erziehung haben können etc. Das ist ein gern gebrachtes und oft sehr selbstloses und schönes Opfer; aber ich dachte Krishna hätte noch etwas Tieferes als das im Sinn gehabt haben können.

Irving: Ist nicht jede rechtschaffene Handlung in einem gewissen Sinn ein Opfer?

Trudy: Es würde mich wundern, wenn es uns möglich wäre festzustellen, was Krishna meinte. Wie können wir wissen, welche Handlungen wirklich ein Opfer sind und daher für etwas Größeres als uns selbst von Nutzen, und wie die Handlungen sind, die nur um unser selbst willen getan werden?

Martha: Das Wort 'Opfer' enthält die Antwort selbst - 'opfern'. Wenn wir bei unseren Verehrungen stets das Höchste im Auge behalten, dann wird sicherlich selbst die einfachste Pflicht zu einem 'heiligen Opfer'.

Vorsitzender: Das ist wunderbar, Martha. Jede wirklich ergebene Handlung steht auf der Stufe des Göttlichen und wird deshalb zu einem 'heiligen Opfer' auf dem Altar der Götter. Ich glaube, auch Trudy berührte einen wirklichen Schlüssel als sie von jenen Handlungen sprach, die "etwas Größerem nützen, als uns selbst" und daß diese die Eigenschaft eines Opfers an sich haben. Niemand von uns kann die ganze Schönheit und Beschaffenheit des erhabenen Opfers erkennen, das Krishna hier vor Augen hat. Indessen, jedesmal wenn wir ohne an die Resultate zu denken und ohne irgendwelches eigennützige Interesse handeln, "nähren wir die Götter" buchstäblich und diese nähren uns ihrerseits automatisch durch den belebenden Strom ihrer selbstlosen Liebe.

 

Tom: Wir könnten es vielleicht so betrachten, als befände sich in unserem Innern eine Tür, die zu unserem Höheren Selbst führt. Wenn wir in der rechten Weise handeln, öffnen wir jene Tür und geben etwas von uns selbst und dabei "nähren wir die Götter". Gleichzeitig gelangt von der Seite der Götter durch diese Tür etwas zu uns. Wenn wir aber nur für uns selbst handeln, wird die Tür übersehen und bleibt vielleicht ganz geschlossen.

Vorsitzender: Wenn ein Mensch sich dem Höchsten in sich vollkommen hingibt, öffnet er tatsächlich eine Tür zu seinem inneren Gott, der in Essenz mit den Göttern identisch ist, die nicht mehr und nicht weniger sind, als die voll erblühte Ausdrucksweise von Menschen, die zur selbstbewußten Göttlichkeit herangereift sind. Es ist eine Gottheit, ungeachtet des Vehikels, und in dem Maße, in dem wir in das Feuer unseres eigenen Gottesfunkens das Öl der Hingebung gießen, fachen wir sofort in jedem Gottesfunken im Raume die Flamme der Hingebung an und verbinden jeden und alle in einer kosmischen Bruderschaft mit dem zentralen Feuer der Gottheit. Deshalb erinnert Krishna Arjuna wiederholt daran, daß, ganz gleich in welcher Weise die Menschen opfern, sie "verehren mich unabsichtlich", denn "ich bin für alle Geschöpfe der gleiche" und kenne weder Haß noch Gunst. Aber "jene, die mir in Liebe dienen, wohnen in mir und ich in ihnen". (Kap. IX)

 

Martha: Ihre Anwendung des Wortes Hingabe schlägt in meinem Herzen Feuer, denn diese wechselseitige Verbindung zwischen Göttern und Menschen stammt, wie Krishna hier sagt, vom Anfang der Schöpfung, als der "Herr der Geschöpfe" die Menschheit lehrte, wie sie verehren und Opfer darbringen soll. Das deutet auf eine innige geistige Verbindung hin, die einst sehr eng war, die aber unter dem Einfluß unserer materiellen Interessen seit langem aufhörte. Die große Frage ist, wie wir diesen Kontakt wieder herstellen. Ich verstehe natürlich, daß es ein individuelles Erwachen sein muß.

Ellen: Die Götter, von denen in der Gîtâ gesprochen wird, scheinen ein lebendiges Interesse an unserem Wohlergehen gehabt zu haben, aber sie waren nicht so menschlich in ihrem Charakter, daß sie alle unsere Fehler und Schwächen annahmen, wie die Götter des griechischen Pantheons. In der Bibel jedoch wurden wir, nachdem die menschliche Rasse geschaffen war, anscheinend von Gott uns selbst überlassen, obgleich im Neuen Testament gesagt wird, daß Jesus als sein Sohn die Verbindung für uns wieder hergestellt hat. Doch selbst wenn es so ist, besteht wenig Wahrscheinlichkeit, daß wir jemals den Kontakt mit Göttern herstellen.

Frank: Ich dachte in der gleichen Richtung an die Genesis. Wie Martha schon sagte, gab es offensichtlich eine Zeit, in der die Götter eng mit unserem Fortschritt verbunden und sehr bemüht waren, sich uns einzuprägen. Im ersten Kapitel wird uns gesagt, wie Gott der Herr in der Kühle des Gartens umherwandelte und sich mit Adam und Eva unterhielt und später, wie er mit Enoch spazieren ging; und dann, einige Kapitel weiter, wie die Söhne Gottes die Töchter der Menschen schön fanden, sie zu ihren Weibern nahmen und deren Kinder "mächtige Menschen" wurden. Den Rest der Geschichte kennen wir alle, und wie durch die schnelle Vermehrung der Völker und dem Abrollen der Zyklen das Böse auf die Erde kam, so daß es Gott tatsächlich bereute, die Menschheit geschaffen zu haben und sich entschloß, die Gesellschaft zu vernichten. Aber im letzten Augenblick stellte Noah, der "ein gerechter und fehlerloser Mensch" war, das Vertrauen Gottes an das Menschengeschlecht wieder her, und auf diese Weise wurde ein Weg geschaffen, wodurch wir alle eine weitere Gelegenheit bekamen. Es kommt hier darauf an, daß Noah durch seine innere Herzensgüte anscheinend das richtige "Opfer" dargebracht hat, das automatisch die Tür für den Eingriff Gottes öffnete, und er gerettet wurde und dadurch der "Grundpfeiler zur Erlösung" für alle zukünftigen Geschlechter der Menschen wurde.

Vorsitzender: Alle diese Geschichten über Gott, die Götter und die ersten Menschen, die in den verschiedenen Religionen und Mythologien des Ostens und des Westens zu finden sind, bilden einfach verschiedene Wege, uns daran zu erinnern, daß tief im Innern jedes einzelnen ein Funke der Gottheit wohnt. Unsere Aufgabe ist es, sofort anzufangen selbstbewußt zu denken und bewußt zwischen Gut und Böse zu wählen, um aus uns selbst taugliche Nahrung für die Götter zu machen, denn wir können ohne deren Beistand nicht einen Augenblick leben und noch viel weniger uns entwickeln. Es ist klar, daß ich nicht von physischer Nahrung spreche; ich spreche von der Nahrung, die sowohl ein Teil ihrer als auch unserer Essenz ist. In dieser Angelegenheit des Wachstums und der Erleuchtung gibt es keine Grenze für den Austausch von Hilfe und Nahrung zwischen Göttern und Menschen, oder zwischen Allah, Brahmâ, den Elohim und der menschlichen Seele. Es ist für alle Zeiten eine Zweibahnstraße. Tatsächlich besteht zwischen uns und jeder einzelnen Entwicklungseinheit in der ganzen Hierarchie des Seins eine viel engere Verbindung, als wir begreifen.

Aber wir wollen sehen, wie Krishna sein Thema weiter entfaltet. Nachdem er Arjuna daran erinnert, daß jene, die sich der Gaben der Götter erfreuen ohne "ihnen einen Teil davon" zu opfern, wie Diebe sind, erklärt er, daß jene, die mit dem zufrieden sind, was von den Opfern für die Götter übrig bleibt, von ihren Missetaten gereinigt werden, während jene, die nur für sich selbst sorgen, das Brot der 'Sünde' essen. Es ist klar, daß hier nicht von physischer Nahrung die Rede ist, sondern von jenen Qualitäten des Herzens und des Gemütes, die, wenn sie dem Gottesfunken in uns freimütig dargebracht werden, helfen, uns vom Irrtum zu reinigen, während jene, die ihr Opfer nur um ihrer selbst willen vorbereiten, nichts als Unglück ernten werden. Es folgen dann zwei Strophen, die im Westen denjenigen, die die Gîtâ studieren, zu viel Spekulationen Anlaß gaben:

Die Wesen werden durch Speise erhalten, Nahrung wird durch Regen erzeugt, Regen kommt durch Opfer, Opfer entstehen durch Taten.

Wisse, daß Tätigkeit vom Höchsten Geist kommt, der die Einheit ist, daher ist der alles durchdringende Geist zu allen Zeiten im Opfer gegenwärtig.

 

Joan: Darüber habe ich allerlei gehört, aber nichts hat mich befriedigt. Tatsächlich haben verschiedene von uns gerade darüber diskutiert, daß Regen durch Opfer kommt, aber meines Erachtens fand niemand die richtige Erklärung. Nicht, daß ich eine bestimmte Antwort erwarte, denn ich weiß nicht, was ich erwarten soll. Aber ich bin der Meinung, daß ich es weiß, wenn ich die richtige Antwort höre.

Vorsitzender: Niemand bekommt jemals die 'richtige Antwort' von irgend jemandem, ob es sich nun um den Regen oder das Opfer handelt, oder darum, was Krishna mit 'Tätigkeit in Untätigkeit' meint. Wir können eine Fülle von Ideen und auch gute Ideen von anderen bekommen, die alle dazu dienen können, unser Denken anzuregen, aber die wahrhaft 'richtige Antwort' muß für jeden von uns aus unserem innersten Selbst kommen. Sobald wir sie bekommen, werden wir das wissen. Laßt uns deshalb alle Ideen hören, die wir hören können, und sehen, was dabei herauskommt. Wenn wir uns dann heute Abend trennen, können wir sie alle vollständig vergessen und unser Bewußtsein das festhalten lassen, was für jeden von uns augenblicklich das Richtige ist. Später können wir, wenn wir eine größere Facette der Wahrheit sehen, unsere Anschauung vollkommen ändern. Tom, wollten Sie nicht etwas sagen?

 

Tom: Nun, der erste Teil, daß alle Geschöpfe durch Speise ernährt werden und daß Nahrung durch Regen erzeugt wird ist einfach, denn jedes Reich vom Menschen bis herab zum Mineral wird durch Nahrung erhalten und jedes opfert einen Teil seines eigenen Lebens den Reichen über ihm bis hinauf zum menschlichen, so daß wenigstens physisch ein natürlicher Austausch von Vitalität und Energie zwischen ihnen stattfindet. Und tatsächlich ist der Regen ein notwendiger Faktor für die Aufrechterhaltung allen organischen Lebens. Selbst Menschen können tagelang und vielleicht Wochen ohne Schlaf oder ohne Nahrung aushalten, aber ohne Wasser (oder Regen) sterben sie. Die Schwierigkeit ergibt sich, wenn Krishna kategorisch erklärt, "Regen kommt durch Opfer". Wenn ich ein Wissenschaftler wäre, würde ich wahrscheinlich einen Beweis dafür fordern. Doch wenn ich das auch sage, so bin ich doch gespannt, ob uns der augenblickliche Vorstoß in den Raum nicht einen bemerkenswerten neuen Beweis für einen Austausch irgendeiner Form von Energie zwischen der Erde und den himmlischen Regionen bringt.

Hazel: Ich blätterte kürzlich in Frasers einbändiger Ausgabe von The Golden Bough, jener bezaubernden Sammlung von Mythen und Volksbräuchen alter Rassen und Stämme und fand einen großen Abschnitt, der über die magische Kontrolle der Elemente, besonders der Elemente des Regens handelt. Darin stand, daß gewöhnlich die Medizinmänner und die Häuptlinge die Regenmacher waren, da man glaubte, daß deren überlegeneres Wissen über die Naturgesetze am besten geeignet sei, bei den Regengöttern Fürsprache zu halten. Wenn es zuviel regnete, wurden die Sonne und die Windgötter günstig gestimmt, damit sie die Wolken entweder versengten oder vertrieben; oder bei anhaltender Dürre wurden die entsprechenden Opfer dargebracht, um die Wolken zu veranlassen, sich am Himmel zu sammeln und ihren Inhalt über das ausgetrocknete Land auszugießen. Es wurden alle möglichen Arten zeremonieller Riten ausgeübt. Da sie in der Hauptsache die Theorie vertraten, daß 'Gleiches Gleiches anzieht', benützten sie Wasser, wenn Regen gewünscht wurde; oder Feuer, wenn es aufhören sollte zu regnen. Krishnas Erklärung, daß "Regen durch Opfer kommt", erinnert mich an einen der Eingeborenenstämme Zentralaustraliens, dessen Leute glauben, daß ihre, natürlich von den Geistern ihrer Vorfahren unterstützten, Zeremonien den Regen erzeugen.

Vorsitzender: Ich danke Ihnen sehr, Hazel. Bestimmt anerkannten alle alten zivilisierten und primitiven Völker die einflußreiche Verbindung zwischen den kosmischen Kräften und dem Menschen. Ob die Menschen das Wetter und das Klima wirksamer beeinflussen als die Elemente den Menschen, würde so schwierig zu entscheiden sein, wie die sprichwörtliche Streitfrage, wer zuerst da war, das Huhn oder das Ei. Was sind die erstaunlichen meteorologischen Erscheinungen, die wir auf Erden erleben, anderes, als Offenbarungen von Energie - der Blitz und die Winde, die magnetischen und die elektrischen Stürme, die Polarlichter, gar nicht zu sprechen von den kosmischen und von den X-Strahlen, die aus dem äußeren Raum und von der Sonne und durch die Sonne zu uns strömen? Und ist Energie etwas anderes als der Ausdruck der mannigfaltigen Formen und der Vielfalt der Vehikel der wirkenden Gottheit? Wir beobachten die unterschiedlichen Abstufungen lebender Wesen in einem Universum, vom Atom durch die niedrigeren Reiche bis zum menschlichen Reich empor, aber wir ziehen selten die Möglichkeit in Betracht, daß die Sonnen und die Sterne, die Nebel und Kometen ebenfalls den Samen der Gottheit beherbergen können. Wenn der Regen die Pflanzen und Tiere und unseren physischen Körper erfrischt, warum könnte er nicht auch der menschlichen Seele die Kraft einer göttlichen Erneuerung vermitteln?

Wohin führt das alles? Zu der einfachen Tatsache, daß im ganzen Kosmos nichts vom Göttlichen getrennt existiert - es sind alles Gottesfunken - im Kern des Atoms und der Sonne und im menschlichen Herzen.

 

Dan: Wollen Sie damit sagen, daß uns alle eine Kette der Verantwortlichkeit miteinander verbindet? Dieser Gedanke ist erschreckend, denn er schließt in sich ein, daß selbst die unbedeutendste Handlung des Alltags auf jeden anderen Teil des Universums einen Einfluß haben wird. Wenn nun zum Beispiel diese Verbindung zwischen uns und dem Regen besteht - es ist mir nicht möglich auszudrücken, was ich sagen möchte...

Vorsitzender: Eine nicht spürbare und unsichtbare, aber dennoch wirkliche Verbindung, nicht nur zwischen dem Regen und dem Menschen, sondern zwischen jedem Atom im Raume, sowohl über wie unter der menschlichen Sphäre. Aber fahren Sie fort, Dan. Ich wollte Sie nicht unterbrechen; ich wollte nur, daß Sie das in Ihr Gesamtbild mit einbeziehen.

 

Dan: Ich bin froh darüber. Ich wollte folgenden Gedanken entwickeln: Wenn diese Art Austausch oder gegenseitige Beeinflussung zwischen allen Reichen existiert, dann könnte alles, was wir denken oder tun, nicht nur für uns selbst, sondern auch zum Segen oder zum Nachteil, selbst für den entferntesten Nebel, von sehr großer Bedeutung sein.

Jack: Die Handlungen der Menschen würden dann aber eine Bedeutung bekommen, die in gar keinem Verhältnis zu dem steht, was wir in sie hineinlegen, und das kann ich nicht verstehen, denn das meiste, was wir tun, ist, zum Beispiel im Vergleich zu den Vorgängen im Sonnensystem, recht unbedeutend.

Vorsitzender: Nichts ist unbedeutend, denn es gibt keinen Gedanken und keine Handlung, die nicht den ganzen Haushalt der Natur zum Guten oder Bösen beeinflussen. Die Wirkung kann unendlich gering sein, aber sie ist da. Das bedeutet, daß es unendlich wichtig ist, was und wie wir denken und fühlen, und daß es unsichtbar seine Schwingungen durch die Bereiche der Natur senden wird, wobei es unsichtbare Kanäle der Zirkulation entlang wandert, um irgendeinmal in der Zukunft entweder als Segen und Antrieb zum Wachsen, oder als ein strenger Mahner, um unsere schwachen Stellen zu stärken und unsere Motive zu reinigen, zu uns zurückzukehren.

Nein, es gibt keine Begrenzung für die praktische Anwendung dieser gegenseitigen Abhängigkeit aller Reiche untereinander, denn es besteht tatsächlich eine Bruderschaft, die die ganze Hierarchie des Lebens umfaßt. So wie die Buddhas manchmal als Skulptur oder auf Bildern dargestellt werden, die eine Hand erhoben in Erkenntnis des Lichtes und jener Wesen über ihnen, die in Größe und Wachstum über ihnen stehen, und die andere Hand, als eine Geste der Hilfe und Ermutigung, zu uns herabreichend, so findet ein beständiges Opfer oder ein gegenseitiger Austausch von Nahrung zwischen dem einen und dem anderen Reich statt. "Wie oben, so unten" und umgekehrt. Wenn Krishna also davon spricht, daß die Götter den Menschen erhalten und der Mensch die Götter, daß der Regen durch Opfer kommt und Opfer als Folge rechten Handelns, das wiederum mit dem Höchsten Geist verbunden ist, der alles durchdringt, dann hat er in spiritueller und materieller Hinsicht wortwörtlich recht.

 

Joan: Das ist eine große Hilfe. Ich habe es noch nie in diesem Lichte betrachtet, aber man empfindet es durchaus als richtig.

Vorsitzender: Wenn ein Mensch einen Teil seiner Natur, irgendeine Denkgewohnheit, die ein Teil seines Charakters gewesen ist und von der er weiß, daß er sie ertöten muß, überwindet, und sie so als ein Opfer auf dem Altar des spirituellen Wachstums darbringt, ist es dann nicht wahr, daß etwas Erfrischendes, das wir Regen nennen können, die Seelenblume benetzt und sie ein wenig voller aufblühen läßt? Die spirituellen Quellen der Götter lassen ihre Kraft in unsere Seele herabregnen, und wir wachsen und werden gestärkt und zu einem wertvollen Instrument in ihrem Dienst.

 

Joan: Wunderbar! Ich sehe jetzt etwas klarer. Ich glaube das Wort Opfer hat mich irregeführt, weil es immer zu bedeuten schien, daß man etwas Großes opfern müsse, aber das Opfer könnte auch das kleinste Ding sein. Wir brauchen nicht zu warten, wir können jeden Tag anfangen.

Vorsitzender: Der entscheidende Faktor ist die Qualität eines Gedankens, nicht seine Größe!

 

Martha: Würde, um ein anderes Beispiel zu nehmen, nicht die einfache Analogie des Sonnenlichtes erklären, wie ein liebevoller Gedanke einen anderen erreichen kann? Wir sagen, die Sonne strahlt aus. Jene, die sie brauchen und suchen, empfangen Hilfe, jene, die sie meiden und sich im Schatten verbergen, nicht. Es gibt eine Art ausstrahlende Liebe, die unerklärbar ist - wie die Sonne sucht sie nicht einen einzelnen Menschen, einen einzelnen Grashalm oder einen bestimmten Wald aus. Sie übt einen weiten Einfluß aus.

Vorsitzender: Sie haben ganz recht, Martha, ob wir vom Regen, von der Sonne oder vom menschlichen Denken sprechen, bei allen ist es eine Ausstrahlung, ein Opfern ihrer selbst an die ganze Natur, und dabei bekommen die vier Regionen des Universums Antrieb. Wenn wir aber nur opfern, damit der spirituelle Tau unseres Höheren Selbstes unsere Seele zum wachsen bringt, dann haben wir seine Macht bereits unwirksam gemacht. Wir hingen so an dem erhofften Resultat unserer Anstrengung, daß die Frucht unseres Opfers schon verdarb, ehe sie reifen konnte.

Wir wollen deshalb ruhig und einfach und ohne an die Geschehnisse, die kommen könnten, zu denken, leben und wirken wo immer unsere Pflichten liegen, und wir werden dem Rad des Fortschritts tatsächlich voranhelfen. Dem alten Grundsatz entsprechend: Für jeden Schritt, den wir der Gottheit entgegen tun, ist die Gottheit gezwungen, uns ebensoweit entgegen zu kommen.

Wir haben wieder nur eine einzige Seite der Gîtâ studiert - und es hätte noch viel mehr gesagt werden können. Aber auch hier dürfen wir nicht auf die Resultate sehen. Ich hoffe, die Diskussion hat Ihnen soviel gegeben, wie mir.