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Unüberwindbarer Mensch

Hinter dir stehen Kräfte, die für dich in der Luft, auf der Erde und im Himmelsraum wirken; kein Hauch des Windes, der dich nicht in sich trägt.

Du hast große Verbündete: Deine Freunde sind Triumph, Qual und Liebe, und des Menschen unüberwindlicher Geist.

- William Wordsworth

 

 

 

Der erste Schritt für die Weltraumreise ist gemacht worden - sagte die wissenschaftliche Welt, als das "Piep, Piep" des Sputniks den erfolgreichen Stapellauf des ersten, von Menschen konstruierten Satelliten, bestätigte. Eine Errungenschaft von nicht geringem Ausmaß, mit politischen, ideologischen und militärischen Aussichten, die nicht zu unterschätzen sind. Doch, abgesehen davon, welche Bedeutung hat das für den Homo Sapiens - den Menschen als Denker, als Träumer und intelligenten Arbeiter, der in einem Kosmos als pulsierender Teil eine lebendige Zelle bildet?

Unser Zeitalter ist vor allem ein wissenschaftliches, ein Zeitalter der exakten Forschung, der keine Grenze des Raumes für eine Herausforderung zu furchtbar ist. Jedoch, was auch immer unsere Vorstellung sein mag, und was auch immer innerhalb und außerhalb der exakten Wissenschaft als Ober- oder Untertöne der Dichtung, Religion und auch der Philosophie gehört werden mag - Wahrheit bleibt Wahrheit. Der Mensch besitzt nicht nur eine Saite auf seinem Instrument, und während die Raketenflugzeuge und Satelliten starten, die Ballonfahrer und Wurfgeschoßexperten die Ränder des kosmischen Raumes (mit Gedanken, wenn auch noch nicht mit ihren Maschinen) bombardieren, widmen sich andere Menschen der Wahrheit, durch gründliches Forschen in den Tiefen der Weltweisheit nach jenen bleibenden Prinzipien, die den Menschen mit seinen Füßen sicher auf der Erde stehen lassen, während seine Augen bis zu den Sternen reichen.

Die Überzeugung von der, durch Jahrhunderte, vielleicht Jahrtausende hindurch verwurzelten Eigenständigkeit, wonach unsere Religion, unsere Nation, unsere wissenschaftlichen Heldentaten, unser Glaubensbekenntnis, die Art der Rasse - oder was auch immer - das "auserwählte" Einmalige sei, ist nun untergraben worden; und das ist ein Vorteil, denn wenn auch die meisten von uns einige Vorzüge in der anderen Rasse oder dem anderen Glauben feststellen, so bleibt doch noch eine Wand des Getrenntseins, ein Gefühl, daß andere Wesen 'verschieden' von uns sind, sie also uns nicht ganz gleich sind.

Wenn also der Sputnik nichts anderes getan hat, als uns aus dem bequemen Einerlei der Selbstzufriedenheit aufzurütteln, so hat er einem gesunden Zweck gedient. Wenn auch die Überraschung groß ist, so gibt es ganz offensichtlich weder eine Panik noch Hysterie, denn das wahre Kennzeichen der freien Menschen ist, mit Ausdauer, mit Stärke und Spannkraft sich dem Forschen nach dem Recht und für dessen Erhaltung hinzugeben. Zunächst fehl zu gehen bedeutet nichts; aber zu vergessen, daß es unser unumstößliches Privileg ist, Mensch zu sein, zu glauben und zu streben, zu leiden und zu frohlocken, bedeutet allmählichen Tod.

Die Größe des Menschen wird nach seinen Ideen gemessen. Wenn die Wissenschaft es als selbstverständlich voraussetzt und imstande ist, zufriedenstellend zu beweisen, daß alles im unendlichen Universum aus demselben Grundstoff - den Wasserstoff-Ionen - besteht, weshalb sollten dann die Menschen weiterhin einen Teil des Kosmos von allen anderen Teilen trennen? Der alte hermetische Grundsatz "Wie unten, so oben, wie oben so unten" scheint niemals passender gewesen zu sein. Wenn die chemischen Elemente, die sowohl den physischen Körper des Menschen als auch diese Erde bilden, im Sonnenkörper gefunden werden können, weshalb dann nicht auch die inneren Eigenschaften der menschlichen Struktur, sein Gemüt und sein Geist? Vielleicht war Francis Thompson mehr Wissenschaftler als Dichter, wenn er die Ansicht vertritt, daß:

Alle Dinge, nah und fern,

sind durch unsterbliche Kräfte

verborgen miteinander verbunden,

so daß du keine Blume berühren kannst,

ohne einen Stern dadurch

in Mitleidenschaft zu bringen.

Bestätigt nicht die Wissenschaft den Zusammenhang zwischen Blume und Stern, wenn sie besagt, daß sich unser Planet gleichzeitig in fünf verschiedenen Richtungen bewegt, und das alles durch den großen Schwung dieser unsichtbaren und dennoch mächtigen Kraft, die unsere Milchstraße in ihrem wohlgeordneten Kurs lenkt? Denn so wie die Erde sich um ihre Achse dreht, bewegt sie sich um die Sonne; und so wie die Sonne um das Zentrum ihres eigenen Sternensystems wirbelnd sich in der Milchstraße fortbewegt, befördert wiederum die Milchstraße beide, die Sonne, die Erde - und nun einen, von Menschen konstruierten Satelliten!

Es ist allgemein bekannt, daß ohne die Kraft, das Licht und die Wärme der Sonne alles Leben von der Erde verschwinden müßte; sogar ohne den Mond würden die Vegetation und das Wachstum vernichtet. Wieso glaubt man dann so bestimmt, daß intelligente Wesen nicht auch die anderen Planeten unseres Sonnensystems bewohnen, von dem Vater und Urheber des physischen Lebens, der Sonne, ganz zu schweigen? Es wäre tatsächlich ungewöhnlich, wenn die göttliche Obrigkeit dieses mächtigen Universums, das ja schließlich Hunderte von Millionen Sonnensysteme und Milchstraßen umfaßt, es richtig gefunden hätte einzig und allein den Menschen auf diesem winzigen Planeten mit der Kraft zu denken, zu lieben und unbesiegbar zu werden, auszustatten.

Das Zeitalter der Raketenflugzeuge ist angebrochen, und damit manche unsinnige Spekulation phantastischer Träumer. Doch mit diesem Unsinn kommt, so sicher "wie das Rad dem Fuße des Ochsen folgt", ein Durchbruch, sowohl spiritueller, als auch geophysikalischer und interstellarer Begriffe. Der wichtigste wird vielleicht die Anerkenntnis intellektuellen Lebens auf anderen Planeten in irgendeiner Form durch wissenschaftlichen Beweis sein. Nur ein erster Schritt, doch wenn die Vorstellung, daß diese intelligenten Wesen menschliche Gestalt haben müßten, nicht zusammenbricht, dann wird er zu einem gewichtigen Schritt mit unbegrenzten Möglichkeiten werden.

Die Raumpioniere, die einige 100 km über die Dunstschicht unseres Planeten hinaufsteigen, werden es bezeugen, daß "während des Sonnenuntergangs, durch die ursprüngliche Klarheit, die Schärfe des Weltraums", wie es Major David Simons beobachtet hat, die Sterne und Planeten in dieser Höhe nicht mehr als funkelnde Körper ohne Beziehung zueinander und getrennt von einander betrachtet werden können, sondern als Teil eines leuchtenden, lebendigen Stromes. Nach der Landung seines 32 stündigen Ballonfluges über der Erdoberfläche, wurde dieser junge Luftwaffenarzt von einem Reporter gefragt, ob er sich Gott näher gefühlt habe. Seine schlichte Antwort war: "Das ist Gott - das Vorrecht, imstande zu sein, zum menschlichen Fortschritt beitragen zu können."

Jener Geist ist es, ganz gleich, ob er der Disziplin der Wissenschaft, der humanistischen Gelehrsamkeit, der Dichtung oder Religion entstammt, der im Kosmos unseres Denkens einen flammenden Satelliten vom Stapel läßt, um uns immer an den unüberwindlichen Geist zu erinnern, der in allem, sei es im Elektron, in der Blume, dem Stern oder im Menschen atmet.