Feurige Flamme: Giordano Bruno
- Sunrise 5/1959
Im Jahre 1889, knapp elf Jahre vor der 400 Jahrweiser seines Todes, errichtete die zivilisierte Welt auf dem großen Blumenfeld, wo er in Rom starb, ein Standbild für ihn. Um an Bruno etwas gutzumachen? Nein, denn wer könnte dem Ruhm des wirklich Großen etwas hinzufügen, sondern um uns an ihre Größe zu erinnern, um die Prinzipien, für die sie lebten und oftmals starben, lebendig zu erhalten, bauen wir Tempel, erstellen Standbilder, malen Bilder und singen Loblieder. Der Sinn des kurzen Rückblickes auf das Leben Giordano Brunos liegt darin, der Dankbarkeit unserer Herzen für einen edlen und furchtlosen Mann Ausdruck zu verleihen.
In seiner "Hymne an meine eigene Seele" deutet Bruno seinen Charakter an: "Berühre mich, oh Gott, und ich werde sein wie eine feurige Flamme." Sein Leben und seine Reisen, seine Schriften und Werke und der über allem stehende Heroismus seiner letzten acht Jahre bezeugen, daß er in gewissem Sinne erleuchtet war. Seine Ideale waren die erhabensten und reinsten und seine beharrlichen Anstrengungen, sie zu erreichen, sind der Anlaß für uns seinen Namen zu ehren.
Daß Bruno ungefähr um 1548 in Nola geboren wurde, und daß er täglich den Vesuv vor Augen hatte, ist alles, was wir über seine Kindheit wissen. Dunkelheit lagert darüber wie der Rauch über dem Berge, aber aus dem Dunst sollte ein vulkanisches Feuer des Geistes hervorbrechen - und die ganze Welt sollte auf einmal von Bruno hören.
Als kleiner Junge kam er in ein Dominikanerkloster und lebte dort. Damit begann frühzeitig die scholastische Grundlage, die sich später zu monumentaler Höhe des Lernens erhob. Nach wenigen Jahren konnte er sich selbst durch "Grammatiklehrstunden erhalten, die er Knaben gab und indem er mit einigen Herren die Sphäre (Astronomie) las." Er wurde mit griechischer Philosophie vertraut und, genau wie Bacon, lehnte er die Ansichten des Aristoteles ab. Er kannte die Kabbalah, die lateinischen Übersetzungen der arabischen Philosophen, die Schriften des Thomas von Aquin, Raymond Lullys Ars Magna und hatte großes Interesse für die astronomischen Entdeckungen des Kopernikus.
Mit 17 Jahren trat Bruno in den Dominikanerorden ein, und nun fingen seine Schwierigkeiten an ernst und größer zu werden. Da er bereits ein Gelehrter war, heftig und feurig in seiner Verteidigung der Wahrheit, war er äußerst bekümmert, sehen zu müssen, wie sein eigenes Volk in Castello einen Eselsschwanz verehrte; und es war für ihn eine wirkliche Quelle des Schmerzes von "weisen Männern" hören zu müssen, wie sie klug die Frage überlegten, ob eine Maus, die das Abendmahl gefressen hatte, zu töten oder zu verehren sei. Er konnte die Lehre von der Umwandlung des Stoffes nicht annehmen, und in der Schule lehrte er die Knaben öffentlich, daß es ihre Pflicht sei, nach der Wahrheit zu suchen, und daß der gesunde Menschenverstand im Widerspruch zur Orthodoxie stehen könne.
Sein überragender Geist und seine unbezähmbare Energie zogen ihm sein erstes Verhör wegen Ketzerei zu, und er verließ Neapel. Wenn man von da an sein Leben verfolgt, so scheint es von fern, daß er sich selbst nie nur als Persönlichkeit betrachtete, sondern er war in seinen Augen ein Mensch mit einer Mission für die Menschen. Er nannte sich selbst "Der Erwecker", und das war er wirklich. Armut, keine Freunde zu haben, Einsamkeit, die gesamten menschlichen Bedrängnisse kannte er nur zu oft und deshalb oder auch trotzdem vollendete er sein Werk. Europa, wenn auch nicht ganz erweckt, rieb sich, als er starb, die Augen und erwachte. Die Spanische Armada hatte ihre Niederlage erlitten; Cromwell war ein zehnmonate alter Bub, der in das Heim einfacher Eltern in Huntingdon, England, Frohsinn brachte.
Von Brunos persönlicher Erscheinung haben wir nur die Äußerung aus seiner Abschiedsrede in Wittenberg, daß er das "Spielzeug des Schicksals sei, klein an Körper und Besitz, von der Menge gehaßt und verfolgt." Ein Freund fügt dem Porträt noch einen Pinselstrich hinzu, indem er auf Giordanos verfeinertes, edles Antlitz hinweist, das "voller Melancholie und Vorahnung war" und auf die Feuer der Fantasie, die in seinem Auge brennen. An anderer Stelle sind Brunos Worte: "Ich bin von Natur aus ungeschliffen"; und wiederum ist es der innere Mensch, der uns den Enthusiasten widerspiegelt, wenn wir lesen:
"Von Jugend auf war ich vom Glück vernachlässigt, aber trotzdem bin ich fest und standhaft auf meiner Lebensbahn, und Gott ist dafür mein Zeuge. Ich bin nicht so unglücklich wie ich glaube, oder indem ich mich meinem Mißgeschick unterwerfe, verachte ich es, denn selbst der Tod kann mich nicht schrecken...."
Nachdem er 1576 Neapel verlassen hatte, erschien er nacheinander in Rom, Genua, Noli, Savona, Turin und Venedig. "Als ich in Venedig war," schreibt er und erzählt uns dabei von seinen kleinen Nöten, "ließ ich ein kleines Buch drucken, um etwas Geld für meinen Unterhalt zusammenzubringen."
In Chambéry machte er in einem Kloster seines eigenen Ordens, den Dominikanern, Rast, wo er bemerkte, daß man ihn mied, weshalb er bei einem Italienischen Pater nach dem Grund dieser Behandlung forschte. Unheilvoll wurde ihm verkündet: "Ich warne Dich, von dieser Seite wirst Du keinerlei Entgegenkommen erhalten, und je weiter Du gehst, desto weniger wirst Du es finden." Darin ist die Trennung des letzten Bandes mit der Römischen Kirche und der Anfang jener Verfolgungen, die in seinem Märtyrertum gipfelten, zu sehen. Er ging dann nach Genf, der Hochburg Calvins und nahm am 20. Mai 1579 dort seinen Wohnsitz auf.
Jedoch Genf war kein Platz für einen Mann von Brunos Schlag. Es dauerte nicht lange so nannte er die Geistlichen der Kirche Genfs "Schullehrer" und bald haben wir den Bericht seines zweiten Verhörs für das Abirren in die Calvinistische Lehre. In seinem Vorwort zu Del Infinito schreibt er:
"Der Eine bedroht mich, weil ich es auf ihn abgesehen hätte, ein anderer beleidigt mich, nur weil er sich beobachtet fühlt; wenn ich jenem nur nahekomme, beißt er mich, und wenn ich diesen ergreife, verschlingt er mich. Es ist nicht nur einer, der mich so behandelt, es sind auch nicht einige, es sind viele, beinahe alle."
In Lyon fand er eine Sekte der Socinianer. Da er aber, wie seine Schriften zeigen, mehr den Arischen Lehren zuneigte, überrascht es uns nicht, wenn er sagt, daß er nicht länger als einen Monat in Lyon blieb. Es scheint, daß er nicht einer war, der sich mit irgendeinem Leiter einer Sekte verband. In Toulouse, einem Bollwerk der Inquisition, las und lehrte er in einer Schule über Astronomie und blieb ungefähr ein Jahr - und das in einer solchen Stadt wie Toulouse, die alles andere als einen verzagten Mann gebrauchen konnte. 1581 war er in Paris.
Wenn Giordano jemals glückliche Tage gehabt hatte, war es zweifellos in England von 1583-1585, als er unter der Schirmherrschaft des französischen Gesandten am Hofe der Königin Elisabeth empfangen wurde. Dort begegnete er dem Gemüt eines Bacon, Sir Philip Sidney, Fulke Greville, und beeinflußte sie. Wenn wir noch dazu daran denken, daß Shakespeare zu jener Zeit nach Vorbildern gesucht haben muß, und daß er in Bruno das Beste gefunden haben mag, kann nicht von der Hand gewiesen werden. Doch selbst in England können wir uns Bruno nicht vollständig glücklich vorstellen, denn trotz der Popularität der italienischen Sprache bei Hof haßte der Londoner Pöbel die Fremden. Nichtsdestoweniger vollbrachte er hier sein bestes Werk. Er lehrte und hielt Vorträge über "Unsterblichkeit" in Oxford und führte mit großem Eifer eine Debatte an, die große Aufmerksamkeit auf seine fortgeschrittenen Ideen auf sich zog.
Im Jahre 1585 war Bruno wieder in Paris. Was er dort hinterließ, kann man in der Philosophie Descartes deutlich erkennen. Auch von Spinoza und Leibniz wird gesagt, daß sie stark von seinen Lehren beeinflußt worden sind. Wir hören von seinem Aufenthalt an der Prager Universität und später an der Julius-Akademie in Helmstedt, so daß er, als er 1590-91 nach Frankfurt kam, die Gemüter gelehrter Männer in allen zivilisierten Ländern Europas berührt hatte. Er hatte die Jugend gelehrt und Samen gesät, dessen Ernte noch heute, wo die Wahrheit furchtlos gepflegt wird, immer noch reift.
In Frankfurt erhielt er einen Brief des Patriziers Zuane Mocenigo aus Venedig, der, nachdem er in einer Buchhandlung eines von Brunos Werken gesehen hatte, ihm schrieb, daß er lernen möchte, was Bruno lehren konnte. In gutem Glauben ging Bruno zu ihm und versprach ihn zu lehren, was er wußte. Enttäuscht, als er sah, daß diese Lehren Studium erfordern, Vorbereitung auf die Lektionen, wirkliche Arbeit beim Lernen, vollständig getrennt von Magie, und deshalb überzeugt, daß er getäuscht worden sei, und daß Bruno seine wichtigsten Geheimnisse zurückhalte, ging Mocenigo mit seinem Kummer zu seinem Beichtvater. In dieser kindlichen Handlung liegt etwas Erheiterndes, denn der Geistliche Ratgeber dürfte kaum die Erlangung übernatürlicher Kräfte, einen sogenannten "Teufelspomp" durch diesen edlen Herrn gebilligt haben. Das Ergebnis der Unterredung war jedoch nicht erfreulich. Dem ehrwürdigen Beichtvater war die Sünde Mocenigos, ein Wissen über alchemistische Geheimnisse und "schwarze Künste" überhaupt erlangen zu wollen, gleichgültig, denn er glaubte für sich Ruhm erlangen zu können, wenn er Bruno der Inquisition ausliefern würde. Da er auf diese Art den Verrat auf das Religiöse abwälzte, befreite sich Brunos Schüler nicht nur von der Sorge um den Unterhalt seines Lehrers, sondern er beruhigte durch die verräterische Handlung auch seine beleidigten Gefühle.
Am 29. Mai 1592 wurde Bruno vor das Tribunal der Inquisition gebracht. Nachdem er dort aufgefordert wurde die Wahrheit zu sagen, rief er mit großer Heftigkeit aus: "Ja, ich will die Wahrheit sagen. Oft bin ich durch dieses Heilige Offizium bedroht worden, und immer habe ich die Drohung für einen Scherz gehalten, denn ich bin bereit, über mich Rechenschaft abzugeben." Es war der letzte Ton seiner Stimme bis zum 14. Januar 1599, wo er, nachdem er aus einem der Inquisitionsgefängnisse, in dem man ihn all die Jahre hindurch festgehalten hatte, ohne ihm eine andere Wahl als der zwischen Abschwörung und dem Tod durch Feuer zu lassen, herausgeholt wurde, die erstaunlichen Worte äußerte: "Es ist möglich, daß ihr mehr fürchtet den Richterspruch über mich auszusprechen, als ich, ihn entgegenzunehmen." Dabei wurde in einer Gerichtssitzung unter dem Vorsitz des Papstes, nachdem berichtet worden war, daß Bruno keinen Widerruf geleistet hatte, schamvoll beschlossen, den Gefangenen der weltlichen Macht zu übergeben. So wurde am 17. Februar 1600, im Campo dei Fiori in Rom, nachdem er sich geweigert hatte auf die Priester zu hören oder irgendwelchen Trost zu empfangen, tapfer, mit verschlossenen Lippen - außer seiner ruhigen Äußerung, er sterbe als Märtyrer und willig für die Sache der Wahrheit - Giordano Bruno auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
Bruno lehrte, daß das Reich Gottes im Innern der Menschen sei, und er glaubte, daß eine Kirche wenig besser als ein Gefängnis sei, wenn ihre kalten trennenden Steine sich zwischen Mensch und Mensch erheben, oder die Gläubigen vom Angesicht des Himmels ausschließen. Er sagte, er glaube, daß auf die Welt eine große Revolution warte, und nie wurde er müde, seine Hoffnung zu wiederholen, daß der neu gebildete Zweig blühen, alte Wahrheiten wiederbelebt, verborgene Wahrheiten enthüllt würden, und daß nach der Dunkelheit der Nacht ein neues Licht erstehen und über die Menschen scheinen würde.
Kurz, seine Philosophie war diese, daß Gott Wahrheit ist, und daß die Wahrheit aus der Natur, die seine Schöpfung ist, hervorleuchtet. Die Unendlichkeit steht innerhalb der Beweismöglichkeit unserer Sinne, sie wird uns durch die Mannigfaltigkeit der äußeren Erscheinung auf der Basis der Einheit bewiesen; "und können wir bei Gott die Unendlichkeit leugnen?" fragte er. Die trägsten, die unmerklichsten und die kleinsten Teile der Erde werden durch Gottes Hand mit Energie und Scharfsinn angefüllt. Die ganze Schöpfung kündet die Glorie Gottes; sie wird mit Kraft und Freude belebt, spiritualisiert und erhellt... Nicht nur die Seele des Menschen wohnt in Gott, sondern die Seele der Welt ist in ihm, bewegt sich in ihm und hat ihr Sein von ihm. Die Dinge der Natur, von denen wir umgeben sind, sind Schatten, unwirklich und nicht von Dauer; aber der Geist, die Seele, die Form, die Auswirkung göttlicher Weisheit, die Substanz, die kein menschliches Auge je gesehen hat, die Monade, die nie von sterblichen Sinnen wahrgenommen werden kann, dies allein ist wirklich, dauernd und wahr; das alles war, bevor die Welten existierten, das ist Unendlichkeit. Und dies alles wahrnehmen zu können ist die einzige wahre Erkenntnis.