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Einmal um die Sonne

Du bist eine Quasselstrippe, oder?

Peter war recht traurig, als er das kleine Schneeglöckchen verließ. Er stieg auf den Berg hinauf und wollte versuchen, ein anderes zu finden.

Nach einer Weile kam er an einen Bach, der vor sich hin sang, während er über die Kieselsteine hüpfte und sprang.

„Hallo, Peter, freut mich, dich zu sehen.“

„Hallo.“ Peter schaute sich überall um, um zu sehen, wer da sprach.

„Hier“, kicherte der Bach, „du solltest meine Stimme kennen. Sie ist lauter als gewöhnlich, weil ich voller geschmolzenem Schnee aus den Bergen bin.“

„Oh?“ Peter schaute nach dem schneebedeckten Bergkamm, wo der Bach herkam. Plötzlich fiel ihm etwas ein.

„Hast du dort oben ein Schneeglöckchen gesehen?“, fragte er.

„Ein paar“, sagte der Bach. „Sie kommen gerade heraus, aber es ist noch recht früh. Droben ist es viel kälter, weißt du?“

„Wie steht‘s mit Veilchen?“

„Noch nicht“, sagte der Bach, „aber sie werden kommen. Warum? Suchst du welche?“

„Ja, weil ein Schneeglöckchen mich gebeten hat, ein Veilchen von ihm zu grüßen, ich aber noch keines gesehen habe.“

„Das wirst du schon noch“, sang der Bach. „Möchtest du nicht mit mir singen? Ich habe schrecklich viel zu tun, weil ich so viel Schneewasser zum Meer tragen muss, und bei meiner Arbeit singe ich immer.“

orts 28 gs„Warum musst du so schwer arbeiten?“, fragte Peter.

„Ich tu‘s, weil es mir Spaß macht.“ Der Bach machte einen besonderen kleinen Wirbel zwischen zwei großen Steinen und drehte sich und schäumte vor Vergnügen. „Das Meer schickt immer eine Menge Wasser in die Wolken hinauf, und die Wolken lassen ihren Schnee auf die Berge fallen. Dann muss ich das alles zum Meer zurück­tragen, damit es wieder von vorne beginnen kann.“

„Was für eine Zeitverschwendung“, sagte Peter.

„Zeitverschwendung, wirklich!“, sprudelte der Bach ent­rüstet. „Was würdest du tun, wenn ich dir nicht gutes, frisches, sauberes Wasser zu trinken brächte, das möchte ich wohl ­wissen. Und wie könnte irgendetwas wachsen? Weißt du, Lebendiges könnte ohne Wasser nicht leben. ALLES hängt von der Arbeit ab, die ich tue.“

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„Oh, es tut mir leid“, sagte Peter. „Ich wollte dich nicht kränken, du bist ganz bestimmt sehr wichtig.“

„Gut“, sagte der Bach und sprudelte leise. „Weißt du, ich bin nicht der einzige Bach. Das soll offen gesagt werden. Du sollst nicht denken, dass wir Bäche eingebildet sind. Einige Bäche haben diesen Fehler gemacht und versucht, so zu tun, als ­seien sie die einzigen Rinnsale in der Welt. Und was ­geschah?“ Er hielt inne. „Sie trockneten aus. Das war ihr Ende. Nein, wir Bäche sind nicht wichtig, aber die Arbeit, die wir tun, ist sehr wichtig. Es ist wie bei dir. Du bist nicht wichtig, aber du DENKST! Und das ist sehr wichtig. Verstehst du, was ich ­meine?“

„Du meinst, mein Denken ist wichtiger als ich? Das verstehe ich nicht“, sagte Peter.

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„Du meine Güte!“, sagte eine ­vertraute Stimme. Peter drehte sich um und sah Onkel Pfefferkorn, der auf einem kleinen Stein saß. „Du zerbrichst dir immer über irgendetwas den Kopf“, brummte er. „Ich glaube, das ist meine Strafe dafür, dass ich einem kleinen Jungen das GROSSE JAHR schenke. Also, was willst du wissen?“

„Der Bach sagt, ich sei nicht wichtig, nur meine Gedanken. Wie kann ein Gedanke wichtiger sein als der, der ihn denkt?“

„Das ist auch nicht so“, sagte Onkel Pfefferkorn. „Aber wenn du nicht denken würdest, dann wärest du auch kein Denker, verstehst du?“

„Oh, jetzt verstehe ich“, sagte Peter.

„Genau das meint der Bach“, sagte Onkel Pfefferkorn. „Er quasselt so viel und sagt nicht alles so deutlich, aber er meint es gut.“

„Meint es gut, in der Tat“, sprudelte der Bach ärgerlich. „Was könnte klarer sein, als ich es bin?“ Und er ließ sein kristallklares Wasser ruhig werden, so dass Peter jeden einzelnen Kiesel in der kühlen Tiefe sehen konnte.

„Du bist sehr klar und schön, das wissen wir alle“, sagte ­Onkel Pfefferkorn. „Aber du quasselst herum, nicht wahr?“

„Natürlich, das ist doch meine Aufgabe“, gluckste der Bach glücklich und ­schickte einen Spritzer Gischt hinauf, der den armen Onkel Pfefferkorn fast ertränkte, so dass er schnell verschwinden musste.

„Er ist ein alter Hitzkopf, nicht wahr?“, kicherte der Bach.

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