Informationen über Theosophie in anderen Sprachen:     ENGLISH    ESPAÑOL    ITALIANO    NEDERLANDS    РУССКИЙ    SVENSKA  

Jakob Boehme und Lebenswege

In der zweiten Epistel des "Schuhmachers von Görlitz" kann man lesen:

Ich habe mit den Kindern Gottes keine Kontroverse, nur weil das, was sie anbieten, verschieden ist und sich von meiner Auffassung unterscheidet. Ich kann alles mit mir in Einklang bringen (ich kann für mich selbst alles gut auslegen und dafür Verständnis finden). Ich führe nur alles auf die Quelle (auf den Ursprung) zurück, und da habe ich den Beweis und den Prüfstein für alle Dinge. Wenn Ihr nun auch damit beginnen und mir folgen wolltet, so würdet auch Ihr das durch Erfahrung finden und danach vielleicht besser verstehen, was ich schrieb.

Den meisten von uns liegt es nicht, die Inspiration so frei walten zu lassen wie Jakob Boehme, wenn wir unsere Gedanken schriftlich niederlegen, aber wir alle können ihm beipflichten, wenn er feststellt, daß ein Mensch, wenn er vor etwas davonlaufen will, wahrscheinlich immer mehr in die betreffende Sache hineingezogen wird. Francis Thompson sagt das gleiche in seinem "Hound of Heaven"/"Himmelhund" in der heutigen Sprache. Boehme möchte damit zeigen, daß die Menschen, die glauben, nur ihr eigener "Weg" sei der richtige, in Wirklichkeit von ihrem eigentlichen wirklichen "Weg" abkommen, weil der innere Weg nicht durch Geringschätzung der anderen Wege gefunden wird.

In der Lebensweise kann es keine Eigentumsrechte geben; der Weg, den wir einschlagen, ist nur solange unser Weg, als wir so sind, wie wir sind. Da wir aber Geschöpfe auf Zeit sind, wandeln wir uns ständig, was Boehme wiederum so ausführt: "... die himmlische Wesentlichkeit in der Person von ... der Menschheit ... ist kreatürlich und ohne die Person unkreatürlich." Aber während der ganzen Zeit ist es, ob Kreatur oder nicht; und daher kann es kein Eigentum von irgend jemanden sein. Mit anderen Worten: Die Persönlichkeit und ihr Weg existieren nur so lange, wie sie durch die lebende Essenz in-formiert oder in-struiert werden. Die Essenz vergeht jedoch nicht, wenn auch die Persönlichkeit sich wandelt, so wenig, wie das Leben des Baumes vergeht, wenn seine Blütezeit vorbei ist. Was aber würden wir sagen, wenn sich die Eiche mit der Ulme oder der Flieder mit der Distel darüber streiten würden, welche Form des Blattes die richtige sei?

Ein anderes Wort der Weisheit von Freund Jakob:

Sammelt eine Biene nicht Honig aus verschiedenen Blüten?, und obgleich eine Blume besser ist als die andere, bleibt sie dennoch nicht daran hängen, sondern nimmt, was ihr nützt; und wenn der Saft und die Reinheit der Blüte ihr nicht zusagen, sollte sie deshalb ihren Stachel in sie eindringen lassen?

Sein erstes Buch, Aurora, so erklärt Boehme, hätte er infolge seines Unvermögens auf die Gefahr hin geschrieben, das Thema zu verfehlen. In einem Brief an Abraham von Sommerfeld äußerte er ihm gegenüber, sein Buch sei geschrieben "sehr unvollständig und mangelhaft, wie ein plötzliches Gewitter, das vorüberzieht, wo immer der Blitz fällt, da zündet er, genau so ist es mit dem Geist des Wunderbaren." Erst als er beschlossen hatte, nicht mehr zu schreiben, und seine Fähigkeit als Schreiber selbst vollkommen verneint hatte, "fesselte und überwältigte der innere Mensch den äußeren ... und erst dann war der innere Mensch gewappnet ... und dann kam in mir erneut der Entschluß, etwas zu schreiben." Natürlich drückte er sich in der Sprache seiner Zeit aus, aber er sagt: "Ich muß von einer ganz anderen Schule schreiben, die weit größer ist als all das hier, die Sprache der Natur wurde mir geoffenbart, so daß ich die größten Mysterien in meiner eigenen Muttersprache verstehen kann."

An einer Stelle wird man an einen Ausspruch Brownings erinnert, der in einem bestimmten Passus schrieb: "Gott und Robert Browning wußten", was es bedeutete, "aber nun weiß es nur Gott!" Boehme nennt es: "... solange die Hand Gottes auf mir ruht, verstehe ich es; aber wenn Gott sich verbirgt, dann kenne ich meine eigene Arbeit nicht und werde ein Fremder für die Arbeit meiner eigenen Hände."

Auf die Aufforderung, "dem Kaiser zu geben, was des Kaisers ist", oder um des Friedens willen (wenn nicht sogar, weil es notwendig ist) so zu leben, wie die eigene Umgebung lebt, machte Boehme eine weise Bemerkung: "... mein äußerer Mensch ist gebunden und der Welt verpflichtet und muß, seiner Verpflichtung als Untertan nachkommend, den Gesetzen und Verordnungen der Welt gehorchen und tun, was die äußeren Verpflichtungen von mir fordern."

Ist das nicht zum Schluß noch ein beruhigender Gedanke für uns, wenn wir unsere Steuern bezahlen und die Härten unserer Zeit freudig annehmen.