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Unser persönlicher Bereich

Viele von uns haben heute die Angewohnheit, Persönlichkeiten in hohen Regierungsämtern anzugreifen und ihnen die Schuld an allen Übeln zu geben, die uns bedrängen. Das ist in Ordnung, wenn wir sie lediglich für das Übel und Unrecht, an dem sie Schuld haben, tadeln und auch verantwortlich machen. Wir dürfen aber nicht vergessen, daß Menschen in hohen Ämtern gar nicht so unterschiedlich von irgendwelchen anderen Menschen sind. Wir sind alle nur Menschen. Diejenigen, die hohe Positionen einnehmen, sind jedoch noch zusätzlich damit belastet, daß ihre persönlichen Schwächen ins grelle Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit gezerrt werden. Ihre Fehler werden durch das Gewicht ihrer Verantwortung tausendfach vergrößert. Es ist ein besonderer Charakterzug der menschlichen Natur, daß wir es meist nicht sehen, wie die Staatsmänner oder Staatsbeamten eine Aufgabe, trotz der widrigen Kritik einzelner Interessengruppen, standhaft erfüllen. Tatsächlich ist eine solche Amtsführung eine heroische Tat und sollte Anerkennung finden.

Leider sind viele 'Hohe-Beamte' ganz einfache, alltägliche Menschen mit mittelmäßiger Widerstandskraft. Sie sind aus ihrem natürlichen Pflichtenkreis herausgerissen worden und finden sich nun in führenden und wichtigen Positionen wieder. Für die Last der schwerwiegenden Verantwortung, die ihnen plötzlich zuteil geworden ist, sind sie schlecht vorbereitet. Die Frage wäre nun: Wie kann man sich selbst für die Berufung zu einer größeren Aufgabe vorbereiten, die irgendwann an irgendeinen von uns ergehen könnte?

Unser persönlicher Bereich ist jene Einflußsphäre, die uns vertraut ist und ausschließlich zu uns gehört. Es ist jener Wirkungskreis, in den sich jeder von uns - wir sogenannten kleinen Leute - im Leben gestellt sieht. Es gibt kein wichtigeres Lebensziel als die Erfüllung der Pflicht, - unserer Pflicht - weil diese Pflicht innerhalb unseres persönlichen Bereiches liegt; d. h. in unserer Arbeit, in unserer Familie und in unserer Beziehung zu all' denen, die in unseren normalen Lebenskreis treten.

In den Heiligen Schriften lesen wir: "Wer unter uns ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein!" Es ist bestimmt nicht fair, anklagend mit dem Finger auf den Menschen zu zeigen, der sich in einer hohen Stellung befindet, und etwas tut, was ihm selbst als kleiner Kompromiß erscheinen mag, und der nun deswegen ins 'grelle Licht' der Öffentlichkeit gerät; oder gegenüber jemandem in einer höheren Position als der unsrigen überkritisch zu sein, wenn wir zur gleichen Zeit in unserem eigenen, kleineren Bereich bereit sind, Vorschriften zu übertreten, wenn wir unsere eigenen Kompromisse übersehen, im Geschäft oder Büro unordentliche Arbeit leisten und schwächlich die Verantwortung auf andere wälzen! Jede Pflicht, die wir in unserem besonderen Tätigkeitsfeld gewissenhaft erfüllen, bildet jedoch langsam und ganz naturgemäß den Charakter, der uns darauf vorbereitet, den größeren Verantwortlichkeiten, die eines Tages auf uns zukommen mögen, in geeigneter Weise zu begegnen und sie zu erfüllen.

Es ist nicht schwierig, sich die Wirkung der Kraft auszumalen, die nur durch einige wenige Tausend 'kleine Leute', die ihren persönlichen Wirkungsbereich ernsthaft ausfüllen, geschaffen wird. Diese Kraft würde bald ausstrahlen und durch die stumme Aufforderung, es ebenso zu tun, die Haltung Zehntausender anderer umwandeln. Schließlich würde diese moralische Kraft durch die verschiedenen Ebenen unserer sozialen Struktur strömen und am Ende die Spitze erreichen und eine Art spirituelles Verlangen nach edleren Handlungen bei unseren hohen nationalen Beamten schaffen.

Wenn wir also von allen Seiten den Ruf hören, in welch einem jämmerlichen Zustand sich die Welt befindet, und daß wir daran nichts ändern könnten, dann wissen wir, daß wir wohl einiges tun können: Jeder einzelne von uns kann standhaft und rechtschaffen seinen persönlichen Wirkungsbereich erfüllen.