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Alles bildet eine Einheit, ein ungeteiltes Ganzes

IDAG ("Heute"), Leitartikel in Svenska Dagbladet, 24. August 1981, Marianne Fredriksson und Ragnhild Svedling, Herausgeber. Dieser Artikel erschien zu einer "New Age-Konferenz", die in der gleichen Augustwoche in Stockholm stattfand. Nachdruck als Übersetzung mit Erlaubnis.

 

 

Unser gesamtes Denken ist durch die Newton'sche Physik geprägt. Das Universum, der Körper, die Natur, die Materie, alles sind "Maschinen". Jedes kann für sich betrachtet werden; sogar unsere Psyche wird in Stücke geteilt: das Unbewußte, das Überbewußte usw. Dieser Trugschluß führt zur Katastrophe. Die neue Physik lehrt, daß alle Dinge miteinander verbunden sind. Das New Age (Das Neue Zeitalter) beschäftigt sich grundsätzlich mit einer umfassenderen Betrachtung des Ganzen. Aber was ist das "New Age"? 

Als wir das letzte Mal über diese Bewegung schrieben, wollten viele Leute mehr darüber wissen. Zur Konferenz, die in Stockholm stattfand, erschien rechtzeitig ein Buch in schwedischer Sprache Alternative Wege zur Betrachtung der Gesellschaft von Morgen,1 das ein Essay des Physikers Fritjof Capra enthält, der eine gute Beschreibung der zusammengefaßten Vorstellung des New Age gibt. 

Capra ist bekannt durch sein Buch Der kosmische Reigen, worin er Parallelen zwischen der alten buddhistischen Philosophie und der modernen Physik zieht. Die wissenschaftlichen und technologischen Kenntnisse sind seit der Zeit als die Griechen das wissenschaftliche Abenteuer begannen, enorm gewachsen, schreibt Capra in der Einführung zu seinem Essay. Doch in diesen 25 Jahrhunderten ist in den gesellschaftlichen Belangen oder in der spirituellen und moralischen Entwicklung des Menschen fast kein Fortschritt erzielt worden. Eine einseitige Kultivierung des rationalen Denkvermögens hat uns an den Rand des Wahnsinns gebracht, sagt er, und weist auf die bekannten Gefahren, wie Atomwaffen, die ökologische Situation und dergleichen hin.

Die Basis für diese kulturelle Krise liegt im Ungleichgewicht zwischen den beiden Bewußtseinsformen, die seit jeher für die menschliche Natur als charakteristisch erkannt worden sind. Sie werden gewöhnlich die rational-wissenschaftliche und die intuitiv-religiöse Form genannt. In anderer Weise sind sie auch als männlich / weiblich oder linear / nichtlinear beschrieben worden. Die Chinesen nannten sie Yang und Yin, und haben sie stets als die zwei Seiten derselben Realität betrachtet. 

Capra zitiert einen alten chinesischen Text: "Yang kehrt zyklisch zu seinem Anfang zurück; Yin erreicht sein Maximum und macht dem Yang Platz." Fritjof Capra glaubt, daß wir gerade den Anfang eines solchen Wechsels erleben: das Rationale, das seine äußere Grenze erreicht hat, gibt dem Intuitiven den Weg frei. Wiederum ein Zitat: 

In den sechziger und siebziger Jahren sind eine Anzahl philosophischer, religiöser und politischer Bewegungen entstanden, die alle in dieselbe Richtung zu führen scheinen. Die zunehmende Sorge um die Ökologie, das große Interesse am Spirituellen, das Wiederentdecken einer Ganzheits-Einstellung zu Gesundheit und Heilen und - vielleicht am wichtigsten von allem - das wachsende feministische Empfinden, sind Ausdruck derselben evolutionären Richtung. 

Die einseitige mechanistische Entwicklung begann mit der Physik, und laut Capra wird die Physik ihr auch den Gnadenstoß geben, den letzten Schlag versetzen. Die griechischen Atomisten betrachteten die Materie als Bausteine, als Atome, die selbst passiv und tot sind. Die Physiker des 20. Jahrhunderts sehen die Realität ganz anders. Für sie ist das Universum nicht mehr eine Maschine, sondern ein harmonisches, unteilbares Ganzes, ein Netzwerk dynamischer Zustände, die laufend vom Bewußtsein des menschlichen Beobachters beeinflußt werden. 

Wenn wir bei Capra weiterlesen, erhalten wir ein erschreckendes Bild, wie die griechischen Atomisten und ihre westlichen Nachfolger - hauptsächlich Descartes und Newton - unsere Vorstellungen gefärbt haben. Die atomistische Betrachtungsweise war die Ursache für den Dualismus von Geist und Materie, Körper und Seele, der unser gesamtes Denken kennzeichnet. Dieser Dualismus, der in seiner extremsten Fassung von Descartes formuliert wurde, gestattete der Wissenschaft, die Materie als eine tote, vom Menschen völlig getrennte Sache zu behandeln. Das Universum wurde zu einer gigantischen Maschine. Auf dieser Ansicht baute Newton seine Mechanik (Bewegungslehre) auf. Der Einfluß des Newton'schen Modells auf die anderen Wissenschaften ist enorm. In der Biologie führte das Newton'sche Modell zu der Vorstellung, daß ein lebender Organismus als eine aus verschiedenen Teilen bestehende Maschine angesehen werden kann. Um den Organismus zu verstehen, muß man ihn nur auseinandernehmen und versuchen, ihn wieder zusammenzusetzen. Auf diese Weise spielt Newton in der Medizin noch eine große Rolle. Sie betrachtet den Körper als eine Maschine, und Krankheit als etwas, das in den Körper eindringt und einen bestimmten Teil befällt. Die Aufgabe des Arztes ist es dann, den betroffenen Teil des Körpers zu behandeln und den Angreifer entweder physisch durch Operation, oder chemisch mit Medikamenten zu bekämpfen. Diese Vorstellung ist soweit gediehen, daß es den Ärzten heute schwerfällt, eine Krankheit als Störung des gesamten Körpers zu betrachten. Sie behandeln den befallenen Teil - gewöhnlich ohne an die übrigen Teile, und noch weniger an die psychologischen und sozialen Aspekte des Leidens beim Patienten zu denken. 

Im großen und ganzen arbeiten die Psychologen laut Capra in derselben Weise, indem sie Geist und Materie trennen. Psychologische Symptome werden auf psychische Bausteine reduziert. Freud, der von diesem wissenschaftlichen Standpunkt völlig durchdrungen war, suchte, wie die Ärzte, nach grundlegenden "Teilen". Er entdeckte Grundinstinkte; er schuf ein Modell mit dem Ich, dem Es, dem Superego usw. Diese Strukturen wurden dann als eine Art innere Objekte angesehen, die miteinander in Konflikt stehen. Und so wurden "der Mechanismus und die Maschinerie" der Psyche in Übereinstimmung mit der Newton'schen Mechanik gebracht. Die Sozialwissenschaftler machen dasselbe. Sie zergliedern ihre Strukturen in Fragmente, die unabhängig voneinander sind - Nationalökonomie, Soziologie, Staatswissenschaft, usw. Die Folgen dieser Betrachtung sind vielleicht am deutlichsten zu erkennen, wenn wir die Denkweise der Ökonomiker untersuchen. Sie mißachten ökologische und soziale Gesichtspunkte und beschränken ihre Modelle auf Gewinn, Kosteneffektivität, Produktivität usw. Was wir brauchen ist eine neue philosophische Basis, eine neue grundlegende Weltanschauung, sagt Capra, und er glaubt, daß die moderne Physik diese Anschauung teilt. 

Die heutige Physik zeigt, daß die materielle Welt auf Wechselbeziehungen aufgebaut ist. Elementarteilchen sind nicht Dinge, sondern Verbindungen zwischen "Dingen", die wiederum Verbindungen zwischen anderen "Dingen" sind usw. Es gibt keine Bauklötze in der Natur. Wir können die Welt nicht mehr in kleine Einheiten aufteilen, die unabhängig voneinander existieren. Die Welt ist ein komplexes Gewebe von Bedingungen unter den verschiedenen Teilen und ein vereintes Ganzes; und hierin ist das menschliche Bewußtsein ein wesentlicher Bestandteil! Wir wissen jetzt, daß "meine bewußte Entscheidung darüber, wie ich z. B. ein Elektron betrachten werde, in einem gewissen Grad die Eigenschaften dieses Elektrons bestimmen wird. Das Elektron hat somit keine objektiven Eigenschaften, unbeeinflußt von meinem Verstand. Wir können niemals von der Natur sprechen, ohne gleichzeitig von uns zu sprechen." 

Wir können nicht von Teilchen sprechen, aber von Energiebündeln. Die Materie an sich ist dynamisch. Capra meint, daß die Wissenschaftler auf der ganzen Welt ihre Perspektiven auf der Grundlage dieser Erkenntnis oder dieses Wissens erweitern können. Die Ärzte können die Zusammenhänge sehen, die Psychologen die dynamischen Systeme, die zwischen physischen, sozialen, kulturellen und kosmischen Dimensionen wirken. Auch die Sozialwissenschaftler müssen ihre Grundvorstellungen zu einer Ganzheitsbetrachtung des Menschen, der Natur und der Produktion erweitern. Dieses erweiterte Wissen von der gegenseitigen Abhängigkeit aller Dinge wird mit dem Sammelbegriff "New Age" bezeichnet. 

Fußnoten

1. Alternativa synsätt på morgondagens samhälle, Wahlström und Widstrand. [back]