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Der leuchtende Faden des ägyptischen Mythos

Die alten Ägypter glaubten, daß die zahlreichen Götter ihres Pantheons Emanationen aus der Ersten Ursache allen Lebens waren, das vor dem Zeitpunkt der Neuschöpfung in den uranfänglichen Wassern des Raumes ruhte oder potentiell vorhanden war. Durch diese individuellen Götter wurden die Eigenschaften der göttlichen Essenz offenbar. Sie besaßen einen eigenen Namen, eine eigene Gestalt und ihren besonderen Anteil an der Leitung des Universums und ihre Verpflichtungen dabei, sie waren verantwortlich für die Bildung der richtigen Reihenfolge ihrer Erscheinungen und sorgten für ihre Stetigkeit. Jeder dieser Götter wurde mit Vignetten und Hieroglyphen in drei Formen dargestellt: 1.) Die rein menschliche Gestalt mit Attributen, die dem Gott eigen waren, 2.) ein menschlicher Körper mit dem Kopf eines Tieres, das der Gottheit gewidmet war, weil es symbolische oder biologische Ähnlichkeiten mit den Kräften aufwies, die der Gott besaß oder zum Ausdruck brachte; und 3.) dasselbe Tier, dargestellt mit den Merkmalen des Gottes. Das Leben, das die Erfahrung der Geburt, des Todes, der Wiedergeburt oder Wiederauferstehung und Unsterblichkeit durchläuft, war der Faden, der viele symbolische Erzählungen verband, welche die Mythologie Ägyptens bereicherten.

Die Schöpfungsmythen haben innere und äußere Bedeutungen, und obwohl sie sich anscheinend voneinander unterscheiden, bilden sie tatsächlich einen einzigen Gedankenstrom. Die Geheimnisse ihrer inneren Deutung lassen sich erst finden, wenn die richtigen Schlüssel für ihre Schlösser verwendet werden, und diese Schlüssel liegen in dem Verständnis ihrer religions-philosophischen Ursprünge. Die Tempel hatten eine öffentliche Abteilung und ein privates Heiligtum, das viele Räume und Korridore umfaßte, die mit Hieroglyphen bedeckt waren, welche die ihnen zugrundeliegende Bedeutung zwar offenbarten, aber auch verschleierten; denn die ägyptischen Mysterien - auf die von Herodot, Diogenes Laërtius, Diodorus Siculus und später von Jamblichus und anderen in vorsichtiger Form hingewiesen wurde - teilten ihre Lehren gradweise mit. Das Licht des Verstehens kommt jedoch erst nach hinreichender Ausbildung des Charakters und des intellektuellen Auffassungsvermögens.

Die ägyptischen Schöpfungsmythen schildern die vielen Wesenheiten des Kosmos, der Welt und des Menschen als Emanationen aus dem einen Hohen Gott, der formlos, verborgen und ungeoffenbart war und ist. Im osirischen Zyklus war er das Dunkle Gesicht jenes Gottes, der eine solche Überfülle an Licht ausstrahlte, daß er für geringere Wesen dunkel erschien, denn sie konnten ihn nicht wahrnehmen oder begreifen. Die Schöpfung wurde daher als ein kontinuierlicher Prozeß angesehen; und wenn auch die hauptsächlichen Mythen, die sich hiermit befassen, sich anscheinend aus vier miteinander rivalisierenden Religionen ableiten, die aus den Städten stammen, die wir von ihren griechischen Namen her kennen - Memphis, Heliopolis, Hermopolis und Theben -, so liegt doch genügend internes Beweismaterial dafür vor, daß sie in Wirklichkeit Aspekte eines großen, fortschreitenden Themas waren.

Dieses Thema war die Beseelung der Materie und ihre Verfeinerung in Geist am Ende eines Zeitalters - "den Millionen Jahren". Die Ägypter stellten sich dieses gegenwärtige Universum nicht als das erste vor, das zu ewiger Dauer bestimmt ist. Verschiedene Vignetten, Hieroglyphen und Texte zeigen zum Beispiel das Symbol der neuen Sonne, die in der Morgendämmerung der Schöpfung über der ruhenden Materie (Nun) des Raumes (Neith, die immer fruchtbare Mutter von Allem) aufging und von Maat, dem "Atem des Lebens", gesteuert wurde.

Die vier Haupt-Schöpfungsmythen vermittelten die ihnen zugrundeliegende Botschaft den Menschen als Ganzes gesehen in Form von dramatischen Darstellungen der Entwicklung des Kosmos und der Globen. Wenn die priesterlichen Schauspieler in ihren Masken und Roben in würdevoller Prozession durch Rituale und Zeremonien die Geschichte über die Entstehung von Welten oder Menschen vermittelten, war es für den Zuschauer leicht, sich mit seinem Bewußtsein in sie zu versetzen und dadurch ihren Sinn zu erkennen. Daher waren die Vorlese-Priester so wichtig, da sie den Text laut vorlasen und den Darstellern halfen, die Vorstellung zu erläutern, damit die Zuhörer innerlich und tief mitempfinden konnten.

Die Ägypter betrachteten das Universum nicht als eine plötzliche Schöpfung, sondern vielmehr als etwas, das aus der subjektiven Ebene schrittweise ins Dasein trat und nach und nach die vielfachen Tätigkeiten und Erscheinungen entwickelte, die wir wahrnehmen. Die ganze Kultur war an den Begriff der Ordnung gekettet; es war die Pflicht von Maat - Gerechtigkeit, Wahrheit und Ordnung -, diese im Kosmos und auf Erden wieder herzustellen, wo immer das harmonische Gleichgewicht gestört wurde. "Sie ist am Anfang und am Ende da, zu allen Zeiten und in allen Welten..."1 Somit war das Land Ägypten und seine Menschen wie "nach dem Bild des Himmels organisiert" dargestellt, und zwar als Widerspiegelung des subjektiven Daseinsbereiches, ein Muster des gesamten Planeten und der Menschheit.

Der mit Heliopolis in Verbindung gebrachte Zyklus behandelt die erste Regung der Göttlichkeit in Bewegung: Aus den Urwassern des Raumes - Chaos - erhebt sich Ra, die sich selbst erzeugende Sonne, nicht der physische Sonnenball, den wir mit den Augen wahrnehmen, sondern seine göttlich-geistige Essenz. Ra wird bei seinem Aufstieg Atum und emaniert in dieser Phase die erste Zweiheit, die Zwillinge Shu - sowohl Licht als auch Luft2 - und Tefnut, was nicht genau erklärt ist, aber möglicherweise dem Vorstellungsaspekt von Maat entspricht.

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Bildtext: Die Schöpfung. Der Gott Nun emaniert aus den urzeitlichen Wassern des Raumes. Er hält die Sonnenbarke mit der neuen Sonne empor, flankiert von den Urmächten, den ursächlichen Kräften der Manifestation.

"Als Licht trennt [Shu] die Erde vom Himmel, und als Luft stützt er das Himmelsgewölbe."3 Shu-Tefnut erzeugen Geb (Erde) und Nut (Himmel) durch diese Trennung, und Geb und Nut bringen ihrerseits Osiris, Isis, Set4 und Nephtys hervor. Diese letzteren vier stellen jene Urgötter oder Urmächte (Neter) dar - die ursächlichen Kräfte -, die in der Natur tätig sind. Zusammen mit dem jüngeren Horus, dem Sohn von Osiris und Isis, werden diese nacheinander an den fünf eingeschobenen Kalendertagen geboren, die dem idealen Jahr von 360 Tagen hinzugefügt wurden. Die Geburt dieser fünf Urmächte, die aus dem Osirischen Mythenzyklus stammen, bezieht sich nicht auf die Zeit als solche, sondern auf fünf kosmische Ebenen zunehmender Materialität, beginnend mit der subjektivsten, in welcher jede dieser Urmächte oder Urgötter sich offenbarte oder "herrschte". Der Bereich dieser Ebenen erstreckte sich kollektiv von der Grenze des Unmanifestierten bis zu den stofflichsten Bereichen, jenen von Set und Nephtys - das sind: unsere Erde im Erdschema; und im größeren Maßstab: das sichtbare Universum.

Nach ägyptischem Denken spielte sich die Manifestation in drei Hauptstufen der Kristallisierung ab, die "Welten" genannt wurden. Es gab die himmlische Welt oder den Himmel, die Domäne oder der Daseinszustand der Urgötter (Neter), die der Natur innewohnenden Eigenschaften. Die zweite Sphäre war Duat oder Dwat, in der Mitte zwischen dem himmlischen Bereich und unserer greifbaren Erde. Diese wurde als "der Augenblick zwischen Nacht und Tag" beschrieben. Es handelt sich hier um den Zustand, in dem die kausalen Kräfte von der abstrakten Phase in die materiellen Aspekte der Natur übergehen. Daher ist Duat tatsächlich eine Dualität, die das Stadium einer Wesenheit zeigt, die in verschiedene Bündel von Qualitäten oder Erfahrungsebenen "hineinsteigt" und "heraussteigt". Die dritte Welt ist der verfestigte, materielle Globus. "Es ist dies die Welt des Ptah - das der irdischen Materie innewohnende Feuer -, der sie geschaffen hat und der die geheime Triebkraft und Ursache für ihre zukünftige Entwicklung ist."5

Die "Theologie von Memphis" ist eine Bezeichnung, die einer der ursprünglichsten und tiefgründigsten Schöpfungsdarstellungen gegeben wurde, die wir aus Ägypten besitzen. Ihr Ursprung wird auf den erleuchteten König zurückgeführt, der ein geteiltes Ägypten wieder vereinigt haben soll und den Griechen als Menes bekannt gewesen war, bzw. auf die Anweisungen, die er der neuen Priesterschaft in Memphis gab, nachdem er die Hauptstadt von Thinis verlegt hatte. Diese bemerkenswerte Kosmogonie, die mit Bestimmtheit auf die erste Dynastie zurückgeht, ist uns durch die Neuformulierung erhalten, die von Shabaka, ca. 700 v. Chr., vorgenommen wurde. Sie nennt Ptah den Hohen Gott. Er ersteht aus den Wassern der Urzeit, die nicht mehr so inaktiv wie früher sind, und wird zur ersten subjektiv/objektiven Manifestation. Er gibt sein Herz (den älteren Horus, der Bruder aller folgenden Götter, einschließlich Osiris) und seine Stimme-Verstand (Thot).

Der subjektive oder verborgene Aspekt des Ptah wird das aktive 'Offenbarte', der schöpferische Ptah, Feuer, "das auf der großen (d. h. urzeitlichen) Stelle ist"6, die in der ägyptischen Symbologie als Ptah-Tatenen, "der urzeitliche Erdhügel", bekannt ist und oft durch einen Stab gekennzeichnet wird. Dieser Berg oder Erdhügel stellt das erste Erscheinen einer äußerst feinen oder ätherischen Materie über den Wassern dar. Ptah hatte eine Achtheit oder eine Familie von acht Emanationen, die vier Urmächte-Paare. Als Ptah ist er der Schöpfer aller Dinge auf Erden; als Ptah-Tatenen ist er "die erste Erde, die aus dem Chaos hervorgeht." Einer der Achtheit ist Atum, "dessen göttliche Intelligenz Horus ist und dessen Wille ... Thot ist."7

In Hermopolis war Thot der Höchste Gott. Er gelangte weiter in die Manifestation und lenkte sie durch seine Achtheit von Urmächten, vier Paare, die den stofflicheren Globus erzeugen, der aus dem noch unorganisierten Raum und der Substanz, die Nun ist, neu entstand. Dieser Globus hat die Form eines Eies, das von dem kosmischen Vogel der Zeit gelegt wurde - eine Auffassung, die auffallend dem Kalahansa der Upanishaden ähnelt, der das Universum ebenfalls in der Form eines Eies erzeugt. Dort ist der schwanengleiche Vogel mit dem Unmanifestierten Brahman in Verbindung gebracht worden, mit dem Ideengeber oder Baumeister-Schöpfer, wie auch mit Brahma, dem objektiven oder aktiven Schöpfer in der Form des hansa-vâhana oder das, das den Schwan als sein Vehikel benützt. Daß er sich innerhalb und außerhalb der Zeit bewegt, deutet der ägyptische Sonnenvogel an, der "die Welt erleuchtet"8 und sagt:

Ich kann geradewegs zu den Grenzen der Dunkelheit hindurchblicken. Ich kann alles genau betrachten bis zu den Urzeitlichen Wassern.

- Leiden Papyrus9

Der eierähnliche Globus ist jetzt unter die Sonne gekommen, die Essenz des Ra und nicht die sichtbare Sonne, die diesen Globus in die vierdimensionale Welt einordnet. Mit anderen Worten, Thot spricht und Horus schafft die "nachgebildeten Formen" oder Faksimiles der subjektiven Sphären - die Modelle ihrer Wesenheiten und Bewohner.

Die thebanische Version schließlich betonte den dreifachen Aspekt des "Schöpferischen Prinzips" als "Amun-Ra-Ptah, dem Drei-in-Einem", göttlich, geistig und materiell.

Mehr als fünfzig Jahrhunderte lang sind ägyptische Ideen über die Schöpfung in andere Zivilisationen des Mittelmeergebiets eingesickert. Wir können ihr Vorkommen oft in verschiedenartigen Begriffen und Redewendungen in dem religiösen Erbe in diesem Teil der Erde wahrnehmen. Ihr Einfluß ist sogar in unser eigenes, verwestlichtes kulturelle Erbe eingedrungen.

Zusätzlich zu den vier hier aufgezählten wichtigsten Schöpfungsmythen erhalten wir eine besonders reiche Überlieferung aus dem alten Ägypten über das unter griechischem Einfluß stehende Alexandria. Sie ist heute als Corpus Hermeticum10 bekannt und besteht hauptsächlich aus griechischen und einigen lateinischen Übersetzungen von Material, das man Hermes Trismegistus zuschreibt, Hermes, dem "Dreimal Großen", nicht einem früheren Philosophenkönig, sondern dem Gott selbst. Einige wenige sind lange Teile, der Rest setzt sich aus Fragmenten zusammen, den unsere Gelehrten von klassischen Autoren und auch von frühen Kirchenvätern entnommen haben, die diese Schriften heftig angriffen und in ihren scharfen Kritiken daraus zitierten.

Es ist kein Wunder, daß sich Studenten in verschiedenen Zeiten an diesen Texten hellauf begeisterten - Enthusiasmus bedeutet bei Plato "Inspiration", angeregt von einem Gott, was jetzt als heftige Erregung oder Interesse ausgelegt wird. Voll erhabener Ethik und mit einer lebendigen Beschreibung der verursachenden Aspekte des Lebens und seinen Erscheinungen, geben die hermetischen Schriften einen unverschleierten Einblick in die Entstehung unserer Welt und auch des großen Kosmos, dank der Vermittlung des Thot. Der gütige Gott, dessen Interesse darin liegt, die Menschheit zu einem höheren Niveau des Menschentums emporzuheben, als es sich jetzt befindet, wurde von den Griechen ihrem Hermes gleichgesetzt. Er wird als die Göttliche Intelligenz dargestellt, "den inkarnierten Gedanken", wie ein Kommentator ihn beschreibt: "das lebendige WORT, der ursprüngliche Typus des Logos des Platon und das WORT der Christen." Er war der erstgeborene Sohn des Großen Gottes, gleichzeitig die Göttliche Intelligenz und das Wort, dessen Vermittlung den Kosmos ins Dasein brachte. Ein sehr alter Text sagt: "Am Anfang war Thot; und Thot war in Atum; und Thot war Atum in den unendlichen Reichen des ursprünglichen Raumes."

Nach ägyptischer Auffassung wurde Thot angesehen als

das "Herz" und die "Zunge" von Ra, dem Erhabenen - d. h. nicht nur die Vernunft und die geistigen Kräfte des Gottes Ra und die Mittel, wodurch diese in Sprache übersetzt wurden, sondern vielmehr der Überwacher des Lebens und der Vermittler der göttlichen Willensäußerung. Er war der Logos im vollsten Sinne jenes geheimnisvollen Namens, das Schöpferische WORT.11

Das ganze Begriffsspektrum, für das Thot steht, läuft wie ein goldener Faden durch alle Manifestationen des schöpferischen Geistes in der ägyptischen Mythologie. Er ist die Göttliche Intelligenz, die über die Säle der Alexandrinischen Bibliothek und deren weisen Männer in den Anfangsversen des vierten Evangeliums als das Wort, der Logos oder das Verbum seinen Niederschlag fand. Der Pymander oder Poimandres-Text der Hermetica gibt eine erhebende Beschreibung der Schöpfung als fortlaufendes universales Ereignis, wobei die alten ägyptischen Ideen in die damals moderne, musikalische Sprache der ptolemäischen Griechen und nach-ptolemäischen Griechen gekleidet wurden. Dieses Werk erwähnt auch die siebenfache Zusammensetzung des Menschen, wobei jede Eigenschaft von einer Gottheit beigesteuert wurde. Ferner wird die Reise nach dem Tode erwähnt, bei der die Seele die Elemente, aus welchen ihre Hüllen gebildet sind, eines nach dem anderen bei den betreffenden planetarischen Aufenthalten abwirft, bis sie den reinigenden Vorhof der spirituellen Sonne erreicht; und nach dem Reinigen der Kammern für die Rückkehr zur Erde zieht sie auf diesem Wege magnetisch wieder die Grundbestandteile der Eigenschaften an, die wieder ihre Hüllen bilden werden.

In den Mysterien soll die Begegnung mit dem eigenen Höheren Selbst und mit Göttern von Angesicht zu Angesicht den glanzvollen Höhepunkt gebildet haben. Im Pymander hat der Erzähler, der "Sohn" des Thot, folgenden Lohn:

"Sobald ich begonnen hatte, über die Dinge nachzudenken, die sind, und meine Gedanken emporschwangen ... dachte ich, ich sah eine Erscheinung von unmeßbarer Größe, die meinen Namen rief und mir sagte: "Was möchtest du hören und sehen, lernen und durch Denken wissen?" "Wer bist du?" sagte ich. "Ich", sagte er, "bin Poimandres, Nous [Verstand] der höchsten Herrschaft [oder Absoluten Macht]." Ich sagte: "Ich möchte Bescheid wissen über die Dinge, die es gibt, ihre Art verstehen lernen und Gott erfahren..." Und er antwortete: "Ich weiß, was du willst, denn ich bin überall stets bei dir. Erinnere dich an alles, was du lernen möchtest, und ich werde dich lehren."

Mit diesen Worten änderte er seine Form, und alles wurde mir plötzlich in einem Augenblick offenbart; ich sah ein grenzenloses Panorama, alles wurde Licht, ein mildes und freudevolles Licht. Und ich verliebte mich in diesen Anblick."12

Dann schaute er die Dunkelheit des Unmanifestierten, die ersten Regungen in den Wassern der Substanz, das Entstehen der Energien aus dem innersten Herzen des Raumes heraus, die sich zu Welten materialisieren. Diese erhebende Ansicht veränderte und verwandelte den Erzähler so, daß er der wahrhafte "Sohn" der beseelten Weisheit des geistigen Aspekts der Natur wurde. Er hatte sein vorhergehendes leeres Dasein mit den grünen Schößlingen einer neuen Geburt "osirifiziert". Er hatte sein Selbst in sich erweckt.

 

 

 

Ich bin einer großen Anzahl anderer Werke sehr zu Dank verpflichtet, besonders Isis Unveiled / Die entschleierte Isis, von H. P. Blavatsky; verschiedenen Werken von Sir Wallis Budge; Übersetzungen des Pert em Hru (Totenbuch) und der definitiven Ausgabe der Hermetica Texte: Hermes Trismegistus, Text, Übersetzung ins Französische und Anmerkungen von A. J. Festugière aus der Ausgabe von A. D. Nock.

Fußnoten

1. Isha Schwaller de Lubicz, Her-Bak: The Living Face of Ancient Egypt, Hodder and Stoughton, 1954; Seite 334-344. [back]

2. Hier handelt es sich um die Essenzen der Elemente und nicht um ihre irdischen Gegenstücke. [back]

3. R. T. Rundle Clark, Myth and Symbol in Ancient Egypt, Thames and Hudson, 1959; Seite 45. [back]

4. Set muß als der niedere Pol des Osiris-Geistes angesehen werden. Er war nicht die Personifizierung des Bösen, wie wir diesen Begriff im Westen auffassen. [back]

5. Schwaller de Lubicz, op. cit.; Seite 341. [back]

6. Clark, op. cit.; Seite 60-61. [back]

7. Schwaller de Lubicz, op. cit.; Seite 337. [back]

8. Clark, op. cit.; Seite 56, 74. [back]

9. Ebendort; Seite 35. [back]

10. Gelehrte wie Festugière, Ferguson, Scott und Walton legen diese Schriften als eine verhältnismäßig späte Zusammenstellung beiseite, weil die Phraseologie etwas an neuplatonisches und frühchristliches Gedankengut anklingt, obgleich diese Gelehrten den Inhalt rühmen. Der Kern dieser Mythen zeigt jedoch unmißverständliche Zusammenhänge mit der ältesten ägyptischen Denkweise. Als Ptolemaeus Philadelphus die Entwicklung der Alexandrinischen Bibliothek vorantrieb, befahl er die Übersetzung aller größeren kulturellen Werke aus nichtgriechischen Sprachen in das Griechische. Wir können ziemlich sicher annehmen, daß diese Arbeit fortgesetzt wurde, bis die Bibliothek im 5. Jahrhundert n. Chr. zerstört wurde. [back]

11. G. R. S. Mead, Thrice-Greatest Hermes, John M. Watkins, Neudruck 1964; I, 44. [back]

12. Ich habe die Übersetzungen von Hans Jonas in seiner The Gnostic Religion (Beacon Press, 1958), Seite 148, und von Walter Scott in seiner Hermetica (Dawsons of Pall Mall, Neudruck 1968), I, 115, zusammengefaßt. [back]