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Die Götter lehrten uns lachen

Es ist interessant, festzustellen, daß der Mensch das einzige Tier ist, das lacht. Das kommt zweifellos daher, daß er weit mehr als ein Tier ist. Wenn einige Hundeliebhaber behaupten, daß ihre Lieblinge lächeln und es heißt auch, daß Hyänen und Tauchvögel lachen, so ist dieser Begriff wirklich weit ausgedehnt. Richtiges Lachen, womit ein wirklicher Sinn für Humor gemeint ist, wird auf der Stufenleiter der Entwicklung unterhalb des Menschen nicht gefunden. Es entspringt einem Sinn für Ungereimtes oder dem Erstaunen. Ein Baby lacht, wenn man es mit dem Guck-Guck-Spiel überrascht. Ein Weiser lächelt über eine etwaige metaphysische Ungereimtheit. Es ist die Gabe eines Menschen, imstande zu sein zu vergleichen, und vergleichend zu beurteilen. Er allein kann für sich eine Leiter in abstrakte Vorstellungen schaffen. Als das Gemüt des Menschen vor langer Zeit erhellt wurde, benutzte, meiner Meinung nach, ein vergnügter alter Gott für dieses Werk eine Kerze aus Unsinn, einen Wachsstock aus reinem Spaß. Sie befanden sich unter den besten Gaben, welche die Menschheit erhielt.

Dr. William Crawley von der Stanford-Universität, sagte einmal, daß "der Erziehungstest die Reife ist", und "daß nicht so sehr unsere Worte, als vielmehr die Dinge über die wir lachen zeigen, was wir sind." Mir scheint, wir können nicht allzuviel Anspruch auf seelische Reife erheben, ehe wir gelernt haben, aufrichtig über uns selbst zu lachen. Wir kennen ein oder zwei Tricks der modernen Lebensweise, worüber der australische Buschmann die Augen aufreißen würde, aber verglichen mit den Höhen, die die Menschheit erreichen könnte, sind wir lediglich Tappende. Und was unsere vielgepriesene Sammlung unnützer Dinge anbelangt, so mögen sie uns tolerant daran erinnern, daß die alten Griechen die richtige Anschauung hatten, als sie sagten, "je weniger Wünsche wir haben, desto mehr sind wir den Göttern ähnlich."

Wir sollten die Bedeutung des Lachens, dieses Geschenk der Götter, etwas ausdehnen. Es gibt ein tieferes Lachen als das der Lippen, denn letzteres ist oft nur gedankenlos oder grausam oder ein Ausdruck bloßer tierischer Gedanken - Kiplings "tölpelhafte Fröhlichkeit." Die andere Art jedoch ist meist schweigsam. Sie ist das Lachen des Herzens - Lachen, das die Gestalt von lieblicher Musik annehmen kann oder sich einfach als eine wunderbare Wolke aus Harmonie und ruhiger Fröhlichkeit erhebt und die Erde in ein Gewand der Herrlichkeit einhüllt. Es gibt eine Sphärenmusik, die der Dichter besingt, von der die Weisen und Seher sprechen, die kein sentimentaler Nebel aus Einbildung ist, sondern eine wissenschaftlich aufgestellte Tatsache.

Wir wollen einen Schritt weitergehen in den Bereich intuitiver Wahrnehmung. Kann diese himmlische Musik nicht das mitleidsvolle Lächeln der Götter sein? Denn sie, die sehen, daß alle Gesetze, alle Vorgänge, immer und ewig nach einem unentrinnbaren und wundervollen Plan geschehen, können zwar nicht helfen, doch singen. Und aus dem Gesang quillt eine wundervolle kosmische Freude hervor, viel tiefer und reicher als unsere eigene, so daß wir nur darüber nachdenken können, was das sein mag.

Es ist interessant, festzustellen, welch wichtigen Platz sogar der Scherz in der Erziehung einnimmt. Der amerikanische Schriftsteller und Pädagoge Angelo Patri sprach einmal völlig zwanglos im Palomar-Observatorium zu einer Gruppe von Lehrern, und jemand fragte ihn, was seiner Meinung nach der verbreitetste Fehler unserer Lehrer in einer Klasse sei. Er überlegte einen Augenblick, lächelte und erwiderte: "Sie lachen nicht genug!" Sie stehen immer auf Zehenspitzen. Es wird Sie nicht größer machen, Sie werden eine Menge Spaß versäumen und Sie werden nur verkrampfte Füße bekommen."

War es Robert Louis Stevenson, der sagte, daß ein unterschiedlicher Geschmack an Späßen ein Heim auflösen kann? Das mag eine Übertreibung sein, aber es hilft klarzumachen, wie grundlegend im Charakter, wie innig verwoben im Temperament ein Sinn für Humor sein kann. Ein handfester Scherz mit einem Eierkuchen als Hauptfigur, einer Bananenschale und einem dicken Mann, in geeigneter Weise dargestellt, kann einen bestimmten Menschentyp dazu bringen, sich vor Lachen zu krümmen und einen anderen unberührt lassen. Ein subtiles Spiel mit Worten oder eine absurde Doppelbedeutung mag einen Philosophen belustigen, während ein anderer sich darüber wundern würde, wie leicht dieser Gelehrte zu unterhalten ist. Wir sind ein wenig beleidigt und ohne Sympathie für den, der nicht mit uns in einer humorvollen Pointe das gleiche sieht. Es ist beinahe so schlimm, wie in Politik, Religion, moderner Kunst oder Musik anders zu denken. Wir spüren fast, wie der andere Mensch sich vorsätzlich 'taubstellt'. Es fällt schwer, ihm zu vergeben.

Es gibt eine Geschichte über die Königin Viktoria, die einen interessanten Punkt beleuchtet. Anscheinend war sie nach dem Tod ihres Gemahls, dem sie sehr ergeben war, in tiefe Schwermut versunken. Niemand sah sie je lächeln. Das Gewicht der Staatsangelegenheiten ruhte schwer auf ihr und keiner wußte, wie er helfen könnte. Ihre Freunde versuchten vergeblich, sie zu trösten und sie aufzuheitern. Die vornehmen alten Bischöfe der Kirche von England boten ohne Erfolg die Tröstungen der Religion an. Eines Tages hörten plötzlich die Diener, die vor der Tür ihres Zimmers waren, sie lachen. Erstaunt und froh darüber gelang es ihnen unter einem Vorwand, eine ihrer Zofen hineinzuschicken. Sie sollte herausfinden, was bei ihrer Königin solch Wunder bewirkt hatte.

"Ein Buch", rief Viktoria aus, einen Band emporhaltend, "solch ein aufregendes, amüsantes Buch! So lustig, so absurd! Es hat mir sehr geholfen. Ich wünschte, ich könnte jeden Tag ein ähnliches lesen."

Natürlich war der Wunsch der Königin Gesetz, und sofort wurde angeordnet, alle Bücher desselben Verfassers zu bringen. Sie kamen schnellstens und wurden mit lebhaftem Interesse durchgesehen, aber ihr Gesicht zeigte bald Enttäuschung. "Es ist ein Irrtum unterlaufen", sagte sie. "Diese Bücher befassen sich alle mit Mathematik. Sie sind nicht einmal vom gleichen Mann geschrieben. Dies sind die Werke von C. L. Dodgson, und mein spaßiges kleines Buch "Alices Abenteuer im Wunderland" hat Lewis Caroll geschrieben."

Lewis Caroll - ein Pseudonym, das C. L. Dodgson, Professor der Mathematik, angenommen hatte, vielleicht aus Zaghaftigkeit, als er das lustige kleine Buch zum Spaß schrieb, um ein kleines Mädchen zu erfreuen - hatte es fertig gebracht, einer Königin aus der Schwermut zu helfen. Seine ernsten Bücher sind nun ganz vergessen, aber Alices Abenteuer sind seit Generationen beliebt.

Als Abraham Lincoln Präsident war, und in den dunklen Tagen des Bürgerkrieges die Bürde des Oberbefehlshabers für jeden Sterblichen beinahe zu schwer zu tragen war, verschwand er manchmal, sehr zum Ärgernis seiner Sekretäre. Obwohl es manchmal schwierig war, Lincoln aufzufinden, wußten seine besten Freunde, daß er meist dort war, wo einfache Bürger sich ihre Geschichten erzählten, wobei er gewöhnlich der Erzähler war. Er sagte, daß es ihn mehr erfrischen würde als Schlaf - zu dem er oft kaum kam.

In Ciceros Beschreibung der eleusinischen Mysterien ist eine seiner hauptsächlichsten Empfehlungen die, daß "jene, die eingeweiht wurden, die Kunst erlangen sollten, fröhlich zu leben und mit heiterer Hoffnung zu sterben." Und dann haben wir das eindrucksvolle Bild des Dichters Milton: alt, blind und enttäuscht, befindet er sich in der ununterbrochenen Nacht jener, denen die Sonne nie aufgeht. Aber Freude und Lachen haben die ganz besondere Gabe, mit der Erinnerung zurückzukehren. Ich kann mir sehr gut vorstellen, daß Milton, so wie er dasaß, in seiner Blindheit eingeschlossen, noch immer lächelte, wenn er sich die Freuden seiner Jugend ins Gedächtnis zurückrief. Sein Gedicht "L'Allegro", reich an vitaler Lebenskraft, vermittelt uns bis zum heutigen Tag einen warmen Händedruck herzlicher Kameradschaft. Es war eine heitere Seele, die entzückt schrieb:

Spaß verspottet alle runzlige Sorge und

Lachen steht ihm bei, an seinen beiden Seiten.

Es gibt eine große Armee jener, die aufgaben und dennoch nicht besiegt waren. Soldaten, welche die Schlacht verloren, Sportler, die lächelten und dem Sieger die Hände schüttelten, Weise, die von ihren Zeitgenossen verachtet starben, aber ihren Gleichmut behielten. All jene, die, ganz gleich, was mit ihnen geschah, niemals aufgaben! Wieviel von ihrer großartigen Haltung stützt sich auf jene Weisheit des höheren Selbstes, das ihnen gestattet, eine Situation von allen Seiten zu sehen, um sogar einen gewissen grimmigen Humor aus der wahrhaftigen Bitterkeit ihrer Erlebnisse zu gewinnen und intuitiv zu wissen, daß es immer eine weitere Chance gibt. Wir müssen nur mit dem inneren Auge sehen, mit dem feinen inneren Ohr zuhören, um Freude tatsächlich zu verstehen und zu kennen.

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