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Die Gefahren der Hypnose

"Ein entschlossener Wille ist der Anfang aller magischen Handlungen", sagte Paracelsus. Wenn jemand eine aktive Vorstellung hat, um Pläne zu machen, und einen festen Glauben an den sich so vorgestellten Plan, dann bleibt es nur noch dem entschlossenen Willen überlassen, aus den Gedanken in magischer Weise Taten werden zu lassen.

Unsere Umgebung ist wie ein Speicher, der voll von all den Dingen ist, die unser Leben ausmachen - Gut und Böse, Erfolg und Versagen, Harmonie und Mißklänge, Krankheit und Gesundheit, Freude und Leid. Jeder einzelne reagiert anders auf die gleiche Umgebung. Diejenigen unter uns, die nur Schwierigkeiten sehen, finden sie, denn diese sind immer genügend vorhanden, weil so viele Menschen sie sich schaffen. Aber wer die wirkliche Zufriedenheit und Gesundheit und Erfolg sucht, schafft dieses aus Bedingungen, in denen die Unzufriedenen, Krankhaften und Zweifelsüchtigen nichts anderes finden würden als Enttäuschungen und Fehlschläge.

Es ist ganz richtig, wenn gesagt wird, daß wir unsere Bedingungen nicht ändern können, aber wir können jederzeit das Verhältnis, in dem wir zu ihnen stehen, ändern. Sogar Naturen, die die Angewohnheit haben, sich düstere Bilder vorzustellen, die sich dann auch verwirklichen, können durch Anwendung ihres Willens gradweise neue Lebenswerte aus ihrer Umgebung entwickeln. Der Wille kann und sollte durch Anwendung entwickelt werden. So nimmt der mutige Mensch die Hindernisse auf seinem Weg als Mittel, seine Stärke zu entwickeln, indem er sie beseitigt, oder er vertieft seine Weisheit durch die Wahl einer Handlungsweise, die die Hindernisse umgeht. Der selbstlose Mensch, der von unglücklichen und entmutigten Menschen umgeben ist, steigert sein eigenes, wie auch der andern Glück, indem er ihnen hilft.

Man sieht also, daß die Vorstellungskraft und der Wille eines Menschen, ob gut oder böse, das Zentrum seines bewußten Seins und das Maß seiner Individualität sind. Es ist die auswählende Kraft, die bestimmt, welche Richtung in Gedanken und Taten der Einzelne einschlägt. Alles, was die ursprüngliche Vorstellungskraft störend beeinflußt, ist ein Übel, das den Willen schwächt oder den wirklichen Menschen angreift und ihn zu etwas macht, das nicht mehr ganz er selbst ist. Er ist buchstäblich nicht ganz da. Jemanden um seinen Besitz zu betrügen oder der Früchte seines Verstandes zu berauben sind geringfügigere Vergehen im Vergleich zu dem Verbrechen, die vitale Kraft seines Willens zu zerstören.

Genau das, dieser moralische Raub, findet in der Hypnose statt; denn bei dieser Praktik wird der Wille des sich zur Verfügung Stellenden aus dem Körper, den er beherrschen sollte, vertrieben, und wird von der Willenskraft des Hypnotiseurs ersetzt. Die Verbindung zwischen dem Willen im Innersten und dem ihn umgebenden Körper ist unterbrochen, und eine falsche Relation zwischen dem wirklichen Menschen und seiner Umgebung entsteht. Dadurch, daß er sein eigenes moralisches Innerstes aufgibt, wird der Hypnotisierte zumindest für dieses Mal, eine bloße Puppe in den Händen des Hypnotiseurs. Sein Gemüt und moralisches Gefühl werden so zur Seite gedrängt, daß er sehr wohl stichhaltige Gründe und Entschuldigungen für Dinge finden kann, die er unter keinen Umständen getan hätte, wäre er im Vollbesitz all seiner Sinne gewesen. Da sein eigener Wille derartig verdunkelt ist, erkennt er nicht, daß sein Körper durch Antrieb und Befehl eines andern Gemütes handelt - ein Zustand, der so abnormal ist, daß seine geistige Gesundheit, d. h. sein Gleichgewicht, zeitweise gestört ist.

Wenn diese Praktik fortgesetzt wird, dann gewonnen sich die Körperzellen, die auf den geistigen Einfluß eines Willens von außen reagiert haben, bald daran, nehmen die fremde Diktatur an und werden instinktiv darauf eingehen. Was eigentlich tatsächlich geschieht, ist der Vorgang, daß der hypnotisierten Person der Wille des Hypnotiseurs aufgedrängt wird, und daß sie, auch nach einmaliger Sitzung, nicht mehr ganz die gleiche ist wie zuvor; und weitere Experiment macht sie äußeren Einflüssen zugänglicher, weil das eigene Zentrum mehr und mehr dem Angriff nachgegeben hat. Sie wird mehr und mehr empfänglich für die Gedanken des Hypnotiseurs, sogar in seiner Abwesenheit, denn ein solch feiner und mächtiger Einfluß wie der Wille ist nicht durch räumliche Grenzen eingeengt. Wenn die höher-geistigen Fähigkeiten erst einmal von einem fremden Willen verdrängt worden sind, sind sie weniger imstande, den Menschen zu leiten und sich gegen die Impulse zu entscheiden, die in gar keinem Zusammenhang mit seiner natürlichen Lebensführung stehen mögen. Da er sich nun einmal zum passiven Instrument des Hypnotiseurs gemacht hat, wird er, mehr oder weniger häufig, negativ eingestellt sein und der Gefahr unterliegen, unbewußt von jeder geistigen positiven Strömung, sei sie gut oder böse, beeinflußt zu werden. Man sagt, daß niemand je unter hypnotischem Einfluß ein Verbrechen begehen würde, wenn die Saat zum Bösen nicht schon vorhanden wäre. Aber wer von uns wagt es den ersten Stein zu werfen? Wir sind von zusammengesetzter Natur, und wenn wir auch alle in Potenz göttlich sind, so sind wir doch noch weit davon entfernt, die Stärke zu besitzen als Götter zu leben.

Sogar Menschen mit mittelmäßiger Selbstachtung wählen ihre Freunde mit etwas Sorgfalt aus; der Hypnotiseur jedoch hat den Weg der negativ Empfänglichen, die jedem starken Impuls ausgeliefert sind, betreten. Ist es nicht ganz klar, daß der Vorgang unnatürlich und im Endergebnis schädlich ist, auch wenn es das Motiv des Hypnotiseurs ist, dem Menschen zu helfen, um eine gewisse Angewohnheit des Gemütes oder Körpers zu überwinden? Die Wirkung ist demoralisierend, d. h. die moralische Willenskraft des Betreffenden wird geschwächt. Und da das Königreich des Himmels im Innern ist, bedeutet das nichts weniger als eine Entheiligung der individuellen Festung des Friedens, der Stärke und des Mutes, die von jemand anderem als dem rechtmäßigen Bewohner besetzt wird. Eine Moral, die somit von hypnotischer Beeinflussung abhängig ist, wäre lediglich automatisch und ohne innere Vitalität. Gerade die Fähigkeit, zwischen Gut und Böse zu wählen, ist das, was den freien Willen des Menschen von den Instinkten niedrigerer Lebensformen unterscheidet. Der Mensch, der durch Zwang gebessert wird, ist moralisch nicht aktiver als eine Gebetsmühle, und dazu verliert er in der Zwischenzeit die Gelegenheit, sich um die Erarbeitung seines Heils zu bemühen. Paulus war es, der festgestellt hat, daß wir "Söhne Gottes" sind, und derjenige, der an seine eigene Göttlichkeit glaubt, kann den Willen und die Weisheit finden, um die Fehler, die er begangen hat, abzulegen. Wenn man, z. B. in einem schwachen Menschen ein zuversichtliches, unpersönliches Gefühl der Kraft, des Mutes und des Glaubens wachruft, so ist das etwas ganz anderes als ihn zu hypnotisieren, was bedeutet, daß man seinen Willen durch eine Suggestion einschläfert, die auch die ausgeborgte Kraft begrenzt und sie nur unvollständig zur Wirksamkeit gelangen läßt.

Die Praxis der Hypnose ist vom wissenschaftlichen Standpunkt unnatürlich, weil sie nicht in Harmonie mit dem Naturgesetz steht. Die Physiologie, z. B. zeigt, daß die sensitiven Nerven der Haut ein System von "Wachtposten" darstellen, um den Körper an den Außenstellen zu beschützen und sofort Anzeichen eines Angriffs zu melden. Unter Hypnose sind diese Nerven abgestumpft und der Körper ist ungeschützt. Der Hypnotisierte kann gestoßen oder verwundet werden, ohne es zu fühlen; die Verbindung zwischen dem Körper und seinem normalen Fühlen ist unterbrochen. Der Wille des Hypnotiseurs ist von aussen eingedrungen und hat den Willen des Hypnotisierten verdrängt. Dies ist eine Umkehrung der Weise, in der die Natur arbeitet, bei der alle Entwicklung vom Zentrum aus einsetzt und nach aussen wirkt.

Überdies haben Menschen, die hypnotischem Einfluß am zugänglichsten sind, gewöhnlich eine Veranlagung zu nervöser Erregbarkeit und bräuchten eine Behandlung, die ihre Nervenkraft und ihr Gleichgewicht eher stärkt als eine, die entnervt und Störungen verursacht. Selbst Geistesgestörtheit ist oft nichts anderes als ein Mangel an Fähigkeit, verschiedene Dinge in richtiger Weise miteinander zu verbinden. Deshalb neigt ein Mensch, der von Natur aus äußeren Einflüssen offensteht, und dessen Urteilskraft nicht stark und klar ist, schon dazu, fortwährend Experimenten ausgesetzt zu sein, die ein Durcheinander von fremden Einflüssen und Gefühlen hinzufügen und seinen bereits zu schwachen Willen verdrängen.

Dabei sind die Umstände, die durch Hypnose geschaffen werden, selbst da schon schlimm genug, wo die Motive des Hypnotiseurs selbstlos sind und er bestrebt ist Gutes zu tun. Aber die der Allgemeinheit zugänglichen Lehren und das öffentliche Vorführen der Hypnose machen diese Fähigkeit allen und jedem möglich, auch dem Verbrecher und Gemeinen, der keine Skrupel kennt und sich jeden Mittels bedient, um seine Pläne auszuführen. Darunter sind viele Charaktere mit positiver Individualität, fähig, das Gemüt labiler, guter, aber willensschwacher Menschen zu beeinflussen. Es besteht gesetzlich keine Möglichkeit diese Art Verbrechen aufzudecken, und das Subtile des Vergehens macht es noch gefährlicher. Der wirklich mit Hypnose arbeitende Verbrecher kann nicht nur die Hand des Hypnotisierten benutzen, um das Verbrechen zu begehen, sondern auch dessen Gehirn, um den Verdacht vom Urheber des Bösen abzulenken.

Auf den ersten Blick sieht es aus als sei die hypnotische Suggestion im Falle eines Menschen gerechtfertigt, der in einer schlechten Gewohnheit oder Krankheit gefangen ist. Aber auch hier entwickelt der wahre Mensch in keiner Weise die verborgene Kraft seines eigenen Willens oder Körpers. Einmal, in diesem oder einem nächsten Leben, muß der Hypnotisierte die Aufgabe lernen, die er augenblicklich zur Seite schiebt, und dazu kommt noch das zusätzliche Hindernis, daß er sich auch noch dem Einfluß, dem er sich unterworfen hat, entziehen muß. Die richtige Weise, einen Menschen aufzurütteln, besteht nicht darin, ihn durch hypnotische Beeinflussung zu veranlassen, eine bestimmte Handlung zu begehen oder zu unterlassen sondern ihm zu helfen, sich selbst zu helfen, indem man in ihm einen Glauben an seine eigene Stärke und seinen eigenen Mut weckt, das zu tun, was getan werden muß. Es ist die besondere Botschaft jedes geistigen Führers, die Kraft der Göttlichkeit des Menschen nachdrücklich herauszustellen. Die Macht unserer niederen Natur ist nur zu offensichtlich. Aber zu glauben, daß alle Menschen in Wahrheit "Gottes Kinder" sind, heißt der lebendigen Religion von der Göttlichkeit, die wirksam ist, zuzustimmen.

 

 

 

Anmerkung:

Die Praxis des Hypnotisierens ist mit gleicher Gefahr für den Ausführenden verbunden. Er verbindet sich mit sehr vielen Menschen, und jedes Mal, wenn er gerade schwach oder negativ eingestellt ist, kann der Einfluß jener auf ihn zurückfließen und auf ihn die Schwächen übertragen, die er bekämpft hat. Aber moralisch gesehen ist die Last, die er auf sich nimmt, noch schwerwiegender. Denn er ist durch ewiges Gesetz verantwortlich für alles, was jeder einzelne Hypnotisierte zufolge seines Einflusses tun mag. Er hat die Verantwortung für seine Handlungen auf sich genommen, und soweit dieser nicht verantwortlich ist, ist er es.