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Was ist Materie?

Das größte Rätsel der physischen Materie ist ihre Nicht-Existenz in materiellem Sinne!

 

 

 

Welch eine Illusion ist unsere physische Welt, die so solid erscheint und dennoch aus Verbindungen der Unbeständigkeit erbaut ist. Hinter dem schleierhaften Vorhang des Wahrnehmbaren sind viele Kräfte am Werk. Mit der Mikroskop-Photographie sehen wir winzige Lichter erscheinen, sich bewegen, verschwinden: Materie, die sich in Energie verwandelt, also in andere Materie. Wo liegt die Quelle all dieser Tätigkeit, was erhält sie? Was bringt diesen wunderbaren Brennpunkt der Kraft, Atom genannt, zum Dasein und hält ihn zusammen, welche Kanäle bringen aus kosmischer Unsichtbarkeit furchterregende Energien in die physische Welt?

Jahrzehntelang jagten die Wissenschaftler nach einem allerletzten Partikelchen, von dem sie sagen könnten, das Universum sei darauf aufgebaut. Bislang sind sie gezwungen, zuzugeben, daß sie umsonst gesucht haben. Wenn wir materielle Dinge betrachten, denken wir unbewußt an Schwere und Dichtigkeit; aber gerade die Materie ist eines der am wenigsten greifbaren Dinge, die wir uns vorstellen können. "So wie wir die Materie kennen, besteht sie aus unbeständigen Objekten." ist die kürzlich gegebene, versuchsweise aufgestellte Erklärung Dr. Robert Oppenheimers, dem weltberühmten Atom-Physiker, in einem Artikel in The Saturday Evening Post, betitelt "Das Mysterium der Materie".1

Um das Jahr 1900 gab es viele Wissenschaftler, die von der Atom-Hypothese nicht überzeugt waren, aber da tatsächlich von allen Seiten Beweise kamen, die zeigten, wie die Atome sich verhielten, verschwanden die letzten Zweifel. Es wurde klar, daß das Atom nicht ein Atom im buchstäblichen Sinn des griechischen Wortes 'Atom' ist, was so viel wie unteilbares Partikelchen bedeutet. Im Gegenteil, es ist vielfach teilbar und ist tatsächlich unausgesetzter Veränderung durch Radioaktivität, chemische Verbindungen und Beschießung mit elektronischen und anderen Partikeln unterworfen. Man fand, daß die Atome aus einem Kern und genügend Elektronen bestehen, die um diesen Kern kreisen, um dadurch die positive nukleare Ladung zu neutralisieren.

Inzwischen entdeckte man, daß die von Newton überlieferten Gesetze, die beschreiben, daß die Bewegung von Körpern Kräften unterworfen sind, sich nicht auf atomare Partikel anwenden lassen. Das Elektron z. B. kann als beides, Partikel und Welle betrachtet werden: einige Wellen stellen genau lokalisierte Partikel dar, andere sind nur als Ausdruck der Geschwindigkeit bekannt. So mußte die neue mathematische Physik die Newton'sche Bewegungslehre überrunden und vorhergesagtes Mögliche durch statistische Wahrscheinlichkeit ersetzen.

Der größte Raum des Atoms ist durch die Elektronen ausgefüllt, jenen außerordentlich leichten negativ geladenen 'Partikeln', die so schnell um den Atomkern kreisen. Es gelang relativ leicht, ein Elektron von seinem Ursprungsatom zu trennen und seine Eigenheiten zu beobachten. Der Kern jedoch ist aus Protonen und Neutronen zusammengesetzt, die durch mächtige Kräfte fest zusammengefügt sind. Dr. Oppenheimer weist darauf hin, daß noch sehr viel über deren Struktur und Verhalten zu erfahren übrig bleibt.

Wenn das Elektron, das Proton und das Neutron unveränderlich blieben, könnten wir sie die drei grundlegenden und unzerstörbaren Partikel der Materie nennen. Man fand jedoch, daß sie außerordentlich veränderlich sind. Wenn Kerne in den Acceleratoren (Beschleunigungsmotoren) zu hohen Geschwindigkeiten angetrieben werden und sich an einer Scheibe entzünden, können Partikel beobachtet werden, die bei diesem Zusammenstoß hervorkommen und ihre Eigenschaften enthüllen. Große Zusammenstöße von Energien können Protonen in Neutronen oder umgekehrt und andere, ganz verschiedene Objekte verwandeln. Jedes geladene Partikel hat seinen entgegengesetzt geladenen Partner. Alles in allem anerkennt die Wissenschaft im Atom 30 getrennte Teilchen, deren unterschiedliche Masse, Geschwindigkeit, Lebenszyklus und elektrische Symptome, die Struktur der Materie bei ihren verschiedenen Bewegungen, Verbindungen, Anziehungen und Energien ausmacht. Wenn sie lange leben, mögen sie ein Millionstel einer Sekunde verbleiben, aber wenn sie jung sterben ein Millionstel eines Billionstels einer Sekunde existieren. Manche haben Gewicht und Volumen wie z. B. das Proton, das 2OOO-mal schwerer ist als das Elektron; manche haben Gewicht aber kein Volumen (jedoch große Geschwindigkeit), und andere haben keine elektrische Reaktion. Alle ziehen kreisförmige Bahnen und gehen Verbindungen ein, sie stoßen sich ab und drängen zusammen, um die verwickelte Atom-Welt zu bereichern.

Aus dieser ganzen Unbeständigkeit der Struktur tauchen jedoch bestimmte charakteristische Merkmale auf, die mysteriös beständig und regelmäßig sind. Fast die gesamte Materie an sich ist bemerkenswert stabil, wenn man bedenkt, wie zart die Ausgangspunkte der Energie, aus denen sie sich zusammensetzt, sind: unsere Pulte und Stühle, unsere Hämmer und Milchflaschen lösen sich nicht plötzlich auf! Hinzu kommen bestimmte meßbare Tatsachen, die noch verbleiben. Man sagt z. B., daß bei jeder Transformation oder chemischen Reaktion sich nicht die gesamte Energie und Masse verändert und die sich ergebende elektrische Anballung (falls solche vorhanden) immer der Summe der eingeschlossenen atomaren und sub-atomaren Bestandteile entspricht. Diese beständigen Faktoren sind ebenso rätselhaft, wie jene, die unbeständig sind. Es gleicht einem Gebäude, das auf Triebsand steht. Es ist, als verberge der Nebel-Vorhang der 'materiellen' Substanz eine schwach wahrnehmbare innere 'Qualität', oder einen Organisator, der konstant bleibt, indem er den physischen 'Stoff' und seine Energien in ihre gewohnten Bewegungen und Anordnungen formt. Deshalb gibt es innerhalb der Verschiedenartigkeit einen Beweis für Regelmäßigkeit, als ob die veränderlichen und nicht greifbaren Grenzen der materiellen Welt an eine mehr ätherische, aber stabile Welt des Modells und des unveränderlichen Gesetzes angrenzen würden.

Je tiefer die Wissenschaft forscht, desto metaphysischer werden ihre Realisierungen, und man hat das Gefühl, daß das größte Rätsel der physischen Materie, materiell gesehen ihre Nicht-Existenz ist! Die beständigsten Elemente im Atom sind die unsichtbaren Gesetze, die sie motivieren. Ohne die Kontrolle jener Gesetze würde die atomare Welt in ein Chaos verwandelt und unser sichtbares Universum in ein Nichts aufgelöst werden. Deshalb sind die unsichtbaren Teile des Atoms, die am stabilsten zu sein scheinen, auch wirklich die realsten. Und daher wird es immer zweifelhafter, ob es uns je gelingen wird, die physische Welt allein durch den Gebrauch sich rasch überlebender physischer Bezeichnungen zu erklären. Der verhängnisvolle Fehler in der wissenschaftlichen Methode war ihre Abhängigkeit von Theorien vollständig materiellen Charakters. Wir können die Materie nicht mehr als den Anfang und das Ende von Allem betrachten, wenn die Materie selbst verschwunden ist!

Man fragt sich, ob je ein Wissenschaftler darüber nachgedacht hat, ob das 'physische' Atom nichts anderes als die äußere Reflektion eines unzerstörbaren inneren Zentrums, oder einer elementaren monadischen Essenz, sein könnte, die das gewesen sein mag, was die griechischen Atomisten ihrer Bezeichnung 'Atom' oder 'Unteilbares' zuschrieben. Vielleicht ist dieses Atom oder Bewußtseins-Tröpfchen das grundlegende 'Partikel' des Universums. Auf jeden Fall ist die Wissenschaft, als sie der Antwort auf die Frage "Was ist Materie?" nachging, bis zu den Toren des Unsichtbaren hingeführt worden. Aus diesem Unsichtbaren heraus ist die ganze Mannigfaltigkeit, die wir sehen, atomistisch, menschlich, himmlisch, hervorgekommen. Das ganze Gesetz, die Symmetrie und Intelligenz innerhalb und außerhalb von uns ist durch diese Unsichtbare Quelle genährt worden, durch einen Prozeß, der gleichzeitig geheimnisvoll, herausfordernd und ehrfurchterweckend ist. Vielleicht ist die Zeit nahe, wo die Grundprinzipien wahrer Religion und Philosophie beweisen können, daß sie das letzte Wort in der Wissenschaft sind.

Fußnoten

1. Nr. 7 in der Reihe "Adventures of the Mind" v. 5. Juli 1985 [back]