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Einer neuen Weltanschauung entgegen

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Fernsehprogramme und Bilder in astronomischen Zeitschriften und Büchern geben uns Einblick in ein überwältigendes Panorama gewaltiger Systeme von Himmelskörpern, von denen man noch keine Vorstellung hatte, als die in Europa bestehenden Glaubensrichtungen entstanden. Sicherlich besaßen einst zivilisierte Menschen eine umfassende Philosophie über den Ursprung und das Wesen des Universums. Wie auch immer die äußeren Merkmale der Auffassungen gewesen sein mochten, die zu verschiedenen Zeitperioden in dem einen oder anderen Lande vorherrschten, so bildeten sie doch im wesentlichen eine wirkliche Lehre über die Entstehung des Kosmos und beinhalteten eine vernünftige Darstellung von der "Schöpfung" der Welt und der Sterne. Viele Religionen, die nebeneinander existierten, verkündeten, daß alles als die Verkörperung von Lebewesen in verschiedenen Stadien der Entfaltung aufzufassen sei. Welche Ereignisse waren eingetreten, die diese Auffassung so grundlegend änderten? Die Antwort hierauf scheint in den Ereignissen des 3. und 4. Jahrhunderts n. Chr. zu liegen, die zu einem stärkeren Einfluß der kirchlichen Autorität führten.

Vor dem ersten Konzil in Nicäa, im Jahre 325 n. Chr. waren die als christlich verbreiteten Lehren gut. Viele Gemeinschaften hielten sich an gnostische Lehren, besonders an die von "der "Fähigkeit des Menschen, zur Vollkommenheit zu gelangen", was möglich war, wenn im täglichen Leben die Eigenschaft der Christ-Seele zum Ausdruck gebracht wurde. In dieser Lehre war der Begriff der 'Stufenleiter des Seins' verankert, einer nie endenden Hierarchie von Leben, einschließlich des menschlichen, die sich darüberhinaus in die Bereiche der Unendlichkeit erstreckten. Sie betrachteten die Planeten und andere hell erstrahlende Himmelskörper als Hüllen von Wesenheiten, die höher standen als die Menschheit, - Erzengel- und wenn die Menschen sich läuterten, dann stiegen sie ebenfalls von Stufe zu Stufe.

Aber nach Nicäa und den späteren Kirchenkonferenzen wurden die meisten alten Formen der christlichen Lehre weggelassen und eine engumrissene Standardlehre wurde aufgestellt. Anstelle des freien Spielraums der Spekulation wurde Konformität eingeführt, d. h. blinder Glaube und orthodoxes Festhalten, und schließlich, als endgültiges Ergebnis, die Todesstrafe für Ketzerei oder das Recht selbständig zu denken.

Bis zum 18. Jahrhundert hatte eine andere "Tradition", Kabbalah genannt, einen tiefen Einfluß auf das Leben in den europäischen jüdischen Gemeinschaften ausgeübt. Als aber die Ghettomauern den angreifenden Trompetenklängen der Wissenschaft zum Opfer fielen, gingen die Schlüssel zu den in den biblischen Texten und Symbolen verborgenen Bedeutungen verloren, genauso, wie Jahrhunderte zuvor die römische Kirche die Schlüssel zu den alten Lehren beiseite legte, und mystische Wahrheit in geschichtlicher Ungenauigkeit erschien.

Heute jedoch entfalten die Wissenschaften vor uns eine gewaltigere Sicht auf den Himmel, die die Unendlichkeit des Raums umfaßt, in der Sternbilder ihre Bahn ziehen und feurige Kometen dahineilen, um ihre festgelegten Kreise zu suchen, Kreise, die nach der ihnen innewohnenden Notwendigkeit oder Charakteristik festgelegt wurden. Photographien zeigen uns das Auftauchen ganzer Universen aus dem Unbekannten, die zuerst dünne Streifen von Materie bilden, die sich dann anscheinend später verdichten. Bilder von zahllosen Milchstraßen und Sonnensysteme werden uns gezeigt, mit Planeten, die wahrscheinlich von sich entwickelnden und mit Vernunft begabten Lebewesen bewohnt sein werden.

Kein Wunder, daß immer mehr Menschen sich von der begrenzten Auffassung eines sich im Gleichgewichtszustand befindlichen, unveränderlichen Universums, wie es uns als Kinder gelehrt wurde, abwenden. Diese Auffassung ist in den dunklen Zeitaltern geboren und heutzutage unhaltbar. Wir wissen, daß die vor langer Zeit von den Kirchenkonzilien gefaßten Entschlüsse nur das Abbild einer in der Erstarrung begriffenen Welt sind. Nichts wurde von einem Kosmos erwähnt, der in rhythmischem Kommen und Gehen ständig pulsiert - vom Geist zur Materie und von der Materie zurück zum Geist, in dem Maße, wie er lichter wird und sich verfeinert. Anstatt das Erdenleben als Beispiel dessen zu betrachten, was anderswo stattfindet, als ein allgemein verwendetes Muster, bei dem nur Einzelheiten Änderungen unterworfen sein können, wurde die Welt in dogmatischer Weise als einzigartig dargestellt. Die von Eratosthenes im 3. Jahrhundert v. Chr. und anderen alten Astronomen aufgestellte Voraussetzung, daß Millionen Sonnensysteme existieren, wurde einfach ignoriert. Die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, daß verschiedene Arten von "Menschheiten" in der Unendlichkeit der Milchstraßensysteme verstreut leben könnten, war undenkbar, weil die vorherrschende religiöse Auffassung besagte, daß der Planet Erde und seine Bewohner das Ergebnis eines besonderen Schöpfungsaktes durch 'Gott' seien.

Die Doktrinen, die von der Kirche als sanktionierte Glaubenslehren aufgestellt wurden, scheinen während der tausend Jahre vor dem 15. Jh. die begrenzten Bedürfnisse der Mehrheit der Menschen befriedigt zu haben. Die Renaissance brachte jedoch eine Wiedergeburt spiritueller Sehnsucht und Erkenntnisse, sie sprengte die Formen des erstarrten Glaubens. Nach und nach wurde es immer schwieriger widerspruchslos eine Lebensanschauung zu akzeptieren, die von einigen wenigen Teilnehmern an einem Konzil aufgezwungen wurde. Heute sind diese Formen so weit zerschlagen, daß jeder einzelne den Christos-Geist auf seine eigene Weise suchen kann. Kirchenleute mögen die Auflösung ihrer dogmatischen Schöpfung bedauern. Sie werden nicht imstande sein, die Phantomfigur eines persönlichen Gottes nach dem Muster unseres alltäglichen Selbstes wiederzuerwecken, auch wenn die Kraft eines einzelnen menschlichen Wesens verhundert- oder vertausendfacht wird.

Was brauchen wir indessen? Wir werden an drei grundlegende Begriffe erinnert, die in jeder 'Offenbarung' der Vergangenheit zu sehen sind und sehr gut der Mittelpunkt einer zukünftigen Lehre über die Weltentstehung sein können. Erstens ist Raum in der Ausdehnung, der Zeit, den Eigenschaften und Abstufungen unendlich. Zweitens ist in diesem Raum ein beständiges Werden und Vergehen von Universen und Wesenheiten, die dem Gesetz von Ursache und Wirkung gehorchen. Und drittens ist überall in jeder Form des Lebens ein Funke derselben göttlichen Eigenschaft, die den Weltenraum durchdringt.

Diese umfassenden Gedanken können die Grundlage einer Lebensphilosophie bilden, die alle Erscheinungsformen der Natur einschließt. Sie bilden mit Gewißheit die Basis für die Anerkennung wirklicher Bruderschaft aller Dinge, die aus dem einen unfaßbaren Raum geboren und von der einen Lebenskraft, die sich darin offenbart, erhalten werden.