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Eine weisere Wissenschaft, eine fortschrittlichere Religion

Wenn vor nicht allzulanger Zeit über Themen wie die Seele, Unsterblichkeit, Präexistenz, die moralische und spirituelle Grundlage, auf der das Universum aufgebaut ist, etc. gesprochen wurde, erklärten die Wissenschaftler mit wenigen Ausnahmen, daß sie dazu nichts zu sagen hätten, denn diese lägen außerhalb ihres Gebietes. Eine beträchtliche Anzahl ging sogar noch weiter und verneinte diese Dinge gänzlich. Heute jedoch zeichnet sich eine neue Wissenschaft mit einer viel freimütigeren Auffassung über das Naturgesetz am Horizont ab, eine dieses Namens würdige Wissenschaft, die nicht durch künstliche Grenzen eingeengt ist; denn die Naturtatsachen können nicht richtig verstanden werden, wenn nur die materielle Seite studiert wird. Es ist unvernünftig eine Grenzlinie zu ziehen und zu sagen, diese können wir nicht überschreiten, und es sind Anzeichen dafür vorhanden, daß viele willkürliche Schranken niederbrechen.

Bis jetzt hat auch die Kirche den Kopf in den Sand gesteckt. Sie hat sich fast vollkommen jenseits dieser Welt gestellt, so daß ihre Dogmen und ihre Theologie nicht den Resultaten wissenschaftlicher Forschung dieser Welt gegenübergestellt werden konnten! Doch Ehrlichkeit und Vernunft fordern, daß Religion ihrerseits in demselben unparteiischen Geist an die Tatsachen und Prinzipien des Universums herantreten sollte, wie die Wissenschaft behauptet es zu tun. Schließlich steht hier der Kosmos: er ist sowohl spirituell wie physisch tätig und benützt dieselben grundlegenden Gesetze, die ineinandergreifen und sich miteinander vermischen. Die Natur trennt ihre wissenschaftlichen und religiösen Tätigkeiten nicht. Solche Unterscheidungen sind von Menschen gemacht, sind unnatürlich und deshalb verzerrt. Wenn wir anfangen, in beiden Richtungen unparteiisch zu forschen, darauf vertrauend, daß sich Dinge, die wahr sind, nie widersprechen, sondern sich nur ergänzen können, werden wir sofort gewisse allgemeine Prinzipien bemerken. Vielleicht das augenscheinlichste und grundlegendste in einem tätigen Sinne ist das alles beherrschende Gesetz von Ursache und Wirkung, wonach alles, was gesät wird, auf jedem Gebiet der Natur, moralisch wie physisch, geerntet werden wird.

Doch fragen wir einen Wissenschaftler, dessen Aufmerksamkeit nur auf materielle Dinge gerichtet ist, aus welchem Grunde ein Kind in einem schönen Heim geboren wird, weise Eltern hat, gesund und intelligent ist und hohe moralische Tendenzen zeigt, während ein anderes das Licht in einer schmutzigen, ungesunden Umgebung erblickt, von Geburt an krank ist und unwissende oder kriminell veranlagte Eltern mit einem niederen Triebleben hat. Wenn wir eine Antwort auf diese Testfrage erhalten, wird sie unvermeidlich aus dem unangemessenen Wort 'Zufall' bestehen. Trotzdem wird uns von jedem ernsthaften Gelehrten gesagt, daß alle Naturerscheinungen eine vernunftgemäße Ursache haben; daß das Gesetz, welches die Bewegungen des entfernten Sternes regelt, das Fallen eines Blattes beaufsichtigt; und daß das Universum nicht für einen Augenblick länger bestehen könnte, wenn die Stetigkeit des Gesetzes unterbrochen würde. Warum werden dann die feineren Seiten dieser gleichen 'Regel des Gesetzes' ignoriert? Der einzige hinreichende Grund, warum ein Kind in einem glücklichen Heim geboren wird ist, weil es einen gesetzmäßigen Anspruch auf jene Erbschaft hat; und andere, die kein solches Recht besitzen, können nicht denselben oder einen besseren 'Platz' einnehmen, ohne das grundlegende Wirken der Natur zu beeinträchtigen. Das schließt natürlich die Präexistenz der Seele in sich ein und führt uns in philosophische Gebiete - Gebiete, die aber trotzdem wirklich sind. Außer Gesetzlosigkeit oder blinden Zufall gibt es keine Alternative zum Gesetz und diese sind ganz bestimmt ein unwirklicher und nur in der Vorstellung existierender Zustand!

Wenn wir uns an die Kirche wenden, um eine Antwort auf des Lebens scheinbare Ungerechtigkeiten zu erhalten, dann wird uns aller Wahrscheinlichkeit nach gesagt, "Es ist der Wille Gottes, den ergründen zu wollen Sünde ist". Doch welches Recht hat irgendeine Organisation oder ein einzelner Mensch, ein vernünftiges und ehrfurchtsvolles Suchen in derart lebenswichtigen Dingen zu verhindern, wo doch die Unwissenheit darüber Millionen dem nackten Atheismus in die Arme treibt? Welch möglichen Einwand kann es gegen ein Forschen geben, das einen höheren Glauben an das Wirken des Göttlichen zustande bringt und uns einen hilfreichen Blick in Gesetze tun läßt, die uns im täglichen Leben beständig beeinflussen?

Die beiderseitige Erkenntnis ist notwendig, daß die Religion der Wissenschaft und die Wissenschaft der Religion etwas zu geben hat, und daß wir verpflichtet sind, die Wahrheiten beider zu prüfen. Im Augenblick ist die Wissenschaft mehr als bereit, die Religion zu informieren, weist es aber mit überlegenem Lächeln zurück, zu erwägen, ob die Religion irgendwelches Licht auf ihre eigenen Erklärungen gießen könnte. Für diese Haltung bestehen gute Gründe, denn die Religion weigerte sich bisher ihre Prinzipien jener Art freien Forschens und Beobachtens zu unterwerfen, die notwendig ist, wenn sie von der Wissenschaft je für einleuchtend und nützlich gehalten werden soll. Die Anhänger der Religion, ob Laien, im Kirchendienst Stehende oder Priester - haben auch seit ungezählten Generationen den Inhalt ihres Dogmas und die wirkliche Natur ihrer Theologie in Beziehung zum Universum, in dem wir leben und über das wir etwas wissen möchten, vernachläßigt, so daß ihre Lehren und Bräuche seit Jahrhunderten zu einer Menge verstümmelter Worte und Symbole in einer seltsamen und vergessenen Sprache wurden, die hingenommen werden als ob sie von einer fremden Rasse stammten. Aber das Licht ist da, wenn wir nur darnach suchen wollen und uns dabei auf die universale Weisheit stützen, deren Existenz durch ein vergleichendes Studium vieler Glaubensbekenntnisse bewiesen werden kann. Dieses Licht kann die Sicht der Wissenschaft erweitern und ihr viele Schlüssel liefern, die gegenwärtig fehlen.

Der vor einigen Jahren unternommene Versuch, die Theorie über die Abstammung des Menschen vom Tier in staatlichen Institutionen nicht mehr zu lehren, lenkte die Aufmerksamkeit der Vereinigten Staaten auf das Thema der Darwin'schen Evolution im Gegensatz zu der biblischen Geschichte von der besonderen Erschaffung Adams durch den persönlichen Gott der Genesis. Diese beiden Theorien stehen in vollkommenem Widerspruch zu einander, und wenn man sich nur an das hält, was heutzutage gelehrt wird und die vielen auch heute in der Übersetzung zugänglichen alten Schriften unbeachtet läßt, hat man keine andere Wahl, als sich der wissenschaftlichen Meinung anzuschließen. Da die Idee von des Menschen rein tierischer Abstammung den Gipfelpunkt eines sehr sorgfältig ausgearbeiteten und eindrucksvollen Systems bildet, ist es nicht zu verwundern, daß sie so viele intelligente Leute lieber annahmen, als die buchstäbliche Auffassung der hebräischen Legende. Doch als Allegorie gelesen enthält die Geschichte von Adam und Eva etwas, das dem modernen System gänzlich fehlt - das spirituelle Element.

Schon wenig Forschen zeigt, daß die alten Religionen und Philosophien in einer Auffassung einig waren - daß die mehr oder weniger primitive und unvollendete Menschheit in einem weit zurückliegenden Zeitalter von einer den Tieren überlegenen Intelligenz, von einer 'lebendigen Seele' erleuchtet wurde - nicht durch das gradweise Wachsen der in den niedrigeren Geschöpfen gefundenen Keime des Gemütes, sondern mehr in Form einer Beseelung durch eine höhere Quelle. Dieses Prinzip liegt dem universalen Erkennen von der dem Menschen innewohnenden Göttlichkeit und der Zweiheit seiner Natur zu Grunde. Der berühmte Dr. Alfred Russel Wallace, der Mitentdecker Darwins von der 'natürlichen Auswahl' und vom 'Überleben des Tauglichsten', war überzeugt, daß der Mensch zu einem gewissen Zeitpunkt durch irgendeinen Prozeß, wobei er mit einer Seele ausgestattet wurde, zu einem wahren Menschen wurde. Er glaubte, daß nichts in den Theorien von der materialistischen Evolution die höheren Seeleneigenschaften des Menschen erklären könnte. Wenn wir auch die intellektuelle Ehrlichkeit und den Mut der großen Führenden in der Wissenschaft, die dem Lichte, wie sie es sehen, folgen, bewundern, so ist es dennoch ganz offensichtlich, daß sie zu weit in der materiellen Richtung gegangen sind und den beherrschenden spirituellen Kräften und dem inneren Leben des Universums gegenüber sich selbst geblendet haben. Den Theologen andererseits ging die tiefere, esoterische Bedeutung ihrer eigenen heiligen Schriften verloren. Die Theologie wurde von der Wissenschaft getrennt, und beide wandern nun mangels einer Weisheit, die sie verbinden und nicht nur versöhnen, sondern auch gegenseitig ergänzen würde, umher.

Wie oft wurde gesagt, daß das Universum keinen Plan hat, kein Ziel; daß die Natur unbekümmert irgendwie dahintappt; daß sich der Mensch nach Zeitaltern unintelligenten Lebens durch irgendeine Verbindung zufälliger Veränderungen vom Tier entwickelte; und daß eine sehr kleine Veränderung in den irdischen Bedingungen die menschliche Rasse auslöschen könnte. Im Gegensatz zu dieser unspirituellen Anschauung steht der von falsch ausgelegten biblischen Allegorien abgeleitete sogenannte Erlösungsplan der Theologen, in welchem der als vollkommener Mensch erschaffene Adam in Sünde verfiel und die ganze menschliche Rasse verdammte, die gänzlich verloren war, bis ein göttliches Wesen vom Himmel herabkam, um die wenigen zu erlösen, die sein Opfer annehmen wollten oder konnten. Weder ein Hinweis auf die allen Menschen innewohnende Göttlichkeit noch auf die Evolution; und keinerlei Andeutung auf eine andere Chance für die irrende Menschheit durch die Gelegenheiten der Reinkarnation wurde von den Begründern der Glaubensbekenntnisse angeboten. Wir zögern nicht zu sagen, wenn diese Dinge nicht in einem tieferen und ehrlicheren Licht ehrfurchtsvoll studiert werden, werden sich intelligente Gemüter von ihnen abwenden, und die religiöse Welt wird enormen Schaden erleiden. Wenn wir sehen, wie hervorragende Würdenträger der Kirche Glaubensformen aufgaben, die bis vor kurzem für Bekenntnischristen wesentlich waren - wie die buchstäbliche Auslegung der Schöpfungsgeschichte, die Versuchung Adams durch eine Schlange, der Sündenfall, die Göttlichkeit Christi, die Jungfräuliche Geburt, die Auferstehung, etc. - dann haben wir das Gefühl, es ist Zeit, daß sie die historische und philosophische Bedeutung dieser Dogmen gründlicher erforschen.

Wenn wir die verschiedenen alten Allegorien über die Erschaffung des Menschen vergleichen, müssen wir erkennen, daß sie kein Gestammel der unentwickelten Menschheit sind, denn sie stehen ohne Ausnahme mehr oder weniger als verschleierte Berichte über tatsächliche Ereignisse da. Während es für uns unter den gegenwärtigen Verhältnissen nicht leicht sein mag, diese Tatsache zu erkennen, ist es doch wohlbekannt, daß die meisten wenn nicht alle alten Religionen eine geheime und esoterische Bedeutung, einen Kern, hatten, dessen äußere Form die für die allgemeine Öffentlichkeit schmackhafte Schale bildete, in die die intuitiver veranlagten Menschen, die fühlten, daß im Innern eine süße Frucht, die Frucht vom Baum des Lebens sei, eindringen sollten. Die Schriften der Hebräer, der Moslems, der Christen und des Orients enthalten dieselbe innere Überlieferung, und obgleich sie manchmal schwer wahrzunehmen ist, sollte sie das Ziel jedes ernsten Suchers sein.

Wenn es nicht zu weit führen würde, so wäre es interessant, zum Beispiel dem Faden der Wahrheit in den Allegorien des Alten Testamentes nachzuspüren, sie mit ähnlichen Geschichten in anderen heiligen Schriften zu vergleichen und zu beobachten, in welcher Weise sie moderne wissenschaftliche Theorien bekräftigen oder entkräften. Wir würden bezeichnende Bedeutungen finden in den Berichten über die Trennung des 'Trockenen' von den 'Wassern' in der Schöpfungsgeschichte, in der Geschichte vom Baum des Lebens und der Erkenntnis und in der merkwürdigen Geschichte, in der Gott Adam und Eva 'Röcke aus Fellen' macht; selbst in dem Hinweis auf Rassen, die nichts mit Adam zu tun haben, in der seltsamen Erzählung, daß Kain zu der Zeit, von der angenommen wird, daß Adam und Eva und ihre beiden Söhne die einzigen Bewohner der Erde waren, ein Weib aus dem Lande Nod nahm. Wir würden in dem tiefen Schlaf Adams, in der Trunkenheit Noahs, der Tragödie von Kain und Abel und vor allem in der Sündflut mit ihrem Bericht über die Zerstörung von Atlantis und seiner Riesen, "Gewaltige und berühmte Männer", unerwartet wertvolle geschichtliche Aufzeichnungen finden. Dann haben wir die Errichtung des salomonischen Tempels, die nichts geringeres ist, als eine leicht zu durchschauende Allegorie vom Leben der Seele, während das Buch Hiob ein kaum verschleierter Bericht über die Prüfungen und über die Einweihung in den Mysterien ist.

Später kam dann Paulus, der von sich selbst als von "einem weisen Baumeister" spricht. Der Grundzug seiner Lehre ist, daß das wirkliche Leben nur durch die Vereinigung der gereinigten Persönlichkeit mit dem göttlichen inneren Selbst, dem Christos, gefunden werden kann. Er sagt, er mühte sich ab, damit "Christus in dir geboren werde". Es ist bemerkenswert, daß Paulus die Persönlichkeit Jesu unbeachtet läßt; tatsächlich spricht er nirgends von der Jungfräulichen Geburt, den Wundern, den Erscheinungen bei der Kreuzigung. Er spricht immer von dem Christos als einem göttlichen Prinzip, das in jedem Menschen wohnt, von der "Macht Gottes und der Weisheit Gottes", und drängt seine Hörer, in sich selbst nach dem Licht zu suchen. Alle Kräfte des Universums liegen auf uns wartend in der Seele. Sie müssen auf die einzige sichere Weise die möglich ist, durch unsere eigenen Anstrengungen, durch die Beherrschung der niederen Elemente unseres Charakters entfaltet werden, so daß die Seele in ihrer Größe hervortreten kann. Das Licht ist da; wir müssen die Laterne reinigen, sonst kann es nicht hindurchscheinen. Der alte Spruch 'Mensch erkenne dich selbst!' bedeutet daher Reinigung der Hüllen der Seele, damit der wirkliche Christos geoffenbart werden kann, - umgeben vom Heiligenschein.

Dieses Licht haben alle Menschen in sich und sind deshalb im Inneren vereint. Jedoch trotz der großartigen Anstrengungen tausender redlicher und mitleidsvoller Seelen, sind in der Welt immer noch Habgier und persönliche Befriedigung vorherrschend. Von der Wissenschaft werden wir nicht dazu angefeuert, uns über diese Dinge zu erheben; und das Ziel so vieler unserer Religionen ist noch immer die Erlösung unserer eigenen Seelen, ein engherziges, selbstsüchtiges Ziel, wenn es zum Leitmotiv gemacht wird. Ließen wir die Empfindung der Bruderschaft die Vorherrschaft gewinnen, so würden wir Wunder erleben, denn Zusammenarbeit ist das natürliche Mittel, wodurch große Taten vollbracht werden. Warum haben wir denn nicht gelernt, dieses Prinzip auf die feineren Dinge des Lebens anzuwenden?

Das vor uns liegende Ziel, die dazu gehörenden Unterlagen, die zu überwindenden Schwierigkeiten, alles muß verstanden werden. Eine von einer freien und prüfenden Religion erleuchtete Wissenschaft und eine von einer für die Wahrheiten des Geistes offenen Wissenschaft unterrichtete Religion könnten in der Erklärung der Natur und der dazu gehörenden Unterlagen - wir selbst unentwickelte menschliche Wesen - die zu dem fertigen Produkt, zu wahrer Männlichkeit und Weiblichkeit veredelt werden müssen, zusammenarbeiten. Beide gemeinsam würden dann in der Lage sein, den vernünftigsten, wirkungsvollsten und die Seele befriedigenden Arbeitsplan zu geben.